Der Drache Oicho legte den Weg aus dem Zauberland nach Kansas nun schon zum dritten Mal zurück. Seine Begleiter Faramant und Kaggi-Karr wurden unterwegs müde und schliefen ein.
Wie schon beim letzten Mal hatte sich Oicho die Zeit so eingeteilt, daß er, um die Menschen nicht zu erschrekken, nachts in der Nähe der bekannten Schlucht landen würde, wohin niemand kam. Dort wollte er sich wie immer verbergen.
Faramant und Kaggi-Karr fanden ohne Schwierigkeiten die Farm der Familie Smith. Als der Torhüter bescheiden an die Tür klopfte, schliefen alle längst. Die Ankunft von unerwarteten Gästen, besonders aus dem Zauberland, ist stets eine Überraschung. Die Schlafenden waren sofort hellwach.
Ann drückte die glückliche Kaggi-Karr an sich, streichelte sie und umarmte den Torhüter. Der Farmer John begrüßte die Ankömmlinge mit großer Herzlichkeit. Nur Missis Anna betrachtete die Krähe und Faramant beunruhigt, denn sie spürte: Die Abgesandten aus Hurrikaps Land waren nicht von ungefähr gekommen, und ihr Besuch versprach wenig Gutes.
Faramant und Kaggi-Karr erfuhren zu ihrem Bedauern, daß Elli nicht daheim war. Sie war als Lehrerin zwar nicht weit von ihrem Elternhaus tätig, hatte sich jedoch vor kurzem mit ihren Schülern auf eine Klassenfahrt in einen anderen Staat begeben. Faramant seufzte:
„Schade. Jedesmal denkt man ja, ob es nicht das letzte Mal sein wird. Und nun werde ich sie überhaupt nicht sehen!"
Der Torhüter brachte das Gespräch schnell auf ein anderes Thema. Er erzählte von den Außerirdischen, die sich in Hurrikaps Schloß niedergelassen hatten. Sie waren nicht in friedlicher Absicht gekommen und hatten die Weltumspannenden Berge mit einer Kette selbstschießender Kanonen umgeben, die kein einziges Lebewesen passieren ließen. Faramant erzählte weiter:
„Der Sohn von Karfax, Goriek, wurde von so einer Kanone verletzt. Allerdings rächte er sich: Er stieß die Kanone in den Abgrund."
Alle hörten ihm aufmerksam zu. Die Farmerfamilie packte Mitgefühl für die Bewohner des Zauberlandes, die ein neues Unglück ereilt hatte.
„Wie seid ihr nach Kansas gekommen?" fragte Ann beunruhigt.
„Wie immer, auf dem Rücken von Oicho."
„Ist er auch nicht verwundet?" Aufgeregt sah Ann den Torhüter an.
Faramant erwiderte:
„Heil und unversehrt liegt er in der Schlucht und wartet darauf, daß man ihm zehn Eimer Brei und gekochte Kartoffeln bringt: Der arme Kerl hat unterwegs einen Riesenhunger bekommen."
Der Farmer versprach, den Drachen zu versorgen, und Faramant erzählte weiter: „Unsere Reise verlief ohne Abenteuer. Die Außerirdischen haben seltsamerweise die Kanonen stehen und liegen lassen und bezeugen kein Interesse mehr für sie, sagt der Scheuch." Ann wurde lebhaft.
„Der Scheuch, der liebe Scheuch! Wie geht es ihm? Und was macht der gute Eiserne Holzfäller und der Tapfere Löwe? Wie geht es all meinen Freunden?" „Noch ist ihnen nichts geschehen. Doch es wird ihnen schlecht ergehen, wenn du, Ann, und du, Tim... "
Missis Anna ließ ihn nicht aussprechen. Ärgerlich sprang sie auf:
„Das wußte ich doch, daß alles darauf hinausläuft! Ihr seid gekommen, um wieder Hilfe zu holen."
„Ruhig, Anna, ruhig!" Der Farmer suchte seine Frau zu besänftigen. „Diesmal scheint es ernster zu sein als früher. Wir sollten, glaube ich, auch die Familie O'Kelli rufen und Tim, selbstverständlich."
John ging zur Nachbarfarm, Missis Anna gab sich ihren unfrohen Gedanken hin, und Ann fragte Faramant leise nach der Smaragdenstadt, nach dem Scheuch, dem Holzfäller und dem Löwen, nach Tilli-Willi, nach den Käuern, Zwinkerern und Springern...
Missis Anna hätte auch gern zugehört, doch ihre Gedanken ließen ihr keine Ruhe. Bald kam Tim mit den Eltern. In den zwei Jahren, die seit seiner letzten Heimkehr aus dem Zauberland vergangen waren, hatte er sich sehr gestreckt und war fast so groß wie sein Vater geworden.
Im Vorgefühl künftiger Abenteuer begrüßte Tim hocherfreut Faramant und Kaggi-Karr.
Faramant mußte alles, was die Familie Smith bereits wußte, noch einmal erzählen. Richard O'Kelli verkündete stolz
„Wir sind auf dieser Erde Hunderte Millionen. Sollen wir da nicht mit einer Handvoll Krieger von einem anderen Stern fertig werden?" Faramant unterbrach ihn „Und wenn dieser Handvoll Dutzende Raumschiffe folgen?" Ängstlich blickte Ann zu den Sternen auf:
„Glücklicherweise haben wir ja in unserem Kampf gegen die außerirdischen Menviten Verbündete, die Arsaken."
Ein langes Schweigen trat ein. Dann fragte Missis Anna:
„Warum glauben Sie, verehrter Faramant, daß Ihnen in Ihrem Kampf Ann und Tim helfen können? Es sind doch Kinder! Sind zwar schon groß, aber immerhin noch Kinder."
Der Torhüter erwiderte
„Ehrlich gesagt, hoffen wir nicht nur auf die Kinder, obwohl wir mit ihrer Hilfe rechnen. Wir wollten eigentlich den Riesen hinter den Bergen rufen, diesen weisen erfahrenen Menschen. Übrigens besitzt Tilli-Willi, wer hätte das bei einem so großen eisernen Burschen gedacht, ein sehr weiches Herz: Er sehnt sich nach dem Seemann Charlie und möchte am liebsten mit ihm von morgens bis abends reden." „Das ist schön, daß er ein so gutes Gedächtnis hat und so dankbar ist", warf Missis Anna ein. „Mein Bruder ist allerdings auf einer Schiffsreise im Stillen Ozean und wird wohl kaum in den nächsten Monaten heimkehren. Wenn ihr euch jedoch auf den Heimweg in eure wunderschöne Heimat macht, so will ich euch bitten, Tilli-Willi etwas mitzunehmen, was Ann und ich für ihn schon ein ganzes Jahr aufbewahrt haben..." „Mutter", Ann legte den Finger an ihre Lippen und blickte Missis Anna verschmitzt an. Die verstummte. „Wieder etwas, was nicht so läuft, wie wir dachten." „Der Riese hinter den Bergen kann also an unserem Kampf nicht teilnehmen", seufzte Faramant. „Dennoch bitte ich Sie, Ann und Tim mit uns ziehen zu lassen. Wir werden sie vor allen
Gefahren bewahren und sie auch nicht zum Kampf gegen unsere Feinde einsetzen. Aber ihr Rat wird für uns vielleicht sehr wertvoll sein..." Farmer Smith kam seiner Frau zuvor
„Hör mal, Anna, zweimal wurden unsere Kinder in das Zauberland gerufen. Beim ersten Mal drohte dem Scheuch und dem Eisernen Holzfäller Gefahr. Das zweite Mal war das ganze Zauberland in Gefahr, weil eine böse Zauberin es ins Unglück stürzen wollte. Jetzt, beim dritten Mal, sieht es ja noch viel schlimmer aus: Der ganzen Erde droht ein furchtbares Unglück. Wir werden es uns niemals verzeihen können, wenn wir jetzt nicht helfen. Wenn wir Tim und Ann zurückhalten." Die Mütter bewegten die Worte in ihrem Herzen und willigten schließlich ein, die Kinder ziehen zu lassen. Farmer John sagte:
„Und jetzt, liebe Frauen, will ich euch trösten. Unsere Kinder machen sich nicht allein auf den Weg. Wir werden Alfred Cunning rufen. Ich glaube, er wird es nicht ablehnen, am Kampf gegen die Außerirdischen teilzunehmen." Missis Anna rief aus
„Ja, ja, er wird helfen. Er ist jetzt Ingenieur, ist Erfinder und hat einen ganzen Haufen verschiedenster Dinge erfunden. Was sind im Vergleich dazu schon die mechanischen Maultiere?"
„Fred wird bestimmt helfen", nickte der Farmer. „Außerdem kann er ein Auge auf unsere Kinder haben." Der Gedanke, daß auch Fred Cunning an der gefährlichen Expedition teilnehmen werde, gefiel den Frauen ausnehmend.
Alfred Cunning erhielt ein Telegramm mit folgendem Text : „Erwarten dich umgehend. Verwandte auf der Smaragdeninsel schwer erkrankt. Ärztliche Behandlung unumgänglich. John Smith."
Die Postangestellten wurden nicht recht klug aus diesem Text, denn sie wußten nichts von der Smaragdeninsel, und so blieb das Geheimnis bewahrt. Doch Fred Cunning erriet, daß dem Zauberland Gefahr drohte, er nahm unbefristeten Urlaub und erschien zwei Tage später auf der Farm der Familie Smith. Der junge Ingenieur dankte John Smith für das Vertrauen. „Vielleicht können meine Kenntnisse wirklich helfen." Fred versicherte leidenschaftlich: „Ich hab' einen Haufen Formeln im Kopf und hab' einen hervorragenden Sprengstoff erfunden, von dem eine winzige Prise einen ganzen Berg in die Luft jagt."
Tims Augen glänzten vor Begeisterung.
„Freddi", rief der Junge. „Wir könnten diesen Sprengstoff doch unter das Raumschiff der Außerirdischen legen, nicht wahr?!"
„Wollen sehen", entgegnete Fred ausweichend. „Nein, ganz bestimmt!" beharrte Tim. „Und drunterlegen werde ich es ganz allein. Ich setze mir den Silberreifen vom Fuchskönig auf, und fertig ist die Sache!"
Tim meinte den Wunderreifen, den Ann vom Fuchskönig Nasefein XVI. geschenkt bekommen hatte.
„Hör mal, Tim! Wenn du diesen Quatsch nicht vergißt, so bleibst du überhaupt in Kansas", sagte Alfred so entschieden, daß Tim sofort verstummte, dann aber fragte er leise:
„Freddi, nehmen wir den Sprengstoff wenigstens mit?"
„Natürlich nicht. Wir mischen ihn an Ort und Stelle. Die notwendigen Grundelemente finden wir auch dort. Aber Feuerwaffen brauchen wir."
Cunning kaufte eine Kiste Gewehre und zwei Dutzend Revolver, dazu viele Patronen. Die Fracht war erheblich, aber für Oicho waren das alles Kleinigkeiten. Nachts nahmen die Familie Smith und die Familie O'Kelli von ihren Kindern und von Alfred Cunning Abschied. Es wurde wenig gesprochen. Doch man spürte die große innere Unruhe, würden doch die Familien Smith und O'Kelli viele Wochen lang im Ungewissen über das Geschick ihrer Lieben bleiben...
Oicho nahm Kurs auf das Zauberland. Die Reisenden saßen in der geräumigen Kabine auf seinem Rücken. Diese Kabine hatte Charlie Black schon für den letzten Flug gebaut. Diesmal nahmen sie Totoschka nicht mit. Er war von Natur zu unbeherrscht und könnte plötzlich anfangen zu bellen, was das ganze Unternehmen gefährdet hätte. Unterwegs erinnerte sich Alfred aller chemischen Formeln und überlegte laut. Tim und Ann verstanden nichts davon. So war es kein Wunder, daß die Kinder schnell von dem eintönigen Brabbeln und dem gleichmäßigen Schwanken der Kabine in Schlaf gewiegt wurden. Es war bereits Abend, als der gezähmte Drache am Fuß der Weltumspannenden Berge niederging. Hier begann die Zauberwelt, und Kaggi-Karr fing an zu sprechen. Erlöst von ihrem unfreiwilligen Schweigen begrüßte sie Ann, Tim und Fred überaus lebhaft.
Kaggi-Karr warnte:
„Es wäre sinnlos, die Reisebei Nacht fortzusetzen. Wir könnten auf einen Flugapparat der Außerirdischen stoßen."
Die Wanderer errichteten ihr Nachtlager. Doch Ann konnte es nicht unterlassen, zuvor auszuprobieren, ob der Silberreif mit dem Rubinknopf auch in Ordnung sei. Der Reif funktionierte tadellos, und unsere Helden schlummerten im Rauschen der Wälder ein. Am nächsten Morgen flog Oicho überaus vorsichtig von einer Waldwiese zur anderen, um den fremden Helikoptern nicht aufzufallen. Doch kein einziger begegnete ihm, und so landete er wohlbehalten mit seinen Begleitern am Tor der Smaragdenstadt. Der Scheuch hatte ursprünglich vorgehabt, der ganzen Stadt, dem ganzen Land die Ankunft von Ann, Tim und Alfred kundzutun. Er wollte einen Festaufzug vom Stadttor bis zum Schloß mit Musik und Ansprachen veranstalten. Doch Feldmarschall Din Gior riet ab. Der langbärtige Soldat, der wußte, wie man militärische Geheimnisse bewahrte, bewies Vorsicht. Er sagte:
„Eine unerwartete Festlichkeit würde die Außerirdischen aufmerksam machen und sie würden herauszufinden versuchen, was hier vor sich geht. Wenn sie etwas von den Menschen hinter den Bergen erführen, dann wäre das sehr schlimm." Der Scheuch ließ Vernunft walten und sagte alle Vorbereitungen für den festlichen Empfang der Gäste am Stadttor ab.
Doch hier, im Schutz der hohen Schloßmauern, schaltete und waltete der Weise Gebieter nach eigenem Ermessen und ließ seiner unerschöpflichen Phantasie freien Lauf. Er kleidete sich festlich. An seinem neuen Samtkaftan, der mit frischem Stroh ausgestopft war, funkelten Brillantknöpfe, am breiten Hutrand klingelten silberne Glöckchen, an den Füßen trug der Scheuch schnabelförmige Stiefel aus feinstem Saffianleder und auf seiner Brust prangten alle Orden, die er besaß. Einen Teil hatte er sich selbst verliehen, andere hatte er von dem Gebieter des Violetten Landes, dem
Eisernen Holzfäller, und vom Gebieter der Erzgräber, dem ehrenwerten Rushero, erhalten. Auch die gütigen Feen Willina und Stella hatten ihn mit Orden geehrt. Auf dem gutmütigen Gesicht des Scheuchs lag ein breites Lächeln. Wegen des festlichen Anlasses war auch der Eiserne Holzfäller auf Hochglanz poliert und trug eine goldene Axt bei sich; der Tapfere Löwe, den sein Alter nicht hatte hindern können, in die Smaragdenstadt zu kommen, obwohl er nur langsam auf seinen müden Tatzen vorankam, trug ein goldenes Halsband, wie es Königen geziemt; Feldmarschall Din Gior, dessen Bart bis zur Erde reichte, stand in seiner Paradeuniform mit dem Marschallstab, an dem Edelsteine funkelten; die Ärzte Doktor Boril und Doktor Robil in schwarzen Mänteln, auf denen ebenfalls Orden blitzten, hielten Verbandskästen bereit: Schließlich konnte ja jemand in Ohnmacht fallen. Auch der Herrscher über das Land der Käuer, Prem Kokus, war erschienen; etwas abseits stand wie ein Riesenmonument der Eiserne Ritter Tilli-Willi, der furchtbar enttäuscht war, daß der Seemann Charlie nicht mitgekommen war. Tilli-Willi hatte Ann im Vertrauen erzählt, daß seitdem Faramant und Kaggi-Karr in die Große Welt ausgezogen waren, er ständig auf seinen Schöpfer gewartet habe und so aufgeregt war, daß sich sogar einige Federn gelockert hatten und die Schrauben im Gehen zu klappern begannen.
„Das ist aber gar nicht recht", sagte das kleine Mädchen freundlich zum Riesen. „Ein Ritter muß immer stark sein... " Der Riese seufzte laut:
„Das weiß ich. Aber ich kann nichts dagegen tun. Ach Ann, erzähl mir ein bißchen von Vater Charlie."
Ann lächelte und zog aus ihrem Campingbeutel einen großen rechteckigen Umschlag. „Rate mal, was das ist?" fragte sie. „Der, nach dem du dich sehnst, konnte nicht mitkommen ins Zauberland. Doch dafür schickt er dir ein Geschenk. Gleich wirst du Onkel Charlie, wie er leibt und lebt, vor dir sehen!"
Ann zog ein großes Foto des Einbeinigen Seemanns aus dem Umschlag. Charlie Black hatte sich auf dem Schiffsdeck im Sturm fotografieren lassen; Black schmauchte wie immer sein Pfeifchen und lächelte aus den Augenwinkeln. Der Eiserne Ritter wußte sich nicht zu lassen vor Freude: Lange betrachtete er das vertraute Antlitz, führte das Foto an ein Auge, dann ans andere, hielt es ganz nah vors Gesicht, und dann wieder weit von sich...
„Donner und Blitz!" rief der Riese bewegt. „Durch welchen Zauber konnte Vater Charlie auf diesem dicken Papier erscheinen und hier für immer bleiben?" „Das kann ich dir auch nicht erklären", gestand das kleine Mädchen. „Ich weiß es nicht."
Tilli-Willi bat Ann, ihm für das Porträt ein Lederetui zu nähen, damit sich das empfindliche Foto nicht so schnell abnützen würde...
Ann nähte das Etui aus dem Leder von Sechsfüßern. Man hätte kaum ein festeres Material finden können. Seither verwahrte der Eiserne Riese das Porträt vom Seemann Charlie in seiner Kabine.
Ann, Tim und Alfred wurden vom Koch Baluol, der noch dicker geworden war, mit Brot und Salz empfangen. Er trug eine weiße Schürze und eine weiße Kochmütze. Von diesem nach des Scheuchs Meinung märchenhaften Brauch hatte der Gebieterin der Enzyklopädie gelesen. Er wollte damit seinen Gästen eine kleine Freude bereiten. Nach dem eigentlich nicht sehr fröhlichen Mahl bat der Scheuch die Freunde aus der Großen Welt in den Thronsaal zum Fernsehgerät.
Der rosa Zauberkasten von Stella funktionierte nach wie vor hervorragend: Er zeigte den Zuschauern bereitwillig Menviten und Arsaken. Die Sklaven von Ranavir zogen rund um das Schloß einen Stacheldrahtzaun und hängten Schalltrichter, Glocken und Antennen daran auf.
Fred als Techniker erkannte schnell, daß das eine Signalanlage war, die wahrscheinlich einen Heidenlärm vollführen würde, wenn jemand versuchen sollte, bis zu den Außerirdischen vorzudringen.
„Da ist ja Ilsor! Schaut nur!" Der Scheuch wurde ganz aufgeregt. „Das ist der Diener des Generals und unser Freund."
Ann, Tim und Fred gefiel der schlanke Ilsor, seine regelmäßigen Gesichtszüge, die lebhaften dunklen Augen und sein kräftiges schwarzes Haar. Auf Bitte des Scheuchs zeigte der Fernseher das Sternschiff „Diavona", das sich majestätisch auf drei hohen Masten erhob. Fred war verblüfft von seiner Großartigkeit.
Die Nacht verbrachte Fred Cunning in tiefen Gedanken. Er konnte kein Auge schließen. Tim und Ann schliefen in kindlicher Sorglosigkeit. Der Scheuch, der niemals Schlaf brauchte, saß auf seinem mit Smaragden geschmückten Thron und überlegte, in welche einfachen Multiplikatoren sich die Zahl 64725 zerlegen ließe.
Die Arbeit in den Smaragdenschächten lief indes auf Hochtouren. Die erste mit Edelsteinen gefüllte Schatulle hatte der General bereits im Safe eingeschlossen. Zuvor war jedoch noch etwas Unerwartetes passiert. Die Arsaken, die zur Förderung der Smaragde eingesetzt waren, zeigten miteins aufrührerische Gelüste. Ein menvitischer Geologe, der die Arsaken in den Gruben beaufsichtigte, achtete am Ende jedes Arbeitstages darauf, daß die Sklaven nichts von der Ausbeute zurückbehielten. Er starrte ihnen befehlend in die schwarzen und braunen Augen und hielt die Arsaken, die einer nach dem anderen an die Schatulle herantraten auf diese Weise dazu an, die Smaragde hineinzulegen.
„Gehorche mir, Sklave, gehorche mir", ertönte sein Befehl. „Der Smaragd gehört dir nicht, trenne dich von ihm."
Da öffneten sich die Hände der Arsaken, und nacheinander rollten die durchsichtigen grünen Steine in die Schatulle.
Eines Tages wandte sich der Aufseher mit folgendem Befehl an einen Arsaken, der seinen Smaragd noch nicht abgeliefert hatte:
„Kehre in die Grube zurück und bringe den Klappstuhl." Doch statt wortlos zu gehorchen, entgegnete der Sklave plötzlich: „Der Stuhl kann bis morgen warten."
Dieser Widerspruch des Arsaken brach unerwartet wie ein Gewitter über den Menviten herein. Er wußte nicht einmal, was er vor Überraschung antworten sollte. Die Arsaken, welche ihre Smaragde noch nicht abgeliefert hatten, stimmten ihrem Kameraden zu, während die anderen sie schweigend und völlig verblüfft anstarrten. Die Minuten vergingen, alle Arsaken hatten die Smaragde in die Schatulle gelegt, der menvitische Geologe aber wußte noch immer nicht, was er sagen sollte. Ihm war es peinlich, daß die Sklaven Zeugen seiner Niederlage geworden waren. Deshalb maß er den Unruhestifter mit haßerfülltem Blick und wiederholte leise, aber deutlich seinen Befehl:
„Gehorche mir, Sklave, gehorche mir. Bringe mir sofort meinen Stuhl."
Der Arsake zuckte zusammen und verschwand im Laufschritt im Schacht. Fünf Minuten später kam er mit dem Klappstuhl zurück.
Der Menvite beruhigte sich. Er hatte also noch nicht seine Macht über die Sklaven verloren.
Vor Sonnenuntergang marschierten die arsakischen Erzgräber zum Schloßtor und unterhielten sich leise über den Vorfall. Am meisten war der Schuldige selbst über den unerklärlichen Wechsel seines Verhaltens verblüfft.
Als die Arsaken Ilsor nachts den Vorfall berichteten, befragte er sie eingehend und fand heraus, daß die Arsaken beim ersten Mal mit den Smaragden in der Hand geantwortet hatten, beim zweiten Mal aber die Steine bereits abgeliefert hatten. Er sagte: „Jetzt erinnere ich mich, daß ich einmal bei einem Weisen aus dem Altertum gelesen habe: Die Schlange, die einen Smaragd sieht, weint zuerst und erblindet dann. Ich dachte damals, das sei ein Märchen. Wir wollen die Geschichte noch einmal nachprüfen."
Am nächsten Tag legten alle Arsaken die abgebauten Smaragde in die Schatulle, außer einem, der einen kleinen Stein im Stiefelschaft versteckt hielt. Die Bergarbeiter, die die Smaragde abgeliefert hatten, traten beseite, derjenige aber, der ihn wie einen Talisman vesteckt hielt, machte sich absichtlich in der Nähe des Aufsehers zu schaffen. Endlich bemerkte der Menvite, daß dieser Arsake kein Werkzeug in der Hand trug. „Wo 'ist dein Abbauhammer?" fragte ihn der Geologe.
„Vor Ort ... Ich hab' ihn vergessen..." erwiderte der Gefragte stockend und blickte dem Menviten in die Augen. Auch der Aufseher ließ den Sklaven nicht aus den Augen. „Dann geh und hole ihn", sagte er.
Der Arsake senkte den Kopf, setzte sich langsam in Bewegung und rannte schließlich gehorsam, so schnell er konnte, in die Grube. Als er zurückkehrte und ins Glied zu den anderen Arbeitern trat, konnte er sich nicht beherrschen und flüsterte leise seinem Nachbarn zu „Großartig! Es wirkt!"
„Warum bist du dann so schnell losgerannt, um den Befehl auszuführen?" fragte der Nachbar.
„Damit der Herr nicht hinter unsere Entdeckung kommt."
Am Abend desselben Tages erfuhren alle Arsaken von dem grünen Wunderstein, der den Sklaven davor bewahrt, dem Auserwählten Gehorsam zu erweisen. Um den Zauberbann der Menviten zu brechen, mußte also für jeden Arsaken ein Stein gefördert werden. Die Arbeit im Schacht ging zur Freude des Geologen in raschem Tempo voran. Baan-Nu war selig, wie schnell sich seine Schatullen füllten. Doch am glücklichsten waren die Arsaken. Niemals zuvor hatte ihnen eine Arbeit soviel Freude bereitet, denn schließlich arbeiteten sie jetzt für die Befreiung ihres Volkes.
Urfins erster Ausflug nach Ranavir endete nicht sehr erfolgreich. Es gelang ihm nicht, in das Lager der Außerirdischen zu gelangen. Den Schubkarren mit Gemüse und Obst ließ er einfach am Zaun stehen. So war das Risiko geringer.
Urfin begehrte keinen Einlaß in Hurrikaps Schloß, ohne Früchte hätte er dort nicht viel ausrichten können. Dafür schlich er vorsichtig um die Wohnstätte des Zauberers herum und blieb argwöhnisch an jeder Ecke stehen. Er sah durch die Fenster, denn er wollte zu gern wissen, wie die Menviten lebten, zuerst durchs gelbe, dann durchs rosa und schließlich durchs blaue Fenster. Doch er erblickte nichts hinter dem Glas. Auf einem Umweg kehrte der Gärtner mit seinem Schubkarren heim. Er ging an den Smaragdengruben vorbei. Urfin verbarg sich hinter einer niedrigen Geröllhalde. Der Arbeitstag im Schacht war gerade beendet, und so erblickte er ganz aus der Nähe die freundlichen Gesichter der Arsaken mit ihren nachdenklichen Augen. Urfin beobachtete, auf welchem Weg die Sklaven ins Schloß zurückkehrten, überholte sie, stülpte den Schubkarren um und legte den Bergarbeitern seine herrlichen Früchte auf den Weg.
Die Arsaken standen gebannt vor diesem Wunder, und als sie die Früchte probiert hatten, überkam sie eine ganz seltsame Stimmung. Es war ihnen, als seien sie in eine Zauberwelt versetzt, in der alle Hoffnungen und Wünsche in Erfüllung gingen. Von nun an besuchte Urfin häufig die Smaragdengruben. Am meisten verblüffte ihn die Tatsache, daß die Arsaken, wenn sie nach der Arbeit heimkehrten, lebhafter und fröhlicher wirkten als zu Beginn ihrer Schicht. Sie schienen in der Grube überhaupt nicht zu ermüden, sondern sich eher auszuruhen. Wenn sie jedoch dem menvitischen Geologen, der mit seiner Schatulle am Eingang stand, die abgebauten Smaragde abgeliefert hatten, wurden sie wieder apathisch und schauten einander nicht mehr an. Dieses Wunder hängt todsicher mit den Smaragden zusammen, überlegte Urfin. Einmal näherte sich Urfin mit seinem Schubkarren voll Obst ganz offen Ranavir. Die Wachtleute griffen ihn auf und führten ihn sofort zu Baan-Nu. Ilsor, den Urfin wie alle Einwohner des Zauberlandes kannte, übersetzte.
„Antworte, wer bist du und weshalb kamst du hierher?" fragte der General. Ihn interessierte dieser Belliore, der freiwillig zu den Menviten gekommen war, und er verbarg das nicht.
„Ich bin Gärtner und baue herrliches Obst und Gemüse an", erwiderte Urfin. „Ich bin auch bereit, jeden Tag die Tafel des Herrn Generals zu versorgen. Für meine Dienste erbitte ich mir einen geringen Lohn: Einen Smaragd für zehn Fuhren." Für das Zauberland, das so reich an Smaragden war wie der Himmel an Sternen, war das wirklich ein geringer Preis.
Zum Schluß breitete der Gärtner vor Baan-Nu Weintrauben, Melonen, Erdbeeren und alles, was er sonst noch in seinem Schubkarren hatte, aus. In dem Maße, wie der General die Früchte probierte, schwand sein Mißtrauen gegenüber dem Bellioren. Baan-Nu war sogar bereit, mit Smaragden zu zahlen, wobei er allerdings beschloß, sie dem Gärtner wieder abzunehmen, sobald er Goodwinien erobert haben würde. Fortan brachte Urfin den Menviten tagtäglich mehrere Schubkarren voll Zauberfrüchte in die Küche. Bald drang die Kunde von Urfins Verrat in die Smaragdenstadt: Er hätte sich freiwillig angeboten, den General und die anderen
Menviten mit Früchten aus seinem Garten zu beliefern. Selbstverständlich täte er das nicht umsonst, sondern erhielte für zehn Schubkarren einen großartigen Smaragd. Außerdem hätten die Außerirdischen versprochen, wenn sie Goodwinien eroberten, ihn und vielleicht die gesamte Belliora ungeschoren zu lassen.
Die Einwohner von Hurrikaps Land weckten bei Baan-Nu keinerlei Mißtrauen. Was die sonderbaren Geschöpfe des Zauberlandes anging - der Scheuch, der Eiserne Holzfäller, Tilli-Willi und die anderen-, so hatte er keine Ahnung von ihrer Existenz. Ihn beunruhigten die Riesen, und die Frage, ob aus der Großen Welt eine Armee mit Kanonen und Waffen einmarschieren würde. Das könnte gefährlich werden. Doch der General war fest davon überzeugt, daß eine vielzählige Armee niemals heimlich einbrechen könne.
Dennoch hielt es Baan-Nu für notwendig, einige Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Er befahl, rund um Ranavir einen Stacheldrahtzaun zu ziehen, in dem nur ein paar Durchgänge blieben. An diesen Stellen installierten die Arbeiter eine Signalanlage, bestehend aus Schalltrichtern, Klingeln und Antennen: Sobald sich jemand diesem Drahtzaun näherte, würde die Sirene heulen.
In den ersten Tagen gab es mehrmals blinden Alarm: Die Sirenen heulten, doch keine Menschenseele war in der Nähe zu sehen. Wären die Menviten aufmerksamer gewesen, so hätten sie in den Sträuchern und hinter großen Steinen die possierlichen Gesichter der Zwerge erblickt. Doch da sie sie nicht entdeckten, verloren sie sich in Vermutungen darüber, wer die Signalanlage ausgelöst hatte.
Als die Zwerge es überdrüssig waren, die Menviten zu verulken, gruben sie unter dem Stacheldraht lange Laufgräben und gingen nun heimlich im Lager spazieren. Alfred Cunning, der im Smaragdenschloß die Meldungen der Zwerge durchsah, fand die Idee mit dem blinden Alarm sehr komisch. Nach gründlichem Überlegen fügte er dem nächsten Auftrag ein paar Worte hinzu. Sie betrafen vor allem Kaggi-Karr. Kurz darauf wurde an allen Durchgängen der Außerirdischen Alarm gegeben. Die Sirenen heulten ohrenbetäubend.
Die Menviten stürzten mit erhobenen Strahlpistolen zum Zaun. Alle beherrschte nur ein einziger Gedanke:
Die Bellioren haben das Lager überfallen.
Doch am Stacheldrahtzaun war es still. Meter um Meter untersuchten die Menviten die ganze Abzäunung, fanden aber nichts Verdächtiges. Verblüfft kehrten sie um. Kaum waren sie hundert Schritt vom Zaun entfernt, da brach der Höllenlärm von neuem los. Das wiederholte sich mehrmals. Endlich merkten die Außerirdischen am Rauschen der Blätter im Wald Die Vögel waren es, die ihnen einen Streich gespielt hatten.
Ja, dieses Durcheinander, diesen fürchterlichen Lärm hatten die Seidenschwänze und die Schwalben ausgelöst. In Schwärmen flogen sie zu den Alarmgebern, die sofort aufheulten. Kaggi-Karr befehligte die Angriffe der Vögel. Diese Überfälle wiederholten sich. Doch die Vögel blieben unauffindbar.
Die Bewohner von Ranavir suchten lange gegen dieses Tohuwabohu anzukämpfen, gaben es dann jedoch auf. Da gingen die Fledermäuse zum Angriff über. Tausende von ihnen bewohnten die Höhlen in der Umgebung? Nachts verstummten die Sirenen nun überhaupt nicht mehr. Das konnte kein Lebewesen aushalten. Die Ramerier taten kein Auge mehr zu.
Grün vor Wut befahl Generäl Baan-Nu den arsakischen Arbeitern, die Signalanlage abzuschalten.
So errang Alfred Cunning seinen ersten, vielleicht nicht allzu entscheidenden Sieg. Immerhin aber war es ein Sieg.
An der außerordentlichen Konferenz, die der Scheuch einberufen hatte, nahmen außer dem Gebieter der Eiserne Holzfäller, der Tapfere Löwe, Alfred Cunning, Din Gior, Faramant und Kaggi-Karr teil. TilliWilli blickte von der Straße durchs Fenster, und keiner wußte, daß Ann es sich in der Kabine bequem gemacht hatte. Die Versammelten diskutierten eine verzwickte Frage: Wie kann man die Außerirdischen bekämpfen und besiegen. Ihnen offen den Krieg anzusagen, war unmöglich: Die Strahlenpistolen der Außerirdischen waren den konventionellen Waffen und Revolvern, die Cunning aus der Großen Welt mitgebracht hatte, wesentlich überlegen. Am besten wäre es gewesen, wenn man die Wunder des Zauberlandes zu Hilfe nehmen könnte. Faramant schlug vor, über Hurrikaps Schloß und Umgebung den Gelben Nebel von Arachna zu beschwören. Tim erinnerte sich der Zauberworte, mit denen der Hexe dies gelungen war. Charlie Black hatte nämlich, bevor er das Zauberbuch verbrannte, ihre Beschwörungen laut vor sich hin gesprochen. Und der Knabe besaß ein gutes Gedächtnis.
Der Torhüter sagte:
„Die Kälte, die dieser Nebel mit sich bringt, wird die Außerirdischen krank machen und schwächen, so daß wir leicht mit ihnen fertig werden."
Der Vorschlag gefiel: Er war unkompliziert und bereitete keine großen Schwierigkeiten. Auf alle Fälle sollte man es ausprobieren. Tim wurde in den Thronsaal gerufen. Der Scheuch schaltete den Zauberkasten, das Fernsehgerät, ein. Alfred befahl Tim, den Zauberbann vor dem Bildschirm zu sprechen, als Ranavir gezeigt wurde. „Uburru-kurruburru, tandarra-andabarra", begann Tim und wäre beinahe vor Lachen erstickt. Er fand sich in der Rolle des bösen Zauberers zu komisch. Doch Fred zankte ihn aus:
„Wer spricht so schlimme Beschwörungen mit einem Lachen aus? Du mußt absolut ernst sein, wenn du willst, daß der Zauberbann wirkt."
Ernst werden aber konnte Tim nicht. Er brauchte nur zwei oder drei Wörter herzusagen, um sofort zu kichern. Endlich wurde der Junge aus dem Saal gewiesen, und die Beschwörung, die er zuvor aufgeschrieben hatte, las Cunning vor. Aus seinem Munde klang sie einschüchternd. Doch nichts änderte sich in Ranavir: Der Himmel war so blau wie eh und je, und auch die Sonne leuchtete wie zu vor. Niedergeschlagen blickten die Konferenzteilnehmer einander an, und der Gebieter der Smaragdenstadt schüttelte verzagt den Kopf:
„Wir haben ja ganz und gar vergessen: Als Arachna starb und der Riese aus der Großen Welt das Zauberbuch verbrannte, war es vorbei mit aller Hexerei." „Dann überlegen wir uns eben etwas anderes", tröstete Cunning sachlich. Nachdenklich fuhr er fort: „Eines der größten Wunder in eurem Land ist das Schlafwasser. Wißt ihr noch, wie leicht es fiel, mit ihm die unterirdischen Könige zu bezwingen, obwohl sie eine Armee, Sechsfüßer und Drachen besaßen?... Vergeßt nicht, daß die Arsaken uns helfen werden. Wenn sie Schlafwasser an das Essen gießen, schlafen die Fremdlinge ein, und fertig ist die Sache."
„Das hast du dir hübsch ausgedacht, lieber Fred, auch ich hatte schon diesen Gedanken.
Aber wie willst du unbemerkt das Wasser in Hurrikaps Schloß bringen?" entgegnete der Scheuch unsicher. „Viel Wasser kann man nicht transportieren."
ja, wirklich wie?", meinte Cunning nachdenklich. ,,Das muß man sich genau überlegen."
Alle schwiegen.
Nach einigem Grübeln meinte Alfred: „Ohne eine Wasserleitung kommen wir nicht weiter. Das Schlafwasser muß durch Rohre in den Schloßbrunnen geleitet werden." „Dafür müssen wir einen unterirdischen Gang anlegen", gab Din Gior zu bedenken. „Wir müssen aber äußerste Vorsicht walten lassen", erwiderte der Scheuch. „Wozu haben wir denn die Mäuse?" Ann hielt es nicht länger in ihrem Versteck. Mit Tilli-Willis Hilfe war sie aus der Kabine durchs Fenster in den Thronsaal geklettert. „Es gibt so viele Mäuse. Die machen alles ganz lautlos. Man muß ihnen nur erklären, wie sie sich verhalten sollen. Ich habe doch Raminas Zauberpfeife! Wenn ihr wollt, kann ich die Königin der Feldmäuse rufen!"
„Das ist ein Ausweg", krächzte Kaggi-Karr aufgeregt und flatterte zu dem Mädchen, um sich das Gefieder streicheln zu lassen. Wenn sie auch eine seriöse Krähe war, so mochte sie dennoch Zärtlichkeiten. Vorsichtig strich Ann ihr über den Kopf und blickte die Konferenzteilnehmer erwartungsvoll an.
Endlich ließ sich Cunning vernehmen: „Das hat wohl Sinn."
„Hurra!" Ann wäre beinahe vor Freude hochgesprungen.
„Hurra!" krächzte Kaggi-Karr.
„Wir dürfen auch nicht ein anderes, das äußerste Mittel vergessen", meinte Alfred. „Wenn nichts hilft, sprengen wir halt das Raumschiff der Außerirdischen. Wir stellen eine kleine, aber wirksame Bombe her. Wir können das Sternschiff schon jetzt unterminieren. Bei dieser gefährlichen Arbeit wird uns Ilsor helfen." Umgehend wurden zwei Brigaden gebildet. Der einen gehörten die Zwinkerer unter Leitung von Meister Lestar, der anderen die Erzgräber unter Rushero an. Eine Abteilung von Holzköpfen brachte die Rohre und das notwendige Handwerkszeug zur Baustelle. Nach der Umerziehung der sieben unterirdischen Könige, ihrer Familienangehörigen und Höflinge benutzte man selten das Schlafwasser. Es wurde nur bei außergewöhnlichen Ereignissen verwendet, beispielsweise, als man Ruf Bilan als Strafe für seinen Verrat einschläferte. Im Zauberland gab es keine Gefängnisse, und so wurde der Verbrecher mit langem Schlaf bestraft.
Feldmarschall Din Gior benachrichtigte den Wächter der Heiligen Quelle, damit er die Brigaden der Zwinkerer und Erzgräber passieren ließe.
Es wurde beschlossen, den Grund für die Rohrlegearbeiten vorläufig geheimzuhalten, damit den Außerirdischen keinerlei Gerüchte zu Ohren kämen. Rushero und Lestar waren zum Verlegen der Rohre bereit. Alles weitere hing von den Feldmäusen ab.
Die Sprengung des Sternschiffs mußte, obwohl Cunning sie nur im äußersten Notfall beabsichtigte, vorbereitet werden. Alfred scheute keine Zeit und Mühe auf der Suche nach Mineralien für den Sprengstoff. Mit Ann und Tim durchstreifte er unermüdlich die Umgebung der Smaragdeninsel.
Eines Tages setzte die ganz Gesellschaft mit der Fähre über den Kanal, wo Tag und Nacht die Holzköpfe arbeiteten, und wanderten auf der Gelben Backsteinstraße für baß.
Wie viele Erinnerungen weckte diese Straße bei unseren Wanderern! Ann dachte daran, wie ihre ältere Schwester von einem Sturmwind ins Zauberland getragen worden war und in die Smaragdenstadt zum Zauberer Goodwin zog. Sie wurde von der seltsamsten Gesellschaft begleitet, die man sich nur vorstellen kann, einem Strohmann namens Scheuch, einem Holzfäller aus Eisen und einem Feigen Löwen. Jeder von ihnen hatte einen sehnlichen Wunsch: Der Scheuch wünschte sich ein kluges Gehirn, der Eiserne Holzfäller ein gütiges Herz und der Feige Löwe Mut. Goodwin erwies sich zwar nicht als Zauberer, vermochte es aber trotzdem, all ihre Wünsche zu erfüllen. Elli kehrte mit den silbernen Zauberschuhen von Gingema i n die Heimat zurück. Dieselbe Straße benutzte der Knabe Fred, als es ihm gelungen war, aus der Höhle1 ans Tageslicht zu entkommen: Er ging in die Smaragdenstadt, um zu melden, daß Ann in die Gewalt der unterirdischen Könige geraten war, welche das Mädchen gefangenhielten und von ihr forderten, ihnen das Schlafwasser, das durch die Schuld des Verräters Ruf Bilan verschwunden war, zurückzugeben. Hier unterbrach Alfred ihre Gedanken:
„Hör zu, Ann, heute Nacht mußt du die Mäuse rufen. Verstanden?"
Ann nickte erfreut. „Oh, Alfred, natürlich. Endlich werde ich Ramina wiedersehen!"
Alfred und Tim, die in der Ferne einen Hügel bemerkt hatten, dessen Gestein vielleicht die notwendigen Mineralien enthielt, beschleunigten, mit geologischen Hämmern und Rucksäcken ausgerüstet, ihre Schritte. Ann blieb auf der Wiese zurück, um Blumen zu pflücken.
Da zog in den Lüften ein schwarzer Schatten auf, lautes Surren ertönte, und unweit von dem Mädchen landete auf der Waldwiese ein Helikopter. Aus der Pilotenkanzel sprang ein hochgewachsener Flieger. Mit ein paar Sprüngen war er bei Ann. Das Mädchen schrie verzweifelt und versuchte zu fliehen. Doch umsonst: Der Flieger hatte sie mit eisernem Griff gepackt. Ann konnte sich nicht losreißen, obwohl sie für ihre zwölf Jahre kräftig und flink war. Der Unbekannte nahm Ann wie eine Puppe in den Arm. Sie konnte vor Schreck nicht einmal die Augen zukneifen.
Mit geschwungenen Äxten rannten Alfred und Tim zum Unglücksort. Doch da hing der Helikopter bereits wieder in der Luft. Sie waren zu spät gekommen.
Als der Flugapparat überm Wald entschwunden war, standen Tim und Fred noch immer wie betäubt und starrten dem schwarzen Punkt nach. Nachdem sie sich von ihrem Schreck einwenig erholt hatten, machten sie sich hastig auf in die Stadt.
Zu Tode erschrocken, bemerkte Ann gar nicht, wie sie in die Kabine des Helikopters gelangte, wie die Tür fest verschlossen wurde und die Maschine in die Lüfte aufstieg.
Sie flog über die Wälder und Felder des Zauberlandes. Noch ein Weilchen sah man die funkelnden Türme der Smaragdenstadt, dann verschwanden auch sie. Kleine Farmen und Gärten, in denen die Menschen werkten, glitten unter ihnen dahin. Neugierig verfolgten sie mit den Blicken den fliegenden Apparat und ahnten nicht, daß er den Gast aus der Großen Welt entführte, der ihnen helfen wollte und nun selbst in Not geraten war.
Es wäre sinnlos und auch nicht ungefährlich gewesen, laut zu schreien oder gar um Hilfe zu rufen. Unwillkürlich hätte Ann dabei den Namen ihrer Freunde preisgeben können. Das erkannte sie sofort.
Der Flieger drehte sich um, betrachtete Ann aufmerksam und sagte etwas. Seine Stimme klang nicht böse. Vielleicht wollte der Menvite sie beruhigen. Jedenfalls war der Blick aus seinen schlitzförmigen, leicht zusammengekniffenen Augen nicht unfreundlich. Ann bedauerte, daß sie den Silberreif nicht bei sich hatte. Was für einen Dienst hätte ihr jetzt das Geschenk von König Nasefein XVI. erweisen können! Das Wunder hätte sich vollzogen, wenn sie aus dem Helikopter gelassen oder irgendwohin geführt worden wäre. Sie hätte sich schnell losgerissen und wäre im nächsten Augenblick unsichtbar gewesen. Dann hätten ihre Entführer sie lange suchen können! Da träume ich vor mich hin, als lebte ich im Märchen, dachte Ann betroffen. Was nicht ist, ist halt nicht. Sie senkte den Kopf und spürte miteins, wie etwas Kaltes, Metallenes ihre Hand berührte. Ann sprang wie elektrisiert auf. Wie hatte sie das nur vergessen können! Das war doch Raminas silbernes Pfeiflein. Da war er, der Schlüssel zu ihrer Rettung!
Verstohlen betrachtete Ann den breiten Rücken des Fliegers, ob er ihre Bewegung bemerkt, ob er ihre Pfeife beachtet hatte? Der Flieger wandte sich unter ihrem Blick um und nickte ihr ermutigend zu. Nein, er war beschäftigt, er achtete auf die Geräte am Armaturenbrett.
Der Fluchtplan war also fertig. Sobald sie allein bleiben würde, würde sie die Königin Ramina rufen: Die königliche Freundin würde ihr sicher aus der Not helfen. Sie besaß die Gabe, sich unversehens von einem Ort an einen anderen zu zaubern. Wenn sie erfahren würde, was Ann zugestoßen war, würde Ramina es unverzüglich in der Smaragdenstadt melden.
Der Helikopter landete in Ranavir. Der Pilot, es war Kau-Ruck persönlich, befahl Ann mit herrischer Geste, ihm zu folgen. Das kleine Mädchen ging gehorsam hinter dem Menviten her.
Die neue Gefangene im Lager der Außerirdischen fiel nicht auf. Gleichgültig gingen die Menviten an ihr vorüber. Auch die Arsaken blickten nicht von ihrer Arbeit auf. Nur als sie an einem von ihnen vorbeigingen, vernahm sie plötzlich drei Worte, die sie verstand „Sei ... ganz... ruhig... " Das ist Ilsor, dachte die Gefangene. Nun ging Ann mutiger weiter. Es konnte nicht allzu schlecht um sie stehen, wenn sich unter den Fremdlingen ein Freund fand.
Der Pilot hatte die Gefangene auf Baan-Nus Befehl entführt. Die Ereignisse der letzten Tage, besonders die Streiche der Vögel und der Fledermäuse an der Signalanlage, erschienen dem General äußerst verdächtig. Ob wirklich alles in diesem Land so aussieht, wie Mentacho behauptet? dachte er. Baan-Nu beschloß kurzerhand die Aussagen des Webers zu überprüfen. Da es sich um eine besonders wichtige Aufgabe handelte, übertrug er sie Kau-Ruck. Er befahl ihm, einen Erdenbewohner nicht aus der nahegelegenen Siedlung der Erzgräber, sondern aus der Umgebung der Smaragdenstadt herbeizuschaffen. Das ist sicherer, fand Baan-Nu.
Ann folgte Kau-Ruck, bemüht, so ruhig wie möglich zu erscheinen. Baan-Nu trat in seiner ordensbestickten Uniform aus dem Schloß, und Ilsor schickte sich an, ihm zu folgen. Ann konnte den Blick von der Paradeuniform nicht wenden.
Wahrscheinlich ist das ein sehr reicher Mann. Irgendein vornehmer Höfling, dachte sie. Solche schönen Gewänder habe ich nur auf Bildern gesehen.
Der General blickte finster drein, er wurde auch nicht freundlicher, als er das liebliche Antlitz des kleinen Mädchens sah.
Die Unterhaltung, die eher einem Verhör glich, fand im Blauen Haus der Gefangenen statt. Zunächst mußten Mentacho und Elvina den Raum verlassen. Elvina nahm wie stets, wenn sie spazierenging, einen Korb für Pilze mit.
Unvermittelt trafen sie in der Tür mit dem Gast aus der Großen Welt zusammen. Statt sich zu freuen, wurden die beiden alten Leutchen jedoch todtraurig, denn sie ahnten, daß das kleine Mädchen genau wie sie eine Gefangene der Menviten war. Mentacho zeigte rasch auf sich, schüttelte den Kopf und legte den Zeigefinger an die Lippen. Dann wies er auf Elvina und legte ebenfalls den Finger auf den Mund. Ann überlegte:
Wahrscheinlich will er sagen, daß wir nicht miteinander bekannt sind. Zumindest, daß ich über ihn schweigen soll. So war es auch.
Als erstes fragte Baan-Nu die Gefangene „Bist du mit den Leuten bekannt, die eben diesen Raum verlassen haben?"
Der Apparat in der Zimmerecke, der an einen kleinen Konzertflügel erinnerte, blinzelte plötzlich zu Anns größter Verwunderung, zischte und begann Baan-Nus Fragen und Anns Antworten zu übersetzen.
Ann antwortete:
„Nein, ich kenne sie nicht."
Kau-Ruck betrachtete interessiert den Apparat und hörte der Unterredung zu. Ilsor reagierte auf alles mit der gewohnten Ruhe. Nur sein Blick war vielleicht etwas aufmerksamer als sonst.
„Und wie heißen sie?" fragte Baan-Nu schlau. Verwundert entgegnete Ann „Wie kann ich die Namen dieser Leute wissen, wenn ich sie nicht einmal kenne?" Dann folgten die Fragen, die Baan-Nu wiederholt dem Weber gestellt hatte. Aus den Berichten von Faramant und dem Scheuch kannte Ann alle Fragen und Antworten.
Ausführlich erzählte sie dem General, daß das Land, in dem die Fremdlinge gelandet waren, Goodwinien sei, daß es so genannt werde nach König Goodwin und daß die Königreiche, die der tapfere König an sich gebracht habe, Gingemenien und Bastindien hießen.
Als Baan-Nu die bekannten Namen hörte, wurde er ruhiger. Und als das Mädchen auf die Frage nach dem Riesen genau so antwortete, wie seinerzeit Mentacho, war der General endgültig überzeugt, daß der gefangene Weber die Wahrheit gesprochen hatte. Wie hätte auch ein kleines Mädchen aus einem ganz anderen Landesteil sich dasselbe ausdenken können wie Mentacho.
Baan-Nu blickte Ann nicht mehr finster an, seine Stimmung besserte sich zusehends. „Jetzt, da Sie alles von mir erfahren haben, was Sie interessiert", begann Ann höflich, „könnten Sie mich doch eigentlich nach Hause lassen?"
Doch kaum hatte der Apparat diese Bitte übersetzt, da verfinsterte sich das Gesicht des Generals aufs neue. „Nein", sagte er hart. „Du bleibst hier, zusammen mit Mentacho und Elvina. Ich werde ihnen befehlen, daß sie sich um dich kümmern." Begleitet von Ilsor und Kau-Ruck, verließ der General das kleine Haus. „Na, herrlich", rief ihm Ann hintendrein. „Tilli-Willi macht aus jedem von euch Bouletten."
Die Sprechmaschine übersetzte gewissenhaft die letzten Worte des kleinen Mädchens, doch zum Glück hörte sie keiner.
Als die Gefangenen allein geblieben waren, sah Ann mit schlauem Lächeln Mentacho und Elvina an und sagte: „Seid nicht traurig."
Sie blies in Raminas Pfeife, und sofort stand die Königin der Feldmäuse mit ein paar Hoffräulein vor ihr.
Elvina stieß einen kleinen Schreckensschrei aus. Sie hätte selbst nicht gedacht, daß sie noch so gewandt auf einen Stuhl springen könnte: Die gute alte Frau hatte eine Heidenangst vor Mäusen.
„Seid gegrüßt, Hoheit!" wandte sich das kleine Mädchen höflich an die Königin. „Verzeiht, daß ich Euch belästige, aber es steht schlecht um mich..." Ramina erwiderte:
„Guten Tag, liebe Ann! Hast'du etwa kein Recht auf meine Hilfe? Du bist die Besitzerin der silbernen Pfeife! Aber wie bist du in die Gewalt der Außerirdischen geraten?" „Ihr wißt es bereits?" fragte Ann verwundert. „Natürlich", fuhr Ramina ruhig fort. „Mich hat schon seit langem meine königliche Schwester, die Königin der Fledermäuse Tarriga, eingeweiht. Ihre Untertanen haben den ungebetenen Gästen vor kurzem ein hübsches Konzert hingelegt!"
Ramina kicherte belustigt, und die Hoffräulein stimmten ehrfürchtig ein.
„Ich kann mir vorstellen, wie meine Freunde sich jetzt um mich sorgen", sagte Ann niedergeschlagen. „Vielleicht denken sie gar, daß ich nicht mehr lebe..."
„Nun übertreibst du aber wirklich, liebe Ann", tröstete die Königin der Feldmäuse.
„Wozu hat der Scheuch seinen Zauberkasten? Ich bin sicher, daß deine Freunde alles über dich wissen. Ich werde es gleich überprüfen."
Bevor Ann etwas sagen konnte, war Ramina verschwunden, und im Blauen Häuschen blieben nur die Hoffräulein zurück, die die alte Elvina ängstlich von der Seite musterte. Ungefähr zwanzig Minuten waren vergangen, da kehrte die Königin äußerst zufrieden zurück. Sie war bereits überall gewesen.
„Natürlich ist alles so, wie ich es mir dachte", verkündete sie. „Kaum waren Fred und Tim im Schloß des Scheuchs angelangt, da begann schon der Zauberkasten zu funktionieren, und deine Abenteuer wurden bekannt. Deine Freunde hoffen, dir bald zu Hilfe zu kommen... Im übrigen haben auch meine Untertanen einen Auftrag von staatlicher Bedeutung erhalten."
Ann erriet sofort, was das für ein Auftrag war. Die beiden Alten boten den Mäusen einen hervorragenden Imbiß aus Speckstückchen und gerösteten Brotkrumen an. Das Festgelage dauerte bis in die Nacht. Ramina versprach, in den kurzen Pausen zwischen dem Staatsdienst Ann zu besuchen und ständigen Kontakt zwischen Ann und deren Freunden herzustellen. In außergewöhnlichen Situationen sollte sich Ann der Pfeife bedienen.
Die Mäuse erfüllten bereitwillig den wichtigen Staatsauftrag, und der unterirdische Gang wuchs nicht täglich, sondern stündlich. Den Mäusescharen folgten auf dem weichen, aufgelockerten Erdreich, das großartig die Schritte dämpfte, die Brigaden von Lestar und Rushero. Sie verlegten die Rohre, die die Holzköpfe trugen. Die scharfzähnige Mäuseschar war in Regimenter und Divisionen unterteilt, und jede Einheit hatte einen Arbeitsabschnitt. Die einen fraßen sich in das Erdreich, bohrten Tausende Höhlen, die, miteinander vereint, eine große Höhle bildeten; andere schafften die Erde sorgfältig in sehr kleinen Fuhren, damit keiner es bemerke, zu den Baumwurzeln im Wald. Die übrigen drangen ins Schloß ein. Ann schlief friedlich im Blauen Häuschen, an dessen Tür wieder ein Wachsoldat stand, während die grauen Heerscharen geschäftig in Ranavir hin und her liefen. Mit verwunderlicher Geschicklichkeit drangen die Mäuse durch winzige Löcher und Ritzen. Sie schlüpften durch schlecht verschlossene Zimmertüren und in die Schränke. Am nächsten Morgen waren in den Werkstätten der Menviten an allen elektrischen Leitungen die Isolationen durchgeknabbert. Kolben, Mensur- und Reagenzgläser lagen zerschlagen auf dem Fußboden, ihr Inhalt war ausgeflossen. Die Behälter mit den Brennstoffproben waren durchlöchert, der Brennstoff versickerte trüb. Von den Herbarien, die die Menviten im Zauberland angelegt hatten, war einzig Mulm geblieben. Nur die Kragen der Overalls hingen traurig auf den Bügeln. Der übrige Stoff lag zerfetzt auf den Dielen verstreut.
Baan-Nu schlief noch, als Ilsor sein Zimmer betrat. Auf der Schwelle blieb er wie angewurzelt stehen und rieb sich verwundert die Augen. Dann rief er leise: „Mein General, Baan-Nu!"
Der Angerufene schlug die Lider auf. Erschrocken zuckte er zusammen. Sofort war er hellwach. Vor ihm breitete sich das verheerende Bild einer schrecklichen Zerstörung aus. Vom Tigerfell vor seinem Ruhebett war nur der Flaum übrig. Der Morgenmantel des Generals war zerfetzt, seine herrlichen Stiefel glichen jetzt eher den Riemchensandalen der alten Griechen. Das feine Saffianleder war ratzekahl aufgefressen. Ilsor wollte dem General die Uniform reichen, doch im Schrank lag nur ein Haufen Lappen.
Im Nachthemd, ohne auf eine neue Uniform aus der „Diavona" zu warten, rannte Baan-Nu mit stockendem Herzen ins Arbeitszimmer. Er ahnte fürchterliches Unheil. Am Abend war er nach der Beschreibung des Kampfes gegen die unsichtbaren Heere so unheimlich müde gewesen, daß er zwar den Punkt hinter das letzte Wort gesetzt, das Manuskript aber nicht wie gewöhnlich in die Aktentasche geschoben und unter seinem Kopfkissen versteckt hatte. Die ganze Nacht über hatte er im Schlaf gegen die Unsichtbaren tapfer gekämpft. Sollte sein Traum etwa prophetisch gewesen sein?
Auf dem Tisch erblickte er einen Berg Papierstaub. Stöhnend faßte sich Baan-Nu an den Kopf und ließ sich in einen Sessel sinken.
Inzwischen war Mon-So zur Meldung erschienen. „Mein General", begann er. „In Ranavir ist alles zerschlagen und zerrissen, was man nur zerschlagen und zerreißen kann. Wahrscheinlich sind diese Erdenbürger angekommen..." Mon-So konnte seinen Satz nicht beenden. Im Türrahmen erschien der Arzt Lon-Gor:
„Mein General", sagte er, „die Mullbinden sind verschwunden, die Thermometer kaputt, alle Pülverchen ausgeschüttet und vermischt. Die Erdenbewohner..." „Was für Erdenbewohner? Lassen Sie mich doch mit Ihren Erdenbewohnern zufrieden!" brüllte der General, denn er konnte sich nicht mehr beherrschen. „,Die Eroberung der Belliora, mein Buch, mein Lebenswerk ist vernichtet", jammerte er, doch die Menviten verstanden ihn nicht.
Eigenartig war, daß in dem allgemeinen Tohuwabohu die persönlichen Gegenstände der Arsaken unberührt blieben. Baan-Nu befahl, die Gefangenen vorzuführen. Ann, Elvina und Mentacho traten ein. Doch die Bewohner des Blauen Häuschens verrieten nichts. Woher sollten sie auch etwas wissen, wenn die Fenster ihres Hauses mit Stahlgittern abgesichert waren, die Tür von außen verriegelt und der menvitische Wachsoldat keinen Schritt von der Vortreppe gewichen war ...
Dann kam der Tag, auf den sich Tim lange und gründlich vorbereitet hatte. Der Knabe zog einen bequemen Trainingsanzug und Stiefel mit weichen Sohlen an, um lautlos auftreten zu können. Er steckte Schraubenschlüssel, Schraubenzieher und Kneifzange ein. An den Gürtel knöpfte er einen Degen in einer Lederscheide. Den Silberreif befestigte er mit einem Riemchen am Kopf, um ihn nicht zu verlieren. Alles schien wohlüberlegt zu sein, doch Ingenieur Cunning ermahnte den Jungen immer wieder zur Vorsicht. Fred sagte:
„Die Fremdlinge wissen nicht, woher Ann kommt. Wenn die Ramerier dich gefangennehmen, merken sie an deiner Größe und Kraft, daß du kein Einwohner von Goodwinien bist."
Tim nickte zu allen Ermahnungen. Ein einziger Wunsch beseelte ihn, so schnell wie möglich fortzukommen. Zum Abschluß riet ihm Fred:
„Wenn sich keine Gelegenheit zu Anns Befreiung bietet, warte lieber ab." Da preßte der Knabe so eigensinnig die Lippen aufeinander, daß man sofort wußte, diese Anweisung Freds würde er auf keinen Fall befolgen. Im stillen hatte Tim schon lange beschlossen, daß, falls Fred ihn nicht ziehen lassen würde, er sich unsichtbar machen und aus der Stadt verschwinden würde. Schließlich trug er ja den Zauberreif auf dem Kopf.
„Ich fürchte, daß du bloß Unheil anrichten wirst!" Fred war beim Abschied sehr besorgt. Endlich saß Tim in der Kabine von Tilli-Willi, und der Riese brachte ihn schnurstracks ins Tal von Hurrikap. Unterwegs fragte der Eiserne Ritter den Jungen immerfort nach Charlie Black. Tim hatte den Einbeinigen Seemann nur selten in Kansas gesehen. Doch da er den Riesen nicht betrüben wollte, dachte er sich unglaublich viele Geschichten über Charlies angebliche Heldentaten in der Großen Welt aus. Wollte man seinen
Worten trauen, so wimmelte es dort von Zauberern und Hexen. Der gutgläubige Riese äußerte seine Begeisterung so lauthals, daß seine dröhnende Stimme viele Meilen im Umkreis zu hören war. Nur gut, daß sie unterwegs kein Helikopter der Außerirdischen bemerkte.
Der Eiserne Ritter versteckte sich im Pavillon von Hurrikap, während Tim, der den Rubinknopf gedreht hatte, sich unsichtbar machte und mutig auf Ranavir zuschritt. Der Älteste der Zwerge, Kastaglio, der die folgenden Tage im Lager der Außerirdischen beschrieb, bezeichnete sie als eine irrsinnige Zeit.
Alles begann damit, daß eine eiserne Tonne mit Brennstoff, die auf einem Hügel unweit der Startplätze stand, plötzlich eine Arbeitsbühne abwärts kollerte. Sie rollte so schnell hinab, daß Flieger und Ingenieure nur mit knapper Not im letzten Augenblick zur Seite springen konnten. Zu allem Übel schlug die Tonne auf den Helikopter von Baan-Nu auf, den der General noch kein einziges Mal benutzt hatte, und zerschmetterte ihn. Es war der beste, luxuriöseste und schnellste Helikopter der Staffel gewesen. Der General eilte persönlich zum Unglücksort. Doch als er am Brunnen vorbeiging, richtete sich urplötzlich der Schlauch auf. Ein kalter Wasserstrahl schlug Baan-Nu gegen Brust und Gesicht. Die neue Paradeuniform des Generals, die nach dem Überfall der Feldmäuse aus dem Reserveteil der „Diavona" geholt worden war, war bis auf den letzten Faden durchnäßt.
Der General wollte etwas sagen, doch immer, wenn er den Mund öffnete, schlug ihm der Wasserstrahl direkt in den Mund, und er japste nach Luft. Wenn der Strahl auf die Erde schlug, zerstob er in kleinste Wasserspritzer, die lustig in allen Regenbogenfarben glitzerten.
Die Rettung kam in Gestalt Ilsors. Er sprang unter den Wasserstrahl und packte den Schlauch, der sich wie eine Schlange wand. Der Anführer der Arsaken hätte schwören mögen, daß im selben Augenblick eine unsichtbare Hand vom Schlauch glitt. Auch glaubte er leise Schritte zu vernehmen, die sich eilends entfernten. Ilsor drehte den Hahn zu und führte den durchnäßten General ins Schloß, um ihm beim Umkleiden behilflich zu sein.
Baan-Nu war außer sich vor Zorn. Doch er wäre wohl vollends vor brennender Scham vergangen, wenn er gewußt hätte, daß der Scheuch in seinem Schloß die ganze Szene von Anfang bis Ende beobachtet hatte.
„Dieser Tim! So ein Prachtkerl!" rief Faramant und klatschte begeistert in die Hände. „Der hat ihm ja ein herrliches Bad gerichtet!"
Der Scheuch sagte mit wichtiger Miene: „Ein au-ßer-or-dent-li-cher Anblick!" Cunning murmelte nervös
„Ich fürchte, daß er Unheil anrichtet!"
Allmählich schien im Lager der Außerirdischen wieder Ruhe einzutreten. Eine Straßenreinigungsmaschine schüttete die riesige Pfütze am Brunnen, wo der General sein unfreiwilliges Bad genommen hatte, mit Sand zu. Doch unvermittelt geriet wieder ganz Ranavir in Aufregung.
Der Schuldige an dem neuen Durcheinander war Baan-Nu persönlich. Bei Gefahr war im Lager ein Signal für Gefechtsalarm vorgesehen. Die Geheimtaste befand sich im Arbeitszimmer des Generals.
Der wieder trockene, aber noch immer zerzauste General, der sich frische Shorts angezogen hatte, beschloß aus unerfindlichen Gründen festzustellen, ob seine Untergebenen zur Abwehr eines unerwarteten Angriffs der Erdbewohner bereit seien...
Wieder wurden die Ramerier aufgeschreckt. Jeder rannte zu seinem vorgeschriebenen Standort. Die Menviten schleppten Feuerlöscher herbei, knipsten an ihren Strahlpistolen, um zu überprüfen, ob sie funktionierten. Die Wachsoldaten aus der Abteilung zur besonderen Verwendung verschlossen die Einstiegsluke des Sternschiffs und zogen wie drohende Standbilder auf Posten.
Tag und Nacht rannten die Ramerier hin und her, um alle Befehle zur Zufriedenheit des Generals zu erfüllen, doch am Morgen erwarteten sie neue Überraschungen. Die Tische und Stühle in dem Raum, in dem die Menviten ihre Mahlzeiten einnahmen, waren zu einer Pyramide gestapelt, deren Spitze an die Decke stieß. Aus dem Zelt der Sklaven waren alle Stiefel auf die Waldwiese gewandert und hatten sich im Kreis angeordnet, als wollten sie einen fröhlichen Reigen eröffnen.
Lachend suchten die Arsaken ihr Schuhzeug zusammen: Da hatte jemand mit ihnen seinen Scherz getrieben, aber er wollte ihnen nichts Böses antun. Auf den Startplätzen hatte man nachts ein Knarren und Knipsen vernommen, doch die Wachsoldaten hatten nichts bemerkt. Dennoch fehlten auf den Armaturenbrettern der Helikopter wichtige Details ...
Baan-Nu befahl, Mentacho vorzuführen. Wütend starrte er ihn an und sagte: „Erdbewohner, erkläre mir den Grund für diese eigenartigen Vorkommnisse." Mentacho bewahrte die Fassung. Ilsor hatte ihm schon den Auftrag des Scheuchs ausgerichtet.
„Was tun, Herr- General! In diesem Jahr haben die Wahnsinnstage früher als gewöhnlich begonnen. Ich konnte Sie nicht rechtzeitig darauf hinweisen!" Schuldbewußt ließ er den Kopf hängen. „Was für Wahnsinnstage?" fragte der General finster.
„Die Wahnsinnstage der Dinge, Herr General! Die haben wir hier in Goodwinien alljährlich. Wir sind schon daran gewöhnt und halten Augen und Ohren offen." „Was heißt, Augen und Ohren offenhalten?"
„Das bedeutet, daß man aufpassen muß, wenn man mit den Dingen zu tun hat. Sie hören auf, sich uns zu fügen und versuchen den Menschen üble Streiche zu spielen. Der Spaten schlägt den Bauern gegen die Stirn, das Geschirr fällt vom Tisch, und die Zäune rund um die Häuser wandern in den Wald..."
„Ihr lebt doch wirklich in einem unzivilisierten Land." Der General schüttelte den Kopf. „Und wie lange dauern diese Wahnsinnstage?"
„Meist ein oder zwei Tage, selten länger. Ich vermute, daß sich die Dinge schon beruhigt haben, General. Es wird alles wieder ruhig und friedlich werden", erklärte der Weber.
Der General entließ Mentacho und dachte lange darüber nach, wieviel Seltsames und Unverständliches es doch auf der Erde gab, Dinge, die niemals auf Rameria geschehen könnten.
Nach den seltsamen Ereignissen in Ranavir waren die Außerirdischen mehr auf der Hut als zuvor. Vorsichtig betrachteten sie alle Gegenstände, denn sie erwarteten von ihnen neue böse Streiche. Wenn sie eine Tür öffneten, glitten sie schnell über die Schwelle, denn sie fürchteten, sie würde ihnen an die Stirn oder an den Hinterkopf schlagen. Diesmal glaubte der General jedoch nicht Mentachos Geschwätz und befahl sicherheitshalber, die Wachposten an den Durchgängen zu verdoppeln und Patrouillen aufzustellen, die stündlich das Territorium des Lagers durchkämmen sollten. Tim geriet dadurch in Schwierigkeiten, und er bedauerte aufrichtig, daß er bei den Versuchen, den Fremdlingen Unannehmlichkeiten zu bereiten, übereifrig gewesen war. Sonst hätte er Ann ungestört entführen können. Jetzt, da die Menviten argwöhnisch geworden waren, wurde das schwieriger. Tim gab die Hoffnung jedoch nicht auf. Hinter einem Holzstoß verborgen, beobachtete er ununterbrochen das Blaue Häuschen. Endlich wurde sein Warten belohnt!
Ann wurde von einem Wachsoldaten aus dem Häuschen zu Hurrikaps Schloß geführt. Offensichtlich brauchte der General neue Informationen.
Ohne zu zögern, sprang Tim hinter dem Holzstoß hervor, packte Ann bei der Hand und flüsterte:
„Komm!"
Der Reif aber schützte nicht nur denjenigen, der ihn auf dem Kopfe trug, sondern auch alle, die der Besitzer berührte, vor fremden Blicken.
Der Menvite, der kein Auge von Ann gelassen hatte, stand starr vor Erstaunen. Die Gefangene, die er eben noch ins Schloß führen wollte, hatte sich in Luft aufgelöst. Ann und Tim liefen davon. Als der Menvite ihre trappelnden Schritte vernahm, brüllte er aus vollem Halse: „Unsichtbare! Haltet die Unsichtbaren! Sie sind hier, ganz in unserer Nähe!"
Im Lager wurde Alarm gegeben. Der Weg zum nächsten Durchgang wurde von einer Abteilung Menviten abgeriegelt. Überall stießen Tim und Ann auf die Außerirdischen. Verwirrt blieb der Knabe stehen, erblickte jedoch zum Glück in der Nähe einen unbesetzten Wachtturm. „Komm auf den Turm dort", flüsterte er Ann zu. Es war nicht leicht, die schmale Treppe zu zweit zu erklimmen und sich dabei unausgesetzt aneinander festzuhalten. Doch den Kindern gelang es. Und das im rechten Augenblick! Die Menviten gingen in Schützenkette durchs Lager, sie hatten sich untergehakt und durchkämmten das Territorium. Doch die unsichtbaren Wesen schienen wie vom Erdboden verschluckt.
Mon-So leitete den Suchtrupp in der Nähe des Wachtturms. Als er bemerkte, daß dort kein Wachsoldat stand, schickte er einen Arsaken aus, um zu überprüfen, ob der Turm tatsächlich unbesetzt war. Behende lief der Arsake die Treppe hinauf. Mucksmäuschenstill standen Ann und Tim auf der Plattform. Der Arsake vernahm sofort ihren aufgeregten Atem, fuhr lässig mit der Hand durch die Luft und rief laut: „Keine Menschenseele, mein Offizier!" Rasch eilte er wieder hinab. Die Suche wurde noch lange fortgesetzt, verlief jedoch ergebnislos. Vielleicht können die Erdbewohner nicht nur unsichtbar, sondern auch unfaßbar werden? überlegte der General unruhig. Aber wie sollen wir da gegen sie kämpfen?
Gegen Abend wurde es im Lager still: Die Bewohner begaben sich zur Ruhe, die Wachsoldaten bezogen ihre Posten.
Ann und Tim stiegen, jedes Geräusch vermeidend, die Treppe hinab und schlüpften an den Wachsoldaten vorbei durchs erstbeste Tor. Dann eilten sie im Laufschritt zum Pavillon, in dem der Eiserne Ritter sie erwartete.
Baan-Nu berief eine Geheimsitzung seines Stabes ein. Von den Arsaken war nur Ilsor anwesend und auch dies ausschließlich in seiner Eigenschaft als Diener des Generals. Zur Eröffnung brachte Baan-Nu einen Hochruf auf den großen und unbesiegbaren Guan-Lo aus. Die Anwesenden erhoben sich von ihren Plätzen, rissen die Arme zum Gruß hoch und schrien dreimal mit heiseren Stimmen: „Gorr-au !"
„Wir müssen endlich mit Goodwinien Schluß machen!" verkündete der General ohne jede Einleitung. „Wir beginnen mit der Smaragdenstadt, dem Herzen von Goodwinien. Wir werden alles in Schutt und Asche legen und die Smaragde an uns bringen. Wir wollen den Erdenbürgern zeigen, wozu wir fähig sind. Bisher haben wir sie lediglich in Erstaunen versetzt, und sie haben versucht herauszufinden, wer wir sind. Fortan sollen sie in Angst und Schrecken leben und vor uns zittern!"
Schweigend ging Ilsor von einem zum anderen, schenkte Getränke ein zu den Früchten und merkte sich jedes Wort.
„Die Operation wird unter der Codebezeichnung ,Schrecken verlaufen. Alle Helikopter sind einzusetzen. Wir bestücken sie mit Bomben. Wenn die Mehrheit der Einwohner getötet ist, zwingen wir den Rest mit unserem Blick zum Gehorsam."
Der General schwieg. Zustimmende Rufe wurden laut.
„Wir werden alle steinreich nach Rameria zurückkehren", versprach Baan-Nu.
Er verschwieg natürlich, daß er längst beschlossen hatte, die Schätze der Smaragdenstadt in seinen persönlichen Besitz zu bringen.
„Mein General!" Ehrerbietig wandte sich der Kommandant der Helikopterbesatzungen Mon-So an BaanNu: „Nachdem der unsichtbare Feind bei uns gewesen ist, sind fast alle Helikopter fünktionsuntüchtig."
„Wie lange brauchen Sie zur Reparatur?" fragte der General.
„Bei angespannter Arbeit nicht unter zehn Tagen", entgegnete jener.
Diese Antwort erfreute Ilsor. Die Zeit würde ausreichen, um alles weiterzumelden und
neue Pläne zu schmieden.
In einem Ton, der keine Widerrede zuließ, sagte der General „Die Helikopter müssen fristgemäß fertiggestellt sein. Setzen Sie alle Leute zur Reparatur ein und beschaffen Sie die notwendigen Ersatzteile. Für die Ausführung dieses Befehls sind sie, Mon-So, und du, Ilsor, persönlich verantwortlich." „Zu Befehl, mein General." Der Staffelkommandeur Mon-So neigte den Kopf. Ilsor, der sich wieder als Cheftechniker fühlte, verneigte sich tief. Damit war die Sitzung beendet.