Am äußersten Rand — Harvichs Welt

Er stöhnte und öffnete die Augen. Ein älterer Mann in Overall und kariertem Hemd beugte sich über ihn.

»Kally? Hörst du mich, Junge? Sag etwas?«rief der alte Mann.

Er ächzte.

»Mein Gott, ist mir mies!«stieß er hervor.

Der alte Mann lächelte.

»Gut! Gut!«sagte er erfreut. »Ich dachte schon, es ist aus. Du hast ganz schön was abbekommen.«

Kally betastete seinen Kopf. Unter dem Haar wölbte sich eine Beule, war getrocknetes Blut. Es schmerzte.

»Versuche aufzustehen«, sagte der alte Mann und half ihm.

Er schob sich unsicher auf die Beine.

»Hab' dir gesagt, du sollst dir ein Mädel suchen, die dir auf der Farm hilft«, schimpfte der alte Mann. »Wenn ich nicht vorbeigekommen war', wärst du jetzt tot.«

Der Mann schaute sich verwirrt um. Es war wirklich eine Farm. Hühner, ein baufälliger Stall mit ein paar Kühen, ein altes Blockhaus. Auf den Feldern schien Korn zu wachsen.

»Stimmt etwas nicht, Kally?«fragte der Alte.

»Ich — äh, wer sind Sie?«fragte er zögernd. »Und wo bin ich?«

»Der Schlag auf den Schädel hat dir das Gehirn durchgeschüttelt, Junge. Geh lieber in die Stadt zum Arzt.«

»Vielleicht haben Sie recht. Aber ich weiß immer noch nicht, wer Sie sind, wo ich bin — oder wer ich bin.«

»Muß Magnesia sein oder was«, sagte der Alte besorgt. »Hol mich der Teufel. Du bist Kally Tonge, Junge, und seit im vorigen Winter dein Vater gestorben ist, versorgst du die Farm allein. Du bist hier auf Harvich geboren und wärst beinahe hier gestorben.«Er zeigte auf den Boden.

Kally blickte hinunter und sah einen Bewässerungskompressor. Offenbar hatte er mit dem großen Schraubenschlüssel die Hauptmutter zugedreht, das Ding war angesprungen und hatte ihm den Schraubenschlüssel an den Kopf geschleudert.

»Kommst du zurecht?«sagte der Alte. »Ich lauf zu meiner Alten, sonst ist der Teufel los, doch wenn du willst, schick' ich dir jemanden, der dich zum Doktor fährt.«

»Ich gehe schon«, erwiderte Kally. »Aber erst mach' ich mich sauber. Wie — wie weit ist es in die Stadt?«

»Depot ist eineinhalb Kilometer weg.«Der Alte zeigte nach rechts.

Kally Tonge nickte.

»Ich geh' hin, das ist besser. Ich schaff das schon.«

»Also gut«, sagte der alte Mann zweifelnd. »Aber wenn ich nicht hör', daß du in der Stadt bist, schau' ich nach.«Er ging zur Straße zurück.

Er reitet ein Pferd, dachte Kally staunend. Und die Straße ist unbefestigt.

Er drehte sich um und ging in die Hütte.

Sie war moderner, als er angenommen hatte, wenn auch klein. In einer Ecke ein großes Bett mit Felldecken, ein Spülbecken, Gasherd — darunter Gasflaschen — und das Wasser kam wohl aus einem Tank nebenan. Ein großer Kamin und eine einfache Dusche.

Es gab auch einen kleinen Kühlschrank, betrieben von einer Traktorbatterie, wenn er einen Traktor hatte. In der Ecke bemerkte er einen Spiegel. Er schaute hinein.

Er besaß ein kräftiges, festes, gutaussehendes Gesicht, lange Haare, die zu einem langen Pferdeschwanz zusammengebunden waren, einen Kinnbart, gut gepflegt, und darüber einen Schnurrbart. Das Haar war braun, der Bart aber rötlich.

Er drehte den Kopf und sah die Wunde.

Er ist bei dem Unfall gestorben, dachte er. Kally Tonge ist an der Wunde gestorben. Und ich bin in ihn hineingeschlüpft.

Er zog sich aus, nahm den Spiegel und betrachtete sich am ganzen Körper. Er sah Muskeln und Schwielen.

Er zog ein dickes Wollhemd und eine Arbeitshose an, schlüpfte in abgetragene Lederstiefel und ging hinaus.

Es war nicht kalt, aber der frische Wind machte ihm klar, daß er gut daran getan hatte, ein dickes Hemd anzuziehen.

Er ging zur Stadt und sah, daß es hier überall nur kleine Bauernhöfe gab; viele sahen moderner aus als der seine. Ab und zu kam jemand zu Pferd oder mit einem Wagen vorbei.

Er erreichte die Stadt rascher, als er erwartet hatte. Er fühlte sich nicht müde und war mit einer Schnelligkeit gelaufen, die ihn überraschte. Die Stadt zeigte Gegensätzliches. Es gab bis zu vier Stockwerke hohe Blockhäuser, aber auch moderne Gebäude aus Fertigteilen. Die Straße war nicht gepflastert, aber lang. Es gab elektrisches Licht.

Er betrachtete die Frauen, die zumeist wie er gekleidet waren, manchmal kleine Cowboyhüte oder breitkrempige Strohhüte trugen. Es gab nicht so viele Frauen wie Männer, und die meisten sahen zäh, muskulös und männlich aus.

Er fand den Arzt und ließ sich untersuchen. Die Röntgenaufnahme ergab eine schwere Gehirnerschütterung und einen Bruchspalt. Der Arzt staunte darüber, daß er noch lebte.

»In den nächsten Tagen soll jemand bei Ihnen bleiben oder nach Ihnen sehen«, sagte er. »Der Gedächtnisverlust ist wahrscheinlich nur vorübergehender Art.«

Kally bedankte sich. Als er hinaustrat, sah er ein Schild, das eine Bar anzeigte. Er ging hinüber. In der Ferne donnerte es.


* * *

Sie erwachte, verspürte Übelkeit und erbrach sich.

Dann schaute sie sich langsam um. Ein winziges Zimmer, das nicht viel mehr enthielt als ein großes Bett und einen Korbsessel. Wände und Decke schienen aus Baumstämmen zu sein. Es war dunkel. Sie sah eine Schnur über sich, zog daran, und eine trübe Glühbirne flackerte.

Sie hob den Kopf und sah an sich herunter. Es hatte sich Wesentliches verändert.

Sie entdeckte zwei sehr große, aber perfekt geformte Brüste, und ihre Haut schien makellos weiß zu sein. Sie sah, daß ihr ganzer Körper an den richtigen Stellen wohlgeformt war. Von den Hüften an aufwärts war sie nackt, an den üppigen Hüften selbst hing ein höschenartiges Kleidungsstück aus schwarzer Spitze. Hunderte von glitzernden Pünktchen waren daran befestigt.

Sie betastete ihren Kopf und entdeckte eine Hochfrisur. An durchstochenen Ohren hingen große Ringe aus Kunststoff.

Sie schaute sich im Halbdunkel um, fand eine kleine Kosmetiktasche mit einem Spiegel und betrachtete sich.

Ein wunderschönes Gesicht, dachte sie, und sie war nicht eitel. Vielleicht das schönste Gesicht, das ich je gesehen habe.

Aber wem gehört das Gesicht? dachte sie.

Sie entdeckte eine Schachtel am Boden und griff danach. Die Schachtel war leer. Sie konnte die Schrift nicht lesen, aber sie wußte, daß Pillen darin gewesen waren.

Das Mädchen, wer oder was immer sie gewesen sein mochte, hatte sich damit umgebracht. Sie war hier in diesem Raum, Sekunden zuvor, gestorben, allein. Und im selben Augenblick war sie in ihren Körper versetzt worden.

Wie konnte jemand, der so aussah, Selbstmord begehen? So jung, dachte sie — nicht älter als sechzehn oder siebzehn Jahre. Und so schön.

Sie versuchte aufzustehen, aber ihr war zu schwindlig. Sie fiel auf das Bett zurück und starrte die Glühbirne an. Sie ertappte sich dabei, daß sie sich am ganzen Körper streichelte.

Es sind die Pillen, dachte etwas in ihr. Die Wirkung ist noch nicht abgeklungen.

Plötzlich ging die Tür auf, und ein Mann schaute herein. Er trug weiße Arbeitskleidung, wie ein Küchenhelfer. Er war kahlköpfig und über Fünfzig, sah aber hartgesotten aus.

»Okay, Nova, es wird Zeit —«, begann er, dann starrte er sie an, die leere Schachtel, das Erbrochene am Boden.

»Verdammter Mist!«schrie er. »Du hast wieder die Glückspillen genommen, wie? Ich hab' dich gewarnt. Ich hab' mich schon gewundert, daß eine wie du in einem Kaff wie dem hier arbeitet. Man hat dich überall hinausgeworfen.«Er sah sie angeekelt an. »Du taugst nichts. Ich hab' dir gesagt, du fliegst raus, wenn du das noch einmal machst: Los, steh' auf und verschwinde!«

Sie kicherte und zeigte auf ihn.

Er packte sie am Arm und riß sie hoch.

»Mensch, siehst du toll aus«, sagte er verwundert. »Nur schade, daß das Innere nicht zum Äußeren paßt. Los!«

Er zog sie hinaus und eine Holztreppe hinunter. Sie kam sich vor, als schwebe sie, und machte Flugbewegungen mit dem Arm.

Unten gab es eine Bar. Am Boden Sägemehl. Ein paar runde Tische. Eine Theke. Der Raum war leer.

»Ach, verdammt«, sagte er beinahe traurig und griff in eine Kasse. »Du hast dir nicht mal den Unterhalt verdient. Da, fünfzig Reals.«Er stopfte das Geld in ihr Höschen. »Wenn du auf die Straße gehst oder in den Wald oder zum Sheriff, kauf dir was anzuziehen und eine Fahrkarte. Mir reicht es.«Er hob sie hoch und warf sie auf die Straße hinaus. Sie kam ein wenig zu sich und schaute sich im Halbdunkel um.

Plötzlich wollte sie nicht gesehen werden. Es waren nur wenige Leute unterwegs, aber sie mußte bald auffallen. Sie kroch in einen Durchgang zwischen dem Wirtshaus und einem Laden. Es war sehr dunkel und kalt und roch nach Abfall.

Plötzlich flammte die Straßenbeleuchtung auf. Ich sitze allein an einem Ort, den ich nicht kenne, dachte sie, fast nackt, und es wird immer kälter. Was kann noch passieren?

Wie auf ein Stichwort begann es, zu donnern und zu knistern, und die Temperatur sank auffällig.

Sie begann zu weinen. In ihrem ganzen Leben hatte sie sich noch nicht so hilflos gefühlt.

Ein Mann ging über die Straße auf das Lokal zu. Er blieb plötzlich stehen. Ein Blitz zuckte und erhellte die Stelle, wo sie saß. Er kam auf sie zu und starrte sie ungläubig an, streckte die Hand aus, berührte ihre nackte Schulter.

»Was ist denn, kleine Frau?«fragte er leise.

Sie sah ihn gequält an, wollte sprechen und konnte nicht.

Sie war selbst in diesem Zustand das Schönste, was er je gesehen hatte.

»So schlimm kann es doch nicht sein«, meinte er. »Wo wohnen Sie? Ich bringe Sie heim. Sie sind doch nicht verletzt, oder?«

Sie schüttelte den Kopf und hustete.

»Nein, nein«, stieß sie hervor. »Hab' kein Zuhause. Bin hinausgeworfen worden.«

Er kauerte vor ihr nieder. Donner und Blitze hörten nicht auf, aber noch regnete es nicht.

»Dann kommen Sie mit«, sagte er leise. »Ich habe ein kleines Haus unten an der Straße. Da ist niemand außer mir. Sie können bleiben, bis Sie wissen, was Sie tun wollen.«

Sie schüttelte verwirrt den Kopf. Sie wußte nicht, was sie tun sollte. Konnte sie ihm vertrauen?

Eine fremdartige, ferne Stimme flüsterte in ihr: Fühlst du es? Angst, Habgier, Entsetzen, Ehrgeiz, das zerfrißt euch… Quäl' dich nicht, lauf nicht vor deinen Ängsten davon. Kämpf dagegen an!

Was habe ich zu verlieren? dachte sie.

»Ich gehe mit«, sagte sie leise. Er half ihr hoch und wischte sie ab. Er ist sehr groß, dachte sie. Ich reiche ihm nur bis zum Hals.

Sie gingen aus der Stadt hinaus. Auf der Straße war kein Mensch. Das Gewitter war zu hören und zu sehen, aber es regnete noch immer nicht. Die Temperatur war von fünfzehn auf acht Grad gesunken. Sie fror.

»Wollen Sie mein Hemd?«fragte er.

»Aber dann frieren Sie«, sagte sie.

»Ich mag kaltes Wetter«, erwiderte er und zog sein Hemd aus. Seine breite, muskulöse Brust weckte die seltsamen Gefühle wieder in ihr. Er legte das Hemd um ihre Schultern. Es war groß wie ein Zelt für sie, aber warm und angenehm. Sie wußte nicht, was sie sagen sollte, und irgend etwas veranlaßte sie, sich an ihn zu lehnen und ihren Arm um seine nackte Brust zu legen. Er legte auch den Arm um sie, und so gingen sie weiter.

Sie fühlte sich beruhigt und sah zu ihm auf.

»Wie heißen Sie?«fragte sie.

»W —«, begann er, dann sagte er statt dessen:»Kally Tonge. Ich habe dort vorne eine Farm.«

Sie sah den Verband an seinem Kopf.

»Sie sind verletzt.«

»Es ist nicht mehr schlimm«, erwiderte er und lachte leise. »Übrigens sind Sie genau das, was mir der Arzt verschrieben hat. In der Nacht sollte jemand bei mir sein, meinte er.«

»Tut es sehr weh?«fragte sie.

»Nicht mehr. Die Medizin ist hier sehr modern, auch wenn es hier sonst eher primitiv aussieht.«

»Ich weiß von der Welt nicht viel«, erwiderte sie. »Ich bin nicht von hier.«

»Woher kommen Sie?«

»Ich glaube nicht, daß Sie je davon gehört haben«, sagte sie. »Eigentlich von nirgends.«

»Und wie ist Ihr Name?«

Sie wollte sagen:»Nova«, aber statt dessen sagte sie:»Vardia.«

Er blieb stehen und sah sie an.

»Das ist ein Kom-Name, nicht wahr?«meinte er. »Sie sind von einer Kom-Welt!«

»Sozusagen, aber ich habe mich sehr verändert.«

»Auf der Schacht-Welt?«fragte er scharf.

Ihr Atem stockte.

»Sie — Sie sind eine von den Personen im Schacht!«rief sie. »Sie sind in dem Körper aufgewacht, wie ich in diesem! Die Kopfwunde hat Kally Tonge getötet, und Sie sind er geworden, wie ich Nova!«

»Zweimal, als ich jemanden brauchte, haben Sie mich getröstet, sogar verteidigt«, sagte er.

»Wujul«rief sie und lächelte staunend. Sie betrachtete ihn prüfend. »Wie haben Sie sich verändert!«

»Nicht mehr als Sie«, erwiderte er und schüttelte den Kopf. »Was für ein Körper!«

»Aber — aber warum ein Mann?«fragte sie.

Seine Miene wurde ernst.

»Das erzähle ich Ihnen einmal. Der gute alte Nathan. Er hat es wirklich getan.«

Plötzlich begann es stark zu regnen. Sie waren in wenigen Sekunden tropfnaß, und ihre ganze Frisur sackte zusammen. Sie lachten, und er hob sie hoch und lief durch den Schlick zu seinem Blockhaus, verschätzte sich aber, und sie stürzten beide in den schwarzen Schlamm.

»Alles in Ordnung?«fragte er.

»Ich ertrinke im Schmutz«, antwortete sie lachend.

»Die Scheune ist näher!«rief er. »Dort! Kommen Sie!«

Sie liefen hinüber, er schob die Tür auf, und sie stürzten hinein. Der Regen prasselte auf das Blechdach und an die Holzwände. Es war dunkel. In den Ställen muhten ein paar Kühe.

»Wuju?«sagte sie.

»Hier«, sagte er, und sie drehte sich herum.

»Am besten warten wir es hier ab«, meinte er. »Da drüben ist Heu.«

Sie liefen hinüber und ließen sich auf das Heu sinken. Sie zog ihr Höschen aus, das völlig verschmutzt war. Sie lagen eine Weile nebeneinander. Er legte den Arm um sie und begann, ihre Brust zu streicheln.

»Das tut gut«, flüsterte sie. »Ist es das, was ich gespürt habe? Ich dachte, es wären noch die Pillen. Hast du das bei Brazil gespürt?«

Hol mich der Teufel, dachte er. Ich wollte schon immer wissen, wie das ist, wenn ein Mann eine Erektion bekommt. Er sah sie an.

»Ich zeige dir, wie es wirklich ist, wenn du willst«, sagte er leise.

»Ich glaube, es ist das, was er wollte«, erwiderte sie.

»Ist es auch das, was du willst?«fragte er ernsthaft.

»Ich glaube, ja«, flüsterte sie und begriff, daß es so war. »Aber ich weiß nicht einmal, wie.«

»Überlaß das einem Experten«, antwortete er. »Auch wenn ich es von dieser Seite nicht gewohnt bin.«Er legte beide Arme um sie, küßte und streichelte sie.

Und er zog die Hose aus und zeigte ihr, wie es ist, eine Frau zu sein, während er entdeckte, was es hieß, ein Mann zu sein.


* * *

Der Regen hatte aufgehört, schon seit zwei Stunden, aber sie lagen noch immer beieinander und genossen die Nähe ihrer Körper.

Vardia schaute hinaus und sah die Sterne hervorkommen.

»Morgen besorgen wir dir etwas anzuziehen«, sagte er. »Dann sehen wir uns die Farm an. Der Regen tut dem Land gut.«

»Tun die Leute, die nicht von den Kom-Welten sind, das jeden Tag?«fragte sie.

»Zweimal, wenn sie scharf genug sind«, meinte er lachend. »Nur ein paar Tage im Monat nicht.«

»Du — du hast es auf beiden Seiten getan«, sagte sie. »Ist es anders?«

»Das Gefühl ist ganz anders, aber es ist im Grunde dasselbe. Das Wichtige dabei ist, Mann oder Frau, daß man es mit jemandem tut, den man haben will.«

»Ist das Liebe?«fragte sie. »Hat Brazil das gemeint?«

»Nicht den Sex«, gab er zurück. »Das ist nur ein — ein Bestandteil, wie er sagen würde. Ohne Liebe, ohne Gefühl für die andere Person, ohne das Innere, ist es nicht schön.«

»Deshalb bist du jetzt ein Mann«, sagte sie. »Das andere war alles nicht richtig, außer mit Nathan.«

»Ja.«

»Glaubst du, daß er wirklich Gott war?«fragte Vardia.

»Ich weiß es nicht«, erwiderte er seufzend. »Und wenn nicht? Als er im Schacht war, hatte er die Macht. Er gab mir meine Farm, einen guten, starken Körper, eine neue Chance. Und er hat dich geschickt.«

»Ich habe nie so gelebt«, meinte sie. »Ist alles so herrlich wie heute nacht?«

»Nein«, sagte er ernsthaft. »Es gibt viel harte Arbeit und Qual und Herzschmerzen — aber wenn alles zusammenkommt, kann es sehr schön sein.«

»Wir versuchen es hier«, erklärte sie entschlossen. »Und wenn das Vergnügen vorbei ist, falls das je der Fall sein sollte, oder wenn wir alt und grau sind, gehen wir auf eine markovische Welt und fangen wieder von vorn an. Das ist eine gute Zukunft.«

»Das glaube ich auch. Es ist mehr, als die meisten Leute je bekommen.«

»Diese Welt darf nie werden wie die anderen«, sagte sie, »wie die Kom. Dafür müssen wir sorgen.«

Weit hinter dem Horizont entstand ein Glühen, plötzlich fegte ein greller Pfeil in den dunklen Himmel hinauf und verschwand. Sekunden danach hörten sie ein fernes Grollen.

»Armer Nathan«, sagte er traurig. »Er kann es für alle tun, nur für sich selbst nicht.«

»Ich möchte wissen, wo er jetzt ist«, sagte sie nachdenklich.

»Ich weiß nicht, welche Form er angenommen hat«, erwiderte er, »aber ich glaube, ich weiß, wo er ist, und was er tut, denkt und fühlt.«

Sie blickten hinauf zu den Sternen.

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