11

»Du scheinst nervös zu sein«, sagte Grunt.

»Sie hätten uns längst einholen müssen«, sagte ich.

Ich stand am Rand unseres kleinen Lagers zwischen einigen Bäumen, die einen Bachlauf säumten. Es war später Nachmittag.

»Nein«, sagte Grunt. »Schlag dir das aus dem Kopf.«

Ich wandte mich wieder dem Lager zu.

Ginger und Evelyn waren von der Kette losgemacht worden, damit sie Holz sammeln und kochen und im Lager sonstige Arbeiten erledigen konnten. Der Rest der Kette war an einem Baum festgemacht.

»Ich bin das erste Mädchen an der Kette«, sagte Ginger und wanderte an der Reihe der vor ihr knienden Mädchen entlang. »Evelyn ist das zweite Mädchen.« Sie deutete auf Evelyn. Sie sprach Englisch, eine Sprache, die die neuen Barbarinnen ausnahmslos verstanden. Drei waren Amerikanerinnen, darunter auch die Rothaarige, zwei kamen aus Großbritannien. Zwei Mädchen waren in Schweden, die letzte in Frankreich geboren worden: Sie war das Mädchen mit dem kurzen dunklen Haar. »Ihr werdet Evelyn und mich als Herrin anreden«, fuhr Ginger fort. »Und ihr werdet eure Lektion gründlich lernen, sonst droht euch die Peitsche.«

Die Mädchen sahen sich an.

»Evelyn und ich«, fuhr Ginger fort, »wollen die Arbeit im Lager nicht allein tun. Einige von euch werden also zeitweise losgebunden, um uns zu helfen.«

Wieder blickten die Mädchen sich an.

»Ihr kleinen Dummköpfe!« rief Ginger lachend. »Vergeßt den Gedanken an Flucht! Eine Flucht ist unmöglich.«

Einige Mädchen erröteten.

»Ihr kennt euch hier nicht aus, ihr seid Barbarinnen, ihr sprecht die Sprache der Herren nicht, und selbst wenn ihr sie dann lernt, wird euch der Akzent verraten. Und ihr tragt das Brandzeichen! Nein, schlagt euch den Gedanken an Flucht aus dem Kopf. Ein sinnloser, törichter Traum, der zu einer goreanischen Sklavin auch nicht paßt. Niemand wird euch retten. Wo wolltet ihr auch Zuflucht suchen? Jeder Mann, der euch fände, würde euch eurem Herrn zur Bestrafung zurückgeben oder euch als Sklavin selbst behalten!«

Erschrocken blickten die Mädchen sie an.

»Zweifellos wurden euch auf der Erde manche idiotischen Dinge über euch selbst und die Männer beigebracht. Sicher habt ihr tief in eurem Herzen schon das eine oder andere Mal erkannt, daß darin keine Wahrheit liegt.«

Mehrere Mädchen schienen sehr verängstigt zu sein. Sie verstanden nur zu gut, was Ginger ihnen sagen wollte.

»In solchen Momenten habt ihr tief drinnen eure Schönheit und eure Bedürfnisse gespürt, eine Sehnsucht. Und darin lag ein erstes Begreifen der großen Themen der Natur, der Herrschaft und Unterwerfung, eures eigenen offenkundigen, natürlichen Platzes in einer solchen Ordnung. Vielleicht habt ihr euch in solchen Augenblicken schon wagemutig nach der Hand eines Herrn gesehnt, der euch berührte, eines großartigen, unbarmherzigen Mannes, der euch Erfüllung bringen, der eure tiefsten Bedürfnisse stillen könnte, der euch absolut beherrschen und euch, zu eurer eigenen Freude, die Gänze von Liebe und Gehorsam abzwingen würde, die zu geben ihr geboren seid.«

Entsetzt starrten die Mädchen sie an.

»Auf dieser Welt gibt es keinen Mangel an solchen Männern, und ihr, meine Lieben, seid Sklavinnen. Das macht euch ein für allemal klar!«

»Ein hübscher Haufen«, sagte Grunt zu mir.

»Ja.«

»Siehst du die Rothaarige dort?«

»Ja.«

»Sie ist noch Jungfrau.«

»Ach.«

»Ja«, sagte er, »ich habe sie heute früh untersucht.«

»Ich verstehe«, sagte ich. »Schade.«

»Wieso?« fragte Grunt.

»Weil sie sehr hübsch ist«, antwortete ich.

»Ich verstehe nicht, was du meinst.«

»Ihre Jungfräulichkeit wird zweifellos ihren Preis hochtreiben.«

»Nicht im Ödland.«

»Nein?«

»Nein«, antwortete Grunt. »Die Jungfräulichkeit wird hier nur bei den eigenen Frauen wichtig genommen.«

»Aha.«

»Wenn du einen weiblichen Tarsk kaufst«, sagte Grunt, »wäre dir dann wichtig, ob das Tier jungfräulich ist?«

»Nein.«

»Wenn sie dir gefällt, kannst du sie dir nehmen«, sagte er, »oder jede andere.«

»Vielen Dank.«

»Doch sei beim ersten Mal nett zu ihr.«

»Schön.«

»Sie wird später noch erfahren, was es bedeutet, eine echte Sklavin zu sein.« Er wandte sich ab.

»Grunt!« sagte ich.

Er schaute mich an. Wie bei unserer Begegnung trug er den breitkrempigen Hut. Ich hatte ihn nie ohne gesehen. »Ja?«

»Die Hobarts«, sagte ich, »die Männer, die uns verfolgt haben, was ist mit ihnen?«

»Wenn sie uns immer noch verfolgten«, antwortete er, »hätten sie uns längst erreicht.«

»Ja«, sagte ich.

»Also folgen sie uns nicht mehr.«

»Ich will das gern glauben«, sagte ich.

»Also schlag dir die Frage aus dem Kopf.«

»Was ist aus ihnen geworden?«

»Es ist Zeit zum Schlafen.«

»Was ist aus ihnen geworden?«

»Darüber werden wir uns morgen früh Gewißheit verschaffen. Bist dahin wollen wir schlafen.«

»Na gut«, sagte ich.

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