DIE GLOCKE UND DAS HÄMMERCHEN

Diesmal gab es keinen Zweifel: Die Zauberei funktionierte. Sie sausten tiefer und immer tiefer, zuerst durch dunkle Schwärze, dann zwischen ganz verschwommenen, wirbelnden Gebilden hindurch, die man nicht richtig erkennen konnte. Dann wurde es heller, und sie spürten plötzlich wieder festen Boden unter den Füßen. Einen Augenblick später wurde das Bild um sie herum klar, und sie sahen sich um.

»Ein ziemlich eigenartiger Ort«, stellte Digory fest.

»Hier gefällt es mir gar nicht«, meinte Polly und schauderte.

Als erstes fiel ihnen das Licht auf. Es war nicht wie Sonnenlicht, nicht wie elektrisches Licht, nicht wie das Licht einer Lampe oder einer Kerze. So ein Licht hatten sie noch nie gesehen. Rötlich trüb, ganz und gar nicht freundlich, leuchtete es stetig, ohne zu flackern. Polly und Digory standen auf einer gepflasterten Fläche, umgeben von Gebäuden. Es schien eine Art Hof zu sein, auf dem sie da standen. Der Himmel über ihren Köpfen war von einem so dunklen Blau, daß er schon fast schwarz wirkte. Wenn man sich diesen Himmel anschaute, dann nahm einen wunder, daß es hier in dieser Welt nicht stockfinster war.

»Das Wetter hier ist ausgesprochen eigenartig«, sagte Digory. »Vielleicht kommen wir gerade zurecht für ein Gewitter oder eine Sonnenfinsternis.«

»Hier gefällt es mir gar nicht«, sagte Polly.

Alle beide flüsterten, ohne zu wissen weshalb. Und keiner ließ die Hand des anderen los, obwohl das jetzt, nach dem Sprung, eigentlich gar nicht mehr nötig war.

Hoch aufragende Mauern umgaben den Hof, auf dem sie standen. Das Mauerwerk war durchbrochen von vielen riesigen, glaslosen Fenstern, durch die nur schwarze Finsternis zu sehen war. Weiter unten klafften riesige Säulengänge wie die schwarzen Mäuler von Eisenbahn­tunnels. Es war auch ziemlich kalt.

Der Stein, aus dem alles gebaut war, schien rot zu sein, aber das lag vielleicht nur an dem eigenartigen Licht. Alles war offensichtlich uralt. Viele von den flachen Pflastersteinen hatten Sprünge, sie fügten sich nicht mehr richtig aneinander, und die scharfen Plattenkanten waren alle abgetreten. Einer der gewölbten Torbogen lag voller Geröll. Die beiden Kinder drehten und wendeten sich, um alles zu betrachten. Vor allem drehten und wendeten sie sich deshalb, weil ja vielleicht irgendeiner oder irgend etwas aus diesen Fenstern starrte, wenn sie sich gerade in eine andere Richtung drehten.

»Glaubst du, hier wohnt einer?« fragte Digory schließlich. Er flüsterte noch immer.

»Nein«, meinte Polly. »Das ist doch alles am Zusammen­brechen. Wir haben keinen einzigen Laut gehört, seit wir da sind.«

»Wir bleiben jetzt still stehen und horchen«, schlug Digory vor.

Also blieben sie still stehen und horchten, aber außer ihrem eigenen Herzklopfen war nichts zu hören. Hier war es mindestens genauso still wie in dem Wald zwischen den Welten. Nur war hier die Stille ganz anders. Im Wald war sie üppig gewesen, warm und voller Leben – um ein Haar hätte man dort die Bäume wachsen hören. Hier war sie tot, kalt und leer. Man konnte sich nicht vorstellen, daß in dieser Stille etwas wachsen sollte.

»Komm, wir gehen nach Hause«, schlug Polly vor.

»Wir haben doch noch gar nichts gesehen!« protestierte Digory.

»Wenn wir schon mal da sind, dann müssen wir uns auch umsehen.«

»Ich bin sicher, hier gibt es überhaupt nichts Interessantes zu sehen.«

»Welchen Sinn hat es denn, wenn man einen Zauberring findet, der einem den Zutritt zu anderen Welten verschafft, wenn man dann aber Angst davor hat, sie anzuschauen?«

»Wer hat hier was von Angst gesagt?« fragte Polly und ließ Digorys Hand los.

»Ich dachte nur, weil du offensichtlich keine große Lust hast, dich hier umzuschauen.«

»Ich gehe überall hin, wo du hingehst.«

»Wir können ja jederzeit wieder von hier verschwin­den«, sagte Digory.

»Wir streifen jetzt die grünen Ringe ab und stecken sie in unsere rechte Tasche. Wir dürfen nur nicht vergessen, daß wir die gelben in der linken Tasche haben. Du kannst deine Hand so nah an deiner Tasche lassen, wie du nur willst, nur hineinstecken darfst du sie nicht. Sonst berührst du den Ring, und dann bist du weg.«

Also streiften sie ihre Ringe ab und gingen zu einem großen Torbogen, der in ein Gebäude führte. Als sie von der Schwelle aus nach drinnen schauten, sahen sie, daß es dort gar nicht so düster war, wie sie zuerst gedacht hatten.

Die Tür führte in eine weitläufige, schattige Halle, die leer zu sein schien. Gegenüber, am anderen Ende der Halle, stand eine Säulenreihe, durchbrochen von Rundbögen, durch die das eigenartig träge wirkende Licht hereinfiel. Ganz vorsichtig, weil der Fußboden ja vielleicht schadhaft war oder weil Dinge herumliegen mochten, über die man stolpern konnte, durchquerten Polly und Digory die Halle. Der Weg kam ihnen endlos lang vor.

Am anderen Ende angelangt, traten sie durch einen Rundbogen hinaus und standen auf einem noch größeren Hof.

»Das sieht ja ziemlich gefährlich aus«, meinte Polly und deutete auf eine Mauer, die sich nach außen wölbte und geradeso aussah, als könne sie jeden Moment einstürzen. An einer Stelle fehlte ein Pfeiler zwischen zwei Rundbögen, und dort, wo sich die beiden Bögen trafen und wo der Pfeiler hätte stehen müssen, hingen die Steine frei in der Luft. Ganz offensichtlich war der Ort hier seit Hunderten, ja vielleicht seit Tausenden von Jahren unbewohnt.

»Wenn es bis jetzt gehalten hat, dann wird es vermutlich nicht ausgerechnet jetzt zusammenbrechen«, sagte Digory. »Aber wir müssen uns ganz still verhalten. Weißt du – manchmal kann ein Geräusch der auslösende Faktor sein – wie bei einer Lawine in den Alpen.«

Sie verließen den Hof und traten durch eine andere Tür, kletterten eine riesige Treppe empor, durchschritten weite Hallen, eine nach der anderen, bis ihnen ganz schwindlig wurde von den riesigen Ausmaßen dieser Bauwerke. Von Zeit zu Zeit dachten sie, jetzt müßten sie gleich hinausgelangen ins Freie und sehen, was für eine Art Landschaft diesen riesigen Palast umgab, doch jedesmal gelangten sie lediglich auf den nächsten Hof. Wunderschön mußten diese Gebäude gewesen sein, damals, als hier noch Leute gelebt hatten. In einem entdeckten sie einen ehemaligen Springbrunnen. Da stand ein riesiges Monstrum mit weit ausgebreiteten Schwingen, in dessen offenem Maul man noch ein Stückchen von dem Rohr sehen konnte, aus dem früher das Wasser geflossen sein mußte. Darunter gab es ein großes, steinernes Becken, in dem einst das Wasser aufgefangen worden war. Doch jetzt war es völlig ausgetrocknet. An einer anderen Stelle fanden sie die verdorrten Überreste einer Kletterpflanze, die sich um die Pfeiler gewunden und mit dazu beigetragen hatte, daß diese eingestürzt war. Jetzt war sie allerdings seit langem verdorrt. Keine einzige Ameise war zu sehen, keine Spinne und auch kein anderes Getier, das man sonst in verlassenen Gemäuern findet. Und an den Stellen, wo man zwischen den zerbrochenen Steinen die nackte Erde sah, wuchs weder Gras noch Moos. Alles wirkte so trostlos und so gleichförmig, daß sich sogar Digory Gedanken machte, ob sie nicht besser die gelben Ringe anstecken sollten, um in den warmen, lebendigen Wald zwischen den Welten zurückzukehren. Doch da kamen sie vor zwei riesigen Metalltüren an, die so aussahen, als bestünden sie aus Gold. Eine der beiden Türen war nicht ganz geschlossen, und so warfen sie einen Blick hinein. Beide fuhren zurück und japsten nach Luft: Hier gab es endlich etwas zu sehen.

Einen Augenblick lang dachten sie, der Raum sei voll mit Menschen – da saßen Hunderte von Gestalten, und keine rührte sich. Wie ihr euch denken könnt, rührten sich auch Polly und Digory nicht. Lange standen sie und starrten. Doch nach einem Weilchen wurde ihnen klar, daß das keine richtigen Menschen sein konnten, denn alle saßen absolut regungslos und ohne zu atmen. Sie sahen aus wie die schönsten Wachsfiguren, die ihr jemals gesehen habt.

Diesmal ging Polly voraus, denn hier gab es etwas, was ihr Interesse erweckte, mehr als das bei Digory der Fall war. All diese Gestalten trugen nämlich die wunderbarsten Gewänder. Wenn man sich auch nur ein klein bißchen für Kleider interessierte, dann mußte man einfach näher hingehen und sie genauer betrachten. Zwar wirkte der Raum nicht gerade freundlich, auch wenn die Gewänder so herrlich bunt waren, aber wenigstens wirkte er reich und majestätisch, nach all dem Staub und der Verlassenheit des Vorherigen. Mehr Fenster gab es hier auch, und dadurch viel mehr Licht.

Die Gewänder und die Kronen waren so prächtig, man kann es kaum beschreiben. Blutrot, silbergrau, strahlend grün und purpurn waren die Stoffe, manche mit Mustern, andere über und über mit Blumen und eigenartigem Getier bestickt. Von den Kronen blitzten riesige, kostbare Edelsteine, am Hals funkelte das Geschmeide, und die Gewänder wurden von blitzenden Spangen gehalten.

»Warum sind die Gewänder denn nicht schon längst vermodert?« fragte Polly.

»Spürst du nicht die Zauberkraft?« wisperte Digory.

»Ich möchte wetten, der ganze Raum strotzt vor Zauberkraft. Das habe ich sofort gespürt, als wir reinkamen.«

»Jedes einzelne von diesen Gewändern ist ein paar hundert Pfund wert«, meinte Polly.

Aber Digory interessierte sich dagegen eher für die Gesichter, und die waren auch wirklich betrachtenswert. Zu beiden Seiten der Halle saßen die Gestalten auf steinernen Stühlen, und wenn man durch den Gang in der Mitte lief, konnte man sich jedes Gesicht der Reihe nach ansehen.

»Ich glaube, diese Leute hier waren ganz nett«, meinte Digory.

Polly nickte. Die Gesichter, die sie bisher betrachtet hatten, waren wirklich nicht schlecht. Die Männer und die Frauen sahen freundlich aus und klug. Außerdem hatten sie sehr schöne Gesichtszüge. Doch ein paar Stufen tiefer veränderte sich das Bild. Die Gesichter der Leute, die hier saßen, waren ausgesprochen ernsthaft und feierlich, und die beiden Kinder wußten, sie müßten ihre Zunge im Zaum halten, sollten sie jemals einen wirklichen Menschen treffen, der so aussah wie die hier. Noch ein Stückchen weiter, etwa zur Mitte der Halle hin, stießen sie auf Gesichter, die ihnen gar nicht gefielen. Mächtige Gesichter waren das, stolz und glücklich, aber voller Grausamkeit. Und sie wurden noch grausamer, je weiter die beiden kamen. Bald darauf war jegliches Glück von den Gesichtern verschwunden, nur noch grausam und voller Verzweiflung waren sie, als hätten die Leute, denen diese Gesichter gehörten, Schreckliches vollbracht und Schreck­liches erlitten. Die letzte Gestalt war am aller interessan­testen. Eine Frau war es, noch üppiger bekleidet als die anderen, noch größer auch, dabei waren alle hier sowieso schon wesentlich größer als die Menschen unserer Welt. Und in dem Gesicht dieser Frau lag eine solche Wildheit und ein solcher Stolz, daß es einem den Atem nahm. Dennoch war sie schön. Viele Jahre später, als Digory schon ein alter Mann war, sagte er, solch eine schöne Frau hätte er nie mehr gesehen. Doch der Gerechtigkeit halber muß ich hinzufügen, daß Polly immer behauptete, sie hätte die Frau gar nicht so besonders schön gefunden.

Wie gesagt, diese Frau war die letzte in der Reihe. Neben ihr standen noch viele leere Stühle, als wäre der Raum dazu bestimmt gewesen, noch vielen von diesen Gestalten Platz zu bieten.

»Ich möchte bloß wissen, was hinter dieser ganzen Sache steckt«, sagte Digory. »Komm, wir gehen zurück zu dem tischähnlichen Gebilde.«

Das, was da in der Mitte der Halle stand, war eigentlich kein Tisch. Es war eine viereckige, ungefähr ein Meter zwanzig hohe Säule, über der sich ein kleiner goldener Rundbogen erhob, mit einem goldenen Glöckchen daran.

Daneben lag ein goldenes Hämmerchen.

»Wenn ich nur wüßte… wenn ich nur wüßte…« überlegte Digory.

»Hier scheint etwas eingraviert zu sein«, bemerkte Polly. Sie beugte sich nieder und betrachtete den Pfeiler.

»Heiliger Bimbam! Du hast recht!« sagte Digory.

»Aber natürlich können wir es nicht lesen.«

»Meinst du? Vielleicht doch!« Polly war anderer Meinung.

Beide starrten. Tatsächlich sahen die in den Stein gehauenen Schriftzeichen äußerst eigenartig aus. Doch da geschah ein großes Wunder. Während sie starrten, merkten sie, daß ihnen die Bedeutung der Zeichen langsam klar wurde, obwohl sich die Zeichen selbst nicht veränderten. Wenn nur Digory sich noch an seinen Ausspruch von vorhin erinnert hätte, dies sei ein verzauberter Raum, dann hätte er sich denken können, daß der Zauber jetzt langsam zu wirken begann. Aber er war so von seiner Neugier gefangengenommen, daß er daran gar nicht dachte. Er wollte unbedingt wissen, was da auf der Säule stand. Und schon bald darauf erfuhren sie es alle beide.

Zwar kann man die Worte, die in der Halle zu lesen waren, nicht wirklich wiedergeben, aber sinngemäß lautete der Spruch etwa so:

Schlag die Glocke, ruf die Gefahr,

Oder schlag sie nicht, doch dann fürwahr

Wirst du dich bis zum Wahnsinn fragen,

Was geschehn wäre, hättst du sie geschlagen.

»Auf Gefahr können wir verzichten. Das steht fest«, sagte Polly.

»Polly! Verstehst du denn nicht? Wir können doch jetzt nicht mehr zurück!« protestierte Digory. »Sonst fragen wir uns bis in alle Ewigkeit, was wohl passiert wäre, wenn wir geläutet hätten. Ich will nicht nach Hause zurück und Wahnsinnigwerden, nur weil ich an nichts anderes mehr denken kann. Das steht ebenfalls fest!«

»Jetzt red doch keinen solchen Mist!« schimpfte Polly. »Weshalb sollst du denn wahnsinnig werden? Es kann uns doch völlig egal sein, was passiert wäre, wenn…«

»Ich glaube, wenn man erst mal so weit gekommen ist wie wir, dann muß man anschließend so lange darüber nachdenken, bis man tatsächlich wahnsinnig wird. Das ist die Zauberei dabei. Ich merke es, bei mir wirkt sie schon langsam.«

»Ich spüre nichts!« Polly war böse. »Und ich glaube auch nicht, daß es bei dir wirkt. Ich glaube, daß du nur so tust.«

»Das sagst du«, sagte Digory. »Das kommt daher, weil du ein Mädchen bist. Mädchen interessieren sich für gar nichts, höchstens für Klatsch und Tratsch. Wer sich mit wem verlobt hat und so.«

»Wenn du so redest, machst du das gleiche Gesicht wie dein Onkel Andrew«, sagte Polly.

»Warum bleibst du nicht beim Thema?« wollte Digory wissen. »Wir haben darüber gesprochen…«

»Typisch Mann«, erklärte Polly, und sie klang ziemlich erwachsen dabei. Doch dann fügte sie rasch mit ihrer eigenen Stimme hinzu: »Und jetzt sag bloß nicht, ›typisch Frau‹! Das wäre wirklich gemein!«

»Fiele mir nicht im Traum ein. So eine Göre wie dich soll ich Frau nennen?« fragte Digory herablassend.

»So? Eine Göre bin ich also?« gab Polly zurück. Jetzt wurde sie wirklich wütend. »Na gut! Ich will nicht, daß du dich weiterhin mit einer Göre abgeben mußt: Ich verschwinde. Ich habe genug von diesem Ort hier. Und von dir auch – du ekelhafter, arroganter, eigensinniger Kerl!«

»Kommt nicht in Frage!« sagte Digory, und seine Stimme klang noch ekelhafter, als er eigentlich beabsich­tigte. Er hatte nämlich gesehen, daß Polly die Hand in die Tasche stecken wollte, um den gelben Ring anzustecken.

Eigentlich gibt es keine Entschuldigung für das, was er jetzt tat. Höchstens könnte man anführen, daß es ihm später sehr leid tat. Und nicht nur ihm allein. Bevor Polly in die Tasche greifen konnte, packte er sie am Handgelenk, wehrte mit seinem anderen Ellbogen ihren anderen Arm ab, beugte sich vor, nahm das Hämmerchen und schlug damit leicht gegen die goldene Glocke. Erst dann ließ er Polly wieder los. Atemlos standen sie sich über und starrten sich an. Polly begann zu weinen. Nicht aus Furcht und auch nicht deshalb, weil ihr Handgelenk ziemlich weh tat, nein, sie weinte vor Wut. Doch schon ein paar Sekunden später passierte etwas, was sie ihren Streit total vergessen ließ.

Als Digory die Glocke berührte, erklang ein süßer, sanfter Ton. Doch dieser Ton verklang nicht – nein, er wurde immer lauter und lauter. Nicht mal eine Minute war vergangen, da war er schon doppelt so laut wie am Anfang. Und gleich darauf war er schon so laut, daß die Kinder sich nicht mehr hätten hören können, hätte einer von ihnen etwas sagen wollen. Aber die beiden standen ohnehin nur da und rissen den Mund auf. Kurz darauf hätten sie sich nicht einmal mehr schreiend verständigen können, und dabei wurde es immer noch lauter und lauter. Nur dieser eine fortwährende, süße Ton war zu hören der gleichwohl etwas Schreckliches an sich hatte.

Schließlich pulsierte die ganze Luft in der riesigen Halle, und unter ihren Füßen bebte der Steinfußboden. Schließlich gesellte sich noch ein weiterer Klang hinzu: ein unbestimmtes, unheilverkündendes Brausen. Zuerst hörte es sich an wie das Donnern eines in der Ferne vorbei­fahrenden Zuges, dann klang es, als stürze irgendwo ein Baum um, und dann hörten sie, wie irgendwo irgend etwas Schweres herunterfiel. Mit einem plötzlichen Donnerschlag und mit einem Beben, das die beiden fast umwarf, stürzte ein Teil der Decke ein. Riesige Steinblöcke fielen herab, die Wände wankten. Die Glocke verstummte, die Staub­wolken setzten sich, und alles wurde wieder still.

Ob die Decke nun durch Zauberkraft eingestürzt war oder ob es der unvorstellbar laute Ton der Glocke gewesen war, der den baufälligen Mauern den Rest gegeben hatte, das war nie festzustellen.

»So! Ich hoffe, jetzt bist du zufrieden!« keuchte Polly.

»Na ja, jetzt ist ja alles vorbei«, entgegnete Digory.

Der Meinung waren sie alle beide. Aber da irrten sie sich ganz gewaltig.


Загрузка...