6.

Gegen die absolute Schwärze des nächtlichen Himmels waren acht Raumschiffe zu sehen, die von dem Licht des dahinterliegenden Sternhaufens angestrahlt wurden.

Es waren Kampfschiffe des Imperiums — gigantische Einhundert-Mann-Schiffe, deren schwere Kanonen in der Lage waren, innerhalb weniger Stunden einen ganzen Planeten zu vernichten. Ihre gelb-violetten Außenhüllen glitzerten am Himmel. Sie bildeten einen undurchdringlichen Ring um Aldryne — sie warteten ab.

Duyair nahm mit Hilfe der Kommunikationsgeräte, die man provisorisch im Tempel aufgestellt hatte, Verbindung mit ihnen auf.

»Hier spricht Commander Nolgar Millo des Kaiserlichen Flaggschiffs Peerless. Ich habe den Auftrag, mit Lugaur Holsp, dem Hohenpriester des Tempels der Sonnen, in Kontakt zu treten.«

»Hallo, Commander Millo. Hier spricht Ras Duyair, Nachfolger des Lugaur Holsp, Hoherpriester.«

»Duyair, wissen Sie, weshalb wir hier sind?«

»Sagen Sie es mir.«

Der Kaiserliche Commander schien irritiert. »Um eine Gruppe Verräter aufzunehmen, deren Übergabe uns Ihr Vorgänger zugesichert hat. Oder wissen Sie nichts von dieser Abmachung?«

»Doch«, sagte Duyair. »Nehmen Sie zur Kenntnis, daß es keine solche Gruppe für Sie geben wird — und daß ich Ihnen befehle, in Ihre Ausgangsbasis zurückzukehren und das Aldryne-System unverzüglich zu verlassen.«

»Sie befehlen es uns? Mit welchem Recht?«

»Mit dem Recht meiner Macht«, sagte Duyair. »Verschwinden Sie sofort — oder Sie bekommen den Hammer von Aldryne zu spüren.«

Auf der anderen Seite der Verbindung herrschte Schweigen. Duyair lief mit unterdrückter Spannung in seinem Raum hin und her, wartete. Ihm war aber auch klar, daß die Spannung an Bord dieser Schiffe noch viel größer sein mußte.

Es verging etwas Zeit — gerade genug, damit Commander Millo mit dem Kaiser Rücksprache halten konnte.

Schließlich meldete er sich wieder. »Wir werden landen. Jeder Versuch einer feindseligen Aktion gegen uns wird die Vernichtung des gesamten Planeten zur Folge haben — Befehl von Seiner Majestät.«

»Sie werden nicht landen«, sagte Duyair. Er trat hinaus auf die Tempelbrüstung und berührte einen Knopf auf der wieder in Dienst gestellten Strahlenkanone. Ein Strahl weißglühender Energie schoß hinauf in den Himmel, wurde von den Schutzschirmen der Peerless abgewehrt und verpuffte wirkungslos im All.

Duyair wartete erneut. Nach einem wütenden Gemurmel hörte er dann wieder die Stimme Commander Millos. »Nun gut, Duyair von Aldryne. Mit diesem Schuß wurde das Todesurteil für Ihren Planeten gesprochen.«

Die Schiffe der Imperiumsflotte nahmen Kampfformation ein, ihre schweren Kanonen waren zum Feuern bereit.

Lächelnd legte Duyair einen Hebel auf den Kontrollen seiner großen Kanone um.

Im nächsten Augenblick flammte der gesamte Himmel über Aldryne gleißend auf — die Imperiumskanonen waren in Aktion getreten.

Ein ungeheures Sperrfeuer regnete herab. Tausende von Megawatt prasselten auf Aldryne herunter.

Und achttausend Meter über der Oberfläche des Planeten warf ein unsichtbarer Schutzschirm sie wieder zurück ins All.


»Weiterfeuern!« schrie Commander Millo. »Er kann nicht den gesamten Planeten mit einem Schutzschirm überzogen haben!«

Die Imperiumsschiffe setzten ihren Beschuß fort. Duyair stand auf der Brüstung des Tempels und schaute hinauf. Wabernde Energiebündel erhellten den Himmel, grelles Gleißen versuchte vergeblich, den Schutzschild um Aldryne zu durchdringen.

»Ihr achtes Schiff«, funkte Duyair nach oben. »Achten Sie gut darauf, Commander Millo.«

Dann legte er einen Hebel um. Die Atomkanone brummte für einen kurzen Augenblick auf, ein Energiestrahl schoß gen Himmel, traf genau auf das Schiff, das Duyair Sekunden zuvor benannt hatte. Für ganz kurze Zeit wurde es in helles Licht gebadet, während die Energieschirme dem Angriff standhielten. Dann brachen die Schutzschirme des Schiffes zusammen.

Duyairs Energiestrahl fraß sich mitten durch das Schiff, zerschnitt es im gleichen Augenblick in zwei Teile, die sofort explodierten.

»Ein Schiff ist zerstört«, sagte Duyair. »Die anderen sieben werden folgen. Das war der Hammer von Aldryne, Commander Millo.«

Duyair sah hinunter auf das Tempelgelände. Hunderte von Menschen hatten sich im Angesicht der Imperiums-Armada zum Beten dort versammelt — jetzt sprangen sie alle auf und jubelten. Er hörte ihre Rufe:

»Der Hammer! Der Hammer!«

Über Funk kam Millos verstörte Stimme herein. »Ein Einweg-Schutzschirm, der Sie vor unseren Kanonen schützt und Ihnen erlaubt, unsere Schiffe zu zerstören? Unmöglich!«

»Unmöglich? Ihr siebentes Schiff, Commander.«

Noch einmal löste Duyair einen Schuß aus. Wieder schoß ein Energiestrahl nach oben, erneut brach der Schutzschirm des Gegners unter der Gewalt des Hammers zusammen — ein zweites Schiff wurde vernichtet.

»Das ist ungeheuerlich!« sagte Millo. »Ladung verdoppeln! Vernichtet sie!«

Duyair kicherte leise. Er berührte den Auslöser seiner Kanone noch zweimal — ein drittes und ein viertes Schiff der Angreifer wurden vernichtet.

»Der Hammer!« riefen die Menschen von unten. »Er zerstört die Schiffe des Imperiums!«

Wieder schlug der Hammer zu, ein fünftes Schiff brach auseinander. Dann das sechste.

»Eine unbesiegbare Kanone, Commander Millo, gekoppelt mit einem undurchdringlichen, planetenweiten Schutzschirm. Das ist der Hammer von Aldryne«, sagte Duyair. »Das haben wir in Reserve gehalten, damit haben wir auf den Tag gewartet, wo wir es einsetzen können — wir haben gewartet, bis die Zeit reif dafür war, das Imperium zu zerschlagen!«

Noch einmal betätigte er den Auslösemechanismus der Kanone, und als der Himmel wieder frei wurde, hing nur noch das Flaggschiff Peerless zwischen den Sternen über Aldryne.

»Wir geben auf! Wir ergeben uns!« schrie Commander Millo herunter.

»Akzeptiert«, sagte Duyair. »Ich befehle Ihnen, zum Kaiser zurückzukehren, Millo. Erzählen Sie ihm, was an diesem Tag auf Aldryne geschehen ist. Gehen Sie, ich verschone Sie.«

Commander Millo brauchte keine zweite Aufforderung. Die Triebwerke des Flaggschiffes röhrten auf, drehten das Schiff, und dann raste es mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Dervonar davon — der einzige Überlebende der stolzen Imperiumsflotte.

Duyair wartete, bis das Schiff nicht mehr zu orten war, dann wandte er sich an die Priester neben sich.

»Übernehmt die Kommunikationsgeräte«, ordnete er an. »Die Nachricht über diesen Sieg muß zu jedem Planeten des Imperiums gelangen. Heute ist die Nacht gekommen, in der wir uns gegen Dervon erheben!«

Er verstummte, um sich die Stirn zu wischen. Dann lächelte er; der Hammer hatte funktioniert, die Installation war korrekt durchgeführt worden. Die alte Kanone, die all die Jahre nutzlos gewesen war, hatte sich als ideales Instrument für den Einsatz der gewaltigen Kräfte des Hammers geeignet.

Der Schutzschirm und die Kanone — das war eine Kombination, mit der Duyair die Galaxis beherrschen konnte, wenn er wollte. Aber er verspürte keinen Wunsch, ein neues Imperium zu errichten.

»Nachricht von Dykran«, sagte ein Priester. »Von einem Bluir Marsh. Er schickt Glückwünsche und die Information, daß heute nacht dreitausend Welten gegen den Kaiser losschlagen.«

»Bestätigen Sie den Empfang«, sagte Duyair. Dann trat er wieder auf die Brüstung des Tempels hinaus. Inzwischen hatten sich weitere Tausende Bürger eingefunden.

»In sehr kurzer Zeit«, sagte er laut, »wird ein Schiff mit dem Hammer an Bord diesen Planeten verlassen. Und da es unbesiegbar ist, wird es ganz allein die Imperiumsflotte vernichten. Noch heute wird das Imperium zusammenbrechen, werden zehntausend unabhängige Welten seinen Platz einnehmen!«

»Duyair!« brüllte die Masse. »Hammer! Duyair! Hoch!«

Es war soweit.

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