Die Vorigen. Tschubukow.
Tschubukow. Was gibt es denn schon wieder?
Natalia Stepanowna. Papa, sag' aufrichtig, auf Ehr' und Gewissen: welcher Hund ist besser – unser Otkatai oder sein Ugadai?
Lomow. Stepan Stepanowitsch, ich flehe Sie an, sagen Sie bloß eins: hat Ihr Hund einen kurzen Unterkiefer oder nicht? Ja oder nein?
Tschubukow. Und wenn schon! Ist das von so großer Wichtigkeit? Dafür gibt es im ganzen Umkreis keinen bessern Hund und dergleichen.
Lomow. Aber mein Ugadai ist doch besser? Sagen Sie aufrichtig!
Tschubukow. Regen Sie sich nicht auf, Schätzbarster!… Gestatten Sie… Ihr Ugadai hat eben seine guten Eigenschaften… Er ist von guter Rasse, hat kräftige Läufe, starke Lenden und dergleichen. Aber der Hund, wenn Sie es wissen wollen, mein Bester, hat zwei Mängel: er ist alt und hat einen kurzen Unterkiefer.
Lomow. Entschuldigen Sie, ich habe Herzklopfen… Sprechen wir von Tatsachen … wollen Sie sich erinnern, auf Maruskins Wiesen ging mein Ugadai mit den gräflichen Raswachai Ohr an Ohr und Ihr Otkatai blieb eine ganze Werst zurück.
Tschubukow. Er blieb zurück, weil der gräfliche Aufseher ihn mit seiner Peitsche geschlagen hatte.
Lomow. Er hatte recht, alle Hunde spüren dem Fuchs nach, Otkatai aber hält es für notwendig, ein Schaf zu beißen!
Tschubukow. Das ist nicht wahr … Liebster … ich bin reizbar und darum bitte ich Sie, brechen wir diesen Streit ab. Er hat ihn geschlagen, weil jedermann auf einen fremden Hund von guter Rasse mit Neid sieht… Jawohl, alle sind Neider. Auch Sie, mein Herr, sind nicht frei von Sünden! Kaum bemerken Sie, daß der Hund eines andern besser ist als Ihr Ugadai, so fangen Sie gleich an … dies … jenes … sein … mein … und dergleichen… Ich erinnere mich genau an alles!
Lomow. Auch ich erinnere mich!
Tschubukow (nachäffend). Auch ich erinnere mich … woran erinnern Sie sich?
Lomow. Herzklopfen… Das Bein ist gelähmt… Ich kann nicht…
Natalia Stepanowna (nachspottend). Herzklopfen … was sind Sie für ein Jäger? Sie sollten in der Küche auf dem Ofen liegen und Schaben erdrosseln, aber nicht Füchse jagen! Herzklopfen!…
Tschubukow. Wahrhaftig, was sind Sie für ein Jäger? Mit Ihren Krankheiten sitzt man zu Hause und baumelt nicht herum auf dem Sattel. Wenn Sie noch ein Jäger wären, aber Sie fahren doch nur deshalb herum, damit Sie über Hunde anderer streiten, die Leute stören und dergleichen. Ich bin reizbar, lassen wir dieses Gespräch, Sie sind nämlich kein Jäger!
Lomow. Sind Sie denn ein Jäger? Sie fahren doch nur aus, um sich beim Grafen einzuschmeicheln, um zu intrigieren… Das Herz… Sie Intrigant…!
Tschubukow. Nun und wenn ich ein Intrigant bin? (Er schreit.) Schweigen Sie!
Lomow. Intrigant!
Tschubukow. Bube! Junger Hund! Wandelnde Apotheke!
Lomow. Alte Ratte! Jesuit! Ich kenne Sie genau!
Tschubukow. Schweig! Sonst schieße ich dich nieder … mit dem schlechtesten Gewehr, wie ein Rebhuhn! Geck! Taube Nuß! Tagedieb!
Lomow. Alle wissen, daß – ach! Das Herz! – Ihre selige Frau Sie geprügelt hat… Das Bein … die Schläfen… Funken… Ich falle um, ich falle…
Tschubukow. Und du stehst unter dem Pantoffel deiner Beschließerin!
Lomow. Hier … da … da … ist das Herz geplatzt. Die Schulter ist fortgerissen… Wo ist meine Schulter?… Ich sterbe. (Er fällt in den Fauteuil.) Den Doktor! (Ohnmacht.)
Tschubukow. Bube! Gelbschnabel! Geck! Mir ist schlecht! (Er trinkt Wasser.) Übel ist mir!
Natalia Stepanowna. Was sind Sie für ein Jäger? Sie können ja nicht einmal zu Pferd sitzen! (Zum Vater.) Papa, was hat er? Papa, sieh hin, Papa! (Sie jammert.) Iwan Wassiljitsch! Er ist tot!
Tschubukow. Mir ist schlecht! Der Atem versagt mir!… Luft!…
Natalia Stepanowna. Er ist tot! (Sie schüttelt Lomow am Ärmel.) Iwan Wassiljitsch! Iwan Wassiljitsch! Was haben wir angerichtet? Er ist gestorben! (Sie sinkt in den Fauteuil.) Den Doktor! Den Doktor! (Hysterischer Anfall.)
Tschubukow. Ach!… Was gibt es denn? Was fehlt dir?
Natalia Stepanowna (stöhnt). Er ist tot!… Tot!
Tschubukow. Wer ist gestorben? Wer ist tot? (Auf Lomow hinsehend.) Wahrhaftig, er ist tot! Gerechter Gott! Wasser! Den Arzt! (Das Glas an Lomows Lippen haltend.) Trinken Sie!… Nein, er trinkt nicht… Er ist also tot und dergleichen… Unglückseligster Mensch, der ich bin! Warum jage ich mir keine Kugel in die Stirn? Warum habe ich mir bis jetzt noch nicht den Hals durchgeschnitten? Worauf warte ich noch? Gebt mir ein Messer! Gebt mir eine Pistole! (Lomow bewegt sich.) Es scheint, er kommt zu sich… Trinken Sie Wasser! So…
Lomow. Funken… Nebel… Wo bin ich?
Tschubukow. Heiraten Sie! Schnell … und zum Teufel… Sie willigt ein! (Er vereinigt die Hände Lomows mit denen Natalias.) Sie ist einverstanden und dergleichen. Ich segne euch und dergleichen. Aber laßt mich nur in Ruh'!
Lomow. He, was? (Sich erhebend.) Wen?
Tschubukow. Sie ist einverstanden! Nun? Küßt euch und … und der Teufel mit euch!
Natalia Stepanowna (stöhnt). Er lebt… Ja, ja, ich bin einverstanden…
Tschubukow. Küßt euch!
Lomow. Eh? Wen? (Er und Natalia Stepanowna küssen sich.) Sehr angenehm… Erlauben Sie, um was handelt es sich? Ach, ja … ich verstehe … das Herz … die Funken… Ich bin glücklich, Natalia Stepanowna… (Er küßt ihr die Hand.) Das Bein ist gelähmt…
Natalia Stepanowna. Auch ich bin glücklich…
Tschubukow. Uf … ein Berg von den Schultern… Uf!
Natalia Stepanowna. Und doch, geben Sie wenigstens jetzt zu, Ugadai ist schlechter als Otkatai.
Lomow. Besser!
Natalia Stepanowna. Schlechter!
Tschubukow. Nun beginnt das Familienglück! Champagner!
Lomow. Besser!
Natalia Stepanowna. Schlechter! Schlechter! Schlechter!
Tschubukow (strengt sich an, sie zu überschreien). Champagner! Champagner! Champagner!