Borromeo

Zweiundfünfzigstes Kapitel

Beide Ellbogen auf die Knie gestemmt, das Gesicht derart zwischen den Armen vergraben, daß die Hände sich über dem Kopf verschränkten, saß Anna Borromeo in ihrem Schlafzimmer, noch mitten in der Unordnung des Morgens. Heute war sie dreißig Jahre alt, und ihre Trauer galt nicht etwa einer unnütz hingebrachten Vergangenheit, sondern der Aussicht auf eine gleichgültige Zukunft.

Ihre Vergangenheit! Es schien ihr nicht der Mühe wert, darüber nachzudenken. Es war nichts Außerordentliches in ihrem Leben. Sie erinnerte sich, daß sie als Kind sich nie gleich andern Kindern von einem Tag auf den folgenden hatte freuen können. Auch wenn sie an einem Ereignis mit Erwartung hing, so wußte sie doch genau, wie weit die Wirklichkeit hinter dem Bild ihrer Phantasie zurückbleiben würde. Sie hatte Borromeo geheiratet an einem Zeitpunkt ihres Lebens, an dem kein Traum mehr in ihr war. Ihr war alles so wohlbekannt wie dem Schauspieler das Ende des Stücks. Sie trat ihrem Gatten nicht mit Sympathie entgegen. Sie sah es ihm an, am ersten Tage durchschaute sie diesen Mann der wenigen Worte, daß sie ihm nichts zu geben hatte, was er brauchen konnte. Und er, er konnte ihr nur eines geben, was sie brauchen konnte, ein sicheres Auskommen.

Sie holte den Handspiegel und betrachtete düster ihr Gesicht. Nur von dem größeren oder geringeren Glanz ihrer Augen, der frischen Feuchtigkeit der Lippen und dem goldenen Glanz der Wangenhärchen machte sie ihre Teilnahme an den Dingen des Lebens abhängig, — ohne es zu wissen, denn sie hielt sich für eine faustisch-unzufriedene Natur.

Schließlich raffte sie sich auf und ging in die Küche. Kaum hatte sie ihr Zimmer verlassen, als ihr Gesicht sich veränderte wie das einer Amtsperson, welche in eine Versammlung tritt. Sie gab die nötigen Anweisungen für den Tag und als sie über den Korridor zurückging, kam Borromeo nach Hause. Sie folgte ihm und fragte, ob er vom Gericht oder von der Kanzlei komme.

Borromeo schüttelte den Kopf. Anna sagte mit liebloser Kälte: »Wo in aller Welt bist du zu finden, wenn man nach dir schickt? Um sechs Uhr früh hast du schon das Haus verlassen und niemand weiß, wohin du gehst. Ich hätte notwendig hundertfünfzig Gulden für die Schneiderin gebraucht …«

Borromeo lachte; das heißt, dies Lachen bestand darin, daß er die Lippen und die Mundwinkel auseinanderzog und die Zungenspitze zwischen die Zähne legte. Er entnahm seiner Brieftasche den verlangten Betrag, legte die Noten eine nach der andern auf den Tisch und strich sie mit der flachen Hand glatt. Anna Borromeo sah dieser Beschäftigung verwundert zu. Dann senkte sie den Kopf. »Seit Tagen verschwindest du in der geheimnisvollsten Weise, Friedrich«, sagte sie und zwang sich zu einem Lächeln. »Hast du etwas vor?«

Borromeo blickte in die Luft und seine Brauen zogen sich zusammen. »Ich habe etwas vor«, antwortete er, mit dem Zeigefinger seine Worte skandierend.

Frau Anna stutzte. Sie sah ihrem Mann ins Gesicht und sagte rasch: »Valescotts lassen dich grüßen. Ich war gestern nachmittag dort.«

Mit einem Lächeln näherte sich Borromeo der Frau, legte die Hand fast liebevoll auf ihre Haare und bog den Kopf sachte zurück. Ihre Blicke begegneten einander. Anna erhob sich und sagte rauh und erschreckt: »Du bist sonderbar.«

Borromeo zuckte die Achseln und begann den Bart mit beiden Händen zu liebkosen. »Was ist eigentlich mit Arnold?« fragte er umhergehend. »Er meidet uns. Findest du nicht, daß er uns meidet?«

»Ach, — er macht es wie tausend andere, er lebt sich aus«, warf Frau Anna gleichgültig hin.

»Es ist nicht nötig, für ihn besorgt zu sein«, sagte Borromeo. »Was ein richtiges Waldtier ist, findet immer wieder zur Tränke.«

»Du hast eine halsstarrige Manier, dich über Arnold zu täuschen«, entgegnete Anna Borromeo ruhig.

Borromeo legte die eine Hand auf die Brust und lächelte beinahe träumerisch vor sich hin. »Du hast heute Geburtstag, nicht wahr, Anna?« fragte er endlich. »Ich glaube, man darf einander ruhig beglückwünschen, wenn man wieder ein Jahr hinter sich hat. Zugleich möchte ich dir etwas mitteilen. Ich gehe mit dem Plan um, meine Praxis aufzugeben.«

»Dann tust du etwas der Form nach, was du in der Tat schon lange hinter dir hast,« antwortete die Frau mit ersticktem Zorn.

»Ja. Ich bin es müde, die Klopffechtereien einer sogenannten Justiz zu erdulden. Ich bin es müde. Es ist noch nicht lange her, daß ich zu einer wirklichen Einsicht gelangt bin, aber an demselben Tag, wo es geschah, war ich auch fertig. Und mir graut jetzt vor allem, was ich in früherer Zeit ohne diese Einsicht unternommen und ausgeführt habe. Deshalb kann ich nicht länger mittun. Denn unser Leben läuft immer darauf hinaus, daß wir unsere Handlungen von Anfang an mit Konsequenz festhalten, und wer immer schlecht gehandelt hat, darf nicht auf einmal das Gute wollen, sonst geht er zugrunde.«

»Ich glaube, Friedrich, du solltest einmal mit einem Arzt sprechen«, sagte Anna Borromeo ernst und geringschätzig. Sie zuckte die Achseln, als Borromeo schwieg und verließ das Zimmer. Drüben in ihrem eigenen Gemach wartete die Friseurin und Anna unterhielt sich mit ihr von den neuen Ereignissen in der Gesellschaft. Als dies beendet war, machte sie sich daran, Einladungskarten für den Samstagabend zu schreiben. Auch an Arnold richtete sie eine Karte, zerriß sie aber wieder, nahm statt dessen ein Briefblatt zur Hand und schrieb: »Mein Lieber, dürfen wir dich für den dreizehnten abends erwarten? Borromeo kränkt sich wieder einmal über dein Fernbleiben, ich aber finde es natürlich. Ich finde es natürlich, das hindert aber nicht, daß ich oft mit Scham an dich denke. Hättest du nicht vergessen, so würde ich dich beschwören: vergiß. Offenbar gehst du darauf aus, alles was du bist und vorstellst, zu spielen, sonst hättest du mich am selben Abend erdolcht. Ernst und Wahrheit spielt man leider nicht, ohne daß es sich an denen rächt, die daran glauben.« Sie stand auf, warf sich in die Ecke des Sofas und weinte, indem sie das Taschentuch fest vor das Gesicht drückte. Sie weinte aus Wut, aus innerer Leere, aus Entschlußlosigkeit, weinte darüber, daß ihre Hand solche Worte schrieb, an die sie nicht glaubte und vor denen sie bestürzt und feige stand, wenn sie gleich selbständigen Wesen ihr auf dem Briefpapier ins Gesicht lachten. Sie trocknete die Augen und ohne ihr Schreiben noch einmal zu überblicken, zerriß sie es in hundert Fetzen und schrieb eine Karte wie an alle andern Eingeladenen. Nur schrieb sie die Worte dazu: ich bin heute nachmittag allein zu Hause und langweile mich. Dies schickte sie sofort und mit Eilpost ab.

Mittags blieb sie in ihrem Zimmer unter dem Vorgeben, sie fühle sich nicht wohl. Dann versuchte sie zu schlafen, nahm aber einen italienischen Roman und las.

Arnold kam. Sein Gesicht war schmal geworden. Die Augen hatten einen schwermütigen Ausdruck.

Anna fragte, warum er so lange nicht gekommen sei. Er zuckte die Achseln.

»Verkehrst du noch mit deinem schweigsamen Philosophen?«

»Mit Hanka? Nein. Der lebt auf einem Dorf in Steiermark. Wir haben uns zuletzt bei Hyrtls Begräbnis gesehen.«

»Ach ja, Hyrtl, das arme Kerlchen. Man glaubte ihm seine Krankheit nie.«

»Er war ein guter Freund.«

»Ein guter Freund, ja, aber kein Freund. Wie lebst du, Arnold?«

»Schlecht.«

»Du solltest Karriere machen.«

»Wozu? Es lockt mich nicht.«

»Du solltest reich sein.«

»Ich habe genug.«

»Genug? Für dich vielleicht. Reichtum ist etwas anderes. Wieviel hast du denn? Ein paarmal hunderttausend Gulden. Lappalie. Reich sein heißt alles Häßliche, Armselige, Störende im Umkreis von zehn Meilen entfernen. Reich sein heißt, der Phantasie so viel zu geben, daß sie den Tod vergißt. Ich sehne mich nach Reichtum.«

»Mir scheint, du sehnst dich nach vielem.«

»Weil ich nichts besitze.«

»Weil du nichts halten kannst.«

»Ich habe zu viel Sorgen und zu wenig Freuden.«

»Liebst du denn nicht deinen Mann?«

Anna Borromeo hatte diese Frage nicht erwartet. Sie erbleichte.

War sie es? dachte Arnold schaudernd; gibt es mehrere solche Gürtel mit

Smaragden wie sie einen trug, damals…?

Sie erriet vielleicht Arnolds Gedanken, denn sie sah ihn flehentlich an.

»Hast du schon wieder Schulden?« fragte er plötzlich in strengem Ton.

Sie schwieg.

»Sprich doch!«

»Glaubst du, ich rechne auf dich?« versetzte sie kalt. »Ihr seid ja lauter Krämer.«

Sie brach in Schluchzen aus.

Arnold hatte Mitleid. Er blickte sie bewegt an. Auf einmal erschienen ihm ihre vor das Gesicht geschlagenen Hände als das Schönste, Zarteste, was er je gesehen. Er ergriff ihre eine Hand, zog sie weg von der Wange und drückte sanft seine Lippen darauf.

Anna erhob sich. Endlich hatte ihr unbefriedigtes Herz irgendwo einen Widerhall gefunden.

Ein wenig später verließ Arnold das Haus. In dem dunklen Bedürfnis nach freier Luft, nach Baum und Wiese, begab er sich zur nächsten Stadtbahnstation und nahm eine Karte nach einer der Wiener Waldstationen.

Die Bahn, die auf einem langen Viadukte über Gumpendorf emporführte, gelangte zu einer Biegung und weit hingedehnt, im graublauen Dämmerlicht, lag die Stadt vor Arnold. Rauch und Staub verwischten die Horizontlinie und manche fahle Lampe in einem Haus glich täuschend einem Stern. Unzählbare Schlöte ragten empor, bleich leuchtend von einem unsichtbaren Licht. Häusermauern über Häusermauern, angegraut von Asche, Zeit und Elend, so dicht mit Fenstern besetzt wie ein Wespennest mit Löchern, Höfe, in denen schwarze Menschen krabbelnd sich bewegten und Dach neben Dach bis in den Himmel hinein. Hier wohnten sie, einer im Atem des andern, unter dem graublauen, nach Kohle und Schweiß riechenden Mantel des Abends, die Millionen.

Reich sein, reich sein, dachte Arnold.

Dreiundfünfzigstes Kapitel

Zwei Tage später, als Arnold über den Graben ging, winkte ihm plötzlich jemand mit Lebhaftigkeit zu und rief seinen Namen. Es war Wolmut. Schlank, fein, freundlich, rotbäckig wie immer, eilte er auf Arnold zu und hätte ihn beinahe umarmt. Arnold freute sich, und war fast ungehalten, als Wolmut ihm mitteilte, er bleibe nur wenige Tage in der Stadt. Er wolle aber gern den Mittag und den Nachmittag mit Arnold verbringen. Mit ihm habe sich inzwischen mancherlei ereignet. Er habe seine national-ökonomische Broschüre herausgegeben und sich Freunde damit gemacht. Auch stehe seine Beförderung auf der Statthalterei bevor. Wolmuts weiße Stirn leuchtete von Hoffnungen.

Nicht wenig überrascht war Wolmut, als er in Arnolds prächtige Wohnung geführt wurde. Aber er ließ nichts verlauten. Er dachte sich sein Teil.

»Was haben Sie gearbeitet? was haben Sie fertig gebracht?« fragte er.

»Ich habe wenig gearbeitet, ich habe nur gelebt«, antwortete Arnold.

»Auch nicht das Schlechteste. Man nennt das Sichausleben, wie? Haben Sie sich ausgelebt?«

»Ein böses Wort, lieber Freund.«

»Es klingt ein bißchen verdächtig, Sie haben recht.«

»Wie bringen Sie es eigentlich fertig, Wolmut, alles beiseite zu schieben, was Ihnen nicht dienlich ist? Sie haben offenbar die Gabe, Hindernisse schon von weitem zu erkennen und ihnen auszuweichen.«

»Ausweichen? Nein. Ich gehe auf alles schnurstracks zu. Allerdings halte ich mich meistens an das Nützliche.«

»Sie sind eine harmonische Natur.«

»Damit wollen Sie sich trösten, mein Lieber, indem Sie mir zu verstehen geben, daß Sie zu viel Phantasie haben, um harmonisch zu sein. Das sind nur Worte. Jeder Mensch hat seine inneren Kapitalien. Wer nicht damit zu wirtschaften versteht, muß Bankerott machen. Jeder Mensch kann einmal, wie soll ich sagen, das große Los seiner Existenz ziehen. Aber man muß aufmerken, man muß der Geisterstimme lauschen können. Diesen Augenblick verschlafen aber die meisten, sie vergessen ihr Stichwort und das nennen sie dann vom Schicksal verfolgt sein. Es gibt keine Abhilfe von außen, denn nichts kann das Verbrechen ungeschehen machen, das jeder einzelne an sich selbst begeht. Man muß Ehrfurcht vor sich selber haben. Man darf nicht mit dem eigenen Körper umspringen wie mit einem gekauften Gerät, und mit der eigenen Seele auch nicht. Um die Kraft, die ich in mir zugrunde richte, wird die Menschheit ärmer. Außer mir ist kein Schicksal, nur ich selbst kann mich vernichten.«

Der Diener trat ein und flüsterte Arnold etwas zu. Er ging hinaus, über den Korridor in das Empfangszimmer, wo Anna Borromeo saß und ihm ruhig entgegenlächelte. »Ich wollte doch einmal sehen, wo du residierst,« sagte sie, und ihre Stimme klang ein wenig heiser. Arnold bat, sie möge ihn noch eine kurze Weile entschuldigen, er müsse einen Freund fortschicken. Sie nickte und schlug ein Landschaftenalbum auf, während Arnold zu Wolmut zurückging und ihm freimütig erklärte, daß sie nicht länger beisammenbleiben könnten. Auch wenn hier Anlaß gewesen wäre, Wolmut gehörte nicht zu den Verletzlichen. Sein Verkehr mit Menschen bestand ja in einer geradezu programmmäßigen Ehrlichkeit.

Als die beiden Freunde sich voneinander verabschiedet hatten und Arnold zurückkam, fand er Anna nicht mehr in dem großen Raum. Sie hatte die Türe zu dem anschließenden Bibliothekszimmerchen geöffnet und saß dort in der Ecke eines Divans, den Oberleib zurückgebeugt, den Kopf mit regungslos starrenden Augen auf der Armlehne.

Arnold blieb schweigend stehen.

»Wieviel Uhr ist es?« fragte Anna, ohne sich zu rühren.

»Dreiviertelfünf«, antwortete Arnold. Sein Gesicht war ernst geworden, hatte aber jede Unbefangenheit verloren.

»Dann bleibt mir noch eine Stunde«, sagte Anna und richtete sich langsam auf. »Komm einmal, Arnold, sieh dir diesen Ring an.«

Arnold nahm den Ring aus ihrer Hand. Er drehte ihn hin und her und meinte endlich: »Was ist daran zu sehen? Ein gewöhnlicher Ring.«

»Wenn du ihn trägst, wirst du Macht über mich haben«, entgegnete sie.

Arnold warf ihr einen hastigen Blick zu, betrachtete wieder den Ring, lächelte mechanisch und gab ihr den Ring zurück. »Macht über dich heißt Ohnmacht über mich«, sagte er.

»Manchmal ist mir, als wären wir für einander geboren«, sagte Anna leise.

Mit stockender Stimme entgegnete Arnold: »Du bist mit dem Bruder meiner

Mutter verheiratet.«

»Das ist wahr«, sagte Anna ruhig »aber ich bin dreißig Jahre alt und habe kein Kind.«

»Ich will dir nur gestehen«, fuhr sie fort, und ihre Stimme nahm einen gleichgültigen Klang an, »daß ich mich eine Zeitlang mit Valescott abgegeben habe, ohne daß es zu etwas Ernstem hätte kommen können. Er ist blind und stumm und weiß nur von Abenteuern. Eines Tages vergaß er seine Rolle und ich jagte ihn davon. Es war gefährlich. Aber für alles, was ich tue, stehe ich ein mit allem was ich bin.«

Arnold schritt auf und ab, die Hände mit festaneinander geklammerten Fingern auf dem Rücken. Plötzlich blieb er stehen und sagte mit erloschenem Blick: »Wozu muß ich das wissen? Oder –« er trat zwei Schritte vor Anna hin und erhob den Kopf, »oder ist es dir bekannt, daß ich es schon vorher wußte?«

Anna war erstaunt. Sie stützte den Kopf in die Hand und nach einer Weile sagte sie: »Das war unappetitlich, also reden wir von etwas anderm.«

Arnold hörte es nicht. Der Klang ihrer Stimme berückte ihn. Ihn verlangte nach grund- und bodenloser Leidenschaft wie den Eingesperrten nach Freiheit. Er suchte sich in einer seltsamen Weise zu prüfen; indem er vor Anna auf und abging, verglich er die Empfindung, die er in ihrer unmittelbaren Nähe hatte, mit derjenigen am entgegengesetzten Teil des Zimmers. Furcht und Begehrlichkeit ergriffen Arnold. Eine unergründliche Falschheit und der Hochmut der Schwäche bemächtigten sich seiner und indem er stehen blieb, sagte er: »Ich kann nicht glücklich sein in der Lüge. Ja, Anna, ich sehe wohl, daß wir uns etwas andres sein könnten, als wir uns jetzt sind. Aber ich kann nicht leben in der Lüge. Das ist es.«

Anna lächelte mit einem halb verträumten, halb mitfühlenden Ausdruck. »Nehmen wir also an, es geschieht nach deinem Wunsch?« fragte sie. »Nehmen wir an, es geschieht mit Wahrheit?«

Zwischen Trauer und Gewissenslast wie zwischen zwei hohen Felsen stehend, erwiderte Arnold ohne Festigkeit: »Das …. wäre undenkbar.«

»Undenkbar?« fragte sie mit rätselhafter Miene. »Ich kann es denken. Und du, du kannst es fühlen. Es ist lauter Feigheit. Die sublimste Feigheit, die nennt man Moral.«

Arnold schwieg.

»Ich muß fort«, sagte sie aufstehend. »Höre, Arnold«, fügte sie lebhaft hinzu, »ich bin morgen abend ganz allein. Friedrich fährt nach Preßburg. Willst du mir Gesellschaft leisten?«

»Morgen abend –?« Arnold zögerte, als besinne er sich, ob nicht andere Verabredungen ihn verpflichteten. Dann versprach er zu kommen. Anna reichte ihm die Hand und ging. Arnold wanderte beunruhigt, ja, in seinem Tiefsten beständig zitternd, durch die Zimmer.

Vierundfünfzigstes Kapitel

Um fünf Uhr morgens erwachte Friedrich Borromeo nach kaum zweistündigem Schlaf. Er griff nach den Streichhölzern und machte Licht. Er wußte, daß es vergeblich war, auf das Wiedereinschlafen zu warten, darum erhob er sich, als die ersten Morgenlaute von der Straße heraufdrangen. Langsam wusch er sich und kleidete sich an, und um sechs Uhr war er fertig. Doch wohin mit all der Zeit, wohin? Neunzehn oder zwanzig Stunden lagen vor ihm, bis er sich wieder auskleiden konnte, um wieder das Bett aufzusuchen wie gestern. Jede dieser Stunden forderte ihn zu einer Art von Zweikampf heraus, und am Abend bemächtigte sich seiner von all dem Indieluft-Kämpfen eine so grenzenlose Erschöpfung, daß er sich vor dem Wiederaufwachen nach spärlichem Schlaf fürchtete. Er fürchtete die Geräusche, durch die sich der Tag ankündigt, und das Licht, das der Sonne vorauseilt scheute er ebenso, wie ihm die Finsternis Grauen erregte. Er liebte weder das Leben, noch wollte er den Tod, sondern es war, als ob er einen Schlupfwinkel zwischen den beiden ausspüren wolle, fern von Gedanken, Erinnerungen, Erwartungen und Gefühlen der Verantwortlichkeit, gleichsam in den ruhenden Mittelpunkt des ewigbeweglichen Kreises verkrochen. Er hätte selbst nicht zu sagen vermocht, durch welche Einwirkungen allmählich dieser sonderbare Zustand von Fäulnis in seinem Körper und Gemüt entstanden und angewachsen war. Lustlosigkeit war es, die das Wesen seiner Worte und seiner Handlungen gebildet hatte von jeher. Er hatte keine Freude an der Welt und keine Freude an den Menschen und keine Freude an sich selbst. Nur einen einzigen Menschen gab es, an dem er mit fatalistischer Zuneigung hing, und das war Arnold.

Die Straßen lagen schon in goldner Frühsonne, als Borromeo das Haus verließ. Er ging in ein Kaffeehaus, frühstückte, las die Morgenblätter, zahlte und machte sich auf den Weg zur Kanzlei. Er war der erste dort; in seinem Arbeitsraum war der Diener noch mit Kehren beschäftigt, und der Staub lief in den Sonnenstrahlen wie eine Sammetbrücke durch den Raum. Unruhig schritt Borromeo umher. Die Schreiber kamen mit verschlafenen Gesichtern; einer brachte ihm den Gerichtsakt, den er für die Verhandlung in Preßburg nötig hatte. Er nahm Hut und Mantel und fuhr zum Bahnhof. Er setzte sich in ein leeres Abteil und gab dem Schaffner ein Geldstück, damit er ihn allein lasse. Der Zug setzte sich in Bewegung, und Borromeo schloß die Augen. Plötzlich aber erwachte in ihm ein tiefer Widerwille gegen das Ziel seiner Fahrt. Er wollte nicht reden, nicht hören, nicht angestrengt nach Antwort sinnen, nicht lächeln, fragen, nicken und sich verbeugen, wollte nicht jene gleichgültigen, altbackenen, gefrorenen, mühseligen Redensarten über die Zunge wälzen, durch die allein eine Verständigung zwischen den Menschen möglich ist. Als die nächste Haltestation erreicht war, verließ er den Wagen, nahm seine Aktenmappe unter den Arm und spazierte in den Wald, welcher unmittelbar hinter dem kleinen Bahnhof begann. Aber nicht lange setzte er den Weg fort. Die Einsamkeit und Stille flößten ihm so große Furcht ein, daß die Haut über seiner Brust sich spannte und in ein konvulsivisches Zittern geriet. Er wagte auch nicht, sogleich wieder umzukehren, sondern setzte sich auf einen Baumstamm. Was ist mit mir? dachte er, mir graut vor dem Getümmel der Straßen und mir graut vor der Ruhe des Waldes. Er nahm sein Messer und schabte geduldig die dicke Rinde von dem Stamm, auf dem er saß bis das gelbe feuchte Fleisch zum Vorschein kam. Dann seufzte er, erhob sich, wanderte zur Station zurück und schickte ein Entschuldigungs-Telegramm dorthin, wo er vergeblich erwartet wurde.

Mit dem nächsten Zug, der erst am späten Nachmittag kam, fuhr er wieder in die Stadt. Er wollte nicht in die Kanzlei, denn auch dort erwarteten ihn vielleicht Fragen; er wollte nicht nach Hause. So setzte er sich denn wieder in ein Kaffeelokal, nur daß er jetzt statt der Morgenblätter die Abendblätter las. Und als er dieser Beschäftigung überdrüssig war, lehnte er sich zurück und starrte in die Luft. Viertelstunde auf Viertelstunde verging. Er empfand Hunger und bestellte ein Butterbrot. Der Raum wurde leer; es war schon halb zehn, als er sich entschloß, aufzubrechen. Wieder nahm er seine Aktentasche unter den Arm und schritt durch die verödenden Straßen.

Ohne daß ihn jemand hörte, weil er niemand zu stören wünschte, erreichte er sein Schlafzimmer. Er wollte die Hände und das Gesicht waschen, doch waren die Krüge auf dem Waschtisch leer. Man hatte ihn für diese Nacht nicht zurückerwartet. Er drückte auf den Knopf der Glocke, welche in die Küche führte, aber niemand kam. Er wartete und lauschte und zündete endlich eine Kerze an, um selbst nachzusehen, denn da es noch nicht zehn Uhr war, mußten die Mädchen oder der Diener noch wach sein. In der Küche war alles finster; hat sie Anna aus dem Haus geschickt? dachte er, und ist sie selber fort? Er öffnete die Türe des Salons, auch hier war es finster, aber durch die Spalten der nächsten Tür drang ein Lichtschimmer. Er hielt die Kerze vor, ging über den Teppich, und als er die Hand auf die Klinke legte, vernahm er Murmeln und Flüstern. Leise öffnete er, denn die Anspruchslosigkeit seines Benehmens war so übertrieben, daß er kaum die Türen weit genug für seinen Körper zu öffnen wagte. Er sah zuerst nur ein Stück der dunklen Portiere, mit der in jenem Zimmer die Türe verhängt war, dann erst konnte er einen Teil des Zimmers selbst überblicken. Kaum war dies geschehen, als sich sein Mund im größten Entsetzen weit auseinanderzog. Er ließ die Klinke los; er wagte die Türe nicht wieder zu schließen, sie hatten nichts gehört drinnen und konnten nicht sehen, daß die Türe hinter der Portiere offen stand. Im Korridor entfiel die Kerze seiner Hand, und er tastete sich an der Mauer weiter bis zu seinem Zimmer, wo die Gaslampe brannte. Mit einem dünnen, wimmernden Geräusch, das sich fortwährend seinen Lippen entpreßte, warf sich Borromeo auf das Sofa, mit dem Bauch zu unterst.

Fünfundfünfzigstes Kapitel

Als Anna am Morgen erfuhr, daß ihr Mann schon den vorherigen Abend zurückgekehrt sei, ging sie hinüber und klopfte an seine Türe. Es wurde nicht geantwortet. Im Glauben, er schlafe noch, entfernte sie sich leise, vollendete ihren Anzug und ging aus. Gegen Mittag kam sie nach Hause und das Stubenmädchen sagte ihr, der gnädige Herr habe noch nicht das Zimmer verlassen und gehe beständig auf und ab; sie habe nicht gewagt, das Zimmer in Ordnung zu bringen. Ohne Hut und Umhang abzunehmen und ohne etwas zu erwidern, schritt Anna den Korridor entlang und trat in das Zimmer Borromeos. Sie erblickte mit Erstaunen das unberührte Bett. Borromeo stand, ihr den Rücken zuwendend, am Fenster und drehte sich, als er ihre Schritte hörte, mit bleierner Langsamkeit um. Sie erschrak so vor seinem Aussehen, daß sie einen Schrei ausstieß. »Bist du nicht wohl, Friedrich?« fragte sie mit schwerer Zunge.

Borromeo antwortete nicht. Er schaute an ihr vorüber und seine Lider fielen ein paarmal zu und hoben sich wieder wie bei den künstlichen Augen einer Wachsfigur.

»Friedrich!« rief jetzt Anna Borromeo laut und in Angst.

»Es ist nichts, Anna,« sagte er nun mit leiser, schleppender Stimme; »es ist nichts, beruhige dich nur.«

»Hast du denn nicht geschlafen?«

Er zuckte die Achseln und packte plötzlich den Bart mit beiden vollen Händen. Anna wich mechanisch zurück, als er auf sie zukam. Aber er schritt an ihr vorbei, kehrte um und ging wieder zum Fenster. Scheu und besinnend blickte Anna zu Boden, dann eilte sie hinaus, klingelte und schickte zum Hausarzt, der schon nach einer halben Stunde kam. Anna wartete auf seinen Bescheid. »Gnädige Frau«, sagte der Arzt, als er Borromeos Zimmer verlassen hatte, »unser Freund scheint sehr verändert; um das zu konstatieren haben Sie mich aber wahrscheinlich nicht gebraucht. Die Sache ist die, daß er mich nicht einmal seine Hand ergreifen ließ. Er hat mich weggeschickt.«

»Ich danke Ihnen, Doktor«, erwiderte Anna Borromeo freundlich. »Ich selbst begreife nichts davon. Noch gestern war er in der besten Verfassung …«

Der Arzt zuckte die Achseln. »Vielleicht eine geschäftliche Katastrophe –, obwohl er für solche Dinge doch immer ziemlich unempfindlich war. Sein Aussehen macht mich bedenklich. Es sieht verteufelt einer Gemütsstörung ähnlich. Warten wir jedenfalls noch die nächsten vierundzwanzig Stunden ab.«

Das Gespräch mit einem Fremden hatte Anna ein wenig beruhigt. Sie setzte sich zu Tisch, nahm einige Bissen und verließ bald darauf das Haus, um zu Arnold zu fahren. Er war ausgegangen; sie wartete. Eine Stunde verfloß. Sie läutete dem Diener und bat um ein Glas Wasser. Noch eine halbe Stunde schlich hin, dann kam Arnold. Er trat ein, noch im Mantel, den Hut im schlaff herabhängenden Arm haltend. Sein Gesicht, das nun das vollkommene Oval des geistig leidenden Menschen zeigte, sah gequält aus.

»Ich habe dich warten lassen? Wie lang bist du schon hier?« fragte er hastig. Er setzte sich neben sie und ergriff mit gütiger und liebenswürdiger Bewegung ihre beiden Hände.

»Laß nur, Arnold,« antwortete sie, entzog ihm die eine Hand, packte ihn beim Kinn und hob den Kopf ein wenig empor. Er lächelte, wobei er auf ihren Hals sah. »Da fällt mir etwas ein«, sagte er »ich will dir etwas geben.« Er eilte aus dem Zimmer. Während ihres kurzen Alleinseins hatte Anna Borromeo einen erschreckenden Gedanken. Sie legte beide Hände an die Stirn und dachte nach. Ungewißheit war ihr das verhaßteste aller Gefühle, deshalb beschloß sie, noch heute ihrem Zweifel ein Ende zu machen. Aber in ihrem sonst undurchdringlichen Gesicht hatte sich während der kleinen Weile so viel begeben, daß Arnold, als er zurückkam, sie stumm fragend anblickte.

Er brachte eine kleine Schachtel, in welcher ein altertümlicher Schmuck auf schwarzem Sammet lag. Es war ein Blumensträußchen; die Stengel, frei gebunden, bestanden aus Gold, die Blütenkelche wurden durch fein gearbeitete farbige Edelsteine dargestellt. »Dies ist noch von meiner Mutter«, sagte Arnold, »und du sollst es haben.«

Anna betrachtete es, ohne daß sie sich eines wunderlichen Schauers erwehren konnte, der langsam ihren Rücken hinabrieselte. »Und du glaubst, ich soll es tragen?« fragte sie. »Das geht auf keinen Fall.« Sie heftete die stahlblauen Augen ohne Leidenschaft auf Arnold, dessen Stirn sich verfinsterte. »Was sollen wir also tun«, sagte er wie zu sich selbst und warf einen schüchternen Blick zum Himmel.

»O, ich könnte es ausdenken, Arnold, daß du ihm die ganze Wahrheit sagen würdest. So tief dürfen wir doch nicht sinken, daß uns Mitleid oder Angst oder Furcht daran verhindert. Oder haben wir uns nur ein kleines Vergnügen außerhalb des Erlaubten verschafft? Besinne dich nur, Arnold, und versuche, etwas anderes zu tun, als das was ich von dir erwarte und was du dir schuldig bist. Und ob nach dem ersten Satz, den du ihm gesagt hast, ich nicht ruhig diese hübsche Brosche werde tragen können.« Sie nahm das Schmuckstück zwischen die Fingerspitzen und drückte die Lippen darauf.

Und diese Worte sagte Anna Borromeo, um zu probieren, das war es. Nicht glaubte sie daran, daß Arnold vor Borromeo mit einem Bekenntnis hintreten würde, aber sie wollte sehen, was daraus werden würde, wenn die Stunde gekommen war. Für jetzt hatte sie nur eines im Sinn: zu erfahren, ob Friedrich Borromeo etwas ahnte oder wußte und ob das unberührte Bett der heutigen Nacht auf dies Wissen Bezug habe.

Arnold schämte sich und gab ihr recht. Aber er erbleichte, wenn er das Bevorstehende im Bild zu sehen versuchte, und hatte das Gefühl, als verbreitete sich Blässe über Zunge und Gaumen ins Innere des Körpers. »Ich denke daran,« sagte er umhergehend, »ob Borromeo nicht in Podolin leben will. Ihn wird es locken, allein zu sein und Ruhe zu haben.«

Sie gingen zusammen fort. Indem Arnold an Annas Seite durch die Straßen ging, schnitt er sich mit wilder Entschlossenheit von allem Vergangenen ab und nahm sich vor, nur die Gegenwart zu leben, den Augenblick zu nutzen, und was feindlich dagegen aufstand zu vernichten. Daran klammerte er sich, um sein Herz mit einem Anschein von Recht verhärten zu können.

»Ist der Herr zu Hause?« fragte Anna Borromeo sogleich, als ihnen das Mädchen geöffnet hatte, und die Antwort lautete bejahend. »Gut,« fuhr Anna fort, indem sie Schleier, Hut und Jacke abnahm, »wir wollen in einer Viertelstunde zu Abend essen. Benachrichtigen Sie den Herrn, daß ich auf ihn warte, ich allein, verstehen Sie? Niemand ist sonst zugegen.«

Sie traten in das Speisezimmer. »Was heißt das?« fragte Arnold. »Warum soll er nicht wissen, daß ich da bin?«

Anna Borromeo ging nahe zu Arnold heran und erwiderte, indem sie aufmerksam die Nägel ihrer Hand betrachtete: »Er ist gestern abend gekommen, ohne daß wir ihn gehört haben, und ich fürchte –«

Arnold machte einen Ruck mit dem ganzen Körper. Dann schlug er plötzlich die Hände zusammen und wandte sich ab. Anna blickte ihn strenge an. Das Mädchen trat ein und berichtete: »Der gnädige Herr hat mir nicht geantwortet.«

»Nehmen wir also einstweilen Platz, Arnold,« sagte Anna in gesellschaftlichem Ton.

Kaum saßen sie, so öffnete sich die Türe und Borromeo erschien auf der Schwelle. Und kaum hatte er Arnold am Tisch erblickt, als sein Gesicht die weiße Farbe verlor und sich rötete. Niemand hatte das je zuvor an ihm beobachtet. Mit schlaffem, blinzelndem Blick sah er Arnold an, dann trat er wieder zurück, schloß geräuschlos die Türe und Anna und Arnold waren wieder allein. Sie schwiegen lange.

»Deine Idee mit Podolin ist sehr gut,« sagte endlich Anna Borromeo mit eigentümlichem Lächeln, »so könnte es doch nicht weitergehen. Er hat ohnehin schon lange aufgehört unter Menschen zu leben. Für ihn ist es das beste und für uns ist es das ruhigste und einfachste.«

Arnold antwortete nicht.

»Ich will nicht damit zögern, ich werde sogleich mit ihm sprechen.«

»Ja, tu es nur,« sagte Arnold dumpf, und seine Augen loderten in jener lügnerischen Entschlossenheit, die ihn überfallen hatte.

Anna erhob sich und ging. Als sie auf den Korridor trat, hörte sie sonderbare Laute. Der vordere Teil des Flurs war erleuchtet; um zu Borromeos Zimmer zu gelangen, mußte sie, schon im Halbdunkel, um eine Ecke biegen. Aber hier sah sie auf einmal Borromeo. Er stand regungslos und murmelte vor sich hin. »Friedrich! Friedrich!« rief Anna erschrocken. Er setzte zur Antwort sein Gemurmel fort, aus dem sich schließlich die hörbaren Worte rangen: »Ich kann nicht weiter, es ist finster.« Anna schluckte ihren Schrecken hinab, ging zurück, zündete eine Kerze an, wobei sie es vermied, einen der Dienstleute aufmerksam zu machen, und leuchtete dann ihrem Mann voraus.

Es war kalt in Borromeos Zimmer. Er nahm einen rotkarrierten Schal und hüllte ihn um seine Schultern. Anna stellte die Kerze auf den Tisch nieder und blickte eine Weile sinnend in die Flamme. »Es ist nun geschehen, Friedrich,« sagte sie dann. »Es hat auch geschehen müssen, — aus vielen Gründen. Doch du mußt dir selbst und uns das Überflüssige und Quälende ersparen. Ich schlage dir vor, die nächsten Jahre still auf dem Land zu verbringen. Deine Nerven sind zerstört, und so wird es in jeder Beziehung gut für dich sein.«

Borromeo stand, an die Tür gelehnt, fröstelnd, regungslos. »Ich kann nicht auf dem Land leben,« sagte er.

»Und in der Stadt fühlst du dich keineswegs wohl,« sagte Anna liebenswürdig tadelnd. »Also wo willst du denn leben? Im Nichts?«

»Im Nichts. Ganz recht. Im Nichts,« flüsterte Borromeo.

»Willst du den Skandal?« fuhr die Frau ernster fort. »Willst du, daß ich gehe?«

»Ich will nicht einsam draußen leben in der Natur, Anna. Das macht mich kaput,« sagte Borromeo auf einmal erregt, völlig gegen seine sonstige Art. Er zitterte am ganzen Körper.

»Also willst du reisen, Friedrich?« fragte Anna liebevoll.

Er schüttelte müde den Kopf.

»Höre mich,« begann Anna wieder. »Wie wäre es, wenn du nach Podolin gingest und dort –. Man würde dir die beste Pflege verschaffen …« Sie verstummte. Borromeo schaute seine Frau groß und kalt an und erwiderte langsam: »Podolin? Ich?« Er trat zum Tisch und stützte beide Arme auf die Platte. »Eher gleich verdorren,« murmelte er vor sich hin.

Anna Borromeo war verwundert. »Arnold will es,« sagte sie, »er selbst macht dir das Anerbieten und hält es für gut.«

Da fingen Borromeos Augen zu glühen an und sein Gesicht überzog sich abermals mit Röte. »Arnold?« fragte er und nickte dazu krampfhaft mit dem Kopf. »Will –? Das ist nicht wahr! Das will Arnold nicht! Das ist eine Lüge … eine Lüge ist es.« Er hatte den Arm ausgestreckt und deutete mit dem sich bewegenden Zeigefinger ins Leere, als ob er die Lüge mit Augen sehe. Sein ganzes Wesen war unheimlich verwandelt.

Ängstlich haschte Anna nach seiner Hand. Borromeo schloß einige Sekunden die Augen, atmete tief und sein Gesicht erhielt wieder die frühere fahle Färbung.

»Es ist nicht Lüge,« sagte Anna fast schüchtern. Sie ahnte nicht, was in diesem Augenblick in dem Manne vorging.

»Nun gut,« sagte Borromeo mit grüblerischem und traurigem Ausdruck. »Podolin, — das ist schlimm, schlimm für mich. Aus vielen Gründen, wie du dich ausgedrückt hast. Aber,« er erhob nun wieder seine Stimme, die dann nicht laut klang, aber unendlichen Zorn und Kummer in sich zu verhalten schien, »aber wenn Arnold vor mich hertritt und mir sagt: dies, Onkel Borromeo, will ich, dies halte ich für gut, nun, dann… dann will ich nach Podolin.«

Anna senkte den Kopf, dachte noch eine Weile nach und verließ stumm das Zimmer.

Sechsundfünfzigstes Kapitel

»Er will es nicht, Arnold. Er sträubt sich dagegen wie gegen Feuer,« sagte Anna Borromeo, als sie in das Speisezimmer zurückkam. »Er war so erregt, wie ich ihn nie sah. Ich glaube, es wäre schlecht für ihn, nach Podolin zu gehen.«

Arnold war verwundert. »Es muß ja nicht sein,« antwortete er.

»Wenn Arnold vor mich hintritt und sagt, ich will es, gut dann will ich gehn, sagt er. Das sind seine Worte.« Anna legte sich ermüdet auf das Sofa.

Arnold verstummte. Die Vorstellung, daß Borromeo wissen könnte, was ihn mit Anna verband, versetzte ihn plötzlich in die größte Angst.

Am nächsten Tag erzählte Anna, daß Borromeo dem Diener befohlen habe, sein Bett in dem Zimmer aufzustellen, welches an sein eigenes stieß. Er irrte durch die Räume im Haus, ging in das obere Stockwerk, stellte sich zu den Dienstboten, ohne etwas zu reden. Die Leute begannen sich vor ihm zu fürchten. Bei Nacht öffnete er das Fenster und spähte die Gasse hinauf und hinunter. So ging es bis zum Ende der Woche. Sein Benehmen war stets sanft und still. Und als am Montag Anna in ihrem Salon Besuche empfing, stellte sich plötzlich auch Borromeo ein, blickte jedem einzelnen mit besinnendem Ausdruck ins Gesicht, setzte sich in die Nähe des Ofens und schien aufmerksam den Gesprächen zu folgen. Wenn ihn selber jemand ansprach, nickte er oder schüttelte den Kopf. Er blieb sitzen, bis der letzte gegangen war und bis Arnold kam. Nun schritt Borromeo ruhig hinaus, wanderte eine Weile im Flur auf und ab, bis er zusammenschreckte, sich umsah, Hut und Mantel nahm und auf die Straße ging.

Annas Gemüt verdunkelte sich langsam unter dem ihr unerklärlichen Blick Borromeos. Seine Nähe ließ sie erstarren, sein nicht zu brechendes Schweigen erfüllte sie mit Grauen. Sie getraute sich kaum mehr, das Haus zu verlassen, und wenn sie mit Arnold allein war, gerieten beide unwillkürlich in den Flüsterton. Das ertrug Arnold nicht. So geduckt zu stehen und auf das Ungefähre zu warten, folterte seinen Stolz und vernichtete seine sanfteren Empfindungen. Gelüst auf Gelüst siedete in seinem Herzen empor, und er suchte Anna dorthin zu ziehen, von wo er selbst sie vorher zurückgehalten hatte. Aber sie schien wie gelähmt. Finde einen Rat! sprachen ihre Augen. Er wollte nicht erkennen, was er hätte tun sollen, und er vermochte es nicht mehr. Da dachte er wieder an jenen ersten Ausweg: Podolin! Und er gelangte zu dem Schluß, daß es ja nur auf ihn selbst ankam, daß Borromeo die Entscheidung von ihm selbst abhängig gemacht hatte. Er brauchte nur zu reden. Als ob gemeinschaftliche Qual sie beide in diesem Punkt erfülle, teilte er Anna ruhig mit, was er für das beste halte. Sie stimmte ihm nicht zu, riet aber auch nicht ab; sie schwieg.

So kam der Abend. Borromeo, hieß es, sei soeben heimgekehrt. Arnold ging hinüber, pochte an die Türe und trat ein. Borromeo saß am Tisch vor der Lampe. Er erblickte Arnold, und es war, als ob eine lang zurückgehaltene, gewaltige Angst in seinem Gesicht nun offen zur Schau trete. Arnold suchte sich durch den Anblick der im Zimmer verstreuten Gegenstände zu sammeln. Dann begann er. »Es ist besser für dich, dort einsam zu sein, als hier,« sagte er unter anderm. »Podolin ist ja gewissermaßen ein Familiensitz für uns geworden. Nichts wird dir zur Behaglichkeit fehlen, und es wird nicht lange dauern, bis du dich von deinem unerklärlichen Leiden erholt hast. Podolin ist gesund für das Gemüt.«

Arnold konnte nicht anders, er mußte seinen Blick in denjenigen Borromeos tauchen; er versuchte nicht einmal, ihn abzuwenden. Und nicht vergaß er diesen Blick, der durch Traum, Schlaf und Wachen seine gleiche Gewalt behielt. Jetzt erst nahm er wahr, daß Borromeo alles wußte. Aber das ließ ihn fast gleichgültig gegenüber dem einen Wort, das aus Borromeos Augen unsichtbar auf ihn zuströmte: Ungerechter!

Borromeo stand etwas schwerfällig auf und sagte kurzangebunden: »Gut, ich gehe. Verlaß das Zimmer, Arnold.«

Als Arnold draußen war, stellte sich Borromeo aufrechter Haltung ans Fenster und weinte. Aber er schämte sich seiner Tränen selbst vor der Nacht und hätte gern seinen Kopf in die Erde gebohrt. Eine Stunde verging. Der Diener brachte das Essen. Borromeo gewahrte es nicht. Bis Mitternacht stand er fast unbeweglich. Dann setzte er sich vor den Schreibtisch, und sein Kopf sank auf die Brust. Bald begann er zu träumen.

Er sah sich auf einer kleinen kahlen Insel vollkommen allein; das Meer ringsum bewegte sich nicht, sondern war still wie Blei. Darüber erwachte er, aber das Entsetzen blieb. Er fürchtete sich vor Podolin wie ein Kind vor dem Gang in die Finsternis. Aber Arnold wollte es, und nicht aus Unterordnung oder Einsicht fügte sich Borromeo, sondern um Arnold zu beweisen, wie sehr er im Unrecht handle, denn Borromeo fühlte, was bevorstand. Damit hatte er auch abgeschlossen mit allem, was ihn an das Leben knüpfte.

Der Diener Christian, ein anhänglicher Mensch, der schon elf Jahre im Hause war, sollte Borromeo begleiten und bei ihm bleiben. Er packte Wäsche und Kleider in den Koffer und mittags um zwei Uhr sollten sie zum Bahnhof fahren. Borromeo lag auf dem Bett und stierte in die Luft. Sein Blick schien sich nicht vom nächsten Umkreis seines Körpers entfernen zu können. Oft seufzte er tief und lang. Anna kam, gab dem Diener Aufträge, forderte von ihm täglichen Bericht, dann stand sie stumm vor Borromeo, der sich langsam erhob und an ihr vorbeiging. Der Diener nahm den Koffer, Borromeo folgte in gebeugter Haltung, blickte nicht vorwärts, nicht seitwärts, sondern nur einwärts wie ein fast Erblindeter. Anna zitterte über die ganze Haut, als sie ihm nachblickte. Sie sperrte Borromeos Zimmer zu und steckte den Schlüssel in ihre Tasche.

Eine halbe Stunde später kam Arnold. Er hatte noch gestern telegraphische Anweisung für die Aufnahme in Podolin getroffen und den dortigen jungen Arzt, der alte war verstorben, mit einem Wagen auf die Station bestellt. Das teilte er Anna Borromeo mit, aber sie nahm es kühl auf. Schweigend saß er bei ihr, bis sich ein trüber Zorn in ihm angesammelt hatte. Er packte mit beiden Händen ihren Kopf, bog ihn zu sich heran und fragte durch die Zähne, indem er seine aufgerissenen Augen vor ihre halbgeschlossenen hielt: »Sieht denn die Erfüllung anders aus als der Wunsch?« Und Anna entgegnete flüsternd: »Ja.« Da erhob sich Arnold, lachte und ging. Gern hätte ihn Anna zurückgerufen, aber sie konnte nicht. Ihre Neugierde hatte nichts mehr zu erwarten. Freiheit und Geheimnislosigkeit war das, was sie am wenigsten ersehnte. Sie versank in eine öde Trauer. Sie trauerte darüber, daß sie sich von Arnold ihre Schulden hatte bezahlen lassen, und vieles erschien ihr nur noch gemein und häßlich, was vor der Erfüllung abenteuerlich gewesen war. Zu rasch hatte sich alles erfüllt, zu viel hatte er gegeben; zu viel und zu wenig, denn von ihm selbst besaß sie nichts. Sie verwünschte ihr Leben.

In der Kanzlei und unter den Bekannten wurde erzählt, Borromeo sei zur Erholung für einige Wochen nach dem mährischen Landgut seines Neffen gereist. Aber auch andere Gerüchte tauchten auf und züngelten umher, die auf Anna Borromeo Bezug hatten. Sie spürte es, denn Leute wie sie, die nur durch die Luft dieser besonderen Welt ihr besonderes Leben führen, erleiden eine Art Tod, wenn sie sich nicht mehr ebenbürtig geachtet wissen. Seltsam, von der Stunde an, wo Borromeo aus dem Hause gegangen, waren Anna und Arnold wie voneinander abgeschnitten. Ruhelosigkeit und Zerfahrenheit herrschten in Arnolds Verrichtungen. Er war so sehr mit sich selbst beschäftigt, daß alles außerhalb Liegende seine Wichtigkeit eingebüßt hatte. Und doch, wenn er zu dem Punkte kam, wo es hätte hell werden können, so blieb er stehen und begann zu träumen. Er verlor Appetit und Schlaf, er verlor die Teilnahme an den Menschen, die ihn bewundert und geliebt hatten. Er verlangte Rechenschaft von sich, aber bei der ersten Erwiderung, die seine Vernunft oder sein Herz gab, schauderte er zurück. Er hatte kein Maß für den Lauf der Tage, er achtete die Zeit nicht mehr. Eingefangen und verstrickt erschien er sich, verschlungen von etwas Ungeheurem. Er spürte die Erschütterung eines Sturmes, aber nicht er selbst litt darunter, sondern ein von ihm abgelöstes Wesen, das im leeren Raume umhertrieb wie ein Fahrzeug ohne Ruder und Mast. Kaffeehaus, Theater, Spiel, Gesellschaft, alles zog ihn an und stieß ihn, kaum genossen, wieder ab. Er konnte nicht begreifen, was denn eigentlich mit ihm geschehen sei, und er hegte fieberhafte Wünsche, wünschte eine neue Erde zu finden, einen andern schweifenden Stern, um dort von neuem zu beginnen, was hier so widernatürlich sich in Unheil und Mißgeschick gebohrt hatte. Beständig glaubte er, glühende Luft zu atmen und eine wunderliche Scheu erfüllte ihn, zu denken und zu schauen. Oft saß er allein und starrte, wie ein Schiffbrüchiger aufs Wasser starrt, das immer ruhiger zu werden droht und sich weigert, selbst den Balken weiterzutreiben, an den er sich hält.

Eines Abends gegen die Dämmerstunde, es ging schon tief in den Herbst hinein, suchte er Anna Borromeo auf. Sie zeigte ihm die Berichte Christians und des Arztes aus Podolin. Beide hatten sich einander zu verhehlen gesucht, was dort vorging, aber das letzte Schreiben des treuen Dieners lautete wie folgt: »Gnädige Frau, der gnädige Herr sieht jetzt immer Gesichter in der Luft. Er glaubt, jemand will ihn totschlagen. Er will auch keine Speise nehmen, der gnädige Herr, weil er glaubt, jemand will ihn vergiften. Er sagt, er hört Stimmen, und der Doktor von Podolin sagt, der gnädige Herr verliert den Verstand. Er sagt auch, der gnädige Herr, er will ans Gericht gehen, um sein Recht zu erhalten.«

Anna Borromeo las vor. Arnold hatte die Lehne eines Stuhles gepackt, sie gegen die Knie gedrückt, so fest, daß die Lehne plötzlich am Sitz entzweibrach. Mit einem sonderbaren Laut sprang er auf, trat ans Fenster, erblickte aber nichts als den Nebel, der sich bläulich-weiß wie Milch an die Scheiben drückte. Dann murmelte er einen Gruß, warf draußen in aller Hast den Mantel um und ging. Ihm brannte das Gesicht, der Hals, die Brust und die Füße. Er lief durch die Straßen, als ob Leben und Tod von der Schnelligkeit seines Schrittes abhänge, um plötzlich stehen zu bleiben und mit zusammengeballten Händen und verzweiflungsvoll aufgerissenen Augen wie ein dem Fieberbett Entlaufener um sich zu blicken, an eine Hauswand gelehnt, in den Nebel tastend, als ob er ein Gebilde seiner Phantasie wäre. Da sah er gegenüber auf der andern Seite der Straße die geöffneten Türen einer Kirche. Ein feierliches rötliches Dunkel dehnte sich in dem leeren Raum. Er ging hinüber, betrat die Kirche, sank in einer finstern Ecke auf die Knie und betete, betete hastig, aufblicklos, glaubenslos, mit verschlossener, stürmischer, stürmisch einen Abgrund hinunterrollender Seele.

Siebenundfünfzigstes Kapitel

Er kam auf die Straße und sah nichts; er sah nicht einmal die Straße, viel weniger die Menschen. Er taumelte mehr, als daß er ging; er flüsterte, seufzte und machte mit den Armen trunkene Bewegungen. »Ja ja,« rief er stehen bleibend und den Arm in die Höhe streckend, einem alten Mann nach, der stillzufrieden an ihm vorbeigegangen war, »ja ja.« Der Alte drehte sich um, stutzte und lachte.

Zu Hause machte er in allen Zimmern Licht. An den elektrischen Flammen war ihm nicht genug, er zündete auch noch Kerzen an. Es war ihm kalt, wie wenn er aus der Ofenwärme eines Zimmers auf ein Eisfeld getreten wäre. Kein Gegenstand vermochte den Blick seiner Augen zu fesseln; eine gerechte und furchtbare Macht rollte plötzlich den Faden seines Lebens nach rückwärts ab und zwang Arnold, sich umzuwenden und der Gewalt zu folgen. Die ersten Stunden der Nacht vergingen in einer vollkommenen Besinnungslosigkeit. Er eilte unaufhörlich durch die Flucht der Zimmer. Völlig erschöpft warf er sich endlich auf ein Sofa. Dennoch nahte Bild auf Bild, quälend wie die Träume an der Grenze des Erwachens. Er legte den Kopf zwischen die Hände und schlief ein, gerade als der erste Tagesstrahl die Finsternis draußen durchbohrte. Er träumte, er säße auf einem armseligen Leiterwagen, welcher durch Schnee und Regen nach Podolin fuhr. Ein fürchterlicher Blitz erleuchtete das Dunkel und Arnold sah, daß er gegen Borromeo die Peitsche schwang. Denn kein Pferd war vorgespannt, sondern Borromeo zog das knirschende Gefährt durch den tiefen Schlamm und Morast, und beim Aufflammen des Blitzes gewahrte Arnold die angespannte Nackenhaut und den müde gesenkten Kopf. Plötzlich aber wandte sich Borromeo, schritt auf Arnold zu und wollte reden, da erwachte Arnold von der Berührung des Dieners, der seinem Herrn gefällig zu sein glaubte, wenn er ihn aus so unbequemer Schlafgelegenheit half.

Er ging ins Badezimmer, ließ einen kalten Wasserstrahl über den Kopf laufen, trocknete und kämmte sich und verließ das Haus. Langsam schritt er durch den unbeweglichen Morgennebel. Nach einer halben Stunde stand er vor dem Haus, wo einst Verena gewohnt hatte. Eine Stimme erhob sich aus der Ferne, rief, rief … Arnold konnte nicht verstehen. War es Verenas Stimme? Fremd war ihm Verena. Wie dunkel lagen die Wege!

Valescott begegnete ihm. »Wie sehen Sie aus, lieber Freund!« rief der Leutnant. »Ihnen ist nicht wohl, wie? Soll ich einen Wagen besorgen? den Arzt benachrichtigen?« Nichts von alledem. Arnold entzog sich dem Besorgten. Jedes menschliche Gesicht flößte ihm Furcht ein, denn in jedem sah er verwandelt sein eigenes, aller guten Triebe beraubt, leer, dünkelhaft und lügnerisch.

Ohne daß ein Vorsatz seine Schritte gelenkt hätte, befand er sich plötzlich vor dem Nordbahnhof. In der Halle studierte er den Zugsplan und sah, daß er in einer Stunde nach Podolin fahren konnte. Er kaufte ein Billett, setzte sich im Wartesaal in einen dunkeln Winkel, und so, ohne Reisegepäck, in wüster, geschlagener Dumpfheit, bestieg er auch den Zug.

Achtundfünfzigstes Kapitel

Der Nebel bedeckte das Land und schien die Bewegung und das Klappern der Räder zu dämpfen. Schwarze Bäume streckten mit verzweifelter Gebärde ihre Äste in den Qualm. Mitten auf freier Strecke mußte der Zug halten, und die Bediensteten liefen rufend hin und wieder. Arnold stieg aus und ging langsam neben einem Acker zur Maschine, vor welcher der Leichnam eines Pferdes hingestreckt lag. Geschäftig, aber untätig standen die Leute beisammen. Arnold wandte sich ab; der Kopf des toten Tieres erinnerte ihn an sein Traumpferd. Angst und Ahnung ließen seine Züge zusammenschrumpfen wie den Schwamm eine Faust.

Das Zeichen zur Weiterfahrt wurde gegeben. Arnold setzte sich wieder in seine Ecke, Minute auf Minute rollte hörbar an seinem Ohr vorbei und mischte sich mit den Millionen der schon verflossenen. Leicht glaubte Arnold diejenige herausklauben zu können, während welcher er auf so rätselhafte Weise sich selbst verloren hatte. Aber alle sahen einander gleich; stumm wie Holzscheite schwammen sie auf dem glatten Strom der Zeit ins Ewige hinaus.

Die Station kam, in der Arnold den Zug verließ. Weit und breit war kein Wagen zu haben. Er mußte zu Fuß nach Podolin. Der Boden war hart, wenn auch nicht gefroren. Von oben schien Gott gegen die Erde zu blasen, worauf das Nebelwerk widerwillig verflog. Wie in die Tiefe eines Trichters blickte ein Stück hellblauen Himmels herab. Leer und still dehnte sich das Land. Auch vor Arnolds Schritten wich der Nebel zurück, bis er sich allmählich gegen den Horizont drängte. Die Sonne beschien ihn bräunlich golden und nur den Fluß entlang türmte er sich noch wie eine fabelhafte Bergkette.

Es war drei Uhr nachmittags, als er durch eine Biegung des Wegs rechts den Hügel von Podolin gewahrte. Er ging links gegen den Ansorge-Hof; auf dem hölzernen Steg, der über den Fluß führte, blieb er stehen und schaute ins Wasser. Jetzt erst dachte er daran, wen das heimatliche Haus drüben beherbergte, und eine finstere Verzagtheit ergriff von ihm Besitz. Morastig und faul wie das Wasser unten erschien ihm sein Inneres, und er lehnte sich mit einer Inbrunst an das schwache Holzgeländer des Stegs, als fürchte er, selbst das dunkle Abbild seines Ichs zu verlieren, welches der Wasserspiegel zurückgab und welches ihm doch wenigstens seine eigenen Züge, seine Augen, seinen Mund, seine Arme zeigte.

Er ging weiter und trat ins Haus, als Ursula gerade mit mehlweißen Händen aus der Küche kam. Freude schien die Alte über sein Kommen nicht zu empfinden. Die Luft im Hause war verändert. Ursula, die hier ihre eigentliche Heimat gefunden hatte, fühlte sich nun unbehaglich. In dem schmalen Flur ging Arnold auf und ab; Ursula beobachtete ihn traurig und etwas erstaunt. Sie fragte, wo er sein Reisegepäck habe, doch er antwortete nicht. Er könne nur in der Hinterstube wohnen, fuhr sie betrübt fort, die drei andern Zimmer hätten der Herr Onkel und Christian inne.

Arnold stellte sich auf die Schwelle zur Küchentüre und lehnte die eine Schläfe gegen den Pfosten, während Ursula hantierte und dabei erzählte. Sie buk einen Obstkuchen für Borromeo; nur dies esse er bisweilen, sonst verweigere er fast alle Nahrung. Er sei sehr ruhig, nur in der Nacht fange er oft an zu phantasieren, aber niemand könne etwas davon begreifen. Es dürfe nie finster sein, er fürchte sich vor der Finsternis. Bevor er sich niederlege, schliche er zehnmal zu den Türen, um zu sehen, ob sie fest verschlossen seien. Oft lasse ihm dieser Gedanke auch im Schlaf keine Ruhe, und Christian müsse dann mit der Kerze in alle Winkel leuchten. »Der hiesige Doktor behauptet,« fuhr Ursula fort, »daß die Einsamkeit an allem schuld ist und daß jetzt nichts mehr zu machen ist. Er ist unheilbar. Jede Woche läuft uns auch eins vom Gesinde davon. Sie sind abergläubisch und ängstigen sich vor dem guten Herrn wie vor dem Teufel.«

Arnold ging wieder in den Flur zurück. Er trat an die Türe von Borromeos Zimmer und legte die Hand auf die Klinke. Er wagte nicht einzutreten, ihm schwindelte. Unsicheren Schrittes ging er auf den Hof und sah vom Zaun aus gegen die Fenster. Dann eilte er in den Park. Er atmete schwer. Plötzlich aber stand er still und klammerte den einen Arm um eine Föhre. Mit aller Gewalt sammelte er sich zu einem Entschluß. Seine Stirn und Blicke waren gesenkt, als er zum Haus zurückging. Ohne weiteres Zaudern öffnete er die Tür zum Zimmer des Oheims.

Borromeo saß einige Schritte vom Fenster entfernt und schaute, eine steinerne Unbeweglichkeit in allen Gliedern und selbst im Gesicht, gegen die Landschaft hinaus. Sein Bart war vollständig grau geworden. Der ziemlich kahle und seltsam abgeplattete Kopf mit der niedrigen Stirn hatte etwas von einem aufgesetzten Wachsmodell. Die Hände waren gelb und schmutzig. Sehr langsam wandte Borromeo den Kopf gegen die Türe. Das Geräusch des Eintretenden war längst verklungen, aber es schien, als brauchten die Laute zehnfache Zeit, um zu seinem Ohr zu gelangen. Er blickte Arnold ins Gesicht. Sein Blick schien nicht sehen, sondern nur tasten zu können. Er fletschte die Lippen und lächelte endlich, wobei Geifer in den Bart rann.

Schrecklich hob und spannte sich Arnolds Brust. »Onkel Borromeo, kennst du mich nicht?« fragte er endlich.

»Hä –?« machte Borromeo. Es war ein empfindungsloser Laut, von einer Bewegung des Mißtrauens begleitet. Auf einmal sagte er, indem er beide Hände zur Höhe des Halses erhob: »Zurückgesetzt… sie lauern… man muß vo–orsichtig sein… Sie sperren einen sonst ins Kloster…«

Arnold, als ob er einen Faustschlag auf den Hinterkopf erhalten hätte, wankte und streckte den Arm aus. Borromeo verdrehte ängstlich die Augen und wollte sich erheben. Da nahm sich Arnold zusammen und verließ den Raum.

Neunundfünfzigstes Kapitel

Draußen überfiel ihn eine betäubende Schlafsucht. Er taumelte in das Zimmer, das Ursula inzwischen notdürftig für ihn hergerichtet hatte, warf sich auf die nackte Matratze und schlief ein.

Nach Mitternacht erwachte er, erhob sich, suchte Licht zu machen, fand aber weder Streichhölzer, noch Kerze. Er tastete sich, nachdem er den Mantel umgeworfen hatte, in den Flur, fand aber die Haustüre versperrt. Er überlegte, ob er Ursula wecken solle; er lehnte die Stirn an die kalte Mauer, und feurige Gebilde erschienen vor seinen ungewissen Augen. In seinem Innern war eine ahnungsvolle Stille eingetreten. Wenige Minuten, und er kehrte zurück und stieg durch das Fenster in den Hof, zog vor dem frostigen Anhauch der Nacht den Mantel fest über der Brust zusammen, und bald hatte er das Haus weit im Rücken.

Das Land lag dumpf und schwarz. Wie er so ging, schien es, als suche er auf dem Boden etwas, das ihm gehörte. Mit feuchten Augen blickte er in das Dunkel und rief plötzlich aus: »Bezahlen! das ist das große Wort, bezahlen!«

Auf einer hügeligen Erhebung des Bodens blieb er stehen. Fern, hinter dem fernsten Waldrand glühte der schwarze Himmel rot. Ein Brand schien dort zu wüten, aber der runde, abgegrenzte Feuerfleck sah mehr wie das geöffnete Tor zu einer unbekannten Welt aus. Arnold spürte, wie eine geistergleiche Hand Trübes und Ungleiches aus seinem Innern entfernte und wie das ungeduldig pochende Herz sich ausdehnte und freier zu schlagen begann. Bezahlen, dachte er, das ist es. Nicht darum handelt es sich, von neuem hinauszugehen und zu probieren, ob das Schlechte nicht wiederkommt. Nicht darf man sich betrügen und glauben, ein neues Leben ist da, wenn man nur das alte vergessen kann. Und wie sehr ich vergessen kann, das hat sich gezeigt. Wenn ich das Gute und Große vergessen konnte, um wie viel eher werde ich das Schlechte und Gemeine vergessen. Leicht ist es, sich selber zu betrügen und zu glauben, du bist besser geworden, nur weil du gesehen hast, wie schlecht das Schlechte ist. Habe ich nicht erfüllt, wozu ich mich ausersehen hatte, so ist auf ewig verloren, was mir bestimmt war. Es ist unrechtmäßig, glücklich werden zu wollen, wenn man schlecht gelebt hat. Ich darf mich nicht schleppen mit dem Vergangenen und ich darf es nicht hinter mich werfen, — was muß ich also tun, damit Gerechtigkeit entsteht?

Mechanisch streckte er die Arme aus, und es war ihm, als könne ihn die Erde nicht länger tragen. Schauer auf Schauer überflutete ihn. Undeutlich und fieberhaft zuerst, dann, indem die Wölbung seiner Brust und seiner Stirne sich furchtbar spannten, erst Gedanke, dann Gefühl, dann zusammenrauschend und -stürzend, erhob sich eine Stimme wie der Flügelschlag eines heranschwebenden Vogels: Nur wenn du nicht mehr bist, wird auch dein Übel nicht mehr sein; erst aus der sühnenden Tat erwacht das Bessere wieder!

Er sank zu Boden. Seine Finger bohrten sich in den Sand, Wange und Kinn wurden von einem Strauch geritzt, Krämpfe durchzuckten seinen Körper. Wann hat es begonnen? grübelte er; an welchem Tag, zu welcher Stunde? Langsam hat mich ein Ungeheuer umschlungen, und seine Kunst war es, mich müde und faul zu machen. Eingeschläfert hat es mein Herz und dann entzwei gerissen. Bezahlen mußt du, Arnold, bezahlen!

Als er sich erhob, wuchs wie neugeboren auch sein ganzes Wesen empor, gesammelt, friedlich und fest. Er war sich selber dankbar, und als ob er in einer dazwischenliegenden, dunklen Zeitspanne nur mit einem kleinen Teil seiner Sinne gelebt hätte, fühlte er sich jetzt, fühlte er klar und leicht den menschlichen Sieg über die ungefähren, blind niederreißenden Schicksalsmächte.

Der östliche Himmel kam ins Glühen. Mit einem seltsam kühlen und heiteren Lächeln setzte Arnold seinen Weg fort. Er verfolgte gespannt das Auseinanderfließen der flammenden Cirruswölkchen und wie der Himmel mit jeder Minute klarer und strahlender wurde, als hätte ihn eine verborgene Quelle mit Bläue übergossen. Die Luft war frisch und dünstelos. Als Arnold nach Podolin kam, war es schon ziemlich weit im Vormittag, aber die Häuser sahen aus, als lägen sie noch im Schlaf.

Bei der Werkstatt eines Mechanikers blieb Arnold stehen und betrachtete die ausgehängten Flinten und Hirschfänger. Die Werkstatt lag einige Treppen tiefer als die Straße. Arnold ging hinunter und verlangte einen Revolver. Er wählte eine billige und gewöhnliche Waffe, bezahlte den geringen Preis und empfahl sich freundlich. Er schritt den Hügel hinan, kam wieder in die freie Landschaft und sah plötzlich hinter dem Zaun ihres Gärtchens Agnes Hanka. Sie schüttelte Zwetschgen von den Bäumen und sah gesund aus. Kaum hatte sie Arnold erkannt, als sie freudig winkend zum Pförtchen schritt und ihm schüchtern lächelnd die Hand reichte. »Ich weiß, daß Sie mit Alexander befreundet sind,« sagte sie, »da sind Sie also auch mein Freund.«

Arnold errötete. Er begriff in diesem Augenblick, was ihn und Hanka auseinandergerissen hatte. Kopfschüttelnd antwortete er: »Hanka und ich sind Freunde gewesen; wir sind es nicht mehr durch meine Schuld.« Agnes lächelte, wie Frauen über Männerumtriebe zu lächeln pflegen. Sie nahm es nicht recht ernst. Indem sie offen in Arnolds frisches und von innen strahlendes Gesicht blickte, welches keine Übernächtigkeit zeigte, lud sie ihn zu einem Butterbrot und einem Glas Wein ins Haus. Sie wünschte stets zu geben; da dies für sie am leichtesten und unverfänglichsten war, machte sie ihre Speisekammer zu einem Vorzimmer ihres Herzens.

Arnold hatte Hunger und nahm die Einladung an. Alsbald setzte Agnes Brot, Schinken, Butter, Honig und eingemachte Früchte vor ihn hin, rückte einen Stuhl an die andere Seite des Tisches und sah gerührt und dankbar dem eifrig Essenden zu, denn sie hatte seit langer Zeit keinen Gast mehr in ihrem Hause gehabt. Arnold erzählte mit Vorsicht von Hanka, denn er erinnerte sich, daß er gewisse Geheimnisse vor Agnes nicht preisgeben dürfe. Als er genug gegessen, getrunken und erzählt hatte, erhob er sich, reichte der lieben Wirtin die Hand und ging.

In ziemlich weitem Bogen führte sein Weg gegen den Ansorge-Hof. Als er das Haus betrat, erfuhr er von Ursula, daß um sieben Uhr morgens ein Arzt und ein Wärter angekommen seien und schon zwei Stunden später seien Borromeo und Christian mit jenen beiden wieder abgereist. Arnold zuckte zusammen, als er dies vernahm, wie wenn sich längstvergessenes Unheil wieder vor seinem inneren Blick entfalte; aber dies war nur ein letztes Gedenken. Ruhig wanderte er eine Zeit über im Hof auf und ab. Dann trat er von neuem ins Haus, suchte einen Bogen reinen Papiers aus der Lade, wo dergleichen verwahrt wurde, setzte sich nicht ohne Umständlichkeit an einen Tisch und schrieb: »Der Ansorge-Hof fällt nach meinem Tode mit allem beweglichen und unbeweglichen Gut an unsere alte Dienerin Ursula Kämmerer. Mein in ungarischen Staatspapieren auf der Depositenbank liegendes Barvermögen im Betrage von achtmalhundertvierzigtausend Gulden laut Kontokorrent vom 1. Juli a. c. vermache ich meinem Freunde, dem Statthaltereibeamten Ludwig Wolmut, zurzeit in Graz. Er soll es auf eine solche Weise verwenden, die dem in unsern gemeinschaftlichen Gesprächen oft aufgestellten Ideal angemessen ist. Ich vertraue ihm. Bei klarem Bewußtsein meiner selbst und in gerechter Selbstbestimmung habe ich dies niedergeschrieben zu Podolin in Mähren, am 27. Oktober. Arnold Ansorge.«

Sechzigstes Kapitel

Es war zwei Uhr nachmittags, als Arnold das Haus verließ.

Er ging ein Stück am Fluß entlang, bis er zu einem verwahrlosten Hüttchen kam. Am Ufer hockten ein Mann und ein Weib und flickten Netze. Im Wasser lag ein kleines Boot. Arnold bat die Leute um das Fahrzeug; er wolle nur bis zum Wald hinunter rudern. Zugleich gab er dem Mann ein Guldenstück und stieg ein. Stehend, mit der Stange stieß er das Boot flußabwärts, wobei er lange Ruhepausen machte, um den strahlenden Himmel oder sein dunkleres Abbild im dunklen Wasser zu betrachten. Es schien ihm, als gleite er zwischen zwei Himmeln dahin.

An einer ziemlich einsamen Stelle, wo der Wald an beiden Ufern dicht zum Wasser trat, legte Arnold an und kettete das Boot an einen Stamm. Seine Blicke fielen auf das hellgrüne Moos, den Blätterteppich, die glitzernden Gräserspitzen, das Mückengewimmel in der weißlichen Luft, durch gelbe und goldene Sonnenstrahlen schießend. Er horchte auf das feine Sausen des Windes hoch in den Kronen, auf vielfältige, schläfrige, halberstorbene Laute, Zweigeknacken, Blätterrascheln, das Flattern kleiner Vögel. Die meisten Sträucher waren schon kahl; auf einem kleinen Wiesenstück standen Hunderte violetter Herbstzeitlosen. In der Tiefe des Forstes ertönte Hundegekläff, dann ebenso fern das Knallen einer Peitsche. Bisweilen stieg ein Hauch wie Nebel zwischen den Stämmen empor.

Die Sonne war am Sinken. Rötlich zitterten die Tannennadeln in der Luft. Der Himmelsausschnitt, den eine Lichtung wahrnehmen ließ, veränderte sein sattes Tiefblau ins Grünlich-Violette. Arnold legte sich auf eine Schicht von braunem Nadelwerk. Mit der Hand haschte er nach den Fäden des Altweibersommers, die ihn umschwebten. Vertieft blickte er dann auf einen Ameisenzug neben seiner Schulter, und er fühlte sich klein wie eine Grille und betrachtete liebend diese Welt der Ameisen und den Wald der Gräser von unten und innen. Seine Züge wurden noch ruhiger als bisher, aber auch ernster. Er rückte ein wenig hinauf, um sich bequem an den dicken Stamm der Föhre lehnen zu können, die von allen ringsum am höchsten ragte, als erste das Abendrot an ihrer Spitze auffing und im Osten zugleich den Mond begrüßte. Arnold pflückte einen Grashalm und zog ihn lächelnd durch den Mund, so daß die tauige Feuchtigkeit seine Lippen erfrischte. Dann öffnete er den Rock und das Hemd, zog den Revolver aus der Tasche und drückte die Laufmündung fest gegen die linke Brust.

Ende
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