Stanislaw Lem Invasion vom Aldebaran

aus der Lem-Reihe

Verlag Volk und Welt Berlin 1982


Kürzlich geschah es — mir ist, als wäre es gestern gewesen. Zwei Bewohner des Aldebaran, von vernunftbegabter Rasse, die im Jahre 2685 entdeckt werden und die Neirarch, der Linne des 30. Jahrhunderts, als Untertyp der Gruppe Colelestiaca in der Ordnung Megalopterygia klassifizieren wird — kurzum, die beiden Vertreter der Gattung Megalopteryx Ambigua Flirx, die durch die Synctialversammlung des Aldebaran (auch Oberste Ratschaft genannt) zur Untersuchung der kolonisatorischen Möglichkeiten der Planeten im Bereich der VI. Partiellen Peripherischen Liquefaktion (PPL) ausgesandt wurden, waren zunächst in die Gegend des Jupiter gelangt, wo sie Proben von dessen Andromedakularstern nahmen. Als sie feststellten, dass sich diese Proben zur Fütterung ihres Telepatikus eigneten, beschlossen sie, auch gleich den dritten Planeten des Systems, einen kleinen Himmelskörper, zu untersuchen, der auf einer uninteressanten Bahn das Zentralgestirn umkreiste.

Nachdem die beiden Aldebaraner ihren Astromaten auf den singulären hyperspartialen Metaschritt im Überraum eingestellt hatten, erschienen sie mit ihrem nur schwach glühenden Raumschiff dicht über der Atmosphäre des Planeten und ließen sich mit mäßiger Geschwindigkeit auf ihn herab. Die Ozeane und die Kontinente schwammen immer langsamer unter ihrem Astromaten vorüber. Vielleicht sollte man erwähnen, dass die Aldebaraner im Gegensatz zu den Menschen nicht in Raketen reisen, sondern umgekehrt: die Raketen reisen in ihnen — abgesehen von einer winzigen Spitze. Da der Planet den beiden Ankömmlingen fremd war, bestimmte ein reiner Zufall ihren Landeplatz. Als strategisch denkende Wesen und echte Söhne einer hochentwickelten parastatischen Zivilisation lassen sie sich am liebsten auf der Linie des planetaren Terminators nieder, das heißt dort, wo die Tageshemisphäre des Planeten an die nächtliche grenzt.

Sie setzen ihr kosmisches Fahrzeug auf der Säule der retrogravitativ ausgestoßenen Bralderone nieder, verließen es, dass heißt, sie schwammen von ihm herunter und nahmen eine konzentrische Form an, was bei allen Metapterygia üblich ist, sowohl bei denen der Unterklasse der Polyzoa als auch der Monozoa. An dieser Stelle wäre es nun angebracht, die Ankömmlinge zu beschreiben, aber ihr Äußeres ist nur zu gut bekannt. Nach Auffasung der Autoren haben die Aldebaraner — ebenso wie die anderen hochorganisierten Wesen aus dem BNereich der Milchstraße — zahlreiche sehr lange Greifarme, von denen jeder in eine sechsfingrige Hand ausmündet, ungeheuer große, abstoßende Krakenköpfe sowie Beine, die den Greifarmen gleichen und sechs Zehen aufweisen. Der ältere der beiden, der Kybernator der Exkursion, hieß NGTRX, der jüngere, ein in seiner Heimat berühmter Polysiater — PWGDRK.

Gleich nach der Landung schnitten sie von den merkwürdigen Gewächsen, die rings um das kosmische Gefährt vorfanden, einen Haufen Äste ab und deckten damit den Raumkörper zu, um ihn zu tarnen. Dann luden sie die unentbehrlichen Apparate aus — den Eintank-Teremtak, das geladene und somit einsatzfähige Aldilicho sowie den peripathetischen Telepatikus, von dem schon anfangs die Rede war.

Der peripathetische Telepatikus, Pe-Te genannt, ist ein Gerät, das zur Verständigung mit den vernunftbegabten Wesen anderer Planeten dient, das aber auch im Stande ist, dank des hyperspatialen Anschlusses an den Univermatischen Supracerber, auf dem Aldebaran sä,mtlichen Aufschriften in einhundertsechsundneunzigtausend galaktische Dialekte und Jargons zu übersetzen. Dieser Apparat unterscheidet sich, ebenso wie die anderen, insofern von den irdischen, als die Aldebaraner — das wird vom Jahre 2685 an bekannt sein — ihre Maschinen und Geräte nicht produzieren, sondern aus Samenkörnern oder Eiern ziehen, die entsprechend genetisch gesteuert werden.

Der peripathetische Telepatikus erinnert durch sein Äußeres, aber nicht nur durch sein Äußeres, an einen Skunk, denn er ist innen ganz mit fleischigen Zellen der Semantischen Erinnerung ausgefüllt und außerdem mit dem Trieb eines Alveolaren Translators sowie einer massiven Mnemonisch-Mnestischen Drüse ausgestattet. Darüber hat er vorn und hinten jeweils eine Eigentliche Luke (EL) seines Interglokokoms, das heißt des Interplanetaren Glossolalisch-Kohärent-Kontemplativen Kommunikators.

Mit dem Unentbehrlichsten ausgerüste, machten sich die beiden auf den Weg. Den Peripathetikus hielten sie am Orthoriemen, den Teremtak ließen sie vorangehen mit dem Massiv des Aldilicho, das sie ihm über die Taster gehängt hatten.

Der Ort der ersten Erkundung hätte nicht besser sein können, es war ein mit dichten Buschwerk bewachsenes Gelände, über das abendliche Wolken hinwegzogen. Kurz vor der Landung war es ihnen gelungen, in der Ferne eine Art Linie auszumachen, die sie für einen Verkehrstrakt hielten.

Als sie den unbekannten Globus in großer Höhe umkreist hatten, waren ihnen schon andere Zivilisationsspuren aufgefallen, zum Beispiel ein matt leuchtender Ausschlag auf der dunklen Halbkugel, wahrscheinlich das nächtliche Bild der Städte. Das nährte in ihnen die Hoffnung, auf hochentwickelte Lebewesen zu treffen, denn solche wollten sie ja finden. In jener Zeit — vor dem Untergang des nichtswürdigen Syncytium, dessen Aggressivität sich nicht einmal Hunderte von Planeten erwehren konnten, die vom Aldebaran weit entfernt waren-, in jener Zeit griffen die Aldebaraner am liebsten bewohnte Planeten an, weil sie das für ihre historische Mission hielten. Außerdem wurde die Kolonisierung unbewohnter Planeten ungern gesehen, zumal solche Unternehungen gewaltige bauliche, industrielle und andere Investitionen erforderlich machten.

Die beiden Kundschafter gingen oder richtiger gesagt, kämpften sich einige Zeit durch dichtes Gestrüpp, und die Bisse unbekannter fliegender kleiner Ungeheuer von der Gattung Gliedfüßiger Membranflügeliger Saugmünder machten ihnen viel zu schaffen. Obendrein sahen sie kaum etwas, und je länger ihre Wanderung währte, um so heftiger peitschten die elastischen Ruten der Sträucher ihre krakenförmigen Köpfe, weil sie mit ihren ermatteten Greifarmen das Geflecht gar nicht so schnell auseinanderhalten konnten. Natürlich hatten sie nicht die Absicht, allein den Planeten zu unterwerfen — das lag nicht in ihrer Macht-, sie waren lediglich die Vorhut, nach derern Rückkehr die Vorbereitungen zur Großen Invasion getroffen werden sollten.

Das Aldilicho blieb immer häufiger im Dickicht stecken, sie konnten es nur mit großer Mühe wieder herausholen. Dabei mußten sie darauf achten, daß der Abzugshahn nicht berührt wurde, denn durch das weiche Fell des Aldilicho war nur allzu deutlich die Ladung der Pfeile zu fühlen, die im Innern schlummerte. Die Bewohner des Planeten würden ihnen zweifellos schon sehr bald zum Opfer fallen.

„Irgendwelche Spuren der hiesigen Zivilisation sind nicht zu erkennen“, zichte PWGDRK nach einer Stunde NGTRX zu.

„Aber ich habe Städte gesehen“, erwiederte NGTRX. „Übrigens… Warte mal, dort drüben wird es hell…. Das ist sicherlich die Straße. Ja, sieh nur, eine Straße!“

Sie waren auf eine Lichtung gestoßen, doch ihrer harrte eine Enttäuschung. Der relativ breite, gerade Streifen, der einer Straße ähnelte, entpuppte sich plötzlich als breiiger Sumpf aus einer klebrig, glucksenden Substanz, die sich nach beiden Seiten über einen kompliziert geformten Unterbau von kreisförnmigen und länglichen Vertiefungen und Erhebungen ausbreitete. Viele von ihnen waren von großen Steinen durchsetzt.

PWGDRK, der Polysiater, Spezialist für planetare Fragen, verkündete, sie hätten die Exkremente eines Gigantosauriers vor sich. Eine Straße sei das auf keinen Fall. Kein Aldebaraner Radfahrzeug würde ein solche Gelände befahren können.

An Ort und Stelle analysierten die Bodenproben, die der Teremtak entnommen hatte, und lasen von seiner Stirn das phosphoreszierend leuchtende Resultat ab: Die klebrigbreiige Substanz war ein Gemisch aus Wasserstoffoxyd, Aluminium und Siliziumoxyd mit erheblichen Beimengungen von Schtz (Schmutz).

Es war also nichts mit dem Gigantosaurier.

Sie wateten weiter und versanken bis zu den obersten Greifarmen. Plötzlich hörten sie hinter sich in der immer schneller einfallenden Dunkelheit seltsam ächzende Laute.

„Achtung!“ zischte NGTRX.

Etwas Stöhnendes, Schwankendes jagte von hinten auf sie zu — ein Riesengeschöpf mit abgeflachter Stirn, buckeligem Rumpf und lockerer Haut.

„Ist das nicht ein Syncitium?“ fragte NGTRX erregt. Der schwarze Koloß kroch an ihnen vorbei — die beiden glaubten Räder zu erkennen, die furienhaft wie bei einer eigentümlichen Maschine hüpften. Sie wollten eine Ausfallposition einnehmen, als sich eine wahre Schmutzflut über sie ergoß. Halb betäubt und von oben bis unten besudelt, standen sie da. Nachdem sie sich vom gröbsten Schmutz befreit hatten, eilten sie zum Telepatikus, um zu erfahren, ob das Brüllen und Knurren, das die Maschine von sich gegeben hatte, so etwas wie eineen artikulierten Charakter besäße.

„Unrythmische Laute eines primitiven Kohlenwasserstoff-Sauerstoff-Energoschraubers, der unter Bedingungen arbeitet, für die er nicht geschaffen ist“, entzifferten sie und sahen sich einander an.

„Sonderbar“, sagte PWGDRK. Nach kurzem Überlegen — er neigte ein wenig zu voreiligen Hypothesen — fügte er hinzu:“Sadistoidale Zivilisation. Reagiert ihre Instinkte an den von ihnen geschaffenen Maschinen ab.“

Dem Telepatikus war es gelungen, auf dem Ultraskop ein perfektes Abbild des zweibeinigen Wesens zu registrieren, das sich in dem verglasten Gehäuse über dem Kopf der Maschine befand. Mit Hilfe des Teremtak, der mit einer besonderen Imitativen Düse ausgestattet war, formten sie aus einen bestimmten Menge eilig zutage geförderten Lehms das genaue Abbild des Zweibeiners von natürlicher Größe, schmolzen den Lehm in Plastefolien um, so daß die Puppe eine natürliche blaßrosa Farbe annahm, und modellierten entsprechend den Hinweisen des Teremtak und des Peripathetikus seinen Unterteil. All das nahm nicht mehr als zehn Minuten in Anspruch. Aus dem auseinandergefalteten Stoff fertigten sie einen Anzug, der jenem ähnelte, den der Zweibeiner in der Maschine getragen hatte. Sie kleideten die Puppe an, und NGTRX kroch gemächlich in ihr holes Inneres — den Telepatikus nahm er mit hinein und brachte die vordere EL von innen in der Mundöffnung an. So getarnt, bewegte NGTRX mal das linke, mal das rechte Bein der Puppe und schritt weiter auf dem breiigen Pfad aus, während PWGDRK, beladen mit dem Aldilicho, in gewissem Abstand folgte. Beiden eilte der Teremtak am Protoriemen vorraus.

Diese Operation war typisch. Die Aldebaraner hatten solche Maskeraden schon auf Dutzenden Planeten erprobt, immer mit bestem Erfolg. Die Puppe sah einem gewöhnlichen Bewohner des Planeten täuschend ähnlich und hätte, wäre sie Passanten begegnet, nicht den geringsten Verdacht erweckt. NGTRX bewegte ungehindert seine Extremitäten und seinen Körper, und er war im stande, sich mittels des Telepathikus fließend mit anderen Zweibeinern zu verständigen.

Dunkelheit war hereingebrochen, am Horizont glänzten hier und da die fernen Lichter von Häusern. NGTRX war in seiner Verkleidung auf etwas gestoßen, was in der Finsternis einer Brücke glich. Er hörte das Murmeln des Wassers, das unten floß. Der Teremtak kroch als erster vor, aber gleich war ein alarmierendes Pfeifen zu vernehmen, ein Zischen und Kratzen, das mit einem lauten Plumpser abbrach.

Für NGTRX war es zu anstrengend, unter die Brücke zu gelangen, und so tat es PWGDRK, doch gelang es nur mit Mühe, dem Teremtak aus dem Wasser zu helfen. Er war trorz aller Vorsicht durch ein Loch, das sich in der Brücke befand, in den Fluß gefallen. Von der Existenz des Loches hatte er nichts geahnt, denn die Maschine der Zweibeiner war ja gerade erst über die Brücke gefahren.

„Eine Falle!“ schlußfolgerte PWGDRK. „Sie haben bereits von unserer Ankunft erfahren!“

NGTRX hegte in dieser Hinsicht ernste Zweifel. Langsam gingen sie weiter, überquerten die Brücke und entdeckten sehr bald, daß sich der sumpfige Streifen, auf dem sie sich bewegten, zwischen den schwarzen Sträuchern gabelte. In der Mitte stand ein schräger Pfahl mit einem Brett dran. Der Pfahl steckte nur leicht im Boden, das Brett wies mit dem spitzen Ende auf den westlichen Teil des nächtlichen Himmelszelts.

Der Teremtak richtete auf Befehl das grünliche Licht seiner sechs Augen auf den Pfahl; sie erblickten die Aufschrift:

UNTERSCHMUDORF

5 km

Das Brettchen war angefault, die Aufschrift kaum zu entziffern.

„Relikt einer vergangenen Zivilisation“, vermutete PWGDRK. NGTRX richtete aus der Tiefe seiner Behausung die Luke des Telepathikus auf das Brett. RICHTUNGSWEISER — las er hinten an der Luke. Er sah PWGDRK an. Sonderbar…

„Material des Pfahls — zellulosoidales Holz, zerfressen von einem Schimmel der Art Arbaketulia Papyraceata Garg“, sagte PWGDRK nach einer kurzen Analyse.

„Das wiese ja auf eine Zivilisation aus der Vorsteinzeit hin!“

Sie beleuchteten den unteren Teil des Pfahls. Unten, im Schlamm, fanden sie den Fetzen eines dünnen, zellulosoidalen Stoffes, der mit Worten bedruckt war. Es war nur ein kleiner Streifen.

Über unserer Sta…

heute früh ein Spu…

um sieben Uhr vierz…

war darauf zu lesen. Der Telepathikus übersetzte, und sie sahen sich erstaunt an.

„Die Tafel weist in Richtung Himmel“, sagte NGTRX. „Hm, das würde ja stimmen.“

„Ja. Dieses UNTERSCHMUDORF wird der Name ihres Dauersputniks sein.“

„Unsinn. Wie können die hier Sputniks haben, wenn sie nicht einmal ein Stück Brett geradeschneiden können?“ fragte NGTRX aus dem Innern des künstlichen Zweibeiners.

Eine Zeitlang stritten sie sich über diesen Punkt. Dann beleuchteten sie den Pfahl von der anderen Seite und entdeckten eine undeutliche, schwach eingeritzte Aufschrift: Mariechen is dufte…

„Sicherlich ist das die Abkürzung der elliptischen Daten ihres Sputniks“, sagte PWGDRK.

Er rieb gerade den folgenden Teil der Aufschrift mit Phospektorischer Paste ein, um die verwischten Buchstaben sichtbar zu machen, als der Teremtak plötzlich im Dunkeln ein schwaches, warnendes Ultrazischen ausstieß.

„Achtung! Verstecken!“ sendete NGTRX. Sie schalteten den Teremtak ab. PWGDRK wich mit dem Aldilicho und dem Warner an den Rand des sumpfigen Streifens zurück; NGTRX war ebenfalls ein wenig von der Mitte des Weges zurückgetreten, um nicht aufzufallen. Erwartungsvolles Schweigen. Jemand nahte. Zunächst schien es, als sei dieser Jemand ein vernunftbegabter Zweibeiner, denn er bewegte sich aufrecht. Das seltsame Zweibeinige Wesen, man konnte das immer deutlicher erkennen, ging jedoch nicht in gerader Richtung, sondern beschrieb komplizierte krumme Bahnen von einem Rand des klebrigen Streifens zum anderen. PWGDRK begann sogleich diese Kurve zu registrieren, doch es erwies sich als äußerst kompliziert. Das Geschöpf machte ohne ersichtlichen Anlaß einen Taucher. Ein Plumpsen war zu hören, dann ein finsteres Knurren. Eine Weile kroch die Gestalt — kein Zweifel, sie kroch! — auf allen vieren, aber dann erschien sie wieder in ihrer vollen Größe. Sie zog lärmend eine sinusiodale Bahn auf dem klebrigen Streifen und kam immer näher. Dabei stieß sie bald heulende, bald stöhnende Laute aus.

„Notiere! Notiere das und dolmetsche! Worauf wartest du?“ zischte NGTRX ärgerlich dem Telepathikus zu, denn er selber war ja in dem künstlichen Zweibeiner eingeschlossen. Verblüfft lauschte er dem Gebrüll des Nahenden.

„U ha ha! U ha ha! n Stock her! U ha ha!“ tönte es schaurig widerhallend durch die Finsternis. Die hintere Luke des Telepathikus zitterte nervös, zeigte aber immer noch Null an.

„Warum zieht er solche Schleifen? Ist er ferngesteuert?“ fragte PWGDRK, der sich am Rande des Streifens über sein Aldilicho beugte.

Das Wesen war nun unmittelbar vor ihnen. Es hatte schon den angefaulten Pfahl passiert, da tauchte plötzlich NGTRX auf, ging auf den Telepathikus zu und schaltete auf Sendung.

„Guten Abend“, sagte der Telepathikus einschnmeichelnd in der Sprache des Zweibeiners, wobei er seine Stimme mit unvergleichlichem Einfühlungsvermögen modulierte, während NGTRX die Sprungfedern spannte und der Maske geschickt ein freundliches Lächeln aufsetzte. Das gehörte ebenfalls zu dem diabolischen Plan der Aldebaraner. Sie hatten Routine in der Unterwerfung fremder Planeten.

„Waa? E-hepp!“ erwiderte das Geschöpf und hielt inne in seiner Schwenkung. Langsam näherten sich seine Augen dem Gesicht des künstlichen Zweibeiners. NGTRX zitterte nicht einmal.

Eine hohe Intelligenzstufe, jetzt bekommen wir Kontakt! dachte PWGDRK, der sich am Rande des Streifens verbarg und krampfhaft die Seiten seines Aldilicho preßte. NGTRX stellte den Telepathikus auf Translative Bereitschaft und begann in seiner Hülle fieberhaft, mit den Greifern die Instruktion für den ersten Taktischen Kontakt auseinanderzufalten, die auf diphanem Urdoment gedruckt war.

Die stämmige Gestalt hielt nun ihre Augen ganz dicht an den künstlichen Zweibeiner, und seiner kommunikativen Öffnung entrang sich der Ruf: „Frrranek! Daß dich der…!“

NGTRX vermochte gerade noch zu denken: Ist er etwa im Stadium der Aggression? Weshalb? Verzweifelt drückte er auf die Drüse am Interglokokom des Telepathikus und fragte, was der Ankömmling sage.

„Nichts“, signalisierte der Peripathetikus zögernd.

„Wieso nichts? Ich habe doch etwas gehört!“ zischte NGTRX, ohne das leiseste Geräusch von sich zu geben. Im gleichen Augenblick packte der Bewohner des Planeten mit beiden Händen den angefaulten Wegweiser, riß ihn in entsetzlichem Krachen aus der Erde und schlug damit dem künstlichen Zweibeiner aufs Haupt. Der gepanzerte Plastefoliumüberzug hielt dem fürchterlichen Hieb nicht stand. Die Puppe stürzte kopfüber in den Schlamm und mit ihr NGTRX, der nicht mehr das durchdringende Heulen hörte, mit dem der Feind seinen Sieg verkündete. Der Telepathikus, den das Pfahlende nur gestreift hatte, wurde mit ungeheurer Gewalt in die Luft geschleudert und fiel durch einen glücklichen Zufall wieder auf seine vier Pfoten, dicht neben PWGDRK, der nun gänzlich erstarrt war.

„Er greift an!“ stöhnte PWGDRK und zielte mit letzter Kraft aus dem Aldilicho in die Finsternis.

Seine Greifarme zitterten, als er auf den Hahn drückte — und eine Unmenge leise heulender Pfeile jagte in die Nacht, um Tod und Verderben zu säen. Plötzlich hörte er, wie sie zurückkamen und sich, wütend umherschwirrend, in die Ladezyste des Aldilicho zwängten.

Prüfend zog er die Luft in seine Sepianüstern und erbebte. Er hatte begriffen: Das Geschöpf hatte sich mit einem unüberwindlichen Schutzdamm aus Äthylwasserstoffoxyd umgeben! Er war machtlos.

Mit seinem Fühler, dem fast die Kraft versagte, versuchte er erneut, das Feuer zu eröffnen, aber die Pfeile schwirrten nur brummend in der Ladeblase umher, keiner wagte auch nur, seinen mörderischen Stachel herauszustrecken. Er fühlte, er hörte, daß das Wesen auf ihn losstakste — erneut zerschnitt schrilles Pfeifen die Luft, erschütterte den Boden und zermalmte den Teremtak im Schlamm. PWGDRK packte den Telepathikus mit seinen Fühlern und sprang ins Dickicht.

„Töle dammichte, mit der Deichsel getaufte!“ dröhnte es hinter ihm her. Die Luft, die mit dem ätzenden Gestank des Giftes erfüllt war, das das Wesen unaufhörlich aus seinen kommunikativen Öffnungen ausstieß, verschlug PWGDRK den Atem.

Mit letztem Einsatz übersprang er den Graben, duckte sich hinter einem Busch und erstarrte. Er war nicht besonders kühn, aber er vergaß nie seine Berufspflichten. Die maßlose Neugier des Gelehrten war sein Verderb. Gerade hatte er mit Mühe an der Luke des Telepathikus den ersten gedolmetschten Satz des Geschöpfes gelesen:“Vierbeiniges Säugetier weiblichen Geschlechts, mit einem Teil eines vierrädrigen Fahrzeuges im Rahmen eines religiösen Ritus traktiert…“ — da heulte es über seinem Sepiakopf auf, und ihn traf ein tödlicher Hieb.


Um die Mittagszeit fanden die ersten Pflüger aus Schmudorf im Graben am Waldrand den Franek Jolas, der in einen todesähnlichen Schlaf versunken war. Als er erwachte, erklärte er, er habe am Tage zuvor einen Streit mit Franek Pajdrak gehabt, dem Leiter der Maschinenstation, und außerdem mit ein paar schleimigen Brüdern. Zur gleichen Zeit eilte Jozek Guskowiak aus dem Wald herbei und schrie, an der Weggabelung lägen verprügelte und verstümmelte Gestalten.

Nun zog das ganze Dorf dorthin.

Und in der Tat, an der Wegkreuzung fanden sie zwei Ungeheuer — das eine hinter dem Graben, das andere vor dem Loch, in dem der Pfahl gesteckt hatte, und daneben eine große Puppe mit zerschlagenem Kopf. Einige Kilometer weiter, im Erlenhain, entdeckten sie bald darauf die Rakete.

Ohne viel Gerede gingen die Dörfler an die Arbeit. Bald war von den Astronauten keine Spur mehr zu sehen. mit der Anamargoprateksinlegierung flickte der alte Jonas das Dach seines Schweinestalls, das schon lange auf eine Ausbesserung gewartet hatte; die Haut des Aldilicho ergab, nach Hausmacherart gegerbt, achtzehn Paar leidliche Schuhsohlen; mit dem Telepatikus, dem universalen Interglokokommunikator, wurde das Kleinvieh gefüttert, ebenso mit den Resten des Warners Teremtak. Die sterblichen Hüllen der beiden Aldebaraner wagte keiner dem Vieh vorzuwerfen — es hätte krank werden können. So wurden sie, mit Steinen beschwert, in den Teich geworfen.

Am längsten beratschlagten die Einwohner von Schmudorf wohl darüber, was sie mit dem Ultrapenetronenmotor des Astromaten anfangen sollten, bis endlich Jedrek Barciok, der gerade zur Heumahd gekommen war, diese hyperspatiale Einrichtung zum Brennen von ganz annehmbarem Schnaps verwandte. Anka, Jozeks Schwester, leimte geschickt den geborstenen Kopf der Puppe mit Eiweiß und brachte die Figur ins Kommissionsgeschäft der Kleinstadt. Sie verlangte dafür dreitausend Zloty, aber dem Geschäftsführer war die Summe zu hoch, zumal sich der Sprung im Kopf nicht verbergen ließ.

So war das einzige, was das wachsame Auge des Reporters vom „Echo“ entdecken konnte, als er am selben Tage nachmittags mit dem Wagen der Redaktion zu Reportage erschien, der neue, recht solide Anzug des Jolas, den man dem künstlichen Zweibeiner ausgezogen hatte. Der Journalist befühlte sogar die Falte des Stoffes und staunte über dessen hervorragende Qualität.

„Den habe ich von meinem Bruder aus Amerika“, erwiderte Jolas seelenruhig, nach der Herkunft des Gewebes befragt. So berichtete der Reporter in dem Artikel, der abends seiner Feder entsprang, nur von dem erfolgreichen Verlauf der Aufkaufaktion — erwähnte aber mit keinem Wort den Fehlschlag der Invasion der Aldebaraner auf die Erde.

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