Die Geschichte dreier Generationen einer rheinischen Architektenfamilie symbolisiert das deutsche Schicksal der ersten Jahrhunderthälfte. Das aüßere Geschehen ist in den Ablauf eines einzigen Tages des Jahres 1958 gespannt. Es ist der achtzigste Geburtstag von Heinrich Fähmel, der im Jahre 1907 den Auftrag erhielt, die Abtei St. Anton zu erbauen. Sein Sohn Robert, der jeden Tag von halbzehn bis elf im Hotel Prinz Heinrich Billard spielt, hat in seiner Eigenschaft als Sprengspezialist der Wehrmacht die Abtei in den letzten Kriegstagen zerstört. Der Enkel Joseph wird am Wiederaufbau beteiligt. In den Gesprächen Roberts mit dem Hotelboy, in Rückblenden und Erinnerungen seines Vaters verknüpfen sich Vergangenheit und Gegenwart, werden die Situationen der einzelnen Zeitabschnitte verdeutlicht. Im Mittelpunkt steht dabei der Konflikt zwischen dem selbstständig denkenden und handelnden Einzelgänger und der politisch opportunistischen Mehrheit.
Heinrich Böll über die Entstehungsgeschichte von Billard um halbzehn in dem Interview mit Horst Bienek:
„Die erste Zelle dieses Romans ist die zweite Hälfte des Schlagballkapitels. Und diese Zelle ist entstanden aus einer historischen Begebenheit. Im Jahre 1934, glaube ich, war es, da ließ Göring hier in Köln vier junge Kommunisten durch Handbeil hinrichten. Der Jüngste von ihnen war siebzehn oder gerade achtzehn, so alt wie ich damals war, als ich gerade anfing, mich im Schreiben zu versuchen. Das Ganze war als Kurzgeschichte gedacht, war auch so angelegt, aber ich spürte eben, dass es ein Roman werden müsse. Das Thema hat sich dann verwandelt, vielfach verwandelt, als ich in Genf den Altar der Gebrüder van Eyck sah, in dessen Mitte das Gotteslamm steht. Ich habe den Altar dann innerhalb kürzerer Zeit noch einmal gesehen. Das ist alles, was ich weiß. Der Rest ist ein sehr komplizierter Vorgang wie immer beim Schreiben, wo Bewusstes und Unbewusstes sich ständig mischen in einem ständig wechselnden Mischungsverhältnis. Später dann habe ich diese beiden Anlässe, wenn ich sie so nennen darf, vergessen. Andere Gestalten und Motive wurden mir wichtiger, verloren wieder an Wichtigkeit. Das wechselt mit der Hitze und der notwendigen Abkühlung während des Schreibens und wechselt immer wieder.“
„Es ist eine breit dahinflutende, schmerzlich schöne Elegie vom Leben dieser unserer eigenen Zeit, von Hoffnungen, Leiden und Illusionen. Das Buch hat Reife. Es ist aller Tendenz enthoben. Sein Klang ist voll, sein Sinn ist mild, seine Wahrheit ist entschieden und klar: die Wahrheit des Lamms, das geopfert wird, damit die Welt weiterleben kann.“
„Wenn die Geschichten von Schicksalen, die um der Wahrheit willen erfunden wurden, noch heutzutage auf die Leser einen Einfluss ausüben können, dann ist wohl der Roman Heinrich Bölls dazu angetan, den Menschen besser zu machen. Was könnte man von einem Moralisten mehr sagen?“
„Billard um halbzehn, Bölls vielleicht extremstes Buch, ist der Hilfeschrei eines „Nicht-Versöhnten“ (nicht: eines Unversöhnlichen). Mit rauschhafter Gewalt, rhapsodisch wie Koeppen, anspruchsvoll wie Faulkner, sucht da jemand nach Natur in unnatürlicher Welt, nach Trauer im Zeitalter der Restauration, nach Gelassenheit, die der Verzweiflung fähig ist.“