VIERTES KAPITEL In Algier

Wenn man in der Stadt Algier von der Straße Bab el Qued nach der Kasbahstraße einbiegt und dann sich um die erste Ecke rechter Hand wendet, kommt man an eins der berühmtesten Kaffeehäuser der einstigen Seeräuberstadt. Aber dem Äußeren dieses Hauses sieht man diese Berühmtheit ganz und gar nicht an. Es ist schwarz und alt. Kein Stein scheint mehr auf dem anderen halten zu wollen, und der Eingang ist schmal und niedrig wie die Tür zu einer Hütte.

Durch ihn gelangt man zunächst in einen langen, dunklen Flur, dann aber in einen großen, offenen Hof, welcher mit prächtigen Säulenbogen umgeben ist, unter denen sich kleine, lauschige, nach dem Hof zu offene Gemächer rundum aneinander reihen.

Diese Gemächer sind für die Gäste bestimmt.

Inmitten des Hofes plätschert ein Brunnen, welcher von den vollen Wipfeln einer Sykomore überschattet wird. Hier sitzen des Abends, während die Ausländer unter den Säulenbogen trinken und rauchen, die Eingeborenen, in ihre weiten, weißen Gewänder gehüllt, ‚trinken‘ ihren Tschibuk, wie der Maure sich auszudrücken pflegt, und schlürfen einen Fingan Kaffee nach dem andern dazu.

Dabei lauschen sie dem Vortrag des Meda, des Märchenerzählers, der sie im Geiste nach Damaskus und weiter führt und ihnen jene phantastischen Bilder aus Tausendundeiner Nacht vor die Augen führt.

Doch nicht immer sind es Märchen, welche sie hören. Er berichtet auch von Mohammed dem Propheten, von den Kalifen, von dem großen Salah-ed-din, welchen die Christen Saladin nennen, von Tarik dem Eroberer, von dem spanischen Reich der Mauren. Er beschreibt die Pracht und Herrlichkeit des Altertums und schildert ebenso die Gegenwart.

Hat er Mekka, die heilige Stadt besucht, so beschreibt er seine Pilgerreise, und ist er weit in das Innere der Wüste gekommen, so entrollt er die Geheimnisse der Sahara vor ihren Augen. Er spricht vom Samum, von den Djinns, den bösen Geistern, vom Löwen, dem Beherrscher des Wüstenrandes, und während er spricht und erzählt, dichtet er:

„Da liegt der Maure unter Palmen,

Vom Sonnenbrand herbeigeführt;

Das Dromedar nascht von den Halmen,

Die noch der Samum nicht berührt.

Da trinkt das Gnu sich an der Quelle,

Der lebensfrischen, voll und satt;

Da naht verschmachtend die Gazelle,

Vom wilden Jagen todesmatt.

Da geht der Löwe nach der Beute,

Der König, kampfesmutig aus,

Und in die unbegrenzte Weite

Brüllt er den Herrscherruf hinaus,

Und Mensch und Tier, Gnu und Gazelle,

Sie zittern vor dem wilden Ton

Und jagen mit Gedankenschnelle,

Entsetzt, von Furcht gepackt, davon.“

Eben als der Meda bis hierher gekommen war, trat ein neuer Gast in den Hof. Er blieb am Eingang stehen und blickte sich um. Er schien den, welchen er gesucht hatte, gefunden zu haben, denn einer der Anwesenden erhob sich aus dem Kreis der Zuhörer und kam auf ihn zugeschritten.

„Sallam aaleïkum!“ grüßte der Eingetretene.

„Aaleïkum sallam“, antwortete der andere. „Wie bin ich erfreut, dich zu sehen!“

„Allah hat mich beschützt.“

„Warst du glücklich?“

„Ja.“

„Darf ich nun fragen, wo du warst?“

„Ich erzähle es dir.“

„Und was du dort wolltest?“

„Auch das.“

„So komm.“

Er führte ihn in eins der nach dem Hof zu offenen Gemächer. Ein Diener des Kawedschi (Kaffewirts) brachte Tabak und Kaffee. Sie setzten sich nebeneinander auf das Polster nieder, und der Neuangekommene brachte seinen Tschibuk in Brand.

Er war jünger als der andere, ihm aber so ähnlich, daß man gleich auf den ersten Blick diese beiden für Verwandte halten mußte.

Und so war es auch. Der Ältere war Abu Hassan der Zauberer, und der Jüngere war Saadi, der einstige Geliebte Liamas, von dem man geglaubt hatte, daß er erschossen worden sei.

„Nun erzähle“, bat Hassan. „Wo bist du gewesen?“

„Das würdest du nie erraten.“

„So sage es.“

„Im Auresgebirge.“

„Dort oben? Was hattest du dort zu tun?“

„Ich suchte die Hütte des toten Marabut.“

„Des Hadschi Omanah?“

„Ja.“

„Allah ist groß. Er gibt den Menschen seine Gedanken. Ich aber bin nicht allwissend und kann nicht ahnen, was du dort wolltest.“

„Der Ort ist ein heiliger Ort. Ich wollte dort beten.“

„Das ist Allah wohlgefällig. Aber wolltest du nicht etwas anderes dort?“

„Ja. Ich wollte die Gebeine des Marabut sehen.“

„Hat dich der Scheïtan (Teufel) besessen! Du hast doch nicht etwa diese Gebeine ausgraben wollen?“

„Gerade das habe ich gewollt.“

„Saadi!“ meinte der andere erschrocken.

„Was meinst du?“

„Weißt du nicht, daß sich der Gläubige verunreinigt, wenn er die Überreste eines Toten berührt?“

„Ich habe die Gebete der Reinigung gesprochen.“

„Und weißt du nicht, daß den, welcher das Grab eines Heiligen entweiht, Allahs Rache und der Fluch des Propheten trifft?“

„Ich weiß es.“

„Und dennoch hast du es getan?“

„Allah wird mir verzeihen, denn meine Absicht war eine gute. Weißt du, was ich gefunden habe?“

„Die Überreste des Marabut.“

„Ja, aber dabei noch ein zweites Gerippe.“

„Das seines Sohnes?“

„Jedenfalls; dieser Sohn ist ermordet worden.“

„Allah il Allah!“

„Ja. Ich habe die Spur ganz deutlich gesehen.“

„Wer mag der Mörder sein?“

„Rate!“

„Irgendein böser Mensch oder gar ein Giaur, welcher Schätze gesucht hat.“

„Das letztere ist richtig. Ein Giaur ist's gewesen. Vielleicht waren es sogar zwei.“

„Der Teufel fahre mit ihnen zur Hölle! Wie aber kannst du das so genau wissen?“

„Weil ich noch einen Fund gemacht habe.“

„Einen guten?“

„Für uns einen sehr guten. Desto schlimmer aber für die Mörder. Wie gut, daß wir gelernt haben, die Sprache dieser Franzosen zu sprechen und zu schreiben.“

Er griff in den Gürtel und zog ein kleines Paket hervor. Er öffnete es. Es enthielt mehrere Schreiben, welche er Hassan hinreichte.

„Hier, lies und staune.“

Die Beleuchtung war so, daß die Zeilen ziemlich deutlich zu sehen waren. Beides, Papier und Schrift, waren sehr gut erhalten, obgleich alt.

Während Hassan las, drückte sich auf seinem sonnenverbrannten Gesicht ein immer wachsendes Erstaunen aus. Als er fertig war, legte er die Papiere zusammen, gab sie an Saadi zurück und sagte:

„Welch eine Entdeckung!“

„Ist sie nicht wichtig und groß?“

„Größer und wichtiger als alles andere. Allah hat deinen Fuß geführt und deine Hand geleitet!“

„Glaubst du, daß er mir verzeihen wird, daß ich in die Hütte des Marabut eingedrungen bin?“

„Er wird dir verzeihen, denn es ist ja sein eigener Wille gewesen. Wo lagen diese Papiere? Mit im Grab bei den Toten?“

„Nein. Da wären sie verfault.“

„Wo denn?“

„In der Mauer.“

„Sie waren da aufbewahrt?“

„Sie lagen dort versteckt. Das Häuschen ist alt, und die Steine sind aus den Fugen gegangen. Einer der Steine, den ich berührte, fiel herab. Hinter ihm war ein Loch; da staken die Papiere.“

„Welch eine Schickung! Es sind Abschriften.“

„Vom Gouverneur unterzeichnet und besiegelt.“

„Wo mögen die Originale sein?“

„Drüben in Frankreich.“

„Meinst du?“

„Gewiß.“

„Wir kommst du zu dieser Vermutung?“

„Oh, ich vermute noch ganz anderes. Fragst du dich denn nicht, wie diese Papiere in die Hütte des Marabuts kommen?“

„Das muß man sich freilich fragen. Die Dokumente eines Franzosen in das Heiligtum eines gläubigen Moslem.“

„Nun, wie willst du das erklären?“

„Weiß ich es? Laß mich nachdenken!“

„Nachdenken? Das habe ich bereits getan.“

„Hast du es gefunden?“

„Ja.“

„So sage es.“

„Kannst Du Dich noch an jene Zeit erinnern, in welcher unser Stamm fast vernichtet wurde?“

„Es ist mir, als sei es erst gestern geschehen. Fluch diesen Franzosen.“

„Es war zu derselben Zeit, als der Marabut mit seinem Sohn verschwand. Ihre Überreste habe ich jetzt gefunden. Aber man fand damals in ihrer leeren Hütte ein altes Buch, welches in einer fremden Sprache gedruckt war.“

„Ich besinne mich. Es enthielt Gedichte. Das sah man aus der Stellung der Zeilen.“

„Nun, wir waren dann später beide in Frankreich und haben da ähnliche Bücher gesehen, welche Gedichte enthalten. Man nennt dort solche Bücher Gesangbücher. Der Ungläubigen singen in ihren Kirchen daraus.“

„Allah ist groß! Meinst du, daß das Buch des Marabuts ein solches Gesangbuch gewesen sei?“

„Ja.“

„Ein Heiliger der Moslems und ein Gesangbuch der Ungläubigen! Bist du toll?“

„Ich bin sehr bei Besinnung. Du aber wirst mich freilich für wahnsinnig halten, wenn ich dir sage, daß Hadschi Omanah ein Christ gewesen ist.“

„Ja, das ist wahnsinnig. Allah gebe, daß du deinen Verstand wiederfindest!“

„Ich habe ihn noch; ich habe ihn noch gar nicht verloren. Hadschi Omanah ist früher ein Christ gewesen und dann zu unserem Glauben übergetreten.“

„So meinst du, daß er kein Sohn der Araber gewesen sei?“

„Nein; er war ein Franke. Ich kenne sogar seinen Namen.“

„Willst du allwissend sein wie Gott selbst?“

„Ich denke nach; darum weiß ich es.“

„Nun, wie soll dieser Name lauten?“

„Baron de Sainte-Marie.“

Dem guten Hassan war der Tschibuk längst ausgegangen. Jetzt aber legte er ihn gar beiseite. Er öffnete den Mund und starrte seinen Verwandten an, als ob er ihn zum ersten Mal sehe.

„Sainte-Marie?“ wiederholte er.

„Ja.“

„Mensch, willst du auch mich um den Verstand bringen?“

„Nein. Denke nach. Hadschi Omanah war ein Baron de Sainte-Marie, der seinen Sohn bei sich hatte. Sie verbargen bei sich diese Papiere, welche Abschriften sind. Sie hatten auch die Originale bei sich.“

„Wozu die Abschriften, wenn sie die Urschriften hatten?“

„Aus Vorsicht, zu ihrer Sicherheit. In den Schluchten des Auresgebirges gibt es wilde Menschen. Geschah etwas, wobei von den Schriften entweder das Original oder die Kopie vernichtet wurde, so war doch wenigstens das andere noch vorhanden.“

„Aber sie können ja gar nicht Sainte-Marie geheißen haben.“

„Warum nicht?“

„Weil es einen Sainte-Marie gibt.“

„Oh, der ist unecht.“

„Du meinst, daß dieser Ben Ali – – –?“

„Ein Schwindler ist.“

„Allah!“

„Und nicht nur ein Schwindler, sondern ein Mörder. Und nicht er allein, sondern dieser Malek Omar mit ihm.“

„Der sich Richemonte nennt?“

„Ja. Sie haben den Hadschi Omanah, den richtigen, echten Sainte-Marie, und dessen Sohn ermordet und die Papiere an sich genommen.“

„Damit Ben Ali Baron werden solle?“

„Ganz gewiß.“

„Saadi, mein Bruder, wenn du recht hättest.“

„Ich habe recht.“

„Das wäre eine Rache an den beiden.“

„Wir werden uns rächen.“

„Aber wann und wie?“

„Das haben wir uns zu überlegen. Sie haben nicht geahnt, daß es noch Abschriften gibt. Mit diesen letzteren können wir beweisen, daß die wirklichen Sainte-Maries tot sind. Nun aber, wie ist es dir seit unsrer Trennung ergangen?“

„Ich habe still gearbeitet. Nun aber hat sich etwas ereignet, was uns auf baldige Rache hoffen läßt.“

„Was?“

„Frankreich wird mit Deutschland Krieg führen.“

„Ist das gewiß?“

„Ja. Deutschland soll überrascht werden. Hast du denn noch nichts gehört?“

„Nein.“

„Die ganze Provinz ist in Bewegung. Die Regimenter der Turkos und Spahis werden nach der Küste gezogen, um schnell eingeschifft werden zu können.“

„Allah sei Dank. Sind die Oasen dann von den Soldaten entblößt, so werden wir uns erheben.“

Hassan schüttelte den Kopf und meinte:

„Das ist eine trügerische Hoffnung. Die Stämme Algeriens werden sich nicht erheben.“

„Warum nicht?“

„Es fehlt ihnen ein Anführer.“

„Wir haben viele tapfere Scheiks.“

„Aber keinen Feldherrn.“

„Wir werden einen finden.“

„Aber keinen Abd el Kader. Nein, nicht hier in der Heimat können wir uns rächen.“

„Wo denn?“

„Drüben, jenseits des Meeres, wenn der Krieg begonnen hat. Diese Franzosen jauchzen bereits. Sie sind siegestrunken, bevor der Krieg noch erklärt worden ist. Aber hast du die blonden Männer der Fremdenlegion gesehen?“

„Ja, das sind die tapfersten und edelsten.“

„Das sind Deutsche. Hast du gehört, von wem Napoleon der Große vernichtet worden ist?“

„Von den Deutschen.“

„So wird es auch diesmal werden.“

„Allah gebe es!“

„Alle Gläubigen beten zu Allah, daß unsere Unterdrücker vernichtet werden. Und jeder Moslem ist bereit, das seinige dazu zu tun.“

„Und doch müssen unsere Brüder für Frankreich fechten.“

„Sie werden es nicht tun.“

„Oh, man wird sie zwingen.“

„Sie werden sich nicht zwingen lassen, sondern zum Feind überlaufen, wenn man sie gegen ihn führt. Es geht durch die Reihen der Spahis und Turkos eine heimliche Bewegung, von der du dich bald überzeugen sollst. Aber was kümmert das jetzt uns? Wir haben weit anderes zu tun. Ich weiß, wie wir uns persönlich an Frankreich rächen können.“

„Wie?“

„Indem wir Kapitän Richemonte vernichten.“

„Was sollte dies Frankreich schaden?“

„Habe ich dir nicht erzählt, daß ich drüben erfahren habe, er stehe an der Spitze einer Verschwörung gegen Deutschland?“

„Du sagtest es.“

„Nun, wenn wir ihn stürzen, so bricht der ganze Plan zusammen. Diese Abschriften müssen ihn verderben.“

„So willst du wieder nach Ortry, trotzdem du von diesem Ort geflohen bist, hinüber?“

„Ich floh vor dem Geist, den ich erblickte.“

„Hassan, weißt du genau, daß es ein Geist war?“

„Ja.“

„Kannst du es beschwören?“

„Ihr Körper kann es nicht gewesen sein.“

„Warum nicht?“

„Weil sie tot ist.“

„Sie könnte vielleicht noch leben.“

„Könnte da der Baron ein anderes Weib haben?“

„Da drüben gelten andere Gesetze.“

„Man hat nicht anders gewußt, daß Liama das christlich angetraute Weib des Barons sei.“

„So gibt es demnach noch eine Möglichkeit, daß sie noch lebt. Man hat sie nur beseitigt. Hast du ihren Geist genau betrachtet?“

„Ich habe ihn genau gesehen.“

„Wie war er gekleidet?“

„In die Tracht unseres Landes.“

„Verstandest du, was er sagte?“

„Jedes Wort.“

„In welcher Sprache redete er?“

„In französischer.“

„O Hassan, ich glaube, du täuschst dich. Ihr Geist hätte ganz sicher gewußt, daß du es bist, und dann hätte er arabisch gesprochen.“

„Ein Geist redet die Sprache desjenigen Landes, in welchem er erscheint. Liama erschien unter Donner und Blitz. Kann das ein Mensch?“

„Ja. Man hat Pulver.“

„Oh, das war kein Pulver. Die ganze Erde bebte und brannte. Ich bin davongestürzt.“

„Aber jene beiden Männer blieben?“

„Ich weiß es nicht.“

„Du bist zu eilig gewesen. Warum hast du dann nicht wenigstens in der Stadt gewartet? Du konntest erfahren, welchen Ausgang es genommen hatte.“

„Sollte ich mich als Leichenräuber festnehmen lassen?“

„Ich will dich nicht tadeln, daß du zu vorsichtig gewesen bist. Wir werden wieder hinübergehen, und dann suche ich das Grab selbst auf, um mich zu überzeugen, daß es die Überreste meiner Liama wirklich enthält.“

„Deiner Liama – – –? Sie war das Weib des Barons.“

„Nie.“

„Glaubst du ihrer Versicherung wirklich so fest?“

„Ich glaube an sie wie an mich selbst. Dieser falsche Baron hat nur sagen dürfen, daß sie wirklich sein Weib sei.“

„So ist ihre Tochter die deinige?“

„Sie ist es. Ich war mit Liama verlobt, und sie wurde vor Allah mein Weib, als ich sie fand und heimlich bei ihr wohnte. Da treten neue Gäste ein. Gehen wir, Hassan. In unserer Wohnung können wir ungestört weitersprechen.“

Sie bezahlten, was sie genossen hatten, und verließen dann das Kaffeehaus.

Es war Mondschein. Sie wandelten im Schatten der Häuser. Aber als sie um die Ecke bogen, kamen sie in den vollen Schein, ebenso auch ein Mann, welcher von der anderen Seite kam und fast mit ihnen zusammengerannt wäre.

Alle drei hielten ihre Schritte an und sahen einander unwillkürlich in die Gesichter.

„Hassan der Zauberer“, entfuhr es dem Mann.

„Vater Main!“ rief dagegen Hassan. „Mensch, wie kannst du wagen – – – Allah, Allah!“

Er stieß diese beiden Rufe aus, weil er vom Vater Main einen fürchterlichen Hieb in die Magengegend erhalten hatte, so daß er an die Mauer taumelte. Der einstige Pariser Wirt rannte davon. Saadi wollte ihm nach, hielt es aber doch für nötiger, nach dem Bruder zu sehen.

„Ist's gefährlich?“ fragte er ihn.

„Nein. Schon ist's vorüber. Dorthin rannte er. Schnell ihm nach.“

Beide eilten in die Richtung hin, in welche Main entflohen war. Sie kamen bis an das Ende der Straße, ohne ihn erblickt zu haben. Sie sahen nun nach rechts und links in die Querstraßen hinein, ohne ihn zu bemerken.

„Er ist fort“, meinte Saadi.

„Entkommen, der Schuft.“

„Du kennst ihn?“

„Freilich. Ich nannte ja seinen Namen.“

„Wer ist er?“

„Ein ganz gefährlicher Verbrecher, welcher aus Paris entflohen ist. Er wurde Vater Main genannt. In seinem Haus verkehrten nur böse Menschen. Er hatte ein sehr vornehmes Mädchen geraubt, um ein großes Lösegeld zu erlangen.“

„Hätte ich das gewußt!“

„Was hättest du getan?“

„Ihn sogleich festgehalten.“

„Man wird ihn ohnedies ergreifen, denn ich gehe gleich am Morgen zur Polizei, um zu melden, daß er sich hier befindet.“

Sie setzten ihren Weg fort, ohne zu ahnen, daß sich der, von welchem sie sprachen, ganz in ihrer Nähe befand. Das Nachbarhaus desjenigen, an welchem sie stehengeblieben waren, war nämlich, wie so manches in Algier, unbewohnt, weil es halb in Trümmern lag. Die Tür hing zwar noch in den Angeln, wurde aber nicht mehr verschlossen.

Hinter diese Tür war Vater Main geschlüpft und hatte sie so herangedrückt, daß es den Anschein hatte, als ob sie verschlossen sei. Er hörte ganz deutlich, was Hassan erzählte.

„Verräter!“ murmelte er, als sie fortgegangen waren. „Ich stoße dir das Messer in den Leib, sobald du mir wieder begegnest. Wie gut, daß diese beiden Menschen nicht wußten, welch ein prächtiger Schlupfwinkel dieses alte Seeräuberhaus ist.“

Er tappte sich im Finstern bis in den Hof und kletterte da an einer Mauer empor. Drüben sprang er in den Hof eines andern Gebäudes herab, schlich sich über denselben hin und gelangte an eine Tür, an welche er klopfte. Drinnen ertönte eine Stimme:

„Wer?“

„Ich selbst.“

„Gleich!“

Nach wenigen Augenblicken wurde geöffnet. Vater Main trat in einen jetzt ganz dunklen Raum.

„Warum hast du kein Licht?“ fragte er.

„Brauche keins.“

„Hast wohl geschlafen?“

„Ja.“

„Faulpelz!“

„Hm! Du schwitzt wohl vor lauter Arbeit?“

„Wenigstens bekümmere ich mich weit mehr als du um das, was uns von Nutzen ist.“

„Pah! Was brauchen wir jetzt? Eine Handvoll Datteln täglich; das ist genug. Warum soll man sich da übermäßig anstrengen?“

„Aber in Zukunft.“

„Warte nur ganz ruhig bis der Krieg losgeht; dann beginnt unsere Zukunft, eher aber nicht.“

„Na, wann wird denn Licht?“

„Ach, Licht willst du?“

„Natürlich! Ich denke, du bist aufgestanden, um welches anzuzünden?“

„Fällt mir nicht ein. Ich brauche keins. Ich bin doch nur aufgestanden, um dir zu öffnen.“

„Und dich dann gleich wieder aufs Lager zu werfen.“

„Ja. Kann man was besseres tun?“

Vater Main antwortete vorerst nicht. Er brannte eine alte Lampe an, welche er in eine Mauernische stellte. Nun erkannte man den kellerartigen Raum, welcher früher wohl einmal als Badestube benutzt worden war. Jetzt war er völlig kahl und leer. Nur in der einen Ecke lag eine alte Strohmatte. Daneben stand ein Krug. Lampe, Krug und Matte bildeten das einzige Mobiliar dieser Wohnung; auf der Matte aber lag kein anderer als – Lermille, der flüchtige Bajazzo, welcher in Thionville seine Stieftochter vom hohen Seil gestürzt hatte.

Vater Main brachte einen Zigarrenstummel aus der Tasche, brannte ihn an und setzte sich auf den Steinboden. Lermille zog den Duft des Krautes gierig ein und sagte:

„Donnerwetter! Das ist nicht Ordinäres. Wie kommst du zu so einer Exquisiten?“

„Ich sah den Stummel am Kai liegen.“

„Glückskind! Den hat kein Lump weggeworfen. Hast du sonst etwas mitgebracht?“

„Nichts, gar nichts.“

„Auch kein Geld?“

„Nein.“

„So bin ich gescheiter gewesen als du. Ich begebe mich lieber gleich gar nicht in die Gefahr, erkannt und erwischt zu werden. Ist nachher der Mond hinab, so gehe ich, um Wasser zu holen und einige Datteln zu stehlen; das reicht ganz gut bis morgen. Ich bin froh, die See zwischen Paris und mir zu haben, und will jetzt nicht gleich wieder verwegen sein, wie ein Leiermann.“

„Hast auch Ursache dazu.“

„Ich denke, du ganz ebenso.“

„Habe soeben erst den Beweis erlebt.“

„Ah! Wieso?“

„Ich hatte ein wunderbar hübsches Wiedersehen.“

„Mit wem?“

„Rate einmal!“

„Laß mich in Ruhe. Was man mir sagen kann, brauche ich nicht erst zu erraten. Ich habe meinen Kopf für nützlichere Dinge nötig. Also, wen hast du wiedergesehen?“

„Einen früheren Herrn Prinzipal von dir.“

„Welchen? Ich habe viele Prinzipale gehabt.“

„Es wird der letzte gewesen sein.“

„Doch nicht etwa Hassan der Zauberer?“

„Gerade dieser.“

„Alle Teufel.“

„Sieh, wie du dich freust!“ höhnte Vater Main.

Der Bajazzo war von seinem Lager aufgesprungen.

„Ist's wahr?“ fragte er.

„Ja.“

„Wann?“

„Vor zwei Minuten.“

„Wo?“

„Draußen auf der Straße.“

„Wie kommt dieser Kerl nach Algier?“

„Dumme Rede! Er kann ja viel eher nach Algier kommen als jeder andere deiner früheren Herren. Er ist ja ein Eingeborener.“

„Hat er dich früher gekannt?“

„Sehr gut.“

„Und dich wohl gar jetzt erkannt?“

„Sofort.“

„Donnerwetter! Was sagte er?“

„Er hatte noch einen bei sich. Diese beiden Kerls hätten mich höchstwahrscheinlich festgehalten; aber ich gab ihm eins auf den Leib, so daß er taumelte, und riß aus.“

„Verfolgten sie dich?“

„Höchst eifrig. Es gelang mir aber, drüben hinter die Tür zu kommen. Sie blieben in der Nähe stehen, und ich hörte, was sie schwatzten.“

„Was sagten sie?“

„Hassan will morgen gleich früh melden, daß er mich gesehen hat.“

„Verdammt!“

„Hast du Angst?“

„Lache nicht. Wir stehen bei der Polizei so gut angeschrieben, daß sie sich ganz außerordentlich nach uns sehnt.“

„Das ist eine große Ehre für uns.“

„Aber höchst unbequem. Erfährt man, daß wir hier in Algier sind, so wird sicher eine Razzia abgehalten. Wie wollen wir dieser entkommen?“

„Vielleicht sind wir dann bereits fort.“

„Wohin?“

„Weiß es noch nicht.“

„Weil wir überhaupt noch nicht fortkönnen.“

„Oho!“

„Wohin willst du ohne Geld?“

„Werden wir denn ohne Geld gehen?“

„Du sagst ja, daß du keines hast.“

„Das ist auch Wahrheit. Aber was nicht ist, das kann noch werden.“

„Ah! Sapperment! Du hast eine Gelegenheit erspürt?“

„Hm! Du tust so etwas nicht.“

„Du oder ich; das ist ganz egal. Ist nur erst einmal etwas gefunden, so bleibe ich bei der Ausführung sicherlich nicht zurück. Also, was ist's?“

„Es war ein zweites, ganz unerwartetes Wiedersehen.“

„Mit wem? Kenne ich ihn?“

„Auch sehr gut.“

„Ein Pariser?“

„Ja. Der Lumpenkönig.“

„Alle Teufel! Lemartel?“

„Ja.“

„Wenn das wahr wäre!“

„Natürlich ist es wahr!“

„Er ist wirklich da?“

„Freilich.“

„Was mag der in Algier wollen?“

„Ich weiß es bereits, obgleich es nicht leicht war, dies auszuspionieren. Er hat nämlich so etwas wie eine Armeelieferung übernommen, wahrscheinlich für hiesige Truppen, und hat sich nun an Ort und Stelle begeben, um sich zu informieren.“

„Wo wohnt er?“

„Im Hotel du Nord.“

„Allein?“

„Seine Tochter ist bei ihm.“

„Bedienung?“

„Kein Mensch. Dazu ist er zu geizig.“

„Hat er dich gesehen?“

„Nein. Ich stand am Kai, als er sich ausschiffte, und bin ihm bis ans Hotel gefolgt.“

„Gewiß hat der Kerl Geld mit!“

„Natürlich.“

„Du meinst, wir wollen ihn schröpfen?“

„Wärst du denn mit von der Partie?“

„Auf alle Fälle.“

„Schön! Es kann uns gar nichts Gelegeneres kommen. Wir müssen morgen früh fort sein. Ohne Geld geht das nicht. Wir holen es bei Lemartel.“

„Aber wenn er nichts herausgibt? Du weißt, wie er es mit uns bereits gemacht hat.“

„Nun, so kitzeln wir ihm so lange die Hände, bis er in die Tasche greift.“

„Oder an den Hals.“

„Bis wir in seine Tasche greifen können? Auch gut.“

„Weißt du, welche Zimmer er bewohnt?“

„Natürlich habe ich nicht eher geruht, als bis ich das genau erfahren habe. Er hat drei Zimmer der ersten Etage genommen, zwei für sich und eins für seine Tochter.“

„Wie liegen diese Zimmer?“

„Nummer eins sein Arbeits-, Nummer zwei sein Schlafzimmer und Nummer drei das Boudoir für das gnädige Fräulein.“

„Hm! Wollen wir uns auch an das Mädchen machen?“

„Möglichst nicht.“

„Dann müssen wir kommen, ehe er schlafen geht.“

„Freilich. Später würden wir ja überdies auf keinen Fall zu ihm können.“

„Ah, du willst es wagen, offen zu ihm zu gehen?“

„Das ist das allerbeste.“

„Aber da wird man uns sehen.“

„Was schadet es?“

„Es schadet sehr viel, falls wir Gewalt anwenden müssen.“

„Pah! Man wird uns nicht so genau betrachten. Übrigens haben wir drüben den alten Juden, welcher uns für kurze Zeit zwei Kaftans leihen wird. Das wird uns so verstellen, daß man uns später nicht erkennen kann.“

„Wie weit gedenkst du zu gehen, wenn er sich weigert, in den Beutel zu greifen?“

„Grad so weit, wie er uns treibt.“

„Das heißt, unter Umständen sogar – – – so weit?“

Er fuhr sich dabei mit dem Finger quer über den Hals.

„Ja“, antwortete Vater Main bestimmt.

„Sapperment! In diesem Fall hieß es freilich, das Bündel auf Nimmerwiedersehen schnüren!“

„Wir können nur gewinnen, wenn wir wagen.“

„Gut. Also, wann beginnen wir?“

„Besser ist's, wir versäumen keine Zeit. Gehen wir also lieber schon jetzt zu dem Juden.“

Sie löschten ihre Lampe aus und verließen den Raum. Im Hof halfen sie einander auf die Mauer und sprangen dann in einen Hof hinab. Auch hier herrschte eine wahre Grabesstille. Sie schlichen sich im Schatten nach einer Ecke, wo es eine niedrige Tür gab, an welche sie leise klopften.

Ein unterdrückter Husten ließ sich hören, dem man es anmerkte, daß er als Antwort gelten solle. Aber erst nach einiger Zeit wurde geöffnet. Eine weibliche Stimme fragte leise:

„Wer ist gekommen, zu klopfen an diese Tür?“

„Freunde.“

„Wie heißen sie?“

„Wir sind Nachbarn.“

„Ah, daran erkenne ich die Messieurs!“

„Ist Salomon Levi daheim?“

„Bringen Sie etwas?“

„Nein.“

„Was wollen Sie?“

„Einen Umtausch.“

„So will ich erst sehen, ob er hat Zeit, sprechen zu lassen mit sich wegen Umtausch.“

Sie ging und schloß die Tür vor ihnen zu.

„Verdammte Hexe!“ murmelte der Bajazzo.

„Schimpfe nicht. Die Alte ist ein wahrer Schatz.“

„Willst du ihn heben?“

„Pah! Ich meine natürlich, ein Schatz für ihren Levi.“

„Aber wenn er uns nicht einläßt.“

„Ich hoffe, daß er uns nicht abweist. Er hat die letzten drei Male keinen üblen Handel an uns gemacht. Mir scheint überhaupt, als ob er uns gewogen sei.“

Jetzt wurde die Tür geöffnet. Die Alte streckte den Kopf vor und meldete:

„Die Messieurs sollen kommen.“

Sie ließ die beiden eintreten, verriegelte die Tür und schritt ihnen dann voran. Es schien durch einen langen, engen Gang zu gehen, den die beiden jedenfalls bereits kannten, denn sie folgten der Alten ohne Zaudern, bis diese eine Tür öffnete, aus welcher ihnen der Schein einer trüben Lampe entgegenfiel.

Die Stube, in welche sie eintraten, war sehr klein und enthielt nichts als einen Tisch und vier alte Stühle. Auf ersterem stand die brennende Öllampe, und auf einem Stuhl davor saß Salomon Levi, der sie erwartete.

Dieser Jude war vielleicht sechzig Jahre alt und besaß ein vertrauenserweckendes, ja fast ehrwürdiges Aussehen. Wer ihn nicht kannte, hätte wohl nicht geglaubt, daß er der berüchtigtste Hehler des ganzen Landes sei.

„Rebekka, kehre zurück zum Eingang“, sagte er, „und wache, daß nicht gestört werde unser Gespräch.“

Und als die Alte sich entfernt hatte, fuhr er fort:

„Seid willkommen, Messieurs! Nehmt Platz und sagt, womit ich kann dienen so guten Freunden.“

Sie setzten sich, und Vater Main ergriff das Wort:

„Gute Freunde? Wirklich?“

„Ja. Oder habe ich bewiesen das Gegenteil?“

„Nein.“

„Also, was wünschen Sie?“

„Zwei Kaftans für ganz kurze Zeit.“

„Wie lange ungefähr?“

„Zwei Stunden.“

„Gegen Kaution?“

„Wir haben kein Geld.“

„Hm!“ brummte er bedenklich.

„Wir lassen unsere Röcke hier.“

„Diese Röcke sind nicht viel wert.“

„Na, geben Sie uns getrost Kredit! Wenn wir zurückkehren, werden wir reichlich zahlen.“

Er nickte leise vor sich hin, musterte sie mit einem scharfen Blick, lächelte überlegen und sagte dann:

„Das will ich wohl glauben.“

Es lag etwas in diesen Worten, was den Bajazzo frappierte. Darum fragte er:

„Wie meinen Sie das?“

„Ich meine, daß da, wohin Sie gehen werden, allerdings etwas zu holen ist.“

„Nun, wohin wollen wir denn gehen?“

„Ins Hotel du Nord?“

Beide erschraken.

„Fällt uns nicht ein!“ sagte Vater Main.

Der Jude lächelte überlegen und antwortete:

„Streiten wir uns nicht. Ich kenne meine Leute sehr genau. Ist Ihnen vielleicht der Name Lemartel bekannt?“

„Nein“

„Hm. Sollte ich mich wirklich irren? Sie sind doch geschlichen heute so viel um das Hotel.“

„Ich?“ fragte Main.

„Ja, Sie.“

„Da irren Sie sich.“

Der Jude nickte ihm wohlwollend zu und sagte:

„Sie können immer aufrichtig sein mit mir. Mein Geschäft bringt es mit sich, daß ich überwachen lasse meine Kunden genau. Ich weiß, daß Sie am Hotel du Nord rekognosziert haben. Daraus schließe ich, daß Sie dort etwas beabsichtigen.“

„Und dennoch irren Sie sich. Unser Weg führt nach einer ganz anderen Richtung.“

Er tat, als ob er es glaube, indem er sagte:

„Nun, so mag es sein. Geht mich allerdings auch gar nichts an. Aber da ich hörte, daß ein alter Bekannter dort abgestiegen ist, so – – –“

„Von uns?“

„Ja.“

„Wer ist das?“

„Eben dieser Monsieur Lemartel.“

„Sie irren sich wirklich. Wir kennen keinen Lemartel, wirklich nicht.“

„Wenn das so ist, so kenne ich Sie auch nicht.“

„Wir haben Ihnen unsere Namen mitgeteilt.“

„Ja. Sie heißen Marmont und Ihr Kamerad hier Chapelle?“

„Ja.“

„Nun, so täusche ich mich unmöglich. Sie müssen diesen Monsieur Lemartel sehr genau kennen.“

„Gar nicht.“

„Und doch. Gestatten Sie mir nur, Ihrem Gedächtnis ein wenig zu Hilfe zu kommen.“

Er öffnete den Tischkasten und nahm aus demselben zwei Zeitungsblätter, von denen er beiden je eins reichte.

„Bitte lesen Sie.“

Kaum hatten sie einen Blick darauf geworfen, so rief Vater Main erschrocken:

„Tausend Teufel!“

Und der Bajazzo sekundierte ebenso rasch:

„Himmeldonnerwetter!“

„Was ist denn?“ fragte der Jude gelassen.

„Ein Steckbrief“, sagte Vater Main.

„Ja, ein Steckbrief“, antwortete auch der Seiltänzer.

„Über wen denn?“

„Über einen Schankwirt aus Paris, welcher dort angeblich Vater Main tituliert wurde.“

„Über einen Akrobaten, namens Lermille.“

„Weshalb werden diese beiden denn verfolgt?“ fragte der Jude lächelnd.

„Wegen Hehlerei und Menschenraub.“

„Wegen beabsichtigten Mordes und schweren Diebstahles.“

„Das ist freilich schlimm. Kennen Sie die beiden Männer nicht, Monsieur Marmont?“

„Nein.“

„Und Sie auch nicht, Monsieur Chapelle?“

„Nein.“

Da nahm das Gesicht des Juden einen sehr strengen Ausdruck an. Er stand von seinem Sitz auf und sagte barsch:

„Gute Nacht!“

„Sapperment! So rasch! Warum denn?“ fragte Vater Main.

„Das fragen Sie noch?“

„Natürlich.“

„Nun, so will ich Ihnen sagen, daß ich meine Geschäftsfreunde mit Vertrauen behandle und aber auch von ihnen Vertrauen verlange. Nur so ist ein Zusammenwirken möglich. Kennt man sich genau, so weiß man auch, wie man sich am besten nützen kann. Nicht?“

„Ich lasse das natürlich gelten.“

„Also, warum verleugnen Sie sich denn?“

„Wer sagt Ihnen denn, daß ich Vater Main bin?“

„Und ich der Akrobat Lermille?“

„Ich weiß es, damit basta!“

„Aber Sie irren sich wirklich!“

„Gut! So sind wir geschiedene Leute. Holen Sie sich also Ihre Kaftans, wo es Ihnen beliebt, nicht aber hier bei mir!“

Die beiden blickten einander verlegen an. Mit einem so allwissenden Hehler hatten sie noch nicht zu tun gehabt.

„Nun?“ fragte dieser, als sie zauderten.

„Verdammt!“ brummte Vater Main vor sich hin. „Es ist zu gefährlich!“

„Mißtrauen Sie mir?“

„Wir kennen uns noch nicht lange genug.“

„Ich Sie auch nicht, he? Glauben Sie wohl, daß ich Ihnen bereits abgekauft hätte, wenn ich nicht genau gewußt hätte, wer Sie sind? Sie werden verfolgt; aber gerade darum sind Sie mir sichere, also willkommene Leute. Also, hier meine Hand, Vater Main!“

Er streckte ihm die Hand entgegen.

„Na meinetwegen!“ antwortete dieser, einschlagend. „Ich will es wagen, den Kopf in den Rachen des Löwen zu stecken. Schnappt er zu, dann adieu, Makaronentorte.“

„Und Sie, Monsieur Lermille?“

„Nun kann ich auch nicht anders. Hier meine Hand.“

Sie schüttelten sich die Hände. Dann setzte der Jude sich wieder nieder und sagte:

„Jetzt läßt es sich ganz anders sprechen. Wir müssen Vertrauen haben und werden einander nicht verraten. Werden Sie mir nun wohl auch gestehen, daß Sie ins Hotel du Nord wollen?“

„Na, denn ja“, erklärte Vater Main.

„Zu Lemartel?“

„Ja.“

„Sie kennen ihn?“

„Leidlich.“

„Ich auch. Wollen Sie ihn anpumpen?“

„Vielleicht.“

Der Blick des Juden schien die beiden durchdringen zu wollen. Dann meinte er:

„Ich will Ihnen gestehen, daß auch ich früher in Paris gewohnt habe. Ich kenne den Lumpenkönig und habe alle Ursache, mich zu freuen, wenn Sie ihn nicht schonen. Denken Sie, daß es Ihnen gelingt, ihn anzuzapfen?“

„Wir hoffen es.“

„Schön! Dann kommen Sie zu Geld und können sich das kaufen, was Ihnen am allernötigsten ist.“

„Was?“

„Legitimationen.“

„Sapperment! Das ist wahr. Aber woher nehmen? Können Sie uns vielleicht einen guten Rat geben?“

„Vielleicht.“

„Wie müßte man einen solchen Handel entrieren?“

„Hm! Ich kenne einen kleinen Beamten, dem aber trotzdem Formulare und Siegel aller Art zur Verfügung stehen.“

„Also authentisch? Nicht nachgemacht?“

„Nein, sondern echte Dokumente.“

„Wetter noch einmal! Das wäre ein Glück. Aber, ist er sehr teuer?“

„Ich halte ihn für sehr billig.“

„Welche Preise hat er?“

„Alle Legitimationen vom Geburtsscheine an bis zum Paß, auf einen beliebigen Namen tausend Francs.“

„Alle diese Legitimationen in Summa für diesen Preis?“

„Ja.“

„Das ist billig, sehr billig. Trotzdem aber ist es sehr teuer, wenn man die tausend Francs nicht hat.“

„Ich denke, Sie wollen – – –“

„Ja freilich! Und ich hoffe, daß es gelingt. Wo aber wohnt dieser kleine Beamte, und wie heißt er?“

„Das darf ich nicht verraten.“

„So nützt uns Ihre ganze Mitteilung nichts.“

„O doch! Ich erbiete mich ganz gern, den Vermittler zu machen, Messieurs.“

„Das läßt sich hören. Aber, wie lange dauert es, bis man das Bestellte erhält?“

„Das kommt auf die betreffenden Umstände an.“

„Ich setzte den Fall, wir wollen noch in dieser Nacht von hier fort.“

„Ist das unumgänglich notwendig?“

„Vielleicht wird es nötig.“

„Dann hätten Sie zweihundert Francs pro Person mehr zu bezahlen, würden aber dafür die betreffenden Papiere bereis binnen zwei Stunden in Empfang nehmen können.“

„Und wann ist das Geld zu zahlen?“

„Bei Aushändigung der Papiere. Wollen Sie die Bestellung machen?“

„Wir können jetzt noch nicht, da wir nicht mit aller Genauigkeit sagen können, ob wir von Lemartel Geld erhalten werden.“

Da meinte der Bajazzo:

„Sei nicht so zaghaft! Wir können nicht bleiben; wir brauchen Geld, also muß er es schaffen, auf jeden Fall!“

„Meinst du? Na, so wollen wir also annehmen, daß wir in zwei Stunden Geld haben werden.“

„Soll ich daher die Legitimationen bestellen?“ fragte der Jude.

„Ja.“

„Auf welche Namen?“

„Ist egal. Wie aber steht es nun mit den Kaftans?“

„Die bekommen Sie. Aber vorher noch eine Frage. Sie sprachen vorhin davon, daß Sie möglicherweise die Stadt noch während dieser Nacht verlassen müssen?“

„Dieses Muß kann allerdings eintreten.“

„Wohin werden Sie sich wenden?“

„Hm! Das weiß der Teufel! Man sucht uns ja bereits überall.“

„Ich rate Ihnen, außer Land zu gehen.“

„Also nach Marokko oder Tunis? Bis wir da die Grenze erreicht haben, sind wir längst ergriffen.“

„Es gibt doch noch eine andere Grenze.“

„Nach Süden zu? Was wollen oder vielmehr sollen wir denn in der Wüste?“

„Ich meine nicht die südliche, sondern die nördliche Grenze.“

„Also die See?“

„Ja.“

„Aber da hinaus ist ja am allerschwierigsten zu kommen. Und – lauter französische Schiffe.“

Der Jude zeigte eine sehr überlegene Miene.

„Nur nicht gleich verzagen!“ sagte er. „Sie haben ja Freunde, auf welche Sie sich verlassen können!“

„Wen denn zum Beispiel?“

„Nun mich!“

„Ah! Wollten Sie uns helfen?“

„Gern.“

„Aber könnten Sie uns auch helfen?“

„Ich hoffe es. Am allerleichtesten freilich würde es sich gerade heute machen lassen.“

„Auf welche Weise?“

„Sie würden noch vor Anbruch des Tages an Bord sein.“

„Und dann wohin? Etwa nach Frankreich?“

„Das hieße ja, Sie in die Hölle schicken! O nein, sondern nach Spanien.“

„Wetter noch einmal! Das wäre höchst vorteilhaft. Nach welchem Hafen denn?“

„Zunächst nach Palma auf Mallorca.“

„Gut! Schön! Was ist es für ein Schiff?“

„Da muß ich mich freilich auf Ihre Verschwiegenheit verlassen, Messieurs!“

„Sei es, was es sei, wir werden Sie nicht verraten.“

„So will ich Ihnen gestehen, daß ich zuweilen ein klein wenig Schmuggel treibe –“

„Zuweilen?“

„Na, vielleicht öfters!“

„Nur ein klein wenig?“

„Mehr oder wenig, wie es paßt.“

„Und für heute planen Sie etwas Ähnliches?“

„Ja. Ist Ihnen der Weg bekannt, welcher durch das Tor el Qued nach der Spitze Pescade führt?“

„Ja, wir sind ihn gegangen.“

„Nun, kurz vor Sonnenaufgang wird an dieser Spitze ein kleiner Schoner liegen, der Sie aufnehmen wird, wenn Sie zur rechten Zeit kommen.“

„Aber am Bab el Qued steht ein Militärposten!“

„Keine Sorge! Dieser Posten läßt Sie passieren.“

„Das darf er doch nicht.“

„Er darf nicht, tut es aber doch. Ich muß auch selbst hinaus. Wir gehen zusammen.“

„Herrlich.“

„Ich weiß, welcher Mann Posten steht. Er ist bereits bestochen. Er wird schlafen, wenn wir kommen.“

„Das heißt, er wird tun, als ob er schlafe?“

„Ja.“

„Und was zahlen wir für die Seefahrt?“

„Hundert Francs pro Mann, vorausgesetzt, daß Sie es nicht verschmähen, mir einen kleinen Gefallen zu erweisen.“

„Die Summe ist nicht zu hoch. Was sollen wir tun?“

„Ich habe meinem Geschäftsfreund drüben auf Mallorca eine höchst wichtige Nachricht zukommen zu lassen.“

„Auf die Pascherei bezüglich?“

„Ja.“

„Also geheim?“

„Natürlich. Ich habe mich nicht getraut, sie irgend jemandem in die Hand zu geben. Aber da die Verhältnisse zwischen uns so sind, so denke ich, daß ich mit Ihnen nichts wagen werde.“

„Nicht das geringste!“

„Ich kann mich also auf Sie verlassen?“

„Vollständig.“

„Gut, so werde ich mich Ihnen anvertrauen.“

„Aber wie nun, wenn man den Brief bei uns findet?“

„Das ist unmöglich.“

„Mallorca ist spanisch. Wird man nicht bei der Ausschiffung untersucht?“

„Unter gewöhnlichen Verhältnissen, ja. Aber der Schiffer ist ein Bewohner der Insel. Er bringt Sie so unbehelligt an das Land, wie er auch die Ware glücklich landen wird. Es geschieht dies natürlich des Nachts. Und zudem ist der Brief nicht auf Papier geschrieben.“

„Worauf sonst?“

„Auf einem weißen Taschentuch. Der Geschäftsfreund weiß, mit welcher chemischen Lösung er es zu behandeln hat, daß die unsichtbare Schrift hervortritt.“

„So sind wir also außer Sorge. Nun aber handeln! Bitte, die Kleidungsstücke!“

„Erst muß ich Sie noch um etwas fragen. Werden Sie unter Ihrer Flagge zu Lemartel dem Lumpenkönig gehen?“

„Es wird uns wohl nichts anderes übrigbleiben.“

„Oder wäre es Ihnen lieber, von der Bedienung späteren Falls nicht wieder erkannt zu werden?“

„Das wäre allerdings höchst wünschenswert.“

„Nun, das kann ja leicht gemacht werden.“

„Wie?“

„Durch Perücken und Bärte.“

„Hm, ja; aber haben muß man sie.“

„Nun, ich habe zufälligerweise einige solche Kleinigkeiten zur Verfügung.“

„Herrlich! Wollen Sie uns das leihen?“

„Gern. Aber ich muß dabei eine Bedienung machen.“

„Welche?“

„Eine sehr strenge. Was auch immer passieren möge, so dürfen Sie nicht verraten, von wem Sie die Kaftans, Bärte und Perücken haben.“

„Es versteht sich ganz von selbst, daß wir einen solchen Helfer und Verbündeten nicht in Schaden bringen.“

„Ihr Ehrenwort?“

„Hier.“

Die drei Spitzbuben schlugen ein, als ob es zwischen solchen Menschen wirklich ein Ehrenwort geben könne, und dann wurde die Verkleidung vorgenommen. –

Unterdessen saß der ‚Lumpenkönig‘ in seinem Hotelzimmer. Seine Tochter befand sich bei ihm. Es war dies die wunderbare Schönheit, welche er keinen Menschen sehen ließ und mit welcher er in verschlossenem Wagen spazierenfuhr.

Er hatte eine Menge Papiere vor sich liegen und dabei ein Portefeuille, dessen Umfang ahnen ließ, daß sein Inhalt ein erkleckliches Sümmchen repräsentierte. Da trat der Zimmerkellner ein.

„Sind der gnädige Herr vielleicht zu sprechen?“ erkundigte er sich.

„Wer will zu mir?“

„Zwei Herren.“

„Wer sind sie?“

„Sie behaupten, die Namen nicht sagen zu können.“

„So mögen sie wieder gehen!“

„Entschuldigung. Der eine von ihnen ließ merken, daß es sich um Lieferungen handle.“

„Ah!“

„Und daß sie ihre Namen mir nur aus Geschäftsklugheit vorenthalten.“

„Haben sie ein anständiges Aussehen?“

„Sie sind Juden, wie es scheint.“

„Hm! So! Sie mögen kommen.“

Als der Kellner sich entfernt hatte, bat er seine Tochter:

„Liebe Agnes, da es sich um Geschäftsangelegenheiten handelt, wird es geraten sein, dich zurückzuziehen. Willst du mir diesen Gefallen tun?“

„Wird es sehr lange dauern?“

„Hoffentlich nicht.“

„Dann muß ich freilich gehen.“

Sie zog sich in ihr Zimmer zurück, und in demselben Augenblick traten die beiden ein. Sie grüßten in höflichen Worten und unter tiefen Verneigungen.

„Guten Abend, Messieurs“, dankte er. „Womit kann ich Ihnen dienen?“

„Mit einer Auskunft“, antwortete der frühere Wirt mit verstellter Stimme.

„Betreffs?“

„Es betrifft den Grund Ihrer Anwesenheit. Wir hören, daß Sie im Begriff stehen, bedeutende Lieferungen für die Armee zu übernehmen?“

„Ich gebe zu, daß man Ihnen nichts Unrichtiges gesagt hat.“

„Worin werden diese Lieferungen bestehen?“

„Das ist bis jetzt noch geheimzuhalten. Darf ich wissen, in welcher Beziehung Ihre Gegenwart zu dieser Angelegenheit steht?“

„Das ist für jetzt auch noch geheim.“

„Und Ihre Namen?“

„Die kennen Sie.“

„Ich glaube kaum.“

„O doch!“

„Ich kann mich wirklich nicht besinnen.“

„Paris!“

„In Paris soll ich Sie beide gesehen haben?“

„Gewiß.“

„Das muß höchst vorübergehend gewesen sein!“

„Im Gegenteile. Und zwar geschah es unter Verhältnissen, unter denen man sich die Physiognomien zu merken pflegt.“

„So bitte ich, meinem Gedächtnis zu Hilfe zu kommen!“

„Gern. Vielleicht erkennen Sie uns nur deshalb nicht, weil wir damals nicht diese Bärte trugen.“

„Möglich.“

„Legen wir sie also ab.“

Er nahm den Bart vom Gesicht.

„Mein Gott!“ sagte Lemartel erstaunt.

„Und dieses Haar. Weg damit.“

Er nahm sich auch die falsche Perücke vom Kopf.

„Vater Main!“ rief da Lemartel.

„Ah, jetzt erkennen Sie mich.“

„Und Lermille.“

„Ja, Lermille, der Bajazzo!“

„Sie hier, in Algier!“

„Wie Sie sehen.“

„Sie sind ja verloren, wenn man Sie bemerkt!“

„Was kümmert uns das!“

„Was wünschen Sie aber von mir?“

„Das werden Sie gleich hören. Setzen wir uns.“

Er drückte Lemartel auf einen Sitz nieder, und dann nahmen die beiden Menschen rechts und links von ihm Platz.

„Können Sie sich nun an unsere letzte Zusammenkunft in Paris erinnern?“ fragte Vater Main.

„So leidlich.“

„Sie waren damals nicht sehr entgegenkommend.“

„Das möchte ich nicht behaupten.“

„Ich behaupte sogar, daß Sie ganz das Gegenteil waren!“

„So stimmen unsere Erinnerungen nicht überein.“

„Höchstwahrscheinlich. Freilich muß ich dann behaupten, daß die meinige der Wirklichkeit angemessener sei als die Ihrige. Doch jetzt haben wir es nicht mit der Erinnerung, der Vergangenheit zu tun, sondern mit der Gegenwart. Wird Ihr Aufenthalt hier von längerer oder kürzerer Dauer sein?“

„Ich gedenke, sehr bald wieder abzureisen.“

„Ganz wie wir. Auch uns vermag Algier keinen Vorteil mehr zu bieten.“

„Hm!“ brummte Lemartel, da er nichts anderes zu sagen wußte.

„Sie freilich können leichter scheiden als wir.“

„Wieso?“

„Sie sind jedenfalls mit den Mitteln, deren man zur Reise bedarf, reichlicher als wir versehen.“

Hatte der Lumpenkönig bisher vermutet, daß es doch nur auf eine Bettelei abgesehen sei, so wurde diese Vermutung nunmehr zur Gewißheit. Er kannte diese beiden Kerls und ihre Verhältnisse; er war überzeugt, ohne Opfer von ihnen nicht wieder loszukommen, und so beschloß er, dieses zu bringen, dasselbe aber eine möglichst geringe Höhe annehmen zu lassen. Dann meinte er:

„Vielleicht sind Sie gerade im Vorteil gegen mich. Meine Reisetasche ist so zusammengeschmolzen, daß mir nur noch so viel bleibt, um nach Paris zurückzukommen.“

„Oh, das hat bei Ihnen keine Schwierigkeit. Sie vermögen die leere Kasse in jedem Augenblick wieder zu füllen.“

„Hier in Algier?“

„Ja.“

„Das dürfte wohl schwer, oder gar unmöglich werden, Messieurs.“

„Oh, jeder Bankier würde sich beeilen, Ihre Anweisung zu honorieren.“

„Man kennt mich hier nicht so genau, wie Sie denken.“

„Ich bin überzeugt, daß Ihr Name hier fast ebenso bekannt ist, wie in Paris. Übrigens – diese hier scheint mir nicht sehr arm ausgestattet zu sein.“

Bei diesen Worten deutete er auf die Brieftasche, welche noch auf dem Tisch lag. Der Lumpenkönig griff rasch nach ihr, steckte sie ein und sagte möglichst gleichmütig:

„Kontrakte und ähnliche Dokumente, aber leider kein Geld, wie Sie vielleicht denken.“

„Nun, das ist uns gleich. Wir haben es zunächst nicht mit Ihrer Brieftasche, sondern mit Ihnen selbst zu tun.“

„Womit kann ich dienen?“

„Mit einem kleinen Vorschuß, Monsieur Lemartel.“

„Wie kommen Sie denn auf den Gedanken, sich da an mich zu wenden?“

„Hm! Alte Bekanntschaft. Sie werden sich jedenfalls freuen, daß wir so gern an Sie denken. Unsere Lage ist nicht beneidenswert. Sie sind überzeugt, daß wir nicht umsonst auf Ihr Mitgefühl gerechnet haben.“

„Wieviel werden Sie brauchen?“

„Hm! Das ist leichter gefragt als gesagt. Die Polizei streckt ihre Arme nach uns aus. Wollen wir wirklich in Sicherheit kommen, so müssen wir weit fort, sehr weit. Selbst Amerika bietet uns keinen Schutz. Wir müssen nach Australien. In welcher Passagierklasse wir die Überfahrt machen, ob erster oder zweiter Klasse oder gar nur Zwischendeck, das bleibt natürlich Ihrem Ermessen anheimgestellt.“

Lemartel erschrak sichtlich.

„Wie?“ meinte er. „Höre ich recht? Sie scheinen anzunehmen, daß ich die Kosten der Überfahrt tragen werde?“

„Gewiß, gewiß werden Sie das tun!“

„Nein; das werde ich nicht tun! Das wird mir gar nicht einfallen!“

Vater Main nickte ihm spöttisch lächelnd zu und sagte:

„So ist's recht. Das habe ich vermutet. Bei Ihrem wohlbekannten guten Herzen war dies gar nicht anders von Ihnen zu erwarten.“

„Was denn? Was war nicht anders zu erwarten?“ fragte er ziemlich verblüfft.

„Daß Sie nicht bloß das tun werden.“

„Nicht bloß das? Was denn sonst noch?“

„Oh, Ihre Einsicht sagt Ihnen, daß die Überfahrt ja eigentlich das wenigste ist.“

„Das wenigste? So! Ah!“

„Ja. Vorher bereits hat man tausend Ausgaben, um sich vorzubereiten, auszustatten und so weiter – – –“

„Wie Sie das so schön zu sagen wissen!“

„Jedenfalls nicht schöner, als Sie es sich selbst bereits gedacht haben. Und nach der Überfahrt – – – hm, man kann doch nicht als Bettler vom Schiff gehen. Man muß sich orientieren, ein Geschäft gründen, Land ankaufen und vieles andere. Das alles verursacht Ausgaben, deren Umfang oder Höhe vorher nicht berechnet werden kann. Darum berührt es uns so außerordentlich wohltuend, daß Sie beschlossen haben, nicht nur für unsere Überfahrt zu sorgen.“

„Sie scheinen sich über das, was ich gesagt habe, in einem großen Irrtum zu befinden.“

„Wieso?“

„Sie haben meinen Worten das Wörtchen ‚bloß‘ beigefügt, und das gibt ihnen allerdings einen ganz anderen Sinn.“

„Dieser Sinn ist aber jedenfalls der uns angenehmste.“

„Das glaube ich gern. Mir aber ist er desto unangenehmer.“

„Oh, das tut nichts. Sie haben mit so vielen Annehmlichkeiten des Lebens zu tun, daß Ihnen eine so leicht zu überwindende Unannehmlichkeit schon der bloßen Abwechslung wegen willkommen sein muß.“

„Eine willkommene Annehmlichkeit, darf keinen solchen Umfang haben. Ich bin zu einer kleinen Unterstützung bereit, große Summen aber vermag ich nicht zu zahlen, selbst wenn ich es wollte.“

„Hm, Sie scherzen!“

„Durchaus nicht.“

„Sollten wir uns in Beziehung auf Ihr gutes Herz getäuscht haben?“

„Getäuscht oder nicht. Formulieren Sie Ihre Forderungen! Wieviel wünschen Sie?“

„Das läßt sich, wie gesagt, nicht leicht bestimmen. Ich glaube aber annehmen zu können, daß der Inhalt Ihrer Brieftasche uns genügen würde.“

„Uns genügen?“ wiederholte er. „Ah! Sie sind nicht dumm! Das glaube ich wohl, daß dieser Inhalt Ihnen genügen würde!“

„Ja; natürlich freuen Sie sich über unsere Bescheidenheit?“

„Freuen? Ich finde diese sogenannte Bescheidenheit im Gegenteil außerordentlich unverschämt.“

„Sie scherzen. Zwischen Männern von unserer Bildung und Lebensstellung sollte doch ein Wort wie ‚unverschämt‘ eigentlich gar nicht ausgesprochen werden!“

Lemartel erhob sich und sagte:

„Messieurs, ich sehe nicht ein, wozu eine weitere Unterhaltung führen könnte. Machen wir es kurz! Welche Summe verlangen Sie?“

Auch die beiden standen auf. Sie wußten, daß der Augenblick des Handelns gekommen sei.

„Gut!“ sagte Vater Main kalt. „Ich will Ihnen den Willen tun. Geben Sie uns fünfzigtausend Francs, so sind Sie uns für immer los.“

„Fünfzigtau – – –?“

Er brachte das Wort nicht fertig. Er stand starr und mit offenem Mund da.

„Ja, fünfzigtausend Francs“, wiederholte der ehemalige Schankwirt. „Oder sollte Ihnen dies zu viel sein? Das wäre lächerlich!“

„Lächerlich auch noch!“

„Natürlich! Also, wie beliebt Ihnen?“

Es lag in diesem Tone und in der Haltung der beiden Strolche etwas, was den Lumpenkönig erst jetzt zur Einsicht seiner Lage brachte. Nun erkannte er, daß es sich nicht nur um eine Bettelei, sondern jedenfalls um etwas Ernsteres, wohl gar um einen Überfall, um das leben handle. Diese beiden Menschen waren, wie er sie kannte, fähig, kurzen Prozeß mit ihm zu machen. Es gab nur das eine: augenblicklich aus dem Zimmer hinauszukommen. Darum beschloß er, sie zu täuschen, indem er sich den Anschein gab, auf ihre Forderung, wenn auch zögernd, einzugehen. Er sagte:

„Fünfzigtausend, das ist zu hoch, viel zu hoch! Ich hatte an fünftausend gedacht.“

„Das wäre eine Lappalie, von welcher man gar nicht reden darf!“

„Wie weit gehen Sie herab?“

„Um keinen Franken.“

Er versuchte scheinbar, zu handeln; sie aber gingen nicht darauf ein. Er tat, als sei er höchst in die Enge getrieben und sagte dann endlich:

„Nun wohl, Sie sollen die Summe haben. Aber ich stelle eine Bedingung.“

„Welche?“

„Daß Sie mir niemals wieder mit einer ähnlichen Forderung kommen!“

„Haben Sie keine Sorge. Das werden wir wohl sehr gern bleiben lassen. Heute zum letzten Mal, dann nie wieder. Also bitte, zahlen Sie aus?“

„Gleich, gleich. Erlauben Sie mir nur, für einen Augenblick zu meiner Tochter zu gehen.“

„Wozu?“

„In ihrem Zimmer befindet sich meine Kasse.“

„Ach so“, sagte der Bajazzo höhnisch.

Vater Main lachte grad hinaus.

„Wirklich?“ sagte er. „Wie wunderbar klug. Das haben Sie sich allerdings nicht schlecht ausgesonnen, mein bester Monsieur Lemartel. Sie gehen zu Ihrer Tochter und bringen anstatt des Geldes die Polizei.“

Der Lumpenhändler erschrak, als er hörte, daß seine Absicht durchschaut sei. Er antwortete schnell:

„Wie können Sie das denken, Messieurs?“

„Oh, auf diesen Gedanken ist sehr leicht zu kommen. Und überdies sieht man es Ihnen sehr deutlich an, daß es Ihnen nur darum zu tun ist, aus dem Zimmer zu kommen.“

„Das fällt mir nicht ein. Ich kann Ihnen ja nichts geben, wenn ich das Geld nicht holen darf.“

„Zeigen Sie uns Ihre Brieftasche. Enthält sie wirklich kein Geld, so wollen wir glauben, daß Sie es bei Ihrer Tochter haben. In diesem Fall dürfen Sie das Zimmer verlassen, wir aber gehen natürlich mit.“

„Es ist nichts drin.“

Bei diesen Worten tat er einige Schritte nach der Tür, durch welche sich seine Tochter zurückgezogen hatte. Schnell aber stellte Vater Main sich ihm in den Weg.

„Halt!“ sagte er. „Ohne unsere Erlaubnis kommen Sie nicht fort. Heraus mit der Brieftasche.“

„Soll ich etwa um Hilfe rufen?“

„Das werden Sie nicht.“

Als er das sagte, faßte er Lemartel mit beiden Händen bei der Gurgel. Dieser wollte schreien, brachte aber keinen Laut hervor. Er griff nach seinem Feind, aber in dem selben Augenblick packte ihn auch der Bajazzo so fest, daß er sich nicht zu rühren vermochte. Sein Gesicht wurde erst rot und dann blau; er vermochte nicht, Atem zu schöpfen und verlor die Besinnung.

„Da, laß ihn fallen“, sagte der frühere Schankwirt.

Sie ließen den Bewußtlosen auf die Diele niedergleiten.

„Aber, wenn er erwacht, wird er uns verraten“, meinte der Bajazzo.

„Dagegen gibt es ein sehr gutes Mittel.“

„Welches?“

„Hier dieses.“

Bei diesen Worten zog er ein Messer hervor und stieß es dem Lumpenkönige bis an das Heft in die Brust.

„Herrgott“, stieß der Bajazzo erschrocken hervor.

„Dummheit! Ich glaube gar, du erschrickst! Sei kein Kind! Meine Sicherheit ist mir lieber als das Leben dieses Menschen. Nun laß uns einmal nachsehen.“

Er zog dem regungslosen Ausgestreckten die Brieftasche aus dem Rock und öffnete sie.

„Donnerwetter!“ sagte er, im höchsten Grad erfreut. „Da steckt ja ein ganzes Vermögen.“

„Hat er kein Portemonnaie bei sich?“

„Ja, hier in der Hosentasche. Ach, auch Gold und Silber drin!“

„Und die Uhr, die Ringe?“

„Unsinn! Die Sachen können uns verraten. Wir haben genug. Komm!“

„Halt. Erst die Bärte und Perücken wieder angelegt.“

„Alle Teufel, das hätte ich beinahe vergessen! Das wäre eine schöne Geschichte gewesen.“

Sie legten die erwähnten Gegenstände wieder an und entfernten sich sodann von dem Schauplatz des Verbrechens. –

Agnes hatte sich in ihr Zimmer zurückgezogen. Da zwischen diesem und dem, in welchem sich ihr Vater bestand, ein drittes lag, so war kein Laut der Unterredung des letzteren mit den beiden Raubmördern zu ihr gedrungen. Sie wartete eine sehr lange Weile und trat dann in den Zwischenraum, um zu horchen, ob der Besuch sich noch immer bei ihrem Vater befinde. Als sie nichts hörte, öffnete sie die Türe. Die Männer waren fort, aber der Vater lag am Boden mit dem Messer in der Brust.

Sie stieß einen fürchterlichen Schrei aus und sank neben ihm nieder. Das Bewußtsein wollte ihr schwinden; aber die Kindesliebe war stärker als der Schreck! Sie dachte nicht daran, das Messer aus der Brust zu ziehen. Sie erfaßte den Kopf des Vaters und rief:

„Vater, mein Vater! Bist du tot? O Gott, o mein Gott! Vater erwache, erwache!“

Sie drückte und schüttelte ihn, sie küßte ihn. Sie rief ihm die zärtlichsten Namen in das Ohr. Und da, da öffnete er die Augen und richtete den gläsernen Blick auf sie.

„Vater, mein Vater! Sprich! Rede! Siehst du mich? Erkennst du mich?“

Sein Blick gewann Ausdruck. Seine Hand bewegte sich nach der Brust und griff nach dem Heft des Messers. Da schien er zu erkennen, in welcher Lage er sich befinde.

„Agnes“, flüsterte er.

„Vater! Hast du Schmerzen?“

Ihr Blick war mit entsetzlicher Angst auf ihn gerichtet. Sein Gesicht wurde fahl; das Blut war aus seinen Lippen gewichen.

Kaum hörbar sagte er:

„Vater Main war es.“

„Vater Main? Wer ist das denn?“

„Und Lermille, der Bajazzo.“

„Gott, mein Gott! Sie haben dich verwundet. Sie wollten dich töten.“

Sie griff nach dem Messer.

„Nein“, sagte er mit abwehrender Gebärde. „Hier habe ich – oh, sie ist fort.“

Er hatte nach der Stelle gefühlt, an welcher sich die Brieftasche befunden hatte.

„Was? Was ist fort?“

„Das Geld. Sie haben mich beraubt.“

„Mein Heiland! Hilf Himmel, ich vergesse die Hauptsache; ich muß fort, um Hilfe zu holen.“

Sie fuhr empor, um fortzueilen. Er aber hielt sie durch einen Ausruf zurück.

„Warte, warte“, erklang es stöhnend. „Ich muß, muß, muß dir – – –“

Einige Tropfen Blut quollen zwischen seinen Lippen hervor. Sie sah es und schrie laut auf.

„Agnes“, röchelte er. „Komm – höre mich.“

Sie merkte, daß er ihr etwas sagen wolle. Sie nahm alle ihre Kraft zusammen, um nicht niederzustürzen. Sie kniete neben ihm hin und fragte:

„Was willst du? Sage es.“

„Ich – – – ich heiße – nicht – – – nicht Lemartel.“

„Wie denn“, fragte sie schluchzend.

„Henry – – – o – mein – mein Gott! Daheim in – Paris – Geldschrank – Papier lesen – – –“

Er hatte das mit fürchterlicher Anstrengung hervorgestoßen, dann sank sein Kopf nach hinten. Ihre Angst erreichte den höchsten Grad. Sie raffte sich auf, stürzte nach der Tür, riß diese auf und schwankte hinaus.

„Hilfe! Mörder!“ schrie sie auf.

Dann brach sie zusammen.

Ihr Ruf wurde gehört. Die Bedienung eilte herbei. Eine Minute später hatte die Schreckenskunde von dem Geschehenen sich durch das ganze Hotel verbreitet. Alles eilte herbei. Unter diesen Leuten befand sich auch ein Militärarzt. Er untersuchte Agnes und sagte:

„Sie ist ohnmächtig. Schafft sie fort und sorgt für sie. Sie darf vorerst die Leiche nicht zu sehen bekommen.“

Diesem Befehl wurde sofort Folge gleistet. Dann trat er in das Zimmer und untersuchte auch Lemartel. Seine Miene verkündete kein freudiges Ergebnis. Dieses letztere lautete:

„Er ist noch nicht tot. Die Klinge ist in der Nähe des Herzens eingedrungen. Sobald das Messer herausgezogen wird, muß sich ein Blutstrom ergießen, und er stirbt.“ –

Die beiden Mörder waren unangefochten aus dem Hotel entkommen. Sie mußten zu dem Juden, machten aber einen Umweg, um etwaige Nachforschungen irrezuleiten.

Sie begaben sich zunächst nach dem Gouvernementsplatz, dann am Artillerie-Train vorüber nach der Straße, welche sich in der Richtung der Zivil- und Militärintendanz teilt. Sie ließen die erstere zu ihrer Rechten und schritten auf die letztere zu. Dort angekommen, bemerkten sie eine ungewöhnliche Volksmenge, welche laute freudige, ja begeisterte Ausrufe hören ließ.

„Hurra, hurra! Es lebe der Kaiser! Nieder mit Deutschland. Rache für Sadowa! Nieder mit Bismarck.“

Diese Rufe veranlaßten sie, stehenzubleiben.

„Was gibt's? Was ist geschehen?“ fragte der Bajazzo einen der Rufer.

„Das wissen Sie noch nicht?“ antwortete dieser.

„Nein, sonst würde ich nicht fragen.“

„Ah, ja. Die Depesche ist ja erst vor Minuten gekommen. Der Kaiser hat Preußen den Krieg erklärt. Die algerischen Regimenter werden marschieren. Alle, Zuaven und Turkos müssen fort.“

„Ist das wahr?“

„Ja, ja; Sie hören es doch.“

Der Bajazzo wollte noch weiter fragen; aber Vater Main nahm ihn beim Arm und zog ihn fort.

„Dummkopf!“ raunte er ihm zu. „Wir dürfen uns doch nicht sehen lassen.“

Sie gingen weiter, vorsichtig die hellerleuchteten Stellen der Straße vermeidend.

„Krieg, Krieg“, sagte der Bajazzo. „Weißt du, was das bedeutet?“

„Das Preußen fürchterliche Prügel bekommt.“

„Ich meine, was es in Beziehung auf uns bedeutet.“

„Auf uns? Hm! Ja. Man wird aufgeregt sein. Man ist nur mit dem Krieg beschäftigt. Man hat keine Zeit, auf uns zu achten. Ich glaube, wir können es wagen, nach Paris zu gehen.“

„Ja, das meine ich.“

„Ich kann holen, was ich dort versteckt habe. Aber daran können wir ja später denken. Komm nur!“

Sie erreichten glücklich die Wohnung des Juden und wurden von dessen Frau anstandslos eingelassen.

„Nun“, fragte der Alte, „habt Ihr Geld erhalten?“

„Ja“, antwortete Vater Main.

„Genug?“

„Hm, übrig bleibt uns freilich kaum etwas.“

„Ist auch nicht nötig.“

„Wie steht es mit den Legitimationen?“

„Sie sind beschafft. Hier, lest.“

Er gab ihnen einige Dokumente, welche sie sogleich prüften. Dabei befanden sich zwei Pässe, welche ihr ganz genaues Signalement enthielten.

„Sapperment, ist das schnell gegangen“, sagte Vater Main.

„Seid ihr zufrieden?“

„Ja; sie sind vortrefflich.“

„Ich hoffe, daß euer Geld ebensogut ist.“

„Natürlich. An wen haben wir die Überfahrt zu zahlen?“

„An mich.“

Sie handelten sich einige Kleidungstücke ein und bezahlten dann den Juden. Dieser steckte schmunzelnd das Geld in seinen Schrank und sagte:

„Jetzt seht ihr ein, daß ich es gut mit euch gemeint habe. Macht euch nun fertig, die Stadt zu verlassen.“

Es zeigte sich genauso, wie er gesagt hatte. Am Bab el Qued lehnte der Posten am Schildhaus und schien zu schlafen. Sie gelangten unangefochten aus der Stadt.

Als sie dann später die Spitze Pescade erreichten, stieß der Jude einen leisen Pfiff aus. Gleich darauf hörten sie Schritte. Ein Mann tauchte aus dem nächtlichen Dunkel vor ihnen auf.

„Wo ist der Kapitän? fragte der Jude.“

„Dort im Boot.“

„Steht alles gut?“

„Alles. Folgen Sie mir.“

Eine halbe Stunde später kehrte der Jude allein nach der Stadt zurück.

Загрузка...