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Ich wandte meine Aufmerksamkeit von der anscheinend sehr hübschen jungen Frau ab, die voll bekleidet auf dem Hauptblock angebunden war, und ließ den Blick durch den Saal wandern.

In einem solchen Auktions- und Verkaufssaal ist zwischen dem Hauptblock und den Nebenblocks oder Nebenplattformen zu unterscheiden. Ram Seibars Arrangement war nicht untypisch für die Anlage solcher Orte, besonders in Grenzgebieten. Natürlich gibt es von Markt zu Markt, von Stadt zu Stadt eine beinahe unendliche Vielfalt von Methoden, Sklaven zu präsentieren und zu verkaufen. Was nicht weiter überraschend ist, wenn man bedenkt, daß die Institution der Sklaverei auf Gor sehr erfolgreich und seit vielen Jahrhunderten eingeführt ist.

Im großen Verkaufssaal Ram Seibars gibt es einundzwanzig Verkaufsplattformen. Zwanzig sind Nebenschauplätze, Nebenblöcke, zehn links, zehn rechts angeordnet. Sie sind etwa einen Meter hoch und messen fünf Fuß im Durchmesser. Der Block in der Mitte, zu dem man über eine kleine Treppe emporsteigt, liegt dem Eingang gegenüber. Er ist sieben oder acht Fuß hoch und hat einen Durchmesser von zwanzig Fuß. Auf den Nebenblöcken finden selten Auktionen statt. Gelegentlich wird dort zu festen Preisen verkauft. Im allgemeinen aber ergibt sich der Preis durch Feilschen und Schachern. Das Mädchen hofft dabei, daß der neue Herr genug bezahlt, um in ihr zumindest einen geringen Wert zu sehen, und nicht so viel, daß er sich später über den Verkäufer ärgert und diesen Zorn womöglich an ihr ausläßt. ›Nebenblockmädchen‹ – das ist in der Umgangssprache eine herabwürdigende Bezeichnung, etwas wie ›Topfmädchen‹ und ›Kessel-und-Matten-Mädchen‹. Sicher war es ruhmreicher, von einer Hauptplattform versteigert zu werden und nicht beiläufig auf einem Nebenblock zum Verkauf zu kommen.

Ich ging zur linken Seite hinüber, um mir einige Nebenblöcke anzuschauen.

»Ich nehme die hier«, hörte ich einen Mann sagen – womit der Kauf des Mädchens vollzogen war. Sie gehörte zu den wenigen, für die Ram Seibar einen Preis festgesetzt hatte. Und die bereits gebrandmarkt worden waren. Sobald auf einer Nebenplattform ein Mädchen verkauft wurde, schob man ein anderes an ihre Stelle.

»Wie kommst du dazu, ein Mädchen ohne Brandzeichen zu verkaufen?« wollte ein Besucher von einem Wächter wissen und deutete auf eine sommersprossige rothaarige Barbarin, die angstvoll auf einer Plattform kniete.

»Ist sie dir fünfzig Tarsks wert?« fragte der Wächter.

»Ja.«

Sofort nahm der Wächter das Mädchen von der Plattform und schob sie in die Arme eines bereitstehenden Helfers. »Fünfzig Tarsks für diesen kleinen Tarsk«, sagte er. »Dies wird der Käufer sein«, fuhr er fort und deutete auf den Mann, der sich für das Mädchen interessiert hatte. Der Assistent nickte, warf sich das Mädchen über die Schulter und verschwand.

»In zehn Ehn kannst du sie am Haupteingang abholen«, sagte der Sklavenhändler zu seinem Kunden. »Dann wird sie das Brandzeichen tragen.«

Der Mann nickte und wandte sich ab.

Ich lächelte vor mich hin. Das Geschäft war raffiniert geworden. Technisch gesehen würde der Verkauf erst stattfinden, nachdem die junge Frau das Brandzeichen erhalten hatte. Und nur so durften Sklavinnen verkauft werden. Ich warf einen Blick in die Runde. Die Mehrzahl der angebotenen Mädchen trug dieses Zeichen noch nicht. Natürlich lag dies an der Kürze der Zeit, die sie sich in Ram Seibars Besitz befanden. Daß die Mädchen so schnell zum Verkauf kamen, ist in der Grenzzone nicht ungewöhnlich. Erstens besteht eine starke Nachfrage, und zweitens haben die meisten Händler in dieser Gegend Gors wohl wenig Lust, Zeit und Geld für Training, richtige Ernährung und Leibesübungen aufzuwenden. Sie vertreten den Standpunkt, daß für diese Dinge auch der Herr des Mädchens sorgen kann, und zwar nach seinem eigenen Gutdünken.

»Ich nehme die hier«, sagte ein kleiner, stämmiger, breitschultriger Bursche, der einen breitkrempigen Hut trug. »Sie hat kräftige Beine. Laß sie brandmarken und zu den anderen tun.«

Der Angestellte des Sklavenhändlers nickte. Über den Preis wurde nicht gesprochen. Vermutlich war für eine bestimmte Anzahl von Mädchen eine Mengen-Abnahme vereinbart worden, vermutlich sogar mit Ram Seibar persönlich. Der Angestellte schien sich bei dem Gespräch mit dem Kunden nicht unsicher zu fühlen. Offenbar war der Mann in dieser Gegend gut bekannt. Er hatte schon mehr als ein Mädchen erworben, die meistens von gutem Aussehen, wenngleich ihm das nicht das Wichtigste zu sein schien. Für seine Käufe schienen ihm andere Kriterien wichtiger zu sein.

»Ehrenwerte Herren!« rief der Mann in dem schmutzigen blaugelben Hemd, der vorhin am Eingang seine Waren angepriesen hatte. »Ehrenwerte Herren! Wir sind bereit für die letzte Auktion des Abends!«

Diese Ankündigung wurde von interessiertem Gemurmel beantwortet, und die Anwesenden schoben sich durch den Raum auf die Hauptplattform zu. Dicht daneben war die voll bekleidete, anscheinend sehr hübsche junge Frau zur Schau gestellt. Offenbar hatte man sie bis zuletzt aufgehoben. Im Verlauf des Abends waren zu unregelmäßigen Zeiten andere Mädchen versteigert worden, fünfzehn oder sechzehn. Ich war geblieben, um den Verkauf dieser Frau zu beobachten, denn es interessierte mich zu sehen, ob sie so hübsch war, wie die zarten Gesichtszüge vermuten ließen. Sie war ein hellhäutiges, schlankes, geschmeidig wirkendes Mädchen. Sie schien hübsche Brüste, eine zarte Taille und wunderschön ausschwingende Hüften zu haben, die zweifellos ein verlockendes Liebesnest bargen. Ihre Augen, die von Zeit zu Zeit angstvoll in die Menge blickten, waren blau. Das rote Haar war mit einem Band streng zurückgebunden. Sie konnte als Vergnügungssklavin in Frage kommen.

Ich wandte mich zurück und blickte an der linken Reihe der Nebenplattformen entlang. Die Mädchen darauf wirkten verlassen, unbeachtet, einige schienen sich sogar zu ärgern, daß sie nicht mehr im Mittelpunkt des Interesses standen.

»Ich glaube, wir können anfangen!« rief der korpulente Mann. Mit der Kaiilapeitsche deutete er auf das rothaarige Mädchen. »Hier hätten wir das letzte gute Stück, auf das heute abend geboten werden kann, eine hellhäutige, rothaarige barbarische Schönheit.«

»Wir wissen nicht, ob sie schön ist oder nicht!« rief ein Mann.

Der Auktionator beachtete den Ruf nicht. »Ich möchte Ihnen gleich zu Anfang versichern«, fuhr er fort, »daß wir nach der Beendigung der Auktion noch eine Ahn geöffnet haben werden. Sie können dann noch einmal die Leckerbissen auf unseren Nebenplattformen in Augenschein nehmen und sich immer noch zu einem Kauf entscheiden.«

»Mach schon! Wir wollen sie sehen!« rief eine Stimme.

»Wir haben diese barbarische Schönheit bis zuletzt aufgehoben«, sagte der Angestellte Ram Seibars. »Sie bildet den krönenden Abschluß der Auktion des heutigen Abends. Seht sie euch an. Macht sie euch nicht Appetit?«

»Allerdings!« rief so mancher Zuschauer lachend.

»Wir wollen sie sehen!« forderte ein anderer.

»Eine hellhäutige, rothaarige barbarische Schönheit!« wiederholte der Auktionator. »Hochintelligent, vornehm erzogen und empfindsam, eine Frau, die sich in ihrer Heimat zweifellos aus der Masse heraushebt – die auf Gor aber das Gehorchen und Dienen lernen wird.«

Das Mädchen blickte bedrückt auf die Menge. Sicher verstand sie nicht, was mit ihr geschah. Sie war eine Barbarin und gerade erst auf diesen Planeten gebracht worden. Sie sprach kein Goreanisch.

Der Auktionator verstand sein Geschäft. »Seht euch an, was sie trägt, welch absurde Kleidung! Es scheint sich um ein Mittelding zwischen der Gewandung einer freien Frau und der einer Sklavin zu handeln.« Soweit ich erkennen konnte, hatte die Frau ein attraktives Kleid an, wie man es oft bei Karrierefrauen sieht, die nicht zu weiblich erscheinen wollen und dürfen. Das Kleid war aus einem weichen braunen synthetischen Material und fiel eine Handbreit unter das Knie. Kleine, runde rote Knöpfe schlossen das Vorderteil und ebenso die Manschetten. Ein in der Farbe passender Gürtel vervollständigte die Ausstattung.

»Ist dies die Kleidung einer freien Frau oder einer Sklavin?« rief der Auktionator.

»Die einer Sklavin!« riefen die Männer. »Zieht sie aus!«

»Wie ihr wollt.« Der Auktionator beugte sich nieder und befreite das Mädchen von den hochhackigen Schuhen, die mit Gurten befestigt waren. »Sie hat hübsche Füße«, verkündete er. »Findet ihr nicht auch?«

»Ja!« riefen mehrere Stimmen.

»Ich bin besser als sie«, sagte eine Mädchenstimme neben mir. Gleichzeitig legte sich eine Hand sanft um meinen Arm. Ich senkte den Blick und erinnerte mich an sie. Ich hatte sie vor dem Beginn der Verkäufe schon draußen auf der Straße gesehen, ein Tavernenmädchen namens Ginger.

»Ich dachte, du wärst besetzt«, sagte ich.

Sie zupfte mich am Ärmel. »Er behielt mich eine Ahn lang bei sich«, sagte sie mit Schmollmund. »Ich mußte ihm gut dienen.«

»Ausgezeichnet«, sagte ich.

»Aber jetzt bin ich nicht mehr besetzt, Herr«, sagte sie.

»Hör nicht auf sie, Herr«, schnurrte eine Stimme von der anderen Seite. »Komm lieber mit mir. Ich bin ebenfalls eine Barbarin und heiße Evelyn.« Ich schaute nach links. Dort stand ein dunkelhaariges Mädchen, offenkundig ebenfalls eine Tavernensklavin, obgleich sie anders gekleidet war. Offenbar gab es Unterschiede im Geschmack oder in der Geschäftsauffassung ihrer Herren: Das neue Mädchen trug ein enges, schulterfreies Oberteil, dazu einen kurzen schwarzen Seidenrock, der mit Rüschen und roten Linien bestickt und mit Krinolinen verstärkt war. Eine schwarze Schleife zierte den hinteren Teil ihres Stahlkragens. Ein rotes Band, in der Farbe passend zu den roten Stickereien, steckte in ihrem Haar. Es war eine Aufmachung, wie sie Sklavinnen normalerweise verweigert wird, und ließ in ihrem Gesamteindruck an andere Zeiten und fremde Welten denken. Natürlich leiten sich die meisten goreanischen Moderichtungen von irdischen Einflüssen her.

»Beachte sie nicht«, sagte Ginger. »Begleite mich in Randolphs Taverne.«

»Nein, mich, zur Taverne des Russell!«

»Ihr beide müßt euch hier eingeschlichen haben«, sagte ich, denn ich konnte mir nicht vorstellen, daß Ram Seibar es begrüßte, wenn Mädchen in seinem Saal Freier suchten, besonders wenn ein Verkauf im Gange war.

»Schlimmstenfalls würde man uns auspeitschen und vertreiben«, sagte Evelyn.

»Aber auf die Waden«, gab Ginger zu bedenken. »Das tut weh.«

»Ja«, sagte Evelyn erschaudernd. Offenbar waren sie schon mehr als einmal von zornigen Helfern vom Grundstück getrieben worden.

»Nein!« rief das Mädchen, das, an den Händen aufgehängt, im Blickpunkt der Menge stand. »Nein! Nein!« Der Gürtel ihres Kleides war aufgerissen, das Kleid war ihr vom Leib gerissen worden.

»Was wollen Sie?« rief sie. »Was tun Sie da?«

»Ich finde sie nicht hübsch«, sagte Ginger.

»Ich auch nicht«, stimmte ihr Evelyn zu. »Du bist vielleicht sogar hübscher als sie.«

»Ich bin wunderschön!« behauptete Ginger. »Nicht ich, sondern du könntest allenfalls gerade ein bißchen ansehnlicher sein als sie, meine mannstolle kleinen Sklavendirne!«

»Mannstoll?« rief Evelyn. »Ich habe selbst gehört, wie du auf deine Fesseln beißt, wie du jammerst, damit man dich nachts losbindet.«

»Dabei ist es in Kailiauk kein Geheimnis, wie sehr du dir die Fingernägel abkratzt, um aus deinem Gehege herausgelassen zu werden!«

»Ich kann nichts dafür, daß die Männer mein Sklavenwesen zum Durchbruch gebracht haben«, sagte Evelyn mit Tränen in den Augen.

»Und auch in mir wurden alle Dämme eingerissen«, sagte Ginger. »Rückhaltlos.«

»Ich bin rückhaltloser in meiner Leidenschaft als du!« behauptete Evelyn.

»O nein, bist du nicht!«

»Seid still, ihr Sklavendirnen!« rief ich.

»Ja, Herr!« flüsterte Ginger.

»Ja, Herr!« sagte auch die andere.

Unter dem Kleid trug das Mädchen auf der Plattform einen knielangen Unterrock aus weißer Seide.

Müßig überlegte ich, warum sich die beiden Tavernenmädchen Ginger und Evelyn ausgerechnet mich ausgesucht hatten. Es gab viele Männer in Kailiauk. Um diese Abendstunde wollte es mir seltsam erscheinen, daß sie sich überhaupt aus der Taverne entfernt hatten. Gewiß war dies die Zeit, da sie sich darum kümmern mußten, für ihre Herren Geld zu verdienen, indem sie in ihren Nischen die Gäste unterhielten. Ich schlug mir den Gedanken aus dem Kopf.

»Nein!« flehte das Mädchen auf dem Block. »Bitte nicht!«

Der Unterrock wurde ihr heruntergezogen.

»Ein Silber-Tarsk!« rief ein Mann.

»Ausgezeichnet«, sagte der Auktionator.

Es schien mir ein ungewöhnlich hohes Gebot für eine untrainierte barbarische Sklavin zu sein, zumal als Eröffnung der Auktion. Andererseits war mir schon aufgefallen, daß in Kailiauk für Mädchen hohe Preise verlangt und bezahlt wurden, die natürlich von Ort und Zeit abhingen. In Kailiauk gibt es viele Männer mit Geld, das sie im Handel von Fellen und Horn und Kaiila verdient haben. Außerdem herrscht in dieser unmittelbaren Nähe der Grenzzone, nur wenige Pasangs von der Ihanke entfernt, fern der normalen Wege des Sklavenhandels, ein gewisser Mangel an Sklavinnen, besonders an schönen Mädchen. Dementsprechend machen die Männer der Gegend hohe Angebote.

Die zum Verkauf stehende Sklavin trug nun nur noch Büstenhalter und Höschen.

»Häßlich ist sie eigentlich doch nicht«, sagte Ginger.

»Nein«, meinte Evelyn.

»Macht ihr das Haar auf!« rief ein Mann.

Ich lächelte. Ja, es war Zeit, dem Mädchen die Haare herabzulassen.

»Aber ja«, sagte der Auktionator und öffnete das Haarband, das ihrer Frisur einen Anflug von Strenge gegeben hatte. Er zog ihr Haar herab und schüttelte es aus. In den Fesseln drehte er sie dann nach links und rechts, damit alle Männer das prächtige Haar sehen konnten.

»So hübsch wie ich ist sie aber nicht!« sagte Ginger.

»Und nicht so hübsch wie ich!« fiel Evelyn ein.

Ich mußte lächeln. Zweifellos würde das Mädchen mehr erbringen als jede der beiden Sklavinnen, obwohl sie offenbar voll trainiert und willig waren.

»Zwei Silber-Tarsks«, bot ein Mann.

»Ausgezeichnet!« sagte der Auktionator.

Angstvoll und bekümmert blickte das Mädchen in die Menge. Gewiß klammerte sie sich an die Hoffnung, daß die Entblößung nun ein Ende hätte. Die brutalen Kerle wagten es sicher nicht, das Spiel noch weiter zu treiben! Daß man sie angekleidet auf den Block gebracht hatte, mußte ein Zeichen sein, daß man letztlich doch Rücksicht auf ihre Würde und ihren Stolz nehmen wollte. Und war sie nicht besser als die anderen Mädchen?

»Warst du ein Nebenblock-Mädchen?« fragte Ginger.

»Nein«, antwortete Evelyn. »Man hat mich in einer Auktion verkauft.«

»Mich auch«, sagte Ginger. »Meinst du, man hält sie für besser als uns?«

»Möglich. Männer sind Dummköpfe«, sagte Evelyn.

»Nein! Nein!« schrie das Mädchen in diesem Moment auf. »Bitte nein!«

Aber ihre Bitte wurde nicht erhört. Unbekleidet war sie wunderschön.

»Drei Tarsks!« rief ein Mann.

»Drei fünf«, sagte ein anderer und meinte damit ein Gebot von drei Silber-Tarsks und fünfzig Kupfer-Tarsks. In Kailiauk kamen hundert Kupfer-Tarsks auf einen Silber-Tarsk. In manchen anderen Städten und Marktflecken ist das Verhältnis zehn zu eins. Die kleinste goreanische Münze ist im allgemeinen der kleine Tarsk, ein Viertel bis ein Zehntel eines Tarsk. Die goreanischen Münzen unterscheiden sich von Gemeinde zu Gemeinde. Gewisse Münzen, zum Beispiel der Silber-Tarsk aus Tharna und der Gold-Tarn von Ar, bringen ein wenig Ordnung in das Durcheinander, das sonst den Handel sehr erschweren würde. Eine ähnliche übergreifende Funktion kommt in der Gegend des Tamber-Golfs und weiter südlich am Thassa dem goldenen Tarn von Port Kar zu. Goldhändler verlassen sich oft auf ihre Waagen, was sehr vernünftig ist, denn immer wieder kommt es zu Legierungen, was gewöhnlich von den fraglichen Gemeinden nicht angekündigt wird, und zu Abschälungen und Teilungen von Münzen. So ist es nicht ungewöhnlich, in einem goreanischen Münzbeutel neben ganzen Münzen auch Münzsegmente vorzufinden. Geschäfte werden oft auch über Kreditbriefe abgewickelt. Papiergeld im eigentlichen Sinne gibt es aber nicht.

»Vier!« rief ein Mann.

»Fünf!« wurde er überboten.

»Aber meine Herren!« rief der Auktionator. »Haltet euch zurück. Seht ihr nicht, daß sie nicht einmal das Brandzeichen trägt?«

Zwei Helfer schoben ein Brandungsgestell herein, schnallten das fassungslose Mädchen fest und nahmen das glühende Brandzeichen zur Hand.

Mit aufgerissenen Augen starrte das Mädchen darauf.

»Nein!« schrie sie. »Seid ihr Ungeheuer und Barbaren? Wofür haltet ihr mich? Für ein Tier? Oder für eine Sklavin?«

Das Eisen näherte sich der freigehaltenen runden Öffnung an ihrem Oberschenkel.

»Ihr blufft nur!« rief sie. »Das kann doch alles nicht wahr sein!«

Aber sie sollte erfahren, daß ihre Augen sie nicht betrogen hatten.

Die Klemmvorrichtung wurde geöffnet. Schluchzend kniete sie vor dem Auktionator.

»Sie weiß noch nicht, was mit ihr geschehen ist«, meinte Ginger.

»Sie weiß es«, widersprach Evelyn.

»Aber sie hat es noch nicht ganz begriffen.«

»Ich habe ein Gebot auf fünf Tarsks auf dieses Mädchen!« rief der Auktionator. »Höre ich mehr?«

»Zeig sie uns richtig!« forderte ein Mann.

Der Auktionator kam der Aufforderung nach.

»Fünf fünf!«

»Gut!« rief der Auktionator. »Stellt sie euch an eurem Sklavenkragen vor!«

»Fünf sieben!«

Im Lauf des Abends war mir schon mehrmals aufgefallen, daß der Auktionator und auch verschiedene Helfer die Anwesenheit der beiden Tavernenmädchen im Publikum bemerkt hatten. Sie unternahmen allerdings nichts gegen sie, was ich interessant fand. Vielleicht nahmen sie an, die beiden wären in meiner Begleitung. Wieder beschäftigte mich die Frage, warum die Mädchen sich ausgerechnet an mich klammerten. Da ich keine zu ihrer Taverne begleiten wollte, hätte sie sich nach einer gewissen Zeit bemühen müssen, ihre Schönheit auf interessantere Kandidaten wirken zu lassen. Gewiß entsprach es nicht ihrem Auftrag, sich eine Sklavenauktion anzuschauen.

Ich richtete den Blick wieder auf den Hauptblock. Die Sklavin war inzwischen ihrer letzten Würde beraubt und dem Publikum in allen ihren Reaktionen vorgeführt worden - die sich in der Tat sehr vielversprechend ausmachten. Das Bieten war noch lebhafter geworden und stand inzwischen bei sechs Silber-Tarsks und neun Kupfer-Tarsks.

In diesem Moment gab es am Eingang einen Aufruhr. Stimmen brüllten hinter uns. Zornig blickte der Auktionator zum Eingang. Sieben oder acht Männer, die die Stiefel und Gewänder von Treibern trugen, stürmten herein. Zwei oder drei trugen halb geleerte Paga-Flaschen bei sich. Zwei hielten blankgezogene Schwerter in den Händen. Die Tavernenmädchen klammerten sich fest und versuchten hinter mir Schutz zu suchen. Offenbar handelte es sich um Angehörige der Treibergruppe, die ich vorhin hatte eintreffen sehen, als sie ihre Kaiila brüllend durch die Straßen trieben.

»Meine Herren!« sagte der Auktionator. »Stört den Frieden nicht! Steckt die Waffen ein! Hier ist ein Verkauf im Gange.«

»Da sind sie ja!« rief einer der Treiber und deutete auf uns. Er war ein junger, dunkelhaariger, grobschlächtig wirkender Mann. Die Tavernenmädchen begannen zu jammern. Ich schüttelte sie ab. Der Bursche schob keuchend die Klinge in die Scheide und stolzierte auf uns zu. Ein zweiter Mann, der eine gewisse Ähnlichkeit mit ihm hatte, folgte dichtauf.

»Die Hobarts«, sagte ein Mann, »von der Bar-Ina-Ranch.«

Der erste der beiden packte Evelyn an den Armen und schüttelte sie dermaßen grob, daß ich schon fürchtete, ihr schmaler Hals würde brechen. »Ich habe dich in der Taverne gesucht«, sagte er zornig zu ihr. »Du wußtest doch, daß ich heute abend eine Herde in die Stadt bringen würde.«

»Und du, du kleine Dirne!« fauchte der andere. »Was ist mit dir?« Beide Hände krallte er in Gingers Haar und warf sie brutal vor sich zu Boden. Es freute mich zu sehen, daß er mit einer Sklavin umzugehen verstand. Sie blickte zu ihm auf, die kleinen Händen hilflos auf seine Handgelenke gelegt, Tränen in den Augen. »Warum warst du nicht in Randolphs Taverne und hast auf mich gewartet?« wollte er wissen.

Plötzlich glaubte ich ein wenig besser zu verstehen, warum die beiden Mädchen nicht in ihren Tavernen gewesen waren, warum sie sich offenbar unter dem Vorwand, für ihre Herren Kunden einfangen zu wollen, im Verkaufssaal Ram Seibars versteckt hatten. Weniger verstand ich den Umstand, daß das Personal sie nicht von hier vertrieben hatte. Die Anwesenheit zweier so aufreizender Tavernenmädchen war durchaus dazu angetan, zumindest einige Käufer abzulenken. Diese Tatsache war um so rätselhafter, als die beiden in der Vergangenheit in ähnlicher Situation mit Peitschenhieben vertrieben worden waren. Offenbar taten sie so etwas nicht zum erstenmal.

Der erste junge Bursche riß Evelyn herum und schleuderte sie ein Stück von sich fort, in Richtung Tür. »Führ mich in die Taverne, Sklavin!« forderte er.

»Ja, Herr«, antwortete sie weinend.

»Und du«, knirschte der andere und warf Ginger zu Boden, »begibst dich jetzt schleunigst in Randolphs Taverne!«

»Ja, Herr.«

Zwei an der Tür stehende Helfer des Hauses sahen sich nervös und unbehaglich an. Ich verstand diese Reaktion nicht. Was konnte es sie kümmern, daß die beiden Frauen in ihre Lokale zurückgebracht werden sollten?

Der erste der beiden Hobarts drehte sich um und starrte mich aufgebracht an. Mein Blick fiel auf seine Waffe. Sie hing an seiner linken Hüfte, so daß er wahrscheinlich Rechtshänder war. Dementsprechend behielt ich seine Rechte im Auge. Sie verkrampfte sich nicht, machte keine Anstalten, sich dem Schwertgriff zu nähern.

Offensichtlich war er zornig. Gelassen begegnete ich seinem Blick.

Mir wurde bewußt, daß die Mädchen mich ausgesucht hatten, weil sie von mir Schutz erhofften. Vermutlich war ich ihnen groß und kräftig vorgekommen; außerdem trug ich ein Schwert. Überdies war ich fremd in der Stadt und wußte bestimmt nichts von den Hobarts oder der Mannschaft der Bar-Ina oder irgendwelchen anderen Leuten, die sich für sie interessieren mochten. Auf ihre Weise hatten sie versucht, mich auszunutzen, worüber ich mich ärgerte. Natürlich hatten sie sich schwer getäuscht. Da ich sie nicht selbst in die Nische mitnehmen wollte, konnte ich ihnen keinerlei Schutz bieten. Sie gehörten voll und ganz ihrem Herrn – und den Männern im allgemeinen. Sie waren Sklavinnen. Trotzdem würde es mir nicht gefallen, sollten dieser Bursche und seine Treiberkollegen annehmen, sie nähmen mir die Mädchen fort.

Der Mann schlug zu. Die folgenden Ereignisse spielten sich sehr schnell ab. Ich glaube nicht, daß die Umstehenden alles mitbekamen. Ich umfaßte sein Handgelenk, drehte es und riß ihn vorwärts von den Beinen, während ich gleichzeitig einen heftigen Tritt nach oben ansetzte. Anschließend drehte ich sein Handgelenk zurück und stieß ihn zur Seite. Den zweiten Mann erwischte ein nach hinten geführter Tritt, als sein Stahl kaum halb aus der Scheide geglitten war. Da ich gerade in die andere Richtung blickte, kam mein Fuß für ihn offenbar sehr überraschend, auch im Hinblick auf die Art und Stärke des Aufpralls. Unerfahrene Männer rechnen oft ausschließlich mit Frontalangriffen. Dem geübten Kämpfer stehen dagegen verschiedene Möglichkeiten offen. Meine Klinge war blank gezogen, ehe seine Knie einzuknicken begannen. Nun stand ich den Treibern mit gezogener Waffe gegenüber. Hastig wurde uns Platz gemacht, während der junge Mann zu Boden sank.

»Gut gemacht!« sagte der Mann mit dem breitkrempigen Hut.

Vor mir standen geduckt die fünf Treiber, Schwerter in den Händen; Flaschen wurden zur Seite geworfen.

»Wer den Angriff beginnt«, sagte der Auktionator vor der Höhe der Hauptplattform, »ist ein toter Mann!«

Die Treiber blickten sich um. Angestellte des Hauses hatten Armbrüste auf sie gerichtet. Die kurzen schweren Bolzen lagen in den Führungen. Die Sehnen waren angespannt. Finger lagen an den Abzügen.

Zornig steckten die Treiber ihre Waffen fort. Sie sammelten ihre beiden angeschlagenen Kameraden ein, faßten sie unter und verließen den Saal, nicht ohne mich mit finsteren Blicken zu bedenken.

»Die beiden Anführer«, sagte der Mann mit dem breitkrempigen Hut zu mir, »waren Max und Kyle Hobart von der Bar-Ina-Ranch. Keine sehr angenehmen Feinde.«

Ich zuckte die Achseln und steckte mein Schwert fort.

Die beiden Tavernenmädchen, die brünette Ginger und die dunkelhaarige Evelyn, näherten sich unauffällig der Tür.

»Einen Moment, ihr jungen Damen!« rief der Auktionator freundlich.

»Wir gehen, ihr Herren!« sagte Ginger unsicher.

»Vielleicht nicht«, meinte der Auktionator.

»Ihr Herren?« rief Ginger erschrocken. Hinter ihr polterte etwas zu Boden. Sie fuhr herum und erblickte ein massiges Sklavennetz, das vor der Türöffnung herabgelassen worden war.

Evelyn kniete nieder. »Bitte verzeiht uns, ihr Herren!« rief sie. »Bitte peitscht uns nicht aus!«

Hastig folgte Ginger dem Beispiel ihrer Leidensgenossin.

»Wer ist euer Herr?« fragte der Auktionator.

»Randolph aus Kailiauk«, antwortete Ginger.

»Russell aus Kailiauk«, sagte Evelyn.

»O nein, ihr hübschen Sklavinnen!« rief der Auktionator. »Euer Herr ist das Haus des Ram Seibar!«

»Herr?« rief Ginger.

»Ihr habt uns nun wirklich lange genug belästigt«, sagte der Auktionator.

»Herr?« wimmerte Ginger erschrocken.

»Vor zwei Tagen wurdet ihr von euren Herren erworben«, sagte der Auktionator. »Wie erwartet, habt ihr euch nun selbst abgeliefert.«

Die Mädchen blickten sich entsetzt an. »Ihr habt uns hier im Haus des Ram Seibar zum allerletzten Mal gestört!« rief der Mann von der Plattform.

In der Menge wurde laut gelacht über den Streich, der den beiden Sklavinnen gespielt worden war.

»Nimm ihnen die Kragen ab«, wandte sich der Auktionator an einen Helfer, der den Auftrag sofort ausführte. Seine Schlüssel paßten; zweifellos waren sie von den früheren Herren der Mädchen beim Verkauf zur Verfügung gestellt worden.

»Zieh sie aus!« forderte der Auktionator.

Evelyn und Ginger kamen diesem Kommando hastig zuvor. Dann blickten sie angstvoll in die Runde.

»Wir haben hier zwei der hübschesten Tavernenmädchen Kailiauks zum Verkauf!« fuhr der Auktionator lachend fort. »Seht sie euch an! Wir sind bereit, jedes über einen Silber-Tarsk hinausgehende Angebot in Betracht zu ziehen. Doch möchten wir die Erwerber bitten, dafür zu sorgen, daß die hübschen kleinen Kehrseiten aus Kailiauk verschwinden!«

Es gab Gelächter.

»Könnt ihr euch mit diesen anderen Sklavinnen verständigen?« wandte sich der Mann mit dem breitkrempigen Hut an die beiden Tavernenmädchen und deutete dabei auf die Nebenplattformen.

Ginger näherte sich einem Mädchen, das dort angebunden hockte. »Sprichst du Englisch?« fragte sie.

»Ja, ja!« antwortete das Mädchen verblüfft.

»Und die anderen, die bei dir waren«, fuhr Ginger fort, »sprechen die ebenfalls Englisch?«

»Die meisten, zumindest als Fremdsprache.«

Daraufhin wandte sich Ginger dem Mann mit dem breitkrempigen Hut zu. »Ich glaube, ich kann mit den meisten sprechen«, sagte sie auf Goreanisch. »Wenn du dich für ein bestimmtes Mädchen interessierst, kann ich sie ja befragen.«

Der Mann deutete auf das rothaarige Mädchen, das die Hauptplattform zierte.

»Sprichst du Englisch?« fragte Ginger.

»Ja!« rief das Mädchen und zerrte an ihren Fesseln. »Ja!«

»Ja«, sagte Ginger auf goreanisch zu dem Mann mit dem breitkrempigen Hut.

Er nickte sichtlich erfreut. Offenbar lag ihm daran, sich mit der Rothaarigen verständigen zu können. Ich glaube nicht, daß ihm an dem Kontakt mit den anderen besonders lag. Die Verwendung, der er diese Mädchen zuführen wollte, schloß wahrscheinlich die Feinheiten der Kommunikation nicht mit ein. Für seine Zwecke genügten zunächst die Signale von Stiefelspitze und Peitsche.

»Was ist das für eine Sprache, in der du die Frauen angeredet hast?« wollte er von Ginger wissen.

»Englisch, Herr«, antwortete sie.

Er deutete auf Evelyn. »Versteht diese Sklavin ebenfalls dieses Englisch?« fragte er.

»Ja, Herr«, sagten beide Mädchen im Chor.

Ich lächelte. Zweifellos konnten zwei Mädchen die rothaarige Barbarin schneller ausbilden als eine. Zum Beispiel konnten sie im Wechsel mit ihr arbeiten.

»Sie sprechen Englisch!« rief das Mädchen von der Nebenplattform. »Was ist das für ein Ort, und wie bin ich hierhergekommen?«

»Du befindest dich auf einer Welt, die Gor heißt«, gab Ginger Auskunft, »und wurdest von einem Raumschiff hergebracht.«

»Was ist das für ein Ort?« jammerte das Mädchen und hob ihre Fessel. »Und werden hier alle Frauen so behandelt?«

»Nein, nicht alle Frauen. Die meisten Frauen auf dieser Welt genießen ein Ansehen und eine Freiheit, die du dir als Erdenfrau nicht einmal vorstellen kannst. Sie sind prächtig gewandet, sind hoch angesehen, sie benehmen sich edel, ihr Prestige ist grenzenlos. Du allerdings mußt sie fürchten ...«

Das Mädchen verzog erschrocken das Gesicht.

»... denn du bist keine solche Frau! Du bist weniger als der Staub unter ihren Füßen. Du bist eine Sklavin!«

Ungläubig hob das andere Mädchen ihre Ketten.

»Ja, eine Sklavin!«

»O nein!« jammerte das Mädchen.

»Höre ich nun ein Gebot auf die Tavernenmädchen?« meldete sich der Auktionator.

»Fünf Kupfer-Tarsks für jede!« rief ein Mann lachend.

Zornig biß sich Ginger auf die Unterlippe. Männer lachten.

»Miß, o Miß, bitte!« meldete sich in diesem Moment das rothaarige Mädchen, das auf dem Hauptblock kniete. »Bin ich auch eine Sklavin?«

Ginger blickte sich um und spürte, daß «sie antworten konnte, ohne bestraft zu werden. Jede erfahrene Sklavin hat ein Gespür für solche Dinge.

»Ja«, sagte Ginger. »Du bist auch eine Sklavin, wir alle sind das! Du wirst gerade verkauft.«

»Nein!« rief das Mädchen. »Ich bin Millicent Aubrey-Welles aus Pennsylvanien! Man kann mich doch nicht verkaufen!«

»Du bist eine namenlose Sklavin, die zum Vergnügen ihres künftigen Herrn verkauft wird«, sagte Ginger.

Ehe die Rothaarige weitere Fragen stellen konnte, trat der Auktionator dazwischen. »Was wollten diese Frauen von dir?« fragte er.

»Sie wollten Auskunft haben über ihren Status, Herr«, antwortete Ginger.

»Sind sie dumm?«

»Ich glaube nicht, Herr«, sagte Ginger. »Sie kommen nur von einer Welt, die sie nicht darauf vorbereitet hat, die Naturgegebenheit gewisser Realitäten zu begreifen. Aber sei unbesorgt, Herr, wir lernen schnell.«

»Das ist mir bekannt!« sagte er grinsend.

In diesem Moment bemerkte ich den Mann mit dem breitkrempigen Hut, der dem Auktionator ein Zeichen gab.

»Wenn niemand die beiden Tavernenmädchen weiter untersuchen will, lasse ich sie jetzt in ein Gehege bringen!« rief der Auktionator.

Erstaunt sahen sich Ginger und Evelyn an. Da niemand etwas sagte, nickte der Auktionator zwei Helfern zu, die die verwunderten Mädchen durch eine Tür aus dem Saal führten.

Anscheinend hatte der Mann mit dem breitkrempigen Hut großen Einfluß in Kailiauk. Zumindest wurde er im Haus des Ram Seibar ernst genommen.

Als sich die schwere Tür hinter den Tavernenmädchen geschlossen hatte, sagte er zu dem Auktionator: »Eins fünf für jede.«

»Sonst noch Gebote?« fragte der Auktionator.

Schweigen herrschte im Saal. Ich fand es interessant, daß niemand mitbot.

»Eins fünf«, wiederholte der Auktionator. »Eins fünf, für jede.«

Nun deutete der Mann mit dem breitkrempigen Hut auf das Mädchen, das auf der Hauptplattform hockte. Dies überraschte mich nicht. Ich hatte bereits den Eindruck gewonnen, daß er sich für sie interessierte. Der Erwerb der beiden Tavernenmädchen ging gewiß auf dieses Interesse zurück. Sicher sollten sie die Rothaarige ausbilden, insbesondere in der goreanischen Sprache. In anderer Hinsicht mochte er sich selbst einschalten wollen. Gleichwohl verwunderte mich sein Interesse an der prächtigen Sklavin auf dem Block. In Hautfarbe, Erziehung, Figur und Schönheit unterschied sie sich um einiges von den anderen Mädchen, die er erworben hatte. Vielleicht hatte er einen weitgespannten Geschmack.

»Das Gebot für die Sklavin steht bei sechs neun«, sagte der Auktionator und musterte den Mann mit dem breitkrempigen Hut.

»Sieben fünf«, sagte der Mann.

Anpreisend zog der Auktionator den Kopf des Mädchens hoch.

»Na, schön«, sagte der Mann mit dem breitkrempigen Hut. »Sieben acht.«

Der Auktionator zögerte.

»Gut, sieben neun«, sagte der Mann.

Anscheinend hatte der Auktionator auf dieses Gebot gewartet, das genau einen Silber-Tarsk über der letzten Offerte lag, die vor der Unterbrechung abgegeben worden war.

»Sonst noch Gebote?« rief der Auktionator. Ich ahnte, daß die Menge schweigen würde; der Mann auf der Plattform schien ebenfalls nicht mit einer Antwort zu rechnen. Daß er fragte, war eine reine Formalität.

Das Mädchen zitterte.

Es gab keine Gebote mehr. Anscheinend wollte niemand gegen den Mann mit dem breitkrempigen Hut auftreten. Dies fand ich bemerkenswert. So etwas war mir in einem goreanischen Markt bisher nicht begegnet.

»Für sie ins Auslieferungsgehege!« sagte der Auktionator zu einem Helfer am Fuß der Plattform. Dieser erstieg die Stufen. »Sie gehört dir«, sagte der Auktionator zu dem Mann mit dem breitkrempigen Hut. Der Helfer packte das Mädchen am Arm. Erst in diesem Moment dürfte der früheren Millicent Aubrey-Welles aus Pennsylvanien aufgegangen sein, daß sie verkauft worden war. Man führte sie von der Plattform.

»Damit«, verkündete der Auktionator, »ist die letzte Auktion dieses Abends beendet. Ich möchte euch noch daran erinnern, daß der Markt noch eine Ahn lang geöffnet bleibt. Bitte betrachtet und kauft die hübschen Stücke, die wir für eure Wonne zu bieten haben. In einem unbedeutenderen Haus käme jede dieser Schönheiten für die Hauptplattform in Frage. Im Haus des Ram Seibar jedoch, in diesem Haus der Entdeckungen und günstigen Angebote, dürfte keines dieser Mädchen euch mehr als einen Silber-Tarsk kosten.«

Die Menge begann auseinanderzulaufen.

»Komm mit!« sagte der Mann mit dem breitkrempigen Hut zu mir, machte kehrt und ging durch eine Nebentür.

Verwirrt folgte ich ihm.

Hinter der Tür erstreckte sich ein Auslieferungsgehege, ein langer schuppenähnlicher Anbau des Verkaufssaals. Auf den Holzboden waren gelbe Linien mit Nummern gezeichnet. Auf einer dieser Linien, die die Ziffer 6 trug, knieten hintereinander sieben Mädchen. Es waren Barbarinnen.

»Du hast dich im Saal gut gehalten«, sagte der Mann zu mir. »Ich hege den Verdacht, daß dir das Kämpfen nicht fremd ist.«

»Ich habe gekämpft«, sagte ich.

»Bist du Söldner?«

»Gewissermaßen.«

»Was suchst du in Kailiauk?«

»Ich habe hier Geschäfte«, antwortete ich vorsichtig.

»Ist die Zahl deiner Verfolger sehr groß?«

»Verfolger?«

»Du bist bestimmt auf der Flucht. Könntest du mir mal mit den Ketten helfen?« Vom Boden hob er eine Kette auf, an der in regelmäßigen Abständen Eisenkragen befestigt waren. Er warf sich die Last über die Schulter und ging mit mir zu den Mädchen.

Dort reichte er mir das Ende der Kette. Ich legte dem letzten Mädchen der Reihe den Halskragen um. Klickend schloß sich das Symbol ihrer Sklaverei.

»Ich bin nicht auf der Flucht«, sagte ich.

»Aha.«

»Wie kommst du nur auf den Gedanken?«

»Fähigkeiten, wie du sie besitzt, werden in der Nähe der Grenzzone nicht gerade am besten bezahlt.« Wieder reichte er mir ein Stück Kette mit einem Stahlkragen.

»Oh«, sagte ich und machte das nächste Mädchen fest.

»Wenn du gerade nicht auf der Flucht bist«, sagte er, »würde ich vorschlagen, daß du dich ernsthaft mit dem Gedanken beschäftigst.«

Ich blickte ihn an. Er hielt mir den nächsten Kettenabschnitt hin.

»Du solltest die Stadt verlassen, und zwar schleunigst«, meinte er.

»Warum?«

»Die Hobarts, die sehr stolz auftreten, sind heute abend in ihrer Eitelkeit empfindlich getroffen worden, noch dazu vor Sklavinnen. Sie werden mit ihren Männern anrücken, mit Armbrüsten und Schwertern. Sie werden ihre Rache haben wollen.«

»Ich habe keine Angst vor ihnen«, sagte ich.

»Wann gedenkst du Kailiauk zu verlassen?« erkundigte er sich.

»Morgen früh.«

»Gut«, sagte er. »An deiner Stelle würde ich meine Pläne nicht ändern.«

»Ich habe auch nicht die Absicht.« Auseinandersetzungen dieser Art waren nicht gut für meine Mission.

»Leg sie an die Kette!« sagte der Mann und wies mich zum vierten Mädchen.

Ich machte die Blonde fest und wandte mich dem nächsten Mädchen zu.

»Was hast du vor?« wollte der Mann mit dem breitkrempigen Hut wissen.

»Ich habe etwas Tauschgut erworben«, sagte ich, »und will damit ins Ödland reiten.«

»Das ist gefährlich«, sagte er.

»Du bist nicht der erste, der mir das sagt.«

»Hast du Ahnung von den Sprachen? Kennst du die Zeichen?«

»Nein.«

»Dann zieh nicht ins Ödland.«

Das nächste Mädchen, das ich an die Kette legte, war eine kurzhaarige Brünette mit stämmigen Beinen.

»Ich bin aber fest dazu entschlossen«, sagte ich.

Der Mann hob das kurze Haar der Sklavin. »Es wird schwer sein, daraus Zöpfe zu flechten, aber das Haar wächst ja wieder.«

Ich nahm ihm ein Stück Kette und einen Sklavenkragen ab und kümmerte mich um das nächste Mädchen, das ebenfalls brünett war.

»Ich finde den Typ Mädchen interessant, den du gekauft hast. Diese sieben sind zwar außergewöhnlich attraktiv, doch scheinen sie mir ziemlich im Schatten einiger anderer Sklavinnen zu stehen, die du nicht gekauft hast.«

»Mag sein«, antwortete er grinsend und wickelte das nächste Stück Kette von seiner Schulter ab.

»Bitte gib mir keinen Kragen!« flehte das siebente Mädchen weinend. Sie sprach Englisch. Aber ich ließ mich nicht erweichen.

»Bist du entschlossen, ins Ödland zu ziehen?« fragte der Mann.

»Ja.«

»Wie viele Kaiila hast du?«

»Zwei«, sagte ich, »eine zum Reiten, die andere für meine Tauschwaren.«

»Das ist gut«, sagte der Mann. »Kein weißer Mann darf mehr als zwei Kaiila mit in das Ödland nehmen. Insgesamt darf eine Gruppe Weißer nur zehn Kaiila mitführen.«

»Das sind Vorschriften in Kailiauk?« fragte ich.

»Es sind Vorschriften der roten Wilden«, entgegnete er.

»Folglich können nur kleine Gruppen Weißer auf dem Kaiilarücken in das Ödland vorstoßen, oder allenfalls zu Fuß, womit sie den Eingeborenen ausgeliefert wären.«

»Genau.«

In diesem Moment wurden zwei Sklavinnen, die Augenbinden trugen, in den Raum geschoben. Auf ein Zeichen des Mannes mit dem breitkrempigen Hut ließ der Wächter sie auf der gelben Linie niederknien, vor dem bisher ersten Mädchen. Beide waren verängstigt. Es waren Ginger und Evelyn. »An wen sind wir verkauft worden?« wollte Ginger wissen. »Wohin werden wir gebracht?«

Unverzüglich machte ich die beiden an der Kette fest.

»Die drei zusammen kosten zehn neun«, sagte der Wächter. »Die andere wird gleich gebracht.«

Geld wechselte den Besitzer.

Wenige Ehn später brachte man das rothaarige Mädchen in den Raum.

»Eine Schönheit«, sagte ich zu dem Mann mit dem breitkrempigen Hut.

»In der Tat«, sagte er. »Außerdem kann sie ihre Natur nicht verleugnen. Sie wird eine hervorragende Sklavin abgeben.«

Grob wurde das Mädchen an die Spitze der Sklavenkette gestellt und auf die gleiche Weise festgemacht.

Der Mann mit dem breitkrempigen Hut ließ ihr volles rotes Haar durch die Finger laufen. »Lang genug, um Zöpfe daraus zu flechten«, sagte er.

»Wenn man das wollte«, antwortete ich. Im allgemeinen zog ich bei den Sklavinnen langes offenes Haar vor, allenfalls mit einem Stirnband zurückgebunden.

»In beinahe jedem Markt, den ich kenne«, sagte ich, »würde sie dir einen hohen Preis bringen.«

»Ich werde fünf Felle des gelben Kailiauk für sie erhalten«, sagte der Mann.

»O nein!« schrie Ginger plötzlich jammernd auf. »Nein, Herr!« protestierte auch Evelyn. »Bitte nicht, nicht!«

Der Mann mit dem breitkrempigen Hut bückte sich und löste nacheinander die Handfesseln aller Mädchen. Ginger und Evelyn hatten halb hysterisch zu zittern begonnen. Doch besaßen sie die Geistesgegenwart, ihre Positionen nicht zu verändern.

Nun nahm der Mann mit dem breitkrempigen Hut Evelyn und Ginger die Augenbinden ab. »Nein, nein!« schluchzte Evelyn. »Nicht du, bitte nicht du!« Beide starrten ihren neuen Herrn voller Entsetzen an. Nachdem eine erste Ahnung sie überkommen hatte, schienen sich nun ihre schlimmsten Befürchtungen zu bestätigen. Ich verstand ihr Entsetzen nicht. Als Sklavenherr schien er ganz angenehm zu sein. »Verkauf uns, geliebter Herr!« flehte Ginger. »Bitte, Herr!« fiel Evelyn ein. »Wir sind nur arme Sklavinnen. Hab Mitleid mit uns! Verkauf uns an einen anderen!« – »Mach uns zu Topfmädchen!« rief Ginger. »Laß uns Lederarbeiten machen!« – »Bitte, bitte, Herr! Verkauf uns an einen anderen!« schluchzte Evelyn.

»Das Haus des Ram Seibar«, sagte der Mann amüsiert, »möchte, daß ihr aus Kailiauk verschwindet.«

Mehrere andere Mädchen wurden von der Angst der Mädchen angesteckt. Auch die Rothaarige wirkte verängstigt. Die neuen Mädchen verstanden die goreanische Sprache nicht, erfaßten aber instinktiv die Furcht der anderen Sklavinnen.

»Diese beiden Mädchen, das zweite und dritte an der Kette«, sagte ich, »scheinen ziemlich beunruhigt zu sein, dich als ihren Herrn zu erblicken.«

»Sieht so aus«, räumte der Mann mit dem breitkrempigen Hut ein.

»Warum sollten sie so entsetzt reagieren?« fragte ich. »Mehr als mir angebracht erscheint, wenn es um das Verhältnis einer Sklavin zu ihrem Herrn geht?« Es ist natürlich, daß eine Sklavin ihrem Herrn mit einer gewissen Furcht begegnet.

»Ich glaube nicht, daß das Entsetzen mir persönlich gilt«, sagte der Mann grinsend.

»Wo läge dann die Ursache für diese Reaktion?«

»Wer kann schon sagen, was in den Köpfen hübscher kleiner Sklavinnen vorgeht?«

»Du scheinst mir auszuweichen.«

»Mag sein.«

»Deine Sklavenkette ist prächtig anzusehen, eine Sammlung angeketteter Schönheiten. Doch scheint hier ein deutlicher Unterschied zu bestehen zwischen den beiden ersten drei Mädchen und den letzten sieben und, wenn ich das sagen darf, auch zwischen dem ersten und den beiden nächsten.«

»Ja«, sagte er, »damit hast du recht. Schau dir die letzten sieben Mädchen an. Kennst du ihre Natur? Weißt du, was das für Mädchen sind?«

»Was denn?«

»Packesel», sagte er. »Es sind Packesel.«

»So etwas ähnliches habe ich mir gedacht«, antwortete ich. Plötzlich ging mir auf, was der Mann plante. Nicht mehr als zwei Kaiila durften in das Ödland mitgenommen werden, das hatte er mir vorhin erst gesagt.

»Und das erste Mädchen, soll es auch Lasten tragen?« fragte ich.

»Sie wird ebenfalls als Packesel dienen«, antwortete er, »wie alle. In letzter Konsequenz habe ich mit ihr aber andere Pläne.«

»Aha.«

»Sie wird fünf Felle des gelben Kailiauk erbringen.«

»Dann wirst du einen guten Gewinn mit ihr erzielen.«

»Ja«, gab er zurück. »Eine gelbe Kailiaukrobe kostet selbst in durchschnittlichem Zustand fünf Silber-Tarsk.«

Ich betrachtete das rothaarige Mädchen an der Kette, die ehemalige Millicent Aubrey-Welles. Sie wußte nicht einmal, daß wir über sie sprachen.

»Und die anderen beiden?« fragte ich und deutete auf Ginger und Evelyn.

»Durch sie kann ich mich mit dem rothaarigen Mädchen verständigen«, antwortete er. »In ihrer barbarischen Sprache können sie ihr schnell die Bedeutung ihres neuen Daseins klarmachen, und die Schnelligkeit, Intimität und Absolutheit der Dienste, die von ihr verlangt werden. Außerdem können sie ihr ein wenig Goreanisch beibringen. Das ist genug Arbeit für alle und erleichtert mir die Ausbildung.«

»Ich verstehe«, sagte ich.

Er schob sich den Rest der Kette mitsamt den offenen Kragen auf der Schulter zurecht. Offenbar hatte er keine klare Vorstellung davon gehabt, wie viele Mädchen er kaufen wollte. Solche Dinge lassen sich nicht genau vorausberechnen, besonders wenn man größere Gruppen kauft. Vieles hängt von der Ware und den Tagespreisen ab. »Die Trecks sind manchmal sehr lang«, sagte er.

»Trecks?«

»Ja.«

»Mir fällt auf«, sagte ich, »daß alle Mädchen Barbarinnen sind, sogar das zweite und dritte Mädchen. Warum hast du für deinen Last-Treck nicht auch goreanische Mädchen erstanden?«

»Es ist sicher angebrachter, für den Transport von Lasten anstelle von goreanischen Mädchen Barbaren zu verwenden«, antwortete er.

»Selbstverständlich.«

»Es gibt aber noch einen anderen Grund.«

»Und der wäre?«

»Diese barbarischen Mädchen werden sich unschuldig und ahnungslos wie Kaiila an ihrer Kette bewegen.«

»Wohingegen?«

»Wohingegen goreanische Mädchen vor Angst sterben könnten.«

Ginger und Evelyn stöhnten auf.

»Diese beiden«, sagte ich und deutete auf die ehemaligen Tavernenmädchen, »scheinen nicht völlig ahnungslos zu sein.«

»Selbst diese beiden, das versichere ich dir, haben nicht die geringste Ahnung, was sie erwartet.«

Die beiden Sklavinnen erschauderten. Was sie wollten, zählte hier natürlich nicht. Sie mußten gehen, wohin ihr Herr sie schickte.

»Darf ich vermuten, daß du mit deinem Pack-Treck ins Ödland ziehen willst?« fragte ich.

»Ja.«

»Morgen früh?«

»Ja.«

»Du bist Tauschhändler?«

»Ja.«

»Ich habe im Grenzgebiet lange nach einem gewissen Grunt gesucht«, sagte ich.

»Das ist mir bekannt.«

»Niemand scheint seinen Aufenthaltsort genau zu kennen.«

»Ach?«

»Das fand ich irgendwie ungewöhnlich.«

»Wieso?«

»Dieser Grunt«, sagte ich, »ist angeblich ein bekannter Händler. Erscheint es dir dann nicht seltsam, daß niemand genau wußte, wo er sich befand?«

»Das ist wirklich ein bißchen seltsam«, stimmte mir der Mann zu.

»Mir kam nun der Gedanke«, sagte ich, »daß dieser Grunt wahrscheinlich viele Freunde hat, daß er seine Mitmenschen zu loyalem Verhalten inspiriert, daß diese Freunde ihn zu schützen wünschen.«

»Wenn das so ist«, sagte er, »dann muß dieser Grunt ein glücklicher Mann sein, zumindest in gewisser Hinsicht.«

»Kennst du ihn?« fragte ich.

»Ja.«

»Weißt du, wo er ist?«

»Ja.«

»Glaubst du, du könntest mich zu ihm führen?«

»Ich bin Grunt«, sagte er.

»Dachte ich mir’s doch«, erwiderte ich.

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