24 Das Heer sammelt sich

Tyrande, Lucan und Thura fanden sich in einem düsteren Tal wieder. Um sie herum hörten sie ständig Schreie von Opfern des Albtraums. Sie alle waren Xavius zu Willen. Der Boden war bedeckt mit dunklem Ungeziefer aus dem Albtraum.

„Schau mal, was ich dir mitgebracht habe...“, sagte Lethon zu dem Nebel.

Der Nebel teilte sich, als die faulige Gestalt von Smariss auftauchte. Der Drache grinste die Gefangenen an.

So gesund... so unberührt...“, säuselte sie. „Wäre es nicht ein Spaß, sie alle zu verderben?“

Du weißt, was der Meister will.“

Smariss schien nicht gern gemaßregelt zu werden. „Natürlich weiß ich das!“

Tyrande lauschte dem Gespräch mit wachsendem Unbehagen. Doch ihre Sorge galt mehr den anderen und Malfurion, wo immer er jetzt auch sein mochte. Sie wusste, dass er alles in seiner Macht Stehende tat, um den Albtraum zu bekämpfen. Doch da selbst Alexstrasza Xavius’ Sklavin war, war die Aussicht auf Erfolg gleich Null.

Aber war die Lebensbinderin wirklich seine Sklavin? Tyrande erinnerte sich, was sie gesehen hatte. Doch sie kannte auch die Falschheit des Albtraums. Die Vision war zu flüchtig gewesen. Warum versteckte er sie vor ihnen? Warum versteckte er Alexstrasza vor ihrem Blick?

Vielleicht war alles nur eine Illusion gewesen, um ihr und den anderen die Hoffnung zu rauben.

Die Hohepriesterm ballte die Faust. Sie war dem Albtraum nicht zum ersten Mal auf den Leim gegangen.

„Zuerst die Axt“, befahl Lethon.

Die Worte des korrumpierten Drachen erregten Tyrandes Aufmerksamkeit, und sie fragte sich, warum die Orcfrau die Waffe so lange behalten durfte. Sicherlich hätte Xavius sie Thura wegnehmen können, sobald die Gruppe vor dem Schatten gestanden hatte. Denn egal, was für ein Wesen der Albtraumlord jetzt auch sein mochte, so wollte er doch sicherlich nicht, dass einer seiner Feinde eine derart mächtige Waffe in seiner Nähe führte.

Wieder dachte Tyrande an die Vision von Alexstrasza. Alles war dazu gedacht, Verzweiflung in ihnen zu schüren. Vielleicht war das seine einzige Waffe?

Smariss starrte die Orckriegerin an. Thura umfasste die Axt entschlossen. Sie wollte sie dem Drachen offensichtlich nicht geben. Sie hielt dem Drachen die Axt entgegen, der, was Tyrande interessiert bemerkte, darauf achtete, dass er ihr nicht zu nahe kam.

Es muss sein!, entschied die Hohepriesterin.

„Dieses kleine Spielchen hilft dir auch nicht!“, zischte Smariss. Der Drache beobachtete Thura weiterhin, deren Hände zu zittern begannen.

„Die Axt gehört mir!“, knurrte die Kriegerin.

„Nicht mehr...“, unterbrach sie Lethon, der nun auch Thura anstarrte.

Die Orcfrau fiel auf die Knie. Ihre Hände zitterten heftig, doch sie ließ die Axt immer noch nicht los.

Die Hohepriesterin wusste, was sie Thura antaten. Sie griffen sie mit ihren Traumfähigkeiten an. Thura durchlebte immer wieder ihren persönlichen Albtraum. Und das alles, damit sie die Waffe losließ.

Die Waffe...

„Lucan... die Axt...“, drängte Tyrande leise.

Er blickte sie an, sah die Richtung ihres Blicks, und obwohl er ein wenig unsicher wirkte, bewegte er sich.

Tyrande lauschte in ihr Herz und betete zu Elune. Dabei erkundete sie, was sie ursprünglich dazu bewogen hatte, eine von Mutter Monds Akolytinnen zu werden. Sie erinnerte sich an die Sanftheit, die Schönheit des Mondes und wie sie erkannt hatte, dass sie damit vielleicht anderen helfen konnte.

Das silberne Leuchten erschien über ihr.

„Kleine Närrin!“, zischte Smariss. Lethon knurrte und wandte sich ebenfalls der Nachtelfe zu.

Lucan packte Thura. Die Orcfrau verstand sofort, was der Mensch vorhatte.

Mensch und Orc schwanden, als Lucan sie beide aus dem Albtraum nach Azeroth brachte. Aber kurz bevor das geschah, strich der Schatten eines Astes über sie. Niemand, nicht einmal die Hohepriesterin, bemerkte es.

Tyrande blieb. Sie hatte nie die Absicht gehabt, mit den anderen zu fliehen. Sie hatte nur als Ablenkung für die anderen beiden gedient. Die Drachen waren zu selbstsicher gewesen, zu sehr darauf versessen, Thura die Axt zu entreißen. Das hatten sie ausgenutzt, damit die Orcfrau und Lucan in die Freiheit gelangen konnten.

Doch eine schreckliche Kraft traf sie. Tyrande stürzte in die Käfer hinein, die blitzschnell über sie krabbelten. Sie strich sie weg, als plötzlich Smariss’ eiterbedecktes Gesicht über ihr aufragte.

„Danke, dass du deinen Teil erledigt hast...“, lachte der monströse Drache.

Lethon gab sich dieser düsteren Erheiterung ebenfalls hin. Als Tyrande aufstand, erkannte sie, dass, obwohl ihre Gefährten tatsächlich geflohen waren, etwas zurückgeblieben war.

Deine ganzen Bemühungen waren umsonst!“, spottete Lethon. „Dein Ablenkungsmanöver hat die Konzentration der Orcfrau gestört, und sie lockerte genau im richtigen Moment den Griff...“

Bedeckt von krabbelndem Ungeziefer lag die Axt, die einst Brox gehört hatte, nur wenige Meter von Tyrande entfernt.

Und darüber schwebte der Schatten eines skelettartigen Astes.


Niemand protestierte gegen Malfurions Entscheidung. Alle vertrauten ihm. Doch sie hatten kein Vertrauen in das, was vor ihnen lag und ohne ihr Wissen geschaffen worden war.

Das Portal stand an der Rückseite von Fandrals Haus. Es war weder groß noch sonderlich geschmückt, so wie die anderen Tore in den Smaragdgrünen Traum. Aber da die fantastischen Energien darin waberten, war es ganz offensichtlich funktionstüchtig... und für Malfurion ein Hoffnungsschimmer.

„Wie konnte er so etwas erschaffen, ohne dass wir davon etwas mitbekamen?“, fragte ein Druide.

„Ihr wart von so vielen anderen Dingen abgelenkt“, sagte Malfurion entschuldigend. Dabei dachte er daran, was seine Suche nach dem Smaragdgrünen Traum alles verursacht hatte. „Doch seid dankbar, denn das Portal ist immer noch offen...“

Broll beäugte es misstrauisch. „Aber wird es auch offen bleiben?“

„Ich werde dafür sorgen.“

Selbst Malfurion war erstaunt, als er die Stimme der Lebensbinderin hörte. Noch mehr überraschte ihn Alexstraszas Auftreten. Sie hatte ihre elfische Gestalt angenommen. Kleine Flämmchen sprühten aus ihren langen roten Locken. Sie bewegte sich gleichermaßen wie eine Königin und wie eine Mutter, was ihr Blicke des Vertrauens und Glaubens von den Druiden einbrachte. Obwohl Ysera ihre Herrin war, bezeugten Malfurion und die Druiden dem Aspekt ohne zu zögern ihren Respekt.

„Große Lebensbinderin, dies ist kein...“, begann Malfurion.

„Frag nicht.“ Die feurige Gestalt trat auf das Portal zu. „In genau diesem Augenblick spürt der Albtraum, dass das Portal entdeckt wurde.“

Zu Malfurions Überraschung blieb Alexstrasza erst kurz vor den wild wabernden Energien stehen. Die Lebensbinderin blickte in das Tor.

Das feurige Leuchten ihres Körpers wurde intensiver und schoss dann in das Portal hinein. Die Flamme leuchtete kurz darin auf, und ihnen allen war klar, dass, wenn jemand auf der anderen Seite gestanden hatte, er zu Asche verbrannt worden war.

„Nichts wird von der anderen Seite durchkommen, und nichts wird dieses letzte Portal verschließen können“, erklärte sie in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete. „Das Portal wird offen bleiben, Malfurion Sturmgrimm... Darum werde ich mich kümmern. Es ist zu wichtig.“

Der Erzdruide nickte grimmig. „Dann haben wir keinen Grund mehr zum Zögern! Hamuul! Ihr helft mir, und Ihr auch, Broll. Ihr anderen wisst, was Ihr zu tun habt...“

Die Druiden begannen, sich den ihnen zugeteilten Aufgaben zu widmen. Viele versammelten sich in der Nähe des Portals. Andere nahmen die Gestalt von schnellen Tieren an und verschwanden in der Enklave.

Malfurion setzte sich in die Mitte des Druidenhains. Hamuul und Broll knieten neben ihm. Malfurion schloss die Augen, doch bevor er die Meditation begann, sagte er zu den beiden: „Ich brauche all Eure Kraft und Eure Vorsicht. Ich entschuldige mich für die Gefahr, in die ich Euch gebracht habe.“

Der Tauren schnaubte, und Broll knurrte: „Ich habe jahrelang als Gladiator gekämpft. Doch lieber kämpfe ich Seite an Seite mit Euch!“

Malfurion war ihnen dankbar für ihre Loyalität und Opferbereitschaft und zog sich in sich selbst zurück. Er musste mit ein paar anderen Verbündeten Kontakt aufnehmen, die vielleicht mit ihnen kämpfen würden – wenn es sie denn noch gab. Er würde von jedem Einzelnen ein weiteres großes Opfer verlangen, und vielleicht brachte er dadurch den Albtraum seinem Sieg sogar ein bisschen näher.

Doch sie hatten keine andere Wahl mehr.

Es war nicht schwer für Malfurion, den benötigten Zustand zu erreichen, trotz des Drucks, der auf ihm lastete. Der Erzdruide spürte, wie sich die Bindung zwischen seiner Traumgestalt und seinem physischen Körper löste. Es war ein wenig schwierig, die sterbliche Hülle hinter sich zu lassen und zwischen Broll und Hamuul aufzusteigen.

Obwohl sie ihn nicht sehen konnten, blickten die beiden instinktiv hoch. Malfurion nahm mit seinen Gedanken Kontakt zu ihnen auf, informierte sie darüber, was er vorhatte und welche Hilfestellung sie ihm geben konnten.

Dann versuchte Malfurion etwas, das er noch nie getan hatte. Es war seine letzte Hoffnung, um all die zu erreichen, die Azeroth noch helfen konnten. Der Erzdruide nutzte Teldrassil, um nach Azeroth hinein Kontakt aufnehmen zu können. Dabei machte er sich die Tatsache zu eigen, dass egal, wo man sich aufhielt, doch alles Teil ein- und derselben Welt war.

Und Teldrassil und Azeroth gaben ihm, was er wollte.

Malfurion keuchte schwer, als er plötzlich alles überall zugleich auf der Welt sah. Es war fast schon zu viel. Jemand anderes als Malfurion wäre verrückt geworden, weil sich sein Geist in Millionen Teile und mehr zerlegt hätte. Es gab Dinge, von denen er nie gewusst hatte, dass sie existierten. Und dann wieder andere Dinge am Rande, die ihn mit schrecklichem uraltem Bösen erfüllten, das tief in der Welt eingeschlossen war. Doch irgendwie kam es ihm auch vertraut vor.

Das alles trat allerdings in den Hintergrund, als Tausende andere Dinge seine Aufmerksamkeit erforderten. Es gab so viel zu tun und Malfurion musste aufpassen, dass er darüber nicht wahnsinnig wurde.

Wieder waren es der Weltenbaum und Azeroth, aus denen er seine Kraft bezog. Die Gefahr, für immer verloren zu gehen, schwand. Malfurion blickte auf eine belagerte Welt und fand diejenigen, nach denen er suchte.

Es waren nicht annähernd so viele, wie er gehofft hatte. Doch darunter entdeckte er alle, die von essenzieller Bedeutung für seinen Plan sein konnten.


Varian beobachtete seine angeschlagene Truppe. Er wusste, dass einige Soldaten immer noch hier und dort über die Hauptstadt verstreut waren und vielleicht auch woanders. Doch ihre Zahl schwand schnell. Das war keine Überraschung, weil Waffen nutzlos waren. Meistens mussten er und seine Männer fliehen, ein schmachvoller Weg, doch leider nötig.

Feuer schien die schreckliche Horde zu verlangsamen – zumindest ein wenig. Die neueste Welle des Schreckens – die Schlafwandler – war ein viel größerer Schock für den eigenen Geist. Gleichzeitig waren sie aber auch ein Feind, den man physisch bekämpfen konnte. Das einzige Problem war, dass Varians Streiter keine Unschuldigen verletzen wollten. Selbst dann nicht, wenn diese Unschuldigen sie wild angriffen.

Die Verzweiflung hatte immer mehr von Varians weniger werdenden Kämpfern dazu gezwungen, ihre Waffen dennoch mit Blut zu besudeln, und auch er selbst musste einige harte Schläge austeilen.

Varian... König von Sturmwind...

Am ruhigen und tröstenden Tonfall der Stimme erkannte Varian, dass er nicht dem Albtraum zum Opfer gefallen war. Der Albtraum bot keine Sicherheit. Er schien seine Opfer direkt in ihre Ängste zu zerren.

Varian... Freund von Broll Bärenfell... Ich bin Malfurion Sturmgrimm...

Er straffte sich augenblicklich. Obwohl Varian den berühmten Erzdruiden nie kennengelernt hatte, wie so viele andere Anführer der Allianz und der Horde, wusste er doch, dass Malfurion die Druiden anführte. Deren Taten hatten entscheidenden Anteil am Sieg in der Schlacht am Berg Hyjal gehabt. Varian war zu dieser Zeit nicht in Kalimdor gewesen, aber er hatte sich die Geschichte ausführlich erzählen lassen.

Dass die Stimme des Erzdruiden nun im Kopf des Königs erklang, war wenig überraschend. Doch so willkommen Malfurions Lebenszeichen auch war, konnte Varian ihm nicht viel Zeit opfern. Die Lage wurde mittlerweile noch verzweifelter.

„Was immer du willst, sage es lieber schnell!“, murmelte der Herr von Sturmwind leise, damit sich seine Soldaten nicht wunderten, dass er mit Schatten sprach.

Varian, Ihr müsst die Kämpfer anführen, die den Albtraum dort angreifen, wo er am verwundbarsten ist... im Smaragdgrünen Traum...

„Ich werde Sturmwind nicht im Stich lassen!“ Ohne dass er es merkte, hob Varian die Stimme an. Einige seiner Soldaten blickten ihn an. Dann wandten sie sich wieder der wilden Schlacht zu.

Jeder muss das verlassen, was er liebt, wenn er es retten will...

Varian fletschte die Zähne. „Sei verdammt... doch wie sollten wir hier wegkommen, und wo könnten wir hin, wenn wir es denn schaffen sollten?“

Ihr müsst nicht selber fortgehen... Ihr müsst nur einfach meinen Anweisungen folgen...

Eine brüllende Gestalt stürzte sich auf den König. Es war einer seiner persönlichen Diener. Die Augen des Mannes waren geschlossen, sein Gesicht war grässlich verzerrt, und er schrie. Es sah aus, als wäre sein Kiefer ausgehängt worden. Warum er schrie, interessierte Varian nicht. Die Schlafwandler litten alle unter ihren eigenen Albträumen, in denen sie sich gegen ihre Folterer wehrten – die stets die Gegner des Albtraums waren.

Varian versuchte, dem Mann mit der flachen Seite seiner Klinge vor die Schläfe zu schlagen. Manche Schlafwandler konnte man auf diese Weise ausschalten, obwohl man generell mehr als einen Schlag brauchte.

Doch der Diener änderte plötzlich seine Position. Statt ihn mit der flachen Seite zu treffen, erwischte ihn Varians Klinge mit der scharfen Kante.

Blut strömte aus der Wunde. Der getroffene Schlafwandler fiel auf den König. Einer der Soldaten zog augenblicklich den sterbenden Mann von Varian herunter.

Doch der Herr von Sturmwind bemerkte es nicht. Er wusste nur, dass er gerade einen seiner eigenen Untergebenen erschlagen hatte. Ein weiterer Albtraum kam zu denen hinzu, unter denen er bereits litt.

„Was auch immer du tun willst, tu es gleich!“, knurrte er zu dem unsichtbaren Malfurion. „Und tu es schnell!“

Der Erzdruide sagte ihm, was er von ihm wollte. Varian blickte sich skeptisch um, dann folgte er Malfurions Vorschlägen.

„Legt eure Waffen nieder!“, rief er den anderen zu. „Blast das Signal zum Wegtreten!“

Ich werde etwas Kraft einsetzen müssen..., fügte Malfurion hinzu. Ich fange mit Euch an, damit Ihr dann den Rest berühren könnt...

„Ich hoffe, du weißt, was du tust! Wir nehmen einen Trank, um uns...“

Das macht nichts. Mein Werk setzt alle anderen Zauber außer Kraft...

Der König grunzte. Als seine verblüfften Untergebenen ihn anblickten, schloss Varian widerstrebend die Augen.

Und schlief augenblicklich ein.


Hoch über dem nördlichen Mulgore – auf den hohen Klippen nahe dem Steinkrallengebirge – lag die Hauptstadt der Tauren. Bevor Donnerfels gebaut worden war, hatten die meisten Tauren ein nomadisches Leben geführt. Erst in jüngerer Zeit, nach der Vertreibung der Zentauren-Marodeure, hatte Hamuuls Volk schließlich eine Siedlung gegründet, die es mit Orgrimmar, Sturmwind und den anderen Hauptstädten auf Azeroth aufnehmen konnte.

Vier Tafelberge bildeten Donnerfels, wobei der größte und am dichtesten besiedelte in der Mitte lag. Die großen Totems der Tauren standen hoch über den Gebäuden, die noch sehr stark an ihre Vergangenheit als Nomaden erinnerten. Selbst die größten Häuser waren lange hölzerne Bauten, wie sie viele Stämme früher als Winterlager genutzt hatten. Die darum herumstehenden kleineren Domizile wirkten wie die spitz zulaufenden Hütten aus Holz- und Tierhäuten, die seit vielen Generationen die Alltagszelte der Nomaden ausgemacht hatten.

Die Tauren hatten die Lage von Donnerfels aus strategischen Gründen gewählt. Die Tafelberge gaben ihnen gute Verteidigungsmöglichkeiten gegen die meisten Feinde. Doch sogar die Klippen waren kein Schutz gegen einen Feind, der zum größten Teil in ihnen selbst steckte...

Das wusste Baine Bluthuf, der Sohn des großen Taurenhäuptlings Cairne, nur zu gut. Mit der Axt in der einen Hand, dem Speer in der anderen, stand er an vorderster Front einer Gruppe von Kriegern, die die Brücke zum mittleren Tafelberg blockierten. Hier lag der Händlerbereich, der bis vor Kurzem voll von geschäftigem Treiben gewesen war. Der mittlere Tafelberg war alles, was ihnen nach der Verteidigung im nördlichen und östlichen Teil von Donnerfels geblieben war. Den Rest hatten die Schrecken übernommen, obwohl es noch ein paar kleine Widerstandsnester gab.

Der Anführer der Tauren stieß mit dem Speer auf eine Gestalt ein, die nur ein paar Meter von ihm entfernt stand. Es war ein ehemaliger Kamerad namens Gam. Gemeinsam hatten sie gegen die Zentauren gekämpft, und die Zöpfe an Baines Kopf und Bart zeugten von den Gegnern, die er während dieses Feldzugs getötet hatte.

Jetzt versuchte Gam Cairnes Sohn zu töten, als wäre er ein Zentaur. Dabei hielt er die Augen geschlossen, und er murmelte irgendetwas über die vierbeinigen Marodeure. Am Ende hatte Baine keine andere Wahl. Sein dunkelbraunes Fell und die schwarze Mähne waren trotz des schützenden Leders auf Schultern, Rücken und Armen mit Blut bespritzt. Baine trieb den Speer in Gams Brust.

Grunzend ließ der schlafwandelnde Tauren die Waffe fallen, dann stürzte er von der Hängebrücke. Sein Körper prallte auf die Ebene darunter. Glücklicherweise verschwand er in dem verdammten Nebel und ersparte es Baine, zusehen zu müssen, wie der Körper seines Freundes zerschmetterte.

Der Aufzug war nicht fern, aber dort konnte man nicht hinunter. Die Kundschafter, die Baine ausgeschickt hatte, waren nicht mehr zurückgekommen, obwohl sie schon lange überfällig waren. Das bedeutete wahrscheinlich, dass sie gefallen und nun selbst Teil der Gefahr waren.

Die Brücke wackelte, als weitere Schlafwandler vorwärtsdrängten.

„Was sollen wir tun?“, fragte einer der Krieger. Tauren waren von Natur aus stoisch, doch dieser Kampf trieb ihnen die Sorge ins Gesicht... und ihre geweiteten Augen waren blutunterlaufen vom Schlafmangel.

Könntest du mir nur helfen, Vater, dachte Baine. Doch Cairne war unter den ersten Opfern gewesen, und Baine vermutete, dass das aus einem bestimmten Grund geschehen war. Die meisten Tauren konnten sich ein Leben ohne ihren ehrwürdigen Häuptling nicht vorstellen, besonders Baine nicht.

Schnaubend kam Cairnes Sohn zu einer Entscheidung. Sie würde ihnen nur eine kleine Galgenfrist erkaufen. Aber sie hatten keine andere Wahl. Er sprach ein Gebet für die Unschuldigen, die er in den Tod schicken würde.

„Schneidet die Seile durch!“, befahl Baine.

„Die Seile?“ Der andere Tauren blickte betroffen.

„Schneidet sie durch!“, wiederholte Baine, hob seine Axt und hieb selbst auf das nächste Seil ein.

In diesem Moment erklang in seinem Kopf eine Stimme.

Baine Bluthuf... ich hin der Erzdruide Malfurion Sturmgrimm, ein Freund von Hamuul Runentotem... ich biete Euch eine Chance auf Hoffnung... für uns...

Baine dankte den Ahnen, und ohne sich darum zu scheren, was die anderen denken mochten, antwortete er: „Sag es mir... aber beeile dich...“


Eine Frage, die Malfurion lange beschäftigt hatte, wurde beantwortet, als er in die ferneren Regionen Azeroths blickte. Die Frage, was derzeit in Dalaran geschah. Sein erster Blick auf das Reich der Magier erschreckte ihn. Weil das ganze Königreich von Dalaran nicht dort war, wo es hätte sein sollen. Stattdessen schwebte es am Himmel.

Nachtelfen schätzten Magier und andere arkane Spruchwirker nicht sonderlich. Malfurion aber, der die Zauberer besser als viele Mitglieder seines eigenen Volkes kannte, hatte mit ihnen in der Vergangenheit schon gut zusammengearbeitet. Doch als der Erzdruide ermutigt von dieser Demonstration ihrer unglaublichen Fähigkeiten versuchte, einige Magier zu erreichen – vor allem Rhonin, den er schon über zehntausend Jahre lang kannte -, entdeckte er, dass selbst Dalaran dem Albtraum anheimgefallen war.

Eigentlich war ihm Dalaran ganz, besonders anheimgefallen. Malfurions erste Blicke auf die großen, magisch beleuchteten Straßen der fliegenden Stadt zeigten nichts als in Nebel gehüllte Verlassenheit. Als er die verschiedenen merkwürdig geformten Gebäude betrat, traf er gleich auf die ersten Schläfer. Sie lagen in großer Zahl einfach herum, einige in ihren Betten, andere, wo die Erschöpfung sie hatte umfallen lassen.

Und in einem dieser Betten fand er nicht nur Rhonin, sondern auch die Gefährtin des Magiers, die Hochelfe Vereesa. Obwohl Malfurion sie nie selbst getroffen hatte, kannte er sie doch aus Rhonins Erzählungen. Sie waren beide im Schlaf gefangen. Ihre Gesichter zeigten, dass auch sie den Schrecken des Albtraums durchlitten.

Es gab keine Schlafwandler, obwohl Malfurion spürte, dass viele der Opfer kurz davor standen, welche zu werden. Doch ein Zauber hielt sie fest... und dessen Ursprung fand er schließlich in der Violetten Zitadelle.

Das mächtige Gebäude erhob sich über alle anderen. Es war wie ein hoher Turm gebaut, mit konischen Erweiterungen, die die niedrigeren Seiten flankierten. Hoch über der Stadt gelegen, war die Spitze von einem kreisförmigen Feld umgeben, das von mächtigen Zaubersprüchen getragen wurde.

Malfurion ignorierte die Zauber und die zahllosen violett gedeckten Türme. Stattdessen nahm er Kontakt zu den Magiern darin auf. Dabei fiel sein Augenmerk sofort auf eine ältere Magierin namens Modera. Vor seinem Auge entstand das Bild einer energischen Frau mit kurzem grauem Haar und einem steten leichten Stirnrunzeln. Sie trug nicht die blauviolette Robe des Regierungsrates, der Kirin Tor, stattdessen hatte sie eine blaugraue Rüstung an.

Der Erzdruide..., antwortete sie erschöpft. Also ist noch nicht ganz Azeroth gefallen...

Er war beeindruckt, dass sie ihn so schnell erkannt hatte. Doch schon der nächste Satz dämpfte seine Euphorie, denn die Magier in der Kammer waren von der Außenwelt völlig abgeschnitten.

Wir können gerade mal dafür sorgen, dass unsere schlafenden Brüder sich nicht gegen uns erheben... und selbst das haben wir erst im letzten Moment geschafft... wir haben mehrere Mitglieder unserer Gruppe verloren, als die ersten Schlafwandler auftauchten...

Sie hatte seine Fragen beantwortet, bevor er sie stellte. Die Magier hier in Dalaran konnten ihm nicht helfen. Sie bemühten sich nach Kräften zu verhindern, dass sich einige der größten Magier der Armee des Albtraums anschlossen.

Malfurion brachte Modera auf denselben Wissensstand wie Varian. Sie nickte, obwohl sie nicht sonderlich viel Vertrauen in ihn zu haben schien. Hast du mit den anderen Magiern außerhalb von Dalaran schon gesprochen?

Das habe ich.

Modera war genauso erschöpft wie die Handvoll anderer Zauberer, die entweder bei ihr waren oder sich in anderen Teilen der Zitadelle aufhielten. Mögen sie hilfreich für dich sein... und möge das Glück dir hold sein... ich fürchte, dein Plan ist unsere letzte Chance...

Malfurion brach den Kontakt zu ihr ab. Er hoffte, dass er sich nicht selbst verraten hatte. Modera hätte ihn für überheblich halten können, wenn sie geahnt hätte, was er wirklich mit ihren Magiern und all den anderen, die er um sich versammelte, vorhatte...


Und so wie Malfurion mit Varian, Baine und Modera redete, redete er auch mit vielen anderen. Er sprach mit dem Orcschamanen Zor Einbaum in Orgrimmar, mit König Magnis’ Berater in Eisenschmiede, mit dem Trollkundschafter Rokhan – der gezwungen war, eine Gruppe seines Volkes aus der Hauptstadt in Sicherheit zu bringen – und vielen, vielen anderen. Wie die Trolle, waren einige Völker Malfurion gegenüber feindlich gesinnt. Doch er versuchte, sie dennoch zu überzeugen. Bei einigen hatte er Erfolg, bei anderen nicht.

Er konnte denjenigen, die seine Hilfe nicht wollten, keinen Vorwurf machen. Denn schließlich verlangte er von ihnen ja, dass sie sich dem Albtraum schutzlos auslieferten.

Doch auch unter denen, die sich ihm anschlossen, spürte Malfurion Vorsicht und Sorge... bis sie etwas entdeckten, das sie für Geister hielten. Aber in Wahrheit waren es nur ihre Traumgestalten, die an einem Ort materialisierten, den sich die meisten nicht vorstellen konnten.

Dem Smaragdgrünen Traum.

„Was ist das für ein Ort?“, fragte Varian für alle anderen.

Ebenfalls in Traumgestalt erklärte Malfurion, Dies ist der Ort, an dem sich Traum und Erwachen treffen... einst war es ein Ort des friedlichen Gesprächs. Doch nun wurde er vom Albtraum überrannt...

Aber... warum hast du uns dann hierher gebracht? Wäre es nicht besser, wenn wir wenigstens in unseren eigenen Ländern sterben würden? Viele stimmten ihm zu.

Weil Ihr nur hier etwas bewirken könnt... nur hier werden Eure Waffen von Nutzen sein...

Das war die Ermutigung, die sie brauchten. Allerdings teilten sich die meisten auch dann noch nach Volk und Beruf auf. Aber das würde nicht funktionieren. Malfurion brauchte sie als eine Einheit.

Varian wird Euch anführen..., sagte er geradeheraus.

Doch der König blickte wütend zu den Orcs hinüber. Ich werde diesen Abschaum nicht anführen! Soll der Albtraum sie doch holen...

So, wie er in Sturmwind Euren Sohn geholt hat und noch so viele andere? Wenn Ihr Anduin wiedersehen wollt, müsst Ihr den Albtraum besiegen... und das klappt nur, wenn wir alle zusammenarbeiten...

Ich... Varian rang mit sich und der Entscheidung zwischen Liebe und Hass.

Die Liebe obsiegte. Nun gut... so soll es geschehen...

Aber nun schienen viele Mitglieder der Horde wenig geneigt, sich einer Armee unter Varian anzuschließen. Doch dann stellte sich Baine, der Häuptling der Tauren, neben den Menschen. Ich vertraue darauf, dass dieser Mensch, den ein Freund erwählt hat, uns alle ehrenvoll führen wird...

Als der Tauren das sagte, schmolz der Widerstand. Malfurion dankte ihm und konzentrierte sich. Endlich hatte er alle gefunden, die schon die ganze Zeit versuchten, den Albtraum aufzuhalten. Es waren weniger als erwartet, was ihm Sorgen bereitete. Er nahm Kontakt mit dem Geist von Zaetar auf.

Malfurion Sturmgrimm?, fragte Remulos’ Bruder überrascht und voll verzweifelter Hoffnung.

Der Nachtelf öffnete seine Erinnerungen, wodurch er dem Geist augenblicklich alle Informationen gab, die er brauchte. Zaetars Hoffnung wuchs, dann sank sie wieder. Was ist mit meinem Bruder?

Ich weiß nichts Neues von ihm.

Zaetar ließ diese Information einsinken, obwohl der Mangel an Nachrichten ihn eindeutig störte. Er akzeptierte Malfurions Plan, den der Erzdruide ihm offenbarte. Doch er hatte noch eine letzte Frage. Und all diese Wesen, die du zu uns gebracht hast... ahnen nichts von deinen wahren Absichten?

Nein... denn wenn sie nichts wissen... dann weiß auch der Albtraumlord vielleicht nichts...

Der Geist sagte nichts mehr zu der Sache. Stattdessen nahm Zaetar Kontakt mit Varian auf. Der König verbarg gekonnt seine Überraschung, als er Zaetars Gegenwart bemerkte.

„Wir kommen“, versprach er Remulos’ Bruder.

Der König von Sturmwind hob sein Schwert – das eigentlich Teil seiner Traumgestalt war – und führte seine Armee voran.

Der Erzdruide blickte Varian an. Nur für einen Augenblick schien sich Varians Antlitz in etwas anderes verwandelt zu haben. In das eines Wolfs. Ihm fiel ein Name ein, es war ein uralter Geist, der von vielen Völkern, auch den Nachtelfen, verehrt wurde.

Goldrinn..., dachte Malfurion und erinnerte sich an den legendären Ahnen. Der weiße Wolf hatte Hunderte Dämonen während des Kriegs der Ahnen getötet, bevor er selbst gefallen war. Doch sein Geist sollte angeblich weiterleben und über all jene wachen, die er mochte.

Möget Ihr einer von ihnen sein, dachte der Erzdruide bei Varians Anblick. Ihm war klar, dass er sich den Wolf vielleicht auch nur eingebildet hatte. Möge Goldrinn über Euch und all die anderen wachen, die gegen den Feind marschieren...

Als sich die Armee aus Traumgestalten auf den Albtraum zubewegte, schlossen sich ihnen immer weitere Kämpfer an, die Malfurion und die Druiden herbeigerufen hatten. Von seinen zahlreichen Blickwinkeln aus sah Malfurion nicht nur Urtume des Krieges kommen, sondern auch viele andere. Ihre Gestalt war so unterschiedlich, wie es Baumarten auf Azeroth gab. Und obwohl sie immer noch ihren alten Lehren verpflichtet waren, waren sie gleichzeitig entschlossene Verteidiger der natürlichen Welt. Einige hatten Flügel, andere Klauen, und obwohl ihre Zahl nicht groß war, repräsentierte jedes Wesen doch eine mächtige Kraft.

Und sie kamen nicht allein. Mit ihnen kamen die Treants. Sie glichen den Wäldern, die sie schützten und waren kleiner und weniger stark als die Urtume. Dennoch konnte man sie keineswegs als schwach bezeichnen. Und sie waren deutlich zahlreicher als die Urtume. Malfurion hieß sie deshalb genauso willkommen wie die Dryaden – ebenfalls Hüter des Waldes – und die mächtigen Töchter des verschwundenen Remulos.

Zahlreiche Hippogryphen kamen, begleitet von anderen Bewohnern der Lüfte, darunter Greifen, riesige Motten, Aasvögel, Drachenfalken und natürlich die verbliebenen Drachen der roten, grünen und blauen Sippe. Obwohl sie nicht von ihren Aspekten angeführt wurden, waren die Drachen versierte Kämpfer. Die drei Drachensippen flogen voneinander getrennt, weil jede ihren eigenen Kampfstil hatte. Die Blauen wirkten mächtige Zauber, die Roten spien verzehrendes Feuer, und die Grünen nutzten natürlich ihre Fähigkeiten des Traums aus.

Selbst Kobolde und andere Kreaturen, die einander feindselig gesinnt waren, hatten letztlich zugestimmt, sich dem großen Pulk anzuschließen. Furchterregende bärenartige Furbolgs, die sich wohler unter wilden Tieren fühlten denn unter vernunftbegabten Wesen, heulten auf, um ihre Teilnahme am letzten Gefecht zu signalisieren. Riesige Panther, mit Stoßzähnen bewehrte Eber, furchterregende Basilisken, Krokolisken, Hyänen und andere Tiere waren nur ein Teil der Tierlegion, die ihnen folgte. Viele wurden von den empfindsamen Raptoren angetrieben. Die Druiden leiteten diese Bestien, die zwar nicht immer wussten, was das Ziel dieses Kampfes war, doch auch ihnen war klar, dass ihre Leben und das ihrer Nachkommenschaft bedroht waren.

Malfurion bedankte sich bei allen. Er erkannte immer mehr, dass jedes Volk eine wichtige Rolle spielte. Dass er sie genauso sehr brauchte wie sie ihn.

Auch die Verlassenen wollten sich an dem Kampf beteiligen, obwohl ihre Zahl kleiner denn je war. Sie standen bei ihren Verbündeten und warteten auf die Gelegenheit zurückzuschlagen.

Malfurion beobachtete das alles und verspürte gleichermaßen Dankbarkeit und Bedauern. Nur Zaetar kannte die Wahrheit. Nur Zaetar verstand, dass all dies vielleicht umsonst geschah, wenn der Plan des Erzdruiden fehlschlug.

Dieser Gedankengang führte den Nachtelf zu Remulos. Er konnte Cenarius’ Sohn nirgendwo spüren. Malfurion hatte gehofft, Remulos mithilfe seines Zaubers zu finden, und die Tatsache, dass es nicht geklappt hatte, ließ nichts Gutes erahnen. Nur wenn der Albtraum bereits einen beherrschenden Einfluss über den Traum hatte, blieben dem Erzdruiden manche Dinge dort verborgen... und wenn Remulos dort war...

Malfurion konnte sich nicht mit dem verschollenen Halbgott belasten, egal, wie sehr Remulos’ Macht ihre Chancen auch erhöht hätte. Dem Sohn des Cenarius gebührte nicht seine dringlichste Sorge. Das war und würde immer Tyrande sein, die er wieder einmal völlig vernachlässigt hatte.

Tyrande...

Gerade als er an sie dachte, berührte etwas nur ganz kurz seinen Geist. Er wusste augenblicklich, dass sie es war, dass nur sie es sein konnte. Genauso wie vor zehntausend Jahren stand Tyrande immer noch zu ihm. Sie tat es, obwohl er sie im Laufe der Jahre immer wieder verlassen hatte. Wenn sie nun schwand... würden diese verlorenen Jahre noch mehr in seiner Seele brennen. Er selbst war der Einzige – der ausschließliche – Grund für ihre Trennungen.

Malfurion erschauderte bei solchen Gedanken. Denn er wusste, dass sie im Schatten des Baumes stand, der seine persönliche Nemesis war... und dass selbst die Gaben von Mutter Mond alleine nicht ausgereicht hatten, um den momentanen Kontakt mit ihm herstellen zu können.

Der Albtraumlord lud ihn zu sich ein.

Der Erzdruide befahl sich selbst zurück in seinen Körper. Er spürte Brolls und Hamuuls große Erleichterung bei seiner Rückkehr.

Er spürte auch noch jemand anderen in ihrer Nähe... jemanden, der dort nicht hätte sein sollen.

Malfurion sprang auf, sobald er wieder Kontrolle über seinen Körper hatte. Broll und der Tauren zuckten überrascht zurück.

„Geht es Euch gut, Shan’do? Ist etwas geschehen?“

Doch Malfurion antwortete ihnen nicht. Stattdessen straffte er sich, um sich der unerwarteten Gefahr zu stellen, die ihnen allen drohte.

Die Gestalt warf einen Schatten über die drei Druiden. Sie lächelte nicht, sondern nickte Malfurion nur grimmig zu. In einer Hand trug sie einen langen Speer, der aus einem einzelnen Ast gefertigt war. In der anderen...

Seine andere Hand und der daran befindliche Arm bildeten eine verdorrte, vertrocknete Masse, die einem verrotteten Baum glich.

Vor ihnen stand Remulos auf seinen vier Hufen, der Waldland-Halbgott, der Sohn des Cenarius. Einst hatte das Gefühl des Frühlings sein innerstes Wesen durchdrungen. Doch nun schien der Wächter des Waldes einen Mantel aus kaltem Winter zu tragen. Seine Haut war grauer und die Blätter in seinem Haar braun und trocken.

„Ich bin froh, dich hier zu finden, Malfurion.“ Remulos zeigte ihm seine verstümmelte Extremität, dann knurrte er: „Ich war im Herzen des Albtraums. Wenn du stark genug an Körper und Seele bist, dann müssen wir beide augenblicklich dorthin zurück – oder alles ist verloren...“

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