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Die Nachricht von der Tragödie verbreitete sich schnell durch London und alsbald über die ganze Welt. Es war eine verwirrende Geschichte, die Details widersprachen sich, und zwei Tage lang strömten die Reporter ins City Hospital, um die Ärzte zu befragen – um herauszubekommen, was geschehen war. Und wie es geschehen war.

Am Morgen des zweiten Tages kam eine Gruppe von Ärzten und Schwestern in das Zimmer und warteten auf die Fernsehkameras, damit sie ihre Meinung zu dem Fall loswerden konnten.

Es war ein südafrikanischer Arzt, der vom Groote-Schuur-Hospital in Capetown eingeflogen worden war und der als letzter sprach.

»Ich möchte Ihnen gern mitteilen … daß der Tod um 8 Uhr 30 heute vormittag eintrat. Unsere Bemühungen, das Leben zu retten, waren zwecklos, denn die Verletzungen waren so stark, daß nichts mehr getan werden konnte.«

Die versammelten Reporter begannen zu murmeln und der Doktor wartete, bis es wieder still geworden war.

»Es werden keine weiteren Verlautbarungen mehr herausgegeben. In der All Saints Church, vor der sich die Tragödie ereignete, wird eine Messe für den Toten gelesen werden, dann soll der Leichnam zur Bestattung in die Vereinigten Staaten gebracht werden.«

In New York City wartete die Reihe der Limousinen am JFK. Die beiden Särge standen auf einem Wagen und wurden über den Highway zum Friedhof gefahren. Polizisten auf Motorrädern machten den Weg frei. Der Friedhof war überfüllt, als die Wagen ihn erreichten; die Neugierigen und die Trauernden wurden von Sicherheitsbeamten zurückgehalten, als die Trauergäste zum offenen Grab geführt wurden.

Ein Priester in einer weißen Robe trat an die Särge, die mit der amerikanischen Flagge bedeckt waren. Musik erklang, als die Särge zu den offenen Gräbern gebracht wurden. Ein Beauftragter prüfte die Tragriemen, in denen die Särge hingen, und ließ sie ein wenig herunter, ehe die Lobpreisung begann.

»Wir betrauern heute gemeinsam«, intonierte der Priester. »den vorzeitigen Tod unseres Bruders und unserer Schwester, die einen Teil von uns auf ihre Reise in die Ewigkeit mitnehmen. Laßt uns nicht um sie trauern, die jetzt in die ewige Ruhe eingegangen sind. Trauern wir um uns, denn wir werden sie vermissen. Ganz gleich, wie kurz ein Leben ist, es ist ein erfülltes Leben, und wir müssen für die kurze Zeit dankbar sein, in der sie unter uns weilten.«

Die Menge schwieg; einige weinten, andere beschatteten ihre Augen vor der Sonne.

»Wir verabschieden uns von einem großen Manne … der in Wohlstand und Sicherheit geboren wurde … dem alles gegeben war, was sich Menschen nur ersehnen können. Aber gerade hier sehen wir, daß irdische Wohltaten nicht genügen.«

Draußen vor den Toren des Friedhofs beobachteten und fotografierten die Reporter unermüdlich. Eine kleine Gruppe unter ihnen stand abseits. Man unterhielt sich über die Tragödie des Ehepaars Thorn.

»Sonderbar, was?«

»Was ist daran sonderbar? Es sind ja nicht zum erstenmal Leute auf der Straße ermordet worden.«

»Was ist eigentlich mit dem Burschen, der gesehen hat, wie sie auf der Treppe miteinander kämpften? Der Kerl, der die Polizei anrief?«

»Ach, der war besoffen. Sie machten einen Blutalkoholtest, und er hatte eine ganze Menge intus.«

»Ich weiß nicht«, sagte der dritte. »Für mich ist das alles ein bißchen merkwürdig. Was machen sie um diese Zeit an der Kirche?«

»Seine Frau starb doch vor ihm. Vielleicht wollten sie beten.«

»Was für ein Verrückter würde wohl einen Mord auf den Stufen einer Kirche begehen?«

»Die Welt ist voll davon. Glauben Sie’s mir.«

»Ich weiß nicht«, meinte der erste. »Sieht fast so aus, als ob irgend etwas vertuscht werden sollte.«

»Wäre ja nicht das erstemal.«

»Und bestimmt nicht das letztemal.«

Langsam wurden die beiden Särge ins Grab hinuntergelassen. Der Priester hob beide Arme zum Himmel. Unter den versammelten Trauergästen war ein Paar, das abseits der anderen stand und das von Männern in Zivil umgeben war, die die Menge scharf beobachteten.

Da war ein Mann, würdevoll und stattlich, und eine Frau mit einem schwarzen Schleier vor dem Gesicht. Sie hielt einen vier Jahre alten Jungen an der Hand, dessen Arm in einer Schlinge lag.

»Und während wir Jeremy und Katherine Thorn zur ewigen Ruhe betten«, sagte der Priester. »wenden wir uns ihrem Kind Damien zu, dem einzigen Überlebenden dieser einstmals großen Familie, das nun in einer anderen Familie leben wird. Möge er die Liebe erwidern, die sie ihm schenken werden, möge er der rechte Nachfolger seines Vaters werden. Ein leuchtendes Vorbild für uns alle – für die Menschheit.« Damien lächelte.

Damien beobachtete, wie die beiden Särge hinabgelassen wurden. Er umklammerte fest die Hand der Frau an seiner Seite.

»Möge Gott dir, Damien Thorn, seinen Segen und seine Gnade schenken … möge dich Christus ewig lieben.«

Aus dem wolkenlosen Himmel kam ein entferntes Donnergrollen, und die Menge begann sich langsam zu zerstreuen. Die Leute, die von den Polizisten in Zivil umgeben waren, warteten, bis alle gegangen waren, dann näherten sie sich dem Grab, und das Kind kniete sich hin, um zu beten. Es lächelte.

Die Leute drehten sich um und betrachteten das Kind. Viele weinten. Schließlich erhob Damien sich und ging mit seinen neuen Eltern langsam dem Ausgang zu. Die Polizisten bildeten einen Kreis um die kleine Gruppe und begleiteten sie vom Grab bis zu der Limousine des Präsidenten.

Vier motorisierte Polizisten folgten dem Wagen, und die Fotografen machten Aufnahmen von Damien, welcher mit großen Augen durch das hintere Fenster des davonfahrenden Automobils schaute.

Die Fotografen aber werden einen Flecken entdecken -eine schadhafte Stelle in der Filmemulsion, der auf der Vergrößerung wie ein schleierhaftes Etwas aussieht.



ENDE

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