Dritter Band

1. In Amt und Gut

Als an dem Tage, an welchem die Scharen des Fürsten Wratislaw durch die Schäfte des Waldes zurückgedrängt worden waren, der Abend heran kam, erreichten die Männer des Waldes die Anhöhe, welche ihnen von dem Herzoge Wladislaw als Nachtlagerungsplatz bestimmt worden war. Sie breiteten sich auf der Höhe aus, und suchten die Stellen, welche sich zur Nachtruhe eigneten. Witiko ließ Sifrid von Milnet zu sich rufen, und sagte zu ihm: »Sifrid, bist du von dem Kampfe so ermattet, daß du in der heutigen Nacht nicht noch einen Dienst tun könntest, und ist dein Pferd noch im Stande, einen mäßigen Ritt von einigen Stunden zu ertragen?« Sifrid antwortete: »Ich habe gesagt, daß meine Glieder sind wie die eines andern Mannes, und daß ich tun will, was ich kann: und da nun der andere Mann den Dienst täte, so tue ich ihn auch, und oft haben wir den ganzen Tag gearbeitet, und in der Nacht getanzt. Und was das Pferd anlangt, so habe ich dir ja erzählt, Witiko, daß ich die Pferde des alten Roder Peter warte, und ich warte sie sehr gut, und weiß, was sie ertragen, und habe mir das beste ausgesucht, da ich fort geritten bin.« »Also wirst du reiten?« fragte Witiko. »Ich werde reiten«, sagte Sifrid. »Also, höre. Hast du dir alles gemerkt, was heute in dem Kampfe geschehen ist?« fragte Witiko. »Ich habe es mir gemerkt«, antwortete Sifrid. »Wie heißt der Führer der Scharen, die gegen uns gekommen sind?« fragte Witiko. »Es ist Wratislaw, der Herzog von Brünn, ein nichtsnutziger Vetter unseres erleuchten Herzoges Wladislaw«, antwortete Sifrid. »Gut, und wie viele Stunden sind wir seitwärts nach rechts in der Verfolgung gegangen, und wie viele wieder links zu unserem Wege, und wohin sind die meisten der Feinde geritten, und wie heißt der Berg, auf dem wir jetzt stehen?« sagte Witiko. »Wir sind vielleicht drei Stunden gegen Sonnenuntergang hinter den Feinden her gewesen, und sind dann vier oder fünf Stunden wieder in der Richtung gegen Sonnenaufgang gezogen, und die Feinde sind zerstreut gegen Sonnenuntergang geritten, und der Berg, auf dem wir stehen, heißt Braniš«, antwortete Sifrid.

»Es ist, wie du sagst«, entgegnete Witiko, »reite nun zu dem Herzoge, und berichte ihm das alles genauer als meine ersten Boten konnten, und erzähle ihm, was du von dem Kampfe der Wahrheit nach weißt, sage, daß ich dich sende, und daß wir wenige Männer verloren haben. Ich werde dir noch vier Begleiter mitgeben. Stärket euch und die Pferde durch Nahrung und etwas Ruhe. Dann reitet zu Bolemil, Bolemil wird euch einen Boten zu dem nächsten Führer geben, dieser gibt euch wieder einen, und so jeder, bis ihr zu dem Herzoge kommt. Zu Bolemil werde ich auch noch einen andern Boten schicken.« »Es wäre mir lieb, wenn ich selber meine Begleiter auslesen dürfte«, sagte Sifrid, »ich kenne Genossen, die den Ritt gut vollbringen werden.« »So wähle sie«, entgegnete Witiko, »und wenn ihr bei dem Herzoge gewesen seid, dann reitet wieder an den Scharen rechts herüber, und sehet, daß ihr morgen wieder bei unserem Zuge seid.« »Ich werde alles genau tun, wie du gesagt hast«, antwortete Sifrid, »und meine Genossen werden in jedem folgsam sein.« »So gehe, und sei an der Sache«, sprach Witiko. Sifrid ging. Als dieses geschehen war, ließ Witiko die Obmänner der Abteilungen zu sich rufen. Und ehe diese dem Rufe des Hornes von ihren Stellen her folgen konnten, wurde das große rosenrote Banner vor Witiko aufgerichtet, und es wurde ein Gezelt für ihn zu Stande gebracht. Als die Obmänner vor dem Gezelte und vor dem rosenroten Banner erschienen waren, sprach Witiko zu ihnen: »Ehrenvolle Männer! Wir sind auf dem Boden der Feinde, und schon unter den Feinden, und es tut not, daß wir alle Vorsicht üben, welche der Krieg gebietet. Wir werden zu allen Zeichen gehen, um ihre Anstalten für die Nacht zu betrachten.« »Wir werden dir folgen«, sagte einer der Männer. Witiko ging nun mit den Führern rechts von seinem Gezelte zu dem weißen Banner mit der dunkelroten Waldrose, welches die Fußgänger von Plan in den Boden gesteckt hatten. Er sah den Lagerplatz der Männer an, und die Wachen, welche sie ausgestellt hatten. Dann ging er wieder weiter rechts zu dem grünen Banner der Männer von der Mugrauer Heide, und betrachtete ihr Lager und ihre Wachen. Dann ging er zu dem weißen Banner der Männer von dem schwarzen Bache, dann zu dem blauen Banner der Männer von der unteren Moldau, dann zu dem weißen Kreuze der Männer vom Rathschlage, dann zu der Stange, auf welche die Männer vom Eckschlage Geierfedern gebunden hatten, und überall betrachtete er die Lagerung und die Wachen. Dann ging er wieder zurück bis zu seinem Gezelte, und ging von demselben links zu dem weißen Banner mit der dunkelroten Waldrose, welches die Männer von dem Wangetschlage hatten, und dann weiter links zu dem rosenroten Banner der Männer von Friedberg, und dann zu dem roten Kreuze der Männer von der Steinleithe, und dann zu dem gelben Fähnlein der Männer von der Friedau, und dann zu der Stange mit dem grünen Kranze der Männer des neuen Kirchenschlages, und dann zu der Stange mit den himmelblauen Bändern der Männer der Waldmoldau, des Heurafels und der Stift, welche Bänder die vom schwarzen Bache unter ihrem weißen Banner abgelöst, und ihnen gegeben hatten. An allen diesen Stellen betrachtete Witiko auch die Lagerungen und die Wachen, und sah, daß die Sachen recht waren. Dann ging er zu den Reitern, und sah auf ihre und ihrer Pferde Nachtstellen und auf die Wachen. Und auch diese Dinge waren geordnet. Als dieser Umgang vollendet war, entließ er die Führer. Dann sammelte er ein Geleite, in welchem sich auch seine Befehlsträger Augustin, Urban und Mathias befanden, und ging mit diesem Geleite zu den Männern von Plan, und hieß die Männer sich ordnen, und blieb vor ihrem Banner stehen. Da die Männer geordnet waren, sprach er: »Stephan, sie haben dich zu ihrem Obmanne gewählt, du hast heute Zucht und Festigkeit gewahret, und die Männer haben gezeigt, daß sie auf dem Wysoka gewesen sind, und auf den Zinnen von Prag, und daß sie der Kriegsfelder immer mächtiger werden. Es gebührt ihnen Ehre und Dank. Und wenn die rote Rose in solcher Blüte wie heute bleibt, so wird sie ein Zeichen der hohen Achtung der Geschlechter werden. Haltet gute Nachtruhe, Männer, und gedenkt meiner, wie ich eurer.« »Gute Nacht, Witiko«, rief der Schmied, »wir gedenken deiner.« Dann ging Witiko zu den Männern der Mugrauer Heide, und sprach: »Wolfgang, du hast die Männer im Streite gut geführt, und sie haben die Führung gelohnt. Das grüne Banner ist hinter keinem geblieben. Habet Dank und gute Nacht, ihr lieben Leute.« »Gute Nacht, Witiko«, riefen die Männer. Dann ging er zu denen vom schwarzen Bache, und sagte: »Simon, dir und den Deinigen gebühret Lob und Dank, und wenn euer Banner immer so leuchtet, so wird es eine Sonne der Ehre. Genießet eine gute Nachtruhe, ihr geliebten Männer.« »Gute Nachtruhe, Witiko«, riefen die Leute. Und hierauf ging Witiko zu den Männern der unteren Moldau, und sagte: »Veit, du hast mit deinen Leuten eifrig gekämpft, und ihr verdienst Dank und Erkennung. Ruhet in der Nacht wohl aus von den Mühen des Tages.« »Ruhe auch wohl, Witiko«, sagte Veit, »du bedarfst der Ruhe am meisten.«

»Sie wird kommen, wenn die Zeit ist«, antwortete Witiko. Dann ging er zu den Männern vom Rathschlage, und sprach: »Gregor, sie haben recht an dir gewählt, du bist standhaft und stark mit ihnen gewesen. Habet alle einen großen Dank und eine gute Nacht.« »Gute Nacht, Witiko«, sagte Gregor, und »gute Nacht« riefen noch mehrere Männer. Darnach ging er weiter zu denen vom Eckschlage, und sagte: »Michael, du bist mit den Deinigen streitbar gewesen wie der Vogel, von dem ihr euer Zeichen genommen habt. Und wenn auch nur eine Feder auf eurer Stange bleibt, so wird sie sein wie der Stab eines Herzogs, und die Fürsten und die Herren werden euch darum beneiden. Habet eine ruhige Nacht, ihr lieben festen Leute.« »Habe eine gute Nacht, Witiko«, sagte Michael, »und gedenke unser.« »Ich gedenke eurer«, sprach Witiko. Nachdem er dieses gesprochen hatte, ging er wieder an allen Leuten zurück zu seinem Gezelte, und von demselben links zu den Männern aus dem Wangetschlage. Er sprach zu ihnen: »Johannes, wenn auch schon eine Zahl von Jahren über dein Haupt gegangen ist, so sind doch die Wangen desselben noch rot, wie weiß die Haare sein mögen, und die haben wohl getan, die dich zu ihrem Obmanne gewählt haben. Liebe Heimatgenossen, da ihr die rote Waldrose in euer weißes Banner gesetzt habt, weil ich eine rote Waldrose auf dem weißen Schilde in dem Streite des Wysoka getragen habe, und weil Huldrik gesagt hat, daß meine Vorfahren Rosen von Rom gebracht haben, so ist mir dieses ein liebes Zeichen, und ich habe das Zeichen der kleinen Schar gesehen, als wir von den Feinden angegriffen worden sind, und ich habe gesehen, wie das Zeichen ruhig gegen die Feinde ging, als wäre eure kleine Schar eine große. Nehmet dafür den Dank und die Ehre, und möge die Rose allen Gutes bringen, die in unserer Heimat wohnen.« »Witiko«, sagte Johannes, »du wirst die Rose zu uns bringen, und durch dich und deine Nachkommen wird sie Gutes in dem ganzen Walde verbreiten.« »Wenn Nachkommen auf mich folgen«, entgegnete Witiko, »und wenn sie die Heimatgenossen so lieben wie ich, so werden Nachkommen und Heimatgenossen in trauter Verbindung mit einander fort und fort in die Zeiten leben.« »Sie werden in dieser Verbindung leben«, sagte Johannes, »sie werden.« »Und so pflegt heute eines zufriedenen Schlummers«, sprach Witiko. »Du auch«, antwortete Johannes.

Darnach ging Witiko zu den Leuten von Friedberg, und sagte: »Oswald, euer Banner hat die rosenrote Farbe der Herzogsbanner, und ist im Streite gewesen wie die Banner des Herzogs. Lob und Vergeltung wird kommen. Ruhet heiter nach der Arbeit.« »Ruhe heiter, Witiko«, riefen mehrere Männer. Dann ging er zu denen der Steinleithe, und sprach: »Liebhart, ihr seid die wenigsten gewesen; aber wie das Kreuz von den Höhen der Länder in die Ebenen herrschet, so ist euer Kreuz in den Feinden sichtbar gewesen. Habet Preis und Dank und eine friedliche Nacht.« »Gute Nacht, Witiko«, sagte Liebhart. Dann ging Witiko zu den Männern der Friedau, und sagte: »Peter, ihr habt sehr wenig Hütten; aber ihr habt die Männer aus dem tiefen Walde heraus gezogen, und seid eine große Zahl geworden, und seid im Kampfe verläßlich gewesen wie die harten Stämme des Waldes. Habet eine gute erfrischende Nacht.« »Du auch«, riefen mehrere Männer, »gute erfrischende Nacht.« Dann ging er zu denen des Kirchenschlages, und sprach: »Dietrich, euer Kranz ist aus grünen Wollbändern gewunden, ihr habt ihn hoch gehalten, und wenn er so hoch in allen Streiten bleibt, so wird er nicht wie aus Sammet und Seide sein, sondern wie das Grün der köstlichsten Gewächse, die nie erbleichen und welken. Habet Dank und eine erquickende Nacht.« »Gute Nacht, Witiko«, sagte Dietrich. Dann ging Witiko zu den Männern der Waldmoldau, des Heurafels und der Stift, und sagte: »Thomas, ihr seid die letzten an dem Saume des Landes gegen Bayern hin; aber ihr seid nicht die Letzten im Kampfe gewesen, und werdet es nie sein. Nehmet Lob, und stärkt eure Glieder in fröhlichem Schlummer.« »Du auch in fröhlichem Schlummer«, riefen mehrere Männer. Als Witiko bei allen diesen Scharen gewesen war, ging er zu dem Platze der Reiter. Er blieb vor der Lanze Philipps, des Steigers, stehen, die in dem Boden stak, und daran das weiße Fähnlein mit der dunkelroten Waldrose hing. Als sich die Männer nach seinem Wunsche vor ihm gesammelt hatten, sprach er: »Wenhart, du liebwerter alter Mann, der du in den Kriegen des Herzoges Swatopluk mit Boriwoy gewesen bist, in den Kriegen Wladislaws, des Vaters unseres erlauchten Herzoges, mit Boriwoy, der du in dem Kampfe auf dem Berge Wysoka gewesen bist, und der du gesagt hast, daß ihr in den Kriegen das Zusammenstehen gelernt habt, wie es richtig ist: dich haben die Reiter zu ihrem Führer gewählt, wenn du auch alt bist, wenn du auch von den wenigen kleinen Hütten der Friedau stammst, und wenn auch die größte Zahl der Reitenden aus Plan und der Umgebung von Plan ist. Und du hast es dargetan, daß die Wahl recht war. Auf dem Zuge ist die Ordnung und Zucht der Reiter immer besser geworden, und in dem Kampfe des heutigen Tages sind sie gewesen wie ein einzelner kriegerischer unbezwinglicher Mann. So der Jüngling mit seinem schlanken Leibe auf dem Rosse, so der Mann in seiner Stärke, so der Greis mit seinen weißen Haaren, wie mehrere unter euch reiten. Es ziemt sich, Lob und Ehre über die Schar zu sprechen. Und wenn kein fernerer Kampf schlechter wird als der heutige, so werden die Reiter des Waldes mit ihren kleinen Pferden, wie du auf einem schwarzgrauen reitest, Wenhart, und wie der Richter von der Mugrauer Heide auf einem braunen reitet, und wie der Richter von den Steinleithenhäusern auch auf einem braunen reitet, unter denjenigen sein, die in allen Teilen des Landes werden genannt werden.« »Es wird kein Kampf schlechter sein«, rief ein Mann, der neben der Lanze Philipps, des Steigers, stand. »Ich glaube es«, sagte Witiko, »und ich habe dich im Streite schon gesehen auf deinem struppigen ziegelfarbigen Pferde, du Rufer.« Darauf fuhr er fort: »Und wenn es so ist, so wirst du mithelfen, Wenhart, daß die Drangsale des Krieges nicht über unser Waldland kommen, von denen du uns in dem Schenkhause der unteren Moldau erzählt hast.« »Wenn Gott und die Heiligen nicht dagegen sind«, antwortete Wenhart, »so werden wir alle getreulich helfen, daß sie nicht kommen.« »Wir werden helfen«, riefen mehrere Männer. »Und du hast gewiß auch geholfen, Wenhart«, sagte Witiko, »daß aus dem großen schönen Walde, der von den Friedauer Hütten gerade hinan steigt, bis zu der Stelle des heiligen Apostels Thomas, und der links von den Friedauer Hütten gegen den Heurafel und gegen die Stift geht, und der rechts von den Friedauer Hütten sehr weit fortgeht über die untere Moldau, über die Glöckelberge, bis zu dem Hochfichte, so viele Männer zu euch gekommen sind, daß die kleine Zahl der Friedauer eine große geworden ist.« »Da haben viele zusammen geholfen«, sagte Wenhart, »die als Jäger, als Holzknechte, als Köhler, als Pechsammler, als Kräutersucher, als Bienenväter in dem Walde sind. Und nicht bloß aus denjenigen Wäldern stammen sie, die du genannt hast, sie sind auch aus dem Schönwalde, aus dem Gesenke und aus dem Walde, der von dem heiligen Apostel Thomas gegen Bayern hinabsteigt, und aus der reichen Au gekommen. Florian, der alte Mann, der dich einmal von Bayern herein geführt hat, ist unter ihnen.«

»Das habe ich nicht gewußt«, sagte Witiko, »ich muß einmal zu ihm gehen. Und so hält der Wald zusammen, daß durch viele der Feind von ihm abgewendet werde, wie du gesagt hast, und daß die vielen gegen den Feind sind wie gegen die Wölfe. Wo ist denn der andere Wenhart, der vom Dürrwalde? Ich habe ihn unter den Fußgängern nicht gesehen.« »Er ist auch nicht unter den Reitern«, sagte Maz Albrecht von Plan, »wie er nach dem Streite auf dem Berge Wysoka Männer aufgewiegelt hatte, daß sie nach Hause gingen, weil sie nichts mehr gewinnen könnten, so ist er jetzt gar nicht mitgegangen, weil ihm das Spiel zu teuer schien für gehofften Gewinn.« »Er fahre wohl«, sprach Witiko. »Und nun, ihr Männer, gönnt euch und euern Tieren Erquickung und Ruhe. Ich sehe euch im Frühlichte wieder, und sage jetzt gute Nacht.« »Gute Nacht, Witiko, gute Nacht, gute Nacht«, riefen mehrere. Witiko ging nun mit seinem Geleite zu seinem Gezelte. Als er dort angekommen war, dämmerte das Land schon im tiefen Abende, und er sah links von sich weit zurück die Lichter an dem Platze, wo die Leute Bolemils lagern mußten, und weiter zurück sah er noch Lichter in sehr mattem Schimmer. Vor seinem Gezelte harrten Boten von Rowno und von den andern Führern. Witiko entließ sein Geleite, ließ die Boten in sein Gezelt kommen, hörte sie an, und fertigte sie dann ab. Hierauf ging er wieder aus seinem Gezelte, und ging zu Rowno. Mit Rowno sprach er durch längere Zeit. Dann ging er zu den andern, und sprach mit ihnen auch. Dann ging er wieder zu seinem Gezelte zurück, und von demselben ging er, und sah, wie die Pferde gepflegt würden, und ordnete noch manches an. Als dieses alles geschehen war, ging er in das Gezelt, setzte sich zu dem Tische, und aß von den Speisen, die ihm Jakob als heutiges Abendmahl brachte, und trank von dem Weine, der auf dem Tische stand. Dann legte er sich zur Ruhe.

Er hörte die ordnungsmäßigen Rufe der Wachen in dem Lager. Zu einer Zeit der Nacht erhob er sich, ging vor das Gezelt, und nahm von den Männern, welche sich an demselben befanden, drei, und ging mit ihnen durch das ganze Lager. Er fand alles in dem Stande, wie er es angeordnet hatte. Dieses tat er nach Mitternacht noch einmal.

Im schwachen Morgenlichte stand er auf, und da die Leute ihr Morgenmahl verzehrt hatten, gab er den Befehl, daß die Zeichen zu der Aufstellung der Männer tönten. Die Zeichen tönten, und die Männer bewirkten ihre Sammlung und Stellung.

Als dieses vollbracht war, bestieg Witiko sein Pferd, ritt vor sie und sprach: »Männer und Kriegesbrüder, ich habe gestern das Recht der Ehre über den gewesenen Kampf vor jeder Abteilung ausgesprochen. Ich spreche es heute vor euch allen Versammelten gebührend aus. Ihr habt getan, was sich geziemt, und was in euern Herzen war. Den Lohn des Herzens habt ihr euch gegeben, den Lohn der Ehre und des Gutes werdet ihr erhalten. Ich habe gestern Boten an den erlauchten Herzog Wladislaw gesendet, welche ihm alles melden sollen. Und wenn ich wieder das Angesicht des hohen Herzoges sehe, und wenn Raum zum Sprechen ist, so werde ich ihm erzählen, wie sich der Kampf in jedem Stücke begeben hat, und er wird das Nötige verfügen. Nun ist es aber an uns, den Zug weiter fortzusetzen. Wir werden an den Zeichen der Abteilungen, die uns zunächst gelagert haben, Weisungen sehen. Der Zug muß in dem Lande der Feinde, wo überall ihre Scharen sein können, vorsichtiger geschehen als bisher. Enthaltet euch von lediglicher Grausamkeit, die Kinder dieses Landes sind wie die Kinder des Landes Böhmen, und der erhabene Herzog Wladislaw ist der Herzog des Landes Böhmen und des Landes Mähren. Achtet, wenn es nicht der Krieg bedarf, der Habe der Bewohner, wie es euch auch schmerzen würde, wenn Brüderscharen kämen, das Eurige dahin zu nehmen. Was die Feinde im Kampfe und nach dem Siege lassen müssen, dessen wird jeder seinen Teil erhalten. Was einer in dem Einzelkampfe dem Feinde nimmt, behalte er, und wahre sich's zum Denkmal, oder wende es zur Not der Seinen. Ich wiederhole nun als Bestellter des Herzoges den Dank für den gestrigen Kampf noch einmal, und jetzt gebt das Zeichen zur Zugsbereitschaft.«

Ein Fahnenzeichen wurde vor dem Gezelte Witikos gemacht, und sofort erscholl der Ton der Zugsbereitschaft aus Veit Gregors großem Horne, und die kleinen Hörner wiederholten ihn.

Die Männer löseten ihre Stellung auf, und suchten sich zum Zuge zu rüsten.

Die Arbeiter brachten die Gezeltstücke und die Lagerstücke zu den Säumern, mancher der Männer strebte noch, das eine oder das andere Beuteding, welches von dem gewesenen Kampfe herrührte, bei dem Gepäcke sicher zu bergen, und in kurzer Frist waren alle zu dem Zuge gerichtet.

Witiko hielt auf seinem Pferde vor ihnen. Da kamen noch Boten von Rowno und den andern. Witiko hörte sie und sendete sie wieder zurück. Es kamen auch Boten von Bolemil. Als sie abgefertigt waren, blickte er zu seiner Linken in die Gefilde, er blickte lange dorthin, wo noch Scharen des Herzogs sein mußten.

Hierauf befahl er, zu ziehen.

Der Ton des Zuges erscholl aus dem Horne und ward weiter gegeben.

Und unter den Klängen der langen Pfeifen schritten die Männer vorwärts, und mit Pfeifen und Heerpauken strebten die Reiter ihres Weges dahin. Der Troß folgte.

Nach drei Stunden war eine kurze Vormittagsruhe, und wieder nach drei Stunden kam die Ruhe des Mittages. Die Männer und die Frauen, welche mitgekommen waren, machten Feuer, und bereiteten Speisen, und man richtete die Getränke zurecht. Den Pferden wurde Nahrung und Trank gereicht.

Da sie noch ruheten, sahen sie großen Rauch vor sich in dem Lande emporsteigen.

Witiko sendete sogleich Kundschafter in der Richtung dahin.

Dann ließ er die Männer sich so lagern, daß sie schnell in Kampfbereitschaft sein konnten.

Ehe seine Boten aber einen großen Weg zurückgelegt hatten, kamen Wakul, der Sohn des Buš, und Ferin, der Sohn Ferins, die zu den Kundschaftern Witikos gehörten, und sagten, daß der Ort Jamnic brenne, und daß Männer des Herzogs, welche aus den Gebirgen gegen Polen stammen, als Vorhut seitwärts gestreift und das Feuer angezündet haben, und daß sie den Einwohnern jede Habe genommen haben, die man wegtragen konnte.

Die Männer in dem Lager sahen jetzt auch noch an anderen Stellen Rauch aufsteigen, wo vielleicht Krieger des Herzoges waren.

Die Witiko ausgesendet hatte, kamen zurück, und sagten das nämliche, was Ferin und Wakul gesagt hatten.

Witiko ließ, da die festgesetzte Zeit zu der Mittagsruhe aus war, die Männer wieder zu dem Zuge sich sammeln.

Und der Zug ging in Ordnung, wie ihn Witiko eingerichtet hatte, weiter.

Auf den Fluren fand er jetzt keinen Menschen mehr, auch war beinahe kein Tier zu erblicken. Raben, Dohlen, Krähen und derlei Gevögel waren in der Nähe der Scharen, als zögen sie mit. Wo sie Häuser trafen, waren ihre Tore und Türen offen, und ihre Gelasse erbrochen. Selbst die Kirchentore waren eingeschlagen, und Geräte des Gottesdienstes aus den Heiligtümern entwendet. Das Gras der Wiesen und die emporstrebenden Wintersaaten waren verwüstet, und was man hatte erraffen können, war zu Pferdefutter und zu Futter der Ochsen verwendet, die bei dem Heere waren.

Am späten Nachmittage kamen die Männer Witikos nach dem Orte Jamnic. An vielen Stellen brannte das Feuer noch. Wo keines brannte, war es erstorben, weil alle brennbaren Stoffe verzehrt waren; denn zum Löschen waren keine Arme vorhanden gewesen. Die Mauern standen geschwärzt aufrecht, oder waren zum Teile gestürzt, durch die Fensterhöhlen sah man in leere Räume, und die Schornsteine ragten hoch aus dem Getrümmer empor. Es waren keine lebenden Geschöpfe zugegen. Witiko ließ seine Leute teils durch die Brandstätte, teils um dieselbe gehen. Die Männer schauten mit sehr ernsten Gesichtszügen auf die Dinge, und die Weiber klagten laut, daß man alles weggenommen habe.

Von dieser Stelle bewegte sich der Zug Witikos weiter gegen rechts, und gelangte in Fluren, durch welche noch keine Krieger gezogen waren. Man hatte den ganzen Tag keinen Feind gesehen.

Als Nachtlagerplatz war die Stelle bestimmt, wo die Häuser von Petrein standen. Es waren auch zwei große Burgen in der Nähe. Die Männer Witikos ordneten den Lagerplatz, wie es in Feindesland eingeführt worden war. Als die Häuser und die Burgen durchsucht waren, sendete Witiko Abteilungen von Kriegern in dieselben, daß sie, was an Nahrungsmitteln, an Futter für die Tiere und an Zugesbedarf vorhanden wäre, nähmen, damit ein Teil heute noch gebraucht, ein anderer Teil für den weiteren Gebrauch mit dem Zuge fortgeschafft würde. Die Krieger brachten auf Wägen weniges Getreide, Mehl, Eier, Brot, einiges geräuchertes Schweinfleisch, Bier, Wein, Heu und Stroh. Sie sagten, daß die Häuser und Burgen offen stehen, und daß sie nur den Rest bringen, den die Fliehenden nicht mehr haben bewältigen können. Es habe keiner der Männer etwas für sich genommen, wie Witiko eingeschärft habe. Es sei auch fast nichts gewesen, was man hätte nehmen können. In der Nacht aber gingen Leute des Trosses doch noch in die Streife, und brachten Hühner und anderes Geflügel nebst Lappen für ihren Leib in das Lager.

Witiko ließ die Nachtruhe halten wie in der vergangenen Nacht. Er untersuchte wieder mehrere Male das Lager.

Am Himmel sah man, als es finster geworden war, Röten von großen Feuern.

Als sich der Morgenhimmel lichtete, stand Witiko vor seinem Gezelte, und schaute in die Gegend hinaus, so weit man schon irgend etwas erblicken konnte.

Nach einer Zeit sagte er zu dem Knechte Jakob: »Gehe zu denen aus der Friedau, und frage nach dem alten Florian, der im Walde an der reichen Au hauset, die im Mittage von der Waldstelle des heiligen Apostels Thomas liegt.«

»Ich kenne den Mann«, sagte Jakob, »Huldrik hat uns erzählt, daß er Euch durch den Wald aus Bayern herein geführt hat, zu jener Frist, da Ihr nicht in dem Wangetschlage gewesen seid.«

»Es ist dieser Mann«, sprach Witiko, »führe ihn zu mir.«

»Ich werde es tun«, sagte Jakob.

Darauf entfernte er sich, und kam in kurzer Zeit mit Florian zurück.

Witiko war noch vor dem Gezelte. Er sprach zu Florian: »Komme mit mir in meine Wohnung.«

Als sie in dem Gezelte waren, sagte Witiko: Setze dich auf diesen Stuhl, Florian.«

Florian tat es. Witiko setzte sich auf einen andern Stuhl, und sprach: »Sei mir von meinem Herzen gegrüßt, Florian. Ich habe dich selber bei deinen Mitstreitern besuchen wollen; aber weil Boten und Nachrichten kommen können, mußte ich bei dem Gezelte bleiben.«

»Ich bin recht gerne zu dir gegangen, Witiko«, sagte Florian.

»Und du bist auch in deinem Alter noch in den Krieg gegangen«, sprach Witiko.

»Sie haben erzählt, wie du in der unteren Moldau gewesen bist«, antwortete Florian, »und gesagt hast, was von den Feinden und von einem Herren, der in die Wälder kommen wird, zu fürchten ist, und da habe ich gesagt: Wir im Mittage von dem heiligen Thomas haben auch wie die andern Waldleute nur den Herzog zum Herrn, und ich habe Witiko vor Jahren, da er schier noch ein Knabe war, durch unsern Wald und durch die Wälder an den Moldaufällen und durch die krumme Au bis in das ebene Land hinein geführt, und wenn manche Waldleute dem alten Wenhart von der Friedau folgen, so sollen wir auch nicht zurückbleiben, und mit den Friedauern sein, und manche sind gegangen, und ich bin mit gegangen.«

»Ich gedenke es dir noch mit Dankbarkeit«, sagte Witiko, »wie du im Einvernehmen mit deinem Sippen, dem Köhler Mathias, der unter dem breiten Berge wohnt, und in dessen Hütte ich geschlafen habe, mir gutes Geleite aus Bayern in das Land Böhmen gegeben hast. Es ist ein schöner Wald, in dem du wohnst, und auf dessen Schneide die Säule des heiligen Apostels Thomas gestanden ist.«

»Er ist der schönste weit und breit«, sprach Florian.

»Es mag wohl so sein«, antwortete Witiko, »und du hast Männer aus dem schönen Walde gebracht, und bist selber mit ihnen gekommen, der Sache des Herzoges zu helfen. Ich habe es gestern gehört, und habe Freude darüber gehabt, und wollte mit dir sprechen.«

»Und wir haben Freude darüber, daß du uns führst«, sagte Florian, »du bist nicht herrisch, und meinst es gut.«

»Jetzt nimm einen Morgenwein und ein Stückchen Morgenbrot mit mir«, sprach Witiko.

»Das werde ich gerne tun, wenn du es willst«, sagte Florian.

Witiko ließ aus seinem Vorrate etwas Wein bringen, dann Brot und zwei Schnitten kalten Bratens.

Er teilte das Gebrachte mit Florian.

Als sie gegessen und getrunken hatten, sagte Witiko: »Jetzt gehe zu den Männern von der Friedau, und bringe ihnen meinen Gruß, und sage ihnen, wir wollen recht getreulich zu einander halten, und wenn alles aus ist, an den Ufern der Waldmoldau von den Dingen sprechen.«

»Ja, das werden wir tun«, sagte Florian, »und wir werden sprechen.«

Witiko geleitete seinen Gast aus dem Gezelte, reichte ihm die Hand, verabschiedete sich, und der alte Mann schlug seinen Weg zu denen von der Friedau ein.

Der Tagesschein war nun völlig klar geworden, die Morgenarbeiten des Lagers waren im Gange, und Krieger aller Arten gingen bei Witiko in Feldtätigkeit ab und zu.

Als dieses geschah, kam Sifrid von Milnet mit seinen Gefährten gegen das Gezelt Witikos. Mit ihnen ritten mehrere Reisige des Herzogs. Zwei von den Reitern trugen jeder ein großes rotseidenes Banner.

»Seid ihr zurück«, rief Witiko, »und hast du mit dem Herzoge gesprochen, Sifrid?«

»Ja, mit dem hocherhabenen Herzoge und mit Bischöfen und mit alten Führern und mit dem Bruder des Herzoges, der Prag verteidigt hat, und mit dem andern Bruder, und noch mit andern, Welislaw grüßt dich, und ich bringe den Dank des Herzogs«, sagte Sifrid.

»Seid ihr in der Nacht geritten?« fragte Witiko.

»Nicht in der ganzen Nacht, aber gegen den Morgen lange«, sagte Sifrid.

»So erquicket euch, und sorget, daß die Tiere Pflege bekommen«, sprach Witiko. »Ihr könnt von den Speisen und Getränken, die ich schaffen werde, vor dem Zelte genießen, und rückwärts sind Stände für Pferde, und meine Knechte werden das Notwendige liefern. Die Botschaft von dem hohen Herzoge wirst du vor allen Männern verkündigen, Sifrid.«

»Soll ich sie dir nicht zuerst allein sagen?« fragte Sifrid.

»Nein, du sollst alles, was du von dem Herzoge und von andern weißt, vor allen sagen«, entgegnete Witiko.

»Wenn es dir so genehm ist, werde ich es tun«, antwortete Sifrid.

»So steigt von den Pferden, und verfahret, wie ich gesagt habe«, entgegnete Witiko.

Die Männer stiegen von den Pferden. Krieger, die vor dem Gezelte waren, standen ihnen bei, die Anordnungen Witikos auszuführen.

Witiko hieß seine Leute Speise und Trank für die Angekommenen herbei bringen, und seine Knechte das Notwendige für die Pferde in Bereitschaft setzen. Dann ließ er die Zeichen für die Aufstellung der Männer geben.

Als nicht nur Sifrid, und die mit ihm gekommen waren, sondern auch alle, die sich in dem Lager befanden, ihr Morgenmahl verzehrt, und sich dann aufgestellt hatten, führte Witiko Sifrid und die Reiter des Herzogs vor sie, und sprach »Männer, Krieger, Freunde, höret, und was jeder hört, sage er weiter seinen Nebenmännern, und die wieder weiter, daß alle wissen, was gesprochen worden ist. Sifrid von Milnet, den ich mit der Botschaft des gewesenen Kampfes zu dem erlauchten Herzoge geschickt habe, ist zurückgekehrt, und bringt die Antwort des Herzoges. Sifrid, rede.«

Sifrid stellte sich vor die Männer, und sprach: »Kampfesbrüder und Feldgesellen, unser Obmann Witiko hat zu mir gesagt: reite zu dem hohen Herzoge, und erzähle ihm alles, was du von dem Kampfe jetzt gesagt hast; denn er hat mich vorher gefragt, und was du der Wahrheit nach noch weißt, und sage, daß ich dich sende, und daß wir nur wenige Männer verloren haben. Ich ritt mit vier Freunden zu dem Herzoge. Ehe die Morgenzeichen gegeben waren, standen wir bei dem großen roten Banner vor seinem Gezelte. Und als ich gesagt hatte, was ich wolle, und als es ihm gemeldet worden war, ließ er Männer in sein Gezelt kommen, und ließ uns dann vor sie hinstellen. Es war sein Bruder da, der erlauchte Diepold, dann sein anderer Bruder, der erlauchte Heinrich, es war der Bischof von Prag da, es war der Bischof von Olmütz da, welcher erst gekommen war, es war der Zupan Lubomir da, es war Diwiš da, es war der Abt von Kladrau da, und der Abt von Wilimow, und der Kanzler Gervasius, und ein Priester, den sie Daniel hießen, und es war der Zupan, der Zupan, ich habe die Namen vergessen, ein guter junger Mann, Welislaw, der ein Freund Witikos ist, hat sie mir alle gezeigt, da die Sache aus war, und hat gesagt, er lasse Witiko aus dem Gemütsgrunde grüßen. Und der hohe Herzog hat gesagt: Junger Bote, rede. Und ich habe dann geredet: die Feinde sind vor uns gekommen, und einer hat gesagt, wir werden großen Lohn bekommen, wenn wir zu dem unrechten Herzoge Konrad halten wollen, der Herzog Wratislaw von Brünn sende ihn, und der Herzog Wratislaw bürge für seine Worte, und wenn wir uns nicht fügen, werden wir alle vertilgt werden. Und unser Obmann Witiko hat den Boten fortgejagt, und hat uns zu dem Kampfe geführt, und hat angeordnet, wie alles geschehen müsse, und hat im Kampfe gerufen, und hat seine Rufe durch die Boten überall hin geschickt, und hat es sehr gut gemacht.«

»Erzähle, was du von den Männern gesagt hast, nicht von mir, ich habe dir nichts davon aufgetragen«, unterbrach ihn Witiko.

»Du hast gesagt: Erzähle, was du von dem Kampfe der Wahrheit nach weißt«, sprach Sifrid, und das ist die Wahrheit.«

»Es ist die Wahrheit«, rief ein Mann, »Witiko hat gut geordnet.«

»Witiko hat gut geordnet«, riefen zahlreiche Stimmen.

»Männer«, rief Witiko, »laßt den Boten reden, unsere Zeit ist kurz. Rede weiter, Sifrid.«

Sifrid sprach weiter: »Witiko hat es sehr gut gemacht. Wir gingen, da die Hörner der Ziegenböcke erschallten, immer vorwärts, wie es sein muß. Der Herzog Wratislaw hat selber die Scharen gegen uns angeführt, die Reiter drängten auch vorwärts, und die Bogenschützen, und alle, wir hätten eher gewollt, daß der Boden, auf dem wir standen, mit uns in den Abgrund stürze, als daß wir den Feinden einen Grashalm gelassen hätten, und sie wankten, und sie wurden locker, und flohen auseinander. Und da vor uns ein Raum geworden war, fielen die Männer auf die Knie, und dankten Gott. Und dann verfolgten wir die Feinde drei Stunden oder dergleichen rechts ab von der Richtung unseres Zuges, und sie zerstreuten sich immer weiter, und wir gingen dann fünf Stunden lang wieder gegen links, daß wir unseres Weges gewännen. Und keiner hat sich mehr weiter blicken lassen, der uns etwas angehabt hätte, und alle die Zeichen, welche die Abteilungen Witikos haben, sind unter der roten Fahne ganz gleich in dem Kampfe vorgegangen, und Rowno befehligte Waldleute im Kampfe an unserer rechten Seite, und sie gingen mit ihren kleinen Zeichen vor, wie wir mit dem großen, und Wyhon von Prachatic befehligte die anderen Waldleute rechts von Rowno, und diese gingen auch mit ihren kleinen Zeichen vor, wie wir und Rowno, und alle waren gleich. So ist die Sache gewesen. Wir haben wenige Männer verloren. Die Toten sind begraben worden, die Verwundeten haben sie in Pflege genommen, es wird schon für sie gesorgt sein, ich weiß nicht, wer sie sind, ich mußte am Abende mit meinen Freunden gleich fort reiten, um die Botschaft zu bringen, wie ich sie weiß, und so, wie ich sagte, weiß ich sie. Heute muß ich wieder zurück reiten, um den Zug Witikos zu treffen, wie er in der Anordnung weiter geht, die bestimmt worden ist. So habe ich zu dem hohen Herzoge geredet, und dann redete ich nicht mehr.

Der Herzog aber fragte mich, ob die Schar Wratislaws groß gewesen sei.

Ich sagte: Wir haben die Männer nicht gezählt; aber unsere Kriegsleute haben nach dem Kampfe gesprochen, daß ihre Zahl größer gewesen sei als die unsrige. Wir haben sie bloß in die Flucht gejagt.

Haben eure Männer gerufen, daß sie eher mit dem Boden in den Abgrund stürzen, als dem Feinde einen Grashalm lassen wollen? fragte der Herzog. Nein, antwortete ich, ich habe mir gedacht, daß sie so denken wie ich.

Denke nur in jedem Kampfe so, sprach der Herzog.

Ich denke im Kampfe und auf dem Zuge immer so, antwortete ich, ich habe einmal zu Hause gesagt, daß wir eher die Wälder anzünden als sie dem Feinde lassen sollen; aber Witiko hat geantwortet, das wird nicht nötig sein.

Eure Wälder werden grünen, wenn die Feinde längst zu Boden geworfen sind, sagte der Herzog.

Bist du unter den Reitern Witikos, und stammst du aus dem Walde? fragte er mich dann wieder.

Ich bin der Sohn eines armen Weibes, antwortete ich, der mein Vater vor vielen Jahren gestorben ist, und warte die Pferde des alten Mannes Roder Peter, und weil er nicht mehr in den Krieg ziehen kann, so hat er mir ein weißes Pferd geliehen, und mit dem bin ich unter den Reitern Witikos, weil ich in Milnet im Walde nicht weit von Witiko wohne.

Und ihr Reiter habt euch gut gehalten? fragte der Herzog.

Die Feinde haben sehr schöne Pferde gehabt, antwortete ich, aber wir haben nicht nachgegeben, und haben ihnen vierzig oder fünfzig genommen.«

»Es sind siebenzig«, rief Maz Albrecht.

»Da habe ich nicht gewußt, sonst hätte ich es gesagt«, antwortete Sifrid.

»Unterbrecht den Boten nicht, rede weiter, Sifrid«, rief Witiko.

Und Sifrid redete weiter: »Der Herzog sprach: Sage den Männern aus dem Walde meinen großen Dank für ihren Kampf, sage ihnen den Dank der Lechen und Herren, die um mich sind. Wenn wir sie sehen, werden wir ihnen alle danken, und sie ehren, und den Lohn, der ihnen aus den Kriegseroberungen gebührt, werden sie erhalten. Sage Witiko meinen Dank und Rowno und Wyhon, ich gedenke ihrer. Und weil Rowno und Wyhon kleine Zeichen haben, werde ich ihnen und zwar einem jeden ein großes rotes Banner senden. Reiter von mir werden mit dir reiten, und die Banner bringen. Rowno und Wyhon sollen auf die Zeichen achten, wie sie auf ihre kleinen Zeichen geachtet haben. Für die Verwundeten und die Angehörigen der Toten werde ich dir ein Geld mitgeben, verteilt es redlich und ohne Zank. Jetzt erquickt euch, und zeigt es an, wenn ihr wieder weiter ziehen wollt. Merke dir meine Worte, daß du sie überbringst, wie ich gesagt habe.

Ich merke sie mir, hoher Herr, sagte ich.

Dann stand der hocherlauchte Herzog auf, nahm seine Haube von dem Haupte, und sprach: So ehre ich die Leute aus dem Walde.

Und sein hocherlauchter Bruder Diepold stand auf, und sein Bruder Heinrich stand auf, und die hochehrwürdigen Bischöfe standen auf, und die Herren und Lechen standen auf, und sie nahmen die Hauben von den Häuptern, und riefen: So ehren wir die Leute aus dem Walde.

Mit mir drehete sich der Raum, als sie so riefen, und als ich vor ihnen stand. Dann gingen sie zu mir, und fast ein jeder sprach mit mir, ich weiß unsere Worte nicht mehr. Und ein junger Mann, der so lichte Haare hat wie ich, nahm mich bei der Hand, und sagte: Es wird schon recht werden, du junges Blut, erinnere dich meiner, ich heiße Welislaw, und bringe Witiko einen Gruß von mir aus dem Gemütsgrunde, und er nannte mir die Männer, die da waren, und dann gingen wir aus dem Gezelte, und wir bekamen Speise und Trank und unsere Pferde Futter, und dann kamen die Reiter des Herzogs zu uns, welche die zwei roten Fahnen hatten, und als wir sagten, wir wollen fortziehen, gab mir ein Mann einen Beutel mit Geld für die Verwundeten und für die Angehörigen der Toten, und die Schnüre des Beutels sind mit einem roten Wachspetschaft verklebt, und jeder von uns fünf Boten erhielt drei Goldstücke, und dann ritten wir fort, und die Reiter mit den zwei roten Bannern ritten mit uns. Die Banner sind da, und den Beutel habe ich zu übergeben, und ich gebe ihn unserem Obmanne Witiko.«

Sifrid zog einen rotledernen Beutel aus seinem Wamse, und reichte ihn Witiko.

Witiko rief: »Ich verwahre das Geschenk des hohen Herzoges, und werde das Siegel mit Rowno und Wyhon und den Männern des Rates öffnen, und der Rat wird die Verteilung vorschlagen.«

»Segen und Heil dem hohen Herzoge von Böhmen und Mähren«, rief der Schmied von Plan.

»Segen und Heil dem hohen Herzoge«, riefen fast alle Männer mit einem erschütternden Schalle der Stimmen.

»Wir sind dem hohen Herzoge Dank schuldig für seine Worte und sind ihm Dank schuldig für seine Geschenke«, rief Witiko, »wir werden den Dank auf dem Kriegsfelde bezeigen.«

»Auf dem Kriegsfelde«, riefen die Männer.

»Jetzt aber, Freunde und Genossen«, sagte Witiko, »müssen wir die Banner zu Rowno und Wyhon bringen. Tretet vor, Führer der Abteilungen. Indessen die andern noch alles in Ordnung richten, was nach der heutigen Lagerung not tut, gehen wir zu Rowno und Wyhon, und übergeben ihnen die Fahnen.«

Die Führer sammelten sich, und Witiko ging mit ihnen und mit Sifrid und seinen Begleitern und mit den Reisigen des Herzogs, davon zwei die Banner trugen, zuerst zu Rowno.

Als sie vor ihm angekommen waren, sprach Witiko: »Rowno, der erlauchte Herzog erkennt, was du im gewesenen Kampfe geleistet hast, und was die Deinigen geleistet haben. Er läßt dir durch den Boten, den ich zu ihm geschickt habe, seinen Dank sagen, und sendet euch ein großes rotseidenes Banner durch Männer seiner Schar, die vor dir stehen, daß du dieses Zeichens so achtest, wie du deiner Zeichen bisher geachtet hast. Empfange von dem Manne das Banner.«

Der Mann senkte die Fahne grüßend vor Rowno und seinen Kriegern, und gab sie Rowno. Dieser sagte kein Wort, und es standen Tränen in seinen Augen, dann küßte er den Zipfel der Fahne, und reichte sie einem seiner Krieger.

Hierauf ging er zu Witiko, und schloß ihn in die Arme.

Die Männer aber riefen: »Glück dem Herzoge.«

»Glück dem Herzoge«, riefen sie dreimal.

Dann verabschiedete sich Witiko von Rowno, und ging mit seinem Geleite zu Wyhon von Prachatic.

Demselben sagte er die Worte, die er zu Rowno gesagt hatte, und der Mann des Herzogs grüßte mit der Fahne, und gab sie Wyhon. Dieser schwenkte sie, und rief: »Im ganzen Kriege und in allen Kriegen, die noch kommen werden, soll sich unser Dank und unsere Erkennung des Herzoges erweisen.«

Die Männer Wyhons riefen: »Heil dem Herzoge, Heil dem Herzoge.«

Die Fahne wurde einem Manne in die Hand gegeben, und Wyhon bezeigte Witiko, und seinem Geleite und den Reisigen des Herzogs seinen Dank. Dann verabschiedeten sie sich, und Witiko ging mit allen wieder zu den Seinigen zurück.

Nach kurzer Zeit begaben sich die Reisigen des Herzoges auf den Rückweg. Witiko aber ordnete alles zu dem Weiterzuge, und in kleiner Frist setzten sich seine Scharen in Bewegung.

Am Abende dieses Tages, da das Nachtlager eingerichtet war, kamen Boten von Bolemil, welche bedeuteten, daß man an der Stelle angekommen sei, von der aus die Entscheidung gesucht werden würde. Die Boten gaben die Bewegungen an, die gemacht werden sollen, daß das Heer sich sammle.

Und am nächsten Tage und an dem folgenden Tage sammelte sich das Heer.

Als es gesammelt war, wurden die Führer zu dem Herzoge entboten, damit Rat gehalten werde.

Im Rate wurde beschlossen, was geschehen, und wie der Feind angegriffen werden soll.

Ehe die Männer des Rates auseinander gingen, wurde gemeldet, der Mährer Drslaw sei gekommen, und verlange mit dem Herzoge zu sprechen.

»Führt ihn herein«, sagte Wladislaw.

Drslaw wurde herein geführt.

»Sprich, Drslaw, was begehrest du?« fragte der Herzog.

»Ich will dir allein eine Enthüllung machen, hocherlauchter Herzog«, sagte Drslaw.

»Mache die Enthüllung, so du willst, vor allen diesen, oder gehe ohne Enthüllung deine Wege«, sagte der Herzog.

»Du befiehlst es so, hoher Herzog«, sagte Drslaw, »und ich gehorche. Mehrere von uns, die ich dir nennen werde, wenn du unser Vorhaben gut heißest, haben beschlossen, deiner Sache zu dienen, wenn du uns den Fortbesitz unserer Habe und unseres Gutes gewährleistest, und ihre Vermehrung nach deinem Sinne versprichst. Wir werden in der Schlacht die Reihen Konrads verlassen, und Unordnung stiften, werden, wenn es möglich ist, sogleich für dich kämpfen, und den Sieg in deine Hände bringen.«

»Was soll dem Manne geantwortet werden?« fragte der Herzog.

Alle schwiegen.

»Sprich, Otto, Bischof von Prag.«

»Er bringt Verrat«, sagte Otto.

»Er verrät den in dem Augenblicke, der ihm in dem Augenblicke vertraut«, sagte Zdik.

»Haben die Fürsten aus dem Stamme Premysls noch viele solche Freunde?« fragte Diepold.

»Und was sagt Bolemil?« fragte der Herzog.

»Dem Manne antworte ich nicht«, entgegnete Bolemil.

»Hängt ihn an den nächsten Baum«, rief Welislaw.

»Es wird wohl des Rates nicht viel nötig sein«, sagte der Herzog. »Drslaw, wenn du aus Reue zu mir gekommen wärest im offenen Zurücktritte von Konrad, hätte ich dich mit Freuden aufgenommen, und die Gewährleistung und Vermehrung deiner Habe wäre dir sicher gewesen wie jedem meiner Krieger; aber du wolltest durch dein Beginnen eine weit größere Vermehrung erzielen, und hast dich geirrt. Wenn ich mit einem fremden Feinde in einem ordnungsgemäßen Kriege wäre, würde ich dich binden lassen, dich gebunden dem Feinde überliefern, und dein Ansinnen melden. Nun aber bin ich auf einem Zuge wider Räuber von Ländern und Gewalt, sie zu strafen, nicht Sitte und Gestalt eines Krieges zu üben. Gehe daher deiner Wege. Deine Habe ist dem Sieger verfallen, weil du bei den Empörern bist. Und wenn allen Empörern verziehen werden würde, so würde dir nicht verziehen werden, und deinen Helfern nicht, wenn sie mir bekannt werden. Und sie werden bekannt werden; denn Verräter verraten einander wieder. Ist der Mann mit einem Geleite gekommen?«

»Wir haben niemand bei ihm gesehen«, sagte der Anmelder, »die Vorwachen haben ihn gefangen gesendet.«

»So gebt ihm zwölf Männer, daß sie ihn ungefährdet an die Grenze des Lagers bringen. Welislaw, tue mir den Dienst, die zwölf Männer beizuordnen. Ich frage nun alle Herren und Lechen, ist einer der Meinung, daß mit dem Manne anders verfahren werde? Ist er dieser Meinung, so bitte ich ihn, daß er rede.«

Alle schwiegen.

»So sind wir einig«, sagte der Herzog, »Welislaw, sorge, wie ich gesagt habe.«

»Wenn du, hoher Herzog, auf diese Art gegen diejenigen handelst, die dir Gutes tun wollen, so ist es übel«, sagte Drslaw.

»Fort von hier«, sagte Wladislaw.

Welislaw ging aus dem Gezelte, kam mit zwölf Männern und einem Führer zurück, sie umringten Drslaw, Welislaw gab ihnen Weisung, und sie führten den Eingeschlossenen aus dem Gezelte.

»Hohe Herren«, sagte Wladislaw, »ich habe gedacht, daß wir mit froherem Mute aus der Versammlung gehen werden, als uns nun dieser Mann eingeflößt hat. Vergeßt es.«

»Man nimmt das Böse auf dem Wege, und verdammt es«, sagte der Bischof Otto, »und sucht es aus dem Gemüte zu bringen.«

»Wäre jedes Ärgernis so leicht zu überwinden, wie das von diesem Wichte«, sagte Zdik.

»Und wir werden unsere Sache rein zu Ende führen«, sagte Lubomir.

»Und so nehmet meinen Dank, ihr Männer und Freunde«, sagte der Herzog, »daß ihr mit Rat und Stimme bei mir gewesen seid. Ich glaube, wir haben, was not war, heute vollendet. Lasset es euch fürder nicht verdrießen, der Sache treulich beizustehen.«

»Nein, nein«, riefen mehrere Stimmen, »wir stehen bei.«

Der Herzog erhob sich, die Männer erhoben sich auch, und zerstreuten sich nach ihren Abteilungen.

Am Abende dieses Tages kamen noch Leute aus dem mittäglichen Walde. Sie sagten, daß sie den Weg nach Pilgram genommen hätten, weil man ihnen denselben gewiesen hat, im Walde seien noch Zusammenkünfte gewesen, und man habe an Witiko und Wenhart gedacht, und sie hätten sich zurecht gerichtet, und seien nachgegangen. Sie wollen jetzt mit Witiko reden.

Witiko trat vor sie, und sprach: »Seid gegrüßet, ihr Männer, was ist euer Begehren?«

»Wir möchten mit denen aus unserer Gegend an dem Kriege teilnehmen«, antwortete einer aus ihnen.

»Und weil du ein Führer bist, so möchten wir von dir geführt sein«, sprach ein anderer.

»Wie viele seid ihr?« fragte Witiko.

»Wir sind einhundertundfünf Männer«, antwortete der, welcher zuerst gesprochen hatte.

»Es kommen noch mehrere«, sagte ein alter Mann, »weil sie von der Sache reden, und weil eine Entscheidung sein muß.«

»Es ist gut, und es muß eine Entscheidung sein«, sagte Witiko, »und wir müssen zusammenhalten, die zusammen gehören. Ich kenne einige von euch, und manche werden mich kennen.«

»Wir kennen dich«, riefen viele Stimmen.

»Haben einige unter euch reiten gelernt?« fragte Witiko.

»Ich habe mich geübt«, rief ein Mann.

»Ich auch«, »ich auch«, »ich auch«, riefen andere.

»Das ist gut«, sagte Witiko, »wir haben Pferde. Ihr alle werdet unter die verteilt werden, welche den Krieg und seine Bewegungen schon kennen, daß ihr die Sache in der Art verrichten lernt, wie sie die verrichten, welche schon lange dabei sind. Aber, liebe Heimatgenossen, ich darf das nicht allein tun. Lagert euch an dieser Stelle, erquickt euch, ich werde sogleich zu dem hohen Herzoge reiten, werde ihm das Vorkommnis erzählen, und werde ihn bitten, daß er euch zu meinen Männern gebe.«

»Er wird es tun, weil wir zu dir gekommen sind«, sagte der alte Mann.

»Er wird es tun«, sprach Witiko.

Darauf verlangte er sein Pferd, Jakob brachte es, er bestieg es, und schlug den Weg in der Richtung nach dem Lager des Herzogs ein.

Als er dort angekommen, und zu Wladislaw geführt worden war, sagte dieser: »Du kömmst noch gegen die Nacht, Witiko, was bringst du?«

»Es sind einhundertundfünf Männer aus unserem Walde gekommen, und verlangen als Streiter mit meinen Leuten vereinigt zu werden. Weil ich ihre Art und Weise kenne, und weil ich die Hoffnung habe, daß ich sie wie die andern zu leiten vermögen werde, so bitte ich dich, hoher Herr, daß du die Vereinigung genehm halten wollest«, sagte Witiko.

»Werden sie brauchbar sein?« fragte der Herzog.

»Sie werden unter meine Männer verteilt werden, und dann werden sie tun wie die übrigen, und unsere Kraft vermehren.«

»So vereinige sie mit dir, Witiko«, sprach der Herzog. »Du weißt aus dem Rate, daß eure Abteilung wichtig werden kann. Links von dir ist Bolemil, und wird ausdauern. Ich habe Vertrauen auf Bolemil und dich. Wir andern werden mit unsern Streitern auslangen, und auch das Unsere tun.«

»Die Männer des Waldes haben den Willen wie die Besten«, sagte Witiko, »wenn nur meine Führung ausreichend ist.«

»Gebrauche deine Einsicht frei und unbeirrt, wie der Augenblick es fordert, du bist nur dir und mir Rechenschaft schuldig, das andere walte Gott«, sagte der Herzog.

»Oft sind unvorhergesehene Geschehnisse, welche unvorhergesehene Mittel erheischen«, sprach Witiko.

»Gebrauche die Mittel, wie du sie erkennst«, antwortete Wladislaw, du wirst sie der Gelegenheit anpassen.«

»Möge der Herr im Himmel zu der rechten Zeit das Rechte in mein Haupt geben«, sagte Witiko.

»Wo das Rechte in dem Sinne ist, fließt es für den Bedarf hervor«, sprach der Herzog.

»Und so wie du mir vertraust, will ich der Zukunft vertrauen«, sagte Witiko.

»Vertraue ihr«, sprach der Herzog, »ich will noch eines zu dir sagen. Du hast den Kampf gegen Wratislaw sehr gut geführt, ich habe dir und den andern vor meinen Führern gedankt, und danke dir allein hier wieder herzlich. Berate mit Rowno und Wyhon genau euer Zusammenwirken in den Dingen, die uns bevorstehen, und handelt immer in Einigung nach der beschlossenen Richtung.«

»Rowno, Wyhon und ich haben aus unseren Waldleuten wegen ihres harten mühseligen sorgsamen Lebens taugliche Kundschafter«, sagte Witiko, »wir gebrauchen sie fleißig, und wie wir die Lage der Feinde wissen, darnach beraten wir, und nach dem Rate handeln wir dann treu zusammen.«

»So tut auch immerfort, und wenn der Erfolg nicht unmöglich ist, wird er kommen«, antwortete der Herzog.

»Ich strebe die Möglichkeiten durchzudenken«, sprach Witiko.

»Das hast du bei Pilsen erwiesen«, sagte der Herzog. »Ich spreche jetzt etwas zu dir, Witiko, darüber ich nie gesprochen habe. Ich rede nicht von dem, was geworden wäre, wenn ihr damals die Fürsten gefangen hättet, ob das arme Holaubkau verschont worden, und noch mehr, ob der jetzige Kampf unterblieben wäre. Welcher Mensch kann das ermessen: aber in großer Wahrscheinlichkeit kann ich sagen, daß durch deine Handlung die Schlacht vor Prag unterblieben ist, wenigstens war dein Wille dahin gerichtet, und daß wir dadurch der Hilfe der Fremden nicht not hatten. Den jetzigen Kampf werden wir allein ausfechten, und das Land wird auf sich allein stehen. Das weiß ich so hoch zu schätzen, wie jeder der Herren, wie jedes Landeskind, und wie der zornmütige Bozebor.«

»Darf ich noch ein Merkmal der Sache sagen, auf das ich damals gedacht habe?« fragte Witiko.

»Sprich«, sagte der Herzog.

»Wenn die Fürsten gefangen vor dich gebracht worden wären, hättest du sie strafen müssen«, antwortete Witiko, »du hättest Wratislaw, du hättest Otto, du hättest den unwichtigen Wladislaw strafen müssen, der aber der Sohn des wichtigen Sobeslaw ist, mit dem dein hochherziger Vater auf seinem Sterbebette die Arme in Versöhnung verschlungen hat. Wenn du auch mild bist, so hätte vieles kommen können, daß geschehen wäre, was dir später leid getan hätte. Sie sind auch in ihrer Verblendung noch Zweige des heiligen Baumes Premysl. Jetzt bekämpfen wir sie. Wir werden ihre Scharen schlagen. Wahrscheinlich werden sie in fremde Länder fliehen. Eine Zeit wird vergehen, manches wird versöhnlicher angesehen werden, und dein milder Sinn kann freier walten.«

»Witiko«, sagte der Herzog, »reiche mir die Hand.«

Witiko reichte dem Herzoge die Hand, dieser faßte sie, und sagte: »So wie ich dir deine Hand drücke, so bin ich dein Freund, und werde es nach meiner Hoffnung auch bleiben. Sei mir zugetan in jede Zukunft, wenn ich es verdiene.«

»Hoher Herr«, antwortete Witiko, »ich bin zu dir gegangen, weil ich dich für den rechtmäßigen Herzog hielt, ich habe dir dann mit Freuden gedient, weil du ein guter Herzog bist, und ich habe Liebe für dich gewonnen, weil du ein rechter Mann bist.«

»Du erinnerst dich der Worte, die du bei Chynow gesagt hast«, erwiderte der Herzog, »und es freut mich. Ich habe dich damals erkannt, wie ich dich jetzt erkenne. Mögen deine Gedanken über mich nie andere werden.«

»Du wirst kein anderer mehr, und meine Gedanken werden keine anderen«, sagte Witiko.

»So dauere unser Bund, und es dauere der Bund der Guten allwärts«, sagte der Herzog.

»Und er werde ein immer größerer Bund«, sprach Witiko.

»Füge es Gott im Himmel«, antwortete der Herzog. »Wenn aber jetzt die Fürsten in meine Hände fallen, Witiko, was wird dann geschehen?«

»Dann wird der Bund größer werden«, sagte Witiko, »wer nicht gut ist, kann es werden, und ist gewonnen.«

»Reiche mir zum zweiten Male die Hand, Witiko«, sprach der Herzog, »und lebe wohl.«

Die Männer faßten sich noch einmal an den Händen, Witiko verneigte sich ehrerbietig, und verließ das Gezelt.

Unter denen, die sich vor dem Zelte befanden, waren Welislaw und Odolen. Sie traten zu Witiko, und Welislaw sprach: »Du hast neuerdings Zuwachs an Männern erhalten, Witiko.«

»Weißt du es schon?« fragte Witiko.

»Es wurde bekannt, da sie in das Lager zogen«, sagte Welislaw.

»Du hast jetzt schon eine größere Schar als ich und Welislaw«, sprach Odolen, »und wenn die Waldmänner so zu dir kommen, werden die Wölfe und Bären und Urstiere in dem Walde zu viel werden, insonderheit, wenn wir mit dem Scharlachreiter nicht bald dahin kommen, zu jagen, wie wir es versprochen haben.«

»Der Scharlachreiter muß jetzt anderes jagen als die Hirsche in jenen Wäldern«, sagte Witiko.

»Und kömmt er nicht dahin, so kommen wir einmal«, sagte Welislaw, »ich komme gewiß, und Witiko muß den Wirt machen.«

»In einem winzigen Häuschen, um das ihr Zelte bauen könnt«, antwortete Witiko, »und aus dem euch jede Gastlichkeit fließen wird, die das Häuschen vermag.«

»Das wissen wir«, sagte Welislaw, »und ich werde auch zu Rowno gehen, und zu Diet, und zu Osel, und zu Wyhon, und zu Hermann, und wie die Namen sind.«

»Und ich gehe auch ganz gewiß mit«, sprach Odolen, »und alle die Männer müssen dann auch zu uns kommen, und unsere Gastlichkeit genießen.«

»Das müssen sie tun«, sprach Welislaw.

»Wenn dieser Krieg zu Ende ist, und wir unter den Lebenden sind«, sagte Witiko.

»Ich lasse mein Leben diesen abtrünnigen Herzogen nicht«, sprach Odolen, »wir müssen ja noch in späteren Zeiten unsere ruhmreichen Banner und den Namen unsers Volkes in ferne Länder tragen, wie du bei Chynow gesagt hast, Witiko. Und etwa holen wir uns noch vorher Bräute aus dem Walde.«

»Frevle nicht, Odolen«, sagte Witiko, »wie die schönsten Blumen und süßesten Beeren im Walde blühen und reifen, so sind dort Mädchen, wie du nicht ahnst.«

»Und du hast dir eine solche Waldblume gewählt«, sagte Odolen, »und achtest nun der Gärten nicht.«

Witiko schwieg.

»Vielleicht sehen wir diese Blume«, sprach Welislaw, »und das soll ein weiterer Antrieb sein, in die Wildnis zu gehen.«

»Du hast ja eine Blume der Wildnis schon gesehen, und hast wieder nach ihr gesehen«, sagte Witiko.

»Das ist die dunkle Dimut«, sprach Welislaw, »aber spröde.«

»Wie das, was in dem Walde wächst«, sagte Witiko.

»Ihr Bruder wird uns wohl Gastrecht geben«, sprach Odolen.

»Ganz und vollkommen in seinem Turme«, antwortete Witiko.

»So soll es bald sein, mir wird das Stilliegen in diesem Lager schon lästig«, sagte Odolen, »ich wollte, wir gingen morgen gegen Konrad.«

»Der Herzog und die Herren werden die Zeit ermessen« sagte Witiko.

»Man muß auch wagen«, sprach Odolen.

»Wir wagen im rechten Augenblicke, und reden in der Versammlung mit«, sagte Witiko. »Jetzt aber, ihr Männer, seid gegrüßt, und verabschiedet, ich muß zu meinen Leuten, um ihre Einteilungen zu machen.«

»Ist dem Herzoge die Vermehrung genehm?« fragte Odolen.

»Er hat sie gebilligt, und die Männer, weil sie aus der Heimat meiner andern gekommen sind, unter mich gestellt«, sagte Witiko.

»Du wirst sie brauchen«, sagte Welislaw, »und kannst sie während der jetzigen Beratungen üben.«

»In welchen Beratungen die Herren mit den weißen Haaren und die Priester immer recht haben, wie jener Daniel«, sagte Odolen.

»Der wird noch viel werden«, sprach Witiko.

»Schlau ist er jetzt schon«, antwortete Odolen.

»Du wirst Recht haben, wenn du handelst, Odolen«, sagte Witiko, »und großes Recht, wie du schon gehabt hast.«

»Ja, wenn ich den Fluß austrinke, um zu den Feinden zu gelangen, wie der Scharlachreiter gesagt hat«, entgegnete Odolen.

»Oder hinüber schwimmst, wie du geantwortet hast«, sagte Witiko.

»Hier ist aber nichts zu schwimmen, wir sehen bereits Znaim, und könnten es schon haben«, erwiderte Odolen.

»Wir werden es um so sicherer haben, wenn Wladislaw seine Vorbereitungen gemacht hat«, sagte Witiko.

»So bereitet nur vor«, entgegnete Odolen.

»Jetzt gehabt euch wohl, ihr Männer«, sagte Witiko, »ich scheide.«

»Lebe wohl, Witiko, und sei tapfer im Streite«, sagte Welislaw.

»Oder im Rate, wenn wir uns nach vielen Tagen wieder dazu versammeln«, sagte Odolen.

Witiko bestieg sein Pferd, und ritt zu den Seinigen.

Als er dort angekommen war, und als man nach und nach die Wachfeuer angezündet hatte, verlangte er, daß sich diejenigen von den Angekommenen vor ihn stellten, welche sich im Reiten geübt hatten.

Da dieses geschehen war, sprach er zu ihnen: »Wir haben den Feinden sehr gute Pferde genommen. Mehrere hat der Herzog in sein Lager erhalten, mehrere sind noch da. Kommt morgen bei dem ersten Lichte vor mein Zelt, die Pferde werden auch da sein, und wir werden die Versuche machen.«

Die Männer versprachen es.

Dann redete er mit den andern, und fragte, welche nach ihrem Wohnorte zusammen gehören, oder welche am liebsten bei einander bleiben wollten.

Die Männer erzählten ihm, wo sie herstammen, wie sie sich zusammengefunden haben, und wie sie in das Lager gezogen seien.

Als er ihre Worte aufmerksam angehört hatte, und als sie nichts mehr zu sagen wußten, teilte er sie in so viele Teile, als er Führer hatte, und sagte einem jeden Teile, zu welchem Führer er gehöre.

Dann sprach er noch: »Ruhet heute an eurem Platze bei einander, und habt eine fröhliche Nacht. Der Herzog hat erlaubt, daß ihr bei uns bleibt. Seid eurer Ankunft willen gegrüßt, ich bin erfreut über euer Vertrauen zu mir, und die Männer, zu denen ihr kommt, werden auch erfreut sein. Beredet euch noch bis morgen unter einander, und wenn irgend einer eine Änderung in der Einteilung wünscht, so sage er mir den Wunsch. Und nun habt eine gute Nacht.«

»Gute Nacht, Witiko«, riefen die Männer.

Witiko entfernte sich, und ging in sein Gezelt.

Von den Kriegern, die nicht eben in dem Lagerdienste waren, kamen nun viele zu den Angekommenen, sie zu begrüßen, und mit ihnen zu sprechen. Sie teilten ihnen von den Lebensmitteln mit, die sie hatten, und empfingen von ihnen auch hinwieder dergleichen.

Am frühesten Morgen des nächsten Tages stellten sich die, welche sich als Reiter gemeldet hatten, vor das Gezelt Witikos. Witiko ging zu ihnen, und die Pferde wurden herzugeführt. Hierauf mußte sich jeder im Reiten zeigen. Als diese Darstellungen vorüber waren, wählte Witiko diejenigen aus, die ihm tauglich erschienen, teilte ihnen Pferde zu, ließ ihnen auch noch an Waffen geben, was ihnen mangelte, und was man im Lager als Vorrat oder Beute hatte, und beauftragte dann Wenhart, sie und die andern, die schon auf Pferden gekommen waren, unter die Reiter einzuteilen.

Hierauf fragte er die übrigen der angekommenen Männer, ob sie sich über ihre Einteilung besprochen haben, und ob jemand einen Wunsch darlegen wolle.

Die Männer waren mit der Einteilung zufrieden, und nur einige wünschten einen Tausch oder eine Veränderung.

Witiko willfahrte ihnen.

Dann geschahen die Einteilungen.

Als der Tag weiter vorrückte, wurden die Übungen gemacht, wie sie an allen Tagen waren, seit das Lager bestand.

Am Nachmittage sprach Witiko mit mehreren Boten, und ritt dann mit Sifrid, Augustin, Urban und dreißig Männern aus dem Lager fort. Er blieb drei Stunden aus, und ritt dann wieder mit seinen Begleitern in das Lager herein.

Neun Tage blieb das Heer Wladislaws in dem errichteten Lager.

In diesen Tagen kamen noch immer Zuzüge, indem noch Krieger geworben wurden, und Männer, welche in entfernten Teilen des Landes gewesen waren, eintrafen. Auch wurden Kriegsbedürfnisse aller Art noch stets herbeigeschafft, insonderheit Wurfgeräte, welche für das Kriegsfeld tauglich waren, und solche, welche zu Belagerungen dienten. Wladislaw empfing und sandte Boten, und suchte sich genaue Kenntnis der Berge, Täler, Schluchten, Felder und Ebenen ringsherum zu verschaffen. So wie es nötig war, wurde der Rat der Führer berufen, es wurde der Stand der Dinge dargelegt, und es wurden die Mittel angezeigt, welche in Anwendung gebracht werden sollten.

Die Feinde suchten sich auch noch immer zu stärken, jeden Bedarf herbei zu schaffen, Stellungen zu gewinnen, und sich in den günstigsten Stand zur Entscheidung zu setzen. Wie es den Anschein hatte, strebten sie nicht, einen Angriff zu machen, sondern das Heer des Herzoges heran kommen zu lassen, oder es, wenn es nicht heran käme, durch Hinzögern in Mangel oder sonstige Übel zu bringen, die bei einer großen Menge von Menschen, die an eine Stelle gebannt sind, nicht ausbleiben.

Witiko übte indessen seine Leute, suchte alles in gutem Stande zu halten, und wenn im Rate Maßnahmen festgesetzt worden waren, beriet er sich wieder mit Rowno und Wyhon und den andern, wie sie durch ihren Anteil ausgeführt werden könnten. So wie er einmal mit Männern in die Gegend hinaus geritten war, so tat er es nun öfter, und schaute alle Teile der Umgebungen an.

So waren die Dinge dahin gediehen, daß es sich bald zeigen sollte, ob bei Wladislaw oder bei Konrad die Herrschaft über die Länder Böhmen und Mähren sein werde.

Es wurde in dem Rate Wladislaws festgestellt, daß man gegen die Feinde vorgehen solle. Und als dieses festgestellt, und die ganze Gestalt der Schlacht ausgemittelt war, wurde der Tag derselben bestimmt.

Am Morgen dieses Tages stand das Heer in Schlachtordnung, und zum Vorwärtszuge eingeteilt.

Die Feinde waren auch aufgestellt, und warteten des Angriffes.

Das Heer Wladislaws ging vor.

Und ehe die Sonne den vierten Teil ihres Bogens zurückgelegt hatte, war es an den Feinden. Wie auf dem Berge Wysoka die Mährer gegen Wladislaws Krieger eine Anhöhe empor gehen mußten, so mußten jetzt die Krieger Wladislaws gegen sanftere oder schroffere Höhen gehen, um die Feinde zur Entscheidung zu bringen.

Witiko war in seinem Ledergewande in der Mitte der Seinen. Ehe der Kampf beginnen sollte, hielt er einen Augenblick, und sprach zu ihnen: »Jetzt, meine lieben Freunde und Kampfesbrüder, ist uns eine wichtige Aufgabe gegeben worden. Sie ist im Rate den Führern mitgeteilt worden, die Führer haben sie den Unterführern, und diese euch gesagt. Wir werden sie vollbringen. Haltet nur jetzt alle Bewegungen fest, wie die Wurzeln eurer Bäume den Waldboden in ihrer Ruhe fest halten. Der kleinste Fehler könnte sehr übel sein, und wir müßten schamrot werden vor jedem Strauche unseres Waldes. Bittet Gott, und dann zum Kampfe für das Recht.«

Die Männer sagten kein Wort. Er stieg von dem Pferde, und kniete auf die Erde nieder, und alle Männer knieten nieder, und beteten einige Augenblicke.

Die Feinde standen eine Strecke von ihnen entfernt auf dem oberen Rande einer sacht hinauf gehenden Wiese, sahen dieses, regten sich aber nicht, und warteten auf den Kampf. An der rechten Seite der Waldleute war eine Schlucht neben der Wiese, und durch diese Schlucht war die Stellung der Feinde gesichert.

Die Männer des Waldes erhoben sich von ihrem Gebete, Witiko bestieg sein Pferd, und alle, Fußgänger und Reiter, setzten ihre Bewegung gegen die Feinde fort.

Die Scharen, welche gegen Witiko standen, hatten an ihrer rechten Seite eine flache Erhöhung. Vor derselben teilten sich nun die Feinde aus einander, und Wurfgeräte, fast wie man sie bei der Belagerung einer Stadt zu sehen gewohnt ist, wurden erkennbar. Und Steine, Eisen, Holz, und was geworfen werden konnte, wurde aus diesen Werken gegen die Angreifer geschleudert. Besonders wurden die Würfe gegen die Mitte, in welcher sich Wladislaw befand, gerichtet.

Als die Waldleute bei ihren Feinden angekommen waren, wurde ein Kampf. Zuerst war er mit Pfeilen und Lanzen, dann mit den Schäften und Speeren. Die Feinde standen fest. Da begannen die Waldleute rückwärts zu weichen. Wie einer in Vorsicht sich zurückzieht, gingen sie rücklings Schritt für Schritt, immer mit den Speeren wehrend, und so fest geschlossen, daß kein Mann und kein Schaft eindringen konnte. Auch links von den Waldleuten ging Bolemil zurück, und links von ihm die andern, und der Herzog, und alle. Die Feinde drängten nach. Als die Waldleute am unteren Rande der Wiese ankamen, von dem sie ausgegangen waren, stoben sie plötzlich gegen rechts in Flucht davon, gerade von der Seite des Schlachtfeldes hinweg. Ihre Feinde verfolgten sie nicht, weil Bolemil da war, sondern wendeten sich gegen diesen, und unterstützten die Scharen, die schon gegen ihn kämpften. Wladislaw ordnete Männer zu Bolemil, ihm zu helfen. Und an dieser Stelle wurde nun der dichteste Knäuel des Kampfes.

Die Waldleute gebrauchten die größte Schnelligkeit ihrer Füße, die sie in ihrer Heimat eingeübt hatten, und als sie zu der Schlucht an der Wiese kamen, beugten sie in dieselbe ein. Kein einziger der Fußgänger fehlte. Sie rannten in der Schlucht fort, sie kletterten, sie sprangen, sie brachten alles in Ausführung, was ihre Wälder oft zum Durchdringen fordern, und erschienen endlich am oberen Rande der Wiese. Die roten Banner weheten in den Lüften, das große Horn des Ziegenbockes und die kleinen Hörner, die in der Flucht geschwiegen hatten, dröhnten nun den Schlachtruf. Witiko, Rowno, Wyhon und alle ordneten schnell ihre Leute, schritten vor ihnen her, und führten sie hinter die großen Schleudergeräte. Die Männer, welche bei denselben waren, wurden angegriffen, viele getötet, die andern in die Flucht getrieben. Die Geräte wurden angezündet. Da sie brannten, stürmten die Männer in Schnelligkeit die Wiese hinab, denen in den Rücken, die gegen Bolemil kämpften. Die Hörner tönten unausgesetzt den Schlachtruf. Die Reiter des Waldes flogen nun auch von ihrem Fluchtfelde herzu, denen in die Seite, die gegen Bolemil kämpften. Witiko, Rowno, Wyhon, Diet, Osel und die andern bekamen ihre Pferde wieder, und die Führer leiteten den Kampf. Und wie die Moldau in den Felsen der Kienberge durch Gestein und Trümmer dahin tost, so tobten die Männer aus Rache, daß sie einen Augenblick geflohen waren, in den Feind, niederwerfend, zerspaltend, vertreibend. Und wie sie gegen die wilden Tiere ihres Waldes ausdauerten, so dauerten sie auch jetzt aus. Verwirrung entstand in den Feinden, und mehrte sich. Es konnte eine geordnete Schlacht nicht mehr bei ihnen statt haben, jeder wehrte sich, wo er stand, seines Lebens, oder suchte zu entrinnen. Bolemil gab aus seiner Sänfte Befehle, und sendete Männer nach Männern gegen den Feind. Die Unordnung verbreitete sich auch in seine weitern Scharen, und wo Wladislaw stand, und Zdik und Welislaw und Odolen und ferner hin, sah man die roten Banner vorrücken. Und an der äußersten Stelle links wehten die rotseidenen Fahnen schon hinter den Feinden, die auch dort umgangen worden waren. Und in kürzester Frist war der Streit entschieden. Die Mährer waren in verworrener und ungebändigter Flucht. Die Männer Wladislaws drangen nach, und bald war man vor den Zinnen Znaims. Wo ein Haus stand, wo eine Hütte stand, wo ein Dorf stand, wo was immer für Wohnungen und Güter der Menschen waren, gingen Feuersäulen empor, und selbst an fernen Stellen, wohin keine Schlacht und kein Krieger gekommen zu sein schien, verdüsterte wallender Rauch den Himmel. Verwüstung, Zerstörung, Vernichtung waltete zwischen Leuten, die sonst friedlich unter der gleichen obersten Herrschaft leben sollten. Die Trümmer des Heeres Konrads wurden von den Verfolgern noch mehr zertrümmert, und wie Staub zerstreut. Nur ein Teil rettete sich nach Znaim.

Als Schlacht und Verfolgung aus war, lagerte sich Wladislaw vor der Stadt. Die Krieger erhielten Ruhe und Erquickung. Dann schritt man zur Ordnung des Lagers. Und es kamen auch noch die Scharen, welche sich in der Verfolgung zu weit hatten hinreißen lassen. Die Verwundeten wurden herbei gebracht. Bei dem Danke des Herzoges an seine Männer, und bei dem Mahle, welches folgte, wurde kein einziger der hohen Führer vermißt.

Witiko ließ vor der Nacht noch seine Verwundeten zu sich bringen. Und in der Nacht ging er wie nach dem ersten Kampfe wieder zu allen seinen Abteilungen, und dankte ihnen.

Und eine tiefe Ruhe und eine Erholung kam in der Nacht über die Scharen des Herzogs.

Am frühen Morgen wurden zwei Krieger aus der Stadt zu dem Herzoge gebracht, welche mit ihm zu sprechen wünschten.

Wladislaw versammelte den Rat der Führer. Dann wurden die Männer vor den Rat gestellt.

»Was ist euer Begehren?« fragte der Herzog.

»Ich bin Unislaw«, sagte einer, »und mußte ein Fähnlein Konrads befehligen, mein Genosse ist Mladota, und hatte auch ein Fähnlein zu führen. Die Krieger, welche in Znaim sind, haben uns gewählt, zu dir zu gehen, hoher Herr, und dir zu sagen, daß wir dir die Stadt übergeben wollen, so du uns schonest. Der Herzog Konrad von Znaim ist nicht in der Stadt, und keiner der vornehmlicheren Führer ist in ihr. Wir wollen uns unterwerfen, und werden dir in der Zukunft treulich dienen.«

»Leget die Waffen auf dem Marktplatze der Stadt nieder, und kommet alle vor mein Lager«, sagte der Herzog, »es wird eures Leibes und Lebens geschont werden. Wenn aber Konrad oder einer der großen Führer in der Stadt gefunden würde, gehört er vor mein Gericht. Ihr könnt mir dienen, wie ihr Konrad gedient habt, und wie ihr, wenn ihr dem Gebiete von Znaim angehört, einem Herzoge von Znaim wieder dienen werdet, der gesetzt werden wird. Nur gegen den Herzog von Böhmen und Mähren dürft ihr in der Zukunft nicht mehr dienen, er könnte vielleicht nicht verzeihen, und ich würde zum zweiten Male nicht verzeihen. Jetzt geht, und kündet denen meine Worte, die euch gesandt haben. Ich glaube, Herren meines Rates, es ist nicht ungerecht, wie ich gesprochen habe.«

»Es ist nicht ungerecht«, riefen viele Stimmen.

»So geht, ihr Männer«, sprach der Herzog.

Die zwei Männer gingen. Nach einer Stunde kam ein langer Zug von Kriegern ohne Waffen aus der Stadt, und stellte sich vor dem Lager des Herzogs auf. Der Herzog trat vor sie, und Unislaw sagte: »Das sind die Krieger der Stadt Znaim.«

»Man wird euch ein Lager anweisen, und dort harret des weitern«, sprach der Herzog.

Nach den unbewaffneten Kriegern kam ein Zug von Menschen in verschiedenen Kleidern aus der Stadt, und verlangte zu Wladislaw.

Wladislaw ließ sie vor sich und die Seinen.

Sie knieten vor ihm nieder, falteten die Hände, und baten um Schonung.

»Stehet auf«, sagte der Herzog.

Sie standen aber nicht auf, und blieben mit gefalteten Händen knien.

»Stehet auf, sonst spreche ich nicht mit euch, und kehre euch den Rücken«, sagte der Herzog.

Die Leute erhoben sich.

»Ich erkenne an deinem Gewande, daß du ein Vorsteher bist«, sagte der Herzog zu einem, »rede, was ist eure Bitte?«

»Hocherlauchter Herr«, sprach der Angeredete, »ich bin der Kmete der armen Stadt Znaim. Die Stadt steht dir zu deinem hohen Einzuge offen. Wir sind alle nicht schuld an dem Abfalle deines untergebenen Herzoges Konrad, und flehen demütig und unterwürfig, du wollest uns das Unheil nicht entgelten lassen, das geschehen ist, und unser Leben nicht nehmen, und uns nicht mit Brand und Zerstörung heimsuchen. Unsere jungen Männer, die noch da sind, oder die kommen werden, sollen dir als Streiter dienen, und wir alle werden dir dienstbar sein.«

»Ich bin der Herzog der Länder Böhmen und Mähren«, antwortete Wladislaw, »und nehme den Leuten meiner Länder nicht mutwillig das Leben, und zerstöre nicht mutwillig die Güter der Länder. Ihr gebt eine Kriegesgabe aus der Stadt, und Leib und Gut des einzelnen wird geachtet, der nur ein Bewohner der Stadt ist. Wer ein hervorragendes Werkzeug des Verrates gewesen ist, wird vor ein mildes aber gerechtes Gericht gestellt werden, und eben so der, der ihn verbirgt. Sagt das denen, die in Znaim sind.«

»Wir verbergen niemanden«, sprach der Kmete, »und würden dir jeden, der uns als Hehler bekannt würde, übergeben. Die Rädelsführer sind entflohen. Gepriesen seiest du, milder, großmütiger, hocherlauchter Herr!'

»Gepriesen, und gesegnet, hoher Herr, wir beten für dich«, riefen die Flehenden durcheinander.

Und der Kmete neigte sich vor Wladislaw, und küßte den Zipfel seines Kleides. Und die andern warfen sich wieder auf die Knie, und suchten näher zu kommen, und griffen nach den Kleidern Wladislaws, sie zu küssen.

Er wehrte ihnen aber, und sprach: »Ich tue nur das Rechte, erhebet euch, und geht, und tröstet die Eurigen.«

Da die Leute aber in ihren Gebärden flehentlich fortfuhren, ließ er geschehen, was sie verlangten, und redete ihnen freundlicher zu, sich zu erheben.

Da standen sie auf.

Dann sprach er: »Du hast gesagt, Kmete, daß ihr mir dienstbar sein wollet.«

»In allem, hocherlauchter Herr, das du befehlen wirst«, antwortete der Kmete.

»So rüstet in eurer Stadt sogleich Gemächer, die Verwundeten in sie aufzunehmen, die meinigen und Konrads«, sagte der Herzog, »dann sendet Männer mit Tragbahren, Sänften, und was ihr habt, um meine Leute bei dem Hineinbringen der Verwundeten zu unterstützen. Sind Menschen aus dem Lande in eure Stadt gekommen?«

»Viele, hoher Herr, haben Zuflucht hinter unseren Zinnen gesucht«, antwortete der Kmete.

»So lasse verkünden, daß sie in ihre Wohnungen zurückkehren, und ihrer Verrichtungen pflegen«, sagte Wladislaw, »meine Krieger sind um mich versammelt, der Krieg ist in dem Herzogtume Znaim geendigt, und sie können unter meinem Frieden ruhig leben. Ich werde dir einen Herold mitgeben, der deine Worte bestätigt. Sie sollen das Land hegen, daß nicht Nöten und andere Übel dem Kriege folgen, sonst würde Verantwortung geleistet werden müssen. Dann sende so viele eigene und fremde Leute, als du nur vermagst, auf das Schlachtfeld zur Begrabung der Toten. Sie finden dort meine Männer, die ihnen helfen und Weisung geben werden. Hast du meine Worte verstanden?«

»Ich habe sie verstanden, hocherhabener Herr, und werde sie vollführen«, sagte der Kmete.

»So eilet nun, daß nicht eine unnütze Zeit vergehe«, sprach der Herzog.

»Wir danken dir, wir preisen dich, wir ehren dich, hoher Herzog«, rief der Kmete.

»Wir preisen dich, wir ehren dich«, riefen die Leute, und manche brachen in Schluchzen aus.

Dann winkte ihnen der Herzog, zu gehen. Sie neigten sich vielmal, wendeten sich, und schlugen den Weg in die Stadt ein.

Der Herzog ordnete nun alles an, das notwendig war, damit ein festes Lager würde, in welchem seine Krieger eine Zeit wohnen könnten.

Dann ließ er die Zeichen geben, daß das Heer in Ordnung aufgestellt werde.

Als dieses geschehen war, ritt er mit einem Geleite an allen seinen Männern und Führern hin, und dankte, und gab Versicherungen der Belohnung. Er sprach mit vielen der Führer und der anderen Leute. Er ritt langsam an den Kriegern des Waldes hin, die geschlossen da standen, und auf ihn blickten. Er dankte für ihren besonderen Dienst, und hielt sein Schwert zum Gruße gesenkt. Er sprach mit Witiko, mit Rowno, mit Wyhon, mit Osel, auch zu den Söhnen Osels sprach er, dann sprach er mit Diet, mit Werinhard, mit Wolf, mit Witislaw, mit Hermann, mit Wenzel, er sprach zu dem alten Wenhart, zu dem alten Florian, zu Johannes aus dem Wangetschlage, und noch zu mehreren Männern, meist zu solchen, welche weiße Haare auf dem Haupte hatten.

Als der Dank des Herzogs vorüber war, wurden die Krieger wieder in ihre Lagerplätze entlassen.

Der Herzog ging jetzt aber mit den Bischöfen zu den Verwundeten, und tröstete sie. Er fand bei ihnen schon manchen Tröster und selbst Pfleger aus der Priesterschaft und den hohen Führern.

Als er wieder in sein Gezelt gekommen war, ließ er die Zeichen zur Sammlung der Scharen ertönen, welche mit ihm in Znaim einziehen sollten.

Da die Sammlung vollendet war, begann der Zug. Eine Menge von Menschen war schon an dem Wege, und sie riefen dem Herzoge zu. Aber noch dichter waren sie in der Stadt. Vor dem Tore wurde Wladislaw von den Priestern, von den Vorstehern und von schön gekleideten Jungfrauen begrüßt. Dann ritt er in seinem einfachen braunen Gewande in die Stadt. Hinter ihm ritten Diepold und Heinrich, dann die Bischöfe, Bolemil wurde in seiner Sänfte von zwei Saumpferden getragen, die einer seiner Enkel leitete, und der alte Wšebor ritt neben Bolemil, und dann war Diwiš und Lubomir, dann waren die Äbte, und dann waren Preda und Chotimir. Die übrigen Führer ritten bei ihren Abteilungen. Vor dem Herzoge und seinem Geleite waren Kriegerscharen, und hinter ihm auch. Das Volk rief ihm zu, und sang Gesänge. Wladislaw ritt zur Kirche, stieg mit seinem Geleite von dem Pferde, und weil der Bann auf dem Lande war, taten sie vor der Kirche kniend ein Dankgebet. Dann ritt er in die Burg, und als die Führer ihn dahin geleitet hatten, wurden sie entlassen. Die in der Stadt blieben, erhielten ihre Wohnungen angewiesen. Die übrigen Scharen zogen wieder in das Lager.

Bald nach dem Einzuge Wladislaws wurden die Verwundeten in die Stadt gebracht.

Am Nachmittage dieses Tages ritt Witiko mit seinen Befehlsträgern, mit Wenhart und dreißig Reitern auf das Schlachtfeld zu den Männern, die er zur Begrabung ihrer Toten dahin geschickt hatte. Er fand sie am unteren Rande der Wiese.

»Seid gegrüßet, ihr Männer der Trauer«, sagte er.

»Es ist traurig, wenn man einen Angehörigen verliert«, sprach David, der Zimmerer, »sie werden weinen und wehklagen, wenn wir ihnen die Nachricht bringen, und wenn wir ihnen auch die Geschenke des Herzogs bringen, und es ist traurig für uns, daß wir einen Mann begraben müssen, den wir kennen, und den die erschlagen haben, die uns alles nehmen wollten, und die einen Herrn bringen wollten, der uns dann weiter nimmt, was wir wieder erworben.«

»Wir sollten ihnen noch mehr vergolten haben, als es geschehen ist«, rief der Schmied von Plan, »es ist schade, daß sie geschlagen sind, und daß sie davon sind, daß wir sie nicht noch einmal schlagen können.«

»Dann hätten wir wieder Tote, und müßten sie wieder rächen, und das ginge so fort«, antwortete Witiko.

»Ja, das ginge fort«, sagte der Schmied.

»Habt ihr wohl gemerkt, wen ihr begraben habt, daß wir alle aufzeichnen, und daß kein Irrtum entsteht, der einen vergeblichen Jammer hervorrufen würde?« fragte Witiko.

»Andreas hat einen Zettel«, sagte der Schmied, »und dann hat er jeden sogleich mit einem spitzigen Blei darauf geschrieben, wenn wir auf seinem Grabe gebetet hatten.«

»Habt ihr viele?« fragte Witiko.

»Nicht viele«, sagte Andreas, und zog seinen Zettel heraus.

Er las: »Melchior von der Stift. Er ward durch und durch gestochen. Wenzel aus den Auhäusern. Er hatte die Wunde im Halse. Kaspar von Reichenau. Ich weiß nicht mehr, David, war es der mit dem zerbrochenen Kopfe?«

»Es ist nicht nötig, daß du die Verwundung ansagst, lese nur die Namen«, sprach Witiko.

Andreas las weiter: »Michael von dem schwarzen Bache. Johannes aus den Heurafelwaldhäusern. Arnold von der unteren Moldau. Jobst von dem Rathschlage. Sebastian aus Friedberg. Ruprecht vom Kirchenschlage. Simon von Mugrau.«

»Es sind zwei, die so heißen«, sagte Witiko.

»Es ist der kleine«, antwortete Andreas. »Dann haben wir noch den alten Lenz von dem Schwenberggute. Er hat drei Wunden, und sein weißer Bart ist ganz blutig. Wir müssen die Grube erst zuwerfen, und beten.«

»Gebt ihr jedem eine Grube?« fragte Witiko.

»Wir geben jedem eine«, sagte Andreas, »wenn auch die Arbeit mehr ist, weil wir treulich an einander halten müssen, und weil sie es uns in der andern Welt danken werden. Es halfen uns fremde Leute, die aus der Stadt gekommen sind, und die Pfarrer in dem Walde werden den Segen beten, wenn wir nach Hause kommen.«

»Sie werden ihn beten«, sagte Witiko. »Habt ihr keinen mehr gefunden, der schwer verwundet ist?«

»Nein«, antwortete Andreas, »unsere Verwundeten haben wir sorgsam schon früher ausgesucht, und die von andern Scharen sind auch schon fortgebracht worden. Wir haben viele Verwundete.«

»So forschet nur fort nach den Toten«, sagte Witiko, »und schreibe sie sorgfältig auf. Hier hast du noch ein Stück Papier, schreibt sie zwei Male auf, und gebt an zwei verschiedene Männer die zwei Zettel, daß der andere übrig ist, wenn einer verloren würde.«

Er reichte nach diesen Worten ein Papier an Andreas.

»Wir werden tun, wie du sagst«, antwortete Andreas.

»Es ist trübselig, die Gruben mit den Heimatleuten in der Fremde auf dem öden Felde zu füllen.«

»Es ist ein christliches Werk, und es ist ein Trost für die daheim«, sagte Witiko.

»Wir tun es auch gerne«, sagte Andreas, »wie sie es uns getan hätten, wenn uns das Unheil widerfahren wäre.«

»Seinen Vater verteidigen, seine Mutter, seine Schwester, sein Weib, seine Kinder, seine Braut, die Greise und Greisinnen der Heimatgenossen, die Kranken und alle, die nicht mitziehen können, ist ein schönes und heiliges Werk, das nur immer ein Mann verrichten kann«, sagte Witiko, »und wenn er in dem Werke sein Leben lassen muß, so ist es ein noch heiligeres, und alle müssen sein Andenken ehren, für die er ausgezogen ist.«

»Wir ehren es auch, die wir doch mit ihm gezogen sind«, sagte Andreas.

»Wenn ihr in dem Walde gegen die Wölfe geht, da sie sich einmal zu sehr mehren«, sagte Witiko, »und wenn ein Mann durch diese Wölfe im Streite verunglückt, so tragt ihr es.«

»Wir tragen es, wenn es auch ein Unglück ist, weil es sein muß«, sagte Andreas, »und diese Menschen, die gegen uns und den Herzog sind, diese sind auch wie Wölfe, die sich vermehrt haben.«

»Wohl ist es so«, sprach Witiko, »nur daß den Wolf sein Hunger treibt; diese aber ihr Gelüste.«

»Und darum müssen wir gegen sie noch mehr gehen, als gegen die Wölfe«, sagte David, der Zimmerer.

»Wir gehen«, sprach Witiko, »und wir werden mit den andern Scharen und mit Gottes Hilfe alles vollenden.«

»Wir werden alles vollenden riefen mehrere Männer.

»Ich werde euch in eurer Arbeit ablösen lassen«, sagte Witiko.

»Wenn du Leute sendest«, sprach Andreas, »so können sie uns helfen; aber wir bleiben auch hier.«

»Tut, wie ihr übereinkommt«, sagte Witiko, »und gehabt euch wohl, lieben Männer.«

»Gehabe dich wohl«, riefen ihm die Männer zu.

Witiko ritt mit seinen Begleitern nun noch auf andere Stellen des Schlachtfeldes. Er sah, wie man überall beschäftiget war, die Toten, Freund und Feind, zu bestatten, und einen oder den andern, in welchem noch Leben war, er gehöre zu Konrad oder Wladislaw, zu laben, und zu versorgen. Er fand Rowno, der seinen Oheim Stan verloren hatte, er fand Diet, er fand Osel, er fand Wyhon und manche andere.

Dann ritt er wieder in das Lager der Seinigen, und sandte sogleich Männer, denen auf dem Schlachtfelde zu helfen.

Er ging jetzt zu den Verwundeten. Man hatte aus Balken, Brettern, und wessen man habhaft werden konnte, ein Nothaus zu bauen begonnen, und in demselben waren bereits die Verwundeten. Es war ein Arzt aus dem Lager des Herzogs gekommen; aber die Männer Witikos vertrauten mehr den Mitteln, die sie sonst anwendeten, wenn der Wald Wunden brachte.

Witiko sprach, da er unter ihnen war: »Meine lieben Freunde und Heimatleute, ich bin zuerst zu den Toten auf das Schlachtfeld gegangen, weil sie das höchste irdische Gut verloren haben, das Leben. Ich habe sie besucht, und habe innerlich ein kurzes Gebetlein gesagt. Wir werden alle, wenn es an der Zeit ist, auf ihre Grabstätte gehen, und zu ihrer Ruhe beten. Ich bin auch darum hinaus gegangen, ob nicht noch einer draußen ist, der an einer schweren Wunde leidet. Aber es ist keiner mehr. Dann bin ich zu euch gekommen, denen das zweite Gut dieser Welt unterbrochen worden ist, die Gesundheit. Gott wird sie euch allen wieder geben, wir bitten ihn darum, und wollen alles tun, was wir mit unseren Kräften vermögen, euch zu helfen. Man macht jetzt über euch ein Obdach; aber wenn ihr wollt, werden wir euch in gute feste Häuser der Stadt bringen.«

»Lasse mich bei unsern Leuten«, sagte Adam, der Linnenweber aus Plan, »ich stürbe in der Stadt.«

»Mich auch«, sagte Sebastian, der Schuster von Plan.

»Mich lasse auch da, Witiko«, sagte Tobias, der Hirt von Plan, »ich weiß schon, wie man mit Wunden tun muß, und habe meinen Sohn unterrichtet, und er wird zu Hause bei den Tieren Rat geben, wenn einem etwas zustößt.«

»Mich lasse auch da«, sagte Raimund von der Mugrauer Heide.

»Mich lasse auch da«, sagte ein anderer Mann.

»Mich auch«, sagte wieder einer.

»Männer«, antwortete Witiko, »wer nicht in die Stadt gebracht werden will, der kann an dieser Stelle bleiben, so lange das Lager dauert, und wir werden sorgsam für ihn sein. Und wer in ein Gemach der Stadt begehrt, der wird auf einer guten Tragbahre dahin gebracht werden. Saget nur denen, die euch warten, was ihr wollt, und sie werden eure Wünsche zu mir bringen.«

»So ist es recht«, »so ist es gut«, sagte einer und der andere der Verwundeten.

Und nun ging Witiko zu jedem, fragte ihn um seinen Zustand, und ließ sich erzählen wie er verwundet worden sei, und was man jetzt gegen seine Wunden an ihm getan habe. Dann tröstete er ihn, und redete daneben von der Zeit, in der er wieder fröhlich bei seinen Kampfesbrüdern sein, und von der Zeit, in der er wieder die grünen Bäume seines Waldes sehen werde.

Witiko blieb noch eine lange Zeit in dem Hause der Verwundeten.

Es waren viele von den Waldleuten da, einige waren gekommen, ihre Freunde zu besuchen, andere, welche Kenntnisse hatten, wie man bei Verwundungen verfahren müsse, waren als Pfleger da. Frauen aus dem Lager halfen in allen Dingen, und der Priester von Daudleb hatte sich als Krankenwärter eingerichtet.

Witiko ging von den Verwundeten zu seinen andern Leuten, um zu besorgen, was nach der Lage der Dinge zu besorgen war.

An dem nämlichen Tage ritt auch der Herzog Wladislaw noch mit einem Geleite auf das Schlachtfeld, und er kam dann zu den Verwundeten der Waldleute.

Als schon die Nacht eingebrochen war, kamen die Männer Witikos, die mit dem Begraben der Toten beschäftigst gewesen waren, in das Lager, sagten, sie seien fertig, und Andreas gab Witiko die beiden Zettel, auf denen die Namen der Begrabenen geschrieben waren.

Witiko dankte ihnen, und sagte, sie sollen ruhen, und sich nach der kläglichen Arbeit pflegen.

In dieser Nacht sendete Witiko auch noch einen Boten an seine Mutter nach Landshut fort.

Am andern Morgen fragte er den Priester von Daudleb, welche der Verwundeten sich zur Überbringung in die Stadt gemeldet hätten.

»Sie wollen alle hier bleiben«, sagte der Priester.

»So sollen sie hier bleiben«, antwortete Witiko, »ich werde selber zu dem Herzoge reiten, und ihn um die Vergünstigung bitten.«

»Die Menschen, welche in dem Walde geboren worden sind, und in dem Walde groß gewachsen sind«, sagte der Priester, »bekommen gerne Heimweh, wenn sie nicht mehr in dem Walde leben können, und die Kranken würden Heimweh bekommen, wenn sie von ihren Genossen, die hier sind, entfernt würden.«

»Ich weiß es, ich weiß es«, sagte Witiko.

»Und von dem Gemüte aus heilt man den Körper oft leichter als mit Salben und Mitteln«, sprach der Priester.

»Und in den Gemütern wollen wir alle sie trösten«, sagte Witiko.

»So wollen wir«, sprach der Priester.

Witiko ritt sogleich zu dem Herzoge, und berichtete ihm die Sache. Wladislaw gestattete, daß die Männer ihren Willen haben, und sandte sogleich guten Wein und Lebensmittel und Bettstücke und anderen Bedarf in das Haus der Verwundeten.

Witiko ritt wieder zu den Seinigen.

Ehe die Sonne den Mittag erreichte, zogen alle Männer des Waldes außer denen, die bei den Verwundeten bleiben mußten, mit Witiko auf das Schlachtfeld, knieten dort nieder, und beteten für ihre Begrabenen, und dann für die Begrabenen der andern. Zu Hause beteten die Pfleger der Verwundeten für sie, und es beteten die Verwundeten für sie.

Man sendete nun auch Boten in die Heimat, zu berichten, was vorgefallen war.

Das Lager vor der Stadt Znaim und die Hofhaltung in der Burg wurden immer fester eingerichtet. Wladislaw bestellte eine Verwaltung des Gebietes von Znaim. Er hielt Gericht, und hörte jeden, der von den Ländern Böhmen oder Mähren kam, und ein Anliegen vorbrachte. Die Kriegsbeute und die Kriegsgaben wurden aus dem Gebiete gesammelt, und die Güter der Feinde, welche bei Konrad gewesen waren, wurden zu dem herzoglichen Gute geschrieben. Männer strömten nun von allen Seiten herzu, und wollten Wladislaw dienen. Es wurden die Nötigen gewählt, und in das Heer eingeteilt. Von dem mittäglichen Walde kamen noch einhundertfünfunddreißig Männer, und wurden Witiko zugeteilt. Wladislaw hielt öfter mit seinen Führern Rat, was weiter zu beginnen sei, und oft vereinigte er sie bei den Übungen des Heeres oder bei einem fröhlichen Mahle.

So waren siebenunddreißig Tage nach der Schlacht vor Znaim vergangen, und die weiteren Zurüstungen waren vollendet; Wladislaw verlangte von den Führern, daß sie ihre Männer in Bereitschaft setzten, den Auszug zu beginnen.

Eines Tages wurde Witiko gemeldet, daß der Schuster von Plan, Sebastian, sehr traurig sei, und immer sage, er werde sterben.

Witiko ging zu dem Manne in das hölzerne Haus der Verwundeten, und sprach zu ihm: »Sebastian, sie haben mir gesagt, daß du bekümmert bist, aber deine Wunde heilt schon, und du wirst sehr bald wie früher unter uns sein.«

»Sie heilt«, antwortete Sebastian, »aber innerlich ist alles anders, und mir ist sehr wehe.«

»Das wird sich erhellen, wenn du unter der Sonne und in der freien Luft mit uns ziehest, und die Lieder und die Gespräche erschallen«, sagte Witiko.

»Ich werde hier sterben«, sagte Sebastian.

»Aber ehe du stirbst, wirst du draußen sein und gesund«, sagte Witiko.

»Ich habe sehr schöne Dinge aus rauhen Bälgen gemacht«, sprach Sebastian, »sie sind immer bei dem Gepäcke gewesen, und jetzt weiß ich nichts, und sie werden zu Grunde gegangen sein.«

»Ich will selber nach diesen Sachen sehen«, antwortete Witiko, »und werde sie dir zu dem Bette senden, und sie sollen dir jedes Stück zeigen.«

»Wenn sie zu finden sind«, sagte Sebastian.

»Von dem Gepäcke ist nichts verloren worden«, sprach Witiko, »wir haben nach der Schlacht alle Säumer hieher gebracht.«

»Wir haben groß gesiegt«, sagte Sebastian.

»Alles Land von Znaim ist unser«, antwortete Witiko, »und jetzt wird bald Brünn und das ganze Land Mähren unser sein.«

»Das ist recht gut, das ist recht gut«, sagte Sebastian, »und du bist sehr besorgt, Witiko.«

»Ich gehe sogleich zur Nachfrage um deine Balgdinge«, sprach Witiko, »und werde in einer Zeit wieder zu dir kommen, und deine Wunde wird wieder besser sein, und du wirst auch besser sein.«

»Ich werde bis dahin noch nicht sterben«, sagte Sebastian.

»Und später auch nicht«, sagte Witiko, »und jetzt gehabe dich wohl.«

»Gehabe dich wohl«, sprach Sebastian.

Witiko ging zu dem Troßlager, und fragte um die Balgwaren des Schusters Sebastian von Plan. Man suchte einen Sack unter den andern Sachen hervor, in dem sie waren. Witiko ließ den Sack zu Sebastian tragen.

Er erzählte nach einem Rate bei dem Herzoge das Vorkommnis, und die Lechen und Herren kauften von Sebastian alle Dinge, daß er mehr Geld erhielt, als er je gehofft hatte. Und er starb nicht und saß später in der Sonne vor dem hölzernen Hause, und zählte sein Geld. Den Sack schickte er zu künftigem Gebrauche nach Hause.

Als fünfzig Tage vergangen waren, seit das Lager vor Znaim bestand, wurde der Zug gegen die anderen Fürsten von Mähren angeordnet, die auch immer geworben, und sich gerüstet hatten. Das Heer Wladislaws war aber so stark geworden, daß trotz der Kraft der Feinde kein Krieg mehr war. Was jetzt erfolgte, war nur ein Fortdrängen der Feinde, ein Nehmen von Beute, ein Sammeln von Kriegsgaben, und eine Verwüstung und Zerstörung; der Herzog und die Führer suchten der Verwüstung zu wehren, aber die Verwüstung geschah. Und so gingen die Krieger wie eine Wolke über das ganze Land.

Nach zwei Monden war Mähren in der Gewalt des Herzogs Wladislaw. Die Fürsten und die vornehmlicheren Führer flohen in fremde Länder. Auf grüner Heide hielt Wladislaw den Dankgottesdienst.

Es wurde ein großes Lager der Krieger Wladislaws vor Brünn errichtet, und von diesem Lager aus wurden die Dinge des Landes geordnet.

Eines Tages ließ der Herzog einen großen Platz zu einem Feste schmücken, und sandte Boten aus, alle, die entfernt waren, zu laden.

Als der Tag des Festes gekommen war, sah man einen grünen Raum mit Schranken eingefaßt, welche mit kostbaren Tüchern behängt waren. Auf dem Raume sah man Bänke in einem halben Kreise, welche mit Sammet und Seide belegt waren. Vor den Bänken stand ein Tisch, auf dem Sammet war, und an dem Tische stand ein gezierter Stuhl. Weiter rückwärts waren viele Tische zu einem Mahle gerüstet. Von den Schranken weg stand in einer langen Reihe das Heer mit seinen Führern. Wladislaw, hinter dem ein Geleite war, kam von dem Lager, und ritt an der ganzen Reihe dahin, grüßte jede Abteilung, dankte für die Treue, und nahm Abschied von denen, die nach Hause gehen würden. Als er am Ende der Reihe war, ritt er wieder gegen die Mitte, entfernte sich eine Strecke von der Reihe, und grüßte mit dem Schwerte noch einmal gegen alle.

Es erhob sich ein Ruf des Jubels und der Freude, der in den Lüften zitterte.

Der Herzog ritt wieder gegen sein Lager.

Dann löste sich die Reihe des Heeres, und die Abteilungen zogen in ihre Plätze.

Die Führer aber gingen auf den grünen Raum in den Schranken, und setzten sich auf die Bänke. Unzählige Krieger und Volk umstanden die Schranken.

Da kam auch der Herzog, und setzte sich auf den Stuhl vor dem Tische. Als das Brausen der Stimmen sich gelegt hatte, stand er auf, lüftete seine Haube, und sprach: »Fürsten der Kirche, Söhne des Stammes Premysl, Lechen, Herren, Wladyken und Obmänner. Unsere Sache ist vollendet. Das Reich Premysls steht fest. Wir haben, als der Aufruhr niedergeworfen war, auf grüner Heide in feierlichem Gottesdienste dem Herrn im Himmelreiche für seine Hilfe gedankt, und haben täglich bei der Opferfeier bis heute gedankt, und werden fortwährend danken. So gebührt es gegen Gott. Dem Heere und den Führern habe ich gedankt, und habe heute zum Abschiede den Dank wiederholt. Und auch hier wiederhole ich euch den Dank, und sage: Kehret glücklich zu den Eurigen, und freuet euch der Tage, die da kommen werden. Denkt in Liebe an einander, wie ich in Liebe eurer gedenke. Suchet meinen Hof, so oft es euch gefällt, weilet dort oder in meinem Lager, so lange ihr wollt, besuchet einer den andern, und wenn ich zu einem komme, gebe er mir eine kleine Gastfreundschaft. Wer von heute an noch in diesem Lager bleiben will, ist in demselben geehrt, wer es verlassen will, dem senden wir einen freundlichen Segen auf seinen Weg. Wir haben Pergamente schreiben lassen, jedem von euch wird ein Pergament gegeben werden, auf welchem er lesen kann, was ihm an Ehre, Amt und Gut zugedacht ist. Er sei mit den Seinigen darüber zu Rate, und komme dann nach Prag zu meiner Kammer, und sage, welche Änderungen er in dem Pergamente wünsche, und wir werden seine Wünsche zu erfüllen trachten. Herren der Kirche, der Heilige Vater Innozenz wird in diesem Jahre noch den hochehrwürdigen Kardinal Guido mit voller Gewalt in die Länder Böhmen und Mähren schicken, daß er alle die kirchlichen Dinge ordne und richte. Es wird des Heiles und der Ehren eine Fülle sein, wenn er kömmt. In den Pergamenten ist verzeichnet, was den Kirchen und Abteien und allen Heiligtümern nach dem jetzigen Kriege zukommen soll. Diepold und Heinrich, Söhne des Stammes Premysl, ich werde streben, euch zu lohnen. Bolemil, teurer greiser Krieger, du wirst dich noch des Landes freuen, das dir zuwächst, und deine Söhne und Enkel und Urenkel werden sich freuen. Lubomir, mögest du und mögen deine Söhne zufrieden gestellt sein. Und ihr auch, Diwiš, treuer Zupan, Wšebor, Preda, Chotimir, alte Krieger, möget ihr euern Teil hinreichend finden. Und Nemoy, und Jurik, und Bartholomäus, und Ctibor, und Predbor, und Casta, und Wecel, mögen euch eure neuen Fluren in der Reihe von Jahren gefallen, die euch noch bevorstehen. Welislaw, treuer Genosse, du trittst die Zupanei von Wyšehrad an. Odolen, du Stürmer, pflege der Felder, Wiesen und Wälder, die in deinem Pergamente geschrieben sind, und jage auf ihnen. Witiko, lese mit Zufriedenheit, was dir von dem Walde des Herzoges an der jungen Moldau, und was dir dort an Untertanen und Abgaben zugewiesen ist, und sei ein milder Herr deiner Leute. Rowno, du bist erweitert, Diet von Wettern, du auch, ihr grenzet jetzt an Witiko, seid drei friedliche Nachbarn. Wyhon, du findest bei Prachatic dein neues Gut, und das der andern Männer des Mittages des Landes ist vermehrt. Osel, ich habe deiner aber auch deiner Söhne gedacht. Und Sezima und ihr andern jungen Leute, mehret, was euch wird, in künftigen Kriegen noch um vieles. Und möge keiner von allen, die hier sind, gekränkt sein, und möge er seine Wünsche darlegen, daß sie nach Kräften erfüllt werden. Morgen beginnen wir, in Freundschaft von der beweglichen Beute an Kleinodien, Waffen, Pferden, Kleidern, Prunk und Gold und andern Dingen zu teilen. Und morgen werden auch meine Männer die Gaben an alle Krieger, die bei uns sind, zu reichen anfangen. Und nun bringe ich euch noch einmal meinen Dank, und saget euern Angehörigen, wenn ihr heim kommt, liebe und gute Grüße von mir, und saget den Leuten in euern Ländern, daß ich jedem Wohltaten erweisen möchte, und ich bringe den Wunsch: es komme eine fröhliche und glückliche Zeit.«

»Fröhliche und glückliche Zeit«, erscholl es aus tausend Kehlen.

Und ehe noch einer der Herren auf den Bänken etwas sprechen konnte, rief das Volk vor den Schranken: »Heil, Heil Wladislaw, dem Herzoge von Böhmen und Mähren.«

»Heil Wladislaw, dem Herzoge von Böhmen und Mähren«, riefen die Männer auf den Bänken.

»Heil dem Kriegsherrn«, riefen die Streiter, welche sich an die Versammlung herzu gedrängt hatten.

Wladislaw ging nun zu denen, die sich auf dem grünen Platze befanden, und redete mit ihnen.

Dann war unter dem freien Himmel ein Mahl des Herzogs und der Herren, und es war ein Mahl aller Krieger, und an das Volk wurde Wein und es wurden Lebensmittel verteilt.

Boten gingen noch an diesem Tage in allen Richtungen ab, zu melden, was geschehen war. Auch in den Wald wurden Boten gesendet.

In einer Reihe von Tagen, die da folgten, wurde nun die Beute verteilt, und es wurden die Gaben an die Krieger gegeben.

Und dann empfing der Herzog die Besuche der Herren, die kamen, ihm zu danken und Abschied zu nehmen.

Und die Männer tauschten unter sich Besuche und Geschenke und Versicherungen der Liebe, und viele rüsteten sich zur Heimkehr. Der Herzog setzte noch ein Gericht ein, die Verwüster auszuforschen und zu bestrafen, er sendete von seinen Kriegern Abteilungen in Städte und Vesten, daß sie des Landes wachten, und bereitete seinen Zug nach Prag vor. Viele der Herren beschlossen, ihn zu geleiten. Weil das Land Mähren noch im Banne war, so rüstete sich auch der Bischof Zdik, mit ihm zu ziehen, um dann von Prag wieder nach Passau zu gehen.

Witiko und Rowno und Wyhon und die anderen aus dem Walde dankten dem Herzoge in seinem Gezelte für sich und ihre Krieger, und ordneten dann ihren Zug, um gemeinschaftlich nach dem Walde heim zu kehren.

Als Witiko mit den Seinigen nach Plan kam, waren die Jungfrauen schön gekleidet, fast alle andern waren auch in ihren festlichen Gewändern, viele Menschen waren von den umliegenden Gegenden gekommen, alle drängten sich, die Heimkehrenden zu sehen, und Witiko wurde mit Freudenrufen und mit Jubel empfangen.

Die Männer aber taten feierlich wie nach dem ersten Kriege, der Pfarrer segnete sie, Witiko dankte ihnen vor der Kirche, und verabschiedete sich. Die Männer von Plan gingen nun gleich zu den Ihrigen, die andern aber schlugen den Weg in ihre Heimat ein.

Witiko begab sich in das steinerne Häuschen.

2. Im hohen Walde

Als Witiko von seinen Männern vor der Kirche im oberen Plane Abschied genommen hatte, und den Weg gegen das steinerne Häuschen einschlug, ritten alle Reiter von Plan mit ihm, viele der andern Krieger, welche die Ihrigen begrüßt hatten, kamen auch wieder herzu, und gingen mit ihm auf seinem Wege, und es gingen auf dem Wege Männer, Frauen, Jungfrauen und Kinder mit. Sie riefen ihm zu: »Witiko, sei gegrüßt«, »Witiko, bleibe bei uns«, »Witiko, du gehörst jetzt zu uns.«

Witiko ritt sehr langsam in der Mitte der Menschen, und blickte herum, und grüßte mit seinen Mienen gegen viele. Vor seinem Häuschen hielt er an, die Menschen füllten den Platz vor demselben, und um dasselbe, daß sie das Gras der Wiese zertraten. Martin stand aufrecht vor dem Tore, und Lucia weinte. Da Witiko von dem Pferde steigen wollte, ging Martin hinzu, den Steg des Sattels zu halten. Alte Männer wollten Witiko dienstlich sein. Er aber schwang sich wie sonst von seinem Tiere. Das Pferd wurde von seinen Knechten hinweg geführt. Dann sprach Witiko zu den Leuten: »Liebe Heimatgenossen, ich danke euch für euer Geleite, und für das Gute, das ihr mir wollet. Wir werden unter unsern grünen Bäumen in Frieden und Treue leben, wir werden zusammen halten, und das Brot und das Salz der Gastlichkeit teilen.«

»Gott segne Witiko, unsern Herrn, der von uns ist«, rief Peter Laurenz, der Schmied von Plan.

»Gott segne unsern Herrn, unsern Herrn«, riefen die Menschen durcheinander.

Frauen hoben ihre Kinder empor, daß sie Witiko sähen.

»Gott segne euch«, sagte Witiko, »und er segne mein Tun.«

»Er segne es«, riefen die Menschen.

»Und empfanget noch einmal meinen Dank«, sagte Witiko, »und gehabt euch wohl, geht zu den Eurigen, und seid mit ihnen in Freude, und seid ein Trost derer, die Schmerzen leiden. Der hocherlauchte Herzog Wladislaw hat seine Feinde besiegt, er wird uns Glück und Wohl in das Land bringen, und es wird nun lange Zeit kein Krieg und kein Streit mehr sein.«

»Heil und Glück, Witiko«, riefen die Menschen. Witiko dankte grüßend mit seiner Hand, und ging in das Häuschen.

Er ging in die Stube, und legte sein Schwert und seine Haube auf den Tisch.

Martin stand vor ihm, und sagte: »Witiko, Witiko.« »Sei gegrüßt, Martin«, sprach Witiko, »jetzt werden wir andere Dinge zu tun haben, als mit dem Schwerte.«

»Und diese Freude, die über uns gekommen ist«, sagte Martin. »Ihr müßt jetzt Dienstmannen haben und ein Geleite.«

»Du vielgetreuer Mann, du wirst mir beistehen«, sagte Witiko. »Wenn ich es nur kann, ich ungefüger Mensch«, antwortete Martin.

»Du wirst das können, was ich dir auftrage«, sagte Witiko. »Und die hocherhabene Mutter«, sprach Martin. »Ich habe ihr von der Stadt Brünn aus Botschaft geschickt«,

antwortete Witiko.

»Und Mathias, der Köhler, und sein Vater, und der hochehrwürdige Priester Benno und die Leute«, sagte Martin. »Ich werde meine Mutter und Benno, wenn er will, nach Pric

geleiten«, entgegnete Witiko, »und der anderen werde ich gedenk sein.«

»Und du mußt dir eine Burg bauen«, sagte Martin. »Ich werde ein Haus errichten, darin wir alle wohnen können«, sprach Witiko.

»Wir haben Speise und Trank für dich vorbereitet«, sagte Martin.

»Ich werde noch zu den Pferden gehen, und dann werden wir mit einander das Mahl verzehren«, antwortete Witiko. »Bestelle mir indessen Männer, welche meinen Knechten helfen, die Säumer, die meine Habe tragen, vor das Haus zu bringen, sie abzuladen, und die Sachen herein zu schaffen.«

»Ich werde es tun«, sagte Martin.

Witiko ging zu den Pferden. Dann ging er wieder in die Stube. Martin kam mit zwei Männern. Witiko gab ihnen den Auftrag, zu den Häusern hinein zu gehen, sich die Saumtiere zeigen zu lassen, welche seine Sachen tragen, und bei ihnen zu harren, bis seine Knechte kämen.

Die Männer versprachen es.

Darauf mußte Lucia den Tisch für ihn, für Martin und sich selber und für die Knechte rüsten. Eine gedungene Magd war ihr behilflich. Sie verzehrten das Mahl, und tranken von dem Weine, der aufgesetzt worden war.

Als sie sich erquickt hatten, nahm Witiko sein Schwert um, setzte seine Haube auf, befahl den Knechten, nach den Säumern zu sehen, und seine Habe in Sicherheit zu bringen, und ging dann zu den Häusern von Plan hinein.

Auf dem Raume zwischen den Häusern waren viele Saumrosse, ein Teil der Dinge, die sie getragen hatten, war schon abgeladen, und lag herum, und Männer waren beschäftigt, das Ihrige auszulesen, und fort zu bringen. Andere Männer, welche nicht von Plan waren, suchten ihre Saumtiere hervor, um mit ihnen den Weg in ihre Heimat einzuschlagen. Viele Menschen und vornehmlich Weiber und Kinder standen herum, und bewunderten die Sachen.

Witiko ging in die Wohnungen, in denen er Gaben des Herzogs zu verteilen hatte, und in denen Leute um die Ihrigen trauerten. Er verteilte die Gaben in der Art, wie es in dem Rate der Führer der Waldkrieger beschlossen worden war, und tröstete die Wehklagenden, wie er konnte.

Dann ging er zu dem alten Pfarrer.

Der alte Pfarrer empfing ihn mit Ehrerbietung, und geleitete ihn in die Stube. Witiko begrüßte ihn, und der Pfarrer dankte des Grußes; dann sprachen sie von dem, was sich zugetragen hatte, und der alte Pfarrer fragte um vieles, und Witiko erzählte, um was er gefragt worden war.

Von dem Pfarrer ging Witiko auf den Kreuzberg, und sah auf die Schneide des dämmerigen Waldes hin, hinter welcher das Haus Heinrichs von Jugelbach lag. Dann sah er auf den breiten schweren Wald des heiligen Thomas.

Von dem Kreuzberge ging er wieder zu den Häusern hinab, sprach mit vielen Menschen, die auf der Gasse waren, und ging dann in sein steinernes Haus.

Am Abende dieses Tages kamen wie früher Männer zu ihm, kosteten sein Brot und Salz, und saßen dann mit ihm und Martin auf Bänken, die man vor dem Hause hergerichtet hatte, und redeten von dem, was geschehen war, und wie es jetzt in Plan sei, und wie es sein werde, und noch von andern Dingen. Als die Finsternis der Nacht kam, verabschiedeten sie sich, und gingen nach Hause.

Witiko legte sich auf sein gewöhnliches Lager zur Nachtruhe.

Am andern Morgen ließ er seine Dinge in vollständige Ordnung bringen, setzte sich dann an den großen Tisch, entfaltete sein Pergament, und las in demselben.

Ehe der Tag weit vorgerückt war, kamen mehrere Männer zu ihm. Es war der alte Pfarrer, es war Peter Laurenz, der Schmied, es war Stephan, der Wagenbauer, es war David, der Zimmerer, es war Paul Joachim, der Maurer, es war Elias, der Steinhauer, es war Zacharias, der Schenke, und es war Tom Johannes, der Fiedler.

Als die Männer zu ihm in die Stube gekommen waren, ließ er Bänke und Stühle stellen, daß sie sich niedersetzten. Als sie saßen, sprach er: »Seid gegrüßet, Männer, ich freue mich, daß ihr kommt. Habet ihr einen Wunsch, den ich erfüllen kann?«

Die Männer schwiegen, und sahen einander an.

Dann sagte der Pfarrer: »Wir hätten wohl eine Bitte.«

»So sprecht«, sagte Witiko.

»Wir haben davon geredet«, antwortete der Pfarrer, »und dann haben wir gestern und heute wieder geredet, und dann haben wir uns etliche zusammen getan, und haben gesagt: wir gehen zu ihm.«

»Ich will gerne einem Verlangen, das ihr habt, nachkommen, wenn ich kann«, entgegnete Witiko.

»Es ist so«, sagte der Pfarrer, »die Wege des Herrn im Himmel sind wunderbar. Dein Vater hatte ein Haus aus Stein in dem oberen Plane, und hatte Gründe bei dem Hause, und ist öfter in dem Hause gewesen. Und dann hat ihn der Herr im Himmel zu sich genommen, du bist auch in dem steinernen Hause gewesen, Witiko, und unsere Männer sind mit dir gezogen, und andere auch, die aus den Teilen des Waldes daher gekommen sind. Und als die Boten von dem Lande Mähren hier eingetroffen sind, und gesagt hatten: Witiko ist der Herr des ganzen Waldes geworden, da sagte es wieder einer dem andern, es sagte es wieder einer dem andern, und wer es schon wußte, dem sagte man es noch einmal. Und die Mädchen haben schon früher den Kreuzberg den Berg Witikos genannt. Und die Leute sagten, weil er der Herr des Waldes ist, so wird er sich eine Burg in dem Walde bauen. Und wir haben davon geredet, und sind gekommen, dich zu bitten, hoher Herr, daß du die Burg bei uns bauest. Wir werden dir in allem behilflich sein, daß sie bald fertig und schön empor steht.«

»Wir haben die Burgen in manchen Ländern gesehen«, sagte der Schmied, »die Hofburg des hocherlauchten Herzoges Wladislaw auf dem Berge der Stadt Prag, die Burg des uralten Wyšehrad, die auf einem Felsen an der Moldau oberhalb des rechten Burgfleckens von Prag liegt, die Burg des Fürsten Konrad in Znaim, die Burg in Brünn, die Burg in Olmütz, die Burg des Zupan Lubomir und die Burgen von allerlei Herren, und so schön wie die Hofburgen können wir deine Burg nicht bauen; aber wir werden sie sehr schön bauen, daß sie wie aus Eisen geschmiedet in dem Lande steht, und wie ein Amboß ist, der nicht zerschlagen werden kann.«

»Wir werden das Dach fügen, wie keines gefügt ist«, sagte David, der Zimmerer.

»Und kein Stein soll zierlicher sein, als wir sie vorbereiten werden«, sagte Elias, der Steinhauer.

»Und wir werden sie fügen, daß sie aus der Mauer schwerer zu brechen wären als aus dem Fels der Erde, als wären die Wände mit dem besten Weine gebaut worden«, sagte Paul Joachim, der Maurer.

»Und Tür und Tor und Treppe und Geländer und Fußböden wird aus dem stärksten Holze des Waldes gemacht«, sagte Stephan, der Wagenbauer.

»Und ein Rat muß sein, daß alles gut gemacht werde und recht und sehr schön, und es sind schon Männer, die einen solchen Rat geben«, sagte Tom Johannes, der Fiedler.

Dann sagte keiner mehr etwas.

Darauf sprach Witiko: »Lieben Männer, ich danke euch vom Herzen für eure Wohlmeinung, und daß ihr mich wollt als einen Genossen bei euch behalten. Ich werde immer euer Genosse bleiben, und werde immer einer der Männer von Plan sein, wie meine steinerne Hütte bei den eurigen steht. Ich werde mir in dem Gebiete des Waldes, das mir der gütige Herzog verliehen hat, ein Haus zur Sicherheit und Verteidigung bauen. Das ist zuerst zum Überlegen. Dann denke ich auch daran, was sonst den Sinn eines Menschen bei einem Hause erfreuen kann.«

»Das muß alles so sein«, sagte der Pfarrer, »und an dem Hause müssen die Bewohner eine Freude haben, und wenn das alles bei dem oberen Plane sein kann, so wirst du bei uns bleiben.«

»Ich werde erwägen, was meine Gedanken mir eingeben«, sagte Witiko.

»Und ich werde die Gegend fleißig betrachten und durchsuchen«, sprach Tom Johannes, der Fiedler.

»Und dann bitten wir dich noch, hoher Herr«, sagte der Pfarrer, »wir möchten ein Häuslein bauen, darin die Kinder Gott fürchten lernen, und Anweisung in nützlichen Dingen erhalten.«

»Wie ihr mir bei meinem Baue geholfen habt, werde ich euch bei diesem helfen und helfen lassen«, antwortete Witiko.

»Du wirst dir aber kein so grobes Haus bauen, wie Rowno den Turm hat, oder Osel die runden Mauern, oder Diet die Scheuern und Ställe«, sagte Peter Laurenz, der Schmied.

»So sprich nicht so«, sagte Tom Johannes, der Fiedler, »Witiko ist ein höherer Mann als Rowno und Osel und Diet, und das Schloß wird in dem Walde prangen, und es werden manche Männer mit reden, ehe es fertig wird.«

»Und wir werden bei dem Einzuge gegenwärtig sein, und Heil rufen«, sprach David, der Zimmerer.

»Ihr werdet bei mir sein, wie ihr in der Schlacht an meiner Seite waret«, sagte Witiko, »und werdet die Gastlichkeit meines neuen Hauses nicht verschmähen.«

»Und wenn einer in die Schlacht wollte, und nicht mehr konnte, weil sie ihm in einer andern die Glieder verdorben haben«, sagte Tom Johannes, der Fiedler.

»So wird er mit den verdorbenen Gliedern mir willkommen sein«, antwortete Witiko.

»So ist es schön und recht«, sagte Tom Johannes.

»Das ist sehr schön und recht«, sagte Stephan, der Wagenbauer.

»Und so machen wir es, wie wir beschlossen haben«, sagte der Schmied, »und sagen den andern, wie alles ist.«

»Gehabe dich wohl, hoher Herr«, sagte der Pfarrer, »wir gehen jetzt, und wissen, daß du uns zugetan bist.«

»Ja«, sagte Witiko, »ich bin allen im Walde zugetan, und habe die Krieger des Waldes geehrt.«

»Ja, du hast sie geehrt«, sprach der Schmied, »und so gehabe dich wohl.«

»Gehabt euch wohl«, entgegnete Witiko.

Die Männer erhoben sich, und verließen die Stube.

Witiko ging an diesem Tage in einige Häuser von Plan, und aß dort von ihrem Brote und Salze.

Und am Abende kamen wieder Männer zu ihm, und saßen mit ihm auf seiner Gasse.

Und so geschah es alle Tage.

In diesen Tagen bildete sich Witiko ein kleines Geleite von Männern, welche sich ihm hiezu anboten. Es waren Augustin, Urban und Mathias unter ihnen, welche im Kriege seine Befehlsträger gewesen waren. Er machte auch Vorbereitungen zu einem Waldesdankfeste.

Dann ritt er mit seinem Geleite an alle Stellen des Waldes, von denen Abteilungen während des Krieges in seinen Scharen gewesen waren, und dankte ihnen, und lud sie zu seinem Feste in den oberen Plan ein. Von diesen Stellen schlossen sich mehrere Männer seinem Geleite an. Darunter war Sifrid von Milnet. In Plan wurden für das Geleite Lagergezelte errichtet.

Auf der großen grünen Weide an den Ufern der Moldau wurde der Platz zu dem Feste gerüstet. Es wurden Schranken gezogen, es wurden aus Brettern und Latten Tische und Bänke gemacht, es wurde ein Altar gebaut, es wurden Gezelte aufgezogen, und Räume für neue Gezelte angewiesen, und es wurden Plätze zur Bereitung von Speisen tauglich gemacht.

An dem Tage vor dem Feste kamen sehr viele Menschen in den oberen Plan. Alle Abteilungen von Kriegern, wie sie gekommen waren, um an dem Zuge gegen Mähren Teil zu nehmen, zogen mit ihren Zeichen heran. Sie machten unter den Föhren, welche im Morgen von Plan standen, ein Lager. Aus allen Waldstellen, von denen sie gekommen waren, gingen auch andere Menschen nach Plan: Greise, Weiber, Jungfrauen, Kinder, um zu sehen, was da werden würde. Von der oberen Moldau kamen Leute herunter, und von Bayern kamen viele herein. Von den Männern, die in dem tiefen Walde sind, davon einige Pech brechen, andere Fallen stellen, um Pelztiere zu fangen, andere Teer brennen, andere Honig suchen, andere Wurzeln und Kräuter sammeln, um sie den Säumern zu verkaufen, ging mancher hinaus, um zu sehen, wie ein Herr des Waldes aussieht. Diese Leute lagerten auf den freien Feldern, und zündeten Feuer an, um sich ihre Speisen zu kochen.

Am frühen Morgen des Festtages hieß Witiko die Männer von Plan, welche mit ihm in dem Kriege gewesen waren, und alle die andern Scharen des Waldes vor der Kirche sich sammeln, wie damals, da sie nach Mähren gezogen waren. Als sie vor der Kirche standen, ritt Witiko in seinem Ledergewande zu ihnen. Und als er vor ihnen war, sprach er: »Männer, ich habe an euch die Bitte gerichtet, daß ihr heute zu mir kommt. Es ist an dem, daß wir auch in unserer Heimat Gott für seinen Beistand in dem Kriege danken, und daß wir, wie ich auf dem Schlachtfelde von Znaim gesagt habe, in der Heimat für unsere Verstorbenen beten. Folget mir auf den grünen Platz des Gottesdienstes.«

Er stellte sich an ihre Spitze, und die Krieger von Plan und die Krieger aus den anderen Waldstellen zogen mit ihren Zeichen und unter dem Schalle der langen Pfeifen hinter ihm auf die grüne Weide an dem Ufer der Moldau. Und sehr viele Menschen gingen mit ihnen. Die Krieger zogen auf den Platz, der mit Schranken umgeben war. Dort harrete der alte Pfarrer ihrer mit den Kirchenvätern und den Kirchenvorstehern. Als sie sich aufgestellt hatten, segnete er sie. Dann ging er zu dem Altare, und ward dort mit dem Gottesdienstgewande bekleidet. Die Krieger steckten die Stangen ihrer Zeichen in die Erde, und knieten alle auf den grünen Rasen nieder. Und die vielen Menschen, die außerhalb der Schranken waren, knieten alle nieder. Und der alte Pfarrer hielt vor dem Altare unter dem freien Himmel den feierlichen Gottesdienst. Als der Gottesdienst beendet war, sprach der Pfarrer der Kriegesgemeinde die Dankesworte an Gott den Allmächtigen für Errettung aus den Gefahren und Abwendung des Unheils vor, und die Krieger sprachen die Worte nach. Und alle Menschen, welche vor den Schranken knieten, sprachen die Worte nach. Dann sprach der Pfarrer die Gebetworte für die Verstorbenen vor, und die Krieger sprachen sie nach. Und die Menschen vor den Schranken sprachen sie nach. Dann segnete er wieder die Krieger, und segnete alle, die auf der grünen Weide waren. Dann war die heilige Handlung aus. Hie und da blieben noch Krieger knien, und es knieten noch andere Menschen, um für sich Gebete zu sprechen. Da alle aufgestanden waren, hieß Witiko die Krieger sich in eine Reihe aufstellen. Da sie aufgestellt waren, ritt er an der ganzen Reihe hin, und wieder an der ganzen Reihe zurück, und grüßte vor dem Angesichte aller Menschen mit seinem Schwerte ehrerbietig die Krieger. Sie grüßten mit ihren Zeichen und mit Schwertern, Lanzen, und Bogen zurück. Dann stellte er sich mit seinem Pferde vor die Reihe, und rief: »Männer und Krieger, wir stehen wieder auf der Erde der Heimat. Wir sind ausgezogen, um eine Schar in dem Heere des hocherlauchten Herzoges Wladislaw zu sein, der die Reichen nicht durch Raub noch reicher werden, und die Armen bedrücken lassen will, wir sind ausgezogen, daß nicht ein Feind zu uns komme, und unsere Greise, unsere Weiber und Kinder schädige, und unsere Habe nehme, wir sind ausgezogen, daß nicht ein Herr kommt, der unsere Arbeit und unser Gut zu seinem Bedarfe und zu seiner Lust verwendet. Wie wir gedacht haben, so haben viele Scharen des Landes Böhmen gedacht, und sind zu dem Herzoge gegangen. Und es ist eine Macht geworden, durch welche die Feinde niedergeworfen worden sind. Unsere Greise und Weiber und Kinder sind gesichert, es ist kein fremder Herr zu euch gekommen, und der gekommen ist, der wird mit euch leben wie ihr, er wird schonen, was ihr tut, und habt. Ihr seid zu dem, was geschehen ist, kein kleiner Teil gewesen. Ihr habt die Schar des Herzoges Wratislaw besiegt, ihr habt in dem Kampfe bei Znaim durch euer Geschick und durch euern Mut den Sieg erringen geholfen. Freut euch dessen unter unsern grünen Bäumen, redet von euern Taten, und erzählet sie denen, die heran wachsen, daß sie einmal Gleiches tun. Verwendet das, was ihr im Kriege erworben habt, zu euerm Nutz und Frommen und zu Nutz und Frommen der Eurigen. Es wird jetzt eine Zeit der Ruhe kommen; denn von denen, die gegen den Herzog Wladislaw aufgestanden sind, sind die Reichen arm, die Mächtigen schwach geworden, und keiner kann sich mehr gegen ihn erheben. Wenn er manchem verzeiht, so wird der in der Zukunft treu sein, oder er wird zu wenig Genossen zu einem neuen Kriege finden. Und wenn der Herzog Wladislaw einmal in einer gerechten Sache unsere Waffen und unseren Namen in entferntere Länder tragen will, so wird vielleicht mancher aus euch mit mir zu ihm gehen, und sich im neuen Kampfe erinnern, wie er in dem alten gekämpft hat. Und vielleicht ist es auch einem oder dem andern aus dem schönen grünen Walde beschieden, wenn wieder ein Zug der Christen in das Heilige Land geht, mit zu ziehen, und an der Stätte zu kämpfen, wo der Heiland gelebt hat, und dort zu beten, wo er für uns gestorben ist. Und wie ich euch auf dem Schlachtfelde und im Lager gedankt habe, so danke ich euch auch hier in der Heimat für alles, was ihr getan habt, und daß ihr bereitwillig und folgsam gegen mich gewesen seid. Meine Führerschaft hört heute auf, wir leben wieder jeder einzelne als ein einzelner Mann; aber wir wollen in Liebe und Treue einander gedenken, die gekämpft haben, und in Liebe und Treue derer gedenken, die ihr Leben lassen mußten, und in Liebe und Treue und Unterstützung derer gedenken, die an ihren Gliedern ein dauerndes Übel erlitten haben. Und so gehabt euch wohl, und löset euch auf, die ihr zur Gemeinsamkeit bisher gefügt gewesen waret. Nur ein Mal wollen wir noch in Gemeinsamkeit sein, und zwar heute bei einem Mahle, und in Gemeinsamkeit der Lust, welche alle die genießen, die zu diesem Platze gekommen sind.«

Die Worte Witikos, als er sie sprach, sind von denen, die sie gehört hatten, teilweise an die nächsten gesagt worden, von diesen wieder an die nächsten, und es ist auch etwas davon zu den Leuten gedrungen, die vor den Schranken standen.

Als er geendet hatte, riefen die Männer: »Heil, Glück, Segen Witiko.«

»Heil, Glück, Segen Witiko«, riefen dann auch die andern, die auf der Weide versammelt waren.

Witiko steckte sein Schwert in die Scheide, ritt dann noch einmal an der Reihe der Krieger dahin, und reichte jedem Obmanne die Hand.

Dann stieg er von dem Pferde, und ließ es zu einem der Stände der Pferdeumzäunung führen, die man hergerichtet hatte.

Die Reiter stiegen auch von den Pferden, und stellten sie in die Umzäunung.

Die Scharen pflanzten ihre Zeichen in die Erde, lösten sich auf, blieben auf dem grünen Platze, traten hie und da zusammen, und sprachen mit einander.

Witiko war unter ihnen.

Nach einer Zeit wurde mit einem Horne das Zeichen gegeben, daß nun das Mahl beginne. Die Krieger und manche andere Männer aus Plan und aus Stellen des Waldes setzten sich an die Tische. An der rechten Seite Witikos saß der alte Pfarrer, an der linken der Richter von Plan. Die Speisen wurden von den Herdstellen, die errichtet waren, herbei gebracht, die Getränke wurden aus den Fässern geholt, und auf den Tisch gestellt. Es waren Braten von zahmen und wilden Tieren, es waren Fische und Kuchen da. In den Trinkgefäßen war Bier, Met und Wein. Für die Menschen, welche herzu gekommen waren, wurde auf dem Anger ein Rind gebraten, und jeder konnte sich ein Teil für seinen Hunger abschneiden, und er konnte sich ein Stück Brotes von dem Haufen der Laibe nehmen, der daneben lag. In Fässern war Bier und Met, und wer ein Gefäß hatte, oder wem eines, wie sie neben den Fässern waren, geliehen wurde, der konnte es sich für seinen Durst füllen lassen. Manche Menschen hatten selber Feuer angezündet, und bereiteten Speisen.

Nach dem Mahle waren verschiedene Spiele im Laufen, Springen, Klettern, Ringen und andern Dingen. Es erschollen Klänge aus Pfeifen, Zimbeln, Fiedeln und Hörnern, und die jungen Männer und die schön gekleideten Mädchen des Waldes begannen Tänze auf dem grünen Rasen, und mancher ältere Mann tanzte auch noch mit seiner Ehefrau oder mit einer andern. Lambert, der Zimbelschläger, stand mit seinem Schwerte gegürtet an der Zimbel, und sandte ihre Töne für die Tänzer über die grüne Weide. Tom Johannes, der Fiedler, ging von einem zum andern, und sagte, wie Töne und Klänge zu Tänzen beschaffen sein müssen. Zu den Klängen der Tänze mischten sich dann auch Gesänge. Lieder erschallten, von einzelnen gesungen oder im Wechselgesange, oder im Gesange von mehreren. Auch jenes Singen ohne Worte, wie es Witiko von Bertha und ihrer Singgespanin gehört hatte, erhob sich, und zog durch die Lüfte. Und wie die Söhne des Waldes stets das Jauchzen üben, um sich zu rufen, um sich zu necken, oder eine Lust durch die Zweige fliegen zu lassen, erklang unter den Tönen manch ein Jauchzen, und suchte sich besonders preiswürdig zu machen.

Als die Krieger von den Tischen aufgestanden waren, ging Witiko mit dem Pfarrer und mehreren Männern unter den Leuten herum, und sprach mit vielen. Er ging auch zu denen hinaus, die außerhalb der Schranken waren, um mit ihnen zu sprechen, und zu sehen, ob es an nichts gebreche, oder ob keiner eine Störung veranlasse.

Gegen den Abend ritt Witiko mit dem größten Teile der Krieger und Gäste nach Plan zurück. Andere blieben noch auf der Weide an der Moldau, und erlustigten sich bis in die Nacht hinein.

Am nächsten Tage zogen die Abteilungen der Krieger aus den ferneren Waldgegenden wieder in ihre Heimat, und viele Menschen, die gekommen waren, gingen fort. Andere blieben noch da, und erst nach mehreren Tagen waren alle, die nicht nach Plan gehörten, von dort hinweg gegangen.

Die Männer von Plan fingen nun an, das, was sie in dem Kriege erworben hatten, zu genießen. Zuerst gingen solche, welche nicht in dem Kriege gewesen waren, und dann Weiber und besonders Kinder in die Häuser, und ließen sich zeigen, was heim gebracht worden war. Mancher Mann und manche Frau trugen aus ihrem Hause selber das eine oder das andere Stück zu einem Nachbarn oder Freunde, um es vorzuweisen. Dann wurde verfertigt, was verfertigt werden konnte: Schleifen, Gewänder, Waffen, Hauszierden und anderes. Manche begannen, ihr Haus auszubessern oder zu erweitern, manche suchten ein Flecklein Grund zu kaufen, und manche pflegten länger in der Schenke zu sein, als sie sonst getan hatten.

Witiko sendete einen Teil seiner Habe durch Säumer nach Pric.

Die Zeichen, welche die Krieger im Kriege gehabt hatten, wurden nach Beratungen in einen Schrein in der Kirche gelegt.

Die Männer von Plan hoben nun auch an, das Haus zu bauen, in welchem die Kinder unterrichtet werden sollten. Witiko dingte drei Werkleute, welche für ihn in der Zeit des Baues arbeiten sollten, er ließ Zugtiere zu manchen Verrichtungen stellen, und schenkte das Holz für den Dachstuhl.

In dieser Zeit kamen Wentislaw, der Zupenrichter, und Rastislaw, der Meier von Daudleb, mit mehreren Männern zu Witiko in den oberen Plan, und sagten, sie müßten nach dem hohen Befehle des erlauchten Herzoges Wladislaw und nach dem hohen Befehle des edlen Zupanes Lubomir Witiko im Walde die Grenzen dessen ausweisen, was in seinem Pergamente als Gabe an Land geschrieben stünde. Witiko möge sich Zeugen auslesen, und die Grenzen mit ihnen beschauen.

Witiko sagte: »Weil es so ist, daß ich Zeugen wählen muß, so werde ich sie wählen.«

Und er wählte die jungen Männer Augustin, Urban, Mathias und Maz Albrecht.

Und er und seine Zeugen und Wentislaw und Rastislaw und die Männer aus Daudleb gingen an der Grenze dessen hin, das Witikos Gebiet sein sollte. Sie schrieben, was sie fanden, auf Papiere, und als sie nach drei Tagen wieder nach Plan zurückgekommen waren, wurde noch alles auf zwei Handschriften gebracht. Eine legte Witiko zu dem Pergamente, und die andere nahmen die Männer nach Daudleb mit.

Als dieses geschehen war, rüstete Witiko ein Geleite zu einer Reise, und zog eines Morgens mit dem Geleite von dem oberen Plane fort. Sie zogen auf dem Wege, auf dem Witiko einmal mit dem Bischofe Zdik geritten war, durch den Wald in das Aigen. Von dort zogen sie mittagwärts durch Wälder und durch das Gericht Velden an die Donau. Sie waren an die Stelle derselben gekommen, von welcher man jenseits des Wassers die Häuser von Aschach liegen sah. Sie wurden auf Fähren über den Strom gebracht. In Aschach waren Männer, welche behauene Steine und allerlei Baudinge aus Schiffen brachten, und auf Wägen luden. Die Leute erzählten, das gehöre zu der Burg, welche der edle Herr, Heinrich von Jugelbach, auf der Höhe im Mittage von Aschach bauen lasse. Witiko fragte, ob Heinrich von Jugelbach bei dem Baue sei, und erhielt die Antwort, er sei in der Burg Jugelbach. Witiko ritt nun mit seinem Geleite gegen die Waldhöhe, welche von Aschach mittagwärts gegen die Stadt Eferdingen geht. Er ritt die Waldhöhe entlang. Als sie zu der Stelle kamen, oberhalb welcher der Bau errichtet wurde, ritten sie zu dem Werke empor. Es war eine Höhenzunge, welche sich von dem Berge hinweg streckte. Auf der Zunge wurde die Burg erbaut. Gerüste standen am Ende der Zunge empor, und an den Gerüsten wurden die Mauern hinan gearbeitet. Ein sehr mächtiger Turm strebte inmitten der Bauwerke schon höher in die Luft als alles andere, und Gemächer und Gänge und Säle und eine Kirche und andere Räume, die zu der Wirklichkeit einer Burg gehören, waren in Gliederungen schon sichtbar. Schaffner waren tätig, Werkleute mauerten und hämmerten, Zimmerer behauten Stämme, Zureicher trugen Kübel über Holztreppen empor, Steine wurden an Seilen in die Höhe gezogen, und auf Balkenwägen und auf Säumern wurden Dinge den Berg hinan geschafft.

»Diese Burg wird Schauenberg heißen«, sagte Witiko.

»Sie heißt schon so, seit der erste Stein gelegt worden ist«, sagte ein Schaffner, »der Stein ist geweihet worden, und in der Weihe hat die Burg den Namen erhalten. Steiget herauf, und sehet, wie man von dem Berge schauen kann.«

Witiko stieg von seinem Pferde, und auf ein Gerüste, und der Schaffner zeigte ihm, wie die Donau durch das schöne Land geht, da hinab, wo Wilheringen liegt und der Wald und die alte Burg Kürenberg, und wie jenseits der Donau die Berge hinan steigen, immer einer höher als der andere, bis sie das böhmische Land erreichen, wo sie am höchsten sind.

»Dort würde auch eine Burg schön stehen«, sagte der Schaffner, »und sie würde so weit in das Land schauen als der Schauenberg.«

»Sie würde sehr schön stehen«, antwortete Witiko, »und weiter schauen.«

Dann zeigte der Schaffner Witiko die Alpengebirge, die im Mittage weit entfernt gegen das Land Österreich und gegen das Land Ungarn dahin gehen.

»Und von hier bis zu den blauen Bergen ist ein gesegnetes Land«, sagte der Schaffner, »Höfe und Burgen liegen in ihm, und das Getreide und das Obst ist in Fülle, und Ortschaften und Städte sind da, und die Mutter Heinrichs von Jugelbach hat noch manches Eigen daselbst, und ihre Söhne Heinrich und Gebhart werden erben, und wer Bertha, das einzige Kind Heinrichs, in sein Haus führt, hat eine reiche Braut. Die Burg auf dem böhmischen Walde hätte kein so schönes Land um sich.«

»Es sind dort lauter Wälder«, sagte Witiko, »und sie liegen in einer großen Pracht dahin, und haben einen anderen Reichtum als Getreide.«

»Seid Ihr in jenem Lande bekannt?« fragte der Schaffner.

»Ich kenne das Land«, antwortete Witiko.

»Getreide ist ein schönes Ding«, sagte der Schaffner.

»Ein schönes Ding und ein Segen Gottes«, antwortete Witiko.

Nach diesen Worten stieg er über die Holztreppe von dem Gerüste wieder hinab, und ging zu seinem Pferde. Der Schaffner geleitete ihn.

»Reiset recht glücklich, und möget Ihr Eure Ziele erreichen, junger Herr«, sagte er.

Witiko bestieg sein Pferd, und antwortete: »Das walte Gott, und gehabt Euch wohl.«

»Gehabt Euch wohl«, sagte der Schaffner.

Witiko ritt mit seinem Geleite wieder den Berg hinab, und von da in die Stadt Eferdingen. Von der Stadt Eferdingen ritten sie in dem Lande Bayern immer gegen Sonnenuntergang fort, bis sie eines Tages in die Stadt Landshut kamen. In Landshut ließ Witiko sein Geleite in einer Herberge unterbringen, und übergab dem Geleite sein Pferd. Er aber ging von der Herberge wieder fort. Er ging durch die Gassen, bis er an den Rand der Stadt kam. An dem Rande der Stadt war an der Stelle, zu der Witiko gegangen war, nicht weit von der Mauer der Stadt ein kleiner Garten, und an dem Garten stand ein kleines Haus. Witiko ging zur Tür des Hauses, und pochte mit dem Klöppel auf sie. Die Tür wurde geöffnet, ein altes Mütterlein stand in ihr, und rief. »Heiliger Gott, Witiko.«

»Ich bin nun da«, sagte Witiko.

»Seit so vielen Jahren wieder«, antwortete das Mütterlein.

»Sei vielmals gegrüßt, Marhild«, sagte Witiko.

»Sei gegrüßt, Witiko«, sprach das Mütterlein.

»Sind alle gesund?« fragte Witiko.

»Alle sind gesund«, antwortete das Mütterlein, »gehe nur hinein.«

Witiko ging durch die Tür in einen Raum, der mit Steinen gepflastert war, und von diesem Raume in ein Gemach. Dasselbe hatte weiße Wände, grün gepolsterte Geräte, und vor den Fenstern weiße Vorhänge. In dem Gemache saßen zwei Frauen. Da Witiko eintrat, standen sie auf, und eine rief: »Witiko.«

»Mutter, sei zu tausendmal gegrüßt«, sagte Witiko.

»Sei gegrüßt, mein Sohn«, antwortete Wentila, die Mutter Witikos.

Sie reichte ihm die Hand, er küßte dieselbe, und sie küßte ihn auf die Stirne.

»Ich grüße dich auch, Witiko«, sagte die andere Frau, welche älter war als Wentila, und schneeweiße Haare hatte.

»Ich grüße dich, Base Hiltrut«, sagte Witiko, »jetzt bin ich bei euch.«

»So lege dein Schwert und deine Haube ab, und setze dich zu uns«, sagte die Base.

Witiko tat es, und setzte sich auf eines der grünen Gesiedel. Die Frauen setzten sich auch wieder nieder.

»Gesegnet sei deine Rückkehr in dieses Haus«, sagte Wentila.

»Es sind fünf Jahre vergangen, seit du von Passau hieher gekommen bist, Abschied zu nehmen, und seit du von dieser Schwelle fort geritten bist«, sagte die Base.

»In dieser Zeit sind allerlei Dinge geschehen, Hiltrut«, antwortete Witiko.

»Du hast mir wieder Botschaft gesendet, die mich freute«, sagte Wentila. »Jetzt ist der üble Streit im Lande Böhmen aus.«

»Die Macht Wladislaws ist gesichert«, sagte Witiko, »und der Streit ist aus.«

»So danken wir Gott zuerst, daß unser Vaterland wieder in Ruhe ist«, sprach Wentila, »und dann danken wir, daß du nur einmal eine geringe Verletzung erhalten hast, das ist eine Gnade von dem Herrn, und dann danken wir, daß er dich hat wirken lassen, wie du immer nach deinem besten Sinne wirst gewirkt haben, und endlich danken wir, daß du geehrt und belohnt worden bist, was eine Sache ist, die vor den Menschen gilt, und die dir zu Gute kömmt.«

»Wir haben Gott dem hohen Herrn für seinen Beistand in dem Unglücke unseres Vaterlandes gedankt auf dem Schlachtfelde, wir haben ihm feierlich auf grüner Heide gedankt, weil in Mähren noch der Bann ist, und keine Kirche offen steht, wir haben ihm in der Kirche des oberen Planes gedankt, und haben ihm bei Plan unter dem offenen Himmel gedankt«, sprach Witiko, »und ich habe ihm gedankt, daß er mich erhalten hat, ich habe ihm gedankt, daß er mir in meinem guten Willen geholfen hat, und ich habe ihm gedankt, was er dem gütigen Herzoge für mich eingegeben hat. Und so danke ich ihm noch, und werde ihm zu jeder Zeit danken. Und immer danke ich auch dabei, daß er mir eine so gute Mutter geschenkt hat.«

»Wir haben ihm auch gedankt, Witiko«, sagte die Mutter, »und danken ihm noch, und werden ihm wie du zu jeder Zeit danken. Und ich danke ihm auch, daß ich einen guten Sohn habe.«

»Witiko, Witiko«, sagte die Base, »du bist jetzt in deinen jungen Jahren ein Herr in dem Lande, und bist mit den anderen Herren in dem Rate des Herzogs.«

»Zum Rate muß ich mir erst das Wissen sammeln«, antwortete Witiko.

»Wer hätte das gedacht«, sagte die Base, »als du hier in deinem Kämmerlein mit dem frommen Benno die schweren Worte lerntest. Wir haben dir das Kämmerlein recht schön hergerichtet.«

»Unser Besitz ist immer klein gewesen«, sprach Wentila, »sie sagen, unsere Vorfahrer haben eine große Macht gehabt; aber wie es ist, in dem kleinen Besitze ist dein Vater, ist dein Großvater und sind alle vor ihnen gegen die Ihrigen gütig gewesen, du wirst es auch gegen deine neuen Untertanen sein.«

»Sie haben mir für das Vaterland und für die Heimat geholfen«, sagte Witiko, »und ich werde ihnen wieder helfen, wo ich kann.«

»Ich weiß es, ich weiß es«, sprach Wentila, »und mag auch, was du noch wünschest, in Erfüllung gehen.«

»Ich bitte Gott, daß es in Erfüllung geht«, sagte Witiko.

Als er diese Worte gesprochen hatte, wurde die Tür geöffnet, und ein Priester trat herein. Er hatte ein freundliches Angesicht, blaue Augen und weiße Haare.

»Erlauben mir die Frauen, zu dieser Zeit in ihr Gemach zu kommen«, sprach er, »Lutgart ist zu mir gegangen, und hat mir gesagt, daß Witiko gekommen ist, und da wollten meine Augen nicht länger warten, ihn zu schauen.«

Witiko stand auf, ging zu dem Manne, und sagte: »Sei mir in Ehrfurcht gegrüßt, Vater Benno.«

»Sei gegrüßt, mein Kind«, sprach der Priester, legte eine Hand auf den Scheitel Witikos, und küßte ihn auf die Stirne.

»Wir sind erfreut, daß Ihr zu dieser Stunde gekommen seid«, sagte Wentila, »Ihr habt ja immer gesprochen, daß Ihr zu uns gehöret, und so gehöret ihr auch jetzt zu uns, da er hier ist, und es ehret uns stets, wenn Ihr unser Gemach betretet.«

»Nehmet doch einen Sitz ein, hochehrwürdiger Vater«, sprach die Base.

»Bleibe an deiner Stelle neben deiner Mutter sitzen, mein Kind Witiko«, sagte der Priester, »ich werde mir einen Platz finden.«

Nach diesen Worten setzte er sich auf einen Stuhl, und Witiko setzte sich wieder zu seiner Mutter.

»Er ist jetzt zurückgekehrt, der uns vor fünf Jahren verlassen hat«, sagte Wentila.

»Er hat wohl schon in früherer Zeit dieses Häuschen verlassen, da er ein Dienstknabe des Bischofes von Passau geworden ist«, sagte die Base.

»Der Bischof ist ein milder Herr gewesen«, antwortete Wentila, »und hat ihm oft erlaubt zu uns und zu dem hochehrwürdigen Vater Benno zu gehen, der ihn zu ihm geführt hatte, und hat ihm erlaubt, oft lange Zeit bei uns zu bleiben, und mir ist er erst fort gewesen, da er in das Land Böhmen geritten war.«

»Ich habe ihn, da er empor wuchs, alle Tage hier gesehen«, entgegnete die Base, »und als er nach Passau gegangen war, ist mir das Häuschen zu groß geworden.«

»Es ist nun so, daß Knaben von der Mutter fort gehen, um sich ein Leben zu gründen«, sagte Benno.

»Ich konnte nichts mehr tun, als für ihn beten«, sprach die Base.

»Das hast du ja auch früher getan«, sagte Wentila.

»Wir haben für ihn gebetet«, sprach die Base, »wie wir für alle die Unsrigen beten, und für andere Leute und für die, auf welche niemand in einem Gebete denkt.«

»Und du hast auch in allen anderen Dingen auf ihn gedacht«, sagte Wentila, »schon da er geboren wurde, und du in Pric bei uns als Gast warest, und ich seiner wegen Krankheit nicht warten konnte, und dann, als mein lieber Ehegatte gestorben war, und wir als Gäste bei dir in Landshut lebten. Du hast in jeder Sache für ihn geschaltet.«

»Ich bin es schuldig gewesen, und dann, da er fort war, konnte ich es nicht mehr tun, und es ist mir die Zeit leer geblieben«, sagte die Base. »Er ist auch immer so gut in seinem Gemüte gewesen.«

»Ich bin für dich noch gut in meinem Gemüte, und werde es in der Zeit meines ganzen Lebens sein«, sprach Witiko.

»Ich glaube, du bist auch sonst gut in deinem Gemüte«, sagte Wentila.

»Ich meine einen guten Sinn gegen alle Menschen zu tragen«, antwortete Witiko.

»Und als er dann mit dem hochehrwürdigen Vater Benno lernen mußte, hättest du ihm gerne Honigscheiben gegeben, daß er sich nicht zu sehr kränke«, sagte Wentila.

»Hast du die lateinische Sprache nicht vergessen, Witiko?« fragte der Vater Benno.

»Wenn ich eine Schrift des Heiligen Vaters in der lateinischen Sprache sähe, würde ich sie wohl verstehen«, antwortete Witiko, »und dann hat uns ja der hochehrwürdige Bischof Regimar in Passau sehr zur lateinischen Sprache angehalten, und ich habe manches in meinen Habschaften bei mir, das ich mit dir, hochehrwürdiger Vater Benno, gelernt habe.«

»Das Beste hat doch der fromme Vater Benno für Witiko getan«, sprach die Base, »er hat ihm Gottesfurcht und schöne Sprachen und gute Sitten und Kenntnisdinge und Lebensart und, was sich in der Welt zugetragen hat, in das Herz gepflanzt, und er hat ihn auch dorthin geführt, wo er den Waffenbrauch und das Reiten und das Schwimmen und das Laufen und andere Geschicklichkeiten lernen konnte. Es ist wohl recht lieblich gewesen, da der fromme Vater Benno mit euch von Pric gekommen war, da wir alle mit einander hier lebten, da wir zu manchen guten Leuten gingen, und am liebsten wieder bei einander zu Hause waren. Es wäre schön gewesen, wenn es so geblieben wäre.«

»Es wird jetzt wieder so sein«, antwortete Witiko, »ich bin gekommen, euch alle, wie ich zu meiner Mutter auf dem Kahlenberge gesagt habe, nach Pric zu geleiten, und wenn der hochehrwürdige Vater Benno auch mit uns geht, so werden wir dort noch näher bei einander leben als hier, da wir alle in dem Hofe von Pric wohnen werden.«

»Der fromme Vater Benno ist so oft von seiner Wohnung in unser Häuschen zu dir gekommen, daß ich meinte, er sei immer hier«, entgegnete die Base. »Und es wird auch in Pric nicht dauern.«

»Die Menschen trennen sich, und haben Schmerz«, sagte Benno, »und sie kommen wieder zusammen, und haben Freude.«

»Ich weiß, daß es so ist«, sprach die Base, »und gebe den Scheidenden Segenswünsche auf den Weg, und freue mich, wenn sie wieder kommen.«

»Der hochehrwürdige Vater Benno hat gesagt, Witiko«, sprach Wentila, »daß er mit uns nach Pric gehen wird.«

»Ich werde dahin gehen«, sagte Benno, »und werde die Menschen wieder sehen, die ich dort kenne, und werde auf dem Grab deines Vaters beten, Witiko.«

»Es ist mir eine große Freude, daß du nach Pric gehst, Vater Benno«, antwortete Witiko, »ich werde sorgen, daß die Reise leicht ist.«

»Witiko, mein Kind«, sagte Benno, »du hast uns Nachrichten von dir geschickt, und das ist gut gewesen, wir lebten wie mit dir. Du hast nun in der Zeit, in der du fort gewesen bist, Dinge der Welt gesehen, wie sie Schicksale der Menschen gründen und stürzen.«

»Hochehrwürdiger Vater«, antwortete Witiko, »du hast an mir so Großes und Gutes getan, daß du mich unterwiesest, belehrtest und anleitetest, daß ich es erst jetzt, da ich diese Dinge der Welt gesehen habe, recht erkenne und besser erkenne als früher, und daß ich dir es erst jetzt danke und besser danke als früher, und daß ich es immer noch besser erkennen und danken werde. Du hast mir von dem erzählt, was zwischen Menschen in früheren Zeiten geschehen ist, und du hast mich die Taten, wie sie gut und böse sind, und wie sie erfolgreich sind, schauen lassen. Ich habe daher in den Dingen, bei welchen ich jetzt war, manches gelernt, und werde bei anderen Dingen wieder manches lernen.«

»Daß ich dir meinen armen Unterricht zu Teil werden ließ, Witiko«, sagte Benno, »das ist so, wie der Gärtner eine Blume zieht, daß sie schön werden soll, und wie er sich an der Pflanze freut. Und ich bin mit deinem Vater in Freundschaft gewesen, ich liebte ihn, und er liebte mich, wie ein Bruder den andern liebt, und da er gestorben war, dachte ich immer an dich, Witiko. Und wenn du in menschlichen Dingen gelernt hast, und noch lernen wirst, so ist es wie bei uns allen, die wir lernen müssen, bis wir in das andere Leben kommen.«

»Bist du noch mit Emsigkeit daran, die Geschicke der Kaiser aufzuschreiben?« fragte Witiko.

»Als ich nach einer langen Krankheit die Besorgung der Kirche meiner Gläubigen aufgeben mußte«, sagte Benno, »habe ich angefangen, in meiner Stube aufzuschreiben, was den hocherhabenen Kaisern begegnet ist, da sie noch lebten, und ich fahre darin fort, und werde darin fortfahren, bis ich auf den Kaiser unserer Zeit komme, wenn mir Gott das Leben so lange fristet.«

»Da können viele lernen, denen die Worte bekannt werden«, sagte Witiko.

»Ich habe daraus gelernt«, antwortete Benno, »die Menschen lernen aber nicht gerne aus den Schicksalen anderer.«

»Silvester sagte, sie handeln nach ihrer Lust«, sprach Witiko.

»Davon ist das Unglück des Landes Böhmen ein Zeuge«, antwortete Benno, »sie üben Rache und ergötzen sich an der Grausamkeit der Rache, sie reißen Güter mit Gewalt an sich, und genießen die Güter mit Übermut. Dann kömmt ein anderer, und rächt sich an ihnen und nimmt die Güter wieder, oder ein starker Herzog wirft die Empörer nieder, zieht ihr Gut an sich, und stürzt sie in Ohnmacht. Und die nach ihnen kommen, üben wieder Rache, üben wieder Gewalt, und werden wieder gestürzt. So ist es oft gewesen, und so wird es wieder sein, wenn nicht ein fester Brauch errichtet wird, wie der Herzog nach dem Tode des frühern Herzoges folgen soll, und wenn nicht der heilige Glaube tief gegründet, und in schönen Ordnungen durch das ganze Land geleitet wird, daß er die Herzen erleuchtet. Möge der Segen des Himmels auf Guido, dem Gesandten des Heiligen Vaters, ruhen, der erwartet wird.«

»Viele erwarten ihn mit Ungeduld«, sagte Witiko.

»Mögen sie aber auch seinem Tun entgegen kommen«, sprach Benno. »Mein Kind, wenn du nicht anders als in deiner frühen Jugend bist, so wirst du gewiß nicht Hochmut, Raub und Unterdrückung üben. Und dir wird ein großes Gut entstehen, die Liebe der Deinen, und dazu wird der Himmel sich freuen. Aber auch deine Macht wird sich vermehren, wenn man gleich ihre Vermehrung nicht sieht. In jedem Baume deines Waldes wächst dir Reichtum empor, und in jedem Baume wächst deinen Untertanen Reichtum empor, an ihrem Reichtume wirst du reicher, und in ihrer Willigkeit wirkst du in das Schicksal unseres Landes. Du wirst auch die Gebote unseres Glaubens hegen, und ihn in seinen Dienern weiter unter die Deinigen verbreiten, und ein viel höherer Lohn des Herrn wird dich dereinst erwarten, als hienieden irdische Macht ist. Und wenn nach dir wieder Männer kommen, die so sind, so wird ein Geschlecht entstehen, schöner und herrlicher, als die Sage von deinen Vorfahrern dichtet.«

»Hochehrwürdiger Vater«, sagte Witiko, »da ich ein Kind war, und da ich empor wuchs, hast du so viel zu mir gesprochen, und hast vor mir gehandelt, meine ehrwürdige Mutter hat zu mir gesprochen, und hat vor mir gehandelt, meine ehrwürdige Base hat zu mir gesprochen, und hat vor mir gehandelt, ich habe die Handlungen des guten Bischofes Regimar gesehen, und ich habe jetzt viele Handlungen gesehen, von denen einige den deinigen ähnlich, andere ihnen entgegengesetzt waren. Ich werde immer so handeln, wie es in mir bei euch allen und bei dem guten Bischofe Regimar geworden ist, und wie es sich durch das, was ich jetzt gesehen habe, noch mehr gefestigt hat. Ich habe zu meiner Mutter auf dem Kahlenberge gesagt, ich möchte ihr Genüge tun, und dann dir, Benno, und dann Silvester, und dann noch einem Menschen, und was ich gesagt habe, werde ich halten.«

»Aus den Nachrichten, die Witiko gesendet hat«, sagte Wentila, »und aus den Nachrichten, die der fromme Vater Benno von Lechen und Herren erhalten hat, glauben wir, daß Witiko so ist, wie er gewesen ist, und er wird auch in der Zukunft so sein. Dieses glaubt auch der hochehrwürdige Benno, und die gute Base.«

»Witiko kann ja nicht anders sein als er ist«, sagte die Base.

»Ich habe dir auf dem Kahlenberge gesagt, Mutter«, antwortete Witiko, »daß der hochehrwürdige Silvester nicht alles lobt, was ich getan habe. Ich will mich nach seinen Worten richten, und werde klüger werden. Ich habe nach meinem guten Sinne gehandelt, und werde in der Zukunft nach gutem Sinne und immer besserer Einsicht handeln.«

»Handle so, und das andere richtet Gott«, erwiderte Benno. »Und weil du noch von einem Menschen gesprochen hast, dem du recht tun möchtest, mein Kind, so spreche ich auch von ihm. Es wird sich jetzt erfüllen, was du in deinen Gedanken trägst. Ehre deine Gefährtin, sie wird dich wieder ehren, und ihr werdet Freude haben bis in das höchste Alter.«

»Es ist der tiefste Wunsch meines Herzens, daß deine Weissagung erfüllt wird«, sagte Witiko.

»Sie wird es gewiß, Kind Witiko«, sagte die Base, »und meine Augen werden es schauen.«

»Nun, meine lieben Frauen«, sprach Benno, »ihr werdet noch manches mit Witiko reden wollen, ich verabschiede mich. Witiko, komme, so lange du in Landshut bist, zuweilen zu mir in meine Stube, und erlaube, daß ich auch öfter in dein Kämmerlein komme.«

»Ich werde kommen«, antwortete Witiko, »und werde erfreut sein, wenn du zu mir kömmst.«

»So gehabt euch alle wohl«, sagte Benno.

»Gehabt Euch wohl, hochehrwürdiger Herr«, sagten die Mutter und die Base.

»Gehabe dich wohl, Vater Benno«, sagte Witiko.

Und der Priester Benno erhob sich von seinem Sitze, und verließ das Gemach.

Wentila, Witiko und die Base sprachen noch lange und mancherlei mit einander.

Dann ging Witiko wieder in die Herberge, ordnete dort verschiedene Dinge an, und sah nach den Leuten und den Tieren.

Hierauf ging er in das kleine Häuschen zu der Mutter und der Base zurück. Sie hatten ein Abendessen gerichtet, verzehrten es mit einander, und Witiko legte sich dann in dem Kämmerlein seiner Kindheit auf ein Lager, das größer als damals bereitet worden war.

Er blieb eine Woche in Landshut, indessen sich die Frauen und Benno zur Reise rüsteten.

Er ging jeden Tag zu Benno, und Benno zu ihm.

Dann begaben sich alle auf den Weg nach Pric. Die Frauen und die Dienerinnen wurden von Saumrossen in Sänften getragen. Auch das alte Mütterlein Marhild wurde mitgenommen. Die Männer ritten. Die Habschaften trugen ebenfalls Saumtiere.

Als sie in Pric ankamen, waren viele Menschen versammelt, und grüßten sie mit Zurufen der Freude. Sie riefen die Namen, und wiederholten den Ruf öfter. Alle Leute des Hofes standen vor dem Tore, und grüßten die Herrin und den Herrn, und den hochehrwürdigen Vater Benno und die Base, und endlich auch die Männer des Geleites Witikos, und die Frauen des Geleites Wentilas.

Als die Männer von den Pferden gestiegen waren, und die Frauen aus den Sänften gehoben hatten, führte Witiko die Mutter in die Wohnung des Hofes, welche immer die ihrige gewesen war. Dann geleitete er die Base in die zwei Gemächer, in denen sie gehauset hatte, als sie gastlich in dem Hofe Pric beherbergt worden war. Dann geleitete er Benno in die Stube, in welcher er das Buch der Kaiser aufzuschreiben begonnen hatte. Hierauf ging er erst in seine Wohnung. Die Gemächer der Mutter waren noch in dem nämlichen Stande, in dem sie gewesen waren, als sie mit ihrem Gatten in denselben gewohnt hatte. Die zwei Gemächer der Base waren daneben, und waren auch in der früheren Gestalt. Und so war auch die Stube Bennos. Witiko hatte nur eine Stube und ein Kämmerlein. Für die Unterkunft des Geleites wurde durch Gemächer, und in der ersten Nacht auch durch Gezelte gesorgt.

An dem Morgen nach der Ankunft gingen die Mutter, die Base, Benno und Witiko mit einem Gefolge in die Kirche, die auf einem Berge bei Pric stand. In der Kirche wurde der Gottesdienst gefeiert, und dann beteten sie auf den Gräbern des Vaters Witikos, seines Großvaters und seines Urgroßvaters. Die Gräber der anderen Vorfahrer wußte man nicht mehr.

Und nach dieser heiligen Handlung begannen sie das Leben in Pric.

Die Leute des Hofes, die Leute, die zu dem Gebiete des Hofes gehörten, und die Leute, die sonst in der Umgebung wohnten, kamen, und bezeugten Witiko Ehrerbietung und Huldigungen zu seiner Standeserhöhung.

Er besah die Angelegenheiten des Hofes, und besprach sich mit den Seinigen darüber.

Als die Blätter der Bäume abgefallen waren, ritt er an den Hof des Herzogs Wladislaw nach Prag. Er wurde von dem Herzoge mit Ehren empfangen, und wenn Rat war, zu demselben gezogen. Er saß bei den Herren und Lechen, und sprach, wenn von den Geschicken des Landes gesprochen, und über dieselben ein Entscheid eingeleitet wurde. Er durfte zu der Herzogin kommen, und wurde von ihr über sein Leben und das Leben der Seinigen befragt. Er ging zu den Herren und Lechen, die er kannte, und die in Prag waren, er ging zu Welislaw, der nach dem Tode des früheren Zupanes vom Wyšehrad jetzt als Zupan auf dem Wyšehrad wohnte. Er ging auch zu dem hochehrwürdigen Bischofe Otto, und wurde von ihm in dem Gemache empfangen, in welchem er einmal mit dem gewählten Bischofe Silvester geredet hatte. Er ging zu dem Baue der Kirche des heiligen Veit, und betrachtete, wie weit er gediehen sei. Er ging zu dem Kloster des heiligen Georg, und sah, wie man es wieder errichtete, und er ging an manche Stellen der Stadt und der Burgflecken, um zu sehen, was man seit der Belagerung wieder erneuere und verschönere. Er ging auch mit seinem Pergamente in die Kammer des Herzoges, und sagte, daß er keinen Wunsch einer Änderung habe. Es wurde in einem zweiten Pergamente der genauere Bestand seines Gebietes aufgeschrieben, an die beiden Pergamente hingen viele Herren und Lechen ihre Siegel, und die Pergamente wurden ihm gegeben. Er bewahrte sie in einem festen ledernen Trühelchen bei den Sachen, die ihm wert waren. Er ging auch zu verschiedenen Männern, und beriet sich mit ihnen über Dinge, die er vor hatte.

Dann verabschiedete er sich von Prag, und ritt zu Silvester.

Von Silvester ritt er wieder nach Pric.

In Pric lebte er im Winter mit seiner Mutter, mit Benno, und mit der Base, und sie beratschlagten, was in dem Walde geschehen müsse, und was überhaupt in der Zukunft weiter zu tun sei.

Im Frühlinge ritt er mit seinem Geleite in den Wald gegen Mittag.

Er ritt in den Wangetschlag, und hieß seine Leute Gezelte vor dem Häuschen errichten.

Als er von dem Pferde gestiegen war, wurde er von Huldrik, der sein Haupt entblößt, und seinen Nacken gebeugt hatte, in die Stube geführt. Er legte seine Haube und sein Schwert ab, setzte sich an den Tisch, und sagte: »Sei mir sehr viele Male gegrüßt, du guter alter Huldrik.«

Huldrik fiel auf die Knie vor Witiko nieder, und rief: »Witiko, Witiko, ein Witiko wird kommen, und Witiko ist gekommen.«

»Stehe auf, Huldrik«, sagte Witiko, »ich kann sonst nicht mit dir reden.«

»Lasset mich nur Gott danken, daß meine Augen es schauen«, sagte Huldrik.

Dann rief er: »Ich danke dir, Gott, ich danke dir, Gott.«

Dann stand er auf, und schluchzte, daß sein ganzer Körper erzitterte.

Regina stand neben ihm, und weinte auch, wie Lucia in dem oberen Plane geweint hat. Der neue Knecht, der an Jakobs Stelle jetzt in dem Häuschen war, stand auch da, und die Tränen flossen ihm herab.

»So fasse dich, mein lieber alter Huldrik«, sagte Witiko, »ich habe es dir ja versprochen, daß ich nach dem mährischen Kriege kommen werde, als ich mit den Männern im vorvorigen Winter an deiner Leuchte saß.«

»Aber wie Ihr kommen werdet, habt Ihr nicht gesagt; ich aber habe gesagt, daß ich es erleben werde, und daß ich Euch den Bügel halten werde, wenn Ihr in Euer neues Schloß einzieht«, rief Huldrik, »und nun ist es da, Ihr seid der Herr im Walde, so weit meine Augen sehen und noch weiter, und Eure Macht wird noch wachsen, bis sie unendlich ist. Der reichste Herr des Stammes wird Milch und Honig an dem Buchentische essen, Ihr habt sie gegessen, und ich habe gesagt, daß es sehr schnell geht, und nun geht es schnell, und Ihr werdet der reichste Herr des Stammes.«

»Huldrik«, entgegnete Witiko, »und ich habe dir gesagt: Versuchen wir nicht Gott. Der gute Herzog Wladislaw hat mir Waldesland gegeben. Ich werde in demselben schalten, wie ich es für gut und recht halte, und wenn es sein kann, es vermehren, ich werde den Leuten Gutes tun, und dir und dem Wangetschlage gewiß nicht das wenigste.«

»Das ist der Anfang« sagte Huldrik, »alles muß einen Anfang haben, und der Anfang ist gewesen, wie Ihr zu Milch und Honig habt kommen müssen. Und wie jetzt Eure Leute Gezelte vor diesem Hause bauen, so werden Lager vor Euerem Schlosse hier sein, weit dahin, und Tausende von Zelten, und Rosse und Reiter, und Wagen und Männer mit Edelsteinen und Waffen, die gekommen sind, Euch zu huldigen, und es werden Hunderte und Tausende von Eiern verzehrt werden und Tausende von Fischen und Tausende von Hühnern und Tausende von Lämmern, und das Heu für die Pferde wird wie ein häusergroßer Schober lagern, und Ihr werdet wie ein König sein, der noch genug hat, und der einen Hofrichter und einen Schenken und einen Truchseß und einen Kämmerer besitzt.«

»Indessen sollen wir doch denen, die draußen Gezelte bauen, behilflich sein«, sagte Witiko, »und ihnen mit Rat und Weisung beistehen.«

»Ja, das sollen wir, und so ist es der Burggebrauch«, sagte Huldrik.

»So tun wir es«, entgegnete Witiko.

Witiko nahm seine Haube und sein Schwert, und sagte dann zu dem Knechte und zu der Magd: »Ich grüße euch freundlich, lasset euch nicht leid sein, was ihr für mich und die Meinigen Mühe habt.«

»Wir tun alles gerne, recht gerne«, sagte der Knecht.

Regina küßte den Ärmel von Witikos Kleide, und weinte fort.

Dann gingen Witiko und Huldrik hinaus zu den Männern, die draußen das Lager machten, und der Knecht folgte.

Es waren die Säumer mit Witikos Habe angekommen, und er ließ die Dinge in das Häuschen bringen.

Leute aus den Häusern von dem Wangetschlage gingen herzu, und betrachteten, was da geschah. Einige riefen Witiko Heil und Segen zu, und grüßten ihn. Er dankte, und redete mit mehreren. Viele halfen bei dem Lager.

Am Abende kam der alte Johannes, und es kamen manche, welche mit Witiko in dem Kriege gewesen waren, zu dem Häuschen. Sie saßen vor demselben auf Bänken, die man aus Brettern errichtet hatte, und sprachen von den Dingen, die gewesen sind, und die etwa sein werden.

Am nächsten Tage kaufte Witiko eine Wiese und ein Feld, welche zu dem Besitztume gut gelegen waren.

»Seht Ihr, wie es sich erfüllt«, sagte Huldrik, »aber es wird noch viel um das Schloß nötig sein.«

»Ich sage es dir, Huldrik«, antwortete Witiko, »du wirst mir den Bügel halten, wenn ich in mein Haus einziehe; aber wie noch alles wird, ist in Gottes Hand.«

»Es wird, es wird«, sagte Huldrik. »Und wenn es doch wäre, daß es nicht würde, dann, dann.«

»Was dann?« fragte Witiko.

»Dann müßte noch ein Witiko kommen, der das Schloß baut, in dem die goldenen Tische stehen werden, an denen man aus goldenen Schüsseln essen wird«, antwortete Huldrik. »Mein Vater hat es gesprochen, mein Großvater hat es gesprochen, und mein Urgroßvater, und es stammet von dem Himmel.«

»Die Dinge gehen oft auf eine andere Art in Erfüllung, als wir uns denken«, sprach Witiko.

»Sie erfüllen sich, wir denken oder nicht«, sagte Huldrik.

»So werden sich auch diese erfüllen«, sprach Witiko.

»Sie werden, sie werden, und Ihr werdet es sehen«, entgegnete Huldrik.

Witiko blieb zwei Tage in dem Wangetschlage. Dann ritt er nach Friedberg.

In Friedberg kaufte er das steinerne Haus mit dem starken runden steinernen Torbogen, in welchem er einmal mit seinem Führer Florian übernachtet hatte. Er machte die Einleitung, daß das Haus für ihn und sein Gefolge, so weit es möglich wäre, hergerichtet würde. Dann fragte er, ob Männer wären, die bei der Grabung eines Brunnens arbeiten und mauern könnten. Man nannte ihm die Männer. Er ließ sie rufen, und sagte ihnen, daß sie sich bereit hielten, wenn er sie brauche. Sie versprachen es.

Hierauf ritt er in den oberen Plan. Von dort sandte er Botschaft an den Zupan Lubomir nach Daudleb. Lubomir sandte Botschaft zurück, daß nach fünf Tagen Wentislaw, der Zupenrichter, zur Verkündung der Herrschaft Witikos kommen werde. Witiko sendete Boten aus, und ließ alle Richter aller Orte seiner Besitzung auf den Tag nach Plan entbieten.

Als der Tag gekommen war, wurde ein Tisch vor die Kirche von Plan gestellt. Und als Wentislaw und Witiko und die Richter und viele Menschen dem Gottesdienste beigewohnt hatten, traten Wentislaw und Witiko vor den Tisch. Der Pfarrer stellte ein Kreuz des Heilandes auf den Tisch, und ging dann an die Seite Witikos. Die Richter standen in einer Entfernung von dem Tische mit den Angesichtern gegen Wentislaw und Witiko. Weiter zurück und herum standen die andern Menschen. Wentislaw las nun den Befehl des hocherlauchten Herzoges Wladislaw, daß Witiko von Pric mit Gebieten des Waldes und allen Gebühren begabt worden sei. Er las aus dem Pergamente die Orte und das Gebiet und die Grenzen, und forderte die Richter zum Gelöbnisse der Untertänigkeit unter Witiko auf das Kreuz des Heilandes auf.

Die Richter gelobten die Untertänigkeit unter Witiko auf das Kreuz des Heilandes.

Dann rief der Schmied von Plan mit lauter Stimme: »Heil dem guten Witiko, den wir zu unserem Herrn erkoren haben.«

»Heil Witiko«, riefen die Menschen rings herum.

Und wieder riefen sie Heil, und wiederholten es mehrere Male.

»Witiko, der Obmann im Kriege, und der Obmann zu Hause«, rief David, der Zimmerer.

»Der Obmann im Kriege und der Obmann zu Hause«, riefen die Menschen.

»Wir haben es auf jenem Berge so gesagt, daß er uns führen müsse, ehe noch die Schlacht gewesen ist«, rief Zacharias, der Schenke, »und er hat es gut gemacht, und er ist wie wir, und wir sind wie er. Und es ist alles gut.«

»Und er hat die ganzen Waldleute, die auch nicht zu uns gehörten, geführt, als der grüne Feldherr erschlagen war«, rief Paul Joachim, der Maurer, »und es ist gut gewesen, wir haben ihn verstanden, und alles ist gut gewesen, und ist jetzt gut.«

»Die zu Hause wissen nicht, wie es im Kriege ist«, rief Stephan, der Wagenbauer, »aber wir, wir können es sagen, daß es nun gut ist.«

Tom Johannes, der Fiedler, sprang hervor, daß er zwischen den Leuten und den Herren stand, er streckte seine verstümmelte Hand empor und die andere auch, und machte mit den Mienen und den Händen Zeichen, daß er reden wolle. Als alle stille waren, rief er: »Ja, wir wissen es, die wir in dem Kriege gewesen sind, wir wissen es, wir wissen alles; aber alle wissen nicht, wie es sich gebührt, und wie es in der hohen Sitte bei dem Herzoge ist und bei den großen Lechen und bei den Herren und bei denen, die es verstehen, und wer es versteht, dem müssen sie folgen, und ich sage euch, da redet ihr alle, bevor der Herr geredet hat, als ob ihr vornehmer wäret, erst redet der Herr und dann der Untertan.«

»Du redest auch vor dem Herrn, und mehr als wir alle«, rief Zacharias, der Schenke.

Die Menschen lachten; aber sie schwiegen.

Da sprach Witiko: »Redet, es rede, wer da wolle.«

Sie redeten aber jetzt nichts mehr.

Da erhob Witiko seine Stimme, und rief: »Richter der Häuser und Orte meines Gebietes, ihr habt mir das Gelöbnis der Untertänigkeit für alle Menschen des Gebietes auf das Kreuz des Heilandes geleistet, ich nehme das Gelöbnis an, und leiste auf das Kreuz des Heilandes euch und allen Menschen des Gebietes das Gelöbnis der Treue eines Herren gegen seine Untertanen und der Erfüllung der Pflichten der Herrschaft entgegen. Ich beginne an dem heutigen Tage die Herrschaft, und sage: den zehnten Teil dessen, was ihr dem hocherlauchten Herzoge Wladislaw als Gebieter des Waldlandes gegeben habt, erlasse ich euch auf die Zeit meines Lebens. Das andere werdet ihr mir entrichten. Die Dienste für mich allein zu meinem Bedarfe und zu meinem Vergnügen werde ich nicht von euch erzwingen, meine Bauwerke, meine Wege, meine Stege und Brücken, meine Reisen, meine Jagden und meine Bewachung schöpfe ich aus meinem Eigentume. In den Diensten für das Gebiet und für den hocherlauchten Herzog werde ich euch nicht bedrücken, und werde euch, wenn die Notwendigkeit dazu kömmt, die Notwendigkeit darlegen. Den Guten werde ich gut sein, wie ein Genosse des Waldes dem Mitgenossen des Waldes ist. Die da fehlen, werde ich zu bessern suchen, und wenn Strafe sein muß, werde ich nach dem Erweise der Schuld milde aber sicher strafen. Wer Hilfe braucht, der komme zu mir, und ich werde nach meinen Kräften helfen. Die Tore meiner Wohnung werden offen stehen, daß keiner meiner Untertanen ausgeschlossen ist. Ich danke euch, daß ihr gekommen seid, gehet zu den Eurigen und verkündet, was ich gesagt habe.«

Als er diese Worte mit lauter Stimme gerufen hatte, entstand ein Schreien in dem Volke, daß kein einziger Ruf zu verstehen war; aber es war ein Schreien der Zustimmung und ein Schreien der Freude. Sie drängten sich herzu, daß kein Raum mehr zwischen ihnen und Witiko war, und es stieß einer den andern. Und in dem Schreien des Volkes hörte man das Aufweinen von Kindern und das Kreischen von Weibern, die gedrückt wurden. Die Richter aber streckten ihre Hände gegen Witiko, und er reichte jedem die seinige. Und als das Schreien sich gemildert, und als man einzelne Rufe vernommen hatte: »Heil Witiko«, »Segen Witiko«, »das ist recht«, »das ist gut«, und als nur mehr die Stimmen durcheinander redeten, nannte Witiko jeden Richter mit seinem Namen, und sagte ihm, daß er seine Insassen und seine Angehörigen grüßen möge.

Dann wurde das Kreuz des Heilandes in die Kirche getragen, Witiko und Wentislaw und der Pfarrer und der Richter von Plan bahnten sich einen Weg durch die Menschen, und gingen gegen das steinerne Häuschen Witikos.

Alle Menschen, die vor der Kirche gewesen waren, gingen mit ihnen, und die zu Hause hatten bleiben müssen, standen jetzt auf der Gasse, und sahen dem Zuge nach, und immer dauerte das Rufen der Freude und das Jubeln. Witiko und seine Gefährten traten in das Häuschen, und verzehrten dort ein Mahl. Als das Mahl geendiget war, kamen junge Männer und Mädchen in ihrem Festtagputze auf die Gasse vor dem Häuschen, und sangen Lieder. Witiko und seine Gäste gingen zu ihnen hinaus, und hörten zu. Und als die Lieder zu Ende waren, dankte Witiko den Sängern und Sängerinnen herzlich, und es dankten die Gäste. Dann dankte Witiko auch den Menschen, die noch immer auf der Gasse versammelt waren, und sie zerstreuten sich nach und nach.

Am nächsten Tage ritt Wentislaw mit seinem Geleite wieder gegen Daudleb zurück.

Als die Morgenstunden dieses Tages vergangen waren, kamen der Pfarrer und der Richter von Plan mit mehreren Männern zu Witiko, und brachten ihm die Huldigung von Plan dar. Er reichte ihnen Brot und Salz, und dankte. Dann sprachen sie von verschiedenen Dingen. Witiko sagte, er werde von Männern wie Lubomir und Bolemil lernen, was in dem Walde zu tun sei, es liege ein Schatz in dem Walde, der gehoben werden könne. Wenn er die Mittel wisse, werde er jedem, der es wünscht, in seinem Gebaren behilflich sein. Die Männer dankten, und sagten, sie würden sich folgsam erweisen. Witiko lud sie ein, an den Abenden, so lange er da sei, zu ihm zu kommen. Die Männer versprachen es.

Und am Abende des Tages saß er mit vielen Männern vor dem Häuschen, und sie sprachen, bis die Zeit zum Nachhausegehen gekommen war.

Witiko ging auch an Abenden in andere Häuser, und saß dort bei den Männern, die sich versammelt hatten.

In diesen Tagen kamen noch Richter mit Männern aus Waldstellen nach Plan, um Witiko die Huldigungen darzubringen. Er sprach zu ihnen, wie er zu denen von Plan gesprochen hatte.

Hierauf ritt er nach Friedberg, und wohnte in dem steinernen Hause. Da kamen auch noch Richter mit Männern zur Huldigung, und es wurde gesprochen, was in Plan gesprochen worden war.

Eines Tages sandte Witiko Botschaft an den Brunnenmeister in Daudleb. Der Brunnenmeister kam nach einer Zeit zu ihm. Witiko ließ die Brunnenarbeiter, mit denen er bei seinem früheren Aufenthalte in Friedberg gesprochen hatte, kommen, und er ging dann mit allen durch den breiten Wald hinauf zur Stelle, auf welcher die Säule des heiligen Apostels Thomas gestanden war. Dort, sagte er, möchte er einen Brunnen graben lassen, wenn man gutes Trinkwasser finde. Der Brunnenmeister meinte, es werde reines Trinkwasser im Granitsteine gefunden werden. Und dann bestimmte er die Zeit, wann begonnen werden könnte, und machte die Vorbereitungen. An dem bezeichneten Tage begannen die Männer zu graben. In der Zeit, da sie gruben, ritt Witiko mit einem Geleite zu Lubomir, zu Rowno, zu Diet von Wettern, zu Osel und den anderen Herren, die in der Nähe seines Gebietes hausten. Diese Herren kamen dann auch mit Geleiten zu Witiko in das steinerne Haus nach Friedberg, und wurden von ihm bewirtet.

Es kam auch der Richter von Friedberg mit mehreren Männern zu ihm, und sie baten ihn um Unterstützung zur Erweiterung des kleinen hölzernen Kirchleins. Witiko sagte die Unterstützung zu, und bald wurden die Anstalten zu dem Baue gemacht.

An einem Tage kam auch Huldrik zu Witiko, und sagte, daß er eine Bitte habe.

»So bitte, Huldrik«, sagte Witiko, »es wird nichts Ungebührliches sein, und ich werde es erfüllen.«

»Es ist etwas Notwendiges«, sagte Huldrik.

»So sprich«, sagte Witiko.

»Ich bitte, erlaubet mir, daß ich auf dem steinernen Torbogen dieses Hauses, in dem Ihr wohnt, eine Rose mit fünf Blättern einmeißeln lassen darf«, sagte Huldrik.

»Liegt dir viel daran, daß dies geschehe?« fragte Witiko.

»Es ist ein Zeichen der Zeiten, und die Zeichen und die Zeiten werden wachsen«, antwortete Huldrik.

»So lasse die Rose meißeln«, sagte Witiko.

»Und die fünf Blätter werde ich ein wenig mit der roten Farbe bemalen lassen«, sprach Huldrik, »denn die Rose ist die rote Rose.«

»Mir sind die roten Waldrosen einmal ein Zeichen geworden«, sagte Witiko.

»Seht Ihr«, sprach Huldrik.

»So mache sie rot, aber nur ein wenig«, entgegnete Witiko.

»Nur so viel, daß die Rose die rote Rose ist«, sagte Huldrik.

»So tue es, und mache deine Vorbereitungen, wenn du einmal anfangen willst«, sprach Witiko.

»Es muß jetzt geschehen«, sagte Huldrik.

»Wer wird die Rose machen?« fragte Witiko.

»Elias, der Steinhauer von Plan«, antwortete Huldrik, »und er wird auch die rote Farbe bringen.«

»So sei es«, sagte Witiko.

Huldrik ging nun in den oberen Plan, und kam mit dem Steinhauer Elias zurück. Elias begann nun auf einem Gerüste an dem Torbogen zu meißeln, und meißelte fünf Tage, und Huldrik stand fünf Tage bei ihm. Dann wurde das Gerüste weggenommen, und man sah auf dem Scheitel des steinernen Torbogens eine fünfblättrige Rose mit schwacher roter Farbe.

»Erlaubet, hoher Herr«, sagte Huldrik zu Witiko, »daß ich den Werklohn für Elias aus dem Eigen des Hauses in dem Wangetschlage zahle, weil von dem Wangetschlage alles stammt.«

»So tue es«, sagte Witiko.

»Und habet Dank, daß Ihr das Werk erlaubt habt«, sprach Huldrik.

Dann zahlte er Elias den Arbeitslohn, zeigte den Leuten von Friedberg die rote Rose, und erklärte ihre Bedeutung, und ging wieder in den Wangetschlag zurück.

Und da Witiko in dem steinernen Hause in Friedberg wohnte, kamen öfter Menschen aus verschiedenen Stellen des Waldes, und brachten Geschenke zu ihm und zu seinem Geleite, das im Hause war, und zum Teile noch an der Moldau lagerte. Sie brachten Feldfrüchte, Geflügel, Fische, Tierfelle, ein Lamm, ein Zicklein, und ähnliche Dinge. Witiko nahm die Geschenke, und gab Gegengeschenke.

Nach einer Zeit kam ein Brunnenarbeiter zu Witiko, und sagte, daß sie auf Wasser gelangt seien.

»So ruhet drei Tage an dem Brunnen, und vergnüget euch«, sagte Witiko, »daß wir sehen, ob das Wasser sich kläre. Am vierten Tage werde ich mit Männern zu euch hinauf kommen, daß wir das Wasser beschauen und begrüßen.«

Witiko ließ nun den Pfarrer, den Richter, die Ältesten und die Kirchenvorsteher von Friedberg, dann den Richter und die Vorsteher von der Friedau, den Richter und die Vorsteher von der Stift und den Waldhäusern des Heurafels, vom Kirchenschlage, von der unteren Moldau, und von anderen nahen Stellen bitten, daß sie von heute am vierten Tage zu ihm kommen, und mit ihm zum Brunnen des heiligen Thomas gehen möchten. Wenn noch andere Menschen mitgehen wollen, so werde es ihm eine Freude sein.

Und die Männer, welche gerufen worden waren, kamen alle an dem vierten Tage zu Witiko, und er ging mit ihnen und mit Leuten seines Gefolges durch den großen Wald zu dem Brunnen empor. Viele andere Menschen gingen aus Neugierde mit.

Als sie zu dem Brunnen gekommen waren, und sich um ihn herum gestellt hatten, sagte Witiko zu dem Brunnenmeister von Daudleb: »Nun zeige uns das Wasser.«

Der Brunnenmeister nahm einen Eimer aus Ahornholz, und stieg mit demselben auf der Leiter in den Brunnen hinab. Er brachte den Eimer mit Wasser gefüllt herauf, stellte ihn auf einen Bock, und sagte: »Siehe das Wasser, hoher Herr.«

Witiko blickte in den Eimer, und sprach: »Ich sehe den Boden des Gefäßes und die Fäden des Holzes so klar wie durch die klare Luft.«

Und auch die andern schauten in den Eimer.

Dann sagte Witiko: »Urban, reiche den Becher.«

Urban nahm aus einem Lederfache, das er trug, einen silbernen Becher, und reichte denselben Witiko.

Der Brunnenmeister schenkte aus dem Eimer Wasser in den Becher.

Witiko sagte: »Das Silber blickt glänzend aus dem Wasser.«

Dann setzte er den Becher an den Mund, trank, und sagte: »Das Wasser ist lieblich wie die lieblichen Steinquellen unserer Wälder.«

Er reichte den Becher dem Pfarrer von Friedberg, und der Pfarrer trank. Und die anderen Männer, die Witiko geladen hatte, tranken aus dem silbernen Becher, der immer wieder gefüllt wurde.

Die Männer sagten: »Das Wasser ist wie das beste, das aus den Waldfelsen quillt.«

Der Becher wurde wieder in das Fach getan.

Hierauf sprach Witiko: »Männer, ihr sagt, daß das Wasser gut sei für menschliches Leben.«

»Sehr gut«, riefen die Männer.

»Und wird es in Fülle sein, und wird es dauern?« fragte Witiko den Brunnenmeister.

»Es wird in Fülle sein, und dauern«, sagte der Brunnenmeister, »es sind drei Quellen auf dieser Höhe, und eine davon haben wir in dem Brunnen gefangen; sie strömt unten nicht mehr hervor.«

»Und alle, die hier vorüber kamen, haben in den dürresten Jahren aus den Quellen getrunken«, sagte der alte Melchior von der Stift.

»Die Feldquellen versiegen, die Waldquellen nicht«, sagte der alte Wenhart von der Friedau.

Nach diesen Worten nahm Witiko seine Haube von dem Haupte, und sagte: »So danke ich Gott für die Erfüllung meines Sinnes, daß ich mir hier ein Haus bauen kann. Um den Brunnen werde ich mir in der Mitte des Waldes ein Haus bauen, in der Mitte derer, die jetzt zu mir gehören. Ich habe euch gebeten, mit mir zu dem Brunnen zu gehen, daß ihr Zeugen dessen seid, was geschehen soll. Sagt es den Eurigen. Du aber, Brunnenmeister, fertige den Brunnen aus, daß er ein Burgbrunnen wird. Ich werde die Einleitungen zu dem Baue fortführen, und werde euch bald bitten können, daß ihr der frommen Handlung beiwohnet, wenn zu diesem Baue die erste Erde mit der Schaufel aus dem Grunde gehoben wird. Jetzt erquicket euch mit einem Trunke Wein, und dann gehen wir wieder nach Friedberg.«

Er setzte seine Haube wieder auf, und ging mit den Gästen in die Brunnenbauhütte zu einem kleinen Mahle.

Die anderen Leute aber, die bei dem Brunnen gestanden waren, tranken jetzt auch von dem Wasser aus den Trinkgefäßen der Arbeiter, in welche es aus dem Eimer geschenkt wurde.

Als die Männer in der Brunnenhütte sich mit Wein und Speisen erquickt hatten, gingen alle wieder nach Friedberg hinunter.

Am anderen Tage sandte Witiko eine Botschaft nach Prag fort.

Dann ließ er verkünden, daß er ein Haus bauen werde, und daß sich Leute melden sollen, die um Lohn arbeiten wollen.

Die Menschen aber, die bei dem Thomasbrunnen gewesen waren, breiteten aus, was sie dort gehört hatten, und es kamen Leute herbei, welche freiwillige Arbeit anboten. Insbesondere kamen Männer aus Plan. Witiko nahm die Anerbietungen an, und sagte, daß die Arbeiterordnungen dann schon eingeleitet werden würden.

Nach einiger Zeit kam ein junger Mann aus Prag, und Witiko stellte ihn den Seinigen vor, und sagte: »Dieser Mann ist der Bauherr Eppo aus Prag, welcher mir versprochen hat, meine Burg zu bauen. Wer von Euch dem Werke zugewiesen ist, muß den Weisungen dieses Mannes folgen.«

Eppo ließ nun alle die Dinge richten und ordnen, die vor dem Beginne des Baues notwendig waren.

Als er sie beendiget hatte, sendete Witiko die Einladungen zu der Feier des Anfanges des Werkes aus.

Es kam nun der alte Zupan Lubomir von Daudleb, es kam der alte Pfarrer von Plan, es kam Rowno, Diet von Wettern, Osel, Wyhon von Prachatic, Wolf von Tusch, Wernhard von Ottau, und die anderen Herren aus der Gegend des Waldes. Es kamen Herren aus dem Lande Bayern herauf. Es kamen die Richter aus dem Gebiete Witikos und noch andere Menschen aus dem Walde.

Als der Morgen des anberaumten Tages angebrochen war, ging der Zug von Friedberg durch den hohen Wald empor. Viele Menschen folgten, und andere gingen von allen Richtungen her zur Stelle des heiligen Apostels Thomas. Als der Zug an dieser Stelle angekommen war, sahen die Männer den Platz weit herum gelichtet, zwischen den grauen Gesteinen standen Bauhütten, es lagen Baudinge herum, Stäbe waren gesteckt, wo die Mauern werden sollten, und auf dem grünen Rasen war ein Altar errichtet. Aus Brettern war eine Reihe von Bänken und Tischen gemacht.

Die Männer des Zuges setzten sich auf die Bänke, und der Pfarrer von Plan feierte mit der Beihilfe des Pfarrers von Friedberg und der Kirchendiener vor dem Altare den Gottesdienst. Als dieser beendiget war, segnete der Pfarrer von Plan die Stelle, auf welcher die Burg stehen sollte. Dann nahm er die Schaufel, welche ihm gereicht wurde, und hob mit ihr ein Stückchen Rasen heraus, wo der Grund für die Mauern gegraben werden sollte. Dann nahm Lubomir die Schaufel, und hob ein Stückchen Erde heraus. Dann nahm sie Rowno, dann Wyhon von Prachatic, dann Diet von Wettern, und alle die Herren und Gäste, und jeder hob ein Stückchen Erde heraus. Der letzte, der es tat, war Witiko.

Hierauf stellte sich eine Reihe von Männern, die von Plan, von Friedberg und von anderen Orten gekommen waren, im Festtagsgewande mit Schaufeln auf.

Der Pfarrer von Plan aber sprach: »So wird ein neues Haus begonnen, der Himmel ist jetzt über ihm, der Himmel sei dann in ihm, und der Himmel weiche nicht von ihm.«

»Und er sei über dem ganzen Walde«, sagte der Pfarrer von Friedberg.

Darauf sprach Lubomir: »Witiko, du treuer freundlicher Sohn unseres Landes, wie du uns hier auf dem grünen Rasen versammelt hast, so versammle uns einmal in dem Hause. Lebe in dem Hause, und mögen noch viele in dem Hause leben, und ein Geschlecht hervorgehen, das groß und mächtig ist, wie einmal Geschlechter in unserem Lande gewesen sind, und wie sie noch sind. Und möge die Macht nie zur Frevelmacht werden, und die Zerstörung auf sich selber rufen, wie in unseren Tagen Mächte und Reichtümer hingeschwunden sind, die noch im Jahre zuvor selbst dem Herzoge Trotz geboten haben. Das Geschlecht halte den Schild über den Wald und über das Vaterland, daß im Walde seine Spuren dauern, wenn es längst entschwunden ist, und daß im Vaterlande seine Taten in Worten, in Gesängen und in Pergamenten erzählet werden.«

»Wie ich damals gesagt habe, als du zum ersten Male bei mir in meinem Turme gewesen bist«, rief der Wladyk Rowno: »Es ist nur immer einer gewesen, der der Stifter eines großen Geschlechtes geworden ist, so kann aus dem kleinen Anfange ein großer Fortgang werden. Und ich habe gesagt: die Wladyken müssen größer werden. Ich, der Wladyk, bin größer geworden, Diet ist größer geworden, Osel ist größer geworden, Hermann ist größer geworden, und alle im Walde sind größer geworden, und du bist jetzt auch ein Herr in dem Walde. Und ich habe gesagt: Wir dehnen unsere Besitzungen gegen den Wald, und wir haben sie gegen den Wald gedehnt, und du dehnest sie gegen den Wald. Wer hätte gedacht, daß du so bald die Burg deiner Herrschaft bauen wirst. Aus dem Walde kann Großes ausgehen, er hat die Kraft, und treibt sie hervor, aus jedem von uns kann das Große kommen.«

»Mein Ahnherr ist ein Pechsammler in dem Walde gewesen«, sagte Lubomir.

»Und Ihr seid ein mächtiger Zupan und Kriegsanführer«, antwortete Rowno, »was kann aus jedem werden? Wir müssen zusammenhalten und in freundlicher Nachbarschaft leben. Du bist jetzt einer wie wir, Witiko, und wir sind wie du.«

»In freundlicher und guter Nachbarschaft«, rief Osel.

»In guter treuer Nachbarschaft«, sagte Diet.

»Wir werden zusammen stehen, wie wir zusammen gestanden sind, und werden nicht streiten«, sagte Wernhard von Ottau.

»Ja, in guter Nachbarschaft«, riefen mehrere.

Dann sprach Witiko: »Hochwürdige Priester, hoher Zupan und ehrwürdige Männer. Ich danke euch für eure Wünsche. Möge der Himmel in dem Hause sein, wie der hochwürdige Pfarrer gesagt hat; darin liegt alles. Was sonst geschieht, füge Gott. Ich werde bestrebt sein, das Gute zu tun, alles andere, sagt Silvester, ist darin enthalten. Ich werde ein treuer Nachbar sein, und niemand schädigen. Und so reiche ich meine Hand darauf.«

Er reichte die Hand hin, und einer nach dem andern faßte sie.

Nun brachte Eppo, der junge Baumeister aus Prag, ein Pergament herbei, faltete es aus einander, und zeigte es. Auf ihm war die Burg abgebildet, wie sie sein würde, wenn sie fertig wäre. Die Männer gaben einer dem andern das Pergament, und jeder betrachtete es, und jeder lobte es.

Dann wurde es wieder in sein Fach gelegt.

Hierauf sprach der Meister der Maurer den Maurerspruch. Dann sprach der Meister der Zimmerer den Zimmererspruch, und dann senkten die Männer, die in ihren Festgewändern mit den Schaufeln dagestanden waren, die Schaufeln, stießen sie in die Erde, und es begann das Schaufeln des Festes. Und das Festschaufeln tiefte einen Graben aus, wie ihn das wirkliche Schaufeln getieft hätte. Dann gab der Baumeister das Zeichen, daß die Arbeit zu Ende sei, und es wurde an den Tischen, auf den Bänken, auf dem grünen Rasen, wie es sich fügte, ein Mahl verzehrt. Die Menschen, welche als Zuschauer da waren, bekamen Speise und Trank, so weit die Dinge nur reichen mochten.

Nach dem Mahle ging der Zug wieder nach Friedberg hinunter.

Noch an dem Tage und an dem folgenden traten die fremden Gäste den Heimweg an.

Es begann nun auf dem Berge des heiligen Thomas der Bau der Burg. Eppo teilte die Werkmänner, die er gedungen hatte, und die Männer, die freiwillig herzu gekommen waren, zur Arbeit ein. Die Gräben wurden als Grund der Mauer getieft, und die Bäume wurden erhöht, an denen die Gerüste werden sollten. Und wie bei dem Baue der Burg Schauenberg wurden in allen dienlichen Richtungen die Baugegenstände herbei geschafft. Die zahlreichen Männer und Weiber, die bei dem Werke beschäftiget waren, hielten Ordnung, und wie die Ameisen sonst bestrebt sind, in dem Walde ihre Wohnung zu fördern, so trachteten jetzt die vielen Menschen in dem Walde eine menschliche Wohnung zu errichten.

Witiko wohnte indes in dem steinernen Hause in Friedberg.

Eines Tages aber ritt er in seinem Ledergewande, nur von Raimund begleitet, von dem Hause fort. Er ritt in die Herberge der unteren Moldau, und von dort auf dem Saumwege des großen Waldes zu den Häusern von Aigen hinaus. In Aigen wurde das Mittagmahl verzehrt, die Pferde rasteten, und bekamen Nahrung. Von Aigen ritten die zwei Männer im Walde auf dem Saumwege den Wassern der Mihel entgegen. Und am Nachmittag kamen sie in das Waldhaus Heinrichs von Jugelbach. Das Tor wurde ihnen geöffnet, sie ritten in den Hof, Witiko wurde von Heinrich begrüßt, und die Pferde wurden versorgt. Witiko sprach: »Jugelbach, Erlaubt, daß ich zuerst in Euer Gemach gehe.«

Heinrich führte ihn dahin.

Als sie in dem Gemache waren, sagte Heinrich Jugelbach: »Seid mir gegrüßt, Witiko. Ich habe eine Freude darüber, daß Ihr zu dieser Frist gekommen seid.«

»Ich habe Eurer Worte gedacht«, antwortete Witiko, »und habe meiner Worte gedacht.«

»Und Ihr habt nach den Worten gehandelt«, sagte Heinrich, »reicht mir die Hand.«

Witiko reichte ihm die Hand. Heinrich faßte sie, und sprach: Eure Hand ist die Hand eines Mannes, und meine Hand ist auch die eines Mannes.«

Witiko sagte: »Ihr habt mich in Euerm Gemache begrüßt, und ich habe Euch begrüßt, führet mich nun zu der hohen Frau Wiulfhilt.«

»So gehen wir«, sprach Heinrich.

Sie gingen in das Gemach Wiulfhilts.

Da sie eingetreten waren, stand Wiulfhilt von ihrem Sitze auf, ging Witiko entgegen, reichte ihm die Hand, und sprach: »Seid mir von Herzen gegrüßt, Witiko, Ihr habt uns wieder in unserem Waldhause aufgesucht.«

Witiko beugte sich auf die dargebotene Hand nieder, und küßte sie, dann richtete er sich auf, und sprach: »Ich begrüße Euch in Ehrerbietung, hohe Frau. Ich habe der Reife der Zeit geharrt, in der ich wieder zu euch kommen darf. Ich glaube, daß die Reife eingetreten ist, und da habe ich einen Mann gesendet, der erkunden soll, ob ihr in dem Waldhause wohnet. Der Mann hat mir die Nachricht zurück gebracht, daß ihr in dem Hause wohnet, und so bin ich zu demselben geritten. Und weil ich nun vor Euch stehe, hoher Herr, und vor Euch, erhabne Frau, so erlaubet, daß ich vor allen Dingen zuerst von dem rede, was zu reden ich gekommen bin.«

»Nehmen wir Sitze«, sagte Heinrich.

Sie setzten sich.

»Sprecht, Witiko«, sagte Heinrich.

»Weil ihr gütig höret, so rede ich«, sprach Witiko. »Ihr, hoher Herr, habt einmal zu mir gesagt: ihr seid als Gast in meinem Hause immer willkommen, und Ihr, erhabene Frau, habt gesagt: Kommt als Gast bald wieder in unser Haus. Ich bin aber als Gast nie mehr gekommen, weil ich in anderen Ehren kommen wollte, oder gar nicht mehr. Ihr, Herr Heinrich von Jugelbach, habt vor zwei Jahren in Euerem Gemache zu mir gesagt: Ihr habt in der Schlacht die rote Waldrose auf dem weißen Schilde getragen, sorget, daß die Rose in die Geschicke Eurer Länder hinein blühet, und dann kommt. Ihr, Herr Heinrich von Jugelbach, habt vor zwei Jahren in dem Gemache Eurer hohen Gattin gesagt: Ihr habt Euch bei den Leuten Vertrauen erworben, die in dem Walde wohnen. Im Walde stehen noch viele Dinge bevor, beachtet sie, Witiko. So habt Ihr gesagt. Ihr, erhabene Frau Wiulfhilt von Dornberg, Gattin des Herrn Heinrich von Jugelbach, habt vor zwei Jahren in dem Speisegemache zu mir gesagt: Der Wille meines Gemahles ist der meinige. So habt Ihr gesagt. Und so bin ich hier. Ich bin in jener Zeit, da ich von euch fortgeritten bin, mit Zdik, dem Bischofe von Olmütz, zu Regimbert von Peilstein und Hagenau, dem Bischofe von Passau, nach Passau geritten, wohin ich Zdik geleitete. Ich bin bei dem hochehrwürdigen Bischofe von Passau so lange als Gast geblieben, so lange ich nach Geziemung bleiben mußte. Dann bin ich auf einem Donauschiffe von Passau bis zur Stadt Wien gefahren, und bin auf den Kahlenberg in die Burg des erlauchten Markgrafen von Österreich, Heinrich, geritten, in welcher Burg meine Mutter bei Agnes, der hocherhabenen Mutter des Markgrafen, als Gast war. Ich habe meine Mutter besucht, welche ich lange nicht gesehen habe. Ich bin so lange bei meiner Mutter geblieben, als es die Gebühr erfordert hat. Ich bin in jener Zeit auch bei dem erlauchten Markgrafen gewesen, und habe mit ihm gesprochen. Von Wien bin ich nach Plan in den Wald geritten, und bin in dem Walde geblieben. Im Frühlinge mußte der Krieg des hocherlauchten Herzoges von Böhmen und Mähren, Wladislaw, gegen die Empörer in Mähren beginnen. Die Männer des Waldes haben in großer Zahl beschlossen, in den Krieg zu gehen. Sie hatten Vertrauen zu mir, und die, welche von den Häusern der oberen Moldau bis zu den Häusern der Stift und der Kienberge wohnen, haben mich zu ihrem Führer gewählt, daß wir einen Teil der Scharen des Herzoges Wladislaw bilden. Ich führte sie zu dem Herzoge, und der hat mir den Befehl über sie gegeben. Die Männer des Waldes haben allein einen Kampf gegen die Scharen Wratislaws, des Herzoges von Brünn, bestanden, und haben die Scharen des Herzoges in die Flucht geschlagen. Sie sind in der Schlacht bei Znaim gewesen, und sind dort wie starke und tüchtige Leute des Waldes bestanden. Sie haben die Züge gegen Brünn und Olmütz und durch das ganze Land mitgemacht. Als die Feinde niedergeworfen, und das Land Mähren in der Gewalt des Herzogs war, belohnte er sie, und sie zogen in ihre Heimat. Mir gab er ein Pergament, darauf ein Strich Waldlandes verzeichnet ist, das er mir mit Gebühren und Untertanpflichten erteilte. Ich bin dadurch einer der Herren geworden, wie sie in unserem Lande über Untertanen sind, und bin als ein solcher Herr zu dem Rate des Herzoges berufen. Ich habe diesem Rate in Prag auch schon beigewohnt. Das Pergament habe ich in seiner Tasche auf meinem Pferde mitgebracht, und werde es euch zeigen. Nach dem Kriege in Mähren bin ich zu meiner Mutter nach Landshut geritten, und habe sie und den ehrwürdigen Priester Benno, der ein Freund meines Vaters war, und mein gütiger wohlwollender Lehrer und Erzieher ist, und unsere Base Hiltrut, in deren Häuschen meine Mutter als Gast war, in unseren Hof nach Pric geleitet. Dann bin ich nach Prag zu unserem Herzoge gegangen, und in die Kammer des Herzoges. Dort haben sie mein Pergament in die vollständige Ordnung gebracht. In Prag habe ich den jungen kundigen Baumeister Eppo erforscht, und habe mit ihm den Bau eines Hauses verabredet. Im Winter war ich in Pric bei meiner Mutter, bei Benno, Hiltrut und meinen Leuten. Im Frühlinge bin ich nach Friedberg geritten, dessen Häuser auf einem Hügel an der Moldau stehen. Von Friedberg geht im Mittage ein breiter und langgedehnter Wald empor, der eine hohe Schneide hat, und er geht von der Schneide wieder breit und weit hinunter, bis wo die Mihel fließt. Auf seiner Schneide stand einmal eine Säule des heiligen Apostels Thomas, darum er jetzt der Thomaswald heißt. Auf der Stelle der Waldschneide, wo die Säule des heiligen Apostels gestanden war, baue ich mir jetzt eine Burg, welche das Witikohaus heißen soll, wie ihr auf der Steinzunge der Berge zwischen Aschach und Eferdingen eine Burg baut, die Schauenberg heißen wird. Der Baumeister Eppo hat eine Abbildung der Burg gemacht, wie sie sein wird, wenn sie fertig geworden ist. Ich habe die Abbildung in ihrem Fache mit mir genommen, und werde sie euch zeigen. Als das Bauen der Burg begonnen war, und fortschritt, bin ich zu euch geritten, und nun bin ich da, und frage euch: Darf ich den Gedanken fassen, daß ich der sicheren Ehren teilhaftig werden kann, unter welchen ich dann öfter in eurer Burg erscheinen werde.«

Als Witiko seine Rede geendet hatte, sprach Heinrich von Jugelbach: »Wir haben gewußt, daß Ihr kommen werdet, Witiko, und haben gewußt, was Ihr reden werdet, und wir: ich, meine Gattin, Wiulfhilt von Dornberg, mein Vater, Werinhart von Jugelbach, meine Mutter, Benedicta von Aschach, mein Bruder, Gebhart von Jugelbach, und noch Männer, die in unserem Vertrauen sind, haben beraten, was Euch geantwortet werden soll. Seid in meinem Hause herzlich gegrüßt, Witiko. Ich muß aber doch den Anfang der Antwort ein wenig anders machen, als ich und Wiulfhilt nach der Anhörung des Rates der Unsrigen beschlossen haben. Ihr habt Eure Erlebnisse nicht genau erzählt, oder die Männer in dem Walde haben nicht genau geredet, oder die, welche die Erzählungen der Männer des Waldes brachten, sind in ihren Nachrichten nicht genau gewesen. Nicht die Leute des Waldes haben für sich sofort beschlossen, zu dem Herzoge Wladislaw in den bevorstehenden Krieg zu ziehen. Ihr habt den Zug vorbereitet, Witiko. Ihr habt zu den Leuten gesprochen, ihr habt ihnen gesagt, wie die Dinge sind, und habt ihren Willen den Dingen zugelenkt. Ihr habt Waffen vorbereitet und Gewänder und Zurüstungen und Übungen, und seid selbst der Lehrer in den Übungen gewesen. Ihr habt durch Euch die Liebe der Leute erworben, und sie sind in großer Zahl Eurer Einsicht zugefallen. Es sind im Winter Leute über den Wald heraus gekommen bis zu uns an den Inn, und haben von diesen Dingen erzählt, und Leute, die von uns im Kaufe und Tausche in dem Walde gewesen sind, haben davon erzählen gehört, und in unserem Lande ist davon erzählt worden. Und weil das gerecht ist, wozu Ihr die Menschen angeleitet habt, so haben wir eine Freude über die Erzählung gehabt. Ihr seid mit den Männern zu Wladislaw gezogen, und Ihr habt durch Eure Führung Wratislaw geschlagen, und Ihr habt im Kriegsrate des Herzoges angeboten, durch die Schlucht vor Znaim den Feind zu umgehen, weil es die Waldleute können. Ihr habt die Schlucht bewältiget, und ein Teil jenes Sieges ist Euer. Ihr seid in den andern Zügen umsichtig gewesen, und habt überall für Eure Leute durch Ordnung, Nahrung, Pflege und Erfüllung jedes Bedarfes gesorgt, und habt Mäßigung bewiesen. Nicht jedem Führer hat der Herzog Waldland gegeben. Ich habe gesagt, in dem Walde stehen noch viele Dinge bevor, und Ihr, Witiko, habt ein Werkzeug gefunden, die Dinge hervor zu rufen, die Zuneigung der Leute, und Ihr habt die Art, die Dinge zu rufen, und die Klugheit, und jetzt auch die Macht. Ihr werdet sie rufen, Ihr wißt jetzt selber noch nicht, wie weit. Das hat mir mein Freund Lubomir gesagt, das hat mir mein Freund Ctibor gesagt, das hat mir mein Freund Nemoy gesagt, das hat mir mein Freund Rowno gesagt, das hat mir mein Freund Hermann gesagt, und das hat ein Mann gesagt, der nicht mein Freund ist, der aber die Dinge kennt, Strich von Plaka, der fürchtet, daß Ihr durch Benützung des Waldes ihm Schaden zufügt. So, Witiko, muß ich in meiner Antwort sprechen, und Euch der Ungenauheit in Eurer Erzählung bezüchtigen, und so, Witiko, hat die Rose in die Geschicke Eures Landes hinein geblüht, und sie wird ferner hinein ranken und Wurzeln fassen. Ich weiß Friedberg sehr gut, und kenne die Stelle der Säule des heiligen Apostels Thomas. Sie ist für eine Burg so gut, daß ihr wenige gleich sind. Das Pergament dürft Ihr mir nicht zeigen; aber die Abbildung der Burg zeigt mir. Und so sage ich Euch, Witiko, Ihr dürft, wie Ihr die Worte gesprochen habt, den Gedanken fassen, daß Ihr der höheren Ehren teilhaftig werdet, unter denen Ihr öfter in meiner Burg sein sollet. Meine Gattin hat mit mir den gleichen Willen.«

»Ich habe ihn«, sagte Wiulfhilt, »wie es beschlossen worden ist, und ich habe ihn noch früher gehabt als die andern, weil ich Euch mit meinen inneren Augen früher kannte, als Euch die andern mit ihren äußeren Augen kennen lernten.«

»Hoher Herr«, antwortete Witiko, »hocherhabene Frau, ich danke mit Ehrerbietung der Antwort, die ihr mir gegeben habt. Euch, hocherhabne Frau, danke ich noch, daß Ihr mit Euern inneren Augen Gutes an mir gesehen habt, und Euch, hoher Herr, danke ich noch, daß Ihr gut von mir geredet habt. Ihr habt zu gut geredet. Die Dauer und Kraft der Waldleute hat gewirkt und die Güte des Herzogs.«

»Und beide haben gerne für Euch gewirkt«, sagte Heinrich, »erhaltet Euch beide.«

»Ich will darnach streben«, sagte Witiko. »Und nun, hoher Herr und erhabene Frau, erlaubet, daß ich auch das zweite rede, weshalb ich gekommen bin.«

»Sprecht«, sagte Heinrich.

»Eure hochedle Tochter Bertha«, sprach Witiko, »hat zu mir bei dem großen Steine an dem Waldessaume gesagt: Baue dir ein Haus, Witiko, und wenn dann noch keine Makel an dir ist, so folge ich dir, und harre bei dir bis zum Tode. Gestattet, hoher Herr und hocherhabene Frau, daß ich Bertha sage, ich baue mir nun ein Haus, und daß ich sie frage, ob eine Makel an mir ist.«

»Sagt ihr, und fragt sie«, antwortete Heinrich.

»Und wenn sie sagt, es sei keine große Makel an mir, darf ich sie dann fragen, ob sie mir folgen wolle?« sprach Witiko.

»Ihr dürft sie fragen«, entgegnete Heinrich.

»Und wenn sie sagt, sie folge mir, darf ich dann feierlich kommen, um sie zu werben, daß sie mein Eheweib werde?« sprach Witiko.

»Ihr dürft kommen, und vor allen den Unsern werben«, antwortete Heinrich, »und so gehet zu Bertha.« »Gehet, Witiko, sie harret Eurer«, sagte Wiulfhilt. »Geleite Witiko zu ihr«, sagte Heinrich. »So folget mir, Witiko«, sprach Wiulfhilt.

»Ich folge Euch, hocherhabene Frau«, sagte Witiko. Sie standen auf. Heinrich reichte Witiko die Hand, Wiulfhilt ging bei der Tür hinaus, und Witiko folgte ihr.

Sie führte ihn über den Gang in das Gemach Berthas. Bertha saß in dem Gemache an einem Tische. Von ihrem Haupte hingen zwei Zöpfe nieder, an den Armen war weißes Linnen, der

Brustlatz war rot, und von ihm fiel der stark faltige schwarze Rock hinab. Sie stand auf, da ihre Mutter mit Witiko in das Zimmer kam. »Bertha«, sagte die Mutter, »Witiko hat deinen Vater und mich

gefragt, ob er mit dir sprechen dürfe, und wir haben ihm geantwortet, er darf mit dir sprechen. Willst du ihn hören, und auch mit ihm sprechen?«

»Ich will ihn hören, und mit ihm sprechen, Mutter«, sagte Bertha. »So sprecht, und ich gehe zu dem Vater«, sagte Wiulfhilt.

Sie verließ nach diesen Worten das Gemach. Witiko stand in seinem Ledergewande vor Bertha, und sah sie an. Bertha sah ihn an.

»Was willst du zu mir sprechen, Witiko?« fragte sie. »Du hast an dem schönen großen Steine neben dem Waldsaume vor zwei Jahren zu mir gesagt, Bertha«, antwortete Witiko: »Baue dir ein Haus, Witiko, und wenn dann noch keine Makel an dir ist, so folge ich dir, und harre bei dir bis zum Tode. Nun baue

ich mir ein Haus, und bin gekommen, dich zu fragen, ob eine Makel an mir ist?«

»Es ist keine Makel an dir, Witiko«, antwortete Bertha.

»So wirst du mir in das Haus folgen?« fragte Witiko.

»Ich werde dir in das Haus folgen«, entgegnete Bertha.

»Und wirst dort harren bis zu dem Tode?« fragte Witiko.

»Ich werde harren bis zu dem Tode«, antwortete Bertha.

»So ist gesprochen, was zuerst gesprochen werden sollte«, sagte Witiko. »Bertha, Bertha, sei mir tausendmal gegrüßt.«

»Sei tausend und tausend Mal gegrüßt, Witiko«, antwortete Bertha.

Und sie reichten sich die Hände, hielten sich an denselben, und schauten sich in das Angesicht.

»Bertha«, sprach Witiko, »du hast gesagt: Ich will, daß dir keiner gleich ist, so weit die Augen blicken, es mögen unten die Bäume des Waldes emporstehen, oder die goldenen Felder der Ähren, oder der grüne Sammet der Wiesen dahin gehen. Nun aber sind mir viele gleich, es sind sehr viele über mir, wirst du mich in hoher Achtung halten können, Bertha?«

»Witiko«, antwortete Bertha, »als ich jene Worte gesagt hatte, gabst du mir die Erwiderung: Ich will zu dem Höchsten streben.«

»Ich wollte es, und will es noch«, sagte Witiko, »und ich habe auch gesagt, daß ich das Ganze tun will, was ich kann.«

»Nun, das Streben ist der Anfang«, sagte Bertha, »und den Anfang hast du gemacht, Witiko. Ich habe an jenem Steine auch gesagt: Wenn ich dir folge und bei dir harre, dann rede zu den Männern deines Landes, bringe sie zu dem Großen, und tue selber das Große. Ich kann also nicht wollen, daß dir jetzt schon keiner gleich ist; aber die Jahre werden es nach den Jahren bringen, und einmal werde ich sagen: Witiko, jetzt ist dir keiner gleich.«

»Und die Jahre werden nach den Jahren vergehen, und du wirst es nicht sagen können«, antwortete Witiko.

»Dann werde ich noch weiter harren«, sprach Bertha.

»Und wenn du immer harrest«, sagte Witiko.

»So weiß ich dich auf dem Wege«, antwortete Bertha. »Witiko, ich habe gesagt: Wenn du ein niederer Mann würdest, so würde ich als dein Weib von dir gehen, dahin du mir nicht folgen könntest.«

»Ich werde niemals ein niederer Mann«, sagte Witiko, »und so, Bertha, in diesen Gefühlen wirst du mein Weib.«

»So werde ich dein Weib«, entgegnete Bertha.

»Und so ist nun erfüllet, was erfüllt werden sollte, gehen wir jetzt zu den Eltern«, sprach Witiko.

»Gehen wir«, sagte Bertha.

»Ich bitte dich noch um etwas«, sprach Witiko.

»Sage es«, entgegnete Bertha.

»Gehe mit mir heute an diesem Tage, wenn es deinem Vater und deiner Mutter genehm ist«, sprach Witiko, »zu der Stelle, auf welcher ich dich zum ersten Male gesehen habe, da du mit Rosen bekränzt da standest, und gehe mit mir zu den Steinen, auf welchen wir an jenem Tage gesessen waren.«

»Ich werde sehr gerne mit dir gehen, Witiko«, sagte Bertha, »und wir werden den Vater und die Mutter darum bitten.«

»So gehen wir nun«, sprach Witiko.

Und sie gingen über den Gang zurück in das Gemach Wiulfhilts. In demselben war noch Heinrich bei seiner Gattin. Witiko und Bertha traten vor die Eltern. Wiulfhilt stand auf, und küßte Bertha auf die Stirne. Heinrich nahm Witikos Hand in die seine, und legte sie dann in die Hand Wiulfhilts.

»Lasse die Kinder an unserer Seite sitzen, Wiulfhilt«, sagte er.

»Setzet euch zu uns«, sprach Wiulfhilt.

Heinrich und Wiulfhilt setzten sich auf ihre Stühle, und Witiko und Bertha setzten sich auf Stühle daneben.

»So sind Eure Wünsche gesichert«, sprach Heinrich, »und die Vollendung wird folgen. Und da Ihr nun, Witiko, wie Eure Worte gelautet haben, der höheren Ehren bei uns teilhaftig geworden seid, so werdet Ihr auch die minderen nicht verschmähen, und eine Weile unser Gast sein.«

»Ich werde es mit Freude sein«, antwortete Witiko, »und werde auch diese Ehre ehren.«

»Und uns wird es eine Freude sein, Euch länger zu sehen als sonst«, sagte Wiulfhilt.

»Wir können dann auch über viele Dinge sprechen, die sich ereignet haben, und Ihr könnt mir manches erzählen, Witiko«, sprach Heinrich. »Auch könnt Ihr Bertha besser kennen lernen, und Bertha Euch.«

»Ich kenne Witiko schon, mein Vater«, sagte Bertha.

»Und ich kenne Bertha«, sagte Witiko.

»Und wenn ihr eines das andere kennet«, sprach Heinrich, »so wird die Gegenwart euch doch erheben.«

»Ja«, sagte Bertha.

»Ja«, sagte Witiko.

»Und unser Haus und unser Wald und unsere andern Liegenschaften können Euch zu mancher Betrachtung dienen«, sagte Heinrich.

»Und ich kann für die Zeit, die mir zunächst liegt, etwas lernen«, sprach Witiko.

»Ihr könnt für Eure Handlungen, die Ihr jetzt tut, bald die Einsichten gewinnen«, sagte Heinrich.

»Und Ihr werdet mir mit Eurem Rate gewiß beistehen«, sprach Witiko.

»Wenn Ihr ihn bedürft, und wenn er etwas nützt, werde ich ihn gerne geben«, antwortete Heinrich.

»Ich werde ihn bedürfen, und er wird nützen«, sagte Witiko.

»Jetzt aber«, sprach Heinrich, »ist es die erste Pflicht des Wirtes, den Gast zu pflegen. Ihr seid von dem Pferde gestiegen, und seid gleich in mein Gemach geführt worden. Es ist billig, daß ich Euch in Eure Wohnung geleite, daß Ihr Euch stärkt, vorerst einrichtet, und dann sagt, was Ihr weiter bedürfet.«

»Es ist eine Bitte ganz anderer Art, welche ich stellen möchte«, sprach Witiko.

»So redet«, sagte Heinrich.

»Gebet Eure Genehmhaltung«, sprach Witiko, »daß Bertha und ich an diesem heutigen Tage die Stelle besuchen, an welcher ich Bertha zum ersten Male gesehen habe. Bertha bittet das gleiche.«

»Ich bitte das gleiche, Vater«, sagte Bertha.

»So besuchet die Stelle«, antwortete Heinrich, »wenn die Mutter meiner Meinung ist.«

»Lasse die Kinder gehen«, sagte Wiulfhilt.

»Ich danke«, sprach Witiko, »wir werden wieder in das Gemach zurückkommen.«

»Ich danke, Vater und Mutter«, sagte Bertha.

Nach diesen Worten standen Witiko und Bertha auf, verabschiedeten sich von den Eltern, und verließen das Gemach. Sie gingen durch die Tür des Hauses auf den Sandplatz hinaus, und von dem Sandplatze auf dem Wiesenpfade gegen Mittag dahin, wie sie vor sechs Jahren auf demselben Pfade gegen Mitternacht dem Hause zugegangen waren. Sie sprachen beide kein Wort. Als sie zu der Betstelle des roten Häuschens gekommen waren, knieten beide neben einander nieder, und beteten. Dann gingen sie stumm weiter. Sie kamen an den Saum der Schlucht, in welcher das Wasser rauschte, wie es vor sechs Jahren gerauscht hatte. Sie gingen am Rande der Schlucht in der Richtung des rinnenden Wassers dahin. Der Wald nahm sie auf. Sie verließen dann das Wasser, und gingen links zwischen den Stämmen weiter.

Da sagte Witiko: »Bertha, Bertha, vor sechs Jahren sind wir auf diesem Wege herauf zu deinem Vater und zu deiner Mutter gegangen, zu denen du mich, den Fremdling, geführt hast. Wer von uns beiden hätte damals gedacht, daß wir einmal diesen Weg gehen werden, wie wir ihn heute gehen?«

»Das habe ich nicht gedacht«, sagte Bertha, »aber das war mir, daß wir oft mit einander gehen werden.«

»Und mir war«, entgegnete Witiko, »daß ich oft mit dir gehen möchte. Hast du mich also gerne in das Haus deiner Eltern geführt?«

»Ich wäre sonst nicht an der Waldstelle mit den Rosen auf meinem Haupte stehen geblieben, als du dich nähertest«, sagte Bertha, »sondern wäre in den Wald geflohen wie Trude geflohen ist.«

»Also bist du meinetwillen an der Stelle stehen geblieben?« fragte Witiko.

»Ich wollte dich sehen«, sagte Bertha, »und als ich dich gesehen hatte, warst du mir lieb.«

»Und als ich dicht gesehen hatte, warst du mir auch lieb«, sprach Witiko. »Wir waren zwei Kinder.«

»Ja, aber ich habe schöne Ritter und Knaben vor dir gesehen, und keiner war mir lieb«, antwortete Bertha.

»Und ich habe schöne Jungfrauen und Mädchen vor dir gesehen, und keine war mir lieb«, sagte Witiko.

»Siehst du?« sprach Bertha.

»Und weil ich dir lieb war, hast du mit mir geredet?« fragte Witiko.

»Weil du mir lieb warst, habe ich mit dir geredet«, antwortete Bertha.

»Und weil ich dir lieb war, bist du mit mir zu den Sitzsteinen an den Ahornen gegangen?« fragte Witiko.

»Weil du mir lieb warst, bin ich mit dir zu den Sitzsteinen an den Ahornen gegangen«, antwortete Bertha.

»Und bist neben mir auf den Steinen gesessen«, sagte Witiko.

»Und bin neben dir auf den Steinen gesessen«, sprach Bertha.

»Und mir bist du so lieb gewesen«, sagte Witiko, »daß ich immer bei dir hätte sitzen, und immer mit dir hätte reden mögen. Du bist heute wie damals gekleidet, Bertha.«

»Es ist das nämliche Gewand, welches ich an jenem Sonntage an gehabt hatte«, antwortete Bertha, »nur das schwarze Röcklein ist mir ein wenig kürzer geworden.«

»Mir ist alles wie in jener Zeit«, sagte Witiko.

»Ich habe jetzt das Kleid nie mehr getragen; aber ich habe mir es aufbewahrt«, sprach Bertha, »und da du heute kamest, und da ich wußte, um was du mich fragen würdest, habe ich es angezogen. Du bist auch in einem Gewande wie damals.«

»Es ist das nämliche«, sagte Witiko, »ich trage es oft, aber nicht immer, und habe es genommen, weil ich dich heute um das fragen wollte, um was ich dich gefragt habe. Und warum bin ich dir denn damals lieb gewesen, Bertha?«

»Du bist mir lieb gewesen, weil du mir lieb gewesen bist«, antwortete Bertha.

»Ich bin dir ja ganz fremd gewesen«, sprach Witiko.

»Du warst mir nicht fremd; als ich dich sah, habe ich dich lange gekannt«, antwortete Bertha.

»Und ich habe dich ja immer gekannt, da du mit den Rosen an dem Waldsaume standest«, sagte Witiko.

»Ich habe es gewußt«, entgegnete Bertha.

»Deine Mutter, Bertha, hat gesagt«, sprach Witiko, »sie habe mich mit ihren inneren Augen schon früher gekannt, als mich die anderen mit ihren äußeren Augen kennen lernten. Hast du auch solche innere Augen, Bertha?«

»Ich weiß es nicht«, antwortete Bertha, »aber ich habe dich nicht früher als die andern kennen gelernt, sondern habe dich gleich gekannt.«

»Ich habe dich auch gleich gekannt, und weiß nicht wie«, sagte Witiko. »Und doch bin ich, da ich an dem Steine deinen Mund geküßt hatte, nicht mehr gekommen bis heute.«

»Du durftest nicht kommen, Witiko«, antwortete Bertha, »daß du mich erschleichest, sondern, weil du mich an dem Steine geküßt hattest, mußtest du kommen, mich zu fordern, und du bist gekommen.«

»Und wenn ich heute nicht gekommen wäre«, sprach Witiko.

»So wärest du später gekommen«, sagte Bertha.

»Und wenn ich gar nicht gekommen wäre«, sprach Witiko.

»Das ist nicht möglich«, sagte Bertha, »weil du gekommen bist.«

»Ja, es ist nicht möglich«, antwortete Witiko. »Wenn aber deine Eltern stets nein gesagt hätten.«

»Das tun sie nicht, weil sie uns kennen«, sprach Bertha, »und wenn sie es getan hätten, so wäre ich durch mein Leben geblieben wie unsere Base, die Nonne.«

»Und ich hätte in meinem Gebiete, und im Lande ohne Weib geschaltet«, sagte Witiko.

»Hier ist die Stelle«, sprach Bertha.

»Hier bist du mit den Rosen gestanden«, sprach Witiko.

»Und dort bist du gestanden, da die Sonne auf die Steine geschienen hat, und bist dann gegen mich her gegangen«, sagte Bertha.

»Ich bin erschrocken, da ich die Waldrosen auf deinem Haupte gesehen hatte«, sprach Witiko, »weil bei uns oft auf die Rosen gedacht wird.«

»Und ich mußte an diesem Tage die Rosen nehmen, und wir

müssen die Rosen ehren«, sagte Bertha. »Wir müssen sie ehren«, antwortete Witiko, »und sie werden mir immer ein Sinnbild bleiben.«

»Hier ist Trude gestanden«, sagte Bertha.

»Werde ich sie sehen, wenn ich in euerem Hause bin?« fragte Witiko. »Du wirst sie sehen«, antwortete Bertha, »sie ist sehr schön

geworden.«

»Und dieser Platz, auf dem wir stehen, soll uns sehr lieb bleiben«, sagte Witiko. »Er soll uns lieb bleiben fort und fort«, entgegnete Bertha. »Nun gehen wir zu den Steinen«, sprach Witiko. »So gehen wir«, sagte Bertha. Sie wandelten an dem Saume des Waldes dahin, bis sie zu den

Steinen gelangten, von denen Witiko damals auf die singenden

Mädchen geschaut hatte. Da sie bei den Steinen angekommen waren, sagte Witiko: »Bertha, setze dich nieder.«

»Ich bin auf diesem gesessen«, sagte Bertha. »So setze dich wieder auf ihn«, sprach Witiko. Sie tat es.

»Und ich bin neben dir auf diesem gesessen«, sagte Witiko, »er ist niederer, und ich setze mich wieder auf ihn.«

Er tat es.

»Siehst du, Bertha«, sagte er, »unsere Angesichter sind nun wieder in gleicher Höhe, wie damals, da ich dich angeblickt hatte, und da du mich angeblickt hattest.«

»Bist du größer geworden, Witiko?« fragte Bertha.

»Es muß ein wenig sein«, antwortete Witiko, »da ich dir hier wieder gleich bin, und da du gesagt hast, daß dir dein Röcklein kürzer geworden ist. Mein Lederkleid dehnt sich.«

»Und so wie damals ragt dein Schwert in die niedreren Steine«, sagte Bertha, »und in den nämlichen Gewändern sitzen wir hier wie vor sechs Jahren.«

»Nur die Bäume, die jenseits der hellen Wiese stehen, an deren Rande wir sitzen«, sprach Witiko, »glänzen nun im Sonnenscheine, da sie damals im Schatten waren, und die Blätter der Ahorne über uns sind dunkel, die damals geschimmert hatten.«

»Ich habe dir gesagt«, sprach Bertha, »daß es im Herbste hier am Vormittage mild ist, im Sommer sehr heiß, daß aber am Nachmittage Schatten ist. Der Schatten ist lieblich, lege deine Haube wieder in das Gras wie damals, Witiko.«

Er nahm die Lederhaube von seinem Haupte, und legte sie in das Gras, und die blonden Haare rollten auf seinen Nacken herab.

Und seine blauen Augen schauten in ihr Angesicht, und ihre braunen in das seine.

»Wie wird denn die Burg heißen, die du baust?« fragte Bertha.

»Witikohaus«, antwortete Witiko. »Aber, Bertha, du hast einmal gesagt: Ich weiß nicht, ob ich in Böhmen wohnen möchte; und die Burg wird in Böhmen stehen.«

»Und die Mutter hat gesagt«, antwortete Bertha: »wir Frauen, die wir abhängig sind, wissen nie, wo wir wohnen werden, und wo wir dann mit den Unsrigen wohnen, wird es uns auch gefallen.«

»Und wird es dir so gefallen?« fragte Witiko.

»So wird es mir gefallen«, antwortete Bertha.

»Dein Vater hat gesagt, Bertha«, sprach Witiko: »Die alten Böhmen haben ihre Burgen und die Verbalkungen ihrer Zupen stets in der Ebene gebaut, wo Sümpfe waren, oder zwei Wässer zusammen gingen, so daß nur auf einer Seite ein Eingang war. Ich baue meine Burg nicht so.«

»Das wäre häßlich«, sagte Bertha.

»Ich habe damals deinem Vater geantwortet«, sprach Witiko: »Wo ein steiler Fels gegen Wasser vorgeht, daß er rückwärts nur mit einer schmalen Zunge am Lande hängt, wird eine gute Wohnung sein. Und dein Vater baut jetzt die Burg Schauenberg auf einer solchen Zunge, nur daß kein Wasser vor dem Felsen ist.«

»Kennst du den Schauenberg?« fragte Bertha.

»Ich bin auf einem Gerüste der Burg gestanden, die gebaut wird, als ich nach Landshut ritt«, antwortete Witiko. »Ich habe aber, da ich zum ersten Male bei euch war, auch gesagt: Ein großer Wald, der einem zahlreichen Feindeshaufen den Zugang wehrt, und ihm Nahrung versagt, könnte auch als Schutz dienen. Und so baue ich mir die Burg.«

»Sieht man von ihr so herum, wie von der Burg Schauenberg?« fragte Bertha.

»Noch viel weiter«, antwortete Witiko. »Bertha, du wirst auf dem Söller der Burg stehen wie auf dem Fels der drei Sessel, und wirst das ganze Alpengebirge sehen, so weit Augen zu reichen vermögen, da, wo das Land Bayern im Mittage an diese Gebirge stößt, und weiter gegen Morgen hin, wo das Land gegen Mittag an die Gebirge stößt, das der Markgraf von Österreich beherrscht, bis zu dem Lande Ungarn, in das sich die Berge senken. Du wirst die Gaue des Landes Bayern sehen, wo die Mihel fließt, wo die Donau strömt, wo die Enns und die Traun ist, du wirst Gaue des Landes Österreich sehen, und Wiesen und Felder und Wälder in allen Gauen, und lichte Stellen, die Burgen sind oder Kirchen oder Ortschaften. Und wenn du mitternachtwärts schauest, so siehst du die Moldau unten in den Forsten, und du siehst die Flecke in dem großen Walde, wo Wiesen und Felder und Wohnungen sind, und siehest dahin bis zu den letzten Säumen der Bäume.«

»Der Vater lobt die Stelle«, sagte Bertha, »er ist oft dort gewesen, und ist in der letzten Zeit wieder in dem Lande Böhmen gewesen.«

»Und unterhalb deiner Augen von der Burg hinab«, sagte Witiko, »ragen, wie du an dem großen Steine gesagt hast, die Wipfel des Waldes empor; aber es gehen nicht die goldenen Felder der Ähren dahin oder der grüne Sammet der Wiesen, wie an dem Fuße des Felsens, auf welchem die Burg Schauenberg steht.«

»Ist der Wald, in dem die Burg stehen wird, groß?« fragte Bertha.

»Er ist ein Wald in den Wäldern«, antwortete Witiko. »Wenn du von dem Friedbergwalde, wo die Häuser von Friedberg an der Moldau liegen, durch ihn zur Burg hinan gehst, so ist das der kürzeste Weg, und du brauchst länger als eine Stunde zu ihm. Von der Burg gegen Mittag hinab bis zur Mihel gingest du leicht in zwei oder drei Stunden, und gegen Abend, und wo der Wald sich biegt, gegen Mitternacht, brauchtest du viele Tagereisen, und gegen Morgen wenigere, oder auch viele.«

»Und wo ist dein Gebiet?« fragte Bertha.

»Du wirst von der Burg den Kreuzberg sehen, von dem gegen Mittag der obere Plan liegt«, antwortete Witiko. »Von Plan der Moldau entgegen kömmt man zu dem Saume des Berges, darauf euer schwarzer See ist. Von diesem Saume über den oberen Plan hin nach Friedberg, und weiter an der Moldau hinab, bis wo sie durch die Schlucht der Kienberge geflossen ist, und mitternachtwärts gegen den Fels des Rosenberges und gegen die krumme Au geht, sind die Häuser und die Menschen zerstreut, die mir pflichtig sind. Andere sind dazwischen, die zu Rowno gehören oder zu Diet oder zum Herzog. Die Stücke Waldlandes, die mir der Herzog gegeben hat, sind um Plan, um die untere Moldau, und um Friedberg. Die Bäume, die du von der Burg bis gegen die Mihel siehst, und von der andern Seite bis an die Moldau vor Friedberg, sind unsere Bäume.«

»Ist eine Kirche bei der Burg?« fragte Bertha.

»Es ist die kleine Burgkirche in der Burg«, entgegnete Witiko, »in Friedberg ist eine hölzerne Kirche, die jetzt größer gebaut wird, und wenn mich Gott segnet, beginne ich noch den Bau einer steinernen Kirche des heiligen Apostels Thomas in der Nähe meines Hauses.«

»Und in diesem Hause wirst du sein, Witiko«, sagte Bertha, »du wirst Männer und Freunde haben, du wirst des Waldes pflegen, du wirst in die Geschicke des Landes handeln, und in den Rat des Herzoges gehen.«

»Und in diesem Hause wirst du sein, Bertha«, sagte Witiko, »du wirst Frauen haben, du wirst der Heimat pflegen, du wirst in die Geschicke des Landes blühen, und zu Hofe nach Prag gehen.«

»Und in diesem Hause werde ich sagen: Witiko, jetzt ist dir keiner gleich«, antwortete Bertha.

»Und ich werde in dem Hause sagen: Bertha, dir ist keine gleich, und sage es jetzt schon«, sprach Witiko.

»Nun aber gehen wir zu den Eltern«, antwortete Bertha, »Witiko, nimm deine Haube wieder, und komme.«

Witiko nahm seine Haube, und setzte sie auf.

Dann erhoben sie sich, er nahm Bertha bei der Hand, und sie gingen am Saume des Waldes hin, und gingen auf dem nämlichen Wege in das Haus, auf welchem ihn Bertha vor sechs Jahren in dasselbe geführt hatte.

Als sie in das Gemach kamen, von welchem sie ausgegangen waren, sahen sie den Vater und die Mutter noch bei einander sitzen.

Sie grüßten die Eltern, die Eltern grüßten sie.

»Nun, habt ihr die Stelle besucht?« fragte Heinrich.

»Wir haben sie besucht«, antwortete Witiko.

»Wir sind auch auf den Steinen an der Sperwiese gesessen«, sagte Bertha.

»Habt ihr an dem Häuschen der heiligen Mutter ein kurzes Gebet gesprochen?« fragte Wiulfhilt.

»Wie wir vor sechs Jahren bei dem Häuschen gebetet haben«, antwortete Bertha, »so haben wir heute auch gebetet.«

»Vergiß den Himmel nicht, mein Kind, und der Himmel wird deiner nicht vergessen«, sagte Wiulfhilt, »und bei Witiko wird es auch so sein.«

»Witiko hat vor sechs Jahren am Sonntage in dem Walde gebetet«, sagte Bertha.

»Und dann habe ich mein Glück gefunden«, sprach Witiko. »Gott hat mir stets mehr gegeben, als ich verdient habe. Hoher Herr und hocherhabene Frau, ist es euch genehm, die Abbildung der Burg zu sehen, die ich baue, so lasse ich sie bringen?«

»Zeigt sie uns«, antwortete Heinrich, »laßt aber das Begabungspergament bei Seite.«

»Wie es Euer Wille ist«, sagte Witiko.

Heinrich rief durch einen Schlag auf eine Glocke einen Diener herbei. Witiko sagte ihm, er möchte sich von seinem Knechte Raimund die braune Ledertasche geben lassen, und sie bringen.

Der Diener brachte die Tasche.

Witiko öffnete ihr Schloß, und zog ein Pergament heraus, und legte es vor Heinrich und Wiulfhilt auf den Tisch. Das Pergament war schneeweiß, und auf dem weißen Grunde war das Bild einer Burg und eines Waldes an ihren Seiten in Farben.

»Wie schön«, sagte Heinrich.

»Das ist ein Bild, der Aufbewahrung wert«, sprach Wiulfhilt.

»Es wird auch aufbewahrt«, antwortete Witiko. »Diese Fenster sehen nach Mittag, diese nach Morgen, die auf den Rückseiten, welche auf dem Bilde nicht erscheinen, sehen nach Mitternacht und Abend, und innerhalb aller dieser Fenster sind rings die Gemächer des Burgherrn und der Burgfrau. Über diesen sind andere Gemächer, und unter ihnen ist die Burgkirche, der Saal, und andere Gelasse. Hier sind die Vorbauten mit Wohnungen, und zwischen dem Vorbaue und dem Hauptbaue ist der Burghof. Hier sind Ställe und Vorratsräume, und hier schließt sich die Verteidigungsmauer. In den andern Blättern sehet ihr die innere Ausdehnung und Einteilung.«

Witiko zog noch mehrere Blätter aus der Ledertasche, auf welchen Zeichnungen mit Linien waren.

Heinrich betrachtete die Blätter sehr genau, dann sagte er: »So wie ich jetzt meine, ist die Burg gut erdacht und überlegt. Hat sie der Baumeister Eppo erfunden?«

»Ich habe ihm den Platz beschrieben, auf dem die Burg stehen soll«, antwortete Witiko, »und habe ihm gesagt, wie ich mir die Burg denke. Dann hat er auf Blättern zu zeichnen angefangen, wir haben daran abgeändert, bis die Sache so wurde, wie sie ist. Dann hat er die Abbildungen verfertigt, und mir die Nachbilder auf Pergament gemacht.«

»Und er baut jetzt die Burg«, sagte Heinrich.

»Er baut sie«, antwortete Witiko.

»So sei der Segen Gottes über ihm«, sprach Heinrich.

»Er möge es sein«, sagte Witiko.

Dann reichte er das Pergament mit dem Farbenbilde an Bertha.

Bertha betrachtete es, gab es dann wieder zurück, und sagte: »Witiko, es ist ein schönes Bild und ein schönes Haus.«

»Und die drinnen wohnen werden, sollen glücklich sein«, sprach Witiko.

Dann ordnete er die Blätter wieder in die Ledertasche, schloß die Tasche, und schickte sie in sein Gemach.

Es waren hierauf noch verschiedene Gespräche zwischen Heinrich, Wiulfhilt, Bertha und Witiko.

Dann verabschiedete sich Witiko, und ging in sein Gemach.

Das Abendessen war in dem Waldhause wie in früheren Zeiten.

Des andern Morgens ging Witiko zu dem Köhler Mathias.

Der Köhler und sein Weib erhoben einen Freudenruf, als sie Witiko erblickten.

»Witiko, Witiko«, rief die Frau, »jetzt ist alles gut, jetzt hat Gott mein Gebet erhört, wir wissen es, und wissen schon alles, es ist alles gut.«

Und sie reinigte mit einem Tuche die Bank, auf welche sich Witiko setzen sollte.

»Der Himmel hat Euch gesegnet, seit Ihr an jenem Sonntage von uns fort geritten seid, und wir freuen uns des Segens«, sagte Mathias.

»Ich weiß es«, sagte Witiko, »ich habe eurer oft gedacht, und werde eurer noch denken.«

»Wollt Ihr eine Milch, sie ist die beste in dem Walde«, sprach die Frau.

»Gib mir später eine Milch, Margaretha«, sagte Witiko, »jetzt aber nenne und bringe mir einen Mann, Mathias, der sicher eine Botschaft zu meiner Mutter in unsern Hof Pric trägt.«

»Ich weiß schon«, sagte Mathias, »das muß Eure Mutter schnell erfahren, und weil meine Meiler rauchen, muß der alte Peter gehen, er geht in seinem Ledergewande in einem und unausgesetzt fort, bis er dort ist, und dann geht er wieder zurück.«

»Und bürgst du für ihn?« fragte Witiko.

»Ich bürge für ihn«, antwortete Mathias.

»So hole ihn«, sprach Witiko.

Mathias ging fort, und kam nach einer Zeit mit Peter zurück, und sagte: »Er wird nach Pric gehen.«

»Bist du des Weges kundig?« fragte Witiko den Mann.

»Wie der Diele meiner Stube«, antwortete der Mann.

»So trage den Brief, der in diesem Tuche ist, nach Pric«, sagte Witiko, »gib ihn Wentila, meiner Mutter, und bringe mir die Antwort am achten Tage nach Friedberg. Hier hast du Lohn für den Hinweg, in Friedberg erhältst du ihn für den Rückweg. Rüste dich, daß du bald fort gehen kannst. Spute dich, raste, wo du es bedarfst, und genieße deiner Nahrung.«

»Ich raste nicht viel«, sagte der Mann, »und habe meine Nahrung bei mir.«

Witiko gab ihm den Brief und etwas an Gelde. Peter nahm beides, und ging fort.

Witiko blieb noch eine Weile bei den Köhlerleuten, und trank etwas von der Milch, welche ihm Margaretha nun reichte. Die Kinder kamen von dem Walde, und Witiko beschenkte sie. Die Köhlerleute sprachen von den Dingen, die geschehen waren, und Margaretha sagte, sie habe Witiko geweissagt, da er einmal von ihnen Abschied genommen habe; denn sie habe die Worte gesagt: Erlebet recht große Dinge.

»Sie sind so groß nicht geworden«, sagte Witiko.

Nach einer Zeit verabschiedete er sich, und ging wieder in das Waldhaus Heinrichs von Jugelbach zurück.

Er lebte nun als Gast in dem Hause mit Heinrich, Wiulfhilt und Bertha. Heinrich zeigte ihm genau alle Zubehör des Hauses, und sie sprachen von der Gebarung mit Feld, Wiese, Wald und Viehstand. Einmal waren alle und drei Dienstmannen Heinrichs, die gekommen waren, auf dem Fels der drei Sessel, und ein anderes Mal waren sie bei dem schwarzen See, und wieder andere Male an verschiedenen Stellen des großen Waldes. An einem Vormittage saßen Witiko und Bertha auch auf den Steinen der Sperwiese, da die Sonne auf dieselben schien.

Am sechsten Tage, da Witiko in dem Hause Heinrichs war, ging er des Nachmittages allein im Walde auf dem Wege, der zu den Sesseln führt. Da sprang über grünbemooste Steine zwischen den Stämmen Wolf zu ihm, blieb stehen, sah ihn an, und sprach: »Ihr habt mir schon im Hauzenberge Vergunst zum Reden gegeben, gebt sie mir heute auch.«

»Die hast du immer, Wolf«, sagte Witiko, »ich habe mit dir in dem Speisesaale geredet, und du mit mir, und du hast alle Tage mit mir reden können.«

»Aber geheim und allein«, sagte Wolf.

»So rede geheim und allein«, sprach Witiko.

»Es muß so sein«, antwortete Wolf. »Ich bitte Euch, nehmet mich in Eure Dienste.«

»Willst du deinen Herrn, Heinrich von Jugelbach, verlassen?« fragte Witiko.

»Ich will ihn nicht verlassen«, antwortete Wolf, »sondern recht bei ihm bleiben, nämlich bei Bertha, seiner Tochter. Ihr werdet sie heiraten, und da werden Frauen mit ihr zu Euch gehen, ihr zu dienen, ich weiß nicht, ob auch Männer mitgehen, die ihre und Eure Diener sind; aber es soll einer mitgehen, und ich ginge mit.«

»Bist du Bertha so zugetan?« fragte Witiko.

»Freilich, und ich muß ihr ja in vielem helfen«, sagte Wolf, »sie ist hochgeistig wie ihr Vater, und hilft sich in manchem nicht, was sie will. Es wäre eine wahre Schandtat gewesen, wenn Ihr sie nicht geheiratet hättet. Und seit Ihr mit den zwei andern da gewesen seid, seid Ihr wieder gar nicht gekommen, was nicht recht ist.«

»Bertha sagt, es ist recht gewesen«, sprach Witiko.

»Sie sagt es; aber ich sage, es ist gar nicht recht gewesen«, antwortete Wolf, »da seid Ihr aber doch gekommen, und alles ist gut geworden, ich weiß es schon, alles ist mir gelungen.«

»Dir ist es gelungen«, sagte Witiko.

»Da Ihr einmal bei uns gewesen seid, und da ich mit Euch auf dem Sesselfels und auf dem Hohenstein und bei dem schwarzen See gewesen bin«, sprach Wolf, »und da Ihr fort geritten waret, und da Ihr so lange in dem oberen Plane wartet, da bin ich manches Mal in den Wacholderbüschen gelegen, wenn Ihr von dem Kreuzberge auf unseren Wald geschaut habt. Ich bin in dem Walde gelegen, wenn Ihr geritten seid, ich bin in den Kornhalmen gewesen, wenn Ihr mit den Männern auf Euren Gassenbänken gesessen seid. Ich bin in manchem Hause gewesen und in mancher Ortschaft, und habe ihnen einen Topf gebunden oder Reifen geschnitten, und da habe ich gehört, was sie von Euch sagen.«

»Du bist also mein Späher gewesen«, sagte Witiko.

»Ja«, entgegnete Wolf, »Bertha hat kein Wörtlein gesagt; aber wenn ich ihr von Euch erzählte, daß ich Euch gesehen habe, und was Ihr getan habt, blickte sie sehr freundlich. Es sind nur jetzt keine Rosen; aber da Ihr damals fort geritten waret, trug sie immer Rosen auf dem Haupte, seit Ihr sie mit den schlechten roten Rosen gesehen habt. Und bei Eurem Feste auf dem Pferdeanger bei dem oberen Plane bin ich auch gewesen.«

»Bist du bewirtet worden?« fragte Witiko.

»Ich habe Eures Bieres und Eures Bratens hinlänglich bekommen«, sagte Wolf, »und ich habe auch unserem Herrn erzählt, was Ihr getan habt, wie die Leute davon reden, und was ich selber gesehen habe, und ich bin auf den Grund gekommen, daß Ihr treu sein werdet.«

»Und du möchtest in meiner Burg leben?« fragte Witiko.

»Ja«, entgegnete Wolf, »sie wird sehr schön, ich habe sie schon bauen gesehen, und bin neulich hinein gerannt.«

»Wenn Heinrich von Jugelbach, und wenn seine Ehegemahlin Wiulfhilt von Dornberg nicht dagegen sind«, sprach Witiko, »und wenn Bertha es will, so magst du in meine Burg kommen.«

»Seht, ich habe es gewußt, daß Ihr gut seid«, entgegnete Wolf, »es wird ihnen schon genehm sein, und ich werde Euch Tag und Nacht dienen, und wir werden oft zu Herrn Heinrich und Frau Wiulfhilt kommen. Und Bertha wird mir die Befehle erteilen. Habt Ihr das schöne Pferd noch?«

»Ich habe es noch«, sagte Witiko, »aber es altert schon.«

»Gute Pferde halten lange in die Zeit«, sprach Wolf. »Unser Herr nimmt die guten von hier immer mit nach Jugelbach, und läßt die da, welche langhaarig sind. Eure Reiter auf dem Anger haben auch kleine langhaarige Pferde gehabt.«

»Diese Pferde waren in dem Kriege sehr brauchbar«, sagte Witiko.

»Ich weiß es, weil sie Waldpferde sind, und genügsam und arbeitsam, und weil sie gut klettern können«, sprach Wolf, »das Pferd, auf dem Ihr gekommen seid, ist fein.«

»Mir hat es der Herzog Wladislaw gegeben«, antwortete Witiko.

»Bei uns ist kein Krieg«, sagte Wolf, »und wenn ich bei Euch bin, werde ich mit Euch in den Krieg gehen, und mir Geschenke und Pferde erwerben.«

»Wenn du im Kriege tüchtig bist, wird es dir nicht fehlen«, sagte Witiko.

»Ich werde tüchtig sein«, antwortete Wolf.

»Und nun, Wolf, hast du noch andere Dinge an mich?« fragte Witiko; »denn sonst muß ich mich von dir verabschieden.«

»Nein, verabschiedet Euch nur, und ich danke Euch für alles, und alles wird recht werden, und gehabt Euch wohl, hoher Herr«, sagte Wolf.

»Gehabe dich wohl«, sagte Witiko.

Und Wolf sprang wieder über die Steine zwischen den Stämmen davon, wie er gekommen war. Witiko aber ging seines Weges weiter.

Am siebenten Tage verabschiedete er sich von dem Waldhause Heinrichs von Jugelbach, und ritt nach Friedberg zurück.

Zwei Tage darauf brachte ihm der alte Peter den Brief seiner Mutter.

Witiko lohnte den alten Peter, und dieser begab sich auf den Heimweg.

Nun ließ er Zeichen in Bäume seines Waldes schlagen, daß sie gefällt würden, wenn es an der Zeit wäre. Dann begann er an einer Stelle reuten zu lassen, und machte den Anfang, einen hölzernen Hof für Rinder zu bauen, und dann ritt er zu seiner Mutter nach Pric, und blieb eine Woche dort. Hierauf begab er sich wieder nach Friedberg zu dem Baue seiner Burg.

Der Bau ging schnell fort, weil immer viele Menschen daran arbeiteten, und immer neue freiwillig herzu kamen.

Und ehe die Blätter der Birken gelb wurden und die Blätter der Buchen rot, ragte der Bau mit den Gerüsten wie ein großer viereckiger Turm von dem Saume des Waldes empor, daß er weither gesehen werden konnte. Man vermochte ihn von den Berggipfeln des Landes im Mittage bis von den Höhen an den Donauufern aus zu erblicken, man vermochte ihn von den Gipfeln der Wälder an der Moldau, und von dem Tale der Moldau oberhalb Plan bis Friedberg hinunter zu erblicken, und die Mädchen von Plan stiegen auf den Kreuzberg, um den Bau Witikos recht deutlich erschauen zu können.

3. Es kamen tausend Scharen

Als sich wieder der Herbst annäherte, ritt Witiko mit einem Geleite von Friedberg gegen Prag. Er sah auf seinem Wege manche Herren mit ihrem Gefolge des nämlichen Weges ziehen, und er sah andere Menschen dahin wandern.

Da er in Prag angelangt war, zog er mit seinen Männern in eine Herberge des rechten Burgfleckens. Es waren sehr viele Menschen in Prag, insonderheit von den hohen und niederen Herren mit ihren Mannen.

Witiko ging an dem Tage nach seiner Ankunft zu dem Herzoge. Bei dem Herzoge waren Herren, die zu dem Gruße des Herzoges gekommen waren. Witiko brachte auch seinen ehrerbietigen Gruß dar, und der Gruß wurde von dem Herzoge freundlich erwidert. Der Herzog und die Herren sprachen von den mannigfaltigen Dingen, die sich in dem Lande vollendeten. Manche Herren gingen fort, andere kamen wieder. Witiko verabschiedete sich auch, und ging zu der Herzogin. Bei ihr waren hervorragende Männer, ihren ehrfurchtvollen Ankunftsgruß darzubringen. Witiko tat es ebenfalls, und er wurde von der Herzogin liebreich empfangen. Dann verabschiedete er sich, und ging wieder in seine Herberge.

In der folgenden Zeit besuchte er mehrere Herren, Männer und Freunde, mit denen er in dem ersten und in dem zweiten Kriege gewesen war.

Auf den vierten Tag nach seiner Ankunft war eine Versammlung bei dem Herzoge anberaumt.

Witiko ging in dieselbe.

In dem großen Saale des Herzoghofes saß auf einem erhöheten Stuhle Wladislaw, der Herzog von Böhmen und Mähren. Dann saß auf einem gleichfalls erhöheten Stuhle Guido, der Gesandte des Heiligen Vaters Innozenz. Dann saßen auf Stühlen Otto, der Bischof von Prag, Daniel, der Dompropst von Prag, Silvester, der ehemalige erwählte Bischof von Prag, Gezo, der Abt von Strahow, Peter, der Abt von Brewnow, dann die Äbte von Kladrau und Wilimow, und andere Äbte, Pröpste und Priester. Dann saßen auf Stühlen Diepold und Heinrich, die Brüder des Herzogs, Bolemil, der alte Leche, Wšebor, der alte Leche, Lubomir, Diwiš, Preda, Bozebor, und alle, welche in der Schlacht bei Znaim gewesen waren, und noch viele, die Witiko nicht kannte.

Da sich alle geordnet hatten, rief Wladislaw, der Herzog von Böhmen und Mähren: »Saget ihnen, die in dieser Versammlung sprechen wollen, daß sie kommen.«

Ein Mann öffnete die Flügel einer Tür, und nach kurzer Zeit kamen in reichen Gewändern durch die Tür Konrad, der Herzog von Znaim, Wratislaw, der Herzog von Brünn, Otto, der Herzog von Olmütz, dann Leopold und Spitihnew, die Söhne Boriwoys, und Wladislaw, der Sohn des verstorbenen Herzoges Sobeslaw.

»Setzet euch auf eure Stühle«, sagte der Herzog.

Die, welche herein gekommen waren, setzten sich auf Stühle, welche da standen, und von der Versammlung durch einen Raum des Saales getrennt waren.

Dann sprach Wladislaw, der Herzog von Böhmen und Mähren: »Konrad, welcher du Herzog von Znaim gewesen bist, Wratislaw, welcher du Herzog von Brünn gewesen bist, Otto, welcher du Herzog von Olmütz gewesen bist, Leopold und Spitihnew, Söhne meines Oheims Boriwoy, und Wladislaw, Sohn meines Oheimes Sobeslaw, ihr seid auf meine Kunde nach Prag gekommen, die Beschwerde zu führen, weshalb ihr die Waffen gegen mich ergriffen habet. Weil ihr eure Beschwerden durch die Waffen führen wolltet, mußte euer Aufstand niedergeworfen werden. Führet nun eure Beschwerden mit Worten. Sind die Beschwerden gerecht, so werde ich sie abstellen, und euch Genugtuung geben. Sind sie ungerecht, so kann der, welcher es will, nach Gebühr um Verzeihung bitten, der es aber nicht will, kann in das fremde Land zurückkehren, aus dem er nach Prag gekommen ist. Es wird keiner geschädigt werden, wie ich es versprochen habe. Konrad, wenn es dir genehm ist, rede.«

Konrad schwieg eine kurze Frist, dann sprach er: »Wladislaw, Sohn des ruhmreichen Herzoges Wladislaw, Neffe des letzten verstorbenen ruhmreichen Herzoges Sobeslaw, der du jetzt den Stuhl der Herzoge von Böhmen und Mähren in deiner Gewalt hast, höre mich. Du bist von den hohen und niederen Herren der Länder Böhmen und Mähren auf dem Tage in der Burg Wyšehrad zum Herzoge von Böhmen und Mähren gewählt worden, und bist nach dem Tode des ruhmreichen Herzoges Sobeslaw auf den Fürstenstuhl gesetzt worden. Die Sprossen aus dem Stamme Premysl sind nicht bei der Wahl gewesen. Dann aber sind auch die reichsten und mächtigsten und vornehmsten Lechen, welche dich wählen geholfen haben, zu mir gekommen, und haben gesagt, du erfüllest die Erwartungen nicht, welche sie zu Recht von dir als Herzog tragen mußten. Sie machten eine neue Wahl, und erkoren mich zum Herzoge von Böhmen und Mähren. Die Sprossen des Stammes Premysl stimmten bei, nur deine zwei Brüder nicht. Ich meinte, daß es meine Pflicht für die Länder fordere, und nahm die Wahl an. Du widerstrebtest, als ich nach Prag gehen, und mich auf den Fürstenstuhl setzen wollte, und es entstand der schwere Krieg, welcher sehr viel Unheil brachte, und du behieltest nach dem Kriege die Macht. Das ist meine Rede.«

Der Herzog Wladislaw antwortete: »Konrad, du bringst keine Beschwerde vor; denn wenn ein Herzog durch die Ladung aller hohen und niederen Herren der Länder zu einer Wahl von denen, die der Ladung gefolgt sind, als Herzog gewählt wird, und wenn dann von einer Zahl von Herren wieder ein Herzog gewählt wird, indes eine andere Zahl widerstrebt, und der frühere Herzog müßte dem späteren weichen, so könnte von verschiedenen Zahlen von Herren eine Reihe von Herzogen gewählt werden, die einander verdrängen, und das Herzogtum wäre kein Herzogtum, sondern ein Wettspiel. Wenn du aber keine Beschwerde gebracht hast, so hast du nur gesagt, daß du im Aufruhr gewesen bist. Wratislaw, wenn es dir genehm ist, rede.«

Wratislaw sprach: Es ist mir genehm. Du bist einst nur der Neffe des Herzoges Sobeslaw gewesen, ein Zweig des Stammes Premysl wie wir. Du warst unser Genosse und warst der Genosse der jungen Söhne der mächtigen Lechen der Länder. Du bist mit uns nach den Vergnügungen gezogen, nach denen wir und sie gezogen sind. Du hast unsern Rat in allem befolgt, und hast gesagt: Wenn ich Herzog wäre, würden wir diese Sache anders machen, jene würden wir wieder anders machen, dieses würden wir tun, dieses würden wir lassen. Du hast uns Mitwirkung eingeräumt. Und hast du sie uns, den Jungen, eingeräumt, so hast du sie um so mehr den Räten des Herzogstuhles und den alten weisen Lechen eingeräumt. In diesem Sinne bist du zum Herzoge gewählt worden. Du aber hast dann als Herzog gehandelt, wie du allein wolltest. Du hast unsere Anliegen, die Anliegen der Söhne Premysls, nicht gehört, du hast die Anliegen der alten Räte und Lechen und der mächtigsten Herren nicht gehört, du hast uns unterdrückt, und du hast die Rede und die Mitwirkung der Herren bei der Verwaltung der Länder, welche alle Herzoge seit den ältesten Zeiten geehrt haben, in die Luft gestreut. Darum wärest du kein Herzog mehr, sondern ein Eroberer, und wir haben uns unseren Herzog gewählt, und haben die Waffen erhoben, um unsere Rechte zu wahren. Du hast im Kriege deine Gewalt behalten und vermehrt. Willst du, wie du sagst, den Beschwerden abhelfen, und Genugtuung leisten, so kannst du wieder ein Herzog werden, und wir werden dir dienen, so sie dich wählen. Diese Worte habe ich geredet.«

Darauf sagte Wladislaw: »Ich werde dir später antworten, Wratislaw. Otto, sprich.«

Otto sagte: »Ich rede wie Wratislaw geredet hat.«

Dann sagte Wladislaw: »Leopold, sprich.«

Leopold antwortete: »Ich rede wie Wratislaw.«

Dann sagte Wladislaw: »Spitihnew, sprich.«

Spitihnew entgegnete: »Ich rede genau so wie Wratislaw.«

Dann sagte Wladislaw: »Wladislaw, Sohn Sobeslaws, sprich.«

Wladislaw antwortete: »Du sagst mit Recht: Sohn Sobeslaws; darin liegt meine Klage. Ich rede zuerst, wie Wratislaw geredet hat, und dann rede ich, wie ich rede. In der Rede Wratislaws sage ich: Du hast uns unterdrückt und hintangesetzt. In meiner Rede sage ich: Du hast mir den Herzogstuhl geraubt. Die hohen und niederen Herren der Länder Böhmen und Mähren haben auf dem Tage in Sadska meinem erhabenen Vater Sobeslaw angelobt, daß ich nach seinem Tode Herzog sein soll, und sie haben mich als den Nachfolger Sobeslaws mit ihrem Eide anerkannt. Dann haben sie, als mein Vater erkrankt war, ihren Eid gebrochen, und haben dich auf dem Wyšehrad zum Herzoge erkoren. Die Wahl ist nichtig gewesen. Und als mein Vater gestorben war, haben sie dich auf den Herzogstuhl gesetzt, und die heilige Feier ist nichtig gewesen. Ich bin der Herzog gewesen, du aber hast die Macht gehabt, und hast sie noch. Das ist meine Rede.«

»Habt ihr gesprochen?« fragte der Herzog Wladislaw.

Es antwortete keiner.

»Ist einer unter euch, der zu dem, was geredet worden ist, noch etwas hinzu fügen will?« fragte der Herzog Wladislaw wieder.

Es antwortete keiner von den Männern.

»So rede ich, wie folgt«, sprach der Herzog. »Es ist wahr, was du gesagt hast, Wratislaw, daß ich in der Jugend euer Genosse gewesen bin, und ich bin der Genosse der jungen Söhne der hohen und mächtigen Herren gewesen, und es hat sich auch mancher zu uns gefunden, der von keinem hohen oder mächtigen Herren der Länder stammte. Ich wollte ein guter Genosse sein, und weil ich es wollte, ließ ich euch schalten. Es ist wahr, daß ich euern Rat befolgt habe. Ihr rietet Dinge des Vergnügens an, und weil in den Dingen ein Vergnügen lag, so gingen wir nach ihnen. Es ist wahr, daß ich gesagt habe: Wenn ich Herzog wäre, so würden wir dieses oder jenes tun. Aber es ist nicht wahr, daß ich euch die Mitwirkung versagt habe, als ich Herzog geworden war, es ist nicht wahr, daß ich die Anliegen nicht gehört habe, es ist nicht wahr, daß ich euch unterdrückt habe, es ist nicht wahr, daß ich die Rede und die Mitwirkung der Herren bei der Verwaltung der Länder in die Luft gestreut habe. Es sind zu allen wichtigen Dingen der Länder die Versammlungen des Rates berufen worden, und es ist in dem Rate beschlossen worden, und es ist nach dem Beschlusse gehandelt worden. Viele der Männer unserer Länder, die in diesem Saale sitzen, sind in dem Rate gesessen. Viele sind in dem Rate gesessen, die jetzt in der Verbannung irren, mithin zu euch gestanden sind, und manche sind in dem Rate gesessen, die auf dem blutigen Felde der Waffen den Tod gefunden haben. Und wenn ich an dem heutigen Tage einen Rat halte, und euch zu sprechen erlaube, und euch antworte, da alle eure Macht und die Macht eurer Anhänger meine Macht ist, um wie viel mehr werde ich früher des Rates der Meinigen gepflogen haben. Und das habe ich in größerem Maße getan als ehemalige Herzoge, von denen du gesprochen hast, Wratislaw, und unter welchen Swatopluk mit dem Hauche seines Mundes ein ganzes Geschlecht vertilgt hat. Ihr seid aber zu dem Rate nicht gekommen. Ihr habet nicht Vorschläge an mich geschickt, die das Wohl des Landes betrafen. Ihr habet Forderungen gestellt, die eure Macht und euren Reichtum vermehren sollten, und wenn die Forderungen nicht bewilliget werden konnten, so ist auch der Grund dazu gesagt worden. Auch solche, die in dem Rate saßen, haben Forderungen außer dem Rate gemacht, denen keine Statt gegeben werden konnte. Sie wollten nicht Mitwirker des Herzoges sein, sie wollten selber der Herzog sein. Der Herzog aber ist der Vater des Landes, und darf nicht einem Manne, wie hoch er sei, Macht und Gut zu seiner Lust verleihen, und darf nicht seine Herzogsmacht in fremde Hände legen.«

»Du hast mir meinen Hof zu Chynow genommen«, rief Wratislaw.

Der Herzog antwortete: »Wratislaw, bringe nicht einzelne Dinge in deine Worte; über die einzelnen Dinge richten die Höfe, zu denen sie gehören. Du hast deinen Hof zu Chynow in dem Streite um ihn durch den Spruch des Gerichtshofes verloren.«

»Du bist der Gerichtshof gewesen«, rief Wratislaw.

»Das beantworte ich nicht«, sagte der Herzog, »oder ich müßte über dich ein Gericht halten lassen, was dem sicheren Geleite zuwider wäre, das ich euch versprochen habe.«

»Und wenn du nicht Macht und Gut in die Hände der Fürsten der Länder und in die Hände der hohen Diener der Länder legen wolltest«, rief Wratislaw, »so hast du sie in die Hände geringerer Leute gelegt. Den niederen Mann Odolen, dessen Vater nichts ist, und den Knaben Witiko, dessen Herkunft man nicht kennt, welche beide aber bei Pilsen die hohen Sprossen des Stammes Premysl gedemütigt haben, hast du zu Macht und Gut und Ehren erhöht, daß sie den alten treuen Lechen des Landes ein Widerstreit sind. Odolen wird übermütig werden, und den edeln Söhnen des Landes Ärgernis geben, und Witiko wird ein Leche werden, das Waldland, das unter der sanften Hand der Herzoge war, als seinen Hof betrachten, der ihm Nahrung gibt, und wird es drücken und berauben.«

»Odolen, rede«, sagte der Herzog.

»Ich rede nicht«, antwortete Odolen.

»Witiko, rede«, sagte der Herzog.

Witiko sprach: »Ich rede, weil ich allein bei Pilsen eigenmächtig gehandelt habe, und ich rede aus Achtung vor der Abstammung von dem hochehrwürdigen Premysl. Wratislaw, ich habe euch bei Pilsen durch einen Fehler gegen die Oberhoheit des erlauchten Herzoges die Freiheit, die ihr vor der Überzahl unserer Männer schon verloren hattet, gegeben, um Blutvergießen im Kriege und anderes Unheil zu vermeiden. Der hohe Herzog hat mir den Fehler in Gnade verziehen. Welchen Sinn die Fürsten, die ich befreit habe, fortan gegen mich tragen werden, das habe ich damals nicht bedacht. Ob ich das Waldland bedrücken werde oder nicht, wird in der Zeit bekannt werden. Die Männer des Waldes sind durch keine andere Macht mit mir in den Krieg gegangen als durch mein Wort und ihren guten Willen gegen mich. So wird es bleiben, und sie werden eine Sache nicht verlassen, wenn ein Unglück kömmt, wie sie von dem Berge Wysoka, auf dem wir euch nicht besiegen konnten, nach Prag zur Verteidigung des Herzogstuhles gegangen sind. Wer durch Zwang folgt, verläßt im Unglücke den Zwinger, wie Tausende von Männern nach der Schlacht bei Znaim von den Mährern abgefallen sind.«

»Wladislaw, du hast dem Manne zu reden erlaubt, nicht ich«, sagte Wratislaw, »ich spreche daher nur weiter zu dir. Du hast den Jüngling Welislaw als Zupan auf den heiligen Wyšehrad gesetzt, wohin ein edler gereifter Sohn des Landes gehörte.«

»Welislaw, rede«, sagte der Herzog.

Welislaw antwortete: »Wie Odolen nicht geredet hat, so rede ich auch nicht.«

»Ich aber spreche zu dir, Wratislaw«, sagte der Herzog. »Wie in allen früheren Zeiten die Herzoge die, welche im Kriege, im Rate und in anderen Angelegenheiten und Fährlichkeiten des Landes Dienste getan haben, belohnt haben, so habe ich die, welche in den schweren Jahren, die jetzt vergangen sind, ihre Taten in Blut und Gut dargebracht haben, belohnt. Es sind die Hohen und die Niederen belohnt worden. Es ist gesetzt worden, daß Beschwerden in der Sache der Belohnungen in die Kammer des Herzoges kommen dürfen, und daß den Beschwerden abgeholfen werden würde, so es möglich ist. Es sind nur wenige Einwendungen gekommen, und diese sind gehoben worden, weil auch die Belohnungen früher in dem Rate beschlossen worden sind. Du hast wieder von einzelnen Dingen gesprochen, Wratislaw. Alle einzelnen Dinge sind den Männern, die in diesem Saale sitzen, bekannt. Die Forderungen, welche die Fürsten gestellt haben, sind den Männern bekannt, und es ist vor dieser Versammlung alles, was in euern Sachen aufgeschrieben worden ist, kund gemacht worden. Du hast Beschwerden gegen den Herzog, weil er der Herzog ist, nicht gemacht. So frage darum ich: Habe ich unschuldiges Blut vergossen? Habe ich einen Pfennig aus dem Lande gepreßt? Habe ich meinem Gerichtshofe die Urteile befohlen? Habe ich das Landesgut verschleudert?

Habe ich der Trägheit gepflogen? Habe ich die Diener der Kirche und des Landes geschmälert, und gekränkt?«

Alle schwiegen auf diese Worte des Herzoges.

Dann sprach der Herzog Wladislaw wieder: »Weil wir die Söhne des Stammes Premysl, welche in den Waffen gegen uns gestanden sind, eingeladen haben, zu kommen, und ihre Klage zu sprechen, und weil sie gekommen sind, und gesprochen haben: so sagen nun die hohen und die niederen Herren der Länder Böhmen und Mähren, welche in diesem Saale versammelt sind, ihre Meinung über das, was gesprochen worden ist. Otto, hochehrwürdiger Bischof von Prag, rede.«

Otto, der Bischof von Prag, erhob sich von seinem Sitze, und sprach: »Wladislaw, erlauchter Herzog der Länder Böhmen und Mähren, du hast einen andern Weg nach den Herzogskämpfen der Landeskinder gegen die Landeskinder zu wandeln beschlossen, als manche Herzoge vor dir getan haben. Die Herzoge haben ihre Sippen, welche gegen sie die Waffen erhoben hatten, um die Nachfolge zu stören, nach der Besiegung gestraft. Sie mußten oft an der Freiheit und oft an ihrem Leibe büßen. Du wolltest deinen Sippen, wenn sie eine hinreichende Beschwerde haben, Recht widerfahren lassen, und hast deine Herren der Kirche und des Landes berufen, sie zu hören. Du hast deine Sippen berufen, und hast ihnen zugesichert, daß sie unbeschädigt kommen und wieder gehen dürfen. Sie sind gekommen, und haben gesprochen. Und weil ihre Beschwerden nicht hinreichend sind, so erkenne ich, daß sie gefehlt haben, und daß sie dich in der gebührenden Art um Verzeihung bitten sollen. Du, hoher Herr, wirst ihnen gnädig sein.«

Nach diesen Worten setzte sich der Bischof wieder nieder.

Der Herzog Wladislaw sprach: »Diepold, rede.«

Diepold stand auf, und sprach: »Du bist der Herzog der beiden Länder und der Wladyk unseres Stammes. Einige deiner Sippen haben die Waffen gegen dich gekehrt, weil sie ihren Willen gegen den deinigen setzen wollten. Und hätten sie sonst was immer für Beschwerden, denen man gerecht werden müßte, so ist es doch an dem, daß sie ihres Aufruhres willen dich um Verzeihung bitten müssen. Du wirst mild sein und nicht Rache üben.«

Er setzte sich wieder nieder.

Der Herzog sprach: »Heinrich, rede.«

Heinrich sprach: »Sie haben gegen dich, den Herzog und Wladyk, Krieg geführt, und müssen dieser Tat wegen um Verzeihung bitten. Du wirst sie ihnen aber auch gewiß gewähren.«

Dann sprach der Herzog: »Silvester, ich habe dich bitten lassen, zu kommen, sage uns jetzt deine Meinung.«

Silvester stand auf. Sein weißer Bart floß auf das Kleid seines Klosters hernieder, und seine blauen Augen blickten auf die mährischen Fürsten, die auf ihren Stühlen saßen. Einen Augenblick sagte er nichts. Dann aber sprach er: »Hocherlauchter Herr, als dich die Versammlung der hohen und niederen Herren der Länder Böhmen und Mähren auf dem Wyšehrad zum Herzoge gewählt hatten, bin ich der Meinung gewesen, daß die Wahl nicht giltig ist, und daß du der Herzog nicht bist, weil in unseren Ländern überall kein Recht vorhanden ist, den Herzog zu wählen, und weil die hohen und niederen Herren der Länder Böhmen und Mähren für den Tod des Herzoges Sobeslaw schon seinen Sohn Wladislaw als seinen Nachfolger mit ihrem Eide anerkannt hatten. Als aber Wladislaw, der Sohn Sobeslaws, sein Recht aufgegeben und sich unter Konrad von Znaim gestellt hatte, bist du in der Art der Herzog geworden, wie es alle vor dir seit der Aufhebung des Altererblichkeitsgesetzes geworden sind, durch die Tatsache und die Macht. Und es mußte so sein, weil sonst so lange kein Herzog möglich wäre, als bis ein Nachfolgegesetz gemacht wird. Alle Guten sind zu dir gegangen, und mein Sinn ist auch bei dir gewesen. Darum meine ich, daß der Krieg deiner Sippen gegen dich, als ihren Herzog, Aufruhr gewesen ist, und daß er Auflehnung gegen dich, als ihren Wladyk, gewesen ist. Sie müssen daher in der Demut, die in dem Lande gebräuchlich ist, um Verzeihung bitten. Wer deine Handlungen beobachtet hat, weiß, was du tun wirst. Ich danke dir, hocherlauchter Herr, daß du mich gerufen hast, meine Meinung in dieser großen Sache vor dieser hohen Versammlung zu sagen.«

Nach diesen Worten setzte sich Silvester wieder auf seinen Sitz nieder.

Hierauf sagte der Herzog: »Daniel, Propst von Prag, rede.«

Daniel sprach: »Meine Rede ist kurz. Der Aufruhr deiner Sippen gegen dich, den Herzog und Wladyk, ist da gewesen, und die Sippen sollen in gebräuchlicher Art die Verzeihung erflehen.«

Dann sagte der Herzog: »Gezo, Abt von Strahow, rede.«

Gezo, der Abt von Strahow, aber sprach: »Ich rede, wie Daniel, der Propst von Prag, geredet hat.«

Und wie Gezo sprachen auch die andern Äbte und Priester.

»Und was sprichst du, Bolemil?« fragte der Herzog.

»Ich spreche«, antwortete Bolemil, »machet ein Herzogs-Nachfolgegesetz, und macht Einrichtungen, daß es gehalten werden muß. Jetzt aber ist es das Recht und der Gang der Dinge wie immer, daß deine Sippen deine Verzeihung erflehen.«

»Und was spricht Diwiš?« fragte der Herzog.

Diwiš antwortete: »Ich spreche wie Bolemil.«

»Und was spricht Lubomir?« fragte der Herzog.

Lubomir antwortete: »Ich spreche, daß deine Sippen, welche hier vor uns sitzen, freventlich gegen dich im Aufruhre gewesen sind, weil in den Schriften und in ihren Worten kein Anlaß enthalten ist, der sie dazu gezwungen hat. Sie müssen dich daher um Verzeihung anflehen. Du aber, hoher Herr, sei mild, und gewähre sie ihnen.«

Und so wie die Männer, welche von dem Herzoge gerufen worden waren, gesprochen hatten, so sprachen alle hohen und niederen Herren der Länder Böhmen und Mähren, welche in dem Saale versammelt waren. Sie sagten, die Fürsten müssen um Verzeihung bitten. So sagte jeder, und kein einziger sagte das Gegenteil.

Als alle Männer ihr Urteil deutlich ausgesprochen hatten, sagte der Herzog: »Ihr habt gehört, Abkömmlinge des Stammes Premysl, die ihr im Kriege gegen mich gewesen seid, was die Herren hier gesagt haben. Ich füge nichts bei. Mit dir aber, Wladislaw, spreche ich noch. Du hast den schwersten Vorwurf gegen mich erhoben, des Raubes des Herzogstuhles. Dein Vater hat den Vorgang, durch den ich Herzog wurde, begonnen. Er hat auf dem Tage in Sadska die Herren der Länder Böhmen und Mähren veranlasset, daß sie schwuren, dich als Herzog zu erkennen, wenn er gestorben sein würde. Er hat so fast das Recht, den Herzog zu ernennen, in die Hände der Herren gelegt. Und die Herren haben dieses Recht gebraucht, und haben mich zum Herzoge gewählt. Sie haben vor der Wahl gesagt, sie hätten dich mit ihrem Eide als Nachfolger anerkannt im offenbaren Sinne, daß dein Vater noch so lange lebe, bis du gereift, und zur Herrschaft unterrichtet bist. Als aber dein Vater todkrank wurde, ehe sich der Sinn des Eides erfüllen konnte, war der Eid erloschen. Die Herren wählten statt eines Jünglinges, der noch nicht herrschen konnte, einen Mann, von dem sie vermuteten, er werde es können. Ich zauderte vor der Wahl; aber sie sagten, es sei die Pflicht meines Herzens, daß ich die Herrschaft nehme, und ich nahm sie. Die mich wählten, um in dem Lande schalten zu können, sind im Irrtume gewesen. Und wenn ich damals selbst unrechtmäßig Herzog gewesen wäre, so ist dein Recht erloschen, Wladislaw, als du dich Konrad unterworfen hattest, den die, welche an meiner Stelle nicht herrschen konnten, zum Herzoge gewählt haben. Und ist dein Recht erloschen, so ist das meinige auferstanden. So sind die Dinge, Wladislaw, und so hat dein Vater ahnend vor dem Sterben gesagt: ›Unterwirf dich Wladislaw, Nacerat wird gegen ihn nicht siegen.‹«

»Du hast die Macht, und deine Anhänger sagen, du hast das Recht«, antwortete Wladislaw.

»Ich habe zu dir gesprochen«, sagte der Herzog.

Dann rief Wratislaw: »Du hast von Schriften geredet, in denen von Beschwerden zu lesen ist, und welche du den Herren, die hier versammelt sind, vorgelegt hast. Wer weiß es, welche Papiere du gezeigt hast.«

Der Herzog Wladislaw antwortete: »Wenn ich hätte ungebührlich handeln wollen, Wratislaw, hätte ich euch nicht hieher berufen, sondern euch bloß verfolgt.«

»Und wenn ich zu Grunde gehen und in die Erde versinken sollte«, rief jetzt Wratislaw mit lauter Stimme, »so werde ich nicht um Verzeihung bitten.«

»Du hast gesprochen«, sagte der Herzog, »was reden die andern?«

»Ich werde nicht um Verzeihung bitten«, sagte Konrad.

»Ich werde auch nie deine Verzeihung anflehen«, sagte Otto.

»Mir kömmt eine Bitte um Verzeihung nicht zu«, sagte Leopold.

»Mir auch nicht«, sprach Spitihnew.

»Und da ich zu meinem Vater nicht gesagt habe: Ich unterwerfe mich Wladislaw, so unterwerfe ich mich auch jetzt nicht«, sagte Wladislaw, der Sohn des vorigen Herzoges Sobeslaw.

»Ihr habt gesprochen«, sagte der Herzog Wladislaw, »und was ihr tun werdet, ist eure Sache. Die nicht um Verzeihung bitten, haben noch einen Monat Frist, und dann können sie ungeschädigt dorthin gehen, woher sie gekommen sind.«

Nach diesen Worten schwieg der Herzog eine kleine Zeit, dann wendete er sich gegen Guido, den Abgesandten des Heiligen Vaters, und sprach: »Guido, hocherhabener Kardinal, hochehrwürdiger Abgesandter des Heiligen Vaters Innozenz, die Söhne dieses Landes haben jetzt eine Sache dieses Landes abgehandelt. Weil Ihr in das Land gekommen seid, zu schlichten, und zu richten, ist es Euch genehm, einige Worte zu reden?«

Guido antwortete: »Hocherlauchter Herzog, ich werde im Berufe meiner Sendung meine schwachen Worte verkündigen. Konrad, Wratislaw, Otto, die ihr Macht in dem Lande Mähren gehabt habet, ihr habt diese Macht gegen die hocherhabene Kirche und gegen den rechtmäßigen Herzog gewendet. Es sind Ärgernisse in die Seelen und Blutvergießen in die Leiber gekommen. Zur Milderung dient es euch, daß ihr vielleicht nicht wußtet, wie groß die Sünde ist, die ihr begangen habt; aber so groß ist sie, daß der hochehrwürdige Bischof von Mähren, Zdik, den Bann über das ganze Land Mähren in Kraft seiner Apostelswürde aussprechen mußte. Ihr habt aber die Größe eurer Sünde nicht erkannt, oder seid halsstarrig geblieben. So groß ist die Sünde, daß der Heilige Vater den Bann nicht nur bestätigte, sondern ihn verschärfte. Und ihr seid dennoch in der Sünde geblieben. In das dritte Jahr liegt die Traurigkeit des Bannes auf dem unglücklichen Lande. Alle Seelen, die nach den Labnissen des Glaubens schmachteten, alle Seelen, die in Wirrsale gestürzt wurden, alle Seelen, die irrten, und alle Seelen, die durch den Bann verloren gingen, schreien zu Gott dem Allmächtigen um Sühnung gegen die, welche den Bann verschuldet haben. So groß ist die Sünde, daß der Heilige Vater in seiner Erbarmnis eine Sendung in das Land zur Ermahnung, zur Ordnung, zur Schlichtung, zur Sühnung beschlossen, und daß er mich geringes Werkzeug dazu auserkoren hat, der ich aus geistlichem Gehorsame gekommen bin. Ehe ich kam, hat Gottes Langmut euch schon einen Teil eurer Schuld büßen lassen. Ihr seid in dem Kriege gegen euern rechtmäßigen Herzog besiegt worden, habt eure Macht und eure Bezüge verloren, und seid in dem fremden Lande in der Verbannung, oder wie Flüchtlinge auf der heimatlichen Erde. Und doch habt ihr nicht erkannt, was durch euch geschehen ist. Viele Mühsal und viele Worte sind dann um eurer Erbitterung willen, um eurer Rachsucht willen, um eurer Herrschgierde willen angewendet worden, und sind vergeblich gewesen. Jahre sind darüber hingegangen. Endlich hat sich Gottes Güte eurer erbarmt, und hat euer Herz erweicht. Ihr und das Volk habt geschworen, daß ihr der Kirche und euerm Bischofe die völlige Genugtuung geben wollet. Ich bin darauf mit meinem Geleite zu Regimbert, dem hochehrwürdigen Bischofe von Passau, gegangen, bei welchem euer Bischof Zdik gewesen ist. Euer Bischof ist mit mir und mit meinem Geleite nach Prag gezogen. Ihr wisset, er ist hier. Er wollte nicht unter euern Richtern sein, darum ist er nicht in diesem Saale. Aber vor dieser hohen und ehrwürdigen Versammlung der mächtigsten und besten Söhne der Länder Böhmen und Mähren, der höchsten Priester und der höchsten Herren müsset ihr euern Schwur verkündigen, und vor dem Angesichte des hochehrwürdigen Bischofes Zdik müßt ihr ihn verkündigen, wenn er der tiefe, der ernste, der heilige Schwur ist.«

»Ich habe nie einen Schwur gebrochen«, rief Wratislaw.

»Ich auch nicht«, rief Konrad.

Und so riefen auch die andern.

»Weil es so ist«, sagte der Kardinal Guido, »so werdet ihr es der Versammlung und dem Bischofe sagen, daß ihr auf das Kreuz des Heilandes geschworen habt, der Kirche und dem Bischofe von Mähren die völlige Genugtuung zu leisten. Und ich bitte dich, Konrad, rede.«

Konrad stand auf, und sprach: »Weil Ihr bittet, hocherhabener Kardinal, so sage ich: Ich habe auf das Kreuz des Heilandes geschworen, der Kirche und dem Bischofe von Mähren die völlige Genugtuung zu leisten.«

Dann sprach Guido: »Ich bitte dich, Wratislaw, rede.«

Wratislaw stand auf, und sprach: »Wenn Ihr nicht eine Bitte getan hättet, hocherhabener Kardinal, hätte ich nicht geredet, so aber sage ich: Ich habe auf das Kreuz des Heilandes geschworen, der Kirche und dem Bischofe von Mähren die völlige Genugtuung zu leisten.«

Dann sprach Guido: »Ich bitte dich, Otto, rede nun auch du.«

Otto stand auf, und sprach: »Aus dem Grunde Eurer Bitte, hocherhabener Kardinal, sage ich: Ich habe auf das Kreuz des Heilandes geschworen, der Kirche und dem Bischofe von Mähren die völlige Genugtuung zu leisten.«

»Ihr habt nun vor dieser hohen Versammlung gesprochen«, sagte der Kardinal Guido, »es ist nun übrig, daß ihr auch in der Versammlung vor dem hochehrwürdigen Bischofe sprecht, und ich bitte euch darum.«

»Weil ich schon geschworen habe, so bin ich der Mann, daß ich es sage«, sprach Wratislaw.

»Ich rede auch so«, sprach Konrad.

»Und meine Worte sind die nämlichen«, sprach Otto.

Nachdem die Fürsten von Mähren diese Worte gesprochen hatten, wurden die Flügel einer Tür geöffnet, und im Geleite mehrerer Priester ging Zdik, der Bischof von Olmütz, in seinem bischöflichen Gewande und mit dem goldenen Kreuze in den Saal. Er setzte sich auf einen Stuhl, der neben Otto, dem Bischofe von Prag, für ihn in Bereitschaft stand.

Als dieses geschehen war, sprach Guido, der Kardinal: »Zdik, hochehrwürdiger Bischof von Olmütz, Bischof des Landes Mähren, die Sprossen des hohen Stammes Premysl, welche gegen die Kirche in Mähren und gegen dich gefehlt haben, sind des Fehls geständig und reuig, und haben auf das Kreuz des Heilandes geschworen, der Kirche und dir die völlige Genugtuung zu leisten. Ist es nicht so? Ich bitte dich, Konrad, rede.«

»Es ist so«, sagte Konrad.

»Ich bitte dich, Wratislaw, sprich«, sagte Guido.

»Es ist so«, sprach Wratislaw.

»Ich bitte dich, Otto, rede«, sagte Guido.

»Es ist so«, sagte Otto.

Dann sprach Guido, der Kardinal: »Leopold, Spitihnew, Wladislaw, ihr seid nicht mit einem großen Länderbesitze in Mähren seßhaft gewesen, und habt der Kirche und dem hochehrwürdigen Bischofe nicht Einkünfte, Pfründen und Güter entzogen; aber ihr habt sonst gegen die Kirche und gegen den hochehrwürdigen Bischof gefehlt, und habt auf das Kreuz des Heilandes den Schwur abgelegt, jede christliche Genugtuung, die nötig ist, der Kirche und dem Bischofe zu leisten. Ich bitte euch, saget dem hochehrwürdigen Bischofe vor dieser hohen Versammlung, daß ihr so geschworen habt.«

»Ich habe so geschworen«, sagte Leopold.

»Ich habe so geschworen«, sagte Spitihnew.

»Ich habe so geschworen«, sagte Wladislaw.

Darauf sprach Guido: »Und was ihr alle geschworen habt, wird geschehen. Der hochehrwürdige Bischof wird in das Land Mähren zurückkehren, ich werde in seinem Geleite sein, und die Genugtuung wird vollzogen werden.«

Nach diesen Worten stand Zdik, der Bischof von Olmütz, auf, und sprach: »Ich werde in Ehrerbietung, hocherhabener Kardinal, wenn Ihr wieder mein Kirchenland besuchen wollet, ein Diener in Euerm Gefolge sein. Und wenn die Genugtuung geschehen ist, Söhne des Stammes Premysls, so soll das Vergangene vergessen sein, ich werde mit denen, die im Lande sind, in christlicher Demut leben, und die nicht in dem Lande sind, werde ich segnen, und werde für sie beten.«

Er setzte sich dann wieder auf seinen Stuhl nieder.

Darauf sprach Guido, der Kardinal: »Und nun höret mich weiter, Sprossen des Geschlechtes Premysl. Ich rede jetzt als Christ, ich rede als Priester, ich rede als Abgesandter des Stuhles der Menschheit, und ich rede mit der Zunge der Barmherzigkeit des Heiligen Vaters. Und was ich sage, gilt, welchem Lande ich immer angehöre, und welchem Lande ihr angehöret. Wenn ihr durch Reue, Buße und Genugtuung euch mit der Kirche und dem Bischofe von Mähren ausgesöhnt habt, so ist eure Sünde noch nicht getilgt. Ihr habt auch gegen euren rechtmäßigen Herrn, den Herzog von Böhmen und Mähren, gefehlt, da ihr mit den Waffen gegen ihn gestanden seid, da ihr das Blut der Seinen vergossen habt, und da ihr ihn gezwungen habt, das Blut der Eurigen zu vergießen. Ihr habt eine schwere Sünde gegen den heiligen Glauben begangen, der sagt, daß ihr der Obrigkeit gehorchen sollet, und der sagt, daß ihr nicht töten sollet. Ihr habet die Sünde der hoffärtigen Engel begangen, ihr habet die Sünde Kains begangen. Und wie heilig und wie groß der Glaube ist, gegen den ihr gesündiget habt, soll ich euch das sagen? Haben es nicht die weisesten Männer aller Länder, haben es nicht die Männer, die wie eine Sonne unter den Völkern leuchteten, haben es nicht die Männer, welche von der ganzen Menschheit verehrt wurden, gezeigt? Haben sie nicht mit ihrem Leben nach dem Glauben gerungen, durch den der Mensch zu Gott gelangt, und ohne den er nichts ist? Ich rede nicht von den Apostelmännern Cyrillus und Methodius und ihren unsäglichen und unablässigen Bemühungen, mit denen sie bestrebt waren, dem Lande Mähren den Glauben zu geben, ich rede nicht von den tausend Martyrern, die in allen Teilen der Welt zu allen Zeiten für den Glauben gestorben sind, ich rede von den Heiligen des Landes Böhmen und von Männern des Landes Böhmen. Der heilige Wenzel, Herzog von Böhmen, baute die Kirche des heiligen Veit, und legte in sie einen Arm des heiligen Veit nieder, er gründete andere Kirchen, er tat demütig Dienste bei den gottesdienstlichen Handlungen, er betete in härenem Gewande, er fastete, und gab Almosen, und starb den Tod des Martyrers für den Glauben. Der heilige Adalbert ging in geringen Gewändern, und aß und trank nur zur Notdurft, und verwendete seinen Reichtum für den Glauben, er lebte nach den Vorschriften des Glaubens, und gab den Armen einen Teil seiner Einkünfte. An jedem Feiertage gab er den Bettlern große Almosen, an jedem Tage hatte er zwölf Arme bei sich, denen er in Erinnerung an die zwölf Apostel Speise und Trank reichte. Er ging in Mühsal in fremde Länder, den Glauben zu predigen, und litt dort den Tod für den Glauben. Und wie hoch haben die Menschen den heiligen Adalbert geehrt. Da der Fürst Bretislaw vor mehr als hundert Jahren von dem Kriege gegen Polen mit seinem Heere zurückkehrte, und die Nachricht sich erhob, daß er den Leichnam des heiligen Adalbert aus der Stadt Gnesen, dem Sitze der polnischen Fürsten, bringe, zog die ganze Priesterschaft von Prag und alles Volk dem Heere entgegen, daß das breite Feld am Bache Rokytnice die Menge der Menschen nicht faßte. Dann trugen der Herzog Bretislaw und der Bischof von Prag auf ihren Schultern den Schrein, in welchem der Leichnam des heiligen Adalbert war. Nach ihnen kamen die Äbte, und trugen die irdischen Überreste der fünf heiligen Einsiedler, die zur Zeit des polnischen Boleslaw den Martyrertod erlitten hatten. Dann trugen Erzpriester der Kirche von Prag den Leichnam Radims, des Bruders des heiligen Adalbert, welcher der erste Erzbischof von Gnesen gewesen war. Dann kamen die Kleinode, die zu Adalberts Grab gehört hatten, das hinter dem Altare der Kirche zu Gnesen gewesen war. Zwölf Priester trugen das goldene Kreuz, das der polnische Boleslaw hatte machen lassen, dreimal so schwer als er selber. Dann wurden drei goldene Tafeln getragen, die den Altar in Gnesen umgeben hatten, davon die größte dreihundert Pfund wog, und mit edlen Steinen besetzt war. Dann kam das Heer, und es kamen alle Menschen. Zuletzt gingen hundert Wägen, welche die Beute führten, und es gingen die Gefangenen. Sie gingen zuletzt, weil sie nicht zu der Verherrlichung Adalberts gehörten. Prag hat nie einen solchen Tag gesehen. Ich spreche weiter von andern Männern. Der Bischof Izzo besuchte eifrig die Gefangenen und Kranken, und speisete täglich vierzig Arme, denen er den Tisch segnete, und denen er die Speisen und Getränke austeilte. Der Herzog Spitihnew wohnte in der Fastenzeit in dem Priesterhause zu Prag, in ein Priestergewand gekleidet. Er schwieg von der ersten Abendstunde bis zu der ersten Morgenstunde, er brachte den Vormittag in geistlichen Dingen, beim Gottesdienste, in Almosengeben, in Wachen und Beten zu, und erst nach dem Mittagmahle übte er die weltlichen Geschäfte. Der Bischof Jaromir ging in der Fastenzeit in jeder Nacht in grobe Leinwand gekleidet in die Kirche, und betete dort auf dem Pflaster. Und in jeder Nacht teilte er vor den Psalmen und nach den Psalmen, und nach der Frühmesse, die noch in der Nacht war, vierzig Laibe Brot und vierzig Heringe aus, und bei der Morgendämmerung wusch er zwölf Pilgern die Füße, und gab jedem einen Denar, und am Mittage aß er mit vierzig Armen. Und zu jeder andern Zeit des ganzen Jahres wurden täglich vierzig Arme in dem bischöflichen Hause gespeiset, und zweimal im Jahre gekleidet. Der Herzog Sobeslaw und seine Gattin Adelheid stifteten und hielten noch bei der Zeit ihres Lebens ihr Totenjahresgedächtnis. Es wurde eine Woche von Allerheiligen an mit Gottesdienst, Beten, Fasten, Almosen von dem Herzoge und der Herzogin und den Priestern und Nonnen Prags gefeiert, und am letzten Tage hielt der Herzog mit den Priestern ein festliches Mahl in dem Priesterhause des Wyšehrad. Soll ich euch noch sagen, was die erlauchten Herzoge von Böhmen und Mähren für den Glauben und die Kirche gestiftet und getan haben? Ihr wisset dieses alles ohnehin. So hoch haben solche Männer den Glauben geachtet. Du, Wratislaw, wirst in dieser Welt nicht zu Grunde gehen, und wirst nicht in die Erde versinken, wenn du für die Sünde gegen den Herzog nicht Buße tust; aber du wirst in jener Welt ewig verdammt sein. Und wie die Freude kein Auge gesehen, und kein Ohr gehöret, und wie sie in keines Menschen Herz gekommen ist, die Gott denen bereitet hat, die ihn lieben: so hat die Strafe kein Auge gesehen, kein Ohr gehöret, und sie ist in keines Menschen Herz gekommen, welche die trifft, die seine Gebote verachten. Und von allem Fehler muß man sich reinigen, zur Zerknirschung, zur Reue, zur Buße, zur Genugtuung muß man kommen, wenn man zu dem Vater in dem Himmel eingehen will. Der Heiland hat gesagt: Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig. Der Heiland hat gesagt: Wer in das Himmelreich eingehen will, nehme sein Kreuz auf sich, und folge mir nach. Der Heiland hat gesagt: Wenn ihr nicht unschuldig werdet wie diese Kleinen, werdet ihr nicht in das Himmelreich eingehen. Nicht nur um Verzeihung mußt du wegen der Sünde gegen den Herzog bitten, Wratislaw, du mußt Reue fühlen, du mußt Buße üben, du mußt Genugtuung leisten, und mußt alles das Gott opfern in der Liebe zu Gott. So habe ich zu dir gesprochen, so habe ich zu denen gesprochen, die gegen den Herzog gesündiget haben. Bedenket es, und denkt an den Glauben.«

Nach diesen Worten schwiegen alle in der Versammlung, und es schwiegen die Abkömmlinge Premysls, an welche die Worte gerichtet gewesen waren.

Nach einer Zeit sprach der Herzog: »Hocherhabener Kardinal, Ihr habt geredet in den Sachen des heilgen Glaubens, und für den heiligen Glauben. Wir haben gehöret. Und wie wir Euch danken für alles, was Ihr schon in unseren Ländern geredet und getan habt, und wie wir auch danken werden für das, was Ihr noch reden und tun werdet: so danken wir Euch für diese Worte.«

Otto, der Bischof von Prag, stand auf, und sprach: »Wir danken demütig und ehrerbietig dem hocherhabenen Kardinale, dem Abgesandten des Heiligen Vaters.«

Und alle Männer in der Versammlung erhoben sich, und sagten: »Wir danken demütig und ehrerbietig dem hocherhabenen Kardinale, dem Abgesandten des Heiligen Vaters.«

Der Herzog sprach hierauf: »Und nun rede ich zu euch, ihr hohen Herren der Kirche, Priester der Kirche, Sprossen Premysls, hohe und niedere Herren der Länder Böhmen und Mähren. Weil wir zu Ende geführt haben, weshalb wir in diesem Saale versammelt waren, so danke ich euch, und verabschiede euch. Und wenn kleinere Rattage sind, so werden wir in dieser Zahl, und noch um Tausende vermehrt zusammen kommen, wenn die Kirche des heiligen Veit eingeweiht wird, die hergestellt ist, und in der der Gottesdienst beginnt. Und so gehabt euch wohl.«

Die Versammelten blieben noch sitzen.

Dann stand Guido, der Kardinal, auf, und sagte zu dem Herzoge Wladislaw: »Sei gesegnet, Sohn der Kirche.«

Wladislaw stand auf, und entblößte sein Haupt.

Dann sprach Guido, der Kardinal, zu den Versammelten: »Seid gesegnet, Söhne unseres Glaubens.«

Die Versammelten standen alle auf, und entblößten ihre Häupter.

Dann sagten der Herzog und der Kardinal einander die Abschiedsgrüße, und jeder von ihnen ging mit seinem Gefolge bei einer andern Tür hinaus.

Die Männer, welche versammelt gewesen waren, zerstreuten sich jetzt auch von ihren Sitzen, und verließen den Saal.

Die mährischen Fürsten gingen auch bei einer Tür hinaus.

Von dem Tage an waren nun viele Versammlungen der hohen Herren der Kirche, zu denen auch Räte und Hofherren des Herzoges und Lechen und Herren des Landes geladen wurden. Es war an dem, daß kein Priester fortan mehr in der Ehe leben sollte, und der eine Gattin hatte, sollte sich von ihr trennen, oder seine Würde verlassen. Dann sollten die beiden Bischoftümer Böhmen und Mähren in einzelne ständige Pfarreien eingeteilt werden, und jeder Priester sollte die Weihe nur für eine voraus besagte Pfarre erhalten. Die heidnischen heiligen Haine und Bäume, Feste auf den Gräbern, Wahrsagerei und Zauberei sollten aufhören, und es sollten die christlichen Sonntäge und Feiertäge und Festtäge gehalten werden. Guido beriet mit den Kirchenherren die Mittel dazu. Es kamen nun aus vielen Gegenden Pfarrer und Priester, und selbst solche, die nur unvollkommene Weihen erhalten hatten, und der Kardinal Guido sprach mit einem jeden von ihnen. Er ließ auch manche berufen.

Zu dem Rate über das mittägliche Waldland wurde auch Witiko, und es wurden die anderen Herren und Männer des Waldes geladen. Als Witiko gefragt wurde, wie es in dem Walde sei, sprach er: »Hocherhabner Herr Kardinal, erlauchter Herzog, hohe Herren der Kirche, und Herren des Landes. Was ich sage, habe ich selber erfahren, und es hat mir ein frommer Priester, Benno von Pric, der mein gütiger Lehrer und Erzieher war, davon erzählt. In dem Walde an der jungen Moldau ist das Christentum viel früher gewesen als in den andern Teilen des Landes. Gotterfüllte Einsiedler haben hin und hin in dem Walde gelebt, und haben die Andacht des Glaubens geübt. Ihr Glöcklein und die Sage von ihnen rief Menschen herbei, und diese beteten mit, und wurden in dem Glauben belehrt, und breiteten ihn aus. Und aus mancher Siedelei ist eine Kirche geworden. Bei jeder Kirche und bei jedem Kirchlein, wenn es auch nur von Holz ist, besteht ein ständiger Pfarrer. Und da die ersten Priester die Siedler gewesen sind, so hat nach ihrem Brauche keiner, der auf sie gefolgt ist, ein Weib genommen. In der sehr alten Zeit aber, da noch das Heidentum in all den Ländern um uns gewaltet hat, da ist der Wald an der jungen Moldau so groß und so unwirtlich gewesen, daß keine Menschen in ihm gewohnt haben. Es sind also dort wenige Heiden gewesen, und wenige Gewohnheiten aus dem Heidentume übrig geblieben. Die Pfarrer streben, sie auszurotten, da sie dieselben verbieten, und mit kirchlichen Strafen belegen, und da sie die Kinder belehren, daß mit den alten Leuten die Gewohnheiten aussterben. Und wir alle sollten, wie wir es verstehen, mit den Pfarrern dazu wirken. Und die Herren im Walde tun es auch, und ich werde es tun. Die Kirchen sind noch sehr weit von einander entfernt; es werden aber neue, wo Menschen an einer Stelle sich mehren, und ich werde im Walde bei meinem Hause eine Kirche errichten, sobald ich es tun kann.«

Was Witiko gesagt hatte, sagten auch Rowno und Diet und Hermann und die andern. Und der Zupan Lubomir sprach auch so, der einen Teil des Waldes beherrschte.

Und nach den Sachen des Glaubens sollten auch noch Dinge über die Besitztümer der Kirche oder Streitigkeiten darüber geschlichtet werden, insonderheit der alte Streit zwischen den Bischöfen von Prag und Olmütz über Podiwin.

Guido hatte manche Zusammenkünfte mit den mährischen Fürsten.

Öfter war auch Rat bei dem Herzoge.

Als vierzehn Tage seit der großen Versammlung vergangen waren, geschah die Einweihung der Kirche des heiligen Veit.

Der Herzog Wladislaw kam an dem Festtage mit dem Gefolge aller seiner Hofherren und der Lechen und Führer und Herren der Länder Böhmen und Mähren vor die Kirche. Die Herzogin kam mit ihren Frauen. Guido kam mit seinem Geleite. Es kamen Otto, der Bischof von Prag, Zdik, der Bischof von Olmütz, und Daniel, der Propst, und die Erzpriester und Priester von Prag und die Äbte der Klöster, und die Nonnen, und die Pröpste und Priester und Pfarrer aus vielen Teilen der Länder, und selbst aus der Fremde. Es kam ein Teil der Krieger Wladislaws, und es kam unzähliges Volk. Mehr als tausend Scharen von Menschen sind von allen Seiten der Länder Böhmen und Mähren zu dem Feste der heiligen Kirche Böhmens gekommen. Die Herbergen hatten sie nicht gefaßt, und sie lagerten unter dem freien Himmel.

Auf einem Platze abseits der Kirche, der mit unbehauenen Schranken umgeben war, knieeten mit entblößtem Haupte, mit bloßen Armen, mit nackten Füßen und in Gewänder von grober Leinwand gekleidet, Konrad, Wratislaw, Otto, Leopold, Spitihnew und Wladislaw, die Sprossen aus dem Stamme Premysls.

Die Weihe der äußeren Teile der Kirche wurde begonnen.

Alle, die vor ihr waren, knieeten in Andacht auf die Erde nieder. Es kniete der Herzog mit den Seinigen, die Herzogin mit den Frauen, alle Priester, die nicht bei der heiligen Handlung mitwirkten, und alle anderen. Es war der ganze Berg mit knienden Menschen voll.

Unter den Frauen der Herzogin knieete Dimut, und betete. Sie war in ein schwarzes Gewand gekleidet, und ihre Augen waren gegen die Erde gewendet.

Da die Heiligung vor der Kirche vollendet war, wurden ihre Tore geöffnet, und die Priester und der Herzog und die Herzogin und die Hofherren und die Herren der Länder und Krieger und Volk gingen in dieselbe.

Die mährischen Fürsten blieben auf ihrem Platze knien, da sie nicht in die Kirche gehen durften, weil sie in dem Banne waren.

In der Kirche wurde die Weihe ihrer inneren Teile begonnen, und dann war ein feierlicher Gottesdienst. Nie waren so viele und so hohe Kirchenherren bei einem Feste zugegen. Die Kirche war mit Menschen erfüllt. Und die Menschen vor der Kirche knieeten dicht an einander, und weit über den Berg hinab knieten sie, und manche warfen sich auf die Erde, und beteten und weinten.

Als die Feier in der Kirche vollendet war, ging der Zug des Herzogs, der Herzogin, des Hofes, der kirchlichen Herren und der Herren der Länder wieder aus der Kirche.

Da der Zug an den mährischen Fürsten vorüber ging, lagen diese mit ihren Angesichtern auf der Erde. Manche Menschen, die vorüber gingen, weinten.

Die Herzogin Gertrud sagte zu ihren Frauen: »Das sind Sprossen des ersten Geschlechtes des Landes.«

Dimut antwortete darauf: »Gott ist allmächtig und herrlich. Er hat mir die Worte eingegeben, die ich im Kampfe gesagt habe: Unsere Heiligtümer sind nicht verloren, wir werden sie wieder aufbauen, und sie werden schöner sein als früher, und hilfreich und gnadenreich. Und die an ihnen gefrevelt haben, werden mit zerrauften Haaren und mit entblößtem Armen auf der Erde liegen, und den Himmel um Barmherzigkeit anflehen. Und so ist es in Erfüllung gegangen.«

Der Herzog, die Männer der Kirche und des Landes, die Krieger und andere gingen an den Fürsten vorüber.

Dann verfloß eine Stunde.

Nach derselben saß der Herzog Wladislaw in dem Schmucke des herzoglichen Gewandes mit Kleinodien und Gold und Edelsteinen geziert auf dem Herzogstuhle vor der Hofburg. Der Kardinal Guido saß auf einem Throne, der für ihn errichtet worden war. Die Bischöfe, Äbte, Erzpriester, Pröpste und Priester und die Hofherren und die Lechen der Länder und die Führer des Heeres und Wladyken und Herren der Zupen standen um den Herzogstuhl und um den Thron, und hinter ihnen rings um sie war Volk, daß ein Mensch an den andern festgedrückt war. Die Herzogin saß in ihrem Schmucke mit ihren Frauen auf dem Söller, und auf anderen Söllern waren andere hohe Frauen mit ihren Gefolgen.

Es wurde nun mit Mühe in der Menge der Menschen eine Gasse gemacht, und durch diese Gasse gingen die mährischen Fürsten vor den Herzogstuhl. An den Seiten jedes Fürsten gingen zwei Männer, und hielten zwei Schwerter über dem bloßen Haupte des Fürsten gekreuzt.

Als die Fürsten auf den freien Raum vor dem Herzogstuhle gekommen waren, knieten sie in den Sand nieder, und hoben die Hände der nackten Arme aus der groben Leinwand empor. Die gekreuzten Schwerter wurden über ihren Häuptern gehalten.

Die Menschen waren alle still.

Da rief Konrad die Worte: »Ich, Konrad, der Sohn Liutolds, aus dem Stamme Premysl, bereue die Sünde, welche ich durch den Kampf gegen den rechtmäßigen Herzog von Böhmen und Mähren, Wladislaw, begangen habe, ich tue Buße, will Genugtuung leisten, und bitte den hocherlauchten Herzog und Herren des Stammes, daß er mir verzeihe, wie mir Gott verzeihen möge.«

Dann rief Wratislaw: »Ich, Wratislaw, der Sohn Ulrichs, aus dem Stamme Premysl, bereue die Sünde, welche ich durch den Kampf gegen den rechtmäßigen Herzog von Böhmen und Mähren, Wladislaw, begangen habe, ich tue Buße, will Genugtuung leisten, und bitte den hocherlauchten Herzog und Herren des Stammes, daß er mir verzeihe, wie mir Gott verzeihen möge.«

Und Otto, und Leopold, und Spitihnew und Wladislaw riefen nach einander die nämlichen Worte.

Als sie geendigt hatten, schwieg der Herzog eine kleine Zeit, und das Volk sah auf ihn.

Da öffnete er den Mund, und rief: »Entfernet die Schwerter.«

Die Schwerter wurden entfernt.

Dann rief der Herzog: »Stehet auf.«

Die Fürsten erhoben sich, und standen aus dem Sande auf.

Dann rief der Herzog: »Empfindet die Reue, tut Buße, und leistet Genugtuung vor Gott dem Richter, und er wird euch durch den Mund der Kirche verzeihen. Ich verzeihe euch, und verlange keine andere Genugtuung als künftig Treue gegen mich. Konrad, ich setze dich in dein Besitztum Znaim mit allen Gebühren und Bezügen wieder ein, wie es vor dem Kriege gewesen ist. Wratislaw, ich setze dich in dein Besitztum Brünn mit allen Gebühren und Bezügen wieder ein, wie es vor dem Kriege gewesen ist. Otto, ich setze dich in dein Besitztum Olmütz mit allen Gebühren und Bezügen wieder ein, wie es vor dem Kriege gewesen ist. Leopold, Spitihnew und Wladislaw, ich setze euch in alle eure Bezüge und Gebühren wieder ein, wie sie vor dem Kriege gewesen sind, und will sie vermehren. Jetzt gehet in eure Herbergen, kommt dann wieder, und teilet heute mein Brot mit mir an meinem Tische.«

Und wie es stille gewesen war, daß man die Worte aus dem Munde des Herzoges wie eine Glocke in klarer Luft vernommen hatte, so wurde jetzt ein Schrei, der durch die Wolken des Himmels drang. Nach dem Schrei kamen die Worte: »Heil, Segen, Glück, Freude Wladislaw, dem guten Herzoge.«

»Wladislaw, dem guten Herzoge«, tönte es immer fort, und »Glück«, »Segen«, »Heil« tönte es fort.

Frauen und Mädchen aus dem Volke lösten Schleifen oder Blumen aus ihren Gewändern, ließen sie durch Männer vorwärts geben, und vor den Herzogstuhl zu den Füßen des Herzoges werfen. Männer nahmen nun Federn oder Bänder oder anderen Schmuck von ihren Hauben und ließen sie auch vor die Füße des Herzoges legen.

Der Herzog winkte mit der Hand, und dankte mit der Hand.

Dann erst konnten die Fürsten reden.

Konrad sprach: »Ich hoffe, daß mir Gott verzeihen wird, ich danke dir, hocherlauchter Herzog, für deine Verzeihung, und ich werde dir treu sein, so lange ich lebe.«

Wratislaw rief: »Gott wird mir vergeben, wie mir der hohe Herzog vergeben hat, dem ich treu sein werde durch mein ganzes Leben.«

Und solche Worte riefen die übrigen Fürsten einer nach dem andern.

Dann tönte wieder ein Rufen des Volkes.

Dann sagte Wladislaw: »Seid treu, und wir gedenken alle in der Zukunft des heutigen Tages.«

Die Fürsten wendeten sich zum Gehen. Das Volk machte ihnen eine Gasse. Sie gingen in dieselbe, die Gasse schloß sich hinter ihnen wieder, und sie waren nicht mehr zu sehen.

Der Herzog stieg von dem Herzogstuhle, so stieg auch Guido von dem Throne, und beide und alle hohen und niederen Herren der Kirche und der Länder gingen der Hofburg zu. Da der Zug sich gegen die Burg bewegte, stimmte das Volk das Landeslied an, und der Gesang dauerte noch fort, da der Zug schon in die Burg eingegangen war.

Die Menschen zerstreuten sich. Viele gingen in die Kirche des heiligen Veit, die Kirche leerte sich nicht; wenn einige gingen, kamen wieder andere. Aus der Hofburg kam ein Mann, die Schleifen, die Bänder, die Sträuße, die Zierden, die man vor den Herzogstuhl geworfen hatte, zu sammeln, und in die Burg zu tragen.

Als der Mittag gekommen war, wurde ein Mahl in dem Herzoghofe gehalten. Die Zahl der Gäste war so groß, daß in dem Saale und in vielen Gemächern die Tische standen. Die Herren der Kirche waren in ihrer höchsten Zierde bei dem Mahle. Der Herzog und die hohen und niederen Herren der Länder hatten ihren größten Schmuck, und die Frauen und Jungfrauen prangten in den auserlesensten Gewändern und Kleinodien. Die Fürsten von Mähren saßen in Sammet und Seide, in Gold und Edelsteinen in der Nähe des Herzoges auf Ehrenplätzen.

Posaunen und Flöten und Pfeifen erschallten zuweilen von den inneren Söllern, und zuweilen tönten von außen herein Gesänge.

Als das Mahl geendiget war, versammelten sich die Gäste in verschiedenen Abteilungen und sprachen mit einander, oder sie wandelten redend in verschiedenen Richtungen in den Gemächern.

Wratislaw kam mit dem Herzoge gegen Witiko, reichte ihm die Hand, und sagte: »Witiko, daß du uns verächtlich entrinnen ließest, hat mich mehr gekränkt als die tollen Worte des wilden Odolen. Rede nicht, du hast klug und rechtlich gehandelt. Wir haben Konrad geraten, die Belagerung aufzugeben. Wenn du ein Leche wirst, wie ich sagte, so wünsche ich dir alles Glück, du wirst ein hochgesinnter.«

»Witiko«, sprach der Herzog, »der Bund ist größer geworden, wie du in dem Lager in meinem Zelte damals zu mir geredet hast. Und dir, Wratislaw, sage ich, daß er mir an jenem Abende gestanden hat, daß er auch die Söhne Premysls vor Rache und Unbill habe sichern wollen.«

»Ich wußte es«, sagte Wratislaw, »und wenn uns Demütigung wurde, so haben wir die Demütigung gesucht. Wir konnten auf Feinde treffen, die anders gewesen wären. Wenn du nach Brünn kommst, so stehen dir die Tore der Burg offen, und es wird sie ehren, wenn du eingehst.«

»Und wenn wir alle, die jetzt vereint sind, in deine Nadelwälder jagen kommen, wie wir bei Chynow versprochen haben«, sagte der Herzog, »so wirst du uns Herberge und Bewirtung geben.«

»Ich kann auch ein Stücklein Brot und ein Plätzchen in dem Hause geben, das ich durch deine Gnade habe, hocherlauchter Herzog Wladislaw«, antwortete Witiko. »Und was ich getan habe, erlauchter Herzog Wratislaw, das habe ich getan, weil es so in meinen Sinn geflogen ist. Wenn ich nach Brünn komme, werde ich nicht versäumen, dir meinen Ehrfurchtsgruß zu bringen.«

»Alle Menschen handeln, wie es in ihren Sinn fliegt«, sagte der Herzog, »aber die Sinne sind verschieden. Wir werden einmal mit Absicht nach Brünn gehen, und dann gehst du mit, Witiko; aber nimm ein anderes Tier, als das nur im Schritt geht.«

»Einmal ist es schneller gewesen«, sagte Witiko.

»Von dem reden wir jetzt nicht mehr«, sagte der Herzog.

Da sie noch sprachen, kamen auch Otto und Wladislaw herzu, und sprachen mit. Sie wendeten sich dann gegen Witiko, und dankten ihm, wie er bei Pilsen gegen sie gewesen ist, und Wladislaw dankte ihm, daß er ihn gegen Odolen geschützt habe.

Der Herzog und die Fürsten trennten sich nach diesem Gespräche von Witiko.

Nach einer Zeit kam Zdik, der Bischof von Olmütz, zu Witiko und sagte: »Edler Waldherr, du suchest ja deine Freunde nicht, sie suchen dich. Erinnerst du dich noch, wie Regimbert, der Bischof von Passau, gesagt hat: Die Wilden werden Lämmer werden? Seine Worte sind in Erfüllung gegangen. Aber es ist ein starker Hirte gewesen, vor dem sie Lämmer geworden sind. Guido hat mehrere Jahre mit Mühsal gearbeitet. Die Söhne Premysls haben heute einen Sieg errungen, der der größte ist, den sie erringen können, und den ein Mensch erringen kann. Das Volk und alles Land hat gesehen, daß ein Herr in dem Himmel ist, und die Erde Staub, in den er den Sünder wirft. Und das Volk und alles Land hat gesehen, daß ein Herr in dem Himmel ist, der den Sünder, wenn er Buße getan hat, erhebt; er hat ihm durch die Kirche verkündigt, daß ihm verziehen ist, und er hat das Herz des Herzogs Wladislaw erweicht, daß er das Unrecht vergessen mußte.«

»Die Fürsten werden jetzt wohl treu sein«, sagte Witiko.

»Sie werden treu sein«, antwortete Zdik. »Sie haben bereut, und haben den Brauch der Kirche und des Landes auf sich genommen. Und wenn sie ihre Reue vergessen sollten, so ist die Macht des Herzoges Wladislaw jetzt schon zu groß, und sie wird noch größer werden, als daß sie etwas gegen sie ersinnen könnten.«

»Der Herzog Wladislaw hat jetzt den freien Weg vor sich«, sagte Witiko.

»Das Unglück, welches der hochehrwürdige Bischof Silvester geahnt hat«, erwiderte Zdik, »und von welchem der edle Leche Bolemil gesprochen hat, ist eingetroffen, und ist überwunden worden. Jetzt wird das Gute kommen, welches die voraus gesehen haben, die deshalb die Wahl Wladislaws gefördert haben.«

»Er übt Gerechtigkeit, und ist gut«, sagte Witiko.

»Wir wissen alle noch nicht, was werden wird«, sagte Zdik; »aber es wird etwas werden. Er wird den Glauben schützen, er wird die Bösen niederhalten, wird sorgen, daß alle ihren Bedarf stillen können, und wird unser Ansehen mit dem Ansehen anderer Länder verknüpfen.«

»Er wird unser Ansehen in ferne Reiche tragen«, sprach Witiko.

»Auch das kann geschehen«, antwortete Zdik, »und möge ihm dann Treue und Freudigkeit der Seinen zur Seite stehen.«

»Er ruft die Treue und Freudigkeit hervor«, sagte Witiko, »und sie werden ihm in der Zeit nicht fehlen.«

»So ist es«, entgegnete Zdik. »Witiko, der hocherhabene und milde Kardinal Guido ist in Passau gewesen, und der hochehrwürdige Bischof Regimbert und ich haben ihm von dir erzählt. Er hat gesagt, daß ich dich heute zu ihm führen soll. Folge mir.«

»Ich folge Euch«, sagte Witiko.

Zdik führte Witiko an vielen Menschen vorüber in ein Gemach. In demselben saß der Kardinal auf einem Stuhle, und viele Menschen waren um ihn: die Herren der Kirche, Priester und andere. Witiko mußte warten, weil mehrere da waren, mit denen der Kardinal reden sollte. Als diese Reden geendiget waren, führte Zdik Witiko an der Hand dem Kardinale näher. Der Kardinal sah es, und winkte sie mit der Hand hinzu. Da sie vor ihm standen, sagte Zdik: »Hocherhabener Kardinal, dieser Mann ist Witiko, erlaubet, daß er Euch die Ehrfurcht bezeugt.«

Der Kardinal reichte Witiko das Kreuz.

Witiko küßte es.

Dann sagte der Kardinal: »Mein junger Sohn, du hast der Kirche in der Bedrängnis gedienet, und du hast im Streite die Friedfertigkeit angestrebt.«

»Hocherhabener kirchlicher Fürst«, sagte Witiko, »ich suchte zu tun, wie es die Dinge fordern, und wie die Gewohnheit will, die mir in der Kindheit eingepflanzt worden ist.«

»Und der Glaube, mein Sohn, den der gute Priester Benno in dein Herz gesenkt hat«, sagte der Kardinal. »Du hast an dem Sonntage im Walde, da nirgends eine Kirche war, den Tag gefeiert, dein Tier hat geruht, und du hast in der Einsamkeit der Bäume gebetet. Und wenn du zu tun strebst, was die Dinge fordern, so wäre gut, wenn alle wüßten, was die Dinge fordern, und wenn alle täten, was die Dinge fordern; denn dann täten sie den Willen Gottes.«

»Oft weiß ich nicht, was die Dinge fordern«, sprach Witiko.

»Dann folge dem Gewissen, und du folgst den Dingen«, sagte der Kardinal. »Der Herzog hat dich für deine Dienste belohnt, Witiko, und ich hege den Wunsch, daß dir der Segen immer gewärtig sei, der zu dem Guten kömmt. Ich habe zu den Namen der jungen Leute dieser Länder, die ich mir merken will, auch deinen Namen geschrieben. Ich werde die jungen Namen dem Heiligen Vater als das Gute bringen, das nachwächst. Und wenn du das Heil hast, nach Rom zu kommen, so will ich dich vor das Angesicht des Heiligen Vaters führen.«

»Wenn mir zu Teil wird, daß ich die Stadt der ewigen Dauer sehen soll«, sagte Witiko, »und wenn ich es erlebe, vor den Heiligen Vater gestellt zu werden, möge ich dann dessen auch würdig sein.«

»Du wirst es, wenn du dich nicht änderst«, sagte der Kardinal, und reichte Witiko das Kreuz zum Kusse.

Witiko küßte das Kreuz, und entfernte sich mit Zdik. Mehrere Menschen gingen zu dem Kardinale.

Zdik sagte zu Witiko: »Der hocherhabene Kardinal geht jetzt nach Mähren, den Bann aufzuheben. Dann geht er wieder nach Böhmen, weil vieles werden muß. Er will dann den Priester Benno zu sich rufen lassen.«

»Das wird Benno sehr freuen«, sagte Witiko, »er ist aus Demut nicht zu dem Kardinale gegangen.«

»Der hocherhabene Kardinal weiß es«, sprach Zdik.

»Benno ist jetzt in unserem Hofe Pric«, sagte Witiko.

»Es ist uns bekannt«, antwortete Zdik. »Wenn du dein Haus gebaut hast, und wenn eine Zeit ist, nach Mähren zu kommen, so komme nach Olmütz, daß ich dir die Gastfreundschaft vergelte, die du an mir geübt hast, und in die du mich bei andern eingeführt hast.«

»Ich werde Euch meine Ehrerbietung und meinen Dank für Eure Freundlichkeit darbringen, sobald ich es werde tun können«, sagte Witiko.

»Und so gehabe dich wohl, mein edler Waldherr«, sprach Zdik, »und gedenke meiner.«

»Ich danke Euch für das Gute, das Ihr mir heute getan habt, ich denke stets Eurer, und gehabt Euch wohl«, antwortete Witiko.

Sie trennten sich.

Witiko wollte nun Silvester aufsuchen.

Er ging durch die Menschen dahin.

Er sah Rowno in dem Festgewande eines Waldwladyken, mit dem Waldschmucke und dem goldenen Gürtel.

Er sah auch Wolf von Tusch und Wernhard von Ottau in sehr schönen Gewändern.

Der alte Bolemil saß auf einem kostbaren Gesiedel. Er hatte ein wallendes Kleid von braunem Sammet an seinem Leibe, und das Kleid wurde von einem goldenen Gürtel mit grünen Steinen umspannt, und der weiße Bart floß auf den braunen Sammet nieder. Um ihn saßen mehrere alte Männer, und es standen mehrere junge neben ihm, und hörten auf seine Worte, und sprachen zu ihm.

Witiko kam zu Welislaw und Dimut, welche mit einander aus einem Gemache gegen andere Gemächer gingen. Welislaw hatte ein blaues Sammetgewand mit einem silbernen Gürtel, auf dem rote Steine zu Rosen gefaßt waren. Auf dem blonden Haupte hatte er eine weiße Sammethaube mit einer kurzen geraden weißen Feder, die auch aus einer roten Steinrose emporstand.

Dimut hatte ein dunkelblaues Sammetgewand mit einem Gürtel, gewebt aus Gold und Silber, hellblauen Steinen, und ihr Haarnetz hatte das Gewebe und die Steine des Gürtels.

Welislaw sagte zu Dimut: »Und wie du heute, sehr schöner Krieger, keine Waffen an dir hast, sondern in dem prächtigen Frauenkleide mit den großen Edelsteinen einhergehst, die nur nicht so glänzen wie die zwei Edelsteine deiner Augen, so bedarfst du auch jenes Pfeiles nicht mehr, den du von unsern Feinden gefangen hast, die jetzt unsere Freunde sind.«

»Sehr schöner Zupan vom Wyšehrad«, entgegnete Dimut, »der du nur dieses Spielzeug an deiner Seite trägst, und in dem prächtigen Männerkleide mit den roten Rosen einhergehst, die du von unserm Freunde Witiko genommen hast, und der du auch zwei blaue Edelsteine als Augen in deinem Angesichte trägst, du bedarfst der Pfeile nicht.«

»Ich bedarf ihrer, um dort zu verwunden, wodurch nichts anderes verwundet werden kann«, sagte Welislaw.

»Du bist der zweite Zupan des Landes, und kannst dir Pfeile genug schneiden lassen«, antwortete Dimut.

»Diese gehen nur in die Herzen der bärtigen Krieger«, entgegnete Welislaw, »wenn ich deinen Pfeil hätte, wäre die Wunde schon da.«

»Er ist in dem Turme zu Rowna bei dem roten Banner, welches der Herzog meinem Bruder gegeben hat«, sagte Dimut.

»Und wenn du von deinem Bruder fort ziehst, wird der Pfeil bei dem roten Banner zu Rowna bleiben?« fragte Welislaw.

»Und wenn ich von meinem Bruder fortziehen so weiß ich nicht, was mit dem Pfeile geschieht«, antwortete Dimut.

Witiko grüßte die beiden, sprach einige Worte mit ihnen, und ging dann seines Weges weiter.

Er sah an einem Fenster Odolen und Sezima stehen. Odolen hatte ein grünes Sammetgewand mit einem silbernen Gürtel, und auf seinen schwarzen Haaren hatte er eine weiße Haube mit einer schwarzen Feder. Sezima war in Blau und Gold gekleidet.

Witiko ging zu ihnen, und fragte, ob sie nicht wüßten, wo er den Bischof Silvester finden könne.

Odolen antwortete: »Der ist bei denen, die jetzt in unserem Lande die römische Sprache reden.«

Witiko verabschiedete sich, und ging gegen das Gemach, in welchem der Kardinal Guido war. Er sah den Kardinal auf einem Stuhle sitzen, und an seiner rechten Seite saß der ehemalige Bischof Silvester und an der linken der Propst Daniel. Er sprach mit beiden. Weiter entfernt saßen die Bischöfe Otto und Zdik, und dann saßen oder standen noch andere Herren der Kirche und Priester und verschiedene Menschen.

Witiko entfernte sich wieder von der Tür des Gemaches, und ging eines anderen Weges zurück, als den er gekommen war. Er sah jetzt auch die Herzogin unter Frauen und Jungfrauen sitzen, und sah manche Herren und Frauen neben einander wandeln, und mit einander sprechen.

Er kam auch zu Lubomir. Derselbe saß auf einem Stuhle. Er hatte ein schwarzsammetenes Gewand, und auf dem Gürtel waren viele edle Steine in schimmernden Farben. Die schwarze Haube mit der weißen Feder hielt er in der Hand, und seine weißen Haare und sein weißer Bart leuchteten aus dem schwarzen Gewande. Es saßen mehrere alte Männer bei ihm, und junge standen daneben.

»Witiko«, sagte er, »du gehest allein in diesen Gemächern, und sinnest nach andern Dingen.«

»Ich habe mit einigen Herren gesprochen«, sagte Witiko, »und suchte nun den hochehrwürdigen Bischof Silvester.«

»Mit dem hat der hocherlauchte Kardinal zu reden«, antwortete Lubomir, »er hat ihn und den Propst Daniel zu sich rufen lassen.«

»Ich habe gesehen, wie er mit ihnen sprach«, sagte Witiko.

»Meine Hauswirtin freuet sich schon«, sprach Lubomir, »wenn du einmal in deinem festen Stande bist, und auf eine längere Zeit zu uns kommen kannst, wie du es versprochen hast. Jetzt werden friedliche Zeiten kommen, und wir können von dem reden, was wir in unserem Lande, in unserer Gegend und unter unseren Leuten, und was wir in unserem Hause tun wollen. Boleslawa kann dir auch noch manches sagen, was dir zu gute kommen könnte.«

»Wenn der Frühling in das Land zieht, und unser Wald neu grünt«, antwortete Witiko, »werde ich in dem festen Stande sein, wie Ihr sagt. Und dann werde ich zu einer Zeit um freundliche Gastlichkeit in Daudleb bitten, und ich werde Euch auch bitten, daß Ihr mit den Eurigen nicht verschmähet, eine ehrerbietig gebotene Gastlichkeit in meinem Hause anzunehmen.«

»Ich bin bei dem Beginne deines Hauses gewesen«, sagte Lubomir, »und es geziemt sich, daß ich es auch betrachte, wenn es fertig ist.«

»Ihr dürft nicht allein kommen«, sprach Witiko.

»Wir werden in dein Haus kommen«, sagte Lubomir, »und werden öfter kommen, und werden kommen, wenn die junge Burgfrau in demselben schaltet.«

Witiko antwortete nicht.

Lubomir sprach: »Wenn wir gemach in die andere Welt gehen, die wir weiße Haare haben, so müssen die, deren Scheitel noch dunkel ist, in dem Lande sein, und nach ihnen wieder dunkle Scheitel. Du bist ein guter Mann, Witiko, und die nach dir kommen, werden wieder gute Männer sein.«

»Das sind Dinge der Zukunft«, sprach Witiko.

»Und die Zukunft wird sich erfüllen«, antwortete Lubomir. »Eines ist nicht mehr weit zukünftig, ich wünsche dir recht viel Glück und Heil.«

»Das liegt in Gottes Hand«, sagte Witiko, »und mögen die Friedensjahre, die wir erwarten, voll Segen sein.«

»Und mögen wir den Segen bringen helfen«, sprach Lubomir. »Witiko, komme doch, so lange wir in Prag sind, noch zu mir.«

»Ich werde Euch noch in dem Hause Eures Stammes aufsuchen, wie ich Euch aufgesucht habe«, antwortete Witiko.

»Tue das«, sagte Lubomir.

Nach diesen Worten verabschiedete sich Witiko, und wandelte wieder weiter.

Er traf noch mehrere seiner Freunde, und sprach mit ihnen.

Endlich wurde das Zeichen gegeben, daß das Fest zu Ende sei, und Witiko ritt mit einigen seiner Männer, die ihn draußen erwartet hatten, in seine Herberge.

Die Feier der Kirche des heiligen Veit dauerte noch acht Tage. Der Herzog und die Herzogin, der Kardinal Guido und alle Herren der Kirche und die Herren des Landes waren täglich bei dem Gottesdienste. Die mährischen Fürsten beteten vor der Kirche. Viele Menschen kamen noch von allen Gegenden, und die zuerst keinen Platz in der Kirche gefunden hatten, suchten ihn später zu gewinnen. Nach dem Gottesdienste segnete der Kardinal die Gläubigen, und er segnete sie auf seinem Heimwege. Von dem mittäglichen Walde kamen auch Züge nach Prag, um des Heiles dieser Tage teilhaftig zu werden, und jeder Zug hatte ein kirchliches Banner. Sie lagerten sich zwischen dem Wyšehrad und dem rechten Burgflecken. Manche gingen zu Witiko, und Witiko ging zu ihnen, und er erteilte ihnen Rat und, wo es nötig war, Gaben. Und als sie ihre Gebete verrichtet hatten, und als sie alles, was ihnen zu sehen würdig schien, in Prag betrachtet hatten, traten sie wieder den Heimweg an.

Der Kardinal Guido besuchte alle Kirchen und heiligen Orte, und er hielt in dieser Zeit auch Versammlungen, wie er sie vor ihr gehalten hatte.

Als die Feier der Kirche des heiligen Veit zu Ende gegangen war, verabschiedeten sich Konrad, Wratislaw und Otto in einer Versammlung von dem Herzoge, und gingen mit ihren Geleiten in ihre Länder nach Mähren. Viele Herren der Länder Böhmen und Mähren begleiteten sie. Leopold, Spitihnew und Wladislaw blieben in Prag.

Fünf Tage darnach traten Guido und Zdik ihren Zug nach Mähren an. Ein großes Geleite von Priestern und Herren war bei ihnen.

Witiko blieb in Prag.

Es waren noch Versammlungen bei dem Herzoge, und Witiko war bei den Versammlungen. Und er besuchte Bolemil und Lubomir und Diwiš und Preda und Chotimir und Wšebor, und er besuchte seine jungen Freunde, und seine jungen Freunde besuchten ihn.

In dieser Zeit strebte er auch, zu Männern zu kommen, welche nach Dingen des Waldes begehrten, damit er ein Einkommen in den Wald leite. Er nannte ihnen das Holz zu Kunstwerken, zu Geräten, zum Bauen und zum Brennen, er nannte ihnen die Kohlen, er nannte ihnen, was die Höfe liefern, deren Tiere die Waldkräuter genießen, er nannte die Felle der wilden Tiere, er nannte die Jagdtiere, die Früchte und Pflanzen des Waldes, die in entfernte Gegenden gesendet werden können, den Honig der Waldbienen, das Pech, den Teer, die Rinden, die Steine und anderes, er nannte ihnen, was die Menschen aus den Dingen des Waldes verfertigen, und machte Verabredungen.

Er brachte auch vieles in Ordnung, was er für sein neues Haus bedurfte.

Und als es schon gegen den Winter ging, verabschiedete er sich bei dem Herzoge, und ritt mit den Seinigen nach Friedberg zurück.

Nach einer Zeit sagte ihm der Bauherr Eppo, daß das Witikohaus fertig sei. Die Gerüste waren weggenommen, und die Burg stand sichtbar gegen den grünen Wald. Auf der Spitze des höchsten Daches war der Wipfel eines Tannenbäumchens mit Bändern. Witiko ging in den Hof. Der Brunnen war mit schönen Steinen umfaßt, hatte ein schönes Dach, und um die zierliche Spindel war die Kette geschlungen, an der die Eimer hingen. Witiko ging in das Innere. Alle Räume waren bereit, ihre Ausrüstung zu empfangen.

Nun wurden Wägen und Säumer tätig, alles, was nötig war, in die Burg zu bringen, und Eppo arbeitete mit Männern und Werkleuten eifrig, sie wohnlich zu machen.

Witiko besuchte im Winter verschiedene Stellen des Waldes. Er war öfter in dem oberen Plane, er war in dem Häuschen im Wangetschlage, er war bei den Köhlern, in den Meierhöfen und an anderen Orten. Eines Tages ritt er nach Pric, und von dort zu Silvester, und von Silvester wieder nach Friedberg.

Als der Frühling in das Land zog, und der Wald grünte, wie Witiko zu Lubomir gesagt hatte, war das Witikohaus in festem Stande.

Witiko sammelte ein Geleite, und zog mit demselben nach Pric. Von Pric kam er mit diesem Geleite und mit einem neuen und mit seiner Mutter und mit seiner Base und mit Benno nach Friedberg zurück.

In Friedberg ordnete er sich und die Seinigen, um eines Tages in die neue Burg zu ziehen.

Als der Tag gekommen war, legte er das Gewand an, welches er in der Schlacht auf dem Berge Wysoka getragen hatte, und nahm den weißen Schild mit der roten Waldrose. Dann sammelte er seine Dienstmannen aus Plan, Friedberg und Pric und alle seine anderen Männer. Seine Mutter und seine Base und ihre Frauen saßen in Sänften. Benno bestieg ein Pferd. Witiko setzte sich auf das alte eisengraue Pferd, auf dem er von Passau nach Böhmen geritten war, und so begann er mit den Seinigen den Zug. Es waren viele Menschen gekommen, daß in Friedberg ein Gedränge war, daß der Zug nur langsam gegen den Steg der Moldau kommen konnte. Und auch im Freien waren Menschen. Der Zug gelangte nach einer und einer halben Stunde durch den breiten Wald hinan vor die Burg. Auf dem grünen Anger vor derselben war ein Altar, und an dem Altare stand der greise Pfarrer von Plan und der Pfarrer von Friedberg, und neben ihnen stand Huldrik in einem Festgewande, wie ein Burgdiener, es standen alle Männer von Plan da, welche mit Witiko in dem Kriege gewesen waren, und auch andere Männer von Plan standen abgesondert da, es standen aus verschiedenen Teilen des Waldes, die im Kriege gewesen waren, und andere da, es standen in schönen Kleidern Jungfrauen von Plan und von Friedberg und vom Wangetschlag und von der untern Moldau und vom schwarzen Bache und von anderen Gegenden da, und hielten Festgewinde in den Händen, und weiter zurück standen Männer und Weiber und Kinder aus dem Walde, aus Fluren, die an den Wald grenzten, aus dem Lande der Mihel, das schon in Bayern ist, und aus entfernteren Strichen von Bayern.

Die Menschen blickten auf Witiko, als er heran ritt.

Er ritt mit den Seinigen vor den Altar. Der Pfarrer von Plan machte ihnen das Zeichen des Segens entgegen. Darauf stiegen sie von den Pferden, und die Frauen wurden aus den Sänften gehoben. Sie knieten nun alle vor dem Altare nieder, und das ganze Volk kniete in das grüne Gras. Der Pfarrer von Plan hielt nun mit Hilfe des Pfarrers von Friedberg den Gottesdienst vor dem Altare. Als der Gottesdienst geendigt war, segnete der Pfarrer Witiko und die Seinigen wieder, und segnete das ganze Volk. Dann stieg Witiko auf sein Pferd, die Frauen wurden in die Sänften gehoben, und die Männer Witikos bestiegen ihre Pferde. Der Pfarrer von Plan aber schritt von dem Altare gegen die Burg. Ihm folgte Witiko, dann folgten die Sänften, dann folgten Witikos Männer. Die Jungfrauen säumten jetzt mit ihren Festgewinden den Weg.

Vor dem Tore der Burg stand der Pfarrer stille, und der Zug stand stille. Der Pfarrer segnete nun mit dem heiligen Wasser gegen das hohe Dach empor, er segnete gegen die Mauern, und er segnete gegen das Tor. Dann trat er seitwärts. Das Tor wurde geöffnet. Witiko hielt noch einen Augenblick stille. Dann machte er mit seiner rechten Hand das Zeichen des Kreuzes auf seine Stirne, auf seinen Mund, und auf seine Brust. Dann ritt er langsam unter das Tor. In dieser Zeit trat Huldrik zu ihm, und hielt ihm den Steg des Sattels. Als er unter dem Tore war, tat das Volk einen Glücksruf, der wie ein Gebrause gegen den Himmel ging.

Von dem Torbogen ritt Witiko in den Hof. Seine Mutter, die Base, und alle Frauen folgten ihm, und Benno und die Pfarrer von Plan und Friedberg folgten ihm, es folgten seine Männer, und es folgten die Jungfrauen und die Krieger, und es folgten so viele Menschen, als Platz finden konnten. Im Hofe stiegen die Frauen aus den Sänften und die Männer von den Pferden. Witiko führte seine Mutter die Treppe hinan in die kleine Burgkirche. Die andern gingen hinter ihnen. In der Burgkirche wurde Benno mit dem kirchlichen Gewande bekleidet, und gab den Segen. Dann sprachen alle ein stilles Gebet. Dann ging Witiko mit seiner Mutter und seinem Gefolge in den Saal. Dort blieb er stehen, neigte sich auf die Hand der Mutter, und küßte dieselbe, die Mutter aber schlang beide Arme um seinen Nacken, und küßte ihn auf die Stirne. Dann geleitete er sie zu einem kostbaren Sitze. Sie ließ sich auf denselben nieder. Er setzte sich auch auf einen Sitz, und die Pfarrer, und Benno und andere setzten sich auf Sitze. Nun brachte Huldrik Brot und Salz, und reichte es jedem, der in dem Saale war, und jeder kostete davon.

Als dieses geschehen war, stand Witiko auf, und sprach: »Männer, die ihr zu mir gehört, und Freunde, die ihr gekommen seid, ich danke euch. Eppo und Mathias und Urban, und die ihnen dienen, werden euch weisen, wie alles eingerichtet werden soll.«

Dann führte er seine Mutter mit ihren Frauen in ihre Wohnung. Sie hatte Tränen in ihren Augen.

Hierauf führte er die Base Hiltrut in ihre Wohnung. Sie konnte vor Weinen nicht sprechen.

Dann geleitete er Benno in seine Wohnung.

Dann ging er in sein Gemach. In demselben befestigte er den Schild mit der roten Rose unter dem Bilde des Heilandes.

Dann ging er in den Saal, und von demselben auf den Söller hinaus. Unten waren zwanzig Männer beschäftigt, den Leuten Brot und Salz zu reichen. Sie nahmen alle davon. Und als sie Witiko sahen, riefen sie ihm zu. Er dankte ihnen mit Winken seiner Hand.

Viele Werkleute waren beschäftigt, aus rohen Brettern Tische und Bänke zu errichten. Aus den Schatten des Waldes wurden Fässer herbei gerollt, in denen Getränke waren, und es wurden viele Feuer angezündet, und an ihnen Speisen bereitet.

Und als die Zeit des Mahles gekommen war, hielt Witiko mit allen, die auf den Bänken an den Tischen saßen, die auf den Steinen oder im Grase saßen, oder die standen, das Mahl, und was da war, wurde unter alle verteilt.

Als das Mahl beendiget war, und die Menschen durcheinander gingen, war Huldrik unter ihnen, und sagte: »Die Weissagungen gehen in Erfüllung. Jetzt hat Witiko den Anfang gemacht, und dann wird er die goldene Burg bauen, die einmal auf der Erde gestanden ist, und die jetzt nirgends auf der Erde steht, und meine Nachkommen werden es sehen.«

»Du hast ja kein Weib«, rief Tom Johannes, der Fiedler.

»Wenn es die Weissagungen sprechen, so werde ich ein Weib und Nachkommen haben«, sagte Huldrik.

»Und wenn es die Weissagungen sprechen, so werde ich noch mit dem Winkelhaken meiner Hand auf der Geige des Herzoges die lieblichsten Töne spielen«, rief Tom Johannes, der Fiedler.

»Wenn es die Weissagungen sprechen, so wirst du sie spielen«, sagte Huldrik.

»Witiko hat es geweissagt«, entgegnete Tom Johannes.

»Wenn Witiko weissagen kann, so wirst du spielen«, sagte Huldrik.

»So werden wir erleben, wie das wird«, sprach Tom Johannes.

»Wir werden es erleben«, antwortete Huldrik.

Zu Witiko aber kamen, da er noch an dem Tische saß, mehrere Jungfrauen. Sie gaben ihm einen Kranz aus Blumen und Blättern des Waldes, und gaben ihm einen Strauß aus solchen Blumen. Eine reichte ihm die fünfblättrige dunkelrote Waldrose.

»Die Rosen blühen ja noch nicht«, sagte Witiko.

»Sie blühen noch nicht«, antwortete die Jungfrau, »wir haben sie aus Sammet und Seide gemacht.«

»Sie ist sehr schön gemacht«, sagte Witiko.

»Wenn das Einzugsfest zur Rosenzeit gewesen wäre, so hätten wir dir eine wirkliche Rose als dein Zeichen gegeben«, sprach das Mädchen, »wir haben nun diese gemacht, weil die Rose sehr lange blühen, und Glück bringen soll.«

»Diese Rose wird lange dauern«, sagte Witiko, »wenn auch ihre Farben schwinden. Ich werde mir sie aufbewahren, und werde deiner gedenk sein, Margareth, wenn du auch einmal ein Fest feierst.«

Das Mädchen antwortete nichts.

Witiko betrachtete die Waldrose, und er betrachtete die Blumen der Kränze und Sträuße. Dann gab er alles seiner Mutter zum Beschauen. Diese sah den Kranz, die Sträuße und die Waldrose an, lobte die zierliche Arbeit, und lobte, daß die Waldblumen gewählt und so an einander gereiht worden waren. Dann gab sie die Geschenke wieder an Witiko zurück. Witiko dankte den Jungfrauen, und reichte die Gaben an Jakob, daß er sie in die Burg trage. Die Jungfrauen brachten ihren Abschiedsgruß, und entfernten sich von dem Tische Witikos.

Der Schmied von Plan, und David, der Zimmerer, und Paul Joachim, der Maurer, und Elias, der Steinhauer, traten nun herzu, und brachten die Sprüche aus, welche bei dem Einzuge in ein neues Haus im Brauche waren, und Witiko und die anderen Männer gaben die Antworten, welche auf die Sprüche gehörten.

Dann standen alle von den Tischen auf.

Witiko ging unter die Leute, und sprach mit vielen Männern, mit Frauen, mit Jünglingen, mit Jungfrauen und selbst mit Kindern.

Die Mutter Witikos ging auch unter die Menge der Menschen, und sprach mit ihnen. Viele, besonders Frauen und Jungfrauen, drängten sich zu der Frau.

Die Base Hiltrut sprach mit jedem, zu dem sie kam, und erzählte von Witikos Kindheit.

Die drei Priester, der Pfarrer von Plan, der Pfarrer von Friedberg und Benno, wandelten auf dem grünen Anger in Gesprächen herum, und redeten mit den Leuten, die auf sie zugingen, und gingen selber auf Leute zu.

Als der Nachmittag vorrückte, begannen die Menschen, sich zu zerstreuen.

Am Abende verabschiedete sich Witiko, und ging mit seiner Mutter und mit der Base und mit Benno und mit den Frauen und mit denjenigen, die zu seinem Dienste gehörten, in die Burg.

Als die Sonne untergegangen war, ertönte ein schöner Gesang aus dem Walde. Er war ein Gesang von Jungfrauen, dann kam ein Gesang von Jünglingen, dann kam ein Wechselgesang von beiden, und dann ein Zusammengesang von ihnen. Und so verschränkten sich und löseten sich die Gesänge immer anders. Witiko und die Frauen und Benno gingen auf den Söller hinaus, der gegen den Wald gekehrt war. Unten standen die Menschen dicht gedrängt gegen den Wald, um den Gesängen zu lauschen. Die Sänger und die Sängerinnen konnte man nicht sehen.

Als es finster geworden war, erglühete an dem fernen Gipfel des Hochfichtes ein Feuer wie ein Waldbrand.

Witiko wendete seine Augen dahin, und Wentila auch.

Aber dann glühte auf dem Gipfel des Bufferberges im Morgen von Friedberg ein gleiches Feuer empor. Es glühte eines auf dem Markwalde, eines auf dem Kienberge, eines auf dem Schwarzwalde, drei glühten auf den Wäldern, die hinter dem Kreuzberge bei Plan emporstanden, und man konnte eines auf dem Kreuzberge erkennen. In den Auen und auf den Weiden und Angern und Feldern und in den tiefen Waldstrichen, die an der Moldau dahin gingen, brannten viele kleinere Feuer.

Witiko ging nun mit den Seinigen von dem Söller in die Burg, und sah aus derselben gegen die Morgenseite. Da brannten in dem Walde rechts von der Moldau Feuer bis gegen die Wasserfälle der Kienberge hinab. Im Mittage brannten auf den kleineren Büheln, die sich absenkten, Feuer, und im Abende waren Feuer in dem Walde bis zum Hochfichte, und eines war weit zurück auf der Senkung des Seewaldes zu erblicken.

Die Feuer brannten fort, und die Gesänge dauerten fort.

Witiko ließ nun in allen Gemächern der Burg Lichter anzünden, daß sie in diesem Scheine weithin gesehen werden konnte.

Nach einer Zeit schwieg der Gesang, und als ein Weile Stille gewesen war, ertönten plötzlich die Pfeifen und die Hörner, die Witiko in dem Kriege gehabt hatte, und es erschollen die Weisen, die auf den Zügen und in der Schlacht auf dem Wysoka und in der Schlacht vor Znaim erschollen waren.

Witiko hieß zwei Knechte Fackeln anzünden, und ging mit ihnen auf den Waldsöller. Dort nahm er seine Haube von dem Haupte, und schwenkte sie in dem Fackellichte dreimal zum Gruße.

Es ertönte von den Pfeifen und Hörnern ein freudiger Gegengruß.

Dann rief das Volk einen lange dauernden Ruf des Grußes empor.

Dann tönten die Pfeifen und Hörner wieder Kriegsweisen.

Dann erschollen die Gesänge der Jungfrauen.

Witiko ging wieder in die Burg.

Und die Gesänge der Jungfrauen und der Jünglinge und ihr Zusammengesang und das Tönen der Pfeifen und Hörner wechselte mit einander ab, und machte endlich eine Verschlingung.

Die Feuer brannten ringsumher fort.

Und als mit Zwischenräumen der Gesang der Jungfrauen und der Jünglinge und der Klang der Pfeifen und Hörner eine Zeit gedauert hatte, erhob plötzlich eine Männerstimme unter den Menschen die Töne eines Waldgesanges, den alle Menschen in dem Walde kannten, und der das Lob des Waldes enthielt, und eine zweite Stimme gesellte sich hinzu, und ein dritte, und alsbald sangen alle Menschen, die versammelt waren, den Waldgesang. Und als er geendiget war, erhob eine Pfeife seine Töne wieder. Und die Menschen begannen den Gesang wieder, und stärker, als das erste Mal, und die Pfeifen und Hörner mischten sich darunter, und gingen in der Verbindung der Töne mit. Und als der Gesang zum zweiten Male aus war, tönte von den Pfeifen und Hörnern die Weise der Schlacht vor Znaim. Und dann tönten jene Rufe, die getönt hatten, als man den Feinden auf dem Berge vor Znaim in den Rücken gebrochen war. Und auf diese Rufe folgte ein großer Ruf der Freude von den versammelten Menschen. Dann war eine Weile eine Stille. Dann sangen die Jungfrauen einen sehr sanften Nachtgesang.

Hierauf war kein Gesang mehr und kein Tönen von Pfeifen und Hörnern. Von den Feuern umher waren einige erloschen, andere brannten schwächer.

Wentila erhob sich von ihrem Sitze in der Stube, in welcher alle versammelt waren, reichte Witiko die Hand, und sagte: »Ich suche meine Schlummerstätte. Ruhe in der ersten Nacht hier so sanft, mein Sohn, wie der Schlummergesang der Jungfrauen angedeutet hat.«

Witiko antwortete: »Geliebte Mutter, das Dach unseres Hauses sei zum ersten Male lieb und hold über deinem Haupte.«

Dann verabschiedeten sie sich, und Wentila ließ sich von Marhild und zwei anderen Frauen in ihr Gemach geleiten.

Die Base sagte: »Witiko, wie mußt du gut sein, weil sie dich so lieben, und wie muß es damals in dein Herz gegangen sein, als die schrecklichen Töne der wilden Hörner, die heute hier erschallten, dort erschollen sind, wo die Menschen einander gemordet haben.«

»Das ist dort anders als hier«, sagte Witiko. »Lasse es dir hier wohl sein in der ersten Nacht, und möge es dir sehr lange, und wenn du willst, für immer hier wohl sein.«

»Fast so wohl wie in dem kleinen Häuschen in Landshut, weil wir alle beisammen sind«, sagte die Base.

Dann ließ sie sich in ihr Gemach geleiten.

»Witiko, mein Kind«, sagte Benno, »das ist ein wichtiger Tag gewesen; es beginnt nun eine neue Wirksamkeit. Du hast den Tag ohne Prunk begehen wollen, und die Menschen haben den Prunk ihres Herzens gebracht. Das ist gut. Es wird noch ein zweiter schöner Tag zur Freude deines Gemütes kommen. Beschließe den heutigen Tag mit einem Gebete, und beginne den Schlummer mit der Hoffnung auf jenen zweiten Tag.«

»Gott hat mir so viel Gutes für meine Mutter und für meine Freunde gegeben«, sagte Witiko, »daß ich es nur durch einen dankbaren Wandel gegen Gott werde abtragen können.«

»Du wirst es«, sagte Benno, »gehabe dich wohl.«

»Gehabe dich wohl«, sagte Witiko.

Die Männer reichten sich die Hände.

Dann ging Benno mit Jakob, der ihm eine Lampe trug, in sein Gemach.

Witiko befahl nun, daß die Knechte die Lichter in der Burg auslöschen.

Da dieses geschehen, und ihm die Nachricht davon gebracht worden war, sagte er: »Dienstmannen, Kuto und Beda, weil es der Gebrauch so will, so geleitet mich in meine Stube. Es ist nur dieses Mal, ich werde es dann nie fordern.«

»Wir tun unsers Dienstes jedes Mal«, sagte Beda.

»Wie es die Gepflogenheit fordert«, sprach Kuto.

Die zwei Männer geleiteten Witiko in sein Gemach. Raimund trug eine silberne Lampe. Vier Männer des Gefolges gingen hinter ihnen.

In dem Gemache wurden die Abschiedssprüche gesprochen. Die Männer entfernten sich, und Witiko und Raimund blieben allein. Witiko ließ sich durch die Hilfe Raimunds zum Teile entkleiden, dann sendete er ihn in seine Kammer, die vor dem Schlafgemache war.

Als Witiko nun allein in dem Zimmer weilte, kniete er vor dem Bilde des Heilandes nieder, und verrichtete ein Gebet.

Dann entkleidete er sich vollends, und legte sich zum ersten Male auf das Schlummerbette seiner Burg.

Als der Morgen des anderen Tages angebrochen war, sah Witiko, daß auf dem Anger vor der Burg Menschen über die Nacht geblieben waren. Teils hatten sie Feuer angezündet, um sich zu erwärmen, teils hatten sie, in ihre Gewänder gehüllt, den Frühlingsrasen als Schlummerstätte benützt. In manchen Teilen der näheren und entfernteren Wälder sah er noch Rauch von den Feuern aufsteigen, welche in der Nacht gebrannt hatten. Er befahl Raimund, daß er Huldrik, wenn er noch schlafe, wecke, und ihm sage, er möge Sorge tragen, daß die Leute vor der Burg etwas zu essen und zu trinken bekämen.

Raimund ging fort, und kam wieder, und sagte, Huldrik sei schon unter den Leuten, und habe für sie gesorgt.

Als die Sonne aus dem Walde emporgestiegen war, ging Witiko in die Burgstube, und die Seinigen und Leute des Gefolges kamen auch dahin.

Dann wohnten alle, welche in der Nacht in der Burg gewesen waren, dem Morgengottesdienste bei, welchen Benno zum ersten Male feierte.

Hierauf wurde das Frühmahl gemeinschaftlich in dem Saale verzehrt.

Witiko ordnete nun an, daß jene Dienstmannen und Leute des Gefolges, welche nicht in die Burg gehörten, sondern irgend wo anders ihre Wohnung und ihre Beschäftigung hatten, acht Tage als Gäste in der Burg bleiben sollten. Dann ließ er alle vor sich kommen, denen er einen zeitlichen Dienst in der Burg aufgetragen hatte, und erklärte ihnen den Dienst, und sagte, diese Dinge werden alle später mit Giltigkeit geordnet werden.

Und ehe die Sonne noch hoch gestiegen war, kamen Menschen, und brachten nach dem Brauche, wenn einer in ein neues Haus zieht, Gaben.

Die Gaben sollten zum Bedarfe und zur Zierde des Hauses sein, oder in Werkzeugen zu allerlei Dingen, zur Fischerei, zum Vogelfange, zur Jagd, und selbst zum Kriege bestehen. Der alte Florian brachte ein Salzfaß, welches er aus einem Stücke weißen Ahorns geschnitten hatte, Wenhart aus der Friedau brachte zwei zierliche Fässer für Wein, der Richter aus der Stift brachte Holzteller, von dem kleinsten bis zu dem größten, wie sie in dem Walde gemacht wurden, und seine Gattin brachte eine Sammlung Holzdeckel, um sie auf Milchtöpfe oder andere Gefäße zu legen, Johannes aus dem Wangetschlage brachte Eimer und Zuber, der Richter von Friedberg brachte einen Betschemel, aus dicken Stämmen des Wacholders geschnitzt, und ein himmelblaues Tuch, auf welches die Jungfrauen von Friedberg rote Waldrosen gestickt hatten, Liebhart aus der Steinleithe brachte alle Gattungen Kien aus allen Harzhölzern des Waldes, die Männer aus dem Kirchenschlage brachten sechs kunstreich aus Eschen geschnittene Speere, Gregor vom Rathschlage brachte vier Fischnetze, Thomas von der Waldmoldau brachte zwölf Besen, deren Stiele die zwölf feinsten Hölzer des Waldes waren, deren Bund er mit schimmernden Farbreisern geflochten hatte, und deren Zweige alle Farben zeigten, welche die Ruten im Walde haben, die alte Susanna aus der unteren Moldau brachte zwanzig Eier, und sagte, sie habe nicht mehr.

Die, welche weiter entfernt wohnten, kamen später.

Gegen Abend kamen die von dem oberen Plane, und brachten ein kreisrundes Gitter, das fein aus Eisen geschmiedet war, und einen Boden aus Buchenholz hatte, daß man Töpfe mit Blumen hinein stellen konnte. Und dann brachten sie noch vier junge ganz weiße Milchkühe. Tom Johannes brachte sechs Bogensehnen, die er selber aus Darmsaiten von Geigen gedreht hatte, Stephan, der Wagenbauer, brachte die sechs Bogen aus rotem Eibenholze dazu, und Peter Laurenz, der Schmied, sechs Bündel Pfeile, deren Spitzen er selber geschmiedet hatte. Sebastian brachte Marderverbrämungen und Marderfelle und anderes Pelzwerk des Waldes. Christ Severin brachte ein Stück feinen Tuches.

Den ganzen Tag kamen Leute, und in mehreren folgenden Tagen auch. Sie brachten noch Linnen und Wollstoffe und Felle und Leder und Nahrungsmittel und Tiere. Witiko sprach mit allen, und dankte ihnen. Wentila sprach auch mit den Leuten, und besonders mit den Frauen. Die Männer Witikos waren beschäftiget, die Gaben an ihre Orte zu bringen, besonders die lebenden Tiere.

In der folgenden Zeit kamen die Gaben von Lubomir, von Diet, von Rowno, von Osel und anderen Nachbarn des Waldes, sie bestanden in Schmuck, in Waffen, in Gewändern, in Tieren.

Darauf begann Witiko seine Gegengaben zu versenden.

Dann ritt er zu den Nachbarn, um sie zu besuchen, und nahm sie in seiner Burg auf, wenn sie zu dem Gegenbesuche kamen, und bewirtete sie.

Da dieses geschehen war, ordnete er den Dienst der Burg. Huldrik wurde der Schaffner, um für Fremde und alles, dessen sie bedurften, zu sorgen. Martin hatte die Aufsicht über die Nutztiere. Und so wurde über die Gemächer, über die Gewänder, über die Waffen, über die Küche, über den Keller, und über alles andere jemand gesetzt.

Der Bauherr Eppo blieb eine Zeit als Gast, weil man seines Rates noch vielfach bedurfte. Dann trat er seinen Weg nach Prag an.

Die Base blieb bei Wentila in dem Walde, weil sie Witiko bat, und Benno blieb bei Witiko, und feierte den Gottesdienst in der Burgkirche.

Da die Dinge in der Burg geordnet waren, ritt Witiko auf seinem alten grauen Pferde, welches den Wald zu überwinden verstand, an alle Stellen, an denen er Arbeiten hatte, und untersuchte den Fortgang der Dinge.

In dem Walde an der untern Moldau legte er eine Köhlerei an, und Mathias, der Köhler vom breiten Berge, war der Schaffner derselben, und von den Meilern gingen wie sonst an dem breiten Berge im Lichte die goldigen oder im Schatten die blauen Säulen des Rauches in die Lüfte. Für Mathias war ein hölzernes Wohnhaus, und ein steinernes für ihn und die Arbeiter ward begonnen.

Am Abende kamen zuweilen, wie einst in dem steinernen Häuschen in Plan oder in dem Häuschen im Wangetschlage, Männer zu Witiko in die Burg, und er gab ihnen Brot und Salz, und sie nahmen es, sprachen mit ihm über verschiedene Dinge, und er reichte ihnen dann Speise und Trank, und sie gingen in der Nachtdämmerung durch den Wald nach Friedberg., oder in die Friedau, oder in die Steinleithe, oder in die Heurafelhäuser, oder an der Mittagseite gegen die Häuser der reichen Au. Wenn die Männer von einer größeren Entfernung gekommen waren, so beherbergte er sie in der Burg.

Es kamen nun auch Leute um Rat, es kamen Leute um Hilfe, und Witiko gewährte beides, wenn er es konnte.

Indessen waren Wentila und die Base und die Frauen beschäftigt, Stoffe, Gewänder, Kleinodien und dergleichen Dinge zu dem Brautwerbungszuge Witikos zu rüsten.

Als zwei Monden vergangen waren, seit Witiko in seine Burg eingezogen war, sandte er Beda, seinen Dienstmann, mit einem Geleite in die Burg Schauenberg zu Heinrich von Schauenberg, um Anfrage zu halten, ob es Heinrich von Schauenberg und Wiulfhilt von Dornberg, seiner Gemahlin, genehm sei, Witikos Werbungszug zu empfangen, und welchen Tag sie dafür bestimmten.

Beda kam zurück und sagte, es sei Heinrich von Schauenberg, und Wiulfhilt von Dornberg, seiner Gemahlin, genehm, Witikos Werbungszug zu empfangen, und sie bestimmen den zwanzigsten Tag nach dem Tage der Anfrage dazu.

Witiko bildete nun sein Geleite zu dem Werbungszuge, und gab ihm Gewänder, Schmuck und Waffen.

Am Morgen des dritten Tages vor dem Werbungstage feierte Benno in der kleinen Burgkirche des Witikohauses einen Gottesdienst, dann sprach Wentila einen Segen über Witiko, die Base kniete in der Kirche vor dem Heilande, und betete für Witiko, und Witiko und Benno setzten sich auf Pferde, und dreißig Männer setzten sich auf Pferde, und sieben andere Männer setzten sich auch auf Pferde, die mit Saumpferden verbunden waren, welche Belastungen trugen. Und der Zug dieser Männer ging durch das Tor des Witikohauses hinaus. Sie waren alle in Waffenröcken.

Der Zug ging durch den Wald in das Aigen und von dem Aigen an diesem Tage noch in das Gericht Velden. Des andern Tages ging er über die Höhen an die Donau hinab, wurde mit Fähren über das Wasser gebracht, und ging noch in die Stadt Eferdingen. In Eferdingen ging er in Herbergen, und blieb über die Nacht.

Als am nächsten Morgen das Geleite Witikos sich vor seiner Herberge aufstellte, versammelten sich sehr viele Menschen bei demselben, standen da, und betrachteten die fremden Männer. Die fremden Männer waren in sehr kostbaren Gewändern, an denen Silber und Gold und edle Steine glänzten. Sie hatten runde Hauben, an jeder Haube war ein Stein, und von dem Steine ragte eine gerade weiße Feder empor. Die Pferde hatten rote mit Silber gezierte Zäume und rote Decken. Zwei Edelknechte hielten zwei Pferde, die noch keine Reiter hatten. Das eine war ein feines Pferd von goldbrauner Farbe, es hatte blaßgrüne Zäume von Sammet und Gold und roten Steinen, und eine gleiche blaßgrüne Decke. Die Stege des Sattels waren von Silber. Das andere Pferd war dunkelgrau, hatte weiße Zäume mit Gold und eine gleiche Decke, und silberne Sattelstege. Hinter allen den Männern und Pferden standen noch Saumpferde, die mit allerlei Gepäcke beladen waren, und neben ihnen standen Reiter, die sie zu leiten hatten.

Als die Menschen eine Zeit gewartet hatten, kamen die zwei Reiter, die zu den zwei schön geschmückten Pferden gehörten. Witiko hatte ein blaßgrünes Ritterkleid von Sammet, Gold und edlen Steinen. Auf dem Haupte hatte er eine gleiche Haube, und an ihr war aus roten Steinen eine dunkle Waldrose, und aus der Rose ragte eine kurze weiße Feder empor. Er hatte blonde Locken, blaue Augen, sanfte Wangen und einen goldschimmernden Bart. Benno trug ein dunkles Priestergewand, und darauf ein kleines goldenes Kreuz. Er hatte weiße Haare, blaue Augen und einen weißen Bart. Die zwei Reiter bestiegen ihre Pferde, die Edelknechte auch die ihrigen, und es begann der Zug.

Er ging durch eine Straße der Stadt, durch das Tor der Stadtmauer und in das freie Land hinaus in der Richtung gegen die Burg Schauenberg. Viele Leute standen an dem Wege, und die auf den Feldern arbeiteten, kamen herzu, und betrachteten den Zug. Die schimmernden Männer ritten durch schöne Wiesen und Felder und unter vielen Obstbäumen dahin. Als sie an die Stelle gekommen waren, an welcher der Seitenweg gegen die Burg Schauenberg ging, ritten sie den Seitenweg hinan.

Der Türmer gab ein Zeichen mit seinem Horne, und einer von Witikos Leuten erwiderte das Zeichen. Als sie an die erste Zugbrücke gekommen waren, legte sich die Zugbrücke nieder, und die Männer ritten über sie. Sie ritten auf einem Wege zwischen Bäumen und Bauwerken dahin. Dann tönte das zweite Zeichen, und wurde erwidert, und die zweite Zugbrücke legte sich nieder, und die Männer ritten über sie. Und es tönte das dritte Zeichen, wurde erwidert, und die dritte Zugbrücke senkte sich, und die Männer ritten in den Burghof. An der rechten Seite des Hofes stand ein sehr hoher, starker, viereckiger Turm empor. Der Turm hatte ein großes Tor mit einem eisernen Fallgitter. Hinter dem Gitter ging eine Treppe hinan. Vor dem Gitter standen drei Männer in ritterlichen Kleidern. Einer näherte sich dem Zuge, und sprach: »Ich bin Liutolt, ein edler Dienstmann und Truchseß des Herren von Schauenberg, der Mann neben mir ist Berthold von Stal, ein edler Dienstmann des Herren von Schauenberg, und der Mann neben uns ist Hartnit, ein edler Dienstmann des Herren von Schauenberg. Wir Männer fragen euch, wer ihr seid, daß wir euch begrüßen.«

Auf diese Worte ritt Beda vor, und rief: »Ich bin Beda, der Dienstmann des Herren Witiko vom Witikohause, und der neben mir ist Kuto, der Dienstmann des Herren Witiko vom Witikohause, und der neben uns ist Peter, der Dienstmann des Herren Witiko vom Witikohause, und wir Männer sagen euch: Witiko vom Witikohause ist gekommen, mit dem Herren Heinrich von Schauenberg in wichtigen Dingen zu sprechen.«

»Wir grüßen für den Herren Heinrich von Schauenberg den Herrn Witiko vom Witikohause, und bitten euch, steiget von den Pferden«, rief Liutolt.

Witiko und seine Männer stiegen von den Pferden, und Knechte der Burg kamen herbei, die Pferde weg zu führen.

»Gehet ein zu dem Herren Heinrich von Schauenberg«, sagte Liutolt.

Das Fallgitter hinter den drei Männern Heinrichs von Schauenberg stieg empor, die Männer wichen seitwärts, und wiesen auf die Treppe als auf den Eingang.

Witiko ging mit Benno die Treppe hinan, und Liutolt ging als Führer hinter ihnen. Dann kamen die Männer des Gefolges Witikos mit den zwei Männern Heinrichs von Schauenberg. Liutolt geleitete Witiko und die Seinen am oberen Ende der Treppe aus dem Turme auf einen offenen Säulengang hinaus, und auf dem Gange fort um eine Ecke des Hofes zu zwei großen Türen mit steinernen Spitzbögen. An der Tür rechts standen Reisige und ein Pförtner. Der Pförtner öffnete die Flügel der Tür, und Witiko und seine Leute traten durch dieselbe in einen sehr großen Saal.

In dem Saale saß auf einem schönen Stuhle Heinrich von Schauenberg in rotsammetenem Rittergewande ohne Verzierungen. Neben ihm saß Wiulfhilt von Dornberg, seine Gemahlin, in einem dunkelbraunsammetenen Gewande ohne Schmuck. Dann saßen noch Männer und Frauen, und zur linken Hand standen an der Wand dahin Dienstmannen und Leute aus dem Gefolge Heinrichs von Schauenberg.

»Wer ist gekommen?« rief ein Mann in schönen Gewändern.

»Witiko vom Witikohause«, antwortete Beda.

»So empfange er den Sitz«, rief der Mann.

Witiko und Benno setzten sich auf Stühle, welche zur rechten Hand Heinrichs von Schauenberg an der Wand standen. Die Männer Witikos stellten sich längs der Wand auf, den Männern Heinrichs von Schauenberg gegenüber.

»Was bringt Witiko vom Witikohause?« rief der Mann in dem schönen Gewande.

»Er bringt eine heilige Werbung«, sagte Beda.

Nach diesen Worten stand der Burgpfarrer Heinrichs von Schauenberg auf, und sagte: »Welche heilige Werbung bringt Witiko vom Witikohause?«

Benno stand auf, und sagte: »Witiko vom Witikohause bringt die heilige Werbung der Ehe.«

»So sage er die Werbung der Ehe«, rief der Mann.

Hierauf stand Witiko von seinem Sitze auf, trat einen Schritt vor, wendete sich gegen Heinrich und Wiulfhilt, und sprach: »Hoher Herr, Heinrich von Schauenberg, erhabene Frau, Wiulfhilt von Dornberg, ich, Witiko vom Witikohause, ein Herr im mittäglichen Böhmen unter dem erlauchten Herzoge von Böhmen und Mähren, Wladislaw, werbe in Gutem und Treuem um eure Tochter, das tugendreiche Fräulein Bertha, daß sie mir in freiem Willen als Ehegemahlin folge, und daß ich sie ehre und liebe und ihr treu bin, so lange ich lebe. Ich bitte euch um eine Antwort auf meine Werbung.«

Heinrich von Schauenberg stand auf, und sprach: »Witiko vom Witikohause, Herr im mittäglichen Böhmen unter dem Herzoge Wladislaw, ich, Heinrich von Schauenberg, gebe dir in Gutem und Treuem meine Tochter Bertha, daß sie dir in freiem Willen als Ehegemahlin folge, daß du sie ehrest und liebest, und ihr treu bist, so lange du lebst, und daß sie dich ehret und liebt und dir treu ist, so lange sie lebt. Hier ist Wiulfhilt von Dornberg, meine Gemahlin, hier ist Werinhart von Jugelbach, mein Vater, hier ist Benedicta von Aschach, meine Mutter, hier ist Gebhart von Stauf, mein Bruder. Sie sagen, daß die Ehre der Werbung gepflogen ist, und daß Bertha in deinem Stamme ist, wie in unserem Stamme.«

Wiulfhilt stand auf, und sprach: »Die Ehre ist gepflogen, und Bertha ist in Witikos Stamme wie in unserem Stamme.«

Werinhart stand auf, und sprach: »Die Ehre ist gepflogen, und Bertha ist in Witikos Stamme wie in unserem Stamme.«

Und Benedicta stand auf, und sprach: »Die Ehre ist gepflogen, und Bertha ist in Witikos Stamme wie in unserem Stamme.«

Und Gebhart von Stauf stand auf, und sprach: »Die Ehre ist gepflogen, und Bertha ist in Witikos Stamme wie in unserem Stamme.«

Nun sprach Heinrich von Schauenberg. »So sage Bertha, daß sie in freiem Willen der Werbung folge, oder daß sie in freiem Willen die Werbung nicht annehme.«

Drei Frauen erhoben sich von ihren Sitzen, und gingen aus dem Saale.

Alle, die aufgestanden waren, blieben stehen.

Die Frauen kamen wieder zurück, und mit ihnen kam Bertha. Sie hatte ein Gewand von braunem Sammet ohne Schmuck. Hinter ihr gingen vier Jungfrauen.

Sie ging mit den Frauen und Jungfrauen bis zu ihrem Vater, und stellte sich an seine linke Seite.

Heinrich von Schauenberg sprach: »Bertha von Schauenberg, Tochter Heinrichs und Wiulfhilts, hier steht Witiko vom Witikohause, ein Herr im mittäglichen Böhmen unter dem Herzoge Wladislaw, und wirbt in Gutem und Treuem, daß du ihm in freiem Willen als Ehegemahlin folgest, und ihn ehrest und liebst und ihm treu bist, so lange du lebst, und daß er dich ehret und liebt und dir treu ist, so lange er lebt. Gib ihm eine Antwort.«

Bertha sprach: »Ich, Bertha von Schauenberg, die Tochter Heinrichs und Wiulfhilts, werde in freiem Willen Witiko vom Witikohause, dem Herrn im mittäglichen Böhmen unter dem Herzoge Wladislaw als Ehegemahlin folgen, daß ich ihn ehre und liebe und ihm treu bin, so lange ich lebe.«

»So ist die Werbung geschlossen«, sagte Heinrich von Schauenberg. »Wir reichen uns zur Urkunde zuerst die Hand, und werden das Pergament ausfertigen, und unsere Siegel daran befestigen, und werden die Herren Freunde und Unsrigen bitten, daß sie ihre Siegel zu den unsrigen hängen.«

Nach diesen Worten gingen Heinrich und Witiko einander entgegen, und reichten sich die Hände.

Dann trat Witiko vor Wiulfhilt, und Wiulfhilt und Witiko reichten sich die Hände.

Und es reichten sich Werinhart und Witiko, und Benedicta und Witiko, und Gebhart und Witiko die Hände.

Und zuletzt reichten sich Witiko und Bertha die Hände.

Dann gingen alle zu ihren Sitzen, und setzten sich auf dieselben. Bertha saß mit ihren Jungfrauen an der linken Seite ihrer Mutter.

Als dieses geschehen war, gingen alle Männer Witikos und alle Männer Heinrichs von Schauenberg einander entgegen, sie kamen in der Mitte des Saales zusammen, und reichten sich die Hände. Dann trennten sie sich wieder, und gingen an die Wände zurück.

Hierauf rief Heinrich von Schauenberg: »Und so lade ich dich, Witiko vom Witikohause, in diese Burg zu Gaste, und so lade ich alle deine Männer in die Gastlichkeit der Burg.«

Witiko antwortete: »Ich nehme auf die Frist von vier Tagen die Gastlichkeit an, und dann ziehe ich mit den Meinigen heim, zu ordnen, was sich geziemet.«

»So folget mir, und erquicket euch«, sagte Heinrich von Schauenberg.

Es bildete sich nun ein Zug. An der Spitze gingen Heinrich und Witiko. Dann folgten Werinhart und Benedicta, dann Wiulfhilt und Gebhart, dann Bertha und die Frauen, dann gingen die Priester und dann die andern.

Sie gingen in einen Saal, in welchem Speisen und Getränke waren. Die Speisen und Getränke wurden zur Erquickung gereicht.

Dann wurde Witiko in sein Gemach geleitet, und die Seinigen erhielten Wohnungen.

Und am dritten Tage nach diesem Tage kamen Herren mit Gefolge in die Burg. Es kamen Erchambert von Marbach, Odescalch von Meisaha, die Brüder Otto und Walchun von Machland, Eppo von Windberg, Hartwik von Hagenau, Uthalrik von Willeringe, Otto von Rote, Marquard von Wesen, Chunrat von Heichenbach, Heinrich von Tannenbach, und Calhochus von Valchenstein. Es kamen noch die Dienstmänner Herwig von Uberacha, Adelhart von Hutte und Dietmar vom Randshofe. Allen diesen, und Dienstmannen von ihnen und Dienstmannen Heinrichs und Werinharts und Gebharts wurde das Pergament vorgelegt, und sie hingen ihre Siegel zu den Siegeln Heinrichs, Werinharts und Gebharts.

Nun wurden an dem Tage Geschenke ausgetauscht. Witiko gab Bertha einen Kranz aus Gold und edlen Steinen mit dunkelroten Waldrosen. Bertha gab Witiko fünf dunkelrote Waldrosen aus edlen Steinen so zusammen gefügt, daß man einen Gürtel damit schließen konnte. Heinrich gab Witiko ein Waffengewand aus kunstvollen Ringen und edlen Steinen, und Witiko gab ihm ein erlesenes Schwert mit kostbaren Steinen. Von Wiulfhilt bekam Witiko einen Goldgürtel mit Kleinodien, und er gab ihr ein Sammetgewand mit Gold. Den Angehörigen Heinrichs und seinen Männern gab Witiko weiße Stoffe aus sehr feiner Schafwolle, wie sie in Prag gemacht wurden, dann die schönsten Pelzwerke, die in dem Walde gefunden werden konnten, dann Waffen, Jagdgeräte und Pferdeverzierungen. Er empfing von ihnen auch Stoffe, Waffen, Kleinodien, Gewänder, und Geräte. Die Geleite Heinrichs und Witikos tauschten Geschenke, und die fremden Gäste empfingen und erteilten Gaben.

Dann war ein großes Festmahl in dem Saale, und nach dem Festmahle waren Spiele und ritterliche Übungen. Abends wurden bunte Zelte an dem Berghange hin errichtet, darin Männer aus den Gefolgen übernachten konnten.

Am nächsten Tage wurde vereinbart, daß nach dreißig Tagen die Vermählung sein solle, und die Gäste begannen sich zu zerstreuen.

Witiko ordnete in seinem Reisegewande seinen Zug. Heinrich und Werinhart und Gebhart geleiteten ihn mit Gefolgen bis an die Donau, und ein erlesener Zug von Männern Heinrichs und Werinharts und Gebharts ging mit ihm bis in das Witikohaus.

Von dem Tage an rüstete Witiko nun alles, was er für die Feste in dem Walde als notwendig erachtete. Er sandte auch Boten in vielen Richtungen aus, die Gäste zu laden.

Vier Tage vor dem Vermählungstage wurden Witiko, seine Mutter, seine Base, Benno, die Frauen der Mutter und der Base und die Dienstmannen und die Geleite Witikos durch einen feierlichen Zug von Männern Heinrichs, den Liutolt führte, in das Schloß Schauenberg abgeholt. Der Zug ging am ersten Tage nach Velden, am zweiten in die Burg Schauenberg.

In die Burg kamen nun auch die Männer, welche bei der Verlobung Zeugenschaft geleistet hatten, und es kam noch eine große Zahl anderer Männer und Frauen und Jungfrauen.

Am festgesetzten Tage wurde die Vermählung in der Schloßkirche gefeiert. Es vollzog sie der Burgpfarrer des Schlosses Schauenberg, und der Pfarrer der Stadt Eferdingen. Der Pfarrer von Aschach und Benno waren an seiner Seite. Witiko hatte ein weißes Sammetgewand mit Gold, und er trug den goldenen Gürtel Wiulfhilts, und daran als Schloß die Waldrosen Berthas. Bertha hatte ein weißes Gewand aus Seide und Gold, und sie trug den Kranz der Waldrosen Witikos. Von ihrem Haupte ging ein Schleier bis zu der Erde nieder.

Nach der Vermählung gingen alle in den großen Saal, und von dem Saale gingen Heinrich, Wiulfhilt, Wentila, Witiko und Bertha in ein Gemach.

Heinrich reichte Witiko die Hand.

Wiulfhilt sprach: »Ich habe einmal gesagt: Gott kann alles fügen, und kann uns Freuden bereiten, die wir gar nicht vermutet haben, und mein Gatte hat geantwortet: So füge er es. Ich glaube, daß er es gefügt hat. Witiko wird in Festigkeit und Treuem an unserem Kinde halten.«

»Mutter, wie Ihr saget, wird es sein mein ganzes Leben lang«, sprach Witiko.

Bertha ging zu ihrer Mutter, und schlang beide Arme um ihren Nacken. Und die Mutter küßte ihre Tochter.

Dann schloß Wentila die neue Tochter an ihr Herz.

In dieser Zeit kam ein Bote, und sagte, es sei ein Ritter in einem weiten Gewande mit goldenem Gürtel, und es seien mit ihm Männer in weiten Gewändern und silbernen Gürteln gekommen, und verlangen sogleich Gehör.

»Lasset sie in den Saal führen«, sprach Heinrich.

Und da die Männer im Saale Heinrichs standen, sagte der Ritter: »Ich bin Kriwosud, der Marschalk des hochehrwürdigen Bischofes von Olmütz, Zdik. Der hochehrwürdige Bischof sendet mich an Euch, Herr Heinrich von Schauenberg, und an Eure hohe Frau Gemahlin und an den Bräutigam und an die Braut mit Briefen und mit Kästchen.«

»Ehe Ihr Eure Botschaft vollendet«, sprach Heinrich, »sagt, ob Euch eine Frist zur Heimkehr gesetzt ist.«

»Uns ist eine solche Frist nicht gesetzt«, antwortete der Marschalk.

»So bleibt mit den Eurigen bei uns als Gast des Festes, und dann, so lange es Euch beliebt«, sagte Heinrich.

»Ich bleibe mit den Meinigen als Gast des Festes«, sagte der Marschalk.

»Und lasset mich nun meine Gemahlin und Witiko und Bertha rufen«, sprach Heinrich, »weil Ihr auch an sie Botschaft bringt.«

Und Heinrich sendete um Wiulfhilt, Witiko und Bertha, und diese kamen.

Dann übergab Kriwosud die Briefe. Sie waren von dem Bischofe selber geschrieben.

In dem Briefe an Heinrich standen Worte des Dankes, daß er ihn einmal nicht erkannt hatte, da er ihn doch erkannt hatte, und die Bitte, daß er eine Erinnerungsgabe des Beschützten nicht verschmähe.

An Wiulfhilt und Bertha war die Bitte gerichtet, daß sie eine freundliche Gabe freundlich annehmen mögen.

In dem Briefe an Witiko waren die Worte: »Ich habe zu dir in Passau gesagt, Witiko: Du hast treue Christenpflicht an mir geübt; möge sie dir im Walde gelohnt werden, von dem Hause Heinrichs von Jugelbach bis an die Waldstelle, in der du wohnen wirst. Möge Wladislaw die Stelle zieren, und möge ich etwas hinzu tun können. Gott hat dich belohnt von dem Hause Heinrichs von Jugelbach aus, wie ich es geahnet habe, bis an die Waldstelle, in der du nun wohnest. Wladislaw hat deine Waldstelle geziert, ich habe nichts dazu zu tun vermocht, weil Wladislaw alles getan hat. Vielleicht kann ich einmal eine Zierde bringen, die dich freut. Nimm von meinem Boten an, was er dir überreicht, und halte es für ein Denkmal deiner Vermählungszeit.«

Nachdem die Briefe gelesen waren, brachten vier Männer die vier Kästchen herbei, und die Kästchen wurden geöffnet.

In dem Kästchen Heinrichs lag ein Schwert. Die Scheide war aus weißem Sammet mit roten Steinen. Der Griff war aus Gold, und die Klinge hatte goldne Zieraten.

In dem Kästchen Wiulfhilts war roter Sammet und weißes Hermelin.

In dem Kästchen Berthas war ein Halskleinod von Gold und kostbaren Steinen.

In dem Kästchen Witikos war ein Waffenkleid mit kunstreichen Ringen, und die Säume waren Gold und edle Steine.

Die Gaben wurden empfangen, der Dank wurde gesprochen, und Kriwosud wurde gebeten, die Briefe, die man fertigen würde, zurück zu bringen.

Die Feste nach der Vermählung dauerten sieben Tage. Und wer kam, wurde bewirtet, und wenn er es bedurfte, beschenkt.

Dann begannen die Gäste Abschied zu nehmen, und es wurde in der Burg der Zug in das Witikohaus gerüstet.

Da kam einmal ein Mann zu Witiko, und sagte: »Erlaubet mir, hochedler Herr, daß ich die Burg betrachte, die Ihr auf dem hohen Walde erbaut habt, wie Ihr die Burg Schauenberg, da sie gebaut wurde, betrachtet habt. Ich habe Euch Euer Glück geweissagt.«

»Du bist der Schaffner, der mir den Bau der Burg Schauenberg gezeigt hat«, sagte Witiko.

»Ja«, entgegnete der Mann, »und ich habe gesagt: Reiset glücklich, und möget Ihr Eure Ziele erreichen, junger Herr. Und Ihr habt das Ziel erreicht. Wer hätte damals gedacht, daß Ihr der Ehegemahl unserer Bertha sein werdet. Ihr werdet jetzt oft zu uns kommen, und einige von uns werden zu Euch kommen, vielleicht sehe ich da die Burg.«

»So komme einmal mit der Genehmigung deines Herrn als Gast zu mir, und ich werde dir die Umsicht aus der Burg meines Waldes zeigen, wie du mir die Umsicht der Burg dieses Berges gezeigt hast.«

»Ich werde kommen, hochedler Herr«, sagte der Mann, »und gehabt Euch wohl.«

»Gehabe dich wohl«, sagte Witiko.

Am neunten Tage nach der Vermählung wurde eine Reihe Saumtiere mit Gut und Habe gegen das Witikohaus gesendet.

Am eilften Tage ging der Zug von der Burg Schauenberg fort. Es waren Heinrich, Werinhart und Gebhart mit ihren Geleiten, es waren Wiulfhilt und Bertha mit ihren Frauen und Jungfrauen, es war der Burgpfarrer von Schauenberg, es war Witiko mit seinen Männern, es waren Wentila und Hiltrut mit ihren Frauen, und es war Benno. Dann war Kriwosud, weil ihn Witiko geladen hatte, und es waren Herren und Ritter mit ihren Gefolgen, die Gäste des Witikohauses waren, und sich zu dem Zuge gesellt hatten. Unter den Jungfrauen, die bei Bertha bleiben sollten, war Trude, und unter den Dienern Wolf.

Es kamen wieder Menschen herzu, den Zug zu betrachten.

In Aschach waren die Schiffe Heinrichs. Sie waren bemalt, waren mit schönen Stoffen belegt, und trugen farbige Wimpel. In den Schiffen fuhr der Zug über die Donau.

Dann ging er die Höhen hinan, und ging auf den Höhen und in den Wäldern dem Witikohause zu.

Am Nachmittage des nächsten Tages näherte er sich demselben.

In ihm waren schon Herren und Ritter als Gäste. Diese ritten in dem schönsten Schmucke durch den Wald herunter, um den Zug hinan zu geleiten.

Als er gegen die Burg kam, sahen die Männer und Frauen desselben sehr viele Gezelte unter den hohen Tannen und Buchen des Waldes und auf dem grünen Rasen vor der Burg stehen. Die Menschen aus dem Walde und aus den Gegenden neben dem Walde waren herzu gekommen, und brachten Jubelrufe und Glückrufe und Segenrufe aus. Und Pfeifen und Hörner und Zimbeln und Geigen erschallten, und Gesänge mischten sich hinein. Vor dem Tore der Burg war ein Bogen aus Blumen, und Jungfrauen brachten der Burgherrin Blumen, und streuten Blumen auf ihren Weg. Dann standen alle Richter Witikos, und einige sagten die Hochzeitsprüche, die in den Wäldern galten. Dann standen Huldrik und Martin und alle Leute Witikos. Von den Fenstern hingen schöne Tücher herab, und zwischen den Fenstern waren Blumengewinde. Der Zug und die geschmückten Gäste, die ihm entgegen geritten waren, gingen durch das Tor ein.

Und bis zu dem Abende kamen noch immer Gäste. Es waren dann in der Burg der alte Lubomir, Ctibor und Nemoy, es waren Rowno, Diet, Osel, Wyhon, Hermann, Witislaw und alle Herren des Waldes, die mit Witiko in dem Kriege gewesen waren, es waren Welislaw, Odolen, Wecel, Casta, Zwest, Jurik, Sezima, Zdeslaw, dann Moyslaw und Radosta, die Söhne Lubomirs, und dann die Sippen Rownos, es waren der alte Ritter vom Kürenberge, der alte Heinrich von Oftering, Uthalrik von Willeringe, Otto von Rore, Marquard von Wesen, es waren Thiemo von der Aue, der junge Heinrich von Oftering, der junge Ritter vom Kürenberge, Marchard von Hintberg, Gebhart von Abbadesdorf, Ebergus von Aland, Werinhard von Brun, Juborth von Tribanswinchel, Viricus von Gaden, und der junge Hartung von Ruhenegk, und es waren Wolfgang von Ortau, Rudolph von Bergheim, Hans vom Wörthe, Werinhart von Hochheim und Heinrich von Rineck bei dem Zuge. Mit den Männern waren Frauen und Jungfrauen, und es waren Dienstmannen und Gefolge gekommen. Aus dem Walde waren die Pfarrer von Friedberg und Plan da, es waren die Richter da, und es waren die da, welche in dem Kriege Obmänner gewesen waren, und wer sonst hatte kommen wollen, war als Gast aufgenommen worden. Viele wurden in der Burg beherbergt, viele waren in den Gezelten, und von dem Volke war ein Teil in der warmen Nacht unter den Bäumen des Waldes, ein Teil war auf dem freien Rasen zwischen den grauen Gesteinen.

Am Morgen des nächsten Tages wurde ein feierlicher Gottesdienst unter dem offenen Himmel des Waldes abgehalten. Dann saßen Witiko und Bertha unter Tannen auf schönen Gesiedeln, und die Gäste, Herren und Frauen, und die Richter und die Obmänner und andere Untertanen Witikos und noch andere Leute aus dem Walde, Männer und Frauen, kamen hinzu, und brachten Glückwünsche dar, oder sagten Sprüche, oder reichten Blumen und Kränze. Dann wurden die Gäste zu einander geführt, wurden einander genannt, und sie schlossen Genossenschaft und Bekanntschaft. Dann war ein Mahl, und nach dem Mahle war ein großer Zug in prunkenden Gewändern durch allerlei Richtungen des Waldes, und durch andere Richtungen wieder zurück.

Am folgenden Tage waren Spiele. Es war in dem Tale, in welchem die Moldau floß, ein Anger mit Schranken eingefaßt, und es war Sand auf den Anger geschüttet, daß er ein Turnierplatz wurde. Witiko und seine Gäste, und die zu Witiko und den Gästen gehörten, zogen von der Burg durch den Wald zu der Moldau hinab. Und es waren die ritterlichen Festkämpfe, die in Deutschland und die in Österreich und die in Böhmen im Gebrauche waren. Frauen verteilten von den Söllern die Preise.

Auf den vielen freien Plätzen, die sich in dem Walde an der Moldau befanden, waren die Spiele und Erheiterungen der Bewohner des Waldes. Sie hatten ihre Wettkämpfe im Bogenschießen, im Schießen mit der Armbrust, im Werfen von Lanzen oder Steinen, im Laufen, im Springen, im Klettern und im Ringen. Dann waren Spiele mit Reifen, mit Bällen, mit Stangen und mit Seilen. Dann waren Tänze und Gesänge, es waren Neckübungen in Rede und Antwort, und mancher kam als Pilger oder Jäger oder Kohlenbrenner oder Pechsammler, und suchte sich in seinen Reden und Schaustellungen darzutun.

Witiko und viele Herren und Frauen gingen auf die Plätze, und sahen, was da geschah.

Witiko und Bertha und Wentila und Wiulfhilt und Lubomir und Boleslaw und Welislaw und Dimut und Odolen und Rowno kamen nach und nach gegen den dichteren Wald, und wo man von den Menschen nichts mehr vernehmen konnte. Da hörten sie eine Geige tönen, und die Töne der Geige waren sehr lieblich. Sie gingen der Stelle zu, und kamen auf einen lichteren Platz, auf welchem Föhren in Zwischenräumen standen. Unter den Föhren waren Menschen, und unter einer Föhre saß auf einem Baumstrunke Tom Johannes, und spielte auf der Geige. Die Menschen hörten ihm zu. Sie machten Raum, da Witiko kam, und er ging mit denen, die bei ihm waren, bis zu Tom Johannes. Der Fiedler fuhr in seinem Spiele fort, und alle hörten zu. Als er geendet hatte, sprach Witiko: »Ich habe dir gesagt, Tom Johannes, daß deine Geige noch in dem grünen Walde singen wird, und sie singt schöner als sonst.«

»Sie singt schlecht«, sagte der Fiedler, »diese Geige des hohen Herzoges kann singen, wie keine Geige auf der Welt; aber ich kann sie nur so gut singen machen, wie ich kann. Siehe, Witiko, ich habe mir ein Knie an den Bogen gemacht, wie meine Hand ein Knie hat, und nun vermag ich wieder zu streichen.«

»Und du streichst, wie es andere nicht können«, sagte Witiko.

»Sonst habe ich es besser vermocht als andere«, sprach der Fiedler, »wie es jetzt ist, weiß ich nicht.«

»Und hast du schon öfter auf der Geige des Herzogs gespielt?« fragte Witiko.

»Ich habe es auf ihr gelernt«, antwortete der Fiedler, »und spiele heute zum ersten Male vor Menschen, weil ein Tag der Ehren für dich ist, Witiko.«

»So muß ich dir Dank bringen«, sagte Witiko, »und ich danke dir, und wenn du in meine Burg kommen willst, werde ich dir noch mehr danken, und wenn ich nach Plan komme, werde ich zu dir gehen, und dir wieder danken.

»Ich werde einmal in deine Burg kommen«, sagte der Fiedler.

»So tue es«, antwortete Witiko.

Und Tom Johannes geigte noch manches auf der Geige des Herzogs, und Witiko und seine Gefährten hörten zu.

Dann lobten sie ihn, verabschiedeten sich, und gingen ihres Weges weiter.

Ehe der Abend kam, ging der Zug wieder zu dem Witikohause hinauf.

Am nächsten Tage wurde das Pergament Witikos ausgefertigt, und seine Freunde und andere Männer hingen ihre Siegel daran.

In den folgenden Tagen war öfters Jagen nach den wilden Tieren des Waldes, und da lernte der Ritter vom Kürenberge, wie er einmal gesprochen hatte, die Buchen und Tannen des Waldes und die Bären kennen, und Odolen und Welislaw und die andern böhmischen Freunde Witikos lernten kennen, wie der Wald Witikos ist, und Wolfgang von Ortau und seine Freunde erfuhren die Gastlichkeit der Waldleute, wie sie von denselben in Prag angeboten worden ist.

Es geschahen dann auch Züge zu manchen Herren in dem Walde.

Und an einem Tage sprach Welislaw zu Dimut: »So hast du mich, schöner Krieger, besiegt, den ich besiegen wollte, und so kann ich nicht ohne dich sein, kein Gedanke ist in mir ohne dich, ich kann ohne dich nicht leben und nicht sterben, und so nimm mich, daß ich dein Gatte sei in Liebe und Treue und Sorgfalt und Unzertrennlichkeit, immer fort und fort, so wahr mir Gott in jener Welt helfe.«

Und Dimut antwortete: »Und weil du getreu und stark bist, Welislaw, so will ich deine Gattin sein in Liebe und Treue und Dauer, so wahr mir Gott helfe.«

»Dann gibst du mir doch den Pfeil«, sprach Welislaw.

»Er wird das Eigentum von uns beiden sein«, antwortete Dimut.

Und als die Feste zwölf Tage gedauert hatten, schieden die Freunde Witikos mit Segenswünschen für sein Glück, und mit Lobpreisungen Berthas und mit Lobpreisungen des Waldes. Und andere Gäste schieden auch mit dem Ruhme und Preise der Burgherrin und dem Ruhme und Preise der Wälder.

Und als alle fort waren, stand Witiko mit Bertha auf dem Mittagsöller des Schlosses, und zeigte ihr die Fluren und Berge, von denen er ihr auf den Steinen der einsamen Wiese bei dem Waldhause ihres Vaters erzählt hatte.

4. Schwellende Fluten

Als nach der Entfernung der Gäste von dem Witikohause eilf Tage vergangen waren, ritten fünf Männer auf dem Wege von Friedberg durch den Wald zu dem Witikohause empor. Da sie vor der Burg waren, tönte in derselben das Zeichen, sie erwiderten das Zeichen, und ritten in den Hof. Sie waren in weiten gegürteten Gewändern, und einer führte ein Saumroß. In dem Hofe stiegen sie von den Pferden, die Pferde wurden von den Knechten Witikos in den Stall gebracht, und die Männer von Huldrik in den Saal zu Witiko geführt.

Witiko ging ihnen entgegen, und als er zu dem gekommen war, der ihr Führer schien, weil er einen silbernen Gürtel hatte, rief Witiko: »Boreš, du getreuer Mann, den ich seit dem vierzehnten Tage des Monates Hornung des Jahres 1140 nicht gesehen habe, an welchem Tage der gute Herzog Sobeslaw gestorben ist.«

»Witiko, ich grüße dich«, sagte Boreš. »Und wie ich dir in jenem traurigen Winter einen Mann in dein Haus nach Plan geschickt habe, der dir meine Botschaften brachte, und wie ich dir mit einem Briefe, den ich geschrieben hatte, den Gürtel des Herzoges Sobeslaw geschickt habe, den dir die Herzogin Adelheid geschenkt hat, so bin ich heute als ein Abgesandter des Herzoges Wladislaw in deiner Burg, um dir Dinge von dem Herzoge zu bringen.«

»Und dich hat der Herzog zu der Sendung gewählt?« fragte Witiko.

»Ja«, entgegnete Boreš. »Der Herzog hat gesagt: Boreš, der du ein treuer Diener Sobeslaws in seinem Leben und bei seinem Tode gewesen bist, der du die Herzogin Adelheid behütet hast, bis sie schon nach einem halben Jahre ihrem Gatten aus Gram gefolgt ist, reite zu Witiko, der meinen Oheim Sobeslaw geliebt und seine Gattin Adelheid geehrt hat, und bringe ihm, was ich ihm schicke.«

»Und welche Schicksale hast du seit jenem Winter erlebt?« fragte Witiko.

»Ich habe gar keine Schicksale erlebt«, antwortete Boreš; »der Herzog duldete nicht, daß ich etwas anderes sei als der Kastellan von Hostas Burg, und daß ich etwas anderes tue, als die Befestigung der Burg zu leiten, und die Burg zu behüten. Der Herzog sagte, ich dürfe nicht in den Krieg ziehen, in welchem als Feind Wladislaw, der Sohn Sobeslaws, ist, weil Sobeslaw unter meiner Burghut gestorben ist, und ich ihn den Männern übergeben habe, die ihn geziert und auf den heiligen Wyšehrad gebracht haben.«

»So nehmet Sitze in meinem armen Hause«, sagte Witiko, »und verschmähet nicht die Gastlichkeit desselben.«

Er wies auf Stühle, die an einem schönen langen Buchentische standen, und die Männer setzten sich auf die Stühle. Er setzte sich zu ihnen.

Dann gab er einem der Seinen ein Zeichen.

Derselbe entfernte sich, und kam mit Huldrik zurück, dem zwei Männer folgten, von denen einer Brot und der andere Salz trug. Sie stellten das Brot und das Salz auf den Tisch. Witiko bot es den Männern an. Alle nahmen etwas davon.

Huldrik verneigte sich nun tief vor den Männern, und verließ den Saal.

Er kam nach kurzer Frist wieder, und drei Knechte trugen hinter ihm Wein und Kuchen und Becher. Sie stellten die Dinge auf den Tisch.

Witiko sprach darauf zu den Männern: »Weil ihr die Gastlichkeit meines Hauses durch Brot und Salz angenommen habt, und mich ehret, so teilt mit mir den Empfangswein und den Empfangskuchen.«

Huldrik ließ durch einen Mann den Kuchen zerschneiden, und durch einen anderen Wein in sechs Becher füllen.

Jeder der fünf Männer nahm nun einen Becher, und trank daraus. Dann nahm jeder ein Stückchen Kuchen, und aß es.

Hierauf trank auch Witiko aus seinem Becher, und nahm ein Stückchen Kuchen, und aß es.

»Und nun verweilet in dieser Burg, so lange es euch gefällt«, sagte er zu den Männern.

»Wir werden hier so lange verweilen, als es unsere Zeit gestattet«, sprach Boreš, »weil du uns unter dein Dach freundlich aufgenommen hast.«

»Und bist du zu jeder Frist in Hostas Burg gewesen?« fragte Witiko.

»Ich bin immer in Hostas Burg gewesen«, antwortete Boreš. »Nur ein Mal jedes Jahres bin ich nach Prag gekommen, wenn die Gedächtnisfeier des Herzogs Sobeslaw und der Herzogin Adelheid gewesen ist, die sie gestiftet haben, da sie noch lebten. Und da habe ich auf ihrem Grabe gebetet. Der Herzog Wladislaw hat mir jedes Mal die Erlaubnis gegeben.«

»Und haben viele Menschen der Gedächtnisfeier beigewohnt?« fragte Witiko.

»Viele«, antwortete Boreš, »alle Priester des Wyšehrad, auf dem die Feier ist, die Priester der Stadt Prag und der beiden Burgflecken, Äbte und andere fremde Priester, alte Lechen der Länder und auch junge und viel Volk. Und wenn der Herzog in Prag war, feierte er mit der Herzogin die Gedächtnisfeier mit, sonst nur die Herzogin allein.«

»Ich gedenke die nächste Sterbezeit Sobeslaws und Adelheids in Prag mit zu begehen, und meine Ehegemahlin Bertha dahin mit zu bringen«, sagte Witiko.

»Wenn Ruhe ist, und du nicht im Felde liegen mußt«, sagte Boreš.

»Es wird wohl ruhig sein«, sprach Witiko.

»Der Herzog vermehrt seine Kriegsmänner«, antwortete Boreš, »er ordnet sie, sorgt für den Waffenvorrat, und befestiget seine Burgen.«

»Ist Hostas Burg schon fertig geworden?« fragte Witiko.

»Sie ist noch nicht fertig«, antwortete Boreš; »die Befestigungen werden stark gemacht, und dehnen sich aus. Der Herzog ist selber schon manches Mal in der Burg gewesen, und hat gesagt: Bleibe in deinem Horste, Boreš, und rüste ihn. Jetzt aber hat er mich nach Prag rufen lassen, und hat gesagt, daß ich mir vier Männer auslesen, und zu dir reiten soll. Ich habe mir vier Männer ausgelesen, und nun bin ich bei dir.«

»Und sind die Gemächer, in denen Sobeslaw und Adelheid gewesen sind, noch in dem alten Stande?« sagte Witiko.

»Wladislaw, der Sohn Sobeslaws, ist nach dem Tode seines Vaters von der Burg fort«, antwortete Boreš, »und ist nicht mehr in dieselbe gekommen. Adelheid hat dunkle Tücher in das Sterbezimmer Sobeslaws hängen lassen, und hat in demselben gelebt, und ist in demselben gestorben. Dann sind die andern Kinder fortgebracht worden. Der Herzog Wladislaw hat durch Gerichtsmänner alles durchsuchen und aufschreiben lassen, und hat alles gelassen, wie es ist. Ich und Welkaun und Bawor, die mir beigegeben wurden, sind die Hüter. Das Bett mit der Bärendecke steht noch in dem Gemache, und der Schrein steht an dem Bette, und in dem Schreine ist das rote Beutelchen mit dem goldenen Kreuzlein, das er dir mitgegeben hatte, als du von ihm nach Prag geschickt worden bist. Und dann steht auch noch das große Kreuz in dem Gemache.«

»Ich danke dir, Boreš«, sagte Witiko. »Weil der hocherlauchte Herzog Wladislaw dich als den treuen Diener Sobeslaws zu mir geschickt hat, so ehrt er das Andenken Sobeslaws, und er wird es verzeihen, wenn ich die Ehre ehrte, und zuerst um Dinge fragte, die Sobeslaw und Adelheid angehen. Und nun, Boreš, was begehrt der hocherlauchte Herzog von mir, und gehört die Botschaft für mich allein?«

»Sie gehört dir nicht allein«, antwortete Boreš.

»So lasse dich im Kreise meiner Männer empfangen«, sagte Witiko.

Er schlug mit einem Stabe auf eine Glocke, und als ein Diener eintrat, sagte er: »Huldrik lade Beda und meine Männer in den Saal, eine Botschaft des hohen Herzoges Wladislaw ist angekommen.«

Der Diener entfernte sich, und in kurzer Zeit kam Beda und es kamen Männer Witikos in den Saal. Sie stellten sich in einer Ordnung auf.

Witiko erhob sich, Boreš und seine Männer erhoben sich auch. Boreš trat vor Witiko, und sagte: »Witiko vom Witikohause, sei gegrüßet.«

Witiko antwortete: »Boreš, sei gegrüßet, was ist dein Begehr?«

»Ich bringe Gruß und Botschaft von Wladislaw, dem hocherlauchten Herzoge von Böhmen und Mähren«, sagte Boreš.

»So eröffne uns den Gruß und die Botschaft und den Befehl des hocherlauchten Herzoges«, sagte Witiko.

Boreš antwortete: »Der hocherlauchte Herzog Wladislaw sendet durch mich, Boreš, den Kastellan von Hostas Burg, an dich, Witiko vom Witikohause, und an deine hohe Gemahlin, Bertha von Schauenburg, den besten Gruß, und er sendet an euch beide den Glückwunsch zu eurer Vermählung, und er sendet eine Hausgabe, und bittet, sie zu nehmen, wie ihr die andern Hausgaben genommen habt. Und Gertrud, die hocherlauchte Herzogin von Böhmen und Mähren, die Gemahlin des Herzogs Wladislaws, sendet durch mich, Boreš, den Kastellan von Hostas Burg, an dich, Witiko vom Witikohause und an deine hohe Gemahlin, Bertha von Schauenberg, den besten Gruß, und sie sendet an euch beide den Glückwunsch zu eurer Vermählung, und sie sendet eine Hausgabe, und bittet, daß ihr sie annehmet.«

Witiko antwortete darauf: »Boreš, Kastellan auf Hostas Burg, Abgesandter des hocherlauchten Herzoges Wladislaw, ich habe vernommen, was du von dem hocherlauchten Herzoge und der hocherlauchten Herzogin an mich berichtet hast. Es geziemt sich, daß meine Gemahlin, Bertha von Schauenberg, auch vernehme, was an sie von dem hocherlauchten Herzoge und der hocherlauchten Herzogin berichtet wird. Beda und zwei Männer, bittet sie, daß sie zu uns in den Saal komme.«

Beda und zwei Männer entfernten sich aus dem Saale.

Die in ihm zurückgeblieben waren, schwiegen nun.

Nach einer kurzen Zeit öffneten sich die Flügeltüren des Saales, und Bertha ging in denselben herein, zwei Frauen und zwei Jungfrauen folgten ihr.

Beda und die zwei Männer gingen zuletzt herein. Bertha hatte ein dunkelblaues Kleid aus Sammet und einen silbernen Gürtel.

Sie blieb mit ihren Begleiterinnen an der Seite Witikos stehen.

Witiko sprach zu ihr: »Bertha, meine Gemahlin, es ist von dem erlauchten Herzoge Wladislaw Botschaft an mich und dich gekommen, höre sie an.«

Bertha blieb stehen. Boreš trat vor sie, neigte sich, und sprach: »Wladislaw, der hocherlauchte Herzog von Böhmen und Mähren, und Gertrud, die hocherlauchte Herzogin, seine Gemahlin, senden durch mich, Boreš, den Kastellan von Hostas Burg, an Witiko vom Witikohause und an seine hohe Gemahlin, Bertha von Schauenberg, die besten Grüße und die Glückwünsche zur Vermählung, und sie senden eine Hausgabe, und bitten, daß ihr sie annehmet, wie ihr die andern Hausgaben angenommen habt.«

Nach diesen Worten verneigte sich Boreš wieder, und trat zurück.

Beda aber geleitete Bertha und ihr Gefolge zu Sitzen.

Witiko sprach nun: »Ich nehme in Ehrerbietung den Gruß und den Glückwunsch und die Hausgabe des hocherlauchten Herzoges und der hocherlauchten Herzogin an, und sage ihnen durch dich, Boreš, den Kastellan von Hostas Burg, den unterwürfigen Dank, und werde ihnen meinen ferneren Dank in Prag darbringen.«

Bertha erhob sich nun von ihrem Sitze, und sprach: »Ich nehme in Ehrerbietung den Gruß und den Glückwunsch und die Hausgabe des hocherlauchten Herzoges und der hocherlauchten Herzogin an, und sage ihnen durch dich, Boreš, den Kastellan von Hostas Burg, den unterwürfigsten Dank.«

Nach diesen Worten setzte sich Bertha wieder auf ihren Stuhl.

Witiko aber sprach: »Wenn es meiner Gemahlin genehm ist, so bitte ich sie, mit mir auch den Dank in Prag darzubringen.«

»Ich folge meinem Gemahle mit Freuden nach Prag«, sagte Bertha.

Boreš aber sprach: »Gebet mir nun die Erlaubnis, hoher Herr und hohe Frau, daß ich die Hausgabe bringen lassen darf.«

»So lasse sie bringen«, sagte Witiko.

Die Männer, welche bei Boreš waren, entfernten sich aus dem Saale. Sie kamen aber bald wieder, und mit ihnen kamen Knechte, welche Kästchen trugen. Sie stellten die Kästchen auf den Tisch, und gingen fort.

Boreš reichte Witiko einen kleinen goldenen Schlüssel, wies auf ein Kästchen, und sagte: »Der hocherlauchte Herzog bittet dich, daß du das Kästchen öffnest.«

Das Kästchen war aus sehr schönem Wacholderholze und mit goldenen Zierden belegt.

Witiko öffnete es.

Das Innere war mit weißer Seide überzogen, und auf einem Kissen aus weißem Sammet lag in einer Vertiefung ein längliches Stückchen Holz wie ein schmaler Span, der von einer Linde gelöst worden ist.

Witiko sah auf Boreš.

Boreš aber sagte: »In dem Gemache, in welchem der Herzog Sobeslaw gestorben ist, steht das hohe Kreuz des Heilandes. Das Kreuz ist aus dem Holze der Linde geschnitzt worden, unter der der Herzog Sobeslaw auf einem Zuge nach Mähren von seinen treuen Räten Zdeslaw und Diwiš die Botschaft empfangen hatte, daß ihm die Herren Miroslaw und Strezimir durch zwei Dienstleute nach dem Leben streben, und unter der er die Verhaftung der Schuldigen angeordnet hatte. Dieses Kreuz umschlang die Herzogin Adelheid nach dem Sterben ihres Gemahles, und vor diesem Kreuze betete sie bis zu ihrem Tode. An einem heiligen Pfingstsonntage fiel ein Span von dem Rücken des Kreuzes herunter, und die Männer, die kunstreich in Holz arbeiten, konnten nicht sagen, wie der Span sich von dem Kreuze gelöset habe. Der Herzog Wladislaw ließ zum Denkmale den kleinen Span aufbewahren, und ließ die Stelle an dem Kreuze, aus welcher er gekommen war, offen. Das Stückchen Holz in dem Kästchen ist der Span, und der Herzog sendet ihn dir. Er hat alles in eine Schrift setzen lassen, und die Schrift liegt unter dem weißen Kissen.«

Witiko antwortete: »Ich nehme in Demut das heilige Kleinod, und werde es in meiner Burgkirche aufbewahren, und wenn ich eine größere Kirche gebaut habe, werde ich es in der größeren Kirche aufbewahren. Der Schlüssel zu dem Kästchen wird in der Kirche sein. Rufet den frommen Vater Benno, und geleitet meine Mutter und meine Base und ihre Frauen hieher.«

Mehrere Männer gingen aus dem Saale, und einer kam mit Benno, und die andern kamen mit den Frauen und ihren Geleiten zurück.

Die Frauen setzten sich auf Stühle.

Witiko sprach: »Hochehrwürdiger Vater Benno, Mutter Wentila, Base Hiltrut, dieser Mann ist Boreš, der Kastellan in Hostas Burg, in welcher der Herzog Sobeslaw und die Herzogin Adelheid gestorben sind. Er bringt von dem hocherlauchten Herzoge Wladislaw und der hocherlauchten Herzogin Gertrud gute Grüße und Glückwünsche zur Vermählung und Hausgaben.«

Boreš neigte sich gegen alle, die genannt wurden, und sie neigten sich gegen ihn.

Darauf sprach Witiko: »Der hocherlauchte Herzog Wladislaw sendet mir einen kleinen Span von dem Kreuze aus dem Sterbegemache Sobeslaws, welcher Span sich an einem heiligen Pfingstsonntage von dem Kreuze gelöst hatte, wie es die kunstfertigen Männer, die im Holze schnitzen, nicht zu erkennen vermögen. Eine Schrift, die der hohe Herzog hat verfertigen lassen, besaget alles.«

Nach diesen Worten zog er an einem kleinen Bändchen ein Fach unter dem weißen Kissen heraus, und nahm aus dem Fache ein Pergament. Er reichte dasselbe dem Priester Benno, und sagte: »Lese es uns, frommer Vater.«

Benno las die Schrift laut vor.

Dann wurde sie wieder in das Fach gelegt, und das Fach unter das Kissen geschoben.

Hierauf nahm Benno das kleine Stücklein Holz, und reichte es Witiko zum Kusse. Dann reichte er es Bertha, dann Wentila, dann Hiltrut, dann allen Frauen und allen Männern, und zuletzt küßte er es selber. Dann legte er es wieder auf das Kissen.

Witiko schloß das Kästchen, reichte den Schlüssel dem Priester Benno, und sprach: »Hochehrwürdiger Vater Benno, der du jetzt den Gottesdienst in unserer Burgkirche feierst, ich gebe dir den Schlüssel zu dem heiligen Kleinode in deine Verwahrung, und gebe das Kleinod in die Verwahrung der Kirche. Es möge heute hier bewacht und morgen feierlich in die Kirche gebracht werden.«

»Es geschehe, wie du sagst, Herr«, antwortete Benno.

Nach diesen Worten barg er das Schlüsselchen an seiner Brust.

Dann sagte Boreš: »Ist es dir genehm, hoher Herr, die andern Kästchen zu öffnen?«

»Es ist mir genehm, hoher Kastellan«, antwortete Witiko.

Boreš reichte nun einen zweiten Schlüssel an Witiko, und sagte: »Er schließt das dunkelbraune Kästchen auf.«

Witiko öffnete mit dem Schlüssel ein Kästchen von dunkelbraunem Holze, welches sehr schön gebohnt war.

In dem Kästchen waren zwei silberne Kannen und zwölf silberne Becher. Auf einer Kanne war das Bild des Heilandes, auf der andern das Bild Marias, und auf den Bechern die Bilder der zwölf Apostel. Sonst waren Stäbe und Laubranken kunstreich in die Gefäße gegraben.

Boreš reichte wieder einen Schlüssel an Witiko, und sagte: »Er schließt das schwarze Kästchen auf.«

In dem schwarzen Kästchen waren zwölf silberne Teller, und sie waren kunstvoll gearbeitet wie die Trinkgeschirre.

Boreš reichte wieder einen Schlüssel an Witiko, und sagte. »Er schließt das rote Kästchen auf.«

In dem roten Kästchen war roter Sammet, kostbares Pelzwerk aus der Fremde und Juwelen.

Witiko schaute alle diese Dinge an, und Bertha und Wentila und Hiltrut und Benno wurden von ihm zu dem Tische gerufen, und sie betrachteten diese Geschenke. Als sie dieselben betrachtet hatten, rief Witiko seine Männer herzu, die Geschenke des Herzoges zu sehen.

Die Männer gingen einer hinter dem andern an den Tisch, und sahen die Geschenke an.

Darauf sagte Witiko: »Gott lohne es dem hohen Herzoge, daß er an einen seiner geringen Männer und an sein Weib denkt, und Gott lohne es der hohen Herzogin, daß sie des Sinnes ihres Gatten ist. Ich nehme in Ehrerbietung die Hausgaben an, trage dir, Boreš, Kastellan von Hostas Burg, in Lieb und Treuen den Dank auf, bis ich selber mit meiner Gemahlin nach Prag komme. Ich rufe: Heil Wladislaw, dem hocherlauchten Herzoge von Böhmen und Mähren, und Heil Gertrud, der hocherlauchten Herzogin.«

Die Männer Witikos riefen: »Heil Wladislaw, dem hocherlauchten Herzoge von Böhmen und Mähren, und Heil Gertrud, der hocherlauchten Herzogin.«

Darauf erhob sich Bertha von ihrem Sitze, und sprach: »Weil der hohe Herzog und die hohe Herzogin meinen Gatten geehret und mich genannt haben, wie bei uns in den deutschen Landen die Fürsten ihre Männer und die Frauen derselben ehren, so bitte ich dich, Boreš, Kastellan von Hostas Burg, bringe meinen Dank an den hocherlauchten Herzog und an die hocherlauchte Herzogin, bis ich mit meinen Gatten nach Prag komme. Und ich rufe wie mein Gatte: Heil Wladislaw, dem hohen Herzoge von Böhmen und Mähren, und Heil Gertrud, der hohen Herzogin.«

Und Wentila und Hiltrut und Benno und die Männer Witikos riefen: »Heil Wladislaw, dem hohen Herzoge von Böhmen und Mähren, und Heil Gertrud, der hohen Herzogin.«

Dann sagte Bertha: »Und weil du, Boreš, mit deinen Männern unser Dach nicht verschmäht hast, so werde ich trachten, euch eine Hauswirtin zu sein, wie sie meine Mutter, Wiulfhilt von Dornberg, ist, und wie sie meine Großmutter, Benedicta von Aschach, ist.«

Dann setzte sie sich wieder nieder.

Witiko aber sprach: »Lasset nun die Kästchen schließen, und bis auf das heilige in die Kleinodienstube bringen. Dich, Boreš, und deine Männer werde ich in eure Stuben geleiten, daß ihr ruhet, und daß ihr dann das Brot an unserem Tische teilet.«

Zwei Männer gingen nach diesen Worten Witikos fort. Sie kamen mit andern Männern wieder. Zwei bewaffnete Knechte stellten sich auf die Weisung zu dem heiligen Kästchen. Die andern empfingen von Witiko die geschlossenen Kästchen, und trugen dieselben fort. Dann erhoben sich die Frauen und ihre Geleite von ihren Sitzen. Bertha und Wentila grüßten mit freundlichen Worten Boreš und seine Männer, und dann gingen die Frauen und ihre Geleite aus dem Saale. Dann führte Witiko Boreš und seine Männer in ihre Gemächer, und alle außer den zwei bewaffneten Knechten verließen den Saal.

Am andern Tage wurde das Kästchen mit dem Holze des Kreuzes des Heilandes feierlich von dem Saale in die Kirche gebracht, und alle Menschen der Burg waren bei dem heiligen Gottesdienste, welchen der fromme Vater Benno verrichtete.

Boreš blieb acht Tage als Gast in dem Witikohause, und wurde dort geehrt. Es kamen Nachbarn Witikos, ihm Ehre zu bringen, und die Geschenke des Herzoges zu sehen. Auch Leute aus dem Walde kamen, um die Gaben des Herzoges und der Herzogin zu beschauen. Witiko ließ sie ihnen durch Huldrik zeigen. Huldrik sagte den Leuten: »Die Geschirre sind jetzt von Silber; aber sie werden einmal von Gold sein.«

Am neunten Tage verabschiedete sich Bord, und Witiko geleitete ihn mit einem Gefolge bis in die krumme Au.

An dem nämlichen Tage kam auch die Botschaft an Benno, daß er zu dem Kardinale Guido nach Prag kommen möge.

Witiko gab ihm ein gutes Pferd, und rüstete fünf Reiter und zwei Männer mit Saumtieren aus, und Benno zog des andern Tages mit diesem Gefolge aus dem Witikohause gegen Prag fort.

Es wurde von dem Tage an auch alles gerüstet, was notwendig war, daß Witiko mit Bertha nach Prag reisen konnte. Und als zehn Tage vergangen waren, ritt er mit zwanzig Reitern aus dem Tore der Burg.

In der Mitte der Reiter waren sechs Sänften, in denen Bertha und ihre Frauen saßen, und hinter den Reitern gingen fünf Saumrosse.

So gelangten sie endlich nach Prag.

In Prag ging Witiko zuerst allein zu dem Herzoge. Er dankte ihm für die Gaben, und fragte, ob er seine Gemahlin, Bertha von Schauenberg, zu ihm und zu der hohen Herzogin führen dürfe.

Wladislaw antwortete: »Danke mir nicht, Witiko. Du bist ein treuer Mann des Herzoges Sobeslaw gewesen, und bist ein treuer Mann von mir. Ich habe dir darum durch Boreš das Holz von dem Kreuze des Heilandes aus Hostas Burg geschickt, daß du sähest, daß ich dir auch ein treuer Mann sein will. Das andere sind Gaben, die ein Freund dem andern in das Haus sendet. Sei mein Freund, wie ich dein Freund bin, seit ich dich bei Chynow gesehen habe. Was deine Gattin angeht, so bringe die hohe Frau zu mir und zu der Herzogin, wir werden sie als Gast ehren.«

Witiko antwortete: »Ich danke dir, hoher Herr, für deine Güte. Und weil ich dem Herzoge Sobeslaw aus Pflicht treu gewesen bin, so bin ich auch dir aus Pflicht treu. Und dir bin ich auch treu aus Freundschaft, wie du schon früher einmal gesagt hast, und wie du es jetzt wieder sagtest, daß du mein Freund bist, und wie ich aus dem ganzen Gemüte dein Freund bin. Ich werde die Treue und die Freundschaft nie verletzen. Und haben mich deine andern Gaben geehrt, so hat mich deine Gabe aus Hostas Burg und der Überbringer derselben erfreut.«

An dem folgenden Tage wurde Witiko und seine Gattin Bertha zu dem Herzoge und der Herzogin gerufen.

Sie gingen im Schmucke zu Hofe.

Sie wurden in einen kleinen Saal der Hofburg zu dem Herzoge und der Herzogin geführt. Wladislaw und Gertrud saßen geschmückt und allein auf Stühlen, und wiesen Witiko und Bertha Stühle an. Beide setzten sich. Gleich aber erhob sich Witiko wieder, nahm Bertha bei der Hand, führte sie vor den Herzog und die Herzogin, und sprach: »Hocherlauchter Herzog, hocherlauchte Herzogin, die Frau, welche vor euch steht, ist die Tochter Heinrichs von Schauenberg, der vorher Heinrich von Jugelbach gewesen ist, und Wiulfhilts von Dornberg. Sie heißt Bertha. Heinrich ist ein Herr und edler Mann, Wiulfhilt ist eine edle Frau, und Bertha durch beide edel. Sie hat es nicht verschmäht, als meine Gattin in Lieb und Treue mir anzugehören, wie ich ihr als Gatte in Lieb und Treue angehöre.

Wir erkennen und achten die Ehre hoch, daß wir heute vor euch haben kommen dürfen.«

»Witiko, Bertha«, sagte der Herzog, »nehmet eure Sitze wieder ein.«

Witiko und Bertha setzten sich auf ihre Stühle.

Dann sprach der Herzog: »Witiko, wie du mir sonst als Mann und Freund gegrüßt warest, so sei mir heute als Ehegatte gegrüßt. Bertha, seid mir heute als Ehegattin Witikos gegrüßt, und gebt mir die Hoffnung, daß ich Euch künftig auch als Freundin werde begrüßen können.«

Die Herzogin sprach: »Ich grüße Witiko als Freund, ich grüße ihn als treuen Mann des Herzoges und der Länder, und ich grüße ihn als Ehegatten. Ich grüße Bertha von Schauenberg als Ehegattin Witikos, und ich grüße sie als Freundin. Die aus solchem Geschlechte entsprossen ist, wird jeder Freundschaft würdig sein, und wird, wo man es nicht unwert ist, auch Freundschaft gewähren.«

Witiko antwortete: »Hocherlauchter Herzog, hocherlauchte Herzogin, ich danke inniglich des Grußes.«

Bertha sprach: »Hocherlauchter Herzog, ich danke des Grußes, und wer, wenn ich ihn auch nicht kenne, der Freund meines Gatten ist, dessen Freundin bin ich. Hocherlauchte Herzogin, ich danke des Grußes, und wer so hehr getan hat, wie Ihr, der genießt die Bewunderung und Verehrung, man gibt ihm Freundschaft, und achtet es als höchste Ehre, seiner Freundschaft würdig zu werden.«

»Du sprichst entschieden wie dein Vater, Bertha«, sagte die Herzogin.

»Mein Vater, hohe Frau, hat Euch noch an dem Hofe in Wien gesehen, und er hat Euch in Prag gesehen«, sprach Bertha.

»Wir kennen Heinrich von Jugelbach und Schauenberg sehr gut, und ich kenne ihn schon lange«, sagte der Herzog, »wir sind öfter bei einander gewesen, als ich noch nicht auf diesem Fürstenstuhle war, und später auch noch. Er ist in Prag gewesen, da du fern von mir, Witiko, in deinem Walde geweilt hattest. Ich kenne Gebhart von Jugelbach, der jetzt Gebhart von Stauf ist, den Bruder Heinrichs. Heinrich ist ein edler Herr und stark und verständig und vorsichtig und unternehmend, ein Spiegel eines Ritters. Das Geschlecht Dornberg ist sehr edel und mächtig und gut, und war vielfach mit denen von Jugelbach verbunden. Gebhart ist ein treuer ehrenwerter Ritter, und die von Aschach sind edel und gut gewesen, und Eure Großmutter, Bertha, Benedicta von Aschach, ist eine sehr edle Frau, und sie ist gut und treumütig und fromm. Sie hat dem alten Kloster Kremsmünster triftige Gaben zugewendet, und ist ihm noch wohlgesinnt.«

»Wir bitten, daß sie Gott dafür segne«, sagte Bertha.

»Er wird es tun«, sprach der Herzog. »Wir haben beide, ich und Gertrud, die Herzogin, große Freude gehabt, als uns durch den hochehrwürdigen Bischof Zdik aus Passau die Kunde ward, Witiko denke auf Bertha von Jugelbach, und wir haben den Bestrebungen Witikos das beste Gedeihen gewünscht, und hätten diese Bestrebungen gerne gefördert.«

»Du hast sie gefördert, hoher Herr«, sagte Witiko. »Berthas Vater hat zu mir gesprochen, wenn ich ein Haus habe, in dem meine Rose emporblühen kann, dürfe ich um Bertha kommen, und du hast das Haus gegründet. Aber wie konnte der hochehrwürdige Bischof Zdik meine Gedanken wissen?«

»Er hat wohl deine Gedanken aus deinen Mienen gesehen«, sagte der Herzog.

»Es ist nun ein so größeres Glück«, sagte Witiko, »daß du, hoher Herr, den Bund billigest, den ich mit Bertha geschlossen habe, und daß ihn die hocherlauchte Herzogin billigt. Und es ist nun eine größere Freude und eine größere Ehre, daß ihr, du und die hohe Herzogin, Hausgaben zu unserem Bunde gesendet habt. Hocherlauchter Herzog, hocherlauchte Herzogin, ich bringe den besten und treu ergebenen Dank für die Gaben dar.«

Bertha sprach: »Ich ehre meine Eltern und ihre Vorfahrer, und erkenne sie als vortrefflich, und ich danke dir, hoher Herzog, für die Worte, die du über meine Angehörigen gesprochen hast. Hocherlauchter Herzog, hocherlauchte Herzogin, ich bringe auch wie mein Gemahl den besten und treu ergebenen Dank für die Hausgaben dar.«

Der Herzog antwortete: »Ich habe Witiko schon gesagt, daß ich ihm die Gabe aus Hostas Burg als treuem Manne des Herzoges Sobeslaw und als treuem Manne von mir gesendet habe. Und ich habe ihm gesagt, daß die andern Dinge so sind, wie sie die Freunde den Freunden geben. Und das sage ich auch Euch, edle Frau.«

»Gebrauchet die Geräte und die Stoffe«, sagte die Herzogin, »erfreut Euch derselben ein wenig, und denkt dabei unser.«

»Ich habe den Glauben«, sagte der Herzog, »wenn Gertrud und ich nicht schon vermählt wären, und erst vermählt würden: »du, mein Witiko, würdest uns Hausgaben aus deinem Walde senden, was er Besonderes und Köstliches hervorbringt.«

»Ich würde mich freuen, wenn du die Gaben nähmest, hoher Herr«, sagte Witiko. »Möge der Bund des hohen Herzoges und der hohen Herzogin bis in das letzte Alter dauern, und mögen ich und Bertha es erleben, daß ihre Kinder Friedrich, Swatopluk, Adalbert und Agnes sich vermählen, und unsere Hausgaben aus dem Walde dann nicht verschmähen.«

»Sie werden sich derselben freuen«, sagte der Herzog. »Und nun, Witiko, sage ich: Lebe lange und glücklich mit Bertha, freut euch eures Bundes, und er werde gesegnet, daß die Freude in die künftigen Geschlechter fortwächst.«

»Ich wünsche euch auch jedes Glück und jeden Segen«, sagte die Herzogin, »es daure euer Bund so lange, wie Witiko es dem unsrigen gewünscht hat, und euer Stamm sei ein Teil der schönen Geschlechter, die in diesen Ländern sind, und der Stamm blühe empor, und werde immer bedeutender.«

»Gott gebe mir das Glück, etwas Gutes und Rechtes auf der Welt wirken zu können«, sagte Witiko, »er lasse uns das Glück, das wir in unserem Bunde finden, dauern, und alles andere sei seiner Weisheit anheimgestellt. «

»So sei es, und so möge es werden«, sagte der Herzog. »Und nun, Witiko, gestatte, daß auch andere an unserer Zusammenkunft Teil nehmen.«

Als er diese Worte gesprochen hatte, gab er mit einem Schlage auf eine Glocke ein Zeichen, und es öffneten sich die zwei Flügel einer Tür in dem Saale. Und durch die Tür kamen mehrere Herren und Lechen und Frauen in den Saal. Es war Diwiš, Preda, Wšebor, Chotimir, Bartholomäus, Welislaw, und mehrere andere.

Der Herzog sprach zu ihnen: »Hier ist Witiko, den ihr kennt, und neben ihm ist Bertha von Schauenberg, seine Gemahlin. Wir freuen uns dieser Verbindung, und wer das Geschlecht Berthas kennt, wird sich auch freuen.«

»Ich kenne es, und erachte es als ein Glück für Witiko, daß er Bertha heimgeführt hat«, sagte Wšebor.

»Es ist ein sehr edles Geschlecht«, sagte Diwiš, »und Bertha wird nicht minder sein als die Frauen dieses Geschlechts.«

»Ich kenne Heinrich von Jugelbach schon lange«, sagte Bartholomäus, »und freue mich, daß Witiko seine Tochter zur Ehegemahlin erhalten hat.«

»Möge Witiko, der gut ist, so empor blühen, wie der Stamm der Jugelbach, den ich lange kenne, blüht«, sagte Preda, »und mögen beide Stämme in die Zeiten hinein mächtig und stark sein.«

Und alle sagten nun Witiko und Bertha Glück, und sprachen Segen aus.

Witiko und Bertha dankten.

Die Frauen sprachen mancherlei mit Bertha, und Bertha antwortete ihnen.

»Ich komme sehr bald zu euch«, sagte Welislaw.

»So komme«, entgegnete Witiko.

Als die Gespräche zu Ende waren, sagte der Herzog: »Und so bitte ich alle, die hier sind, am vierten Tage von heute mit mir mein Brot an meinem Tische zu essen.«

Alle verabschiedeten sich hierauf, und verließen den Saal.

Witiko suchte an diesem Tage noch Benno, und da er ihn gefunden hatte, führte er ihn zu Bertha. Sie sprachen von vielerlei Dingen, und beschlossen recht oft zusammen zu kommen.

Witiko ging mit Bertha zu Herren und Freunden, welche Gattinnen hatten, und diese kamen wieder zu Witiko und Bertha. Die unvermählt waren, kamen, und brachten Grüße dar.

Bei dem Mahle des Herzoges hatte Bertha ein Gewand aus dem roten Sammet, der in einem Kästchen der Hausgaben des Herzogs und der Herzogin gewesen war.

Witiko und Bertha sahen und betrachteten in der Stadt Prag alles, was würdig war, gesehen und betrachtet zu werden.

In der Kirche des Wyšehrad beteten sie an den Gräbern Sobeslaws und Adelheids und an den Gräbern der Eltern Sobeslaws, des Königs Wratislaw und der Königin Swatawa. Welislaw zeigte ihnen die alte Burg, und bewirtete sie in derselben.

Als die Zeit heran nahete, in der sie Prag verlassen wollten, ging Witiko noch einmal zu dem Herzoge.

Der Herzog sprach zu ihm: »Gehabe dich wohl, Witiko. Der hocherhabene Kardinal Guido hat sehr vieles gewirkt. Es ist nun in den kirchlichen Dingen eine Ordnung und Festigkeit, in die Männer der Kirche kömmt eine Anständigkeit und eine Sitte, und die Frömmigkeit und Reinigkeit wird folgen. Der Bund ist also größer geworden, wie du einmal gesagt hast. Aber er muß erst reifen. Was auch geschieht, wenn der Kardinal die Länder verlassen hat, so müssen wir alle durch Umsicht trachten, daß der Bund gedeihe. Und du, Witiko, wirst gewiß nicht der letzte sein. Achte der Zeichen. Und wenn der Bund endlich gefestigt ist, dann kann erst das Größere kommen.«

»Ich werde zu tun streben, was recht und nach deinem Sinne ist«, sagte Witiko.

»Ich weiß es«, antwortete der Herzog, »und ziehe mit Glück in die Burg deines Waldes.«

Witiko verabschiedete sich, und am anderen Tage ging sein Zug von Prag weg dem Mittage des Landes zu.

Fünf Tage nach ihm kam auch Benno in das Witikohaus zurück.

Witiko versammelte nun einmal in seinem Hause alle die Gäste, welche bei dem ersten Erdausheben zum Baue der Burg gewesen waren, wie bereits Lubomir gesagt hatte. Die Gäste betrachteten nun das Haus, da es fertig war, sehr genau, und wurden in alle Räume geführt. Und wie damals ein Mahl unter dem freien Himmel gewesen ist, so war jetzt eines in dem großen Saale, und es war so geordnet, wie Wentila es sonst bei ihrem Gatten in Pric geordnet hatte, und wie Bertha es in den Burgen des Stammes Jugelbach geordnet gesehen hatte.

Dann zog Witiko mit Bertha an verschiedene Stellen des Waldes. Sie gingen nach Friedberg, in den Wangetschlag, zu den Häusern der unteren Moldau, in den oberen Plan, in die Glöckelberge und in die reiche Au. Überall wurde Bertha mit Feierlichkeiten empfangen, die Menschen riefen ihr Glück zu, und priesen ihre Schönheit. In der reichen Au sprach der alte Florian zu ihr: »Da ich Witiko vor langer Zeit als Wegkundiger durch den Wald hinein geführt hatte, und da wir auf der Stelle des heiligen Apostels Thomas gestanden waren, hatte Witiko gesagt: Hier sollte eine Königsburg stehen, und ich hatte geantwortet: Da könnte ein hoher Herr hausen. Und nun steht seine Burg auf der Stelle. Wer hätte das gedacht, und wer hätte gedacht, daß er die hochedle Bertha aus dem Hause, das in dem Walde steht, wo Mathias und Margaretha gewesen sind, als seine Ehegemahlin in seine Burg führen würde. Viel Glück, viel Segen in alle Zeit fort und fort.«

»Ich danke dir, Florian«, sagte Bertha. »Komme zu uns in die Burg, und sieh, ob dort eigentlich eine Königsburg stehen sollte. Und wenn auch Margaretha und Mathias nicht mehr in dem Walde an der Mihel sind, so werden wir doch öfter in dem Waldhause meines Vaters sein, und es wird mich freuen, wenn ich dich wieder in jenem Walde sehe, wie ich dich früher gesehen habe.«

»Weil ihr so gute Worte redet, hohe Frau«, entgegnete Florian, »so werde ich wohl in Eure Burg kommen. Ich bin ja sehr oft auf dem Platze des heiligen Thomas gestanden, und wenn auch Margaretha und Mathias nicht mehr in dem Walde an der Mihel sind, so haben sie es jetzt viel besser, und ich gelange doch noch hie und da in den Sesselwald hinauf, und da werde ich auch zu Eurem hohen Vater und zu Eurer hohen Mutter und zu Euch und zu Witiko gehen, wenn er dort ist.«

»Das wird sehr gut sein«, sagte Bertha.

Witiko und Bertha besuchten auch Herren und Frauen, die im Walde oder in der Nähe des Waldes wohnten, und die Herren und Frauen besuchten sie wieder in dem Witikohause. Der alte Lubomir war mit seiner Gattin Boleslawa und mit einem kleinen Gefolge drei Tage in der Burg, und Witiko suchte ihm die Aufnahme, die er in dem Zupenhofe in Daudleb gefunden hatte, zu vergelten. Und die Männer sprachen viel von den Dingen des Landes und der Zupanei, und die Frauen erzählten, wie es in ihrem Hause sei, und redeten von den Angelegenheiten der neuen Burg.

Da dieses geschehen war, wendete sich Witiko wieder den Dingen zu, die er in seinem Gebiete für notwendig hielt.

Ehe der Herbst in das Land rückte, war in Rowna die Vermählung Welislaws mit Dimut. Viele Herren und Lechen und Freunde Welislaws und ihre Frauen und Töchter und Söhne waren in den Wald gekommen, und Herren im Walde und an dem Walde und Freunde und Nachbarn Rownos waren mit ihren Angehörigen gekommen, und Witiko und Bertha und Wentila und Hiltrut und Benno und ein Gefolge waren nach Rowno gezogen. Welislaw war bei der Vermählung in einem hellblauen Sammetgewande mit Gold und edlen Steinen, Dimut hatte ein weißes Sammetgewand mit Gold und edlen Steinen, und einen weißen Schleier. Rowno und seine Gattin und seine Sippen waren in dem höchsten Prunke des Waldes, und die Gäste trugen ein Gepränge, wie es in dem Landstriche eines jeden Sitte war. Daniel, der Propst von Prag, vollzog mit Beihilfe zweier Erzpriester von Prag, dann dem Pfarrer von Friedberg, von Horec, vom Kirchenschlage, von Plan und Bennos in der kleinen Kirche des Rownaturmes die heilige Verbindung. Und wie es nach dem Einzuge Witikos und Berthas in dem Thomaswalde gewesen war, so war es nun in dem Rownawalde. Geschmückte Gezelte waren überall und Hütten und Umzäunungen und Gerüste, und die Gäste und das Volk erlustigten sich. Die Feste dauerten sechs Tage. Am siebenten Tage verabschiedeten sich die Gäste, und bald darauf rüstete Welislaw seinen Zug nach Prag. Manche Herren und Frauen aus der Mitternacht des Landes schlossen sich dem Zuge an. Rowno geleitete ihn mit seinen Sippen bis Prag.

Dann kam der Herbst in die großen Wälder an der jungen Moldau, und dann kam der Winter.

Als die Tage des heiligen Christfestes und des neuen Jahres gefeiert worden waren, gelangten Nachrichten in den Wald, daß in Mähren schlechte Taten geschehen seien, und daß sich die Fürsten gegen den Herzog erhoben haben.

Witiko rüstete sich, und zog schnell mit einem Geleite nach Prag.

Vor dem Abschiede sagte Benno zu Witiko: »Der hocherhabene Kardinal Guido hat einmal zu mir gesagt: Die Wälder wachsen langsam aber sicher, wenn sie Sonne und Feuchtigkeit haben; noch langsamer aber beugt sich der Sinn eines ganzen Volkes, er beuget sich dennoch auch sicher, wenn der rechte Sonnenschein über ihm ist. Der hohe Kardinal ist mild und stark, und wäre wohl ein Sonnenschein, wie er gesagt hat.«

Witiko traf manche, die nach Prag zogen, und hörte viel über geschehene Dinge reden.

In Prag meldete er sich sogleich bei dem Herzoge. Es waren viele Männer gekommen, und auf einen Tag war eine Versammlung in den Saal der Hofburg berufen.

Die Männer der Kirche und des Landes versammelten sich an dem Tage in dem Saale. Der Herzog Wladislaw kam mit seinem Bruder Heinrich herein.

Als sich alle geordnet hatten, stand der Herzog von seinem Sitze auf, und sprach: »Liebe getreue Herren der Kirche und des Landes, und ihr, Söhne Premysls, die ihr zugegen seid. Habet Dank, daß ihr in dem harten Winter zu mir gekommen seid, und höret aufmerksam an, was euch berichtet werden wird. Otto, Herzog von Olmütz, Zweig des Stammes Premysl, wenn es dir genehm ist, so rede.«

Otto, der Herzog von Olmütz, stand auf, und sprach: »Erlauchter Herzog, es ist meine Pflicht, daß ich rede, und ich rede, wie ich es gesehen und erfahren habe. Von dem Heiligen Vater kam ein Sendschreiben an den hochehrwürdigen Bischof Zdik, daß er zu ihm ziehen möge. Zdik bereitete sich sogleich, und rüstete sein Geleite. Ich rüstete zwanzig Männer, um den hochehrwürdigen Bischof zu begleiten, soweit es nötig wäre. An einem der Tage abends langten wir in dem Hofe zu Moren an, um dort Nachtruhe zu halten. Da wir bei dem Mahle waren, kam einer der Männer, welche wir herum streifen ließen, und sagte, es ziehe eine Schar Reisige heran. Es kam ein zweiter Mann alsogleich, und sagte, es ziehen auf mehreren Wegen Reisige herzu. Zdik und ich ließen unsere Männer in Bereitschaft treten, und Nikolaus, der Besitzer des Hofes, sammelte die Seinigen. Wir riefen, die draußen waren, herein, und die Türen und Tore wurden noch mehr verrammelt. Ich stieg unter das Dach empor, um durch Lücken herum zu schauen. Der ganze Hof war von bewaffneten Männern umringt, und sie machten Anstalt, ihn zu erstürmen. Der Hofwart rief durch ein Fenster, was die Leute begehren, sie sollten reden. Sie redeten aber nicht, und es wurde eine Lanze gegen den Hofwart geschleudert. Darauf rief ich: Wenn ihr Räuber seid, so wird euch unser Eisen treffen, seid ihr Männer der Ehre, so sagt, was ihr da beginnet. Sie antworteten nicht, und schlossen ihren Kreis näher. Ihre Zahl war mehr als das Zehnfache der unsern. Ich sagte: Wenn sie die Türen erbrechen, so unterliegen wir; wenn wir aber unsere Macht plötzlich gegen eine Stelle ihres Kreises richten, so können wir den Kreis durchbrechen, und uns in der Nacht in dem Lande zerstreuen. So wurde es beschlossen. Wir entfernten leise die Bollwerke des großen Tores, öffneten es, und gingen schnell an die nächste Stelle des Kreises. Der Kampf zeigte, daß geübte Krieger vor uns waren. Wir konnten im ersten Angriffe nicht durchdringen. Von weiteren Stellen kam unsern Feinden Hilfe zu. Ich erkannte die Zeichen der Herzoge Konrad und Wratislaw, und hörte die Stimme Wratislaws, der befahl. Da richtete ich schnell den Angriff auf die andere Seite, als von der Wratislaw kam, wir durchbrachen den Kreis, ich wendete mich mit den Meinigen, die Verfolger abzuhalten, und rief Zdik zu, er möge sich entfernen. Er tat es, und als ich ihn nicht mehr sah, und als die ganze Menge von Wratislaws Männern gegen uns kam, löseten wir uns auf, und suchten uns in der Tiefe des Schnees zu zerstreuen. Ich wußte einen schmalen getretenen Pfad. Auf dem Pfade ging ich schnell dahin, und die Feinde, die mir in dem unwegsamen Schnee folgten, blieben zurück. Ich ging so mit zwei Männern eine Stunde fort. Dann wendeten wir uns seitwärts zu abgelegenen Hütten, die ich kannte. In den Hütten übernachteten wir. Gegen den Morgen sahen wir ein Feuer gegen Moren hin. Da es Tag geworden war, schickte ich Boten aus den Bewohnern der Hütten auf Kundschaft. Sie kamen zurück, und sagten, der Morenhof sei ganz abgebrannt, und von den Männern, die ihn überfallen hatten, sei keiner mehr in der ganzen Gegend. Es kamen auch einige von meinen Leuten, welche gedacht hatten, daß ich auf dem schmalen Pfade werde fortgegangen sein. Wir näherten uns nun wieder dem Hofe. Da sahen wir einen Mann, welcher im unwegsamen Schnee ging. Er trug einen Sack auf der Schulter. Da wir ihm näher kamen, suchte er sich von uns zu entfernen. Ich gab meinen Leuten den Befehl, ihn zu fangen. Vier Männer liefen ihm in dem Schnee nach, sie erreichten ihn, und brachten ihn gebunden zu mir. Ich ließ den Sack öffnen. In demselben waren silberne Geschirre, Gewänder und Stoffe. Ich sagte zu dem Manne, ich werde ihn mit seinem Stricke auf einen Baum hängen lassen, wenn er uns nicht berichte, wie die Sache mit dem Hofe zu Moren sei, oder wenn er uns belüge. Sage er die Wahrheit, so werde ich ihm das Leben schenken. Der Mann sagte, er sei Dobrohost, und sei bei den Leuten des Herzoges Konrad gewesen. Da sie aber über die Beute stritten, und da er fürchtete, daß sie ihm die silbernen Geschirre nehmen, so sei er vor dem Anbruche des Tages heimlich fortgegangen, und habe das Land Österreich gewinnen wollen. Als ich ihn fragte, ob Krieger in dem Hofe seien, antwortete er, daß alle abgezogen sind, weil sie den Bischof und den Herzog Otto nicht gefunden haben. Wir nahmen den Mann in den Hof mit. An dem Hofe war alles, was brennen konnte, verbrannt. Was fortgebracht werden konnte, war fortgebracht. Wir fanden unsere Pferde und unsere Habschaften nicht mehr. Von den Bewohnern waren nur zwei Knechte da. Der Mann mußte erzählen, was er gesehen habe. Er sagte, daß die Scharen den Hof umringt haben, und daß ein kurzer Kampf gewesen ist. Dann ist der Hof mit Fackeln umstellt worden. Dann sind sie in den Hof gegangen, und haben den Bischof Zdik gesucht. Sie haben ihn mit Lichtern und Fackeln in allen Gemächern und Kellern, Ställen und Winkeln die ganze Nacht gesucht. Und da sie ihn nicht gefunden hatten, und da sie durch Martern von seinen Leuten nicht erfahren konnten, wo er sei, zündeten sie den Hof an. Und dann sind alle mit Beute fortgegangen. Als ich ihn fragte, wer den Überfall gemacht habe, nannte er die Männer: Slawibor, Kuno, Rodmil, Bogdan, Domaslaw, Hinek, Frowin, Jurata, und den alten Mikul. Ich sagte: Du hast die Führer nicht genannt. Da nannte er Konrad, den Herzog von Znaim, Wratislaw, den Herzog von Brünn, und er nannte den Bruder des hocherlauchten Herzoges Wladislaw, der jetzt in Jamnic hauset, Diepold.«

»Diepold«, riefen mehrere Stimmen.

»Diepold ist dabei gewesen«, sagte der Herzog.

In den Augen des Herzoges waren Tränen, da er diese Worte sprach.

Otto redete wieder weiter: »Ich fragte den Mann, welches Vorhaben die Herren mit dem hohen Bischofe gehabt haben. Er sagte, daß er es nicht wisse. Da wir noch redeten, kamen Leute des Bischofes. Sie sagten, daß sie geschlagen, gekneipt, bei den Haaren gerissen und angespien worden sind. Von ihrem Herrn wußten sie nichts. Sie forschten nach ihm. Ich sendete Männer in der Gegend herum, sie brachten keine Nachricht von ihm zurück. Da ging ich zu der Stelle, wo ich den hochehrwürdigen Bischof fortgehen geheißen hatte. Wir fanden die Spur eines einzelnen Mannes, und gingen ihr nach. Wir kamen nach einer Zeit in ein Gebüsch. Dort verwirrte sich die Spur. Wir sahen Tritte von einer andern Seite gegen das Gebüsch hin, sahen im Gebüsche viele Tritte, und dann von ihm weg Tritte von zweien oder mehreren Männern. Wir gingen den Tritten nach. Sie führten endlich auf einen Pfad, und waren nicht mehr zu erkennen. Wir suchten nun Häuser auf, um Nahrung zu erhalten. Ich forschte dann täglich nach dem hochehrwürdigen Bischofe. Am fünften Tage erhielt ich die Nachricht, ein hoher Herr sei krank in Leitomyšl. Der Herr habe aber die Kleider eines Bauers gehabt. Ich ritt nach Leitomyšl. Es war der hochehrwürdige Bischof Zdik, der dort krank war. Er konnte damals noch erzählen, und sagte, daß er sich in einem Gebüsche versteckt habe, daß er große Kälte gelitten habe, daß ein Bauer in das Gebüsch gekommen sei, daß ihm der Bauer einen Teil seines Gewandes gegeben, und daß er ihn dann auf abseitigen Pfaden nach Leitomyšl geführt habe. Dort sei er krank geworden, und könne nicht weiter reisen. Er ist aber noch schwerer krank geworden, und hat sein Bewußtsein verloren. Ich sendete Botschaft an den hohen Herzog Wladislaw. Der hohe Herzog schickte zwei Ärzte nach Leitomyšl, daß sie den Kranken nach Prag brächten. Er konnte aber nicht fortgebracht werden, und die Ärzte blieben bei ihm. Ich ritt nach Prag, um dem erlauchten Herzoge die genaue Nachricht über das, was sich ereignet hatte, zu bringen. Der hochehrwürdige Bischof ist noch in Leitomyšl in schwerer Krankheit befangen. So habe ich die Dinge gesehen und gehört, und so habe ich sie geredet.«

Er setzte sich nach diesen Worten wieder nieder.

Da sprach der Herzog: »Es sind noch die Männer Hugo, Hroznata, Kuneš, Sulislaw und Wot bei dem Überfalle gewesen. Von dem hochehrwürdigen Bischofe wissen wir noch nicht, ob er in dieser Krankheit am Leben bleiben werde oder nicht. Wir haben über alles Kundschaft holen lassen, und es ist so, wie der Herzog Otto gesagt hat. Nun sprich noch, was ist mit dem Manne geschehen, den du gefangen hast?«

»Ich habe ihn frei gelassen, weil er die Wahrheit gesagt hat«, antwortete Otto. »Die Gefäße waren aus der Habschaft des hochehrwürdigen Bischofes, und sind jetzt bei ihm in Leitomyšl.«

Als er diese Worte geredet hatte, rief Odolen mit lauter Stimme: »Und wenn es zehentausendmal unziemlich ist, daß ich jetzt rede, der ich zu den jüngeren und Geringeren gehöre, so muß ich reden, weil ich nicht anders kann, so wahr mir Gott in meinem letzten Hauche gnädig sein wolle. Sitzen wir ungesäumt auf die Pferde, so viel wir nur Männer aufbringen können, reiten wir nach Znaim, und hängen wir den eidbrüchigen, ehrvergessenen, gewissenabtrünnigen Konrad auf die Zinnen seines Schlosses, und reiten wir dann nach Brünn, und hängen Wratislaw, der alles ist, was Konrad ist, auf den höchsten Turm der Stadt, und die Helfer lasse erschlagen, und in eine Grube werfen. Die Räuber und Diebe, die Menschen überfallen, und Kasten erbrechen, sind ehrlicher, als diese.«

»Und Diepold?« fragte der Herzog.

»Der tapfere, gute Diepold ist gar nicht dabei gewesen«, rief Odolen.

»Er ist dabei gewesen«, sagte Wladislaw, »er hat es gestanden.«

»Dann haben sie ihm Zauberei gegeben, daß er aberwitzig geworden ist«, rief Odolen.

»Gegen diese Menschen muß das Äußerste unternommen werden«, rief Welislaw.

»Der Himmel wird eine Strafe auf sie senden, die wir gar nicht ahnen können«, sagte Otto, der Bischof von Prag.

»Ich habe an Diepold Botschaft geschickt, daß er komme«, sprach der Herzog, »er ist aber nicht gekommen. Dann habe ich Konrad und Wratislaw aufgefordert, sich zu verantworten, und sie haben es nicht getan.«

»Mit welchem Rechte kann nun noch einer dieser Gebieter den Dieb, den Räuber, den Mörder strafen?« sagte Gezo, der Abt von Strahow.

»Das schreit bis zu dem Himmel«, sprach Peter, der Abt von Brewnow.

»Sie werden es Kriegführung gegen den Bischof nennen«, sprach Daniel, der Propst von Prag.

»Das Maß mußte voll werden, wie es allemal voll geworden ist«, sagte der alte Bolemil.

»Ich meine, es werden sich alle Umstände ergründen lassen, und dann muß ein Gericht gehalten werden«, sagte Lubomir.

»Es wird der hocherlauchte Herzog das Gericht halten«, sprach Witiko, »und der Heilige Vater wird auf die Handlung der Herzoge antworten; Konrad und Wratislaw haben das heilige Gelöbnis der Buße und Genugtuung, das den Bann von ihnen nahm, gebrochen.«

Nun sprach der Herzog: »Hohe Herren und Freunde, ich habe euch die Kunde mitteilen lassen, und ihr habt gehört, was geschehen ist. Gegen das Recht des Herzoges hat keiner der Fürsten die Waffen erhoben. Ihre Sünde gegen den hochehrwürdigen Bischof und gegen die Kirche aber ist groß. Es ist jetzt noch nicht an dem, daß ein Krieg geführt werde; aber ich rüste mich, und ich bitte euch, rüstet eure Männer, daß die größte Bereitschaft ist, wenn sie notwendig wird. Vielleicht vermeiden wir so den Krieg. Ein Gericht über diese Gewalttat werde ich halten, und den Spruch den Fürsten und den Schuldigen verkündigen lassen. Über die Sünde wird der Heilige Vater richten. Halten wir die Kraft und die Gerechtigkeit und die Mäßigkeit aufrecht, daß aus dem Bösen das Gute werde.«

»Hoher Herr«, sagte Bolemil, »lasse einen alten Mann noch ein Wort sprechen.«

»Rede, Bolemil«, sagte der Herzog.

»Wenn etwas gefunden werden kann, das der Sache zu Rechte ist«, sprach Bolemil, »ohne daß es Rache wird, so wäre es gut. Wenn auf die Rache die Rache geübt wird, so wird auf die zweite Rache die dritte geübt, und jede wird bitterer, und auf die dritte die vierte, und das geht fort, bis alle, die in diesem Saale sind, nicht mehr leben, bis ihre Enkel und die Enkel der Enkel nicht mehr leben. So ist es die Zeiten her gewesen, und so wird es sein. Zu allem aber, was not tut, rüsten wir uns.«

»Wir rüsten uns«, riefen die Männer.

»So tun wir es, und benützen wir die Zeit des Winters«, sagte der Herzog, »und jeder der Herren und Männer, die in dieser Zeit zu unserem Rate kommen wollen, wird uns eine Ehre erweisen, und einen Dienst tun.«

Darauf ging die Versammlung aus einander.

Witiko ritt wieder in seine Heimat, verkündete dort, was geschehen ist, rüstete seine Männer, und rief die Männer des Waldes auf, bereit zu sein, wenn sie zu der Sache des Herzoges stehen wollten.

Indessen ließ der Herzog immer genauere Kundschaft über das, was geschehen ist, einbringen, damit alles geordnet wäre, wenn die Männer des Gerichtes zusammen gerufen würden.

Da die Krankheit des Bischofes Zdik milder wurde, ließ ihn der Herzog nach Prag bringen, und dort pflegen.

Als der Frühling kam, konnte er seine Reise zu dem Heiligen Vater wieder beginnen. Er zog mit dem Kardinal Guido und mit Daniel, dem Propste von Prag, gegen Italien. Sie gelangten an den Hof des heiligen Vaters Eugenius nach Viterbo. Der Heilige Vater sprach in der Kirche den Bann über Konrad, Wratislaw, Diepold und ihre Helfer aus. Er sendete ein Schreiben an den Herzog Wladislaw mit kirchlichem Lobe des Herzoges und der Herzogin und mit dem Auftrage, den Bann zu verkündigen, und mit Macht zu vollführen.

Der Bann wurde verkündiget.

Der Herzog sendete in alle Teile der Länder Botschaft, daß die Männer bereit seien, den Bann in Wirklichkeit zu bringen.

Er schickte auch Boten an Diepold, und ließ ihn bitten, nach Prag zu kommen.

Diepold kam.

Er wurde zu dem Herzoge und der Herzogin geführt.

Er fiel vor beiden auf die Knie, faßte eine Hand des Herzogs und eine Hand der Herzogin, und sprach nicht.

Der Herzog sprach: »Deine Augen sehen wieder auf unsere Angesichter, und unsere Augen sehen auf dein Angesicht, Diepold.«

»Du hast gesagt«, sprach Diepold, »als du mir die Verteidigung von Prag übertrugest: Du wirst eher das Leben lassen, als deine Ehre und deinen Ruhm auf dieser Erde und deine Seligkeit im Himmel. Wie kann ich nun in dein Angesicht schauen, und in das der Frau, die dazumal als ein Krieger an meiner Seite gestanden ist?«

»Diepold, erhebe dich«, sagte der Herzog.

»Ich kann es nicht«, rief Diepold.

Die Herzogin beugte sich zu Diepold, faßte mit ihrer andern Hand auch noch nach ihm, und zog ihn empor.

Er stand vor dem Herzoge und der Herzogin.

»Diepold, du Glanz der Männer«, sagte der Herzog.

»Wie ich es tun konnte?« antwortete Diepold. »Es war Streit mit dem Bischofe über Höfe und Liegenschaften, mir zitterte das Herz, daß du, den ich so liebte, ihn vorzogest. Da kamen die Zwischenträger, und die Ohrenbelagerer, und die zwei Fürsten sagten: er hat den Bann schon einmal über uns gebracht, jetzt geht er nach Italien, und wird den Bann wieder über uns und über dich bringen. Wir müssen ihn fangen, daß er uns Gewähr gibt. Und ich willigte ein. Wir fingen ihn nicht, und es geschah Übles.«

»Weshalb wurde der Morenhof angezündet?« fragte Wladislaw.

»Sie sagten, jetzt werde der Bischof aus dem Feuer fliehen, und wir können ihn fangen«, antwortete Diepold.

»Wenn er aber im Feuer umgekommen wäre?« fragte Wladislaw.

»Ich weiß es nicht, ob einer die Absicht gehabt hat«, sagte Diepold; »aber als ich den Brand tadelte, sprach ein jeder, er habe den Befehl nicht gegeben; aber der Bischof werde jetzt kommen. Mich faßte Abscheu.«

»Ich wußte es«, sagte die Herzogin.

»Und nun ist alles so geworden«, sprach Diepold.

»Wußtet ihr alle denn nicht, daß ein erzwungenes Versprechen nicht bindet?« fragte der Herzog. »Ihr durftet den hochehrwürdigen Bischof nicht fangen, um von ihm etwas zu erreichen, so wie ich keinen von euch fangen ließ, um ihn nach Prag zu bringen. Ich habe nur jeden gerufen.«

»Ich war ohne Sinne«, sprach Diepold.

»So hat Odolen gesagt«, antwortete der Herzog. »Diepold, ich habe dich nie zurückgesetzt, so hoch ich auch Zdik achte. Du hast schon meine Stelle vertreten, er nie.«

»Ich weiß es«, sagte Diepold.

»Du wirst wieder mit uns handeln, wie du auf den Zinnen von Prag mit mir gehandelt hast«, sagte die Herzogin, »und wie du mit meinem Gatten in dem Kriege gegen die Fürsten gehandelt hast.«

»Diepold«, sprach der Herzog, »du bist in deiner Zornmütigkeit gegen einen Mann aufgestanden, wie sie jetzt zuweilen auch in andern Ländern tun, um ihn zu zwingen, und die andern haben gewollt, daß du mit ihnen seiest, daß sie mehr Ansehen gewinnen.

Keiner ist gekommen, da ich sie rief. Du bist gekommen. Diepold, ich bitte dich, gehe zu dem Heiligen Vater, tue Buße, leiste Genugtuung, und löse dich von dem Banne. Du bist mein geliebter Bruder.«

Der Herzog öffnete die Arme, Diepold auch, die Brüder umfaßten sich.

Die Herzogin ging hinzu, und küßte Diepold auf die Stirne.

»Ja, ich gehe nach Rom und nach Viterbo, und werde Buße tun und Genugtuung leisten«, sagte Diepold. »Es ist so der Ehre gemäß.«

»So ist es«, antwortete Wladislaw.

Und so ging Diepold von Prag fort, und dann zu dem Heiligen Vater nach Viterbo, und dann nach Rom, tat Buße, leistete Genugtuung, wurde des Bannes ledig, und kam wieder nach Prag zurück.

Gegen die Sommerszeit ritt ein Eilbote von Mähren gegen Prag zu dem Herzoge Wladislaw. Als er zu dem Herzoge kam, sagte er: »Ich komme von Brünn, der Herzog Wratislaw ist schwer krank, er bittet dich, hocherlauchter Herzog, wenn du einst vom Himmel Gnade hoffest, daß du ihm Gnade gebest, und an sein Sterbebette kommest, damit er an dir Buße tue, und die letzte Verzeihung erlange. Er hat auch den hochehrwürdigen Bischof Zdik um die Erbarmnis bitten lassen.«

Der Herzog gewährte das Verlangen Wratislaws. Er zog nach Brünn, und kam mit dem Bischof Zdik an das Krankenbette des Herzogs.

Wratislaw streckte einen Arm empor, und rief matt und schwer verständlich: »Nehmt Stühle.«

Wladislaw und Zdik taten es.

Dann sprach er mit ungelenker Zunge: »Guido hat recht gesagt. Ich wäre nicht zu Grunde gegangen und in die Erde versunken. Aber ich habe wieder gesündigt, und da ist der Zornesengel auf dieser Welt über mich gekommen. Mich hat der Schlag gerührt, und eine Hand und ein Fuß sind fremd. Er ist gekommen, der rächet. Wladislaw, du gerechter Mann, Zdik, du heiliger Mann, schützet mich.«

»Denke an die Reue«, sagte Zdik, »und Gott schützt dich.«

»Denke an Genugtuung, und der Bann wird von dir weichen«, sagte der Herzog.

»Ich wollte, daß er verbrenne«, sprach Wratislaw, »ich wollte, daß er erschlagen werde. Der andere Fuß wird auch fremd werden, und das Haupt auch, und dann werde ich ewig verdammt sein. Guido hat es gesagt.«

»Wratislaw«, sagte Zdik, »und wenn du mich wirklich erschlagen hättest, und ich könnte in der andern Welt bei dem allmächtigen Gotte für dich bitten, so würde ich es deiner Reue willen tun, und ich würde dir vergeben, so wie ich hier an deinem Bette Gott für

dich bitte, dir verzeihe, und bei dem Heiligen Vater für dich

bitten werde.« »Daß der Bann geht, ehe ich verdammt werde«, sagte Wratislaw.

»Daß er sogleich geht«, antwortete Zdik.

»So tue es, so tue es«, sagte Wratislaw, »nehmt Genugtuung, Genugtuung.« »Ich schreibe sogleich an dieser Stelle auf dem Pergamente und

mit den Werkzeugen eines meiner Männer«, sagte Zdik, »und sende Boten an den Heiligen Vater.«

»Tue es«, sprach Wratislaw. Und Zdik rief einen Mann herein, und ließ sich aus einer ledernen Tasche ein Pergament und Schreibgeräte reichen. Und er setzte sich an einen Tisch und begann zu schreiben.

»Hast du deine Hand für mich?« fragte Wratislaw den Herzog.

Der Herzog reichte ihm die rechte Hand, und er tastete mit einer seiner Hände darnach. Dann hob er den Arm dieser Hand auf, und lallte: »Ich habe dich

in der Schlacht töten wollen, ich habe dich ermorden wollen.

Rette mich.« »Ich rette dich«, sagte Wladislaw. »Ich bitte Gott für dich, ich verzeihe dir, gib Genugtuung.«

»Es ist alles fremd«, sagte Wratislaw, »ich kann es nicht mehr in Gebrauch setzen, nehmt Genugtuung, nehmt alle Genugtuung.« »Wir werden dir helfen«, sagte Wladislaw.

»Wir helfen dir«, rief Zdik. Wratislaw sprach nicht mehr. Und nach einer Zeit verließen die Männer das Krankenbett.

Zdik sendete die Botschaft an den Heiligen Vater, und Wratislaw wurde von dem Banne erlöset. Er starb aber nicht, sondern genas, und wurde seiner Glieder wieder mächtig.

Jetzt forderten Wladislaw und Zdik Konrad auf, Buße zu tun, und Genugtuung zu leisten.

Konrad verweigerte es.

Es waren Priester in seinem Gebiete, welche den Gottesdienst verrichteten, und er beharrte im Widerstande gegen den Herzog und gegen den Papst.

Da rief Wladislaw seine Männer auf, die in Bereitschaft waren. Sie kamen in allen Richtungen herbei. Von dem Walde im Mittage kam Witiko mit mehr Leuten, als in dem mährischen Kriege bei ihm gewesen waren. Auch der alte Bolemil kam noch, und alle die jungen Krieger und die jungen Führer ritten in Eile heran. Und man zog nach Mähren, und es wurde in Schnelligkeit die Burg Znaim erobert und zerstört. Konrad mußte in schlechten Gewändern und ohne Habe in die Verbannung fliehen. Wladislaw nahm das Gebiet von Znaim in Besitz.

Da richtete Konrad ein demütiges Flehen an Wladislaw, er tat Buße, und gelobte Genugtuung, Konrad, der König der Deutschen, bat für ihn bei Wladislaw, und Wladislaw gewährte ihm wieder Gnade. Er wurde durch den Heiligen Vater des Bannes ledig, und wurde von Wladislaw in sein Gebiet Znaim eingesetzt, das aber jetzt in Verwüstung war.

Alle Scharen, welche zu Wladislaw in diesen Krieg gekommen waren, zogen in ihre Heimat zurück.

Die Männer, welche der Dinge in den Ländern Böhmen und Mähren kundig waren, sagten, jetzt seien die Streitigkeiten Wratislaws und Konrads mit Wladislaw geendet.

Witiko suchte in seinem Gebiete dasjenige zu beginnen und zu vollführen und die Leute dazu anzuleiten, was er für notwendig hielt, den Schatz zu heben, der, wie er gesagt hatte, in dem Walde liege. Er übte auch die Männer in den kriegerischen Dingen, und ließ Waffen und alles Gehörige in Bereitschaft setzen, wenn wieder ein Heereszug notwendig würde.

Da erscholl die Kunde, daß im Reiche Jerusalem die Stadt Edessa von den Ungläubigen erobert worden, daß das Heilige Land in Gefahr sei, daß der Abt von Clairvaux, Bernhard, in Frankreich zu einem Zuge in die heiligen Länder rufe, daß der König von Frankreich, Ludwig, das Kreuz zum Zuge in das Heilige Land auf sein Gewand geheftet habe, daß seine Gemahlin, seine Brüder, und viele Bischöfe, Herren und Edle mitziehen wollen, daß der König der Deutschen, Konrad, zum Zuge rüste, und daß sein Neffe Friedrich, dann der Herzog von Bayern und der von Lothringen, der Markgraf von Österreich, der von Steier, der von Kärnten, viele Bischöfe, so auch Regimbert von Passau, und unzählige edle Männer und Männer aus dem Volke mitgehen wollen. Die Worte Bernhards wurden in den Kirchen von Böhmen und Mähren verkündiget, und der Bischof Zdik predigte in eifrigen Worten den Zug in die heiligen Länder. Der Herzog Wladislaw, sein Bruder Heinrich, Spitihnew, der Sohn Boriwoys, und viele Herren und viele aus dem Volke hefteten das Kreuz auf ihr Gewand. Die Herrschaft des Landes übertrug Wladislaw seinem Bruder Diepold.

Aus dem Walde im Mittage des Landes zog auch eine Schar von Männern aus. Witiko aber ging zu diesem Zuge nicht.

Der große Eifer kam aber nicht zu seinem Ziele. Es waren Schlachten, Kämpfe, Siege, Niederlagen, Nöten, Unbilden, und man erreichte nicht, was man wollte.

Wladislaw, Konrad und Friedrich und andere kehrten wieder in ihre Heimat zurück. Manche Männer hatten ihren Untergang gefunden. Jurik wurde im Kampfe getötet, und Bartholomäus, der Kanzler des Herzogs, gefangen, und man hat nie mehr etwas von ihm vernommen. Regimbert, der Bischof von Passau, der gesagt hatte: »Wenn die Spanne dieses Lebens nicht schon zu kurz ist, so werde ich die Pilgerschaft in die heiligen Länder beginnen«, sah die Heimat nicht mehr, er starb auf dem Rückwege in Griechenland.

In dem Jahre, da Wladislaw zurückgekehrt war, starb Otto, der Bischof von Prag, und es wurde Daniel, der Propst von Prag, zum Bischofe gewählt, und dann in Mainz geweiht.

Es starb in dem gleichen Jahre auch der alte Bolemil in der Burg bei Taus. Der Herzog, dann sein Bruder Diepold, dann Silvester, Äbte und Erzpriester und Priester, dann Lubomir, Diwiš, Preda, Wšebor, Bozebor, Welislaw, Odolen, Witiko, und zahlreiche Herren und Lechen und Wladyken zogen zu der Bestattung. Bolemil lag, wie er einstens in der Sänfte gesessen war, und seine Befehle in der Schlacht erteilt hatte, angetan mit dem braunen weiten Gewande, auf das sein weißer Bart niederfloß, so nun auch auf der Bahre in braunem Sammetgewande mit Gold, dessen Oberteil sein weißer Bart deckte. Eine ungemein große Zahl von Menschen war gekommen, von sehr vielen flossen ihm die Tränen in das Grab nach.

Im dritten Jahre darauf starb Gertrud, die Gemahlin Wladislaws, des Herzogs von Böhmen und Mähren. Sie hatte nur ihr zweiunddreißigstes Lebensjahr erreicht. Es war ein Klagen und Jammern in dem ganzen Lande. Und wie einstens die Sänger in manchem Lande ihre Taten gesungen hatten, so sangen sie jetzt auch ihren Tod. Wladislaw legte sie an die Seite seiner Vorfahrer.

Ehe ein Jahr vergangen war, folgte seiner Schwester auch ihr Bruder Konrad, der König der Deutschen, in das Grab.

Sein Neffe, Friedrich, empfing die deutsche Königskrone.

Und nun kam in das Reich Wladislaws, des Herzoges von Böhmen und Mähren, die Zeit, in welcher die Streite aufgehört hatten. Er führte nun aus, und befestigte, was der Kardinal Guido eingeleitet hatte.

Er stiftete Klöster oder vollendete sie, wie Strahow, Sedlec, Plaß, Nepomuk, dann die Frauenklöster Doxau und Lunowic. Die Klöster hegten den Glauben und die Kirchenzucht, und in ihnen waren Gelehrte und Dichter und Baumeister, von denen Werke der Kunst ausgingen, dann Maler, Steinbildner, Holzschnitzer, Handwerker, Pfleger des Landes und Waldes, und Versender der Dinge in fernere Gegenden. Zu allem dem hatten sie Schulen. Wladislaw ordnete mit seinem Rate die Ämter, daß jedes seinen Kreis kenne, und Recht und Wohlstand gedeihen. Er errichtete in der Stadt und in Teilen des Landes Bauwerke, oder vergrößerte oder verschönerte sie. Er ging auf seine Burgen und in die herzoglichen Besitzungen und in die Zupaneien und in Teile des Landes. Wohin er kam, waren Versammlungen und Beratungen, und er hielt Gerichte.

Als er zwei Jahre um Gertrud getrauert hatte, vermählte er sich mit Judith, der Tochter Ludwigs, des Landgrafen von Thüringen. Die Ritter in den deutschen Ländern sagten, es sei keine so schöne Frau, in keinem Geiste seien so hohe Gedanken und kühne Unternehmungen, keine Frau liebe so die Künste, und keine könne so schön in der deutschen und lateinischen Sprache reden.

Witiko und Bertha brachten dem Herzoge und der Herzogin Hausgaben, und die Gaben wurden freundlich angenommen.

In dieser Zeit ließ Witiko emsig in dem Walde Kohlen brennen, und in das ebene Land befördern. Er schwemmte Holz auf der Moldau in die krumme Au, und flößte es dort weiter. Er ließ bessere Tiere in seine Höfe kommen, oder vermehrte sie, er ordnete die Geschäfte der Höfe, und sah nach Stellen, wo er einmal neue errichten könnte. Er strebte Männer zu finden, welche allerlei Dinge aus den Hölzern des Waldes zum Versenden verfertigten, und was sonst die Höhen und Täler der Wälder hervorbrachten, suchte er einem Gebrauche zuzuwenden. Er ließ in dem Walde Wege und Pfade machen, Brücken und Stege bauen, Einfriedungen errichten, dürre Gründe bewässern, und aus sumpfigen das Wasser ableiten. Zwei Male in der Woche saß er zu Beratschlagungen mit Leuten bereit, und er ließ zu jeder Zeit Menschen in seine Burg, wenn die Sache dringend war. Er bewirkte, daß Herren und Männer des Waldes sich öfter versammelten, um über die Dinge des Gebietes und des Landes zu reden. Die Versammlungen wuchsen, es kam endlich auch Lubomir zu ihnen, es kamen seine Sippen, es kamen Männer, die in der Nähe des Waldes waren, so Ctibor und Nemoy und Strich von Plaka. In der Burg führte Bertha die Herrschaft über die Wirtlichkeit. Wentila und Hiltrut standen ihr bei. An manchen Abenden, wenn Muße war, las Benno vor Witiko, Bertha, Wentila, Hiltrut und vor manchen Männern und Frauen, die in die Burgstube geladen worden waren, aus verschiedenen geschriebenen Blättern vor, oder er las auch etwas von dem, was er über die Geschicke der Kaiser zusammen gesammelt hatte. Oft wurde von Dingen der Welt und der Menschen gesprochen, wie sie gewesen waren, und wie sie jetzt sind.

In dieser Zeit zogen auch zuweilen die Bewohner des Witikohauses in die Burg Schauenberg, und die von Schauenberg in das Witikohaus.

Eines Tages begaben sich Heinrich und Wiulfhilt und Witiko und Bertha mit Geleiten auf einen Zug nach Olmütz, um dem Bischofe Zdik für seine Geschenke zu danken. Sie blieben eine Woche bei dem Bischofe.

Witiko und Bertha gingen zu Zeiten in die Wohnsitze der Nachbarschaft sowohl in dem böhmischen Lande als auch in dem Gebiete von Passau und an der Mihel, und sie empfingen die Bewohner jener Wohnsitze auch wieder in ihrer Burg. Wentila und die Base gingen oft mit, oft nicht.

Welislaw und Dimut kamen manches Mal nach Rowna, und dann auch in das Witikohaus. Auch andere Männer und Freunde aus Prag oder ferneren Landstrichen, aus Bayern, aus Österreich kamen, und es waren verschiedene Festlichkeiten und manche vergnügliche Tage.

Witiko war öfter mit den Seinigen in Plan. Und wenn er dort verweilte, kamen die Männer wie sonst zu ihm in das steinerne Haus, und saßen an Abenden in Gesprächen da, und er kam an andern Abenden in andere Häuser, nahm dort Brot und Salz, und redete mit den Männern. So tat er auch im Wangetschlage und in Friedberg. Er verbesserte die Häuser in Plan und im Wangetschlage, und vermehrte ihr Grundland.

In mancher Zeit waren die Bewohner des Witikohauses auch in Pric.

Der alte Huldrik kam einmal mit dem Anliegen, daß er ein Weib nehmen müsse, weil er zu seinem Dienste in der Burg und zu seinem Ansehen ein Weib brauche.

Witiko sagte, wenn es sein müsse, so möge er ein Weib nehmen, und Benno verband ihn mit einer Jungfrau aus Friedberg, die Azala hieß.

So war das Jahr des Heiles 1154 gekommen.

In diesem Jahre erging von dem Könige der Deutschen, Friedrich, an alle Herren des deutschen Landes und an alle, die sonst verpflichtet waren, der Ruf, daß sie sich und ihre Männer stellten, damit er seinen Kaiserzug nach Rom antreten könne. In dem Rate des Herzoges Wladislaw sagten die älteren Männer, man müsse sich dem jungen Könige, der kaum das dreißigste Jahr überschritten habe, wichtig erhalten, man müsse sich ihm nicht geneigt zeigen, weil er die Ansprüche Heinrichs, des Markgrafen von Österreich, des Schwagers des Herzogs Wladislaw, auf Bayern nicht anerkenne, mit dem doch der Bruder Heinrichs, der vorige Markgraf Leopold, von dem Könige Konrad begabt worden war, und man müsse ihm die dreihundert Reiter, welche sonst die Herzoge von Böhmen und Mähren zu den Romzügen gesendet hatten, verweigern. Die jüngeren Männer sagten, man müsse mit dem Könige in Verbindung kommen, um dem Herzogtume Böhmen und Mähren Ansehen und Ehre zu gewinnen. Mit der Meinung dieser Männer hielten es Welislaw, Witiko, Odolen, Sezima, Zwest und Jurik, der Sohn Juriks.

Wladislaw tat nach dem Rate der Alten.

Das Heer des Königs Friedrich sammelte sich ohne die böhmischen Reiter im Weinmonate des Jahres 1154 vor der Stadt Augsburg, und zog dann durch Tirol an den Gardasee. Dann ging es gegen Verona und Piacenza. Auf den ronkalischen Feldern hing der König seinen Schild auf einen Pfahl, daß die höchsten Lehenträger in der folgenden Nacht bei ihm Wache hielten. Dann zogen sie von Stadt zu Stadt, und die lombardischen Städte ergaben sich, oder wurden bezwungen. Tortona, das lange widerstand, wurde zerstört. Am siebenzehnten Tage des Ostermonates des Jahres 1155 wurde der König in der alten Hauptstadt des Königreiches Italien, Pavia, mit der lombardischen Krone von dem Bischofe der Stadt in der Kirche des heiligen Michael gekrönt. Am achtzehnten Tage des Brachmonates des Jahres 1159 wurde der König von dem Heiligen Vater Hadrianus in Rom in der Kirche des heiligen Apostels Petrus zum Kaiser gekrönt.

Dann besiegte er die aufrührerischen Römer, züchtigte die widerspenstige Stadt Spoleto, schlug in den Felsenengen der Etsch die verräterischen Bewohner von Verona, und kam im Sommer wieder nach Deutschland zurück.

In Deutschland verurteilte er den Erzbischof von Mainz Arnold, und den Pfalzgrafen Hermann von Stahleck, welche sich gegen seine Abmahnung in einer verwüstenden Einzelfehde bekriegten, auf dem Reichstage zu Worms im Anfange des Jahres 1156 mit allen Grafen, die ihnen halfen, zum Hundetragen. Dem Erzbischofe wurde wegen seines Alters und Amtes die Strafe erlassen; alle andern aber erlitten sie. Dann zog er an dem Rheine hinab, zerbrach die Raubschlösser, und ließ die Schuldigen hinrichten. Die Zölle, welche ohne die Genehmigung des Kaisers errichtet worden waren, erklärte er für nichtig, und sie mußten sogleich aufhören.

Wladislaw, der Herzog von Böhmen und Mähren, schickte nun Daniel, den Bischof von Prag, zu dem Kaiser Friedrich.

Daniel kehrte wieder zurück, und erzählte dem Herzoge Wladislaw von dem Kaiser Friedrich.

Er erzählte ihm, daß Beatrix, die schöne Erbtochter von Burgund, von ihrem Oheime Wilhelm in einen Turm gesperrt worden sei, daß sie dort umkomme. Der Kaiser aber hat sich gerüstet, sie zu befreien. Und er hat sich entschlossen, sie, wie einst der Kaiser Otto die schöne Adelheid von Italien, zu freien. Wilhelm hat sie losgelassen, und an den heiligen Pfingsttagen wird auf einem großen Reichstage die Vermählung vollzogen werden.

Und es ergingen sodann von dem Kaiser die Einladungen zu dem Reichstage auf das heilige Pfingstfest nach der Stadt Würzburg.

Und als sich die Tage des Pfingstfestes näherten, zog Wladislaw, der Herzog von Böhmen und Mähren, mit dem Bischofe Daniel, mit Priestern, Herren und Rittern und einem großen geschmückten Geleite gegen die Stadt Würzburg. Witiko und alle die jüngeren Herren und Krieger folgten dem Herzoge.

Wladislaw und die Seinigen wurden von dem Kaiser freundlich empfangen. Und es kamen die Fürsten und Herren des Reiches zu dem Reichstage, und Gezelte reihten sich an Gezelte. Und alle die jungen Ritter, die unter der Führerschaft Friedrichs gewesen waren, als er fast noch als ein Knabe den Wolfartshauser Grafen geschlagen hatte, kamen zu seiner Vermählung. Sie waren jetzt mit Macht und Ehren begabt. Witiko freute sich seines Freundes Wolfgang von Ortau, der mit Gut belehnt worden war, und er fand manche Freunde, die er in Nürnberg und in Wien kennen gelernt hatte.

Die erste Feier des Reichstages war die Vermählung. Das Brautpaar war vor dem Altare. Friedrich in weißem Sammetgewande mit Gold und edlen Steinen und feinem Hermelin, ein Mann von mittlerer Größe, wohlgebildet, mit hellem rosenwangigen Angesichte, mit blauen Augen und blonden Haaren, und mit einem goldschimmernden Barte. Beatrix in weißem Sammetgewande mit Gold, edlen Steinen und Hermelin, auch mittelgroß, fein, mit rosigem Angesichte, blauen Augen und blonden Haaren. Nach der Vermählung war ein Mahl voll Heiterkeit und Freude; aber es war Maß in Speisen und Getränken und in Schmuck und Geschirren.

Und in den Tagen nach der Vermählung waren andere Geschäfte.

Es kam Wladislaw, der Herzog von Polen, der von seinem Bruder Boleslaw vertrieben worden war. Er suchte Hilfe. In der Versammlung der Fürsten sprach Wladislaw, der Herzog von Böhmen und Mähren, für ihn. Der Kaiser und die Fürsten entschlossen sich zur Hilfe, und es wurden Boten nach Polen gesendet.

Wladislaw, der Herzog von Böhmen und Mähren, hatte mehrere Gespräche mit dem Kaiser über die Dinge zwischen Österreich und Bayern. Er sprach auch mit Fürsten über diese Dinge.

Der Reichstag in Würzburg wurde beendigt.

Nach demselben ging der Bischof Daniel mit dem Willen des Kaisers und des Herzoges Wladislaw zu dem Kaiser, daß die Beratungen über Österreich und Bayern fortgesetzt würden.

Und als die Beratungen vollendet waren, wurde auf den Herbst des Jahres ein Reichstag nach Regensburg zur Schlichtung berufen. Die Fürsten erschienen sehr zahlreich, und Wladislaw, der Herzog von Böhmen und Mähren, zog mit dem Geleite, welches mit ihm in Würzburg gewesen war, und noch mit andern Männern, die sich angeschlossen hatten, nach Regensburg. Auf dem Reichstage in Regensburg gab nun Heinrich, der Markgraf von Österreich, die Länder Österreich und Bayern in die Hände des Kaisers zurück. Der Kaiser aber trennte von Bayern das Land zwischen der Enns und Passau, und belehnte mit dem, was übrig war, Heinrich, den Sohn des vorigen stolzen Herzogs Heinrich von Bayern. Das abgetrennte Stück Bayerns legte er zu Österreich, erhob Österreich zu einem Herzogtume, und belehnte damit den Markgrafen Heinrich als Herzog von Österreich. Und große Vorzüge wurden dem neuen Herzogtume gegeben. Es konnte auf Frauen vererbt werden, und der letzte Besitzer, wenn alle Erben mangelten, konnte darüber verfügen. Alle Züge des Herzogs zu Versammlungen und Kriegen waren freiwillig, außer den Versammlungen, die der Kaiser selbst berief, und außer den Kriegen gegen die Ungarn. Die Fürsten begrüßten den neuen Herzog, sie freuten sich der Austragung des Streites, der schon seit dem Beginne der Herrschaft des Königs Konrad gedauert hatte, es freuten sich alle, die auf dem Reichstage waren, es freuten sich die Bewohner der Stadt Regensburg, und bald kamen auch die Zeichen der Freude aus den Gauen des Reiches herein.

Von Polen wurde die Nachricht gebracht, daß der Herzog Boleslaw dem Kaiser trotze. Also wurde der Krieg gegen Polen auf das nächste Jahr beschlossen.

Im Sommer dieses nächsten Jahres zog das deutsche Heer gegen Polen. Wladislaw, der Herzog von Böhmen und Mähren, kam mit seinen Brüdern Diepold und Heinrich und mit vielen Lechen und Herren der Länder Böhmen und Mähren, und mit erlesenen Scharen von Kriegern an der Oder zu dem Kaiser. Im Erntemonate wurde die Oder bezwungen, und die Heere drangen bis gegen Posen vor. Da bat Boleslaw um Frieden, und rief den Beistand des Herzoges Wladislaw an. Der Herzog brachte mit mehreren andern Fürsten die Vereinbarung zu Stande. Es wurde festgesetzt: Boleslaw kömmt in bloßen Füßen, da ihm ein bloßes Schwert von dem Halse hängt, zu dem Kaiser, und kniet vor seinen Füßen. Er leistet den Lehenseid, und beschwört, daß er seinem Bruder sein Gebiet zurückgebe. Dem Kaiser zahlt er zweitausend Mark Silber, den Fürsten tausend Mark, dem Lehenhofe zweihundert, und der Kaiserin vierzig Mark Goldes. Dem Kaiser sendet er zu seinen Zügen nach Italien dreihundert Reiter, und er stellt sich zur Schlichtung aller noch übrigen Dinge auf den nächsten Reichstag nach Magdeburg. Zur Sicherheit gibt er Geiseln.

Boleslaw leistete die Sühne und die Schwüre, und gab die Geiseln, darunter sein Bruder Kasimir war. Die Geiseln gingen auf den Befehl des Kaisers nach Prag.

Dann zog der Kaiser wieder nach Deutschland zurück.

Er berief auf den Herbstmonat einen Reichstag nach Würzburg. Noch mehr Fürsten und Herren und Kirchenobere kamen auf diesen Reichstag, als auf frühere gekommen waren. Es kam Wladislaw, der Herzog von Böhmen und Mähren, und es kamen Gesandte aus Frankreich, England, Spanien, Italien, Dänemark, Burgund und Griechenland. Die Herren aus Burgund unterwarfen sich dem Kaiser, und die Erzbischöfe und Bischöfe von Lyon, Valence, Vienne, Arles und Avignon huldigten ihm. Waldemar, der König von Dänemark, ließ ihm anzeigen, daß er als König gewählt worden sei, und ließ ihn bitten, daß er die Wahl bestätige, und ihn belehne. Der Kaiser sagte es unter dem zu, daß Waldemar einen Eid leiste, er werde selber zu dem Kaiser kommen. Stephan, der Bruder Geisas, des Königs von Ungarn, bat den Kaiser um Hilfe wegen mancher Unbilden, die er von seinem Bruder erlitten hatte. Der Kaiser bat den Bischof Daniel, daß er zu Geisa gehe, und die Dinge erkunde, weil er dem Könige Geisa schon bekannt sei, da er mit ihm vermittelt hatte, daß seine Tochter Elisabeth die Gattin Friedrichs, des Sohnes Wladislaws, des Herzoges von Böhmen und Mähren, geworden ist. Daniel sagte den Zug zu Geisa zu, und ging, nachdem der Reichstag beendiget war, nach Ungarn.

Der Kaiser aber durchzog das Reich, bestrafte alle, die Unruhe oder sonst Übles stifteten, und ordnete die Sachen der Länder und der Kirche.

In dieser Zeit sendete Heinrich, der König von England, Geschenke an den Kaiser, und sendete geschriebene Worte, in denen enthalten war: ›Wir sind bereit, was Eure Ehre fordert, zu vollführen. Wir vertrauen England und unsere Herrschaft Eurer Gewalt und Eurem Willen an. Es sei ein Bund zwischen unsern Völkern, darin Ihr den Befehl habt, und darin wir den Gehorsam nicht verabsäumen werden. An den Geschenken sehet nicht den Wert, sondern die Liebe dessen, der sie gibt, und nehmt sie auf, wie sie gegeben sind.‹

Von Ungarn kamen Gesandte, durch welche der König seine Handlungen darlegen ließ, und durch welche er versprach, dem Kaiser Krieger zu seinem Zuge nach Italien zu senden.

Indessen diese Dinge geschahen, kamen aus Italien Botschaften, daß sich die Städte bekriegen, daß Mailand die Freunde des Kaisers unterdrücke und unterwerfe, daß es die Mahnungen des Kaisers nicht achte, und daß es sich mit seinen Feinden verbinde.

Friedrich richtete nun ein Schreiben an alle geistlichen und weltlichen Fürsten, und sagte: ›Mailand hat sich gegen das Römische Reich aufgelehnt, und höhnet die Ehrfurcht, welche die Untertanen ihrem Beherrscher schuldig sind, wenn auch derselbe von ihnen entfernt ist. Es strebt darnach, Italien seiner Herrschaft zu unterwerfen, und hält uns für unfähig, es zu besiegen und zu bestrafen. Ein solcher Frevel darf jetzt und in der Zukunft nicht gelingen. Wir müssen die Widerspenstigen mit unserer ganzen Macht bekämpfen, und das üble Glied von dem Körper schneiden, daß er nicht auch die Verderbnis empfange, und zu Grunde gehe.‹

Es wurde wegen Italiens auf den sechsten Tag des Monates Jänner des Jahres 1158 ein Reichstag nach Regensburg ausgeschrieben. Auf diesen Reichstag kamen die Fürsten und Herren des deutschen Reiches, und es kam Wladislaw, der Herzog von Böhmen und Mähren, mit dem zahlreichsten Geleite, das er bisher gehabt hatte. Es wurde für den Sommer ein Zug nach Italien festgesetzt, und alle, die da waren, stimmten ein, und versprachen ihre Zurüstungen.

Am fünften Tage der Versammlung gab Friedrich, der römischdeutsche Kaiser, Wladislaw, dem Herzoge von Böhmen und Mähren, in Anerkennung seiner Tugenden und seiner großen Dienste in der Gegenwart aller Fürsten eine Königskrone, Wladislaw wurde mit Feierlichkeit als König von Böhmen gekrönt, und von allen Fürsten als König von Böhmen begrüßt. Und diese Königswürde sollte von nun an auf alle seine Nachfolger übergehen.

Es war in allen Lagern und es war unter den Begleitern Wladislaws eine große Freude über dieses Ereignis.

Und als er heimkehrte, kamen ihm in seinem Lande ganze Scharen von Menschen entgegen, und riefen ihm Heil und Segen und Jubel zu, und streuten Tannenzweige auf seinen Weg, und geleiteten ihn große Strecken. Viele junge Krieger und Herren kamen herzu, und zogen mit ihm nach Prag. In Prag wurde er von dem Volke mit Feierlichkeit empfangen, mit Freude begrüßt, und er und Judith wurden in kirchlicher Festlichkeit als König und Königin anerkannt.

Er berief darauf eine große Versammlung in die Königsburg.

Und als der Tag der Versammlung gekommen war, und als sich die hohen und niederen Herren der Länder Böhmen und Mähren und die Herren der Kirche in einer so großen Zahl eingefunden hatten, wie sie sonst nie herbei gezogen waren, sprach der König zu ihnen: »Erhabene Herren der Kirche, Söhne des Stammes Premysl, Herren, Männer und Krieger der Länder Böhmen und Mähren, höret meine Worte. Sie zielen nun nicht mehr wie in der vergangenen Zeit auf die Not und das Unglück unserer Länder, um Abhilfe zu verlangen; sie zielen auf das Ansehen und die Ehre unseres Reiches, daß es mit andern Reichen wirke, ihnen gleich sei, und geachtet und gefürchtet werde. In Italien ist die große und mächtige und reiche Stadt Mailand durch Gewalt, durch Kühnheit, durch Verrat, durch Frechheit und durch Verhöhnung aller göttlichen und menschlichen Gesetze die Beherrscherin des oberen Teiles des Landes geworden. Die Krämer, die Händler, die Handwerker der Stadt sind tapfer, sie spotten aber jedes Rittertumes, jedes Kriegertumes, und möchten die Herren aller Dinge sein. Und sie werden nach und nach die Herren der Dinge werden, wenn ihnen nicht Einhalt getan wird, und sie werden wachsen, und nach uns allen greifen. Es ist daher ein Bund gegen sie entstanden. Friedrich, der König der Deutschen, der auch in Rom zum römischen Kaiser gekrönt worden ist, der in Pavia die lombardische Krone empfangen hat, und dessen Untertanin daher die Stadt Mailand ist, dessen Ansehen und Befehlen sich aber die Stadt widersetzt, ist der Führer des Bundes. Alle deutschen Fürsten gehen mit ihm. Das Land Ungarn wird Reiter senden, Polen wird Kriegsvölker stellen, und andere werden vielleicht desgleichen tun. Das große schöne Land Italien soll geeinigt und geordnet werden. Ich habe dem Kaiser versprochen, daß ich zu seinem Zuge gehen, und daß ich die Männer zu ihm führen werde, die sich mir zugesellen wollen. So wird, wie schon andere Ehren unserem Lande zu Teil geworden sind, auch aus dieser großen Sache Ehre und Macht für das Land erwachsen. Ich verkündige euch dieses, daß ihr es wisset, und daß jeder, der nach Mailand zu ziehen gesonnen ist, sich rüsten könne. Mit dem Frühlinge beginnt der Auszug.«

Da der König gesprochen hatte, setzte er sich wieder auf seinen Stuhl nieder.

Mehrere Männer erhoben den Ruf: »Wir ziehen, wir ziehen.«

Andere riefen darunter, und man verstand ihre Worte nicht, und es wurde, ehe einer der vorzüglicheren Männer reden konnte, ein Rufen in dem ganzen Saale, aus dem nichts Deutliches vernommen werden konnte.

Dann drang wieder der Ruf durch: »Wir ziehen.«

Dann erscholl der Ruf: »Wir ziehen nicht.«

Dann tönten Stimmen: »Es darf nicht sein«, »es ist gegen das Recht.«

Dann riefen andere dagegen, und es entstand ein verworrenes Geschrei, das stärker wurde, als es früher gewesen war. Dann sprangen viele von ihren Sitzen auf, und schlugen an ihre Schwerter. Andere sprangen nun auch auf, und schlugen auch an ihre Schwerter wie gleichsam zur Antwort.

Der König blieb auf seinem Stuhle, und sah auf die Männer.

Casta hob seine Haube mit dem rechten Arme empor, und schwang sie in den Lüften.

Es achtete aber niemand auf dieses Zeichen.

Immer mehrere erhoben sich von ihren Sitzen, bis fast alle, die in dem Saale waren, standen.

Nun stieg Wecel auf seinen Stuhl, und machte mit seinen Armen Zeichen.

Das Schreien wurde aber noch stärker, und die Nächsten zogen ihn von seinem Stuhle wieder herunter.

Jetzt stand Diwiš auf, und ging von den Stühlen in den freien Raum, daß er von allen gesehen werden konnte, und hob seine beiden Arme empor.

Das Schreien minderte sich aber nicht.

Diwiš ging wieder zu seinem Sitze.

Nun tat Lubomir das nämliche, was Diwiš getan hatte.

Aber das Schreien dauerte fort, und zu Zeiten rasselten die Waffen.

Lubomir ging wieder zu seinem Stuhle.

Nun stand langsam der alte Wšebor mit seinem weißen Barte auf. Er stieg auf den Schemel, den man ihm seines Alters willen vor seinen Stuhl gestellt hatte. Er nahm seine Haube ab, und hielt sie vor die Brust. So blieb er stehen, und regte sich nicht.

Und wie er immer so stand, minderte sich das Schreien allgemach. Es minderte sich stets, und man hörte den Ruf: »Wšebor.«

Da schrie Predbor mit gewaltiger Stimme: »Wšebor.«

Dann riefen mehrere: »Wšebor.«

Dann rief Predbor vernehmlich: »Wšebor liebt Land und Leute, höret ihn.«

»Wšebor, Wšebor, Wšebor«, riefen nun viele Stimmen.

Dann wurde es stiller, und es war endlich kein Laut mehr in dem Saale.

Darauf sprach Wšebor, da er auf dem Schemel stand: »Liebe, gute Landesgenossen. Ich danke euch, daß ihr mit meinem Alter Nachsicht habt, und euern Unwillen beschwichtigt. Ich bin jetzt der Älteste in dem Saale, seit Bolemil ist, wo die Jahre nicht mehr gezählt werden. Gönnet mir, daß ich Worte sage, was ich in meinem Leben erfahren habe. Bolemil spricht nicht mehr, und mein Mund ist viel schlechter.«

»Rede, rede«, riefen viele Stimmen.

Wšebor sprach: »Es sind viele hundert Jahre vergangen, seit der Vater Cech mit seinen Begleitern über die Ströme in dieses Land gekommen ist. Und sie haben ruhig gelebt, und haben die Nachbarn nicht beraubt.

Und wenn Feinde gegen das Land gekommen sind, so haben sie dieselben abgewehrt. Die Fremden, welche als Gäste gekommen sind, haben sie beherbergt und gepflegt. Und wenn ein fremder Mann einem Manne dieses Landes ein Geschenk gegeben hat, so hat er es dankbar angenommen, und hat den fremden Mann wieder beschenkt. Aber niemals haben sie von dem Fremden ein Geschenk für das Land angenommen, daß er nicht ein Recht an das Land bekomme. Darum haben sie auch nicht in entfernten Ländern Hilfe leisten müssen. So sind sie daheim in ihrer Sitte geblieben, und es ist das Gesetz geworden, daß sie nicht in Kriegszüge weit über die Grenzen des Landes gehen dürfen. Hocherlauchter König Wladislaw, wenn du die Dinge, ehe sie geschehen sind, vor den Rat deiner Männer gebracht hättest, so wären vielleicht von der Weisheit der Männer andere Wege zum Heile der Länder gefunden worden.«

Als er diese Worte geredet hatte, stieg er wieder von seinem Schemel herab, und setzte sich auf seinen Stuhl.

Von den Männern in dem Saale aber riefen viele: »Das ist wahr«, »das ist gut«, »so muß es sein.«

Und es entstand wieder ein Durcheinanderrufen.

Dann erhob sich Gezo, der Abt von Strahow, um zu sprechen.

Als es stille geworden war, redete er: »Wir haben die Heiligtümer in unserer uralten Stadt Prag, und haben den goldenen Sitz unserer Fürsten im Wyšehrad, welche Burg noch älter ist als Prag, und welche eine goldene Burg bei den Heiden gewesen ist, und eine goldene Burg mit herrlichen Kirchen bei den Christen geworden ist. Zu den Heiligtümern schaut das ganze Volk, und betet bei ihnen zu Gott, und zu den Heiligtümern wallfahren Fremde, um ihrer Wunder teilhaftig zu werden. In unserem Lande ist die Säule unsers Gebetes, ist die Säule unserer Andacht, ist die Säule unserer Macht, und ist die Säule unserer Ehre. Bei den Deutschen aber sind allerlei Pfalzen der Könige, sind allerlei Städte, und der König hat in keiner seinen goldenen Stuhl, und zieht von der einen zu der andern.«

Es erhob sich nach diesen Worten ein dröhnender Lärm in dem Saale. Die Männer schlugen an ihre Schwerter, und. manche schwangen sie mit der Scheide um ihr Haupt.

Gezo aber setzte sich wieder auf seinen Stuhl.

Keine Stimme redete gegen Gezo.

Es erhob sich Peter, der Abt von Brewnow.

Man machte ihm endlich Raum zum Reden, und er sprach; »Wie der hochehrwürdige Abt von Strahow, und wie der hohe Leche Wšebor geredet haben, so rede auch ich. Wenn wir unser Land aus seinen Gesetzen und aus seinen Sitten und Gewohnheiten in die Schicksale anderer Länder heben, so ruht es nicht mehr in sich, und kann stürzen. Ich beklage jede Änderung, die nicht reiflich in dem Rate seiner Söhne erwogen worden ist.«

Nach dieser Rede entstand ein großes Beifallrufen, und es entstand auch ein Rufen des Mißbilligens.

Mehrere Männer sprangen zugleich empor, um zu sprechen.

Da es stiller geworden war, erhob sich der König, und da man ihn vernehmen konnte, sprach er: »Es soll ein jeder, der in dieser Sache reden will, reden. Er rede, was er in seinem Sinne für recht und gut hält, und rede, so lange es ihm genehm ist. Ich werde jeden hören, und bitte aber auch die Männer, daß ein jeder den andern anhöre, wie er selbst angehört zu werden wünscht. Da jedoch nicht mehrere zugleich reden können, wenn sie auch zugleich zum Reden aufgestanden sind, so meine ich es geziemend, daß dem Ältern zuerst das Wort gegönnt werde.«

»Ja, ja«, riefen fast alle Stimmen im Saale.

»Lubomir«, sagte der König, »ich glaube, daß du schon vor einer Zeit von deinem Sitze aufgestanden bist. Und wenn es auch nicht so wäre, so bist du doch der Älteste. Sprich.«

Lubomir sprach: »Hocherlauchter König, wenn du mich hören willst, und wenn mich die Versammlung hören will, so werde ich reden.«

»Rede, rede«, riefen viele Männer in dem Saale.

Lubomir schwieg einen Augenblick. Dann redete er: »Liebe hochehrwürdige Herren der Kirche und der Länder. Wie mir nach meinen geringen Einsichten und nach meinen Jahren mein Sinn eingibt, ist die Veränderung, die sich in unseren Ländern zugetragen hat, sehr wert, daß wir derselben unsere genaue Aufmerksamkeit schenken. Wir wissen jetzt noch nicht, was aus alledem werden wird. Wir wissen nicht, was werden wird, wenn unser Herzog ein König ist, und wenn alle unsere künftigen Herzoge Könige sind. Werden die Könige die Art der Herzoge fortbehalten, oder wird eine andere Art werden? Sind unsere Länder in der alten Lage gegen ihre Nachbarn, oder wird die Lage neu sein? Werden wir in Pflichten gegen die kommen, welche die Ehre gespendet haben? Wenn wir alles erst wohl überdacht haben, wenn ein jeder das, was ihm zu Sinne gekommen ist, den andern in Lieb und Treue mitgeteilt hat, dann können wir beraten, wie das Gute, das in den Dingen liegt, von uns nach unsern Rechten und Pflichten dem Lande zugeführt werden kann, und wie wir das Üble, das die Sache hat, von dem Lande fern zu halten vermögen. Ich denke wohl, daß es gut gewesen wäre, wenn vorher alle Obliegenheiten und Notwendigkeiten der Sache beraten und festgestellt worden wären. Aber ihr wisset alle sehr gut, wie unser erlauchter Herzog Wladislaw, seit er auf dem Fürstenstuhle ist, immer in den Dingen des Landes den Rat zusammen berufen hat, und wie in dem Rate beschlossen worden ist. Wenn er es jetzt nicht getan hat, so wird er Ursachen dazu gehabt haben. Er wird alles sehr reiflich erwogen haben, und er kann uns am sichersten sagen, was in dieser Angelegenheit liegt, und was nicht in ihr liegt.«

»Das ist wahr, das ist gut«, riefen mehrere Männer.

»Er hätte es aber heute sagen sollen«, rief eine Stimme.

Und es wurde ein Rufen des Beifalls und des Tadels.

Lubomir setzte sich wieder auf seinen Stuhl nieder.

»Preda, sprich«, sagte der König.

Preda, welcher stand, redete nun: »Meine Worte sind die Worte Lubomirs. Es kann sehr Übles für die Länder in der Sache sein. Ich füge nur hinzu, daß es jetzt fast ist, als wären die, welche viele Jahre dem Lande gedient haben, nicht mehr die Räte und nicht mehr die Freunde des Herzogs.«

»So ist es«, riefen viele Männer.

Preda setzte sich auf seinen Stuhl nieder.

»Slawibor, rede«, sagte der König.

Slawibor sprach: »Wir haben in unserem Reiche gelebt, und die Herzoge haben nur uns über die Angelegenheiten befragt. Wratislaw, der Großvater unseres erlauchten Herzoges, ist ein König gewesen; aber es war nur ein Ehrenkleid, und er hat als Herzog fortgeschaltet. Und nach ihm sind wieder Herzoge gewesen, wie Wladislaw, der Vater unsers jetzigen Königs, der gute und großmütige, und wie Sobeslaw, der Oheim und Vorgänger unsers jetzigen Königs, der feste und ruhmreiche, und wie unser Herzog, der bis jetzt auch ein Herzog gewesen ist. Nun ist das Land für alle Zeiten ohne Ratschluß in ein Königreich umgewandelt worden, und Pflichten und Abhängigkeiten sind im Wege, und das Blut soll in das Ausland gegossen werden. Vor diesen Dingen stehen wir, und ich sage: Wenn der erlauchte Herzog nicht unsern offenen Rat gehabt hat, so hat er geheimen gehabt, und diesen trifft Verantwortung und Strafe.«

»Die Strafe, die Strafe, die Strafe«, riefen Männer durcheinander.

»Nein, nein, nein«, riefen andere.

Und es wurde wieder ein wüster Lärm. Als er sich gemildert hatte, rief der König: »Diwiš, rede.«

Diwiš redete: »Ich sage wie Lubomir, daß es gut gewesen wäre, wenn die Umwandlung der Länder in dem Rate genau erwogen worden wäre. Ich sage wie Slawibor, daß es ein alter Brauch ist, daß die Söhne unserer Länder nicht in entfernten Reichen kämpfen dürfen. Aber ich sage auch, daß wir über diese Sache noch nicht urteilen können, weil sie uns noch nicht mit allen ihren Teilen bekannt ist. Der hocherlauchte König Wladislaw hat nur von dem Zuge nach Mailand gesprochen, dann ist der Zorn der Männer entstanden, und es ist weiter eine Wesenheit der Sache nicht dargelegt worden. Ich meine wie Lubomir, ein jeder solle gehört werden, und der soll am meisten gehört werden, der am meisten von der Sache reden kann. Und dann sollen wir umsichtig beratschlagen, daß wir das Gute einführen, und das Üble abhalten.«

»Die Sache ist ja deutlich«, rief Mireta.

»Sie ist deutlich, deutlich, deutlich«, rief eine Zahl von Männern.

Da rief der König: »Es muß ein jeder gehört werden, wie ihr gehört werden wollet.«

»Höret einen jeden, das Recht hat er«, schrie Predbor.

»Höret ihn, höret ihn«, riefen fast alle in der Versammlung.

Dann sprach der König: »Rede, Nemoy.«

Nemoy redete: »Da das Alterserblichkeitsgesetz gemacht wurde, sind alle Lechen und Herren und Wladyken der Länder dazu zusammen berufen worden, und es ist die Nachfolge auf dem Fürstenstuhl ruhig vor sich gegangen. Als das Alterserblichkeitsgesetz aufgehoben wurde, hat es der Herzog Bretislaw mit der Mithilfe des deutschen Kaisers Heinrich allein getan, und es sind die Nachfolgekämpfe gekommen, die bis in unsere Zeit gedauert haben, und die nach euch in die Zeiten hinein dauern können. Ich sage das, weil es geschehen ist, und weil es zu beachten ist.«

»Es ist zu beachten«, riefen mehrere Männer.

»Es ist so«, riefen andere, »es ist jetzt wieder so.«

»Ja, ja, ja«, riefen andere.

»Nein, nein, nein«, riefen wieder andere.

Als das Rufen aufgehört hatte, sagte der König: »Jetzt haben die gesprochen, welche mit einander aufgestanden sind. Ich glaube, daß ich sie nach dem Alter genannt habe.«

»Du hast sie genannt, hocherlauchter König«, sagte Nemov.

Nun stand der alte Rodmil auf, und sprach: »Es ist eine Verletzung der Rechte und der Bräuche der Lechen gewesen. Die Lechen sind die Söhne des Landes, sie sind das Land. Und das Land ist der Quell der Ehren und der Macht, und für das Land ist das Blut seiner Kinder.«

Es wurde ein Beifallsrufen nach diesen Worten, und man hörte: »Ja, eine Verletzung, eine Verletzung, und kein Blut für andere.«

Nach Rodmil stand Daniel, der Bischof von Prag, auf. Und wie er stand, wurde es stiller, und wurde immer stiller, und endlich so stille, daß nicht ein einziger Laut in dem ganzen Saale zu vernehmen war.

Dann wartete Daniel noch eine kurze Zeit.

Dann sprach er: »Es war einmal ein Mann, der hatte einen schönen Hof mit schönen Gründen. Sein Vater und sein Großvater und sein Urgroßvater und sein Ururgroßvater haben vor ihm den Hof besessen. Aber der Hof ist nicht immer schön geblieben. Es kamen Regengüsse, und es floß ein Wasser daher, und brachte Bäume und Sträucher und Sand und Steine und Unrat. Und als es abgelaufen war, lagen Steine und Sand auf den Streifen, auf dem es gewandelt. Der Mann und seine Knechte brachten die Steine und den Sand fort, und der Streifen grünte wieder. Aber es kamen wieder Regen, und es kam wieder Sand und kamen Steine. Und jeder Regen brachte Sand und Steine. Da ging der Mann von dem Hofe fort, dem Wasser nachzuspüren. Er ging durch das Gut mehrerer Männer, und kam in den entfernten hohen Wald. Dort waren in Mulden weite Wässer. Die Wässer hatten eine Erdwulst durchfressen, und durchfraßen sie bei jedem Regen mehr. Der Mann und die Besitzer der Güter und der Besitzer des Waldes verbauten die Lücke der Erdwulst, und leiteten die Wasser in Schluchten. Wäre der Mann in seinem Hofe geblieben, so wäre sein Hof ein Haufen von Sand und Steinen geworden.«

Bogdan sprang auf, und rief: »Ja, ihr beide, du und dein Schreiber Vincentius, seid fleißig in die Fremde gegangen, und habt dort gespähet, du hast dich von dem deutschen Kaiser in allerlei Orte senden lassen, und bist sein Diener geworden, und bist ein Fremder geworden, und bringst so viel von der Fremde, bis wir selber Fremde sein werden.«

Ein dröhnender Lärm entstand nach diesen Worten.

Der Bischof Daniel setzte sich wieder auf seinen Stuhl nieder.

Nach ihm erhob sich Bozebor.

Als der Lärm sich nach und nach gelegt hatte, sprach er: »Hohe und niedere Herren der Kirche und der Länder, Männer und Freunde. Der alte Rodmil hat gesagt: Das Land ist der Quell der Ehren und der Macht. Es ist der Quell der Ehren und der Macht, und ein anderer Quell ist eine Pfütze. Hocherlauchter Herzog Wladislaw, wer hat dich genötigt, von den Deutschen Ehre und Macht zu gewinnen? Hätten wir dir nicht beides geben können? Wir haben den Kaiser Lothar besiegt, und haben von ihm die Königskrone gewonnen. Konntest du sie nicht von uns empfangen? Du wärest dann ein König der Böhmen gewesen, und wir hätten dich auf unsern Schilden getragen. Jetzt aber bist du ein deutscher König, und mußt den Lohn bezahlen. Du bist zinspflichtig, und wir sind die Knechte eines Knechtes. Oder sollen wir uns von dir lossagen? sollen wir die Länder in Krieg und Jammer stürzen? Wer wird das Elend ergründen können? Die alten Herzoge von Böhmen sind lange, ehe ein deutscher König und Kaiser war, zur Zeit, da noch ein Wald stand, wo jetzt die Stadt Prag ist, auf der heiligen goldenen Burg im Walde gesessen, und ihre Lechen und Wladyken waren um sie, und sie haben gerichtet und geurteilt, und ihre Völker haben auf sie geschaut, und niemand konnte eine Nadel von ihren Wäldern nehmen, und sie waren ehrenreich, daß die uralten Sänger und die Völker von ihnen gesungen haben. Die Herzoge sind höher gewesen, als die Könige und die Kaiser. Daß sie Herzoge wurden, sind sie auf den alten geheiligten Herzogstuhl gesetzt worden. Darum hieß der Felsstuhl der Herzogstuhl. Soll er jetzt ein Königsstuhl werden? Oder willst du dir einen andern schnitzen lassen, und ihn mit Gold und Farben verzieren? Werden nach dir die Könige die Bastschuhe Premysls anziehen wollen, der nur ein Herzog gewesen ist? Werden die Könige nach dir sich, ehe sie auf den Herzogstuhl gesetzt werden, schlechte Kleider anziehen lassen, um sich ihres Ursprunges zu erinnern? Werden sie sich auch nur auf den Herzogstuhl setzen lassen, dadurch sie ja nur Herzoge würden, und jetzt schon durch den Spruch des Fremden, ehe sie noch in dem Leibe ihrer Mutter entstehen, Könige sind? Unsere geheiligten Gebräuche, unsere heimatlichen Sitten, unsere vorväterlichen Geräte werden verschwinden, und so groß der Fels des Herzogstuhles ist, so werden Jahre kommen, in denen man nicht mehr weiß, wo er gestanden ist. Wenn wir die Sache eingeleitet hätten, so hätten wir das Geheiligte sichern können. Die Könige werden wie du ohne uns handeln, sie werden ihres Glanzes pflegen, und wir werden die Diener und die Sklaven eines Herrn sein. Und wenn wir uns empörten, und alle aus dem Stamme Premysl entfernten, so würde einer von uns der Herr werden, er würde sich durch seine Macht wieder zum Könige machen, und wir stünden vor dem nämlichen Dinge, vor dem wir jetzt stehen. Wer zu solchem den Rat gegeben hat, der verdient an das Kreuz geschlagen zu werden. So sage ich, so rede ich, und so habe ich die Sache bis in mein Alter erfahren, und so spreche ich von der Sache.«

Da er diese Worte geredet hatte, setzte er sich schnell auf seinen Stuhl nieder.

Aber nun brachen viele in ein Schreien aus, das stärker war als jedes, das sich bisher erhoben hatte. Es machte fast die Fenster erzittern, und machte die Ohren unfähig, irgend etwas zu vernehmen.

Nach langer Zeit erst hörte man die Rufe: »Ans Kreuz, ans Kreuz, ans Kreuz.«

Und nicht lange hörte man die Rufe. Es wurde wieder ein übertäubendes Schreien, aus dem nichts zu vernehmen war.

Dann schlugen die Männer an die Schwerter, daß es rasselte, und manche schwangen sie in der Scheide wieder wie früher um das Haupt.

Bogdan zog das seinige hervor, daß es durch den Saal blitzte; aber die zunächst um ihn waren, umschlossen ihn mit ihren Armen, zogen ihn nieder, und nahmen ihm das Schwert.

Das Schreien und das Rasseln mehrte sich.

Dann hörte man wieder Stimmen: »Ans Kreuz, ans Kreuz, ans Kreuz.«

Dann drang der außerordentliche Ruf Predbors durch den Lärm: »Laßt die andern reden, und höret sie; ihr habt es versprochen.«

Der Lärm wurde auf diese Worte etwas geringer.

Dann standen einige auf, um zu beschwichtigen. Da sie aber nicht gehört wurden, mußten sie ihre Stimmen stärker erheben, und das Getöse wurde wieder ärger als früher.

Jetzt erhob sich der König Wladislaw langsam von seinem Stuhle, und stand aufrecht da.

Er nahm nach einiger Zeit seine Haube von dem Haupte, und legte sie auf den Tisch.

Seine blonden Haare waren um sein Angesicht, und seine blauen Augen blickten auf die Versammlung.

So stand er da.

Und wie es bei Wšebor und bei dem Bischofe Daniel gewesen war, so wurde es auch bei ihm. Das Getöse minderte sich, und endlich wurde es so stille, daß man keinen Laut vernehmen konnte.

Da sprach der König: »Höchste und hohe Herren der Kirche, Sprossen des Stammes Premysl, hohe Herren und Herren der Länder, Herren des Hofes, Führer, Kriegsgenossen, Räte und Freunde. Ich hätte erst geredet, wenn alle andern ihre Rede vollendet gehabt hätten; allein es sind immer mehr Worte gegen mich entstanden, und eure Herzen sind von den Worten ergriffen worden. Ich will also jetzt schon meine Worte entgegen sprechen. Dann sollen alle andern reden, die noch reden wollen, und sie sollen gehört werden. Vielleicht wird ihre Meinung durch meine Worte ein wenig geändert. Wenn sie bei ihrer Meinung bleiben, so sollen sie dieselbe aussprechen. Ich bitte euch, höret mich an.«

»Höret die Worte«, riefen mehrere Stimmen.

»Höret die Worte«, riefen dann fast alle in dem Saale.

Als es wieder stille geworden war, sprach der König: »Ihr habt getadelt, daß ich mit den Fremden in Verbindungen gekommen bin. Als die Reiche noch klein und einsam waren, schalteten sie in ihrem Hause, und mochten, wenn ein Überfall eines Nachbars kam, ihn abwehren. Aber die Reiche sind gewachsen, und einzelne sind erstarkt. Und andere haben sich an dieses Reich angeschlossen, um seine und ihre Macht zu mehren. Wer in seinem Hause bleibt, der ist ohne Bundesgenossen, und wird von denen besiegt, die Bundesgenossen haben. Ihr habt gesagt: Wir haben den Kaiser Lothar besiegt. Lothar ist mit einem Heere in die Schlucht von Chlumec und in den Hinterhalt der Böhmen gegangen, und einzelne Teile seines Heeres wurden vernichtet, und der Rest umringt. Und dennoch hat unser fester und kluger Herzog Sobeslaw, mein Oheim, da Lothar fast gefangen war, von ihm die Bestätigung der Herzogswürde von Böhmen angenommen, nicht weil er König der Deutschen war, sondern weil er römischer Kaiser sein würde. Sobeslaw hat die Gefahr solcher Kriege erkannt, die gekommen wäre, wenn er auch das Heer Lothars völlig vernichtet und Lothar gefangen hätte. Friedrich, welcher jetzt in Deutschland herrscht, ist nicht wie Lothar, er führt die Heere besser. Habt ihr gesehen, was er getan hat? Friedrich hat zuerst das Reich beruhigt, es ist dann die Krone der Lombarden und die römische Kaiserkrone auf sein Haupt gesetzt worden. Er hat hierauf die Mächtigen im Reiche, die eigene Fehden führten, zu schimpflicher Strafe verurteilt, und keiner wagte zu widersprechen, und die Fürsten standen zu ihm. Und er hat die Raubritter ausgerottet, und seine Macht wuchs über Dänemark und Polen und über Lyon bis Avignon, und England schickte Geschenke, und trug ein Bündnis an, und Spanien und Frankreich und Burgund und andere schickten Abgesandte, und Ungarn verpflichtete sich ihm mit Reitern. Wenn Friedrich die Länder Böhmen und Mähren zu einer deutschen Mark machen wollte, wie einmal vor ihm der Kaiser Karl mit dem Lande der Avaren bis zur Raab getan hat, so würde der Streit ein sehr schwerer sein. Eure Tapferkeit würde öfter siegen; aber der endliche Ausgang wäre sehr ungewiß. Denn der Kaiser hat Bundesgenossen, und sie würden sich mehren. Ihr werdet sagen: Das wäre ein Raub. Wenn nun Friedrich ein Räuber sein wollte, wie Attila und andere vor ihm, wer hätte es gehindert? Wenn wir den Räuber, der in unsere Häuser oder Burgen bricht, strafen und ihn vernichten, so werden wieder andere Räuber. Wäre es nicht besser, wenn wir machen könnten, daß gar keine Räuber mehr entständen? Wenn eben so nun Friedrich Räubergedanken hegen sollte, wäre es da nicht zuträglicher, zu bewirken, daß solche Gedanken gar nicht emporkeimten? Ich bin im Anfange wider Friedrich gewesen, weil es mir geschienen hat, daß er gegen Österreich und meinen Schwager Heinrich nicht gerecht ist. Ich führte mit ihm Verhandlungen, und die Verhandlungen erreichten kein Ziel. Da ging ich selber zu Friedrich, erkannte ihn, lernte ihn lieben, und wurde sein Freund, und er wurde mein Freund. Und die Sache mit Österreich und Bayern lösete sich glücklich für alle, und der Zug gegen Polen brachte uns Ehre und Ruhm und Beute, und die Macht der Länder Böhmen und Mähren wurde befestigt. Wer in Verbindung mit Fremden ist, der ist darum nicht abhängig von den Fremden, wie einer, der von einem Handelsmanne etwas kauft, von ihm nicht abhängig ist. Oder sind wir von dem Fremden abhängig, so ist der Fremde ingleichen von uns abhängig, wie der Käufer und Verkäufer von einander abhängig sind, aber beide zu ihrem Frommen. Wenn viele in einer Verbindung sind, so sichern sie sich, wenn sie über die Dinge gemeinsam reden, und in ihnen gemeinsam handeln. Es sollten alle Reiche unseres Erdteiles ihre Angelegenheiten gemeinsam schlichten, so würde keines von einem andern besiegt, und keines würde die Beute eines entfernten Feindes. Ich kann es euch sagen: Wenn Friedrich weit über mein Leben hinaus in Deutschland herrscht, so wird ihm nie zu Sinne kommen, die Länder Böhmen und Mähren sich zu Füßen zu werfen, oder sie auch nur zu schmälern. Das habe ich über die Verbindung und über den Umgang mit den Fremden gesprochen. Denket daran, und denket, was ich einst über die gleichen Dinge gesprochen habe, und was erfolgt ist, da wir meinen Schwager Konrad, den König der Deutschen, um Hilfe gegen die mährische Verbindung angegangen haben. Nun rede ich von der böhmischen Königskrone. Ihr sagt, ihr hättet sie mir gegeben. Meinet ihr, die Krone hätte in die weiten Länder, oder auch nur in dem eigenen Lande geleuchtet? Wir hätten uns selber zu einem Königreiche gemacht, und hätten dem Beherrscher dieses Reiches die Königskrone aufgesetzt. Wer sich aber selber mit einer Ehre schmückt, der hat keine Ehre. Die Ehre muß von der Höhe kommen, daß sie heilig ist. Und was würden die Männer und Weiber unserer Fluren von der Krone gesagt haben? Das ist die Krone, würden sie gesagt haben, die die hohen Herren des Landes gemacht, und dem Herzoge geschenkt haben; sie würden die Krone wie eine Burg angeschaut haben, die vor ihren Augen gebaut worden ist. Der uralte Wyšehrad ist heilig, und der uralte Herzogstuhl ist heilig, weil sie da sind aus der grauen Zeit, und den Menschen scheint, daß sie von der Höhe stammen. Und wie würdet ihr selber die Krone angeschaut haben? Sie wäre euer Werk gewesen, und ihr wäret höher gewesen als euer Werk. Ihr habt gesagt: Unser Land ist der Quell der Ehren und der Macht. Aus dem Lande fließt Ehre und Macht; aber der höchste Quell aller Ehren und aller Macht ist der allmächtige Gott. Er sendet Gaben und Geschicke, auf die Ehre und Macht folgt, und er sendet die, welche Ehre und Macht verteilen dürfen. Die sind aber immer über uns, nicht neben uns oder unter uns. Wenn der deutsche König eine noch hundertmal größere Macht hätte, so könnte er sich nicht die römische Kaiserkrone auf das Haupt setzen, sie bliebe eine deutsche Krone, und bliebe strahlenlos. Aber der Heilige Vater, der Herrscher aller Gläubigen auf der Erde, setzt sie ihm auf, er wird der weltliche Herr der Christenheit, und die Kaiserkrone glänzt über die Völker, und von ihr erglänzen die Königskronen, und aus ihr entstehen die Königskronen. So glänzen die Kronen von Frankreich, von Spanien, von England, und so entstand auch die Krone von Böhmen. Nicht Friedrich, der König der Deutschen, hat mir die Königskrone gegeben, sondern Friedrich, der römische Kaiser, der Schirm und Schimmer der Christenheit hat sie mir freiwillig verliehen, und sie strahlet in die Welt. Er hat mich geehret, er hat alle geehret, die nach mir herrschen, und er hat das Land und hat euch geehret. Ihr könnt die Ehre nicht ablehnen, und wenn ihr es auch tut, so strahlt ihr wider euern Willen in der Ehre. Unser Volk hat sie erkannt, und hat gejauchzt, als ich in das Land gekommen bin. Jetzt rede ich davon, daß ich wegen der Krone nicht vorher euern Rat einberufen habe. Der Kaiser hat mir freiwillig die Krone gegeben, es konnte also nicht vorher des Rates darüber gepflogen werden. Ich rede nun auch von den Lasten, die das Königtum bringen soll. Es wird keine bringen: denn die Hoheit liegt in der Krone, und geht auf die Dinge. Und unsere Sitten und unsere Gebräuche und unsere Heiligtümer werden heilig sein wie früher, und ihre Heiligkeit wird den Wert der Krone noch heiliger machen. Zuletzt rede ich von dem Zuge nach Italien. Es ist wahr, daß nach den Satzungen unserer Länder keiner verpflichtet ist, in die Kriege ferner Reiche zu ziehen. Ich habe aber auch den Heerbann unserer Länder nicht nach Italien aufgeboten, sondern ich habe gesagt, daß ich dahin ziehe, damit jeder es wisse, der sich freiwillig zu mir gesellen wolle. Der Kaiser Friedrich ist ein Ritter voll Schimmer und Adel, der auszieht, die übermütige Stadt zu züchtigen, und die von ihr unterdrückt werden, zu schirmen. Ich habe zu ihm gesagt: ich ziehe mit dir. Und wenn das Wunderbare geschähe, daß von meinem Volke keiner mit mir ginge, so würden die Menschen sagen, Böhmen hat noch einen Ritter, den König. Und wenn manche mit mir ziehen, so sind sie in ihrem Rechte, wie ich in meinem Rechte bin, und ich verleihe ihnen aus meinem Eigentume jede Zier der Ehre und Mittel. Und die in der Heimat bleiben, tun auch nach ihrem Rechte und ihrer Pflicht. Es werden auch solche sein, die mit Frauentändeleien und Muße zufrieden sind, diese mögen sicher unter meinem Frieden in ihrem Hause sitzen. Endlich spreche ich noch von einem. Bozebor hat gesagt: Wer zu solchen Dingen den Rat gegeben hat, der verdiene an das Kreuz geschlagen zu werden. Ich sage euch: es ist niemand da, der an das Kreuz geschlagen werden könnte. Ich habe nach keines Menschen Rate gehandelt.«

Nach diesen Worten setzte der König seine Haube auf das Haupt, und ließ sich auf seinen Sitz nieder.

Im Saale aber riefen die Männer: »Wir ziehen, wir ziehen.«

Dann wurde gerufen: »Heil, Ehre, Glück Wladislaw, dem großen und mächtigen Könige.«

»Heil, Ehre, Glück Wladislaw, dem großen Könige«, riefen sie wieder.

Da stand Witiko von seinem Sitze auf.

»Hört Witiko«, riefen Stimmen.

»Hört Witiko«, rief Predbor.

Und als es nach und nach stiller geworden war, sprach Witiko: »Ich rede noch von einem Dinge, das bei den Menschen groß und erhaben ist, und über ihre Länder und ihr Leben hinaus reicht, von dem Ruhme. Wenn ein Mann das Höchste tut, das preiswürdig ist, wenn viele Männer, wenn ganze Völker das Höchste tun: so kömmt es in den Mund der Menschen, sie erzählen es, sie preisen es, einer sagt es dem andern, und wieder sagt es einer dem andern, und dann kömmt es in die Lieder, und die Lieder und die Erzählungen tönen in allen Zungen der Völker, und die das Große getan haben, sind in der Liebe und Bewunderung der Menschen, und ihre Ehre und ihre Macht wächst gegen die Wolken empor. Und die Menschen haben die Kunst erfunden, ihre Worte in Buchstaben zu legen, die dauern, und durch diese Erfindung und durch das, was noch erfunden werden wird, lebt der Ruhm fort, wenn die, welche Großes verübt haben, längst schon vor dem Throne Gottes sind. So haben schon Männer vor uns aufgeschrieben, was geschehen ist, und so schreiben Männer jetzt auf, was geschieht. Und das wirkt in die Zeiten; denn die Worte sind so mächtig, daß sie alles bewegen, wie das feste Recht der Taten die Menschheit gestaltet. Das Wort ist stärker als die Wurfschleuder, und die Mäßigung besiegt den Erdkreis. Wenn wir nach Italien gehen, so sind wir in einem Lande, auf welches die Völker schon in den ältesten Zeiten geschaut haben, als das größte Reich der Welt von Italien ausgegangen ist, und auf das jetzt die Völker schauen, weil dort der Herrscher aller christlichen Seelen seinen Sitz hat. Und wenn wir in dem schönen Lande siegreich die Ordnung und das Recht wieder einführen geholfen haben, und der Übermut zu unsern Füßen geworfen ist, so kömmt unser Land in die Erzählungen von weiten Völkern, weil es vor weiten Völkern gehandelt hat, und es kömmt in die Lieder und Schriften, und durch sie in die folgenden Zeiten, und unser Volk ist geachtet und stark unter den Völkern. Und daß es geachtet und stark bleibe, müssen wir einig sein, daß nicht jeder nach einem andern Sinne geht. Wären die Christen unseres Weltteiles gegen die Ungläubigen einig, und stünde das griechische Reich aufrichtig zu uns, so wäre das Land Jerusalem, das noch heiliger ist als Italien, gesichert bei den Gläubigen, während nun ein starker Mann, welcher die Heiden einmal einigt, alles an sich reißt. Ich bin nicht zu dem Zuge in das Heilige Land gegangen, weil ich gesehen habe, daß er mit seinen Mitteln die Ziele nicht erreicht. Und er hat sie nicht erreicht. Aber Friedrich wird mit Ruhmesschimmer seinen Zug vollenden, und wenn wir heimkehren, wird dieser Schimmer von unsern Helmen, von unsern Schilden, von unsern Schwertern, von unsern Panzern leuchten.«

Er setzte sich nach diesen Worten wieder auf seinen Stuhl.

Nun riefen viele Stimmen: »Witiko, Witiko, Witiko.«

Dann riefen sie: »Wir ziehen mit, wir ziehen mit.«

Andere riefen: »Verzagte bleiben.«

Da sprang Kochan auf, und schrie, daß es alles Rufen übertönte: »Laßt mich reden.«

Als er aber nicht gehört wurde, schrie er noch stärker: »Laßt mich reden.«

Und das wiederholte er mehrere Male.

Und da man ihn vernommen hatte, und da es stiller geworden war, rief er: »Ich habe in der Versammlung auf dem Wyšehrad, da der Herzog Wladislaw gewählt wurde, gesagt: Es sollen gar keine Herzoge mehr sein, sondern es sollen die Herren der Länder herrschen, wie man erzählt, daß es einst das gewesen ist. Und da sich der neugewählte Herzog Konrad und der früher gewählte Herzog Wladislaw bekämpften, habe ich gehofft, sie werden sich beide zu Grunde richten, und dann werden die Lechen in Frieden die Länder verwalten, und wir werden sie zu gleichen Rechten, zu gleicher Macht und gleicher Herrschaft führen. Aber ich habe mich in allen Dingen geirrt, und es sind mir andere Gedanken in meinem Sinne kund geworden. Viele der mächtigen Lechen haben nur für sich Nutzen erstrebt, und jeder suchte über den andern empor zu kommen, und wenn es ihm gelungen wäre, so wäre er gewalttätiger geworden, als alle Herzoge je gewesen sind. Da kehrte ich meinen Willen zu dem erlauchten Herzoge Wladislaw, und der erlauchte Herzog gedachte nicht mehr meines früheren Tuns, und ich lernte den erlauchten Herzog kennen, und liebte ihn. Ich bin zu dem Kaiser Friedrich gegangen. Ich habe sein schönes Angesicht und seinen goldenen Bart gesehen und den starken Blick seiner blauen Augen, und ich habe seine tönende Stimme gehört. Ich habe ihn auf seinem Zuge gegen die Räuber gesehen, auf Reichstagen, und unter den Abgesandten fremder Könige. Und mit ihm und mit unserem hocherlauchten Könige Wladislaw zu ziehen, und in Gemeinschaft mit tapferen Rittern Siege zu erkämpfen, ist eine Freude, welche für einen Mann keine gleiche hat. Und du, Bogdan, und du, alter Rodmil, denen der erlauchte Herzog ihre Tat gegen Zdik verziehen hat, der nun in dem Himmel ist, ihr solltet nicht gegen den Herzog sein, weil er nun ein König ist, sondern ihn in Demut bitten, daß er euch mit sich ziehen läßt. So rede ich, und habe ein Recht; denn ich bin nie ein Knecht eines Herzogs oder Königs gewesen, und bin nun der Freund des Königs.«

»Nein, nein, nie ein Knecht, Kochan«, riefen Stimmen.

Und es entstand ein Rufen des Beifalles in dem Saale.

Jetzt stand Rowno auf, und rief: »Ich ziehe mit unserem erhabenen Könige, und meine Sippen ziehen mit, und alle die sollen nicht Ehre und Macht erringen, die sie für sich allein wollen.«

Diet rief von seinem Sitze: »Ich und meine Männer ziehen mit.«

»Und ich und meine Söhne und die Meinigen ziehen mit«, rief Osel.

Odolen schrie: »Die Sache ist so schimmerreich, daß nicht jeder zu sagen braucht: ich ziehe mit; sonst werden wir mit dem Hören fertig, wenn der Sieg erfochten ist. Der König rüstet, wir rüsten, und wenn gezogen wird, ziehen wir.«

»Und wenn du es auch verbietest«, rief Predbor mit seiner starken Stimme, »ich habe heute schon viel gerufen, und rufe jetzt: ich ziehe mit, und weiche dort nicht von dem Platze, bis jeder niedergeschmettert ist, der Übermut gegen uns erhebt.«

Dann stand Bogdan auf, und schrie: »Wenn einer sagt, ich sitze zu Hause, und tändle mit Weibern, den verfluche ich. Und ich ziehe mit, und werde mit meinem Schwerte zeigen, daß kein Schwert dem meinen gleicht.«

»Ich aber rufe«, sagte Welislaw, »Leib und Leben und Gut und Blut für die Ehre und den erlauchten Ritter, den König.«

»Leib und Leben und Gut und Blut«, riefen die Männer.

Nun stand Lubomir auf, und sprach: »Hoher König Wladislaw, wenn auch schon viele Jahre auf meinem Scheitel sind, so ziehe ich doch mit dir, und meine Männer und Sippen ziehen mit, und meine Söhne werden wohl auch mitziehen.«

Radosta, der Sohn Lubomirs, stand auf, und rief: »Ich und meine Männer ziehen mit.«

Moyslaw, der andere Sohn Lubomirs, stand auf, und rief: »Ich und meine Männer ziehen mit.«

Und ein großer Ruf der Billigung erscholl in dem Saale.

»Mein Alter soll mich nicht von dem Zuge abhalten«, rief Slawibor.

»Ich ziehe mit«, rief Nemoy.

Jetzt erhob sich wieder langsam der alte Wšebor von seinem Sitze, stieg wieder auf seinen Schemel, und sprach: »Ich tändle zwar nicht in meinem Hause mit Weibern; aber ich kann nicht mehr nach Italien ziehen, weil die vielen Jahre meinen Körper dazu untauglich gemacht haben. Ich und mein Weib, das in meinem Hause alt geworden ist, beten für dich, o König. Aber meine Männer und Sippen ziehen mit.«

Ein Jubelruf erhob sich nach diesen Worten.

Wšebor setzte sich wieder langsam auf seinen Stuhl.

Nach ihm stand Preda auf, und sagte: »Ich spreche wie Wšebor, und meine Männer werden nicht die letzten sein, die unter den Rittern genannt sind, wenn Ruhm erworben wird, wie der junge Mann Witiko gesagt hat. Sie werden ihn ehrlich mit denen teilen, die noch Freude an ihm haben.«

Und es ertönte wieder ein Ruf der Zustimmung.

»Ich habe nie mit Weibern getändelt«, schrie Bozebor, »und mein Schwert soll es in Italien erhärten, daß ich ein Mann bin, und die Schwerter der Meinigen sollen erhärten, daß sie Männer sind.«

Nach diesen Worten erhob sich der König.

Es wurde sogleich ganz stille, und er sprach: »Ich danke dir, alter Wšebor, ich danke dir, Preda, ich danke dir, Lubomir, ich danke dir, Diwiš, und dir, Slawibor, und dir, Nemoy, und auch dir, Bozebor, und allen. Ich frage nun die Versammlung, ob einer in ihr ist, der noch seine Rede in einem anderen Sinne oder über ein anderes Ding erheben will, als über den Zug nach Italien.«

Es antwortete niemand.

»So kann keiner sagen, daß ihm seine Rede entzogen worden ist«, sprach Wladislaw.

»Keiner, keiner«, riefen die Männer.

»Es ist aber nun nicht mehr nötig, daß ein jeder, der nach Italien ziehen will, es ausdrücklich verkündige«, sagte der König.

»Wir ziehen, wir ziehen«, riefen fast alle Männer in dem Saale.

»So danke ich euch von dem Grunde meines Gemütes«, sagte der König, »und wie ich ein schlichter Herzog gewesen bin, so werde ich ein schlichter König sein, und wenn ich es vergessen sollte, so werden mich meine alten Freunde und Räte erinnern. Und so schließen wir die Versammlung. Und wer bei dem Zuge nach Italien sein will, der komme in der Mitte des Monates Mai nach Prag, daß wir uns vereinigen. Und ehe der Sommer erscheint, sind wir in den lombardischen Ländern, und gehen mit Gott nach Mailand.«

»Nach Mailand, nach Mailand, nach Mailand«, riefen im Sturme die Männer.

Und sie erhoben sich schnell, und scharten sich um den König, und riefen ihm zu, und sprachen zu ihm.

Und der König verließ seinen Sitz, reichte ihnen die Hände, und sprach mit vielen. Und er ging in dem Saale von der einen Stelle zu der andern, wo Männer waren.

Als er so eine Zeit mit ihnen gesprochen hatte, und als sie mit ihm gesprochen hatten, ging er wieder zu seinem Sitze, grüßte noch einmal alle, verabschiedete sich, und verließ im Geleite von Hofherren die Versammlung.

Aber die Männer blieben noch in dem Saale, und sprachen mit einander. Und als sie sich zerstreuten, und im Freien waren, zogen immer mehrere mit einander, und sprachen noch eifrig.

Die nicht in Prag wohnten, eilten in ihre Heimat, um sich zu rüsten.

Witiko ritt mit den Seinigen gegen den mittäglichen Wald. Und es gesellten sich noch viele, die im Mittage wohnten, zu ihm, um mit ihm zu ziehen.

Nun begannen die Rüstungen bei den Jungen und bei den Alten. Die Sache von dem Zuge nach Mailand breitete sich unter den Bewohnern der Länder aus, und es entstand eine Begierde, bei dem Zuge zu sein. Die Krieger unter den jungen Männern sprachen von Mailand, die Leute aus dem Volke redeten von Mailand, es wurden Lieder auf den Zug nach Mailand gemacht, und gesungen. Es wurden Waffen herbeigeschafft und ausgebessert, und Landleute achteten nicht mehr des Pfluges, und Arbeiter nicht mehr des Pfriemens, und wollten an dem Zuge teilnehmen.

Als Witiko in seine Burg gekommen war, rief er seine Männer, und die, welche in der Nähe der Burg wohnten, zusammen, und verkündigte ihnen den Zug, und sagte, wer mitgehen wolle, müsse sich bereiten. Dann ritt er in die Herberge der unteren Moldau, in den Kirchenschlag, und nach Plan, und an andere Stellen, und versammelte überall die Männer, und sprach mit ihnen von dem Zuge. Sie riefen ihm zu, daß sie mitgehen wollen. Und er sagte, in Friedberg sei im Anfange des Monates Mai die Versammlung. Und die Männer in dem Walde rüsteten sich, und es rüsteten sich die Männer der Burg. Wolf, der mit Bertha in das Witikohaus gekommen war, hatte reiten gelernt, wie die Reiter des Waldes, und hatte sich in Reiterwaffen geübt. Er durfte, weil er bat, mit dem Zuge gehen.

Als sich der Tag der Versammlung näherte, übergab Witiko die Herrschaft der Burg an Bertha, die Verteidigung derselben und den Befehl über die Männer und die Geschäfte des Gebietes an Beda. Benno wollte mit nach Mailand gehen. Witiko aber bat ihn, in der Burg zu bleiben, und mit Rat und Zuspruch bei der Hand zu sein. Benno fügte sich. Die Base Hiltrut bat Witiko, sie möge, bis er wieder komme, bei Bertha, Wentila und den Seinigen bleiben. Sie versprach es.

Am Tage der Versammlung ging Witiko, da er gerüstet war, zu seiner Mutter und Hiltrut, um den letzten Abschied zu nehmen. Die Frauen segneten ihn. Dann ging er zu Bertha. Sie kam ihm entgegen, und trug einen Kranz von roten Waldrosen auf dem Haupte.

»Bertha, du hast jetzt Rosen?« sagte er.

»Sie sind von dem Strauche, der an der Seite des Burghofes in dem gläsernen Schreine steht, und haben mich heuer sehr bald begrüßt«, antwortete Bertha.

»Ich habe einmal am Waldfels zu dir gesagt: Die dunkelrote Waldrose ist dein schönster Schmuck, und er ist dein schönster«, entgegnete Witiko, »ich habe mehrere Tage den Strauch nicht gesehen, und habe nicht gewußt, daß seine Blumen blühen.«

»Sie blühen«, antwortete Bertha, »und ich habe sie heute genommen. Witiko, du bist ein Mann, sei ein Mann, und gedenke derer, die zu Hause sind.«

Dann nahm sie ihn an der Hand, und führte ihn in eine Kammer, in welcher die Kinder schliefen. Es waren zwei Knaben, Witiko und Heinrich. Eine Wärterin saß auf einem Stuhle.

Witiko ging zu jedem Bettlein, und machte in der Luft ein Kreuz über die schlafenden Knaben.

Dann wandte er sich um, und schloß Bertha in die Arme, und sie küßten sich auf die Lippen.

Die Wärterin weinte.

Dann ging Witiko zu Benno, und dann gingen alle in die Kirche, und Benno feierte das heilige Opfer.

Von der Kirche ging Witiko in den Burghof, und bestieg sein Pferd. Von dem Pferde grüßte er noch die Seinigen, und alle, die da standen, und grüßte auch Huldrik, welcher mit den Armen Zeichen machte. Dann gesellte er sich zu den Kriegern, die sich gesammelt hatten, und ritt mit ihnen zu den andern hinaus, die schon vor der Burg waren.

Und von da ritten sie durch den Wald nach Friedberg hinunter.

Als sie in Friedberg angekommen waren, fand Witiko die Krieger schon von der Kirche aufwärts zwischen den Häusern aufgestellt. Ihre Lager waren auf den Angern an der Moldau zerstreut. Es waren um vieles mehr Männer gekommen, als versprochen hatten, und als in dem mährischen Kriege gewesen waren. Alle Abteilungen trugen ihre Zeichen. Die Frauen und Mädchen von Friedberg sagten, sie geben denen vom Eckschlage ein schöneres Zeichen, als ihre Geierfedern sind; die Männer vom Eckschlage lehnten es aber ab. Witiko ordnete die Scharen wie in dem mährischen Kriege, und versammelte die Obmänner. Diese waren die nämlichen, nur statt derer, die ein zu hohes Alter hatten, waren jüngere gewählt worden. Mit den Obmännern untersuchte er die Krieger, und vorzüglich die Reiter. Mit den Obmännern und seinen Befehlsträgern schloß er die, welche unzulänglich gerüstet waren, oder deren Waffengeschick man nicht kannte, oder von denen man nicht wußte, ob man ihrer Tauglichkeit vertrauen könne, von dem Zuge aus. Die andern wurden eingeteilt, und erhielten die Weisung, bereit zu sein, daß sie am Morgen des nächsten Tages ihren Weg betreten können.

Am Morgen des nächsten Tages feierte der Pfarrer von Friedberg den Gottesdienst. Ein Teil der Krieger war in der Kirche, ein Teil vor derselben. Nach dem Gottesdienste segnete der Pfarrer die Schar. Dann zog dieselbe von Friedberg auf dem Wege gegen Prag dahin. Sehr viele Menschen begleiteten sie weit, und riefen ihnen Glück zu, und sangen Lieder.

Als sie in Prag angekommen waren, zeigte ihnen der Lagermeister den Platz zu ihrem Lager an. Es waren noch viele Lager da, und sie sahen, daß noch immer Menschen herzu zogen. Und an vielen Stellen übten sich Scharen in Waffen.

Als die Zeit verflossen war, welche der König zur Sammlung der Krieger bestimmt hatte, las er die tauglichsten aus, und bestimmte sie zum Zuge. Die andern, deren Zahl sehr groß war, mußten, wenn sie bereits Krieger waren, zur Hut des Landes bleiben, oder, wenn sie erst jetzt mit Waffen herbei gekommen waren, wieder in ihre heimatlichen Wohnungen zurückkehren.

Die Männer, welche Witiko aus dem Walde nach Prag geführt hatte, wurden alle aufgenommen, und Witiko erhielt wieder den Befehl über sie.

Am siebenundzwanzigsten Tage des Monates Mai im Jahre des Heiles 1158 erfolgte der Auszug aus Prag.

Die Weiber vieler Krieger, welche früher mit ihren Männern die Lieder von der Belagerung Mailands gesungen hatten, kamen jetzt herzu, und küßten noch einmal mit Tränen ihre Gatten, und reichten ihnen die Kinder zum Küssen.

Der Zug ging aus der Stadt Prag an dem Ufer der Moldau ihrem Wasser entgegen in der Richtung gegen Sonnenuntergang dahin.

Der König ritt an der Spitze des Zuges. Er war jetzt in einem schöneren Waffenschmucke als in dem Kriege in Mähren, weil es nicht ein innerer Krieg war. Neben ihm ritt Daniel, der Bischof von Prag. Er hatte die Priester und Kapellane Deslaw, Peregrin, Detleb, Vincentius, Otto und noch andere mitgenommen. Dann ritt auch sein Bruder Diepold neben ihm. Weiter zurück ritt Gervasius, der Propst vom Wyšehrad und Kanzler des Königs war, dann ritten noch hervorragende Herren und Krieger. Die untergeordneten Führer waren bei ihren Abteilungen.

Am dreißigsten Tage des Monates Mai war der Zug in Bohnik angekommen. Dort legte der Bischof Daniel zur Ehre Gottes und zum Heile der Unternehmung in der Kirche, welche Gervasius gebaut hatte, Überbleibsel von Heiligen nieder. Der König und die Herren der Kirche und der Länder und die Krieger wohnten der heiligen Handlung bei, und der König schrieb seinen Namen als Zeuge in die Pergamente.

Dann ging der Zug wieder weiter.

Als er über die Grenze von Böhmen gekommen war, wurde er wie im Kriege eingerichtet.

Er ging gegen die Stadt Regensburg, und mitten durch sie hindurch. Der Kaiser war vor der Stadt Augsburg, und sammelte dort sein Heer. Der König ging aber nicht zu ihm, sondern, weil es so bestimmt war, gegen Freising, und von Freising mittagwärts in das Land Tirol. Dort ging der Zug an Wilten vorüber, und weiter bis an den Fluß Etsch. An den Wassern der Etsch ging er mittagwärts fort. Oberhalb der Stadt Bern, die die Welschen Verona nannten, bauten die Männer aus Schiffen eine Brücke über die Etsch, die auch dem Kaiser dienen sollte, und zogen über dieselbe an das rechte Ufer. Sie zogen an Verona vorüber, und kamen an den Gardasee. Dort machten sie ein Lager, und schlugen die Ölbäume und Granatäpfelbäume zu Verzäunungen, zu Pferdeställen, zum Bereiten ihrer Speisen, und zu anderen Dingen nieder. Das rosenrote Banner des Königs Wladislaw wurde in dem Lager aufgerichtet.

Der Kaiser Friedrich zog dann mit seinem Heere desselben Weges, auf dem Wladislaw gezogen war. Bei ihm waren die Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln, die Bischöfe von Eichstätt, Verden, Würzburg und andere, und Fürsten und Herren des Reiches. Indes der Kaiser durch Tirol zog, gingen der Herzog von Österreich und der Herzog von Kärnten durch Friaul.

Bei ihnen waren fünfhundert ungarische Reiter. Friedrich, der Herzog von Schwaben, führte die Schwaben und Franken an den See von Como. Berthold, der Herzog von Zähringen, führte die Burgunder und Lothringer über den großen Berg des heiligen Bernhard.

Da Wladislaw an dem Gardasee lagerte, kamen Gesandte von der Stadt Verona zu ihm, und baten ihn, er möchte das Gebiet verschonen, weil dasselbe samt der Stadt Verona zu dem Kaiser stehe, und er möge lieber gegen die Stadt Brescia ziehen, welche mit den Mailändern im Bunde sei. Zur Verpflegung des Heeres wollen sie viel Geld zahlen. Der König Wladislaw willfahrte ihnen.

Im Anfange des Heumonates brach er sein Lager ab, und zog gegen Brescia. Die Männer fanden vor der Stadt ein ebenes Land voll Korn und anderer Früchte. In diesem Felde stellte der König sein Heer in Schlachtordnung, und ging so bis vor die Stadt. Die Krieger derselben kamen aber nicht heraus. Daher machten die Männer des Königs ein Lager, und nahmen Getreide, Vieh, und was sie erreichen konnten, als Beute. Vieles davon wurde durch Männer nach Böhmen gesendet. Die Bewohner der Stadt ergriff Verzagnis, und auf die Fürsprache des Bischofes Daniel gestattete der König, daß der Kardinal Odo und die Konsuln der Stadt zu ihm als Abgesandte kämen. Sie kamen, und baten, der König möchte ihnen die Gnade des Kaisers wieder verschaffen. Sie brachten dem Könige große Geschenke. Wladislaw verspricht ihnen, ihre Bitten zu erfüllen. Indessen blieb er aber in dem Lager vor der Stadt, und harrte der Ankunft des Kaisers und der andern Züge.

Es kam nun zuerst Friedrich, der Herzog von Schwaben. Da die Männer Wladislaws schon zwei Wochen in dem Lager vor Brescia gewesen waren, kam der Kaiser. Der König zog ihm mit seiner Macht entgegen, der König und der Kaiser begrüßten sich, und die Krieger des Kaisers und die Krieger Wladislaws bezeugten einander ihre Freude.

Dann kamen die andern Züge.

Der König Wladislaw bat nun für die Bewohner von Brescia um Frieden. Der Kaiser gewährte ihn. Die Bewohner von Brescia brachten Geschenke, zahlten sechstausend Mark Silber, stellten Geiseln, und schworen, eine hinreichende Zahl von Kriegern mit dem Heere des Kaisers gegen Mailand zu senden. Gegen diese Dinge nahm der Kaiser die Stadt wieder in seine Gnade auf.

Nun kamen auch von den andern treuen Städten des lombardischen Landes Kriegesscharen herbei, und es kamen die treuen Lehensträger mit ihren Männern von den Burgen.

Als das ganze Heer versammelt war, gab und verkündete der Kaiser die Kriegesgesetze. Sie waren strenge, daß das Heer in Zucht erhalten werde, und siegesfähig sei. Er sprach zu den versammelten Fürsten und Herren von seinem Stuhle: »Ihr sehet, daß ich nicht Beute und Gewinn suche, noch andern diese Dinge gestatte, sondern daß ich gekommen bin, um das Recht und den Frieden herzustellen. Ich kenne die Übel des Krieges, und habe ihn nicht aus Herrschsucht und Grausamkeit begonnen. Wenn wir die Schmach von Mailand ertrügen, würde man nicht unsere Güte preisen können, sondern uns der Fahrlässigkeit zeihen. Wir tun nicht Unrecht, sondern wehren Unrecht ab, und ihr müsset mit allen Kräften helfen. Wer den Kaiser höhnt, höhnt euch, was dem Kaiser entrissen wird, wird euch entrissen, daher werdet ihr eher alles tun, als daß diese aufrührerische Stadt sagen dürfe, sie habe uns ausgeartet gesehen, und uns die Rechte und Ehren geraubt, welche unsere Vorfahrer errungen und behauptet haben. Daß aber Gerechtigkeit sei, werde ich die Abgesandten der Stadt Mailand, die ich vorgeladen habe, hier empfangen, und wenn die Stadt zur Erkenntnis gekommen ist, und wenn ihre Vorschläge angenommen werden können, dann ist das Recht und der Frieden gewahrt.«

Die Fürsten und Herren riefen dem Kaiser freudig zu, und gelobten, seine Weisungen genau zu befolgen, und die Rechtsgelehrten des Lagers sagten, es sei gut, daß man eine solche Stadt nicht ungehört verdamme.

Es kamen die Abgesandten der Stadt Mailand.

Sie sprachen: »Die gute und getreue Stadt Mailand bringt der Hoheit des Kaisers, welcher der König des italienischen lombardischen Bodens ist, ihre Huldigung und ihre Unterwürfigkeit dar. Die gute und getreue Stadt Mailand hat nie die Rechte des Königs verhöhnt oder sie verletzt. Der König hat das Recht, die obersten Lehen zu verleihen, er hat das Recht, die Lehensträger zusammen zu rufen, er hat das Recht, auf den Reichstagen Gesetze zu geben, er hat das Recht, Richter und Notare zu ernennen, seine Stellvertreter abzuordnen, und zu verlangen, daß sein Heer im Lande verpflegt werde. Die gute und getreue Stadt Mailand hat das eifrige Verlangen, daß diese Rechte im aufrechten Bestande sind. Der fränkische König Karl hat die römische Kaiserkrone von dem Heiligen Vater empfangen. Er hat das longobardische Reich erobert, hat den longobardischen König entsetzt, und ist selber der longobardische König geworden. Und dann sind in später Zeit die Könige der Deutschen die Nachfolger Karls geworden, sie haben von dem Heiligen Vater die römische Kaiserkrone erhalten, und haben sich zu Königen des lombardischen Landes gemacht. Aber die Könige waren selten in dem Lande, und die Herren in den Schlössern übten ihren Willen und ihre Gewalt. Da halfen sich die armen Städte selber. Ihre Bürger sammelten sich Kenntnisse und Mittel, schlossen sich an einander, führten mit Ausdauer die Waffen, daß ihnen die Herren nicht schaden konnten. Sie gaben sich seither Satzungen, für die sie ihr Leben einsetzten. So ist es in vielen geworden, und so ist es in der guten getreuen Stadt Mailand geworden. Und weil es so ist, so sollten sie von der Wahl ihrer Könige nicht ausgeschlossen sein, sie sollten auf den Reichstagen zu den Gesetzen mitwirken, und es sollte ihnen gegen ihren Willen kein Stellvertreter des Königs, kein Richter, kein Notar, kein Konsul, kein Oberer gesetzt werden. Dem Könige werden die Mailänder dann stets reiche Geschenke senden, sie werden ihm ein hinreichendes Geld zur Bestreitung der Landeskosten geben, und sie werden, wenn er im Lande ist, zu seiner Hofhaltung und zur Verpflegung seines Heeres nach Kräften und nach Einsicht beitragen. Sie werden immer demütige Untertanen sein, und die Fürsten seines Reiches mit großen Geschenken und Ehrenbezeugungen bedenken, daß das alles in Vollziehung kömmt.«

»So hängt ihnen tote Hunde um den Hals, und jagt sie aus dem Lager«, rief Friedrich, der Herzog von Schwaben.

»Richte nicht du allein«, sagte der Kaiser.

Dann sprach er zu den Abgesandten: »Ihr habt recht geredet, da ihr gesagt habt, wie die Herrschaft an die deutschen Könige gekommen ist. Ihr habt schlecht geredet, da ihr gesagt habt, wie sie geübt werden soll. Den König wollt ihr wählen, der König soll Gesetze geben, die ihr wollt, der König soll Obere einsetzen, die ihr wollt, und der König soll empfangen, was ihr ihm gebet. Wer ist dann der König? Ihr redet von der Hilfe, die ihr euch selbst gewähren mußtet. Sind die Übel nicht entstanden, weil die Macht der Könige zu schwach geübt wurde? Daher die wilden Kriege gegen die Herren im Lande, die Kriege der Städte unter einander. Sind die Kriege durch die Könige oder durch euch entstanden? Ihr wollt frei von Bedrückung sein, und bedrückt andere. Seid ihr nicht grausamer gegen Lodi gewesen, als je ein fremder Kriegsmann? Meint ihr, ich habe vergessen, daß ihr bei meinem Heimzuge aus Rom mit denen von Verona im Einverständnisse eine Brücke bautet, die unter meinem Heere brechen sollte, und daß ihr mich in den Engpässen überfielet, damit ich umkomme? Meint ihr, ich habe vergessen, daß ihr Tortona, das ich zerstört habe, sogleich wieder hergestellt und in euern Bund gezogen habt, daß ihr meine getreue Stadt Pavia bekämpft und ihr einen Vorsteher von Mailand gegeben habt, daß ihr meinen Markgrafen von Montferrat bekriegt und seine Schlösser erobert habt, daß ihr Brescia und Piacenza in euern Bund wider mich genommen habt? Und soll ich es vergessen, daß ihr vor meinen Ohren jetzt die Fürsten zu gewinnen strebt, daß sie euch zu Sinne sind?«

Darauf antwortete einer der Gesandten: »Wir wissen nichts von dem Verrate bei Verona, wir haben denen von Tortona, weil sie baten, nachbarliche Hilfe geleistet, und haben uns gegen die, welche uns unterdrücken wollten, gewehrt. Wir sind nichts anders als treue Untertanen des Königs gewesen. Was die Kriege der Städte gegen einander betrifft, so ist das in Freistaaten so, sie haben ihre Liebe und ihren Haß für sich.«

»Du hast das Wort gesagt«, sprach der Kaiser, »ihr seid Freistaaten, und ein Freistaat ist kein Untertan. Ist die Stadt Mailand die getreue, und bedarf sie des Schutzes, so rufe sie den des Königs, wie die andern treuen Städte getan haben. Ihr habt hier Worte der Herrschaft gesprochen, habt ihr nicht auch die der Unterwerfung?«

»Wir haben nach Auftrag die demütigen Bitten der Unsern vor unsern König gebracht«, sagte der Abgesandte. »So sind wir fertig«, sprach der Kaiser. »Hochwürdiger Erzbischof von Mainz, wie nennt man das, was Mailand übt?«

»Empörung«, sagte der Erzbischof.

»Und du von Köln?« fragte der Kaiser.

»Empörung«, antwortete der Erzbischof von Köln.

»Und du von Trier?« fragte der Kaiser.

»Empörung«, antwortete der Erzbischof von Trier.

»Und ihr andern?« fragte der Kaiser.

»Empörung«, riefen alle.

»So müssen wir mit unserm Heere weiter vorgehen, ob die von Mailand andern Sinnes werden«, sagte der Kaiser, »ihr Abgesandte aber gehet von hinnen. Hocherlauchter König von Böhmen, erlauchter Herzog von Österreich, ich bitte euch, befehlet Männer aus euern Heeren, welche diese da ungefährdet aus dem Lager bringen.«

Der König von Böhmen sandte zu Witiko, der Herzog von Österreich zu Chunring.

Beide kamen mit Scharen, und führten die Abgesandten Mailands hinweg.

Und von diesem Augenblicke an wurde der Zug gegen Mailand gerüstet.

Wladislaw, der König von Böhmen, brach zuerst sein Lager ab, und war mit seinen Männern an der Spitze des Heeres.

Man zog im Anfange nach Blancanuga, und von dort zog man gegen Cassano, wo die große Brücke über den Fluß Adda war. Da die Heere an den Fluß gekommen waren, sahen sie, daß die Brücke zerstört worden sei, und die Kundschafter sagten, es seien schon vor langer Zeit auch alle andern Brücken in der Gegend hinweg genommen worden.

Der Kaiser lagerte also an der zerstörten Brücke, und tausend Schritte von ihm abwärts lagerte der König von Böhmen, sein Bruder Diepold und der Bischof Daniel. Die übrigen Fürsten und Herren hatten weiter rückwärts ihre Stellen.

Die Wasser der Adda waren von Regengüssen hoch angeschwollen, und auf dem jenseitigen Ufer waren von dem mailändischen Heere wohl über tausend schwer geharnischte Männer, und es war eine große Menge von Bogenschützen und Schleuderern. Und wie Krieger von beiden Heeren sich an den Ufern einander gegenüber zeigten, sendeten die Mailänder Pflöcke, Lanzen, Pfeile, Lagerbolzen aus ihren Schleudergeräten herüber.

Der Kaiser versammelte den Rat der Fürsten. Von der großen Brücke war nur der Teil zerstört, der sich an dem Ufer der Feinde befand. Es wurde beschlossen, von den Brückengegenständen, welche bei dem Zuge waren, und von dem Holze von Bäumen und Häusern, und wo man es bekäme, das wieder herzustellen, was zerstört worden war. Es sollten Schleudergeräte aufgerichtet werden, aus denen Wurfdinge auf die Feinde, die gegenüber wären, gesendet würden, daß unter diesem Schutze leichter an der Brücke gearbeitet werden könnte. Indessen sollte an dem Ufer eifrig gespäht werden, ob sich nicht eine Furt für die Reiter oder sonst ein günstiger Umstand für den Übergang entdecken ließe.

Am dreiundzwanzigsten Tage des Heumonates ritten Witiko, bei dem Urban und Mathias waren, dann Odolen, Welislaw, Bogdan, Sezima, Bohuš, Beneda und Bernard, der Sohn des Mannes Sobeslaw, zu dieser Spähe.

Aber sie konnten nichts entdecken.

An der Wiese bei Corneliano, die nahe an dem Lager Wladislaws war, flossen die Wasser ruhiger.

Da sagte Odolen: »Hier müssen unsere Reiter hinüber schwimmen, dann nehmen sie die Feinde in dem Rücken, und der unvergleichlichste Sieg steigt von dem Himmel nieder.«

»Mein Pferd trägt mich über das Wasser«, sagte Witiko, »die Waldpferde schwimmen hindurch, und wenn die andern auch die Kraft haben, so könnte das geschehen, was du sagst, und dann entstände die Freiheit, Brücken über den Fluß zu machen.«

»Ich schwimme leicht hinüber«, sagte Welislaw.

»Ich auch, ich auch«, riefen die andern.

»Und daß alle Reiter unsers Königs sehen, daß es möglich ist«, rief Odolen, »reite ich auf der Stelle in den Fluß und schwimme hinüber. Ihr kündet es dem Könige, und zeigt es dem ganzen Heere.«

Und da er diese Worte sprach, sahen sie in dem Flusse etwas schwimmen wie ein lebendes Wesen. Es wurde bald der Kopf eines Pferdes sichtbar, und mit dem Pferde waren nackte Arme und Glieder eines Menschen verschlungen. Beide kamen näher, und nach kurzer Frist ritt ein nackter Mann auf einem goldhellen Pferde das Ufer hinan mitten in die Männer hinein.

»Wolf«, rief Witiko. »Ich habe mir ein Pferd geholt«, sagte Wolf, der auf dem Tiere schlotterte, »es wird doch jetzt mir gehören. Da sind Reiter gewesen, und haben ihre Pferde an Bäume gebunden, und sind der Kurzweil nachgegangen, und da habe ich mein Gewand ausgezogen, bin hinüber geschwommen, und habe ein Pferd genommen.«

»Wo sind die Reiter?« fragte Bohuš.

»Weiter oben, ich bin herab geschwommen, daß sie mich nicht mehr sehen«, sagte Wolf. »So ziehe deine Kleider an«, sprach Witiko. »Wenn mir einer das Pferd hält, daß ich sie suche«, sagte Wolf. »Ich halte dir das Pferd«, sprach Mathias. Wolf sprang jetzt herunter. »Du herrlicher Gauch«, sagte Odolen, »du hast getan, was wir

tun sollen, und was ich jetzt tun werde, du solltest ein Ritter

sein.« Und nach diesen Worten ritt er schnell in den Fluß, und sein Pferd begann zu schwimmen. Bernard und Bohuš folgten ihm. Bohuš kehrte wieder um.

»Zu dem Könige«, rief Witiko.

Und er ritt im schnellsten Rosseslaufe zu dem Zelte des Königs. Die andern folgten ihm. Da er in das Gezelt getreten war, saß der König mit seinem

Bruder Diepold und dem Bischofe Daniel bei dem Mittagmahle. »Witiko, Welislaw, Sezima«, rief er.

»Hoher König«, rief Witiko, eine Furt ist nicht da; aber Odolen schwimmt eben mit seinem Pferde durch den Fluß, um allen unsern Reitern zu zeigen, daß sie hinüber schwimmen können.«

»Odolen«, rief der König.

Er sprang von seinem Sitze auf, eilte aus dem Zelte und zu dem Flusse. Diepold, Daniel und die andern folgten ihm. Von den Begleitern Witikos war die Sache in dem Lager ausgerufen worden, und viele Krieger und selbst die Priester Daniels eilten herzu.

Sie sahen noch den schwimmenden Odolen und den schwimmenden Bernard. Bald war es ihnen, als sei in den Fluten das Pferd oben, bald der Mann. Aber die Schwimmer erreichten das Ufer, und ritten über dasselbe hinauf.

»Was ein Mann kann, das kann auch ein zweiter«, rief der König, »und das können viele und Tausende. Rührt die Reiterpauken zur Sammlung.«

Ein Jubelruf der Krieger antwortete dem Könige auf diese Worte.

Alle eilten in das Lager, und es ertönten die Pauken.

Witiko ritt zu den Seinigen, und ließ das Reiterhorn der Sammlung ertönen. Und als die Reiter gerüstet in Ordnung standen, sprach er: »Brüder und Freunde, es ist keine Furt in dem Flusse, Odolen, der Sohn des Striz, und Bernard, der Sohn des Sobeslaw, schwammen mit ihren Pferden durch das Wasser, und der König und seine Reiter werden hinüber schwimmen. Ich tue desgleichen, und rufe zu euch: wer es weiß, daß sein Pferd hinüber schwimmen kann, der folge mir, wenn er will.«

»Ich schwimme mit«, rief Mathias.

»Ich schwimme mit«, rief Urban.

»Ich schwimme mit«, rief Maz Albrecht.

»Ich schwimme mit«, rief Wolf, der nun im Kriegsgewande auf seinem geraubten Pferde herzu ritt.

»Unsere kleinen Rosse schwimmen oft zum Spiele über die hohe Moldau auf gute Weiden hinüber«, rief Philipp, der Steiger.

»Ich schwimme mit«, rief Augustin.

»Ich schwimme mit, ich schwimme mit«, riefen alle Männer.

»Also zu den Reitern des Königs, und mit ihnen und dem Könige durch das Wasser, und dann mit Gottes Hilfe auf die Feinde«, rief Witiko, »blaset zum Zuge.«

Und es ertönte das Horn zum Zuge, und Witiko ritt mit seinen Reitern zu dem Könige.

Dort erschollen noch immer die Pauken, und es sammelten sich die Männer. Der König ritt gerüstet zu ihnen, und rief: »Ihr wißt, was Odolen und Bernard getan haben. Mir wäre es Schmach, wenn ich hinter ihnen zurückbliebe, und wer so ist, wie Odolen, der folge mir zur Vernichtung der Feinde.«

»Heil Wladislaw«, riefen die Reiter.

Und die Pauken tönten die Zugsbereitschaft, der König stellte sich an die Spitze, und die Reiter ritten auf die Wiese. Und von der Wiese ritt der König zuerst in das Wasser, gleich nach ihm Diepold, dann Welislaw, dann Zwest, dann Beneda, Predbor sprang mit seinem Pferde hinein, daß der Schaum emporschlug, Kochan war eines Satzes drinnen, Bogdan auch, Witiko suchte eine Stelle, und ritt an der Spitze aller seiner Waldreiter hinein, so auch Rowno mit den Seinigen, Diet von Wettern, der von Prachatic, Osel mit seinen Söhnen, und so alle aus dem Walde. Sogar die älteren Führer und Lechen blieben nicht zurück, und die Reiter drängten sich nach, daß kein einziger in dem Lager war. Und bald war die weite rinnende Fläche mit schwimmenden Pferden und Männern bedeckt, die Tiere arbeiteten und strebten dem Ziele zu, die Männer suchten sich zu erhalten, und sogar die Tiere zu lenken. Sie wurden auseinander getragen, und viele trieben in den Wogen hinunter. Dann erreichten zuerst einige das Ufer, dann mehrere, dann wieder mehrere, bis der Fluß leer war. Sie ritten auf festen Grund, und ordneten sich nach dem Schalle der Pauken und Hörner zu ihren Zeichen. Die nicht da waren, auf die konnte nicht gewartet werden.

Wladislaw ließ sie an dem Wasser aufwärts reiten.

Bald waren sie bei den Feinden. Diese waren nicht in Kampfesbereitschaft. Die Reiter stürzten gegen sie, umringten sie von allen Seiten, tobten mit ihren Waffen gegen sie, und töteten eine große Zahl, und nahmen viele gefangen. Von beiden Teilen stieg das Geschrei gegen den Himmel, von den Böhmen ein freudiges über den Sieg, von den Mailändern ein jammerndes über das unvermutete Unheil.

Die Krieger in dem Lager des Kaisers hörten das Getümmel und das Rufen, und eilten an das Wasser. Sie meinten, es seien Hilfsscharen zu den Mailändern gekommen; als sie aber den Schall der Reiterpauken der Böhmen erkannten, und sahen, wie diese ihre Gegner niederstürzten, erhoben sie ein Jubeljauchzen über einen solchen Sieg und über das Wunder, wie man durch das reißende Wasser habe gelangen können. Der Kaiser kam selber an den Fluß, und sah, was auf dem Ufer der Feinde geschah. Und die Nachricht ging in alle andern Lager, und von allen Seiten kamen Krieger herzu.

Als die Mailänder sich in die Flucht wendeten, befahl Wladislaw seinem Bruder Diepold, sie mit einer großen Zahl erlesener Reiter zu verfolgen. Er begab sich mit den übrigen Männern zu der Brücke, und sie begannen eifrig zu arbeiten, um die Brücke wieder herzustellen. Der Kaiser ließ auf seiner Seite auch mit allem Nötigen an das Werk gehen. Aber es kam die Finsternis der Nacht, und die Brücke war noch nicht fertig. Diepold kehrte mit seinen Reitern zurück. Nun arbeiteten die Männer, ein Lager mit Gräben und Wällen zu befestigen. Die Reiter des Waldes, welche mit Witiko an dem Zuge Diepolds Teil genommen hatten, gruben nun eifrig mit Schaufeln in den Gräben, daß das Lager bald fertig werde. Dann stärkten sie sich durch Speise und Trank, und brachten die Nacht unter dem freien Himmel zu.

In der Finsternis sah man Dörfer, Häuser und Schlösser brennen.

Bei dem ersten Lichte des Morgens begannen sie und die Männer des Kaisers wieder an der Brücke zu arbeiten. Da kam die Nachricht, daß das Heer der Mailänder, welches von Gorgonzola zur Verteidigung der Brücke abgeschickt worden war, heranziehe. Der König berief einen Rat, und es wurde beschlossen, daß man den Feinden, so weit man könnte, entgegen gehen wolle. Eine erlesene Schar von Reitern wurde vorausgesendet, um die Lage und die Zahl der Feinde zu erkunden. Sie stießen auf ein großes Heer der Mailänder, und begannen sogleich den Kampf, die Mailänder stritten sehr tapfer.

Zwest, ein sehr geehrter Mann, der Zupan von Melnik, sank zum Tode getroffen von seinem Pferde. Gegen den edlen Lechen Diwa sprengte ein starker Mailänder an, und schlug ihn an der Stirne zu Tode; aber sein Schwestersohn Bernard stürmte an den Mailänder, und spaltete ihm das Haupt. Und wie Odolen gestern durch die Fluten gedrängt hatte, so drängte er heute in die Feinde. Welislaw ging mit seinen Männern vorwärts, Predbor mit den seinigen auch, Bozebor kämpfte, als wollte er sich die Hoheit der Krone erkämpfen, Kochan und Bogdan taten, was sie in der Versammlung in Prag gesagt hatten. Die Reiter des mittäglichen Waldes waren wie in den früheren Kriegen an der rechten Seite der Scharen, und wie die Fußgänger des Waldes auf dem Wysoka geschlossen vorwärts gegangen waren, so gingen jetzt die Reiter auf ihren kleinen Rossen dicht nach vorn, und wie Sifrid von Milnet gesagt hatte, daß sie den Scharen Wratislaws keinen Grashalm gelassen hätten, so ließen sie jetzt den Mailändern keinen. Witiko war an ihrer Spitze, und gab mit seiner hellen Stimme die Befehle, und die Männer sahen öfter auf seine blauen Augen. Und Rowno und die andern gingen gleichmäßig mit Witiko vorwärts. An der linken Seite der Waldreiter war nicht mehr der alte Bolemil in seiner Sänfte, zu der einst kein Krieger einen Feind hatte nahen lassen; aber es waren seine Enkel und Urenkel da, und sie ließen wie die auf dem Wysoka ihren Platz den Mailändern nicht. Links von ihnen waren Moyslaw und Radosta, die Söhne Lubomirs, und es waren ihre Söhne und Sippen und die Sippen und Männer von Daudleb. Links von diesen waren die Sippen Wšebors, und kämpften, als ob die Augen ihres uralten Wladyken bei ihnen wären. Und diejenigen Reiter Wladislaws, welche zurückgeblieben waren, kamen nun herzu, und das an der Zahl der Männer so ungemein überlegene Heer der tapferen Mailänder begann zu wanken, und geriet endlich in die Flucht. Die Reiter Wladislaws verfolgten sie, so weit sie konnten, und die Mailänder erlitten eine Niederlage, wie sie wenige erlitten hatten. Als die Reiter zurückkehrten, führten sie viele Gefangene mit sich, darunter siebenzig sehr vornehme Männer.

Nach diesem Kampfe konnte aber noch keine Ruhe kommen; denn der König arbeitete mit einer großen Zahl seiner Männer an der Brücke. Andere seiner Männer suchten durch Flöße und Bäume eine zweite Brücke für ihre Fußgänger herzustellen.

Die Brücke bei Cassano wurde endlich fertig. Der Kaiser war der erste, welcher hinüber ritt. Er ritt zu dem Könige Wladislaw, welcher ihn stehend erwartete. Als er bei dem Könige angekommen war, stieg er von dem Pferde, und schloß den König in seine Arme. Die Krieger erhoben einen Jubelruf.

Und hinter dem Kaiser drängte sich das Heer auf der Brücke.

Als der Bischof Daniel diesen Sieg des Königs Wladislaw erfahren hatte, beschloß er zu ihm zu eilen. Er ging auf die Brücke. Viele aus seinem Lande strebten zu den Ihrigen hinüber. Ihr Ungestüm vermochte niemand zu bändigen, und es wurden Verwirrungen, Stockungen und Verwundungen. Man sagte, die Brücke werde brechen. Daniel verweilte aber auf derselben. Er spendete Verwundeten, die er traf, kirchlichen Trost, und kam glücklich zu dem Könige. Sie begrüßten sich, Daniel segnete den König des Sieges willen, der König dankte, und beide Männer sprachen Worte der Freude. Nur eines war schmerzlich, da die Nachricht kam, daß Mladorka, der Schildträger des Bischofs, unter den Toten sei.

Die Brücke des Kaisers brach, und manche verloren ihr Leben. Man arbeitete neuerdings, den Schaden wieder gut zu machen.

Auf der Brücke der Böhmen wollten die Führer den Übergang leiten; aber auch hier herrschte die Begierde, die Brücke brach, und viele gingen zu Grunde.

Man schritt wieder an die Ausbesserung.

Am fünfundzwanzigsten Tage des Heumonates gingen die letzten Teile des Heeres über den Fluß Adda.

Wladislaw sorgte für die Toten und Verwundeten, ordnete seine Scharen, dankte denen, die mit ihm über den Fluß geschwommen und denen, die nachgekommen waren. Er nahm manchen Mann bei beiden Händen, so Odolen, Bernard, Welislaw, Witiko. Dann gönnte er dem Heere eine kurze Ruhe.

Die kirchlichen und weltlichen Fürsten des deutschen Reiches, so wie treue vornehme Männer des lombardischen Landes kamen zu dem Könige Wladislaw, und brachten ihm ihre Ehrerbietung über seine Taten dar, und priesen die Taten seiner Männer. Es kamen die Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln, es kam Heinrich, der Herzog von Österreich, es kam Friedrich, der Herzog von Schwaben, es kam Konrad, der Pfalzgraf am Rhein, es kam Heinrich, der Herzog von Kärnten, es kam Ludwig, der Landgraf von Thüringen, Berthold, der Herzog von Zähringen, der Markgraf von Montferrat und andere.

Witiko brachte seine Männer in die Verbindung, in der sie auf dem Zuge bis zu der Adda gewesen waren. Dann dankte er den Reitern für das, was sie getan hatten, wie er seinen Männern in dem mährischen Kriege nach den Schlachten gedankt hatte. Die Verwundeten ließ er in gute Obsorge bringen. Dann sammelte man die Namen der Männer, die fehlten. Witiko leitete die Forschungen ein, um, wie es nur immer geschehen könnte, ihr Schicksal zu ergründen, damit er es in der Zeit den Ihrigen melden könnte. Vor seinem Gezelte war das rosenrote Banner, welches Wladislaw den Waldleuten gegeben hatte. Als die Ordnung hergestellt war, zündete man Feuer an, um Speisen zu bereiten.

In dieser Zeit kam Heinrich, der Vater Berthas, zu Witiko in das Gezelt. Er redete von dem Siege des Königs Wladislaw, und lobte, was Witiko getan hatte, und Witiko freute sich mit seinem Schwiegervater. Es kam auch Gebhart, der Bruder Heinrichs, und pries die zwei Tage. Es kamen noch Heinrich von Oftering, dann die Ritter vom Kürenberge, Udalrich von Marbach, Werinhard von Brun, Chunrad von Asparn, Hartung von Ruhenegk, Marchard von Hintberg, Wolftrigil von Stein, Thiemo von der Aue, es kamen Wolfgang von Ortau, Rudolph von Bergheim, Hans vom Wörthe und Adalbert von der Au. Sie jubelten über den Ruhm, den Witikos Taten verdienten, und Thiemo schloß ihn in die Arme und rief: »Du bist fast so tapfer, wie wir in der alten Zeit gewesen sind, nur nicht so lustig. Und das ist schade. Wenn alle, die da singen und sagen, von euerm Ritterkönige singen und sagen werden, von Odolen, von Bernard, von dir, von Welislaw, und von andern, deren Namen ich nicht aussprechen kann, so werden sie von dir nicht sagen können, er war fröhlich und ausgelassen wie die Blume der Ritter, und das herrliche Bildwerk ist dann nicht vollendet.«

»Ich bin ein ländlicher Mann«, sagte Witiko, »und stehe weit hinter dir, Thiemo, und von mir wird niemand singen und sagen.«

»Wie weißt du das?« sprach Thiemo. »Von uns allen werden sie singen und sagen: von dem zierlichen Degen, dem Kaiser Friedrich mit dem roten Barte, von dem Könige von Böhmen, von dem erlauchten Herzoge von Österreich, und von dem von Kärnten und Dalmatien und Zähringen und Schwaben und von den Fürsten und Bischöfen und Erzbischöfen, und was so da ist. Und von uns und von dem berühmten Kriege gegen die Mailänder werden die Menschen bis zu dem letzten Gerichte Gottes reden, und wir andern, Rudeger, der Degen, und die Chunringe, und ich und alle werden bei Mailand schon auch etwas tun, das der Rede wert ist. Und in euerm Lager ist ja schon ein frommer friedfertiger Mann, der alles aufschreibt, was getan wird, Vincentius, der der Schreiber eures Bischofes ist.

Der fromme Mann ist, da die Gefahr auf der Brücke war, von ihr weg bei uns vorüber zu dem Herzoge von Kärnten gegangen, und hat die Nacht dort gewartet.«

»Nach meiner Hoffnung, Witiko, wird unser Herzog sorgen«, sagte Marchard von Hintberg, »daß wir Österreicher nicht zu weit zurückstehen. Wir haben noch den Weg nach Mailand, und wir haben die Arbeit vor Mailand.«

»Ihr werdet wohl Größeres tun als wir«, sagte Witiko, »die wir über einen brückenlosen Fluß schwammen, weil wir schwimmen können, die wir uns wehrten, da Mailänder daher kamen.«

»Und in dem Lager des Kaisers wird wohl auch vergönnt sein, zu wirken«, sagte Wolfgang von Ortau. »Und des Herzogs von Schwaben«, sagte Hans vom Wörthe. »Und des von Zähringen«, sagte Adalbert von der Au.

»Wir werden noch alle genug erhalten, ihr aus Franken und Schwaben und Burgund und wir aus Österreich«, rief Thiemo von der Aue, »der Kaiser scheint nicht darnach angetan, uns ohne Arbeit zu lassen, daß wir Kurzweil treiben wie heute.«

»Gehabe dich wohl, Witiko«, sprach Marchard von Hintberg, »vielleicht ist doch vor Mailand eine Stunde, in der wir uns wieder sehen.«

»Es wird mir eine Freude sein, dich zu sehen, Marchard, und, wenn es sein kann, komme ich in euer Lager«, sagte Witiko.

»Du brüderlicher Mann«, sagte der Ritter vom Kürenberge, »wenn wir einmal graue Haare haben, werden wir mit Bechern bei einander sitzen, und von der Vergangenheit reden und singen; jetzt jagen wir fröhlich in die Gegenwart.«

»Und sei uns allen ein Freund, wie wir deine Freunde sind«, rief Heinrich von Oftering, »und gehabe dich wohl, und komme, wenn alles aus ist, bald wieder in unser Oberland, das jetzt ein Stück lustigen Österreichs ist, und betrachte sein Getreide und sein Obst, du magst nun zu den Eltern deiner Gattin auf die Burg Schauenberg bei der Stadt Eferdingen gehen, oder ein wenig links davon nach Oftering oder auf den Kürenberg. Und wir werden wohl wieder auch in deinen Wald kommen, und da eure Berge und Schluchten und Wasser und Felsen betrachten.«

»So können wir tun, wenn wieder der Frieden ist«, sagte Witiko.

»Und so gehabe dich wohl«, sprach Heinrich von Oftering.

»Gehabe dich wohl«, riefen die andern.

»Gehabt euch wohl«, sagte Witiko.

Und sie entfernten sich, und begaben sich in ihre Lager.

Und als die Heere sich durch eine kurze Ruhe und durch Nahrungsmittel erquickt hatten, zog der Kaiser noch an diesem Tage vor die Veste Trezzo, um sie zu belagern.

Am fünften Tage der Belagerung mußte sich die Veste ergeben.

Von da zog das Heer nach Lodi. Dort lagerte es. Der Kaiser lagerte in den Trümmern der Stadt, die von den Mailändern zerstört worden war. Die rosenroten Banner des Königs Wladislaw ragten auch von diesen Trümmern empor. Die andern waren weithin an dem Lambro ausgebreitet.

Hier hielt der Kaiser mit dem Könige Wladislaw und den Fürsten einen Rat, um den Zug gegen Mailand zu ordnen.

In diese Versammlung kamen Abgesandte derer, die Lodi bewohnt hatten, und flehten den Kaiser um Hilfe an.

Der Kaiser sagte, es werde ihnen geholfen werden.

Dann kamen auch noch einmal Abgesandte von Mailand, welche unter dem Schutze des Kaisers zugelassen wurden.

Sie sprachen vor der Versammlung: »Die Stadt Mailand sendet dem hocherhabenen Kaiser die untertänige Verehrung. Die Stadt Mailand möchte den Frieden aufrecht erhalten, und daß der Frieden bleiben könne, will die treue Stadt Mailand unterwürfig sein, sie will die Hoheit des Kaisers unverbrüchlich ehren, und dem Kaiser die volle Genugtuung leisten.«

Der Kaiser fragte: »Bringet ihr die unbedingte Unterwerfung, oder habet ihr Bedingungen in Bereitschaft?«

Die Abgeordneten antworteten: »Wir bringen zuerst die Unterwerfung, dann werden die erscheinen, welche die Bedingungen bringen.«

»Und was sprechen die Herren, die in dem Rate sind?« fragte der Kaiser.

Berthold, der Herzog von Zähringen, sagte: »Wenn Mailand eine giltige Bürgschaft gibt, daß es die volle Genugtuung leisten wolle, so könnte wohl der Frieden wieder hergestellt werden.«

»Es muß eine vollständige Gewähr gegeben werden«, sagte der Herzog von Kärnten.

Konrad, der Pfalzgraf am Rheine, sprach: »Sie sollten unverzüglich verkündigen, welche Gewähr sie für die volle Genugtuung bieten, und dann möge beschlossen werden, ob die Gewähr anzunehmen ist oder nicht.«

»Wir sollten alles tun, den Frieden zu errichten, und das Blutvergießen zu enden«, sagte der Bischof von Eichstätt.

»Und du sprichst nicht, erlauchter König von Böhmen?« fragte der Kaiser.

»Ich hätte später gesprochen«, antwortete Wladislaw, »jetzt aber sage ich: in dieser Zeit kann eine volle Gewähr nicht gegeben werden. Sie hätte sollen früher gegeben werden, oder sie muß gegeben werden, wenn noch größere Dinge geschehen sind.«

»Das ist wahr, das ist wahr«, riefen mehrere Stimmen.

»Und es ist auch der Wille gar nicht vorhanden, eine giltige Gewähr zu geben«, sagte der Markgraf von Montferrat.

»Sie geben keine«, rief der Führer derer von Pavia.

Nun stand Anselm, der Erzbischof von Ravenna, auf, und sprach: »Es erlaube mir deine Hoheit, erhabener Kaiser, daß ich zu denen, die gesendet sind, und daß ich zu den erlauchten Fürsten einige Worte rede.«

»Rede«, sagte der Kaiser.

Und Anselm wendete sich zu den Abgesandten Mailands, und sprach: »Ihr habt süße Worte in dem Munde, und den Fuchs in dem Herzen. In der Versammlung von Brescia habet ihr Forderungen der Herrschaft gemacht, ihr wolltet euch den König und die Obrigkeiten wählen, ihr wolltet euch Gesetze geben: und nun bringt ihr Unterwerfung. Seid ihr zur Erkenntnis gekommen, daß eure Forderungen ungerecht sind? Und wodurch seid ihr zu der Erkenntnis gekommen? Ihr seid nicht zu ihr gekommen, oder ihr seid immer bei ihr gewesen, und habt nur nicht nach ihr gehandelt, sondern habt Gewalt und Herrschaft gewollt, und hättet gerne die Herrschaft des Königs und Reiches über euch ferne gehalten. Ihr redet jetzt, wie ihr redet, um in der Gegenwart dem Übel zu entgehen, das euch droht. Warum habt ihr keine Bedingungen des Friedens bei euch? Daß Zeit vergeht, daß dem großen Heere in derselben irgend wie Abbruch geschehe, daß sich etwas ereigne, das euch günstig ist, und wie es sonst noch in der Zeit sein kann. Der erlauchte Markgraf von Montferrat hat gesagt: sie wollen keine Gewähr geben, und die Weisheit des hohen Königs von Böhmen hat gesagt: sie können keine geben. Und sie können auch keine geben. Sie hätten sie früher aus Gerechtigkeit geben müssen, und sie müssen sie später aus Ohnmacht geben. Ich rede zu euch, ihr hohen Herren der Versammlung. Welche Bürgschaft werden sie geben, die gilt? Sie werden aus ihrem Reichtume viel Gold darbringen, sie werden sich allem, was der hocherhabene Kaiser verlangt, fügen, und werden versprechen, alle seine künftigen Befehle zu befolgen, und sie werden Geiseln stellen. Und wenn der Kaiser seine Einrichtungen in dem lombardischen Lande gemacht hat, und wenn er seine Stellvertreter und seine Obrigkeiten eingesetzt hat, wenn er dann über die Alpen zurückgekehrt ist, wenn der Frieden gesichert scheint, und die Geiseln entlassen worden sind: dann wird Mailand handeln, wie es früher gehandelt hat, es wird die Oberherrschaft führen, wo es kann, es wird die kaiserlichen Mahnungen nicht befolgen, und, wenn es auf Sieg hofft, den Kaiser bekriegen. Wann hat Mailand seine Versprechen gehalten? Ich rede nicht von früheren Kaisern; ihr wißt, wie es war. Ich rede nur von dir selber, hocherhabener Herr. Hat nicht Mailand die treue Stadt Lodi zerstört? Hat es nicht Como zerstört, und die Bewohner gezwungen, außerhalb der Stadt zu leben? Hat es nicht die getreue Stadt Pavia mit schwerem Kriege überzogen? Und hat es auf deine Mahnungen Reue gezeigt? Nein. Als du verlangtest, Lodi und Como sollten wieder hergestellt werden, boten sie dir viertausend Mark, wenn du ihnen die Herrschaft über diese Städte gewährest. Sie begehrten auf die Weise Herrschaft über andere sogar von dir. Haben sie vor vier Jahren ihr Versprechen, dein Heer zu verpflegen, gehalten? Sie haben dich in eine Gegend, die schon ausgezehret war, geführt. Am ersten Tage fehlte es den Pferden an Futter, und in den zwei folgenden litt in Rosate das Heer Hunger. Die Mailänder hatten dort große Vorräte, du botest ihnen dafür Bezahlung, und sie verweigerten sie. Das taten sie, als du mit einem großen Heere in dem Lande warest, was werden sie tun, wenn du mit dem Heere ferne bist? Hat dir nicht Tortona getrotzt, weil es mit Mailand im Bunde war, und auf dessen Sieg hoffte? Und ist es nicht, da du es zerstört hattest, von Mailand wieder aufgebaut worden? Die Mailänder werden deine Hoheit nur ehren, wenn sie nicht mehr anders können. Du mußt ihnen die Macht nehmen. Und selbst dann, wenn ihnen nur ein Schein von Hoffnung zum Siege kömmt, werden sie wieder gegen dich aufstehen, und dich zu einem neuen Zuge gegen sie zwingen. Mögest du nicht, wenn du einmal Güte gegen sie üben solltest, in einer Zeit erfahren, wie übel sie angewendet war, und möge nicht einst viel Blut die Sache heilen müssen, die jetzt weniges heilet. Jetzt kann die Entscheidung gebracht werden. Jeder Frieden, er sei, wie er wolle, schiebt sie auf, und macht sie schwer. Sie haben Gewalt geübt, so mögen sie nun Gewalt erfahren. Mit dem Maße, mit dem sie gemessen haben, soll ihnen wieder gemessen werden. So rede ich, der ich die Leute der Stadt Mailand und ihre Hoffnungen und ihre Wünsche und ihre Begierden kenne.«

»Es ist so«, »ja so ist es«, »so ist es«, riefen viele Männer. »Sie haben die wilden Forderungen gestellt, da du schon die große Kriegsmacht gegen sie führtest, und sie sagen die demütigen Worte, um alles zu verwirren. Ihre letzte Waffe muß zerbrochen werden, daß sie nicht mehr schaden«, rief Friedrich, der Herzog von Schwaben.

»Sie haben immer Tücke geübt, und zu uns kam sehr oft die Kunde«, sagte Heinrich, der Herzog von Kärnten.

»Und sie haben Grausamkeiten geübt, wie sie die Heiden in den alten Zeiten nicht geübt haben. Um uns herum, wie wir versammelt sind, stehen die Überreste der Stadt Lodi, einer Stadt des nämlichen Landes wie Mailand, einer Schwester von Mailand, die sie zerstört haben. Die traurigen Trümmer sehen zu dem blauen Himmel empor, und schreien zu dem Himmel um Rache, und zerreißen uns das Herz«, sagte der Bischof von Würzburg.

»Und so sind auch die Trümmer von Como, und von mancher Kirche und von manchem Schlosse und von mancher Veste, die dem Kaiser treu war, und so wären die Trümmer von Pavia, wenn sie die Stadt erobert hätten«, rief der Führer von Pavia.

»So ist es, so ist es«, riefen mehrere Männer.

Heinrich, der Herzog von Österreich, sprach: »Sie bringen nur Worte, und wollen durch Lockungen von dem Weg abführen. Ich denke, wir sollen auf ihm zur Entscheidung gehen, wie wir sie erstreben.«

»Ja, wie wir sie erstreben, und wie sie auch nur gerecht ist«, sagte der Erzbischof von Mainz.

»Wozu wir ausgezogen sind, und was wir erstreben«, sagte Otto, der Pfalzgraf in Bayern.

»Der hocherhabene Kaiser ist dem Reiche und wir sind den Ländern entfremdet, wenn wir durch Verhandlungen hingeschleppt werden«, sagte Ludwig, der Landgraf von Thüringen.

»Zur Entscheidung«, riefen mehrere der Herren.

»Und was ist die Folge des Beschlusses?« fragte der Kaiser.

»Der Bann«, sagte der Erzbischof von Mainz.

»Der Bann«, sagte der Erzbischof von Trier.

»Der Bann«, sagte der Erzbischof von Köln.

»Der Bann«, sagten die Herzoge und Bischöfe und Fürsten.

Dann sprach der Kaiser zu den Abgesandten von Mailand: »Ihr habt den Krieg gegen mich dem Gehorsame für meine Worte vorgezogen, und mich zu dem Zuge nach Italien genötigt. Ihr seid mir mit aufrührerischen Forderungen entgegen gekommen, und habt dann die Waffen gegen mich gebraucht. Es ist sehr viel Blut vergossen worden, und daß es nicht ungerecht vergossen worden ist, muß vollendet werden, was begonnen worden ist. Wir führen den Krieg weiter, den ihr erhoben habt, und wir schließen die Empörung, in der ihr verharren wollt. Und so banne ich mit der Zustimmung der Fürsten und der Herren des Reiches eure Stadt.«

Und er warf nach dem Brauche sein Szepter auf die Erde.

Dann sprach er zu den Abgesandten: »Verkündiget dieses denen, die euch gesandt haben, und sagt ihnen, wir werden die Gesetze des Friedens bei ihnen machen, daß er daure. Jetzt entfernt euch.«

Die Abgesandten verließen die Versammlung.

An dem folgenden Tage, dem fünften des Erntemonates, ging das Heer in sieben Zügen gegen Mailand. Den ersten Zug führte Konrad, der Bruder des Kaisers, der Pfalzgraf am Rheine. Den zweiten Zug führte Friedrich, der Herzog von Schwaben, den dritten Wladislaw, der König von Böhmen, den vierten Heinrich, der Herzog von Österreich, den fünften der Kaiser, den sechsten Otto, der Pfalzgraf in Bayern, den siebenten Friedrich, der Erzbischof von Köln.

An diesem Tage ritt Eckbert, der Graf von Pütten, mit fünfhundert Reitern und einem Gefolge bis nahe gegen Mailand. Aber da es Abend wurde, und da er der Gegend unkundig war, ritten mailändische Scharen gegen ihn aus der Stadt, erreichten ihn, und besiegten ihn, und er verlor sein Leben. Die Mönche der Abtei Chiaravalle begruben ihn. In dem Heere entstand Trauer um den Mann, weil sie ihn als sehr edel und tapfer geachtet hatten. Der Kaiser aber gab das Gesetz, daß keiner Anordnungen treffe, als unter dem Befehle des Feldherrn, es sei denn, daß er zum Kampfe gezwungen würde.

Am sechsten Tage des Erntemonates zog das Heer vor die Stadt.

An der Spitze des Zuges waren die Lagermeister, dann kamen die Träger der kaiserlichen Adler und die, welche mit Zinken und Pauken, mit Pfeifen und Hörnern, mit Posaunen und Flöten kriegerische Töne erschallen ließen. Dann kam das Heer. Es sang

Lieder zu den Tönen des Krieges. Dann waren die Kriegswerkzeuge und die Wägen und Säumer mit den Habschaften. Dann kam der Troß.

Die Mailänder waren auf den Mauern ihrer Stadt, und sahen das Heer kommen.

Und als das Heer vor der Stadt angekommen war, schauten die Augen aller Männer auf sie. Sie sahen, daß sie sehr groß und mit sehr starken Befestigungen umgeben sei.

Der Kaiser befahl nun, daß man sich vor der Stadt lagere, und die Lager mit Gräben und Wällen und Verrammlungen umgebe. Die Krieger und alle die Leute, die herbei genommen worden waren, begannen nun sofort die Arbeit. Die Feinde in der Stadt sahen auf dieses Beginnen, störten es aber nicht.

Mit sieben großen Lagern war noch an dem nämlichen Tage die Stadt umgeben.

Der Kaiser lagerte um die Allerheiligenkirche fast in der Richtung gegen den Morgen von der Stadt. Wladislaw stellte in der Richtung zwischen Morgen und Mitternacht seine Gezelte mit seinem Bruder Diepold und dem Bischofe Daniel in dem Kloster des heiligen Dionysius und um dasselbe herum auf. Etwas weiter von ihm entfernt gegen den Abend hin standen die Gezelte Konrads, des Pfalzgrafen am Rheine, und Friedrichs, des Herzogs von Schwaben. Sie standen neben einander, weil sie Gezelte von Verwandten waren. Im Mittage von dem Kaiser waren die andern Fürsten. Der Erzbischof von Köln war bei der Kirche des heiligen Celsus in der Richtung zwischen Mittag und Abend von der Stadt. Weiter gegen Abend waren die, welche dem Befehle des Herzoges von Schwaben zugeteilt waren, der Markgraf von Montferrat und die aus Verona, Brescia und Mantua. Dann waren die aus Vicenza, Pavia, Cremona, Como und andern Gebieten.

Witiko ordnete seine Leute in dem Teile des böhmischen Lagers, der ihm zugewiesen worden war, wieder in ein eigenes Lager. Die Obmänner mußten in der Mitte der Abteilungen und unter sich und mit Witiko in Verbindung sein. Die Reiter waren an der rechten Seite der Fußgänger. Von ihnen rechts waren wieder andere Reiter des Waldes. Witiko hatte sein Gezelt zwischen Fußgängern und Reitern. Alle Männer, besonders die Reiter, mußten stets in Kampfesbereitschaft sein. Witiko sorgte gleich nach der Errichtung des Lagers für Nahrung, und er traf die Obsorge, daß sie in den folgenden Tagen nicht fehle.

So waren seine Männer nun in dem Lager um ihn, und harrten der Dinge, die da kommen sollten. Und wie sie einstens von den Zinnen der Stadt Prag, die sie verteidigen sollten, auf die Stadt und auf die Belagerer hinabschauten, und sich von der Stadt allerlei Dinge erzählten, so schauten sie nun von dem Lager, von dem aus sie eine Stadt gewinnen sollten, auf die Stadt, und erzählten sich von ihr und von dem Lande, in dem sie waren, verschiedene Dinge, die sie während ihres Aufenthaltes in dem Lande schon erfahren hatten.

Gegen den Abend des ersten Tages kam Urban mit einem Boten in das Gezelt Witikos, und der Bote sagte, das Lager Konrads, des Pfalzgrafen, und das Friedrichs, des Herzogs von Schwaben, sei überfallen worden, und der Pfalzgraf sei in argen Nöten, und bitte um schleunige Hilfe.

»Laßt alle Reiter auf die Pferde sitzen«, rief Witiko.

Urban eilte aus dem Gezelte, bald tönten die Zeichen des Hornes, und die Reiter setzten sich in Bereitschaft. Witiko bestieg sein Pferd, und stellte sich an ihre Spitze.

Da kam auch der Befehl des Königs, mit ihm in das Lager des Pfalzgrafen zu reiten.

Witikos Reiter schlossen sich mit andern Waldreitern denen des Königs an. Der König führte die böhmischen Reiter, und sie ritten in der größten Schnelligkeit gegen das Lager Konrads. Und wie die Waldreiter gelernt hatten, durch Gebüsche und über Gebüsche hinweg zu reiten, so ritten sie jetzt auch über die Verwallungen der Weingelände, über Umfriedungen der Gärten und über das Ungleiche und Ungewohnte des Bodens dahin. Der König brach unter dem Schalle seiner Pauken in das Lager Konrads. Die Pferde sprangen an manchen Stellen über die Verrammlungen. Als die Männer Konrads den Schall der böhmischen Pauken hörten, erhoben sie ein Freudengeschrei, und kämpften ermutigter und fröhlicher. Witiko führte seine Männer geschlossen in die Feinde. Der König eilte ihm voraus, und stürzte in sie. Er brachte denen, die im Gedränge waren, schnell Hilfe, und kämpfte, und befahl. Er stieß mit seiner Lanze den Fahnenträger der Mailänder, Tazo von Mandello, zu Boden, und eben so den Vizegrafen Gerhard. Witiko drängte an die Seite des Königs, kämpfte und befahl auch, und die Reiter des Waldes waren mit ihren Waffen behende gegen die Mailänder wie sonst gegen die Bären ihrer Heimat. An der andern Seite des Königs waren Odolen und Welislaw und Kochan und Predbor und Bogdan. Sie drückten die Feinde rückwärts. Die Männer Konrads erhoben sich auch zu erneuertem Grimme, und wie die Tapferkeit der Mailänder auch leuchtete, so mußten sie doch weichen. Sie flohen gegen die Stadt. Der König verfolgte sie. Odolen rief, man dränge mit den Mailändern in die Stadt. Es war im Gelingen; aber da kam die Finsternis der Nacht, die den Mailändern zum Nutzen, den Böhmen zum Hindernis ward. Der Kampf mußte enden.

Man sorgte nun für die Verwundeten und Toten.

Manche Männer des Pfalzgrafen Konrad und manche des Königs Wladislaw hatten Wunden empfangen, und manche hatten ihr Leben verloren. In dem Morgengrauen brachten Reiter des Königs die entseelten Körper der edlen Herren Mikus, Otto, Zwestec und Herart in das Lager. Der Bischof Daniel bestattete sie mit dem Beistande seiner Priester und in der Gegenwart des Königs und seiner Führer und vieler Krieger in der Abtei Chiaravalle, neben der Stelle, wo der Graf Eckbert von Pütten ruhte.

An diesem Tage begannen die Mailänder an jenem Teile der Stadt, gegen welchen die Böhmen lagerten, die Befestigungen zu verstärken. Sie verschütteten dann die Tore mit Steinen, und ließen nur ein kleines Pförtchen an dem Tore frei, welches das neue Tor hieß.

Der Kaiser berief die Fürsten zu einem Rate. Manche waren bekümmert, wie man eine so große und wohlbefestigte Stadt werde einnehmen können.

Der Kaiser sagte: »Weil sie so groß ist, wird sie bald in unsere Hände fallen. Sie braucht täglich so viele Dinge, daß bald Mangel in ihr sein wird. Und weil sie so viele Landleute in sich aufgenommen hat, wird dieser Mangel eher kommen als sonst. An uns ist es nun, daß wir alles, was in sie gebracht werden könnte, ausschließen, und daß wir, wenn die Mailänder hervorbrechen, sie stets zurückschlagen. Darauf, meine ich, müssen wir unsern Ratschluß fassen.«

Wladislaw, der König von Böhmen, wurde zuerst um seine Meinung gefragt. Er stimmte dem Kaiser bei. Dann sprachen die Erzbischöfe, die Herzoge und Fürsten die nämliche Meinung aus.

Darauf wurde beraten, wie man die Lager zur Umschließung der Stadt stellen müsse.

Die Lager wurden nach dem Beschlusse enger an einander gerückt, und der Kreis um die Stadt wurde kleiner. Zwischen den Lagern und in der Umgebung streiften Scharen, die alles wegnahmen, was für die Stadt bestimmt war. Die böhmischen Männer zerstörten in der Umgegend Schlösser, machten Beute, und brachten Gefangene herein. Die Krieger von lombardischen Städten, gegen welche Mailand feindselig gewesen war, übten Rache, und zerstörten ringsum Felder und Gärten bis auf den Grund. Die Mailänder kamen oft heraus, und es waren an verschiedenen Stellen Kämpfe. Aber sie konnten den Kreis nicht durchbrechen oder zerstören.

Außerhalb der Stadt war ein starker Turm, welcher der römische Bogen genannt wurde, weil die Sage war, daß die Römer einmal den Turm zur Erinnerung ihrer Eroberung Mailands gebaut haben. Auf dem Turme waren Mailänder mit Kriegswerkzeugen und Schleudergeräten gegen die Belagerer aufgestellt. Die Zinnen des römischen Tores und des Tonsatores schützten den Turm. Seit dem Beginne der Belagerung suchten die Männer des Kaisers den Turm zu gewinnen; aber sie konnten nicht zu ihrem Ziele gelangen. Da stürmte eines Tages der Kaiser das römische Tor und das Tonsator, und andere Abteilungen kämpften gegen den Turm. Da mußten sich die Männer des Turmes ergeben.

Es war gleich darauf an diesem Tage ein großer Kampf der Mailänder gegen die Böhmen an dem neuen Tore. Die Mailänder wurden zurückgetrieben.

Es entstand auch noch an dem Tage ein erneuerter Kampf an dem römischen Tore.

An dem folgenden Tage, dem zwölften Tage des Erntemonates, sendeten die Mailänder Boten in das Lager des Kaisers, welche baten, daß man den Frieden verhandle. Der Kaiser ließ sich zur Nachsicht bewegen. Er ernannte zur Einleitung der Verhandlungen Peregrin, den Patriarchen von Aglei, Eberhard, den Bischof von Bamberg, und Daniel, den Bischof von Prag. Die Verhandler der Mailänder waren der Graf Guido von Biandrate, der Erzbischof Hubert von Pirovano, und die Konsuln.

Als die Verhandlungen eine Zeit gedauert hatten, wandten sich die Mailänder auch um Beratungen und um Vermittlung an Wladislaw, den König von Böhmen.

Er gewährte ihnen mit dem Willen des Kaisers ihre Bitte. Er hielt über diese Angelegenheiten auch mit seinen Herren der Kirche und des Heeres Rat.

Nach dieser Zeit berieten sich die Mailänder auch mit dem Herzoge von Österreich, mit dem Erzbischofe von Köln, mit dem Bischofe von Bamberg, mit dem Bischofe von Prag, mit Otto, dem Pfalzgrafen in Bayern, und mit dem Kanzler Reinald.

Die Verhandlungen dauerten viele Tage.

An diesen Tagen war Waffenruhe zwischen den Lagern und der Stadt. Aber in die Umgegend geschahen noch verschiedene Züge, es waren Verwüstungen und mancherlei Kämpfe.

In dieser Zeit kamen auch manche Männer aus den Lagern zu einander, und schlossen Bündnisse und Freundschaften.

Witiko ging zu seinem Schwiegervater, Heinrich von Schauenberg, und zu dem Bruder desselben, Gebhart von Stauf. Und diese kamen auch wieder zu ihm. Er ging zu seinen Freunden aus Österreich, und diese gingen zu ihm. Er wurde durch sie zu Heinrich, dem Herzoge von Österreich, gebracht, und wurde von demselben mit Achtung und Freundlichkeit aufgenommen. Er ging auch zu seinen Freunden in das Lager des Kaisers, und diese gingen wieder zu ihm. Mit Welislaw, Odolen und den andern im Lager des Königs wurde die Freundschaft noch fester geknüpft, als sie früher gewesen war. Durch die Liebe des Königs von Böhmen zu ihm kam er vor das Angesicht des Kaisers und hoher Herren und Fürsten, und erhielt Ehren.

So ging die Zeit dahin.

Die Lager mußten aber immer in Bereitschaft sein, einen Überfall der Mailänder, den sie etwa machen könnten, abzuwehren.

Als die Friedensverhandlungen beendet waren, meldeten die Fürsten dem Kaiser die Zugeständnisse der Mailänder, und den Mailändern die Forderungen des Kaisers.

Wladislaw, der König der Böhmen, wurde zum Vermittler des Friedens bestellt.

Die Bedingungen des Friedens waren in dreizehn Abteilungen enthalten. Vincentius, der Kapellan und Schreiber des Bischofes Daniel, schrieb sie auf, und am siebenten Tage des Herbstmonates wurden sie angenommen. Die Stadt Mailand muß die Städte Lodi und Como, welche sie zerstört hatte, wieder aufbauen. Diese Städte sind dann von Mailand unabhängig. Jeder Mailänder von dem vierzehnten bis zu dem siebenzigsten Jahre schwört dem Kaiser Treue. Die Stadt Mailand zahlt neuntausend Mark Silber. Sie stellt dreihundert Geiseln aus den Vornehmen, aus den Rittern und aus dem Volke. Von dem Erzbischofe von Mailand, von dem Grafen von Biandrate, von dem Markgrafen von Montferrat und den Konsuln muß die Wahl der Geiseln als treu vorgenommen beschworen werden. Die jetzigen Konsuln leisten dem Kaiser den Amtseid. In dem nächsten Hornung aber werden neue Konsuln von dem Volke gewählt, und von dem Kaiser bestätigt. Ist der Kaiser in dem Lande, so schwören ihm die Konsuln selber, sonst reisen nur zwei zu ihm, den Eid für alle abzulegen. Die übrigen schwören den kaiserlichen Bevollmächtigten. Mailand zahlt hinfort alle Abgaben, welche den früheren Kaisern gegeben worden sind, es baut die Pfalzen des Kaisers wieder nach der gebührenden Würde auf, es muß die Ehre der Krone und des Reiches mit dem Schwerte schützen, und dem Kaiser Hilfsvölker zuführen, wohin er will. Die Gefangenen werden dem Könige von Böhmen gegeben, der Kaiser sendet die seinigen zurück, sobald die Geiseln gestellt sind. Die Mailänder leisten die öffentliche Sühnung. Es erscheinen zwölf Konsuln der Stadt, die der Kaiser selber bestimmt, barfuß, ein bloßes Schwert auf den Nacken gebunden, vor dem Throne des Kaisers, und flehen um Gnade. Auf diese Bedingungen wird Mailand wieder in die Gnade aufgenommen, und der Bann hört auf. Die Verbündeten Mailands sind in den Frieden einbegriffen.

Der achte Tag des Herbstmonates, der Tag der Geburt Marias, wurde bestimmt, daß die Geiseln gestellt werden, und die Sühnung erfolge.

Die Geiseln wurden an diesem Tage in das Lager des Königs von Böhmen geführt. Dann wurden die Gefangenen aus dieser Zeit und aus früheren Zeiten in das nämliche Lager geführt.

Als dieses geschehen war, wurden von dem Kaiser die Bischöfe Eberhard von Bamberg und Daniel von Prag auserlesen, daß sie den Erzbischof von Mailand, Hubert von Pirovano, vor den Kaiser führten.

Die sieben Züge des Heeres wurden um den Thron des Kaisers aufgestellt. Der König von Böhmen, die kirchlichen und weltlichen Fürsten des Reiches, die treuen Lehensträger des lombardischen Landes, die Vornehmeren aus den treuen Städten und die Führer fremder Krieger versammelten sich in kostbaren Gewändern neben dem Throne des Kaisers. Hinter den Kriegern stand ein unermeßliches Volk, welches aus allen Gegenden herbei gekommen war.

Als es die Zeit forderte, bestieg der Kaiser in kaiserlichem Schmucke den Thron, und alsbald näherte sich der Zug aus Mailand. Die Bischöfe von Bamberg und Prag führten den Erzbischof von Mailand. Dann kamen die Priester der erzbischöflichen Kirche, dann die der andern Kirchen, dann die der Klöster, alle mit Kreuzen, Rauchfässern und im kirchlichen Schmucke. Dann kamen die zwölf Konsuln, barfuß und mit einem bloßen Schwerte, das ihnen auf den Nacken gebunden war. Und eben so kam der Rat, und es kamen die Vornehmsten der Stadt, und es kam das Volk mit Stricken um den Hals.

Der Erzbischof mußte vor dem Kaiser versprechen, daß er seine Gewalt über die Stadt nicht mehr hart wie bisher, sondern mild und gerecht ausüben wolle. Und als er dieses versprochen hatte, wurde er von dem Kaiser in seine Gnade aufgenommen.

Dann trat der Konsul Hubert von Orto an die Stufen des Thrones, und kniete nieder, und alle andern knieten nieder, und Hubert sprach: »Mächtiger Kaiser und Herr, weltlicher Stellvertreter Gottes und Richter der Erde, wir haben gesündiget, wir haben Unrecht getan, und bitten um Gnade. Wir und alle Mailänder neigen unsere Schwerter vor deiner Macht, und wir und alle Mailänder legen unser Haupt unter dein Schwert.«

Darauf antwortete der Kaiser: »Es ist gut, daß die Mailänder den Frieden vorziehen, und daß ich ihnen von nun an nichts Übles mehr tun muß. Hätten sie von jeher diesen Teil gewählt, so wäre viel Böses vermieden und viel Gutes gestiftet worden. Ich belohne lieber als ich strafe, und merket euch, daß ich leichter durch Gehorsam als durch Krieg besiegt werden kann. Und so übe ich nun in dem Glauben, daß die Mailänder jetzt die rechten Wege wandeln werden, Gnade, nehme die Acht hinweg, und sage, daß wir alle versöhnt sind. Erhebet euch von der Erde.« Und die Männer standen auf.

Der Kaiser sprach nun noch mehreres mit ihnen, und seine Worte waren gütig und freundlich.

Hierauf wurde diese ernste Angelegenheit des Friedensschlusses und der Versöhnung durch einen feierlichen Gottesdienst bekräftigt, welchen der Erzbischof von Mailand nach der ambrosianischen Weise abhielt.

Der Kaiser saß bei diesem Gottesdienste in seinem Gezelte auf dem Throne, und war mit der Kaiserkrone geschmückt. Um ihn war die Menge der deutschen und italienischen Fürsten. Und während dieses Gottesdienstes beschenkte er Wladislaw, den König von Böhmen, mit einer königlichen Krone sehr kostbarer Art, die er von dem Könige von England erhalten hatte. Dem Könige wurde an diesem Tage die Krone auf das Haupt gesetzt, da sonst in der Kirche die Königskronen nur an hohen Festtagen getragen wurden; die böhmische zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten und an den Festen des heiligen Wenzel und des heiligen Adalbert, an welchen Tagen sie die Bischöfe von Prag und Olmütz dem Könige aufsetzen durften.

Als der Gottesdienst geendet war, sprach der Kaiser zu den Fürsten: »Hocherlauchter König von Böhmen, erlauchte Kurfürsten kirchlichen und weltlichen Standes, Herzoge und Fürsten und Herren der Städte, nach dem allmächtigen Gotte danke ich euch für die Dienste, welche ihr dem Reiche und der Krone geleistet habt. Weshalb wir nach Italien ziehen mußten, das haben wir erreicht. Die Ehre und die Macht sind gewahrt. Es ist nun noch übrig, daß wir auf einem Reichstage alle Rechte und Pflichten festsetzen, und das ergründen, was einem jeden gebührt, und was er zu tun hat. Und ist die Ordnung aufrechtgestellt, dann möge uns eine ruhige Heimkehr zufallen. Wir sind gütiger gewesen, als die Worte Anselms, des hochehrwürdigen Erzbischofes von Ravenna, geraten haben. Er ist vor dieser Stadt aus unserer Mitte zu dem gerechten Gotte abgerufen worden, und wird nun wissen, ob seine Worte gegründet sind oder nicht.«

Die Fürsten antworteten durch den Erzbischof von Mainz: »Hocherhabener Herr, deine Weisheit hat die Dinge geleitet, und wir haben uns bestrebt, zu tun, was unsere Pflicht war. Wir danken dir für deine Guttaten gegen uns, und daß du auf unsern Rat gehört hast. Es gibt uns Freude, daß durch den Frieden mit Mailand und durch den Reichstag, der abgehalten werden wird, der Zug und das Wirrnis, das er unsern Ländern zu Hause bringt, geendet ist.«

Wladislaw, der König von Böhmen, sprach: »Hocherhabener Kaiser, du hast für das, was meine Männer getan haben, mich, meine Männer und unsere Länder mit unaussprechlichen Ehren geziert. Ich lege meinen Dank, den Dank meiner Männer und den Dank unserer Länder vor deinen Thron. Er wird nicht enden, so lange einer lebt, der geehrt worden ist, und er wird auf die Nachkommen vererben. Und weil das erste Ziel des Ritterzuges nach Mailand erreicht ist, die Wahrung der Würde durch die Strafe der Stadt, und weil das andere kein Ding der Waffen, sondern des Rates ist, so erlaube mir, daß ich mit den Meinigen heimziehe. Es sind Krankheiten unter meinen Männern, und sie würden sich schnell vermehren. Ich empfinde auch, daß ich in Italien durch die Luft und die Sonne erkranke.«

Der Kaiser antwortete: »Hocherlauchter König, du hast den Ritterzug erfüllt, ziehe in Frieden, wenn wir auch deines Rates sehr schwer entbehren. Heilet die Krankheiten, die uns von der Stadt gekommen sind, wie auch wir unverzüglich von hier fortziehen wollen, um die unsrigen zu heilen. Wenn der Ratschluß Gottes will, daß ich wieder deiner Hilfe bedürfte, so wirst du sie wohl nicht versagen.«

»Ich werde sie mit Freuden leisten«, antwortete der König.

Als dieses geschehen war, ließ sich der Kaiser die Krone und den Mantel abnehmen. Dann setzte er einen Helm zu seinem Kriegsgewande auf das Haupt, stieg von dem Throne, und ging vor das Gezelt. Dort bestieg er ein Pferd, ritt gegen das Heer der sieben Züge, und dankte mit der Spitze seines Schwertes gegen alle Krieger, die da standen. Die Krieger erhoben ein freudiges Rufen, und die Böhmen erneuerten es dreimal.

Dann begannen die Züge in ihre Lager zurückzukehren.

Der Kaiser aber feierte in einem großen offenen Gezelte mit den Fürsten ein Mahl.

Nach dem Mahle ritt Wladislaw zu dem Gezelte des Kaiser, um sich von ihm zu verabschieden.

Dann verabschiedete er sich von den Fürsten.

Hierauf ritt er mit den Seinigen in sein Lager. Dort ritt er zu allen Abteilungen seiner Männer, und dankte ihnen, wie er ihnen nach der Schlacht auf dem Berge Wysoka gedankt hatte. Er verkündete ihnen die Rückkehr in die Heimat, und hieß sie auf den folgenden Tag gerüstet sein. In jeder Abteilung sprachen Führer und Männer freudige und hochehrende Worte zu dem Könige.

Sie begannen sofort auch die Rüstungen zu dem Heimzuge.

Als der König in seinem Gezelte war, ritt der Kaiser mit einem geschmückten Gefolge zu demselben. Sie stiegen alle von den Pferden. Die Männer des Gefolges verteilten sich in die Zelte, die um das des Königs waren; der Kaiser aber ging allein in das Gezelt des Königs, der König entfernte diejenigen, die bei ihm waren, und die zwei Männer befanden sich nun allein in dem Gezelte. Sie setzten sich auf Stühle. Da sprach der Kaiser: »Was du getan hast, Wladislaw, wird bleiben, so lange die Menschen dessen gedenken, was auf der Erde geschehen ist, und davon erzählen. Du hast es dir getan, und dann auch andern. Ich habe dir aus dem Reichsgrunde schon gedankt, jetzt danke ich dir aus Freundschaft, daß du bist, der du bist.«

»Du hast die Sache zum Großen gelenkt«, sagte Wladislaw, »und ich habe mich erfreut. Es ist an der Seite eines ritterlichen Mannes leichter, nach Rittertum zu streben.«

»Wir haben durch eine Zeit einige Taten mit einander getan«, sprach der Kaiser, »jetzt sind wir wieder getrennt. Du bist in deinen Ländern und ich in Italien.«

»Wir werden Anteil an einander nehmen«, sagte der König.

»Wir werden ihn nehmen«, antwortete der Kaiser. »Die Fürsten und Herren, die Räte der Krone, sind oft ritterlichen Sinnes, und denken an das Gute. Sie denken auch, was ihren Ländern not tut, und reden und handeln darnach. Ich bitte dich, Wladislaw, lasse mir den Bischof Daniel, als einen Mann der Weisheit und des Rates, in Italien zurück.«

»Er wird meiner Kirche und meinen Ländern sehr mangeln«, sagte Wladislaw; »aber er bleibe bei dir.«

»Ich danke dir«, sagte der Kaiser, »ich werde ihn nur zu dem Nötigsten halten, und mögen wir uns bald auf einem fröhlichen Reichstage in dem fröhlichen Deutschland sehen.«

»Möge es sein«, sprach Wladislaw.

»Und erhalte mir deine Liebe«, sagte der Kaiser.

»Und du auch«, antwortete Wladislaw.

Dann schlossen sich die zwei Männer in die Arme.

Hierauf verließ der Kaiser das Gezelt, und Wladislaw geleitete ihn.

Vor dem Gezelte waren Diepold, Daniel und viele alte Lechen und Herren des böhmischen Lagers. Sie geleiteten den Kaiser ehrerbietig zu seinem Pferde; die Männer aber, die ferner standen, riefen ihm Glück und Segen zu, und er ritt mit seinem Gefolge wieder in sein Lager.

Der Kaiser sendete Geschenke an den König Wladislaw. Es wurden ihm von dem Golde der Mailänder tausend Mark gegeben. Dann waren in Fächern schöne Gewänder, goldene und silberne Geschirre, Schwerter, Helme, Panzer, Münzen, die des Kaisers Bildnis trugen, edle Steine, Gürtel, Waffenzieraten und andere kostbare Dinge. Es wurde auch eine Reihe schöner Pferde herbeigeführt.

An mehrere alte Lechen und an die Männer Odolen, Bernard, Witiko, Welislaw, Kochan, Bogdan und Predbor sendete der Kaiser eigene Geschenke.

Wladislaw teilte mehreres an seine Männer aus, besonders Dinge, die zur Erinnerung an Italien dienen konnten. Die große Verteilung der Dinge aus dem Kriege, sagte er, werde in Prag geschehen.

Es kam der Herzog von Österreich mit seinen besten Degen zu dem Könige, mit Hadmar von Chunring, Rudeger, Rudpert, Tibert, Chunrad von Asparn, Gotescalc von Heiligenkreuz und andern, es kam der Herzog von Kärnten, der Herzog von Schwaben, der Pfalzgraf am Rheine, der Herzog von Zähringen, der Pfalzgraf in Bayern, die Erzbischöfe und Bischöfe und alle andern Fürsten des Reiches und italienische Fürsten und Herren der Städte, um Abschied zu nehmen. Wladislaw ritt dann auch zu ihnen, und ritt noch einmal zu dem Kaiser, um ihm für den Besuch und für die Geschenke zu danken.

Am Abende war der Abschied des Königs und Diepolds von dem Bischofe Daniel.

Es nahmen auch die Lechen und Herren des böhmischen Lagers von dem Bischofe und den Seinigen Abschied.

Es waren viele Herren und Männer aus den Lagern in das böhmische Lager gekommen, um Abschied zu nehmen, und böhmische Herren und Männer waren in andere Lager geritten.

Witiko ritt an diesem Tage, da der Gottesdienst geendet worden war, und die Seinigen sich wieder in ihrem Lager versammelt hatten, zu allen Abteilungen derselben, und dankte ihnen, wie er ihnen nach jedem Kampfe und nach dem Ende jedes Krieges gedankt hatte. Als später die Nachricht von der Heimkehr verkündiget worden war, teilte er unter seine Männer Geschenke aus, die er jetzt austeilen konnte, und sagte ihnen, daß das andere in der Heimat ausgeteilt werden würde. Dann gab er ihnen die Weisung, daß sie sich rüsteten, um sich morgen dem Zuge anschließen zu können. Die Männer begannen nun alles vorzubereiten, daß bei dem Aufbruche kein Hindernis entstände. Jeder suchte auch das, was er an Geschenken, an Beute oder sonst wie erworben hatte, in einen Sack oder in Leder oder in ein Fell oder, was ihm zu Handen war, zu packen, damit es leichter fortgebracht werden könnte.

Witiko ritt nun zu seinem Schwiegervater Heinrich und zu Gebhart, um von ihnen Abschied zu nehmen. Er ritt dann zu allen seinen Freunden in die verschiedenen Lager. Heinrich und Gebhart und die Freunde kamen dann auch zu ihm. Es wurden vielerlei Erinnerungsgaben ausgetauscht.

Dann bereiteten seine Männer das Abendmahl, und dann war die Nachtruhe des Lagers.

Als noch die Sterne an dem Himmel glänzten, ertönten die Hörner in dem böhmischen Lager, es ertönten die Pauken der Reiter, und es ertönten dann die Bockhörner in dem Lager Witikos. Und als das erste Licht des Tages den Morgenhimmel säumte, stand das böhmische Heer in Zugsbereitschaft.

Der Bischof Daniel war mit seinen Priestern und seinen Männern herbei gekommen. Er segnete das Heer, man rief sich noch einmal Abschiedsgrüße zu, und der Zug setzte sich in Bewegung.

Mit dem Bischofe Daniel waren einige Männer des böhmischen Heeres in Italien zurückgeblieben. Unter ihnen war auch Sifrid von Milnet.

Der Zug des Königs Wladislaw ging von Mailand nach Brescia, von Brescia nach Verona, dann dem Etschflusse entgegen, dann durch Bayern, und dann durch den böhmischen Wald in die Fluren des eigenen Landes.

Dort lief das Volk in dichten Scharen an die Wege des Heeres, und staunte die Männer an, die so weit gewesen waren, und so Wunderbares getan hatten, wie durch die Boten aus Italien und durch Wanderer gemeldet worden ist. Es rief dem Heere zu, warf ihm Zweige, Bänder, Zieraten und andere Dinge zu, und sang ihm Lieder. Die Männer antworteten auf den Ruf, grüßten, und zogen singend weiter.

Es kamen Zupane, Lechen und Ritter mit Männern herzu, und geleiteten den König bis nach Prag.

Am zweiundzwanzigsten Tage des Herbstmonates kam das Heer auf dem Pilsener Wege nach Prag.

Eine ungemein große Anzahl von Menschen ging dem Heere entgegen. Es waren Bewohner der Stadt Prag, es waren Leute, die aus allen Teilen des Landes herein gekommen waren. Sie warfen Zweige auf den Weg, und warfen dem Könige und den Führern Blumen, die die Jahreszeit noch spendete, und gewundene Kränze entgegen, und riefen ihnen und allen Kriegern Lob und Preis zu, und geleiteten das Heer in die Stadt. Die Stadt und die beiden Burgflecken waren geschmückt. Von den Türmen der Kirchen weheten Banner, auf Mauern und Häusern waren Banner, von den Fenstern hingen kostbare Stoffe, Gewinde verzierten Häuser und Wege, Blumen und Kräuter waren auf den Boden gestreut. Wšebor, Preda und alle alten Lechen hatten sich in Prag versammelt, und standen nun mit der Königin, den Priestern, den Nonnen, den Herren des Hofes, den Kmeten, vielen Rittern und Herren, den Vornehmsten der Stadt und unzähligem Volke vor dem Tore. Sie empfingen den König. Alle riefen dem Könige und dem Heere entgegen, und solche, welche heftig gegen den italienischen Zug geredet hatten, ließen Freudenrufe über den Ruhm der böhmischen Waffen erschallen. Als der König unter das Tor einritt, ertönten die Glocken auf den Kirchen der Stadt, und es ertönten alle Glocken der beiden Burgflecken. Der Propst von Prag gab den Segen, und man geleitete den König und das Heer die Stadt empor. Wladislaw ging zuerst mit der Königin, mit Diepold, mit den Priestern, den Lechen und Führern in die Kirche des heiligen Veit und dann in den Königshof.

Das Heer errichtete auf dem Marktplatze zwischen dem rechten Burgflecken und dem Wyšehrad ein Lager.

Am andern Tage war in dem Lager ein feierlicher Gottesdienst. Dann wurde das Heer von dem Könige und den Bewohnern von Prag und der Burgflecken bewirtet.

Und sieben Tage wurde das Heer bewirtet, und sehr viele Menschen kamen zu ihm, und brachten Geschenke, und redeten mit den Kriegern, und priesen sie, und ließen sich von ihnen erzählen.

Indessen teilte Wladislaw die Belohnungen des Zuges aus. Seine Männer waren reichlich mit Gold und Silber, mit Waffen und Pferden, mit Gewändern und kostbaren Dingen bedacht. Viele erhielten auch eine Begabung mit Land, darunter Witiko war.

Dann dankte er allen noch einmal, und entließ das Heer.

Die Männer nahmen nun Abschied von einander, Hohe und Niedere, sie weinten Tränen, gaben sich Erinnerungszeichen, und versprachen, wieder zusammen zu kommen. Weiber brachten ihre Kinder herzu. Die Väter küßten die Kinder, und wer kein Weib und kein Kind hatte, nahm doch ein Kind auf den Arm, und küßte es. Und weil sie nun erkannten, daß die, welche die Heimat nicht wieder gesehen hatten, nicht viele sind, so war ihnen das ein Trost, sie freuten sich darüber, und gingen von Prag den Fluren ihrer Angehörigen zu.

Witiko führt seine Männer gegen den mittäglichen Wald des Landes, und Rowno und Diet und Osel und die andern folgten mit den ihrigen seinem Zuge.

Er führte sie wieder wie in frühern Zeiten nach Plan. Eine weit größere Zahl von Menschen war zusammen gekommen, um die Männer zu begrüßen, als bei den sonstigen Zügen, weil von allen Stellen des Waldes Leute herzu gekommen waren. Sie verwunderten sich, daß die Männer gar so braune Angesichter bekommen hatten. Sie riefen ihnen zu, und konnten mit dem Rufen kaum enden. Und die Männer waren freudiger und fröhlicher, weil sie nicht ein bloßes Übel von sich abgewendet hatten, sondern weil sie in dem fernen Lande bei dem Kaiser gewesen waren, und die Geschicke der ganzen Welt entscheiden geholfen hatten. Der Pfarrer von Plan gab wieder seinen Segen, Witiko dankte den Leuten, und entließ sie. Die Männer aber sagten, die Schar wolle Witiko in seine Burg geleiten.

Und so ging der Zug an dem nämlichen Tage noch nach Friedberg. Eine große Menschenmenge ging den ganzen Weg mit. Die alte Susanna von der untern Moldau stimmte Waldlieder an, und die alte Willbirg rief, wenn es stille ward, Sprüche. Sie rief: »Ich habe es gesagt, daß Zeichen gewesen sind, und es sind wieder Zeichen gekommen, wir brauchen nicht mehr den alten Wossic von Wodnian und den alten Lubomir von Daudleb, wir haben jetzt einen, der mehr ist als Wossic und Lubomir.«

Bei Friedberg zogen die Mädchen rote Bänder über den Weg, und die Krieger mußten sich durch Geschenke aus der Fremde loskaufen.

In Friedberg wurde die Schar von dem Pfarrer und den Vorstehern und von den Menschen, die herbei gekommen waren, mit Freudenrufen empfangen, und der Pfarrer segnete sie.

Witiko dankte noch einmal allen, sie riefen ihm Dank entgegen, Wenhart sprach dann für alle, und hierauf zerstreuten sie sich. Ein Teil machte ein Lager, ein anderer Teil suchte noch die Heimat zu gewinnen.

Witiko ritt mit den Seinigen gegen die Burg hinan. Viele Krieger und andere Menschen geleiteten ihn.

Vor der Burg waren Bertha, Wentila und Hiltrut mit den Frauen, Mädchen, Dienern und Dienerinnen, es waren Benno, und es waren die Männer der Burg.

Sie riefen den Gruß entgegen, und Witiko grüßte mit seinem Schwerte.

Dann stieg er von dem Pferde. Bertha reichte ihm die Hand, Wentila umschlang ihn und die Base rief: »Witiko, Witiko, du bist mit deinem Pferde durch das fürchterliche Wasser geschwommen.«

»Es war leicht«, sagte Witiko, »ich wußte, daß mein Pferd hinüber schwimmen wird.«

Dann gingen alle in die Burg, und die Krieger zogen hinter ihnen ein.

Bertha führte Witiko an der Hand in die Kammer der Kinder. Witiko küßte sie, dann schlossen sich Bertha und Witiko in die Arme, und küßten sich auf den Mund.

»Bertha, ich bringe dir den Gruß deines Vaters, er ist gesund, und wird bald zurückkehren«, sagte Witiko.

»Ich danke dir für diese Nachricht, Witiko«, sagte Bertha.

Die Männer der Burg suchten indessen die Pferde und die Habe und alles, was auf den Säumern gebracht worden war, in die Burg zu schaffen. Für manche Krieger wurde in der Burg eine Wohnung bereitet, für die andern begann man Gezelte zu errichten.

Bertha und Witiko gingen auf den Söller, und grüßten gegen die Menschen, die vor der Burg waren, hinunter. Die Menschen riefen Grüße hinauf.

Dann ließ Witiko Nahrung und Getränke hinausschaffen, die Menschen erquickten sich, und zerstreuten sich dann.

Dann ging Witiko mit den Seinigen und manchem seiner Männer in die Burgstube, und sie sprachen dort mit einander.

Dann war das Mahl, und dann die Nachtruhe.

Am andern Tage war ein feierlicher Gottesdienst in der Burg. Nach demselben dankte Witiko seinen Männern, gab ihnen Geschenke, die nur für sie bestimmt waren, und es zogen hierauf die, welche nicht in die Burg gehörten, ihren Wohnstätten zu, die in die Burg gehörten, traten wieder in ihre Dienste.

Hierauf belohnte Witiko Beda und die Männer, die unter ihm gewesen waren, für die treue Hut der Burg. Diejenigen von ihnen, die nicht in der Burg wohnten, gingen in ihre Heimat.

Nach einer Woche versammelte Witiko auf der Stelle an der Moldau, auf welcher die Kampfspiele nach seiner Vermählung gewesen waren, alle seine Krieger des Mailänderzuges, und es war wieder ein Fest, wie es nach dem mährischen Kriege bei Plan gewesen war. Es war ein feierlicher Gottesdienst unter dem offenen Himmel, es geschah dann die große Danksagung an die Krieger, dann war ein Mahl, und dann waren Gespräche und Tänze und Spiele und Lieder und Erlustigungen. Die vielen Menschen, die außer den Kriegern zugegen waren, erfreuten sich wie damals der Dinge. An dem nächsten Tage war die Verteilung alles dessen, was außer den Geschenken, die die Männer von Wladislaw erhalten hatten, ihnen nach dem Sinne Witikos aus dem Mailänderzuge noch zukam.

In der Zeit, die nun folgte, besorgte Witiko wieder seine Angelegenheiten, wie er sie vor dem Kriege besorgt hatte. Insbesonders suchte er sein neues Land nach der herkömmlichen Weise mit dem alten in Verbindung zu bringen. An Abenden, wenn sie in der Burgstube saßen, und wenn auch der eine oder der andere Mann aus der Umgegend zu ihnen gekommen war, erzählte er von dem Kriegszuge, und wie es in Italien ist, und was sich sonst dort ereignet hatte.

»Wenn mir Gott mein Leben nur so lange fristete«, sagte Benno, »daß ich auch die Taten dieses Kaisers aufschreiben könnte. Dieser Kaiser wird noch viele Taten tun.«

Und die Männer der Burg, die mit Witiko gewesen waren, erzählten auch von den Dingen in Italien, und die daheim geblieben waren, hörten ihnen zu, und fragten, und verlangten immer wieder Erzählungen.

Wolf erzählte unaufhörlich, und wenn man das Pferd, welches er gebracht hatte, und welches ihm Witiko ernährte lobte, sagte er: »Mein Herr hat mich nie auf ein schönes Pferd steigen lassen, jetzt habe ich ein so schönes Pferd, wie die seinigen sind, und ich reite darauf mit mehr Geschick, als ihr auf euern langhaarigen Tieren reitet, und ich reite nach der neuen Art, und ich bin auf dem Pferde geritten, als wir die Welschen an dem Wasser, da wir noch ganz naß waren, besiegt hatten, und als wir sie dann wieder besiegt hatten, und als wir sie immer besiegt hatten, und als wir in dem Lande hin und her zogen, und als wir mit den Pferden über den Zaun des Lagers jenes Herzogs sprangen, auf den die Welschen aus der großen Stadt Mailand heraus gekommen waren. Wenn ich nicht so herum geritten wäre, woher hätte ich denn die schönen Sachen und das schöne Gewand, und wenn nicht alle herum geritten wären, woher hätte denn Witiko den Reichtum und das Land, das ihm der König gegeben hat? Das wird in der Schlacht gewonnen. Und wenn ich euch von den Männern sage, die durch den Addastrom geschwommen sind, so ist unter allen böhmischen Männern nur einer, der gleich nach einander dreimal durch den Strom geschwommen ist.«

Huldrik war bei allen Erzählungen, und er sprach: »Ich habe gesagt, Witiko wird aus Italien die Rose bringen, und er wird sie einmal erst recht bringen.«

Und die andern Krieger des ganzen Waldes erzählten auch von Italien und von Mailand, und von dem Kriege, und bald war es so, daß die alten Frauen und die Mädchen und die Kinder des Waldes von Italien und Mailand redeten.

Als der König Wladislaw das Lager des Kaisers verlassen hatte, zog der Kaiser auch sogleich mit seinem Hofgeleite nach dem Orte Bolzano, und ging dann mit seinem Heere nach Monza.

Der große Reichstag wurde auf den eilften Tag des Monates November auf die ronkalischen Felder ausgeschrieben.

Von Monza zog der Kaiser nach Trezzo, welches wohlbefestigt worden war, und in welches der Kaiser seine Schätze niederlegte. Dann ging er nach Brescia, Lodi, Cremona und Ferrara, dann wieder nach Mantua, Verona und in andere Städte, um zu ordnen, was überall zu ordnen war.

Indessen kam die Zeit zum Reichstage. Der Kaiser hatte alle italienischen Kirchenherren und die Fürsten und die Herren der lombardischen Städte dazu berufen, er hatte die vier vorzüglichsten Rechtsgelehrten Italiens aus der Stadt Bologna berufen: Bulgarus, Jacobus Hugolinus, Martinus Josias und Hugo de Porta Ravennate.

Er zog im Geleite der deutschen Erzbischöfe, Bischöfe, Herzoge, Fürsten und Herren nach den ronkalischen Feldern. Es kamen die italienischen Erzbischöfe und Bischöfe, viele italienische Herzoge, Markgrafen, Grafen und Ritter und die Konsuln der lombardischen Städte, und es kamen die Rechtsgelehrten.

Auf der großen Ebene wurde ein Lager errichtet. In der Mitte stand das schöne Gezelt des Kaisers. Dann standen die Gezelte der Herzoge und Fürsten je nach ihrer Würde entfernt. Die Deutschen lagerten auf der linken Seite des Po, die Welschen auf der rechten. Zwischen beiden Lagern war eine Brücke. Die Kaufherren, die Handwerker, die Künstler, die Nahrungsfrachter und ähnliche Leute hatten ein eigenes Lager. Außerhalb der Lager war eine große Menge Volkes.

Der Reichstag wurde begonnen.

Der Kaiser sagte zu den Rechtsgelehrten, sie möchten erklären, was in Hinsicht der Dinge zwischen dem lombardischen Könige und seinen Untertanen Rechtens sei.

Die Rechtsgelehrten aber antworteten, sie könnten ihre Untersuchungen nicht ohne die Richter der lombardischen Städte machen.

Der Kaiser wählte aus jeder von vierzehn lombardischen Städten zwei Richter, und befahl ihnen, zu kommen.

Sie kamen, und fingen mit den Rechtsgelehrten die Beratungen an.

Der Kaiser hielt sich von diesen Beratungen ferne. Er versammelte aber Bischöfe, darunter Daniel war, und Herren, die zu seinem Rate gehörten, und verhandelte mit ihnen über die Ruhe der Kirche und über königliche Gerechtsame, die nach und nach vergessen worden waren.

Als die Beratungen der Rechtsgelehrten geendiget waren, hielt der Kaiser wieder eine allgemeine Versammlung. Er saß auf einem erhöheten Platze, und sprach von demselben: »Durch die Gnade Gottes habe ich die Herrschaft erlangt, und durch sie ist mir aufgetragen, die Guten zu schützen, die Bösen zu zügeln und zu strafen. Ich habe durch den Krieg die Strafe vollzogen, jetzt muß ich im Frieden durch die Gesetze auch den Schutz vollführen. Kein Herrscher darf tun, was er nur immer will, er muß herrschen, daß jedem sein Recht unverkürzt verbleibt, dem Untertane und dem Könige. Das Recht der Untertanen zu den Untertanen ist durch die Bemühungen der Könige, der Richter, der Lehrer und durch die Anwendung geordnet, und niemand bestreitet es; die Rechte zwischen dem Könige und den Untertanen sind oft dunkel, und bedürfen der Erhellung und der Bekräftigung. Nach der Erhellung haben wir durch Untersuchungen gestrebt, die Bekräftigung werden wir durch die Verkündigung und durch die Beschwörung erlangen. Dann wird nicht mehr über die Gesetze allerlei geredet, sondern nach ihnen gehandelt werden.«

Es entstand ein großer Beifall über die Worte des Kaisers.

Dann erhob sich von den Welschen nach ihrer Art einer nach dem andern, um eine Rede zu halten, in der er den Kaiser ehrte, oder seine Redegabe zeigte. Zuerst redeten die Bischöfe, dann die Herren, dann die Konsuln und Abgesandten der Städte.

Zuletzt sprach der Erzbischof von Mailand: »Alles Recht der Gesetzgebung ist von dem Volke an dich, erhabener Kaiser, übertragen worden. Was immer der Kaiser durch einen Brief festgesetzt hat, oder in seiner Kenntnis verordnet hat, oder durch einen Erlaß vorgeschrieben hat, das ist, so besteht es, ein Gesetz. Wem die Last eines Dinges zukömmt, dem muß auch der Nutzen zukommen, und da du, erhabener Kaiser, alle schützen mußt, so darfst du auch alle beherrschen.«

Die Reden dauerten bis in die Nacht.

Dann wurde das, was über die Rechte und Pflichten der Könige und über die Rechte und Pflichten der Untertanen aus den Untersuchungen nach den jetzigen Dingen und nach den Dingen aus der Zeit des Kaisers Karl und nach den Dingen aus der Zeit der alten römischen Kaiser hervorgegangen war, verkündiget, und zu Recht beschworen.

Die Abgesandten der Stadt Mailand leisteten auch den Schwur.

An dem folgenden Tage hielt der Kaiser nach altem Brauche Gericht, und es kamen so viele Klagen, daß noch Richter bestellt werden mußten. Und es wurden die Sachen der Armen, der Herren und der Städte entschieden.

Und da alles geordnet war, wurde der Reichstag geschlossen, und die deutschen Fürsten und Herren und auch die italienischen hatten Freude über die Dinge, die geschehen waren.

Der Kaiser brachte auch noch die Stadt Genua, welche den ronkalischen Beschlüssen nicht beigetreten war, zum Treuschwure, und sandte dann Abgeordnete in die lombardischen Städte, um dort die Obrigkeiten einzusetzen, wie es auf dem Reichstage auf den ronkalischen Feldern beschworen worden war. Die Abgeordneten waren: Daniel, der Bischof von Prag, Reinald, der Kanzler, Hermann, der Bischof von Verden, Otto, der Pfalzgraf von Regensburg, und Guido, der Graf von Biandrate. Sie setzten in den Städten Pavia, Piacenza, Cremona, Lodi und in anderen die Vorsteher ein.

Am Anfange des Monates Jänner kamen sie nach Mailand; allein die Mailänder weigerten sich, daß ihnen der Kaiser ihre Vorsteher einsetze, und wilde Haufen des Volkes bedrohten das Leben der Abgeordneten des Kaisers. Sie waren von den Männern Martinanus Malaopera, Azo Bultrafus, und Castellus von Ermenulfis geführt. Die Abgeordneten wehrten durch Verrammlungen das Eindringen zu ihnen ab; aber durch die Fenster wurden Steine geworfen. Und in der nächsten Nacht entfloh Otto, und in der folgenden entflohen die andern. Sie berichteten alles dem Kaiser.

Der Kaiser hielt am zweiten Tage des Monates Hornung einen feierlichen Hoftag, auf welchem auch Gesandte von Frankreich und von Griechenland und von Ungarn waren, die ihm ihre Ehrfurcht bezeugten. Die ungarischen Gesandten erklärten dem Kaiser, daß ihr König wegen des Wunsches Wladislaws, des Königs von Böhmen, noch mehr Hilfsvölker senden wolle, als er früher gesendet habe. Der Kaiser stellte den Fürsten das Benehmen Mailands vor, und sprach: »Wilde Völker achten das Recht der Gesandtschaften, Mailand nicht, meine und eure Ehre ist befleckt, viele haben das Verbrechen begangen, an vielen muß es gestraft werden.«

Die Fürsten stimmten den Worten des Kaisers bei.

Der Bischof von Piacenza sagte, es gezieme sich aber doch, daß man auch die Mailänder höre.

»Sie sollen gehört werden«, sagte der Kaiser.

Die Mailänder wurden vorgeladen, und sie schickten Abgesandte.

Diese sagten, die Mailänder wollen dem Kaiser volle Genugtuung geben. Als Tag hiezu wurde der neunzehnte Tag des Monates April bestimmt. Den kaiserlichen Städten schwuren die Mailänder Frieden.

Nach dieser Zeit aber schloß Mailand mit Brescia, Piacenza und Bologna einen Bund.

Als der Kaiser das Osterfest zu Modena feierte, und am Osterdienstage den Waffenspielen zusah, kam die Nachricht, daß die Mailänder die Veste des Kaisers, Trezzo, belagerten. Die Spiele hörten auf, alle rüsteten sich, und bei dem ersten Lichte des nächsten Tages begann der Zug gegen Trezzo. Aber auf dem Wege begegnete dem Heere ein Bote, welcher sagte, daß Trezzo von den Mailändern erobert worden ist, und daß sie alle Schätze weggenommen haben. Der Kaiser zog nun nach Bologna, und belegte dort die Stadt Mailand mit dem Banne. Dann ging er nach Lodi, ein Heer zu sammeln. Er befahl allen Städten Italiens, Hilfsmänner zu dem Kampfe gegen Mailand zu stellen. Dann ging er wieder nach Bologna, um die Seinigen gegen Mailand zu führen.

Am siebzehnten Tage des Monates Mai kamen sie nach Melegnano, und am nächsten Tage vor Mailand. Hier wurden nun weithin ringsherum alle Saaten und Weinpflanzungen zerstört, die Ölbäume und Fruchtbäume wurden umgehauen, Häuser, Dörfer, Flecken, Burgen, Vesten wurden verbrannt.

Eine Belagerung unternahm der Kaiser aber nicht, weil sein Heer noch zu klein war.

Er zog im Monate Juni gegen den Mittag Italiens, um manche widerspenstige Städte zur Pflicht zu führen, oder zu strafen. Er belagerte Crema, und die Belagerung dieser Stadt dauerte von dem Heumonate bis zum fünfundzwanzigsten Tage des Monates Jänner des folgenden Jahres. An diesem Tage beschlossen die Bewohner von Crema die Übergabe der Stadt. Die Verhandlungen führte Peregrin, der Patriarch von Aglei, und der Vetter des Kaisers, Heinrich, der Herzog von Sachsen und Bayern. Am siebenundzwanzigsten Tage des Monates Jänner wurde die Stadt übergeben, und dann zerstört.

Die Mailänder suchten denen von Crema während der Belagerung Hilfe zu leisten, indem sie kaiserliche Städte angriffen; aber sie erlitten zwei Male durch Scharen des Kaisers schwere Niederlagen.

Weil die deutschen Fürsten schon lange über ihre Zeit auf dem Kriegsfelde waren, und weil die lombardischen Länder durch die Heere schon so gelitten hatten, daß der Bedarf nur mehr schwer geschafft werden konnte, so entließ der Kaiser die, welche es wollten, im Frühlinge mit reichen Geschenken. Sie versprachen in einem Jahre mit ausreichender Hilfe wieder zu kommen.

In der Zeit waren nun verschiedene Kämpfe der kaiserlichen Scharen mit den Mailändern an verschiedenen Stellen des Landes.

Der Kaiser erließ hierauf die Ladungen an die deutschen Fürsten, daß sie in dem nächsten Frühlinge zur Vollendung des Werkes kommen möchten.

Und die Fürsten begannen im Frühlinge ihren Zug nach Italien.

Wladislaw, der König von Böhmen, sandte seinen Bruder Diepold und seinen Sohn Friedrich mit einer auserlesenen Hilfsschar.

Witiko war mit jenen Waldleuten, die mit ihm in dem vorigen Kriege waren, nun zum zweiten Male bei dem Zuge nach Italien.

Als die geladenen Männer allgemach angekommen waren, schloß der Kaiser die Stadt Mailand ein. Die Mailänder kamen oft aus der Stadt hervor, und begannen tapfere Kämpfe gegen den Kaiser; aber sie konnten wie in dem ersten Kriege die Einschließung nicht brechen.

Der Kaiser errichtete auch ein Winterlager in Lodi, befestigte mehrere Schlösser, um das Einbringen von Nahrung in die Stadt Mailand zu hemmen. Er setzte für die, welche es taten, und überwiesen wurden, das Abhauen der Hände zur Strafe, und bestimmte ihren Angebern Belohnungen.

So wurde in Mailand die Not sehr groß, und Angst und Hoffnungslosigkeit und Zorn und Streit kam in die Gemüter. Der Erzbischof, welcher auf den ronkalischen Feldern so unterwürfige Worte gegen den Kaiser gesprochen hatte, jetzt aber der eifrigste Kämpfer gegen ihn war, mußte vor dem Volke entfliehen. Und sie schickten Abgeordnete an den Kaiser, welche sagten, Mailand wolle seine Befestigungen niederreißen, es wolle alle seine Bündnisse lösen, es wolle dem Kaiser eine Burg bauen, es wolle ihm alle Hoheit übergeben, es wolle sich von ihm Obrigkeiten setzen lassen, es wolle ihm eine große Summe zahlen und für alles dreihundert Geiseln auf drei Jahre stellen, wenn er den Frieden gewähre.

Der Kaiser sagte: »Es stimmt mein Rat mit mir überein, daß ihr euch unbedingt unterwerfen müsset.«

Und nun verging wieder eine Zeit.

Da kamen an den ersten Tagen des Monates März des Jahres 1162 die Konsuln und die Vornehmen der Stadt Mailand in das Lager des Kaisers, knieten vor ihm und der Versammlung der Fürsten nieder, und schwuren, daß sie sich ohne Bedingung und ohne Vorbehalt unterwerfen, und daß sie den nämlichen Schwur von allen Mailändern bewirken wollen.

Nach drei Tagen kamen dreihundert ausgewählte Männer aus der Stadt in das Lager des Kaisers, und übergaben ihm die Schlüssel aller Tore, und übergaben ihm die sechsunddreißig Vorbanner der Stadt, und schwuren, wie die vor drei Tagen geschworen hatten.

Und wieder nach drei Tagen kam das ganze Volk. Es war in hundert Scharen abgeteilt. Sie hatten Stricke um den Hals, Asche auf dem Haupte, und Kreuze in den Händen. Sie brachten das Carrocio, das höchste Feldzeichen der Stadt. Es war ein Mastenbanner, das von einem eisernen Rüstwagen emporragte, und auf der Spitze das Kreuz und das Bildnis des heiligen Ambrosius trug. Das Carrocio wurde zertrümmert. Dann warf sich das Volk auf die Erde, und bat im Namen des Heilandes um Erbarmen.

Der Kanzler Reinald las ihnen die Unterwerfungsurkunde vor, und sie nahmen dieselbe an.

Dann sagte der Kaiser: »Ich schenke euch das Leben, das ihr verwirkt habt; aber ich werde sorgen, daß ihr eure Verbrechen nicht wieder begehen könnt.«

Das Volk durfte sich erheben und in die Stadt zurückkehren.

Dann leistete es vor zwölf Männern, die der Kaiser aus Deutschen und Italienern bestimmt hatte, den Unterwerfungseid, und mußte vierhundert Geiseln stellen.

Hierauf hielt der Kaiser in Pavia eine große Versammlung ab, damit das Schicksal der Stadt Mailand entschieden werde. Die Versammlung untersuchte die Lage der jetzigen Dinge, und untersuchte den Gang alles dessen, was geschehen ist, und machte die Entscheidung. Die Konsuln der Stadt Mailand wurden vorgeladen, daß ihnen der Spruch verkündiget werde. Der Spruch lautete: »Mailand soll wüst und leer sein, alle, die darin gewohnt haben, verlassen es in acht Tagen, und bauen sich an vier Stätten, die eine Meile von einander entfernt sind, neue Wohnungen.«

Dann ging der Kaiser wieder gegen Mailand, und zog am sechsundzwanzigsten Tage des Monates März durch eine Öffnung, welche man in die Mauern gerissen hatte, in die Stadt ein. Darauf wurden die Befestigungen der Stadt zerstört. Der Kirchen und der andern Gebäude schonte der Kaiser.

Als dieses geschehen war, zog der Kaiser wieder nach Pavia, und feierte in der Domkirche der Stadt ein großes Dankfest.

Nach demselben sagte er: »So ist vollbracht, was die Worte des seligen Erzbischofes Anselm geraten hatten. Die Barmherzigkeit des Himmels wird es mir verzeihen, daß ich in gutem Glauben früher nicht die Stadt Mailand, diesen Angel aller Empörung und Kirchenspaltung, vertilgt habe. Die andern Städte werden jetzt zu ihrer Pflicht kommen.«

Es war nun ein großes Mahl, zu welchem Herren, Gemeine und Fremde eingeladen wurden. Der Kaiser Friedrich und die Kaiserin Beatrix trugen bei demselben ihre Kronen auf den Häuptern.

In der Zeit darauf unterwarfen sich die Städte Brescia, Imola, Faenza, Bologna, Piacenza, und noch mehrere andere.

Die Erzbischöfe, Bischöfe und Priester und die Fürsten und Herren und Krieger brachten aus diesem Zuge Gebeine der Heiligen, geweihte Geräte, teure Gefäße, Kleinodien und merkwürdige Gegenstände und Gold und Silber, Gewänder, Waffen, Pferde und die verschiedensten Dinge in ihre Heimat.

Diepold und Friedrich führten das böhmische Heer nach Prag. Der König Wladislaw erstattete, wie er es immer nach den Kriegen tat, dem Heere seinen Dank, er teilte die Beute aus, und belohnte sonst noch die Krieger, und sie zogen wieder zu den Ihrigen.

Witiko und die Waldleute wurden mit noch mehr Freude, mit noch mehr Zusammenlauf des Volkes und mit noch mehr Zuruf empfangen als sonst, weil sie so lange entfernt gewesen waren. Die Kriegsmänner gingen mit Freuden zu ihren Angehörigen. Sie zeigten Dinge, die man nie gesehen hatte, deren Preiswürdigkeit man gar nicht kannte, und deren Menge so groß war, wie man nie ein Gleiches erfahren hatte. Und die Dankesfeier an der Moldau und die Austeilung war auch größer als jede frühere. Die Krieger teilten von dem, was sie hatten, an ihre Sippen, an ihre Freunde, an ihre Bekannten und an ihre Heimatgenossen mit, und machten Opfer in die Kirchen.

Sie erzählten jetzt noch mehr von dem Lande Italien, als das erste Mal, weil sie es nun viel besser kannten als früher.

Der Schmied von Plan erzählte von der außerordentlichen und weitgestreuten Stadt Mailand, die sie zertrümmert haben. Sie sind jetzt in ihr gewesen, und da sind wunderbare Kirchen und seltsame Türme und alte Bogen und unerhörte Heiligengestalten. Er erzählte auch von anderen großen Städten, in denen sie gewesen sind. Da sind auch wundersame Kirchen und Steinbauwerke und Burgen der Vornehmen, die mitten unter den Häusern stehen, und Dinge aus den Heidenzeiten. Da sind uralte zerfallene Kirchen, so groß, wie ein ausgerundeter Berg, oben offen, daß der Himmel hinein schaut, und viele tausend Steinbänke sind über einander, und da haben sie vor mehreren tausend Jahren gespielt, wie sie im Walde die Geburt Christi und die Engel und die Hirten und die heilige Jungfrau Maria spielen. In dem Lande sind ungeheure Schätze; weil es heiß ist, wächst dort das Gold. Und es sind Früchte da, die niemand gesehen hat, und die sich niemand vorstellen kann.

Und die andern Männer erzählten auch. Sie sagten, sie haben reden gehört, daß Diepold viele Säcke auf Saumrosse geladen habe, und daß lauter Goldmünzen in den Säcken gewesen seien. Und die Gebeine der Heiligen Drei Könige, der makkabäischen Brüder und ihrer Mutter, des heiligen Celsus und anderer Heiligen sind von Mailand fortgebracht worden. Und Diepold hat einen kirchlichen Leuchter nach Prag gebracht, auf dem Wunder und Gestalten gearbeitet sind, die die uralten Juden abgegossen haben, weil der Leuchter in der frühen Zeit in dem Tempel des Königs Salomon gestanden ist.

Tom Johannes redete darüber, was er getan hätte, wenn er in dem Lande Italien gewesen wäre, und was der Kaiser und der König und die Erzbischöfe und die andern Herren hätten tun sollen.

Wolf sagte, sie wären alle gestorben, wenn Witiko nicht gesorgt hätte. Die goldenen Äpfel mit dem süßen goldenen Safte und die rosenroten Feigen und die Johannishörner und andere Dinge schaden sehr, wenn man zu viel ißt. Witiko hat sie davor bewahrt.

Und aus diesem neuen Dinge, welches durch die Kriegsmänner in den Wald gekommen war, entstanden bald Lieder, die gesungen und oft gesungen wurden.

Witiko ging nun wieder an seine heimatlichen Geschäfte. Insbesonders suchte er sein neues Waldland mit dem alten in eine immer gleichere Gebarung zu bringen.

Benno führte einen jungen Priester zu Witiko, welcher der Kapellan der Burg wurde. Er selber war oft im Witikohause, oft in Pric, oft irgend wo anders, wie er es für die Abfassung der Schicksale der deutschen Kaiser ersprießlich erachtete.

Die Base Hiltrut ging nach dem zweiten italienischen Zuge wieder nach Landshut. Witiko kam mit den Seinigen zuweilen zu ihr. Als sie einmal auf dem Wege dahin im Hauzenberge ihr Mittagmahl einnahmen, erkannte der nunmehr sehr alte Wirt Witiko wieder, und rief seine Freude über dessen Gedeihen und Ansehen aus.

Huldrik war in dem Witikohause sehr rührig, und predigte seinen Jubel über das, was geschehen war. Seine Gattin hatte ihm ein Söhnlein geboren, und dasselbe durfte mit Witikos Söhnen reiten und Waffen führen lernen.

Witiko wuchs in der Liebe und Neigung der Seinigen immer höher, er wurde oft zu dem Könige gerufen, um bei seinem Rate und bei seinen Taten zu sein, er war mit Bertha und seiner Mutter dabei, als die steinerne Brücke, welche die Königin Judith in Prag über die Moldau hatte bauen lassen, die feierliche kirchliche Weihe erhielt, er wurde von Rowno, von Diet, von Osel, von Hermann, von Witislaw und andern geachtet, Lubomir, der sehr alt wurde, achtete ihn sehr hoch, es achteten ihn die Söhne Lubomirs, es achteten ihn Ctibor, Nemoy und alle, die in der Nähe wohnten, und er war eine Ehre für den Stamm Jugelbach, für den Stamm Aschach, für den Stamm Schauenberg, für den Stamm Dornberg und für den Stamm Stauf.

Er begann nicht weit von dem Witikohause eine Kirche in der deutschen Art durch Eppo bauen zu lassen, und er gedachte der Mittel, ein Kloster in dem Walde zu gründen.

In den Zeiten, die nun nach und nach über die Wipfel des grünen Waldes dahin gingen, wie Gutes und Schweres sie auch brachten, da sich manche teure Häupter in die Grube legten, wurde er Zupan von Prachem, Heerführer, Gesandter und oberster Truchseß des Königreiches Böhmen. Und wenn er in dem Witikohause verweilte, kamen oft des Abends Männer in Lammspelzen zu ihm, und er saß mit ihnen in Gesprächen in der Burgstube, wie er einst an der Leuchte des Häuschens in Plan oder im Wangetschlage gesessen war.

Bertha sagte oft freundlich zu ihm: »Witiko, jetzt ist dir keiner gleich.«

Er antwortete freundlich: »Es sind viele über mir; dir aber gleicht keine.«

In dem Jahre 1184 beschloß der Kaiser Friedrich einen sehr großen Reichstag abzuhalten. Er wollte ein Fest feiern, weil der Streit im Reiche, der mit der Kirche, und der in Italien geendet war. Er berief alle, die kommen wollten, auf Pfingsten nach Mainz.

Witiko faßte den Entschluß, diesen Reichstag zu besuchen. Er lud den alten Benno ein, mit ihm zu gehen, daß er den Glanz des Kaisers schaue.

Er zog mit Benno, Bertha, seinen Söhnen und einem schön geschmückten Geleite von Pric gegen Mainz.

Erzbischöfe, Bischöfe, Äbte, Priester, Herzoge, Fürsten, Grafen, Ritter waren da versammelt, es waren die fremden Gesandten da, die sich an dem Kaiserhofe befanden, es waren Herren und Ritter aus den Ländern England, Frankreich, Italien, Spanien, Ungarn, Illyrien da. Die Zahl der Ritter, welche in Geleiten oder für sich selber gekommen waren, war siebenzigtausend. Und ungemein große Scharen des Volkes hatten sich eingefunden. Auf der Ebene an dem Rheinstrome war eine schöne Pfalz für den Kaiser und eine Kirche erbaut worden. Ringsherum standen die Wohnungen der Fürsten, die in Schmuck und Zierde einander zu übertreffen suchten, und dann waren weithin die andern bunten Gezelte. Die Nahrungsmittel wurden durch eine Menge von Schiffen auf dem Rheine gebracht, und es waren eigene Häuser für sie errichtet. Alle, die gekommen waren, wurden von dem Kaiser bewirtet.

An dem ersten Pfingsttage war der Kirchenzug, es war das kirchliche Fest, und es war ein Mahl. Man erschaute da die Erhabenheit des Kaisers, die Holdseligkeit der Kaiserin, die Schönheit der Frauen, den Schimmer der Fürsten, die Herrlichkeit der Ritter, den Strahlenglanz der Gewänder, der Waffen und der Pferdeverzierungen. Bei der Kirchenfeier war die Heiligkeit und Pracht der kirchlichen Geräte und Gewänder. Bei dem Mahle taten Herzoge und Markgrafen Dienste bei dem Kaiser.

Am andern Tage waren die ritterlichen Spiele. Der Kaiser nahm selber daran Teil. Fürsten und Herren und Ritter in großer Zahl zeigten ihre Geschicklichkeit. Die Söhne des Kaisers, Heinrich und Friedrich, die schon an Macht und Ehren reich waren, taten ihre ritterlichen Tugenden kund, und wurden mit jeder gebührenden Feier zu Rittern geschlagen.

In den folgenden Tagen waren auch noch andere Spiele und andere Ergötzungen.

Die auf der Fiedel oder in Tönen des Erzes oder der Pfeifen erfahren waren, ließen ihre Kunst vor dem Kaiser, vor der Kaiserin, vor den Frauen, vor den Fürsten und Rittern erschallen, und ernteten den Dank. Die Männer aus dem Geleite des Kaisers oder der Kirchenfürsten oder anderer Herren, welche schon große heilige Bauwerke zum Dienste Gottes errichtet hatten, stellten Vorbilder zu neuen Bauwerken auf, und wurden geehrt. Dann waren die Sänger, Ritter und andere, die einzeln und abwechselnd ihre Worte und Weisen, oder zusammen singend oder einzeln die Worte und Weisen früherer Dichter in die Herzen der Männer und Frauen senkten. Sie wurden mit besonderen Ehren und Freuden geziert.

Es sagten damals einige, es werde ein großes Lied kommen, in welchem die Treue der Männer gegen ihren König und die Treue des Königs gegen seine Männer gepriesen werden wird.

Heinrich von Oftering, der noch die blonden Haare trug, sprach: »Es kann schon ein solches Lied kommen, das uns von alten Mären, von Helden voll der Ehren, von Müh und Festlichkeiten, von kühner Ritter Streiten, von Weinen und von Klagen, viel Wunders möge sagen.«

Dann waren die, welche in Erz oder Stein oder Holz bilden konnten, oder die Farbenwerke der Kirchen auf Glas oder auf Tafeln verstanden. Sie wiesen Gestalten Gottes, des Heilandes, der Jungfrau, der Engel, der Heiligen oder andere Weihedinge vor, und wurden mit hohen Ehren begabt.

Und viele, die irgend ein Schauding hervorgebracht hatten, waren gekommen, es vor die Augen zu stellen.

Und was sich sonst an Tugend der Leibesübungen und der Waffen und der Tänze und anderer Erlustigungen zeigte, wurde auch noch in Zierde und Sitte und Anmut ausgeführt.

Witiko kam mit manchen Fürsten und Herren zusammen, und gelangte auch vor das Angesicht des Kaisers. Bertha wurde von der Kaiserin in dem Kranze der Frauen, die um sie waren, geehrt.

Witiko und Bertha kamen auf dem Reichstage zu ihren Sippen, und ihre Sippen kamen zu ihnen.

Der Ritter vom Kürenberge und Heinrich von Oftering und andere kamen zu Witiko, und saßen in dem Gezelte bei dem Becher, und sagten und sangen von einer noch größern Vergangenheit, wie die Helden unverzagt in dem brennenden Saale gekämpft hatten

Witiko ging auch wieder zu ihnen.

Es kamen auch seine andern Freunde aus Böhmen und Mähren, aus dem Lande Österreich und aus andern deutschen Ländern zu ihm, und er kam zu ihnen.

Witiko sah auf diesem Reichstage auch Sifrid von Milnet der ein Reiterführer geworden war. Er hatte den goldenen Gürtel und die Reigerfeder.

Als der Reichstag geschlossen worden war, zogen Hohe und Niedere erfreuten Herzens über das, was sie erlebt hatten, von dannen. Weithin wurde von den außerordentlichen Festen in Mainz erzählt, und es entstanden Lieder darüber, die in Deutschland gesungen wurden.

Witiko zog mit den Seinigen und Benno zuerst in die Burg Schauenberg, und dann in seine Waldburg.

Er hatte in späteren Jahren noch eine große Freude, als sein Sohn Witiko auf dem Fels der krummen Au, die nun zu Witikos Stamme gehörte, eine Burg zu bauen begann.


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