Epilog

Viele Jahrhunderte später …

Da waren sie wieder, die flackernden Schatten. Dem Ebermann war bewusst, dass die Menschenkinder stundenlang reglos vor der Eiswand knien mussten, damit er sie überhaupt wahrnahm. Sie beteten zu ihm! Wie sie ihn wohl nannten?

Sie hatten ein lächerlich schlecht gearbeitetes Holzbild dort draußen am Eingang der Höhle aufgestellt. Es war mit Hunderten Nägeln gespickt. Was für erbärmliche Wichte das sein mussten, wenn ihnen schon ein Nagel als ein angemessenes Geschenk für einen Gott erschien!

Der Devanthar wusste nicht, wie viele Jahrhunderte vergangen waren, seit seine Geschwister ihn eingesperrt hatten. Geduldig hatte er den Zauber studiert, der seinen Kerker versiegelte. Er hatte versucht, ihn zu zerstören, und gelernt, dass dieses verfluchte magische Gespinst die außerordentliche Fähigkeit besaß, Schaden, der ihm zugefügt wurde, durch die Kraft der Albenpfade zu heilen.

Doch mit der Zeit ließ die Macht des Zaubers nach. Oder vielleicht war es auch seine Macht, die wuchs. Er wusste, er würde entkommen. Er war nicht darauf angewiesen, dass Išta ihm die Gnade erwies, ihn zu befreien. Seine Brüder und Schwestern schienen den Gelben Turm aufgegeben zu haben. Seit langer Zeit spürte er ihre Präsenz nicht mehr in der Welt. Es war folgerichtig, wenn sie Nangog zum neuen Mittelpunkt ihrer Herrschaft gemacht hatten, oder vielleicht sogar Albenmark. Daia war die Welt, aus der sie gekommen waren. Sie war sicher. In den anderen Welten hingegen mussten sie ihre Herrschaft erst noch festigen.

Der Ebermann stand vor der Scheibe aus trübem Eis und betrachtete einen Betenden, der dort kauerte. Ein paar Herzschläge nur, dann war er verschwunden. Wieder blickte er auf das Holzbild. Für was hielten ihn diese Barbaren? Einen bärtigen Kerl?

Er schnaubte. Nicht mehr lange, und er würde ausbrechen. Immer wieder hatte er sich ausgemalt, was er als Erstes tun würde. Vermutlich klares Quellwasser trinken. Er vermisste es, etwas zu schmecken. Bei dem Gedanken an Blut und warmes Fleisch wurde ihm ganz flau. Er benötigte kein Essen, um zu leben. Aber es war ein Genuss, etwas zu schmecken. Seine Hauer in warmes Fleisch zu schlagen. Es zu schlucken.

Er würde kein Wort über den Verrat von Išta, Langarm und dem Gefiederten verlieren. Ob Anatu noch lebte? Egal! Auch das war nicht seine Sorge. Er würde sich anpassen. Er würde allein durch die Wildnis streifen, so wie früher. Und er würde Elfen jagen. Lyvianne war der Schlüssel zu seinem Unglück gewesen. Er hätte sie töten sollen, als er entdeckte, dass sie nach der zweiten Hälfte des Herzens Nangogs suchte. Wie hatte er glauben können, dass Elfen und Devanthar ein Ziel verfolgen könnten!

Seine Krallen glitten über das Eis. Dieses Mal hinterließen sie tiefe Schrammen. Nicht mehr lange, und der Bannzauber würde brechen.

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