In der Chronik von Nowo Korsaki verzeichnete man bisher sechs Überfälle, die Ruhestörungen in diesem paradiesischen Ort darstellten. Da war zunächst der historische Kosakeneinfall, der nach einiger Zeit dank der Aktivität und der Vorzüge der korsakischen Frauen kläglich in Desertion und Kolonisation endete und dem kleinen Ort zu einem unerwarteten Aufschwung verhalf. Die Überfälle Nr. 2–4 gingen auf das Konto herumstreifender Banden ausgebrochener Sträflinge und Abenteurer, die Sibirien als das große Land der Freiheit ansahen, wo jeder jeden umbringen konnte, wenn daraus nur Nutzen zu ziehen war. Diese Überfälle endeten ebenfalls kläglich. Die Nachkommen der Kosaken setzten den Banditen nach, fingen sie ein, gruben sie bis zum Hals in die Sümpfe ein, bestreuten ihre Häupter mit Zucker und wünschten dann den Delinquenten alles Gute. Nach zwei Wochen waren die Köpfe von riesigen Mük-kenschwärmen und Ameisenheeren abgenagt, und auch Füchse und Marder hatten die Abwechslung im Speiseplan geschätzt.
Überfall Nr. 5 war ein Irrtum: Rote Revolutionstruppen durchzogen das Gebiet von Nowo Korsaki, fanden es sehr destruktiv, daß im ganzen Ort keine rote Fahne aufzutreiben war, dagegen eine Kirche ihre Augen beleidigte, plünderten als Beitrag zur Aktion Befreiung vom Zarenjoch< den Ort und schenkten ihm dann eine rote Fahne. Sie stand noch heute im Parteihaus. Kasutin blickte sie ab und zu sinnend an und hütete sich, sie bei offiziellen Feiern ans Licht zu tragen.
Der sechste Überfall galt einem Transport. Aus Magnitogorssk hatte man die Lieferung von Strümpfen, Pullovern, warmen Hosen und anderen schönen Dingen angekündigt. Nowo Korsaki freute sich schon Tage im voraus auf diesen Segen der Planwirtschaft, der nun endlich auch diesem Teil Sibiriens zuteil werden sollte — aber der Lastwagen kam nie an. Suchtrupps, die verzweifelt die Gegend durchkämmten, entdeckten endlich den völlig ausgeraubten Wagen in einer Schlucht, doch auch die beiden Fahrer blieben verschwunden, was sehr verwunderlich war. Im allgemeinen läßt man Tote bei solchen Überfallen liegen. Man hat gar keine Zeit, sich um eine Beseitigung zu kümmern. So ergab sich also der Verdacht, daß die beiden Fahrer selbst das große Geschäft gemacht hatten und nun irgendwo im Süden zufrieden lebten. Da aber die nächste Sonderzuteilung für das Magazin in weiter Ferne lag, betrachtete man den sechsten Überfall als einen der schlimmsten, denn der Verzicht auf warme Unterhosen schmerzt jeden.
Und nun geschah in Nowo Korsaki der siebte Überfall. Eine kleine Sache, mehr intim und privatim, aber immerhin. Eine unbekannte Anzahl von Eindringlingen warf sich in tiefer Nacht auf den in seinem Bett schlafenden Geologen Jankowski, stülpte ihm einen Sack über den Kopf, fesselte ihn und stieß ihn aufs Bett zurück. Das geschah alles sehr schnell, fast lautlos, und Jankowski war auch viel zu überrascht, um an sofortige Gegenwehr zu denken. Bis er die Überlegenheit seiner sportlichen Muskeln ausspielen wollte, war er bereits bewegungsunfähig. Um Hilfe zu schreien, war ihm zuwider. erstens hätte es niemand gehört, und zweitens paßte es nicht zu seinem Charakter.
Er wartete, lag still, lauschte auf verräterische Geräusche, hörte Männer keuchen und hüsteln, schnaufen und murmeln. Stiefel scharrten, jemand setzte sich ächzend und rieb sich die Hände an den Hosenbeinen.
«Wenn ihr glaubt, Genossen, bei mir sei ein Haufen Rubel zu holen, dann kennt ihr nicht den sozialen Status eines kleinen Geologen«, sagte Jankowski, als niemand einen Laut von sich gab.»Mich aus-rauben zu wollen, ist geradezu lächerlich.«
«Wo haben Sie die Bilder?«fragte eine dumpfe, sichtlich verstellte Stimme. Es war die von Väterchen Akif, der eine Nuß zwischen die Zähne geklemmt hatte, um jegliche Ähnlichkeit mit seiner normalen Stimme zu unterbinden. Dr. Lallikow hatte sich vorgenommen, mit einer Fistelstimme zu sprechen. Kasutin wollte grunzen. Babajew, der vor Angst zitterte, hatte sich für eine dünnere Frauenstimme entschieden.
«Welche Bilder?«fragte Jankowski ehrlich erstaunt.
«Ihre Fotos.«
«Meine künstlerischen Aufnahmen?«
«Eben diese«, fistelte Dr. Lallikow.
Jankowski dachte angestrengt nach. Daß ihn jemand überfiel, um seine Fotos zu stehlen, war mehr als idiotisch. Was sollte jemand, der nicht auch ein Buch wie er plante, mit einem fotografierten Kieselstein oder einem vergrößerten Fliegenbein anfangen? Da konnte es sich nur um einen Irrtum handeln… der Sinn des Überfalls hatte eine andere Richtung, aber welche? Oder vermutete man politische Fotos bei ihm? Glaubte man, er mache Spionageaufnahmen?
Jankowski wurde hellwach unter seinem ihm über den Kopf gestülpten Sack. Er kannte nicht die Methoden des KGB, aber er wußte, daß solche Maßnahmen, wie sie jetzt an ihm angewendet wurden, nicht zur Verhörpalette gehörten. Wenn es um die Fotos ging, um diesen speziellen Verdacht, dann konnten es nur Regimegegner sein, die bei ihm nutzbare Geheimnisse vermuteten.
«Ihr könnt sie euch ansehen, Genossen«, sagte Jankowski.»Sie liegen in den beiden Schubladen der Kommode. Aber laßt sie bitte sortiert. Ich habe sie schon zu Themen zusammengefaßt.«
Väterchen Akif und Kasutin nickten sich zu. Während Dr. Lalli-kow und Babajew den Gefesselten bewachten, sichteten nun Akif und Kasutin die Fotoabzüge, hielten die Negative gegen eine Lampe und kamen dabei ins Schwitzen.
Was sie suchten, war nicht darunter. Zwar gab es Fotos von Rimma Ifanowna, Stella Gawrilowna, Galina Iwanowna, der schönen Wit-we Sitkina, der Zwetkowa und sogar von Dunja Sergejewna und auch noch von vielen anderen Mädchen aus dem Ort, aber sämtliche Aufnahmen waren so harmlos wie die Fotos von Kuhaugen oder den Staubgefäßen einer Lilie. Alle Damen waren sittsam angezogen, immer mit Blumen garniert, lächelten mehr oder weniger dumm, standen, saßen, hockten, knieten in den verschiedensten Haltungen herum und strengten sich an, Eingang in das Fotobuch von Jankowski zu finden.
Akif Victorowitsch wandte sich zum Bett und rollte seine Nuß zwischen den Zähnen.»Wo sind die anderen Fotos?«fragte er dumpf.
«Welche?«fragte Jankowski zurück.»Ich weiß ja nicht, was ihr angesehen habt, werte Genossen.«
«So ziemlich alles«, keuchte Kasutin.»Bis auf die Mappen 23 und 24.«
«Da sind nur Aufnahmen vom Salzsee drin.«
«Und die anderen?«fistelte Dr. Lallikow.
«Ich habe keine Ahnung, was ihr sucht.«
«Die Nacktaufnahmen«, piepste Babajew.
«Welche Nacktaufnahmen?«fragte Jankowski, nun wahrhaftig mehr betroffen als verwundert.
«Das wissen Sie schon«, brummte Väterchen Akif.
«Ihr verwirrt mich total, Genossen. Ich weiß wirklich nichts von einer Nacktaufnahme.«
«Sie wissen nichts von einer Aufnahme einer nackten, rasierten, enthaarten Frau?«Kasutin schwitzte vor Erregung wie ein gejagter Gaul.
«Von Stella Gawrilowna?«stieß Mamedow nach und verkrampfte die Hände ineinander.
«Wieso soll die rasiert sein? Gerade weil sie so schöne schwarze Haare hat, habe ich sie fotografiert, ebenso wie ich Rimma Ifanowna und viele Mädchen und Frauen fotografiert habe. Ich will eine Gegenüberstellung machen: Die Schönheit der Natur — die Schönheit des Menschen. Ihr glaubt gar nicht, wieviel Schönheit es in Nowo Korsaki gibt.«»Wir wissen es«, grunzte Kasutin.»Wo sind die Nacktaufnahmen?«
«Ich habe keine Nacktaufnahmen!«beteuerte Jankowski zum wiederholten Male.»Was wollt ihr überhaupt?«
«Es gibt Bilder mit einer Frau ohne Kopf.«
«Nein! Nicht von mir!«
«Wie er lügt!«fistelte Dr. Lallikow.»Infam! Nur Körper! Glatt, unbehaart! Wie er lügt!«
Durch Jankowski fuhr ein Blitz der Erkenntnis. Er zögerte, sagte sich, daß so etwas nicht möglich sei, aber daß er hier gefesselt lag, bewies ihm, daß nichts zu irrsinnig war, als daß es von Menschen nicht dennoch in Szene gesetzt werden konnte.
«Nein…«, sagte er stockend.»Genossen… wenn ihr das meint. O Gott, ist das möglich? Ihr lieben Brüder, wenn ich gleich das Bett nässe, dann deshalb, weil mir vor Lachen die Blase platzt. Nein, das kann doch nicht sein!«
Jankowski lachte plötzlich, sein gefesselter Körper bebte, sein vom Sack verhüllter Kopf schlug in das Kissen. Kasutin und Dr. Lalli-kow starrten sich an, Väterchen Akif stand am Fenster und blickte stumm in die Nacht, Babajew hockte auf einem Stuhl und knackte mit den Fingergelenken.
«Benehmen Sie sich vernünftig!«fistelte Dr. Lallikow nach einer Weile erregt und stieß Jankowski die Faust gegen die Rippen.»Was ist mit der Nackten ohne Kopf?«
«Der Kopf war nicht wichtig. Mir kam es auf die Körperformen an.«
«Natürlich. Keiner sollte die Witwe Sitkina erkennen.«
«Es handelt sich nicht um Alla Philippowna«, lachte Jankowski.
«Dann doch um Stella Gawrilowna?«stöhnte Väterchen Akif.
«Nein, um die Puppe Leila.«
«Eine Puppe?«In der Stimme Dr. Lallikows klangen Widerwillen und Ekel.»Er rutscht in die Sprache der Bordelle ab. Puppe!«
«Zum Weinen!«stöhnte der Pope.»Ich kann nur sagen: zum Weinen!«
«Leila ist Teil eines ganz neuen, separaten Buches«, erklärte Jan-kowski und schüttelte sich immer noch vor Lachen.»Da habe ich gerade erst mit dem Sammeln begonnen. >Die Kunst der Puppe<, will ich das Buch nennen. Ich werde Fotos von Puppen bringen. Puppen aus Porzellan, aus Plastik, aus Gips, aus Polyester, aus Ton, aus Zelluloid, eben aus allem, was heute zur Herstellung von Puppen herangezogen wird. Es gibt dabei so enorm künstlerische Gestaltungen, so detailgetreue, verblüffend menschliche.«
Dr. Lallikow starrte den armen Babajew mit einem Blick an, der dessen Knochen erweichte.
«Und wer ist Leila?«lispelte er.
«Sie wurde nach Swerdlowsk geliefert. In das Kaufhaus. Für die Modeabteilung. Eine Schaufensterpuppe aus Polyester. Unheimlich naturgetreu. Ich habe versucht, in fotografischen Details dieser Vollendung nahezukommen.«
«Sie sind ein großer Künstler, Jankowski«, fistelte Dr. Lallikow und erhob sich vom Bettrand.»Ihre Fotobücher müssen den Erfolg haben, den sie verdienen. Verzeihen Sie unseren nächtlichen Besuch, und betrachten Sie ihn als Irrtum, den wir bedauern. Victor Sem-jonowitsch, Sie werden Ihren Weg machen.«
Er wandte sich zur Türe die anderen folgten ihm stumm und ließen Jankowski in einer ziemlich ratlosen Verfassung zurück. Er hatte es aber nicht schwer, sich von den Fesseln und dem Sack zu befreien, doch als er ins Freie stürzte, war nichts mehr zu sehen. Das Rätsel dieser Nacht würde bleiben.
Im Zimmer des Popen fand eine halbe Stunde später eine kurze Besprechung statt. Kasutin stand da wie ein Scharfrichter und bemühte sich nicht, das nervöse Zucken in seinem Gesicht zu unterdrücken.
«Eine Puppe!«schrie er.»Welche Blamage! Wir sind auf eine Puppe hereingefallen! Mir stockt der Atem! Genosse Dr. Lallikow, wie ist es möglich, daß Sie als Arzt nicht sahen, daß es sich um eine Puppe handelte?«
«Fragen Sie mich nicht!«brüllte Lallikow zurück.»Soll das eine
Inquisitionsverhandlung sein?«
«Schenken Sie sich Ihre Fremdworte!«bellte Kasutin.»Wir alle stehen da wie die größten Vollidioten! Eine Puppe! Natürlich ohne Haare! Und ein Arzt erkennt das nicht!«
«Ich verbitte mir das!«kreischte Lallikow.»Hätte Babajew nicht einen solchen Wirbel um diese Fotos gemacht, hätte er uns nicht alle geblendet mit seinen Verdächtigungen. man ist ja ganz unzurechnungsfähig geworden!«
«Ja! Babajew!«Akifs Bart sträubte sich.»Welch eine Verworfenheit in diesen Gedanken! Welch eine Sturmflut von Beleidigungen! Die ehrsamsten Mädchen und Frauen hat er besudelt! Nikita Romanowitsch, was Sie da getan haben, öffnet Ihnen den Schlund der Hölle.«
«Was habe ich denn getan?«wehrte sich der arme Babajew. Er hüpfte im Zimmer herum wie ein Känguruh und war einem Herzanfall nahe.»Ja, was habe ich denn getan? Ich habe die Vergrößerungen lediglich dem Genossen Parteisekretär gezeigt, und Pjotr Demen-tijewitsch hat erklärt: >Das ist ja eine Sauerei!< Von ihm kam der Anstoß! Er hatte den ersten geilen Gedanken!«
«Babajew, noch ein Wort, und ich lasse Sie einsperren!«brüllte Kasutin.»Die Grundidee stammte von Ihnen! Sie haben das Gift ausgestreut, an dem wir uns alle den Magen verdarben! Wir sind genauso Opfer wie der arme Jankowski! Wobei es mir rätselhaft bleibt, wieso man sagen kann: >Das könnte Rimma Ifanowna sein. Dieser feste Busen…< Und dabei ist es nur eine Puppe.«
«Warum starren Sie mich dabei wie ein Bock an?«fuhr Dr. Lallikow hoch.»Ich betone es noch einmal: Diese Polyesterpuppe war so naturgetreu hergestellt, so hervorragend fotografiert im Detail, daß man — rechnet man unsere innere Empörung hinzu — leicht einem Irrtum verfallen konnte. Hinzu kam das Auftauchen der Enthaarungscreme in Nowo Korsaki.«
«Meine lieben Söhne!«Väterchen Akif hob beide Hände. Die anderen verstummten schweratmig und am Rande nervlicher Zusammenbrüche.»Zerfleischen wir uns nicht selbst. Tätige Reue ist angebracht. Sind wir froh, daß ein sehr strittiges Problem sich in dieser Glätte gelöst hat. Ist das nicht als Erfolg anzusehen? Ist das Ganze kein Beweis für die unversehrte Moral aller Frauen hier, ohne jede Ausnahme? Stolz sollte uns das machen! Wie sauber steht Nowo Korsaki nun wieder da? Wir sollten dankbar sein — nicht uns gegenseitig den Satan an den Hals wünschen. Die allgemeine Unschuld wurde nachgewiesen — das ist ein Hosiannah wert.«
«So kann man es auch sehen«, sagte Dr. Lallikow beruhigt.»Väterchen Akif, Sie sind ein ungewöhnlicher Mensch. Darf ich Sie für übermorgen zu einem herrlichen Braten einladen?«
«Vergelte es Ihnen Gott. «Akif Victorowitsch sah den noch immer bebenden Babajew an.»Du hast nur deine vermeintliche Pflicht getan, mein Sohn. Ein stets waches sittliches Bestreben ist lobenswert«, sagte er nun plötzlich zu ihm.
«Ich verzichte auf eine kirchliche Manöverkritik«, ließ sich Kasutin vernehmen und winkte mit beiden Händen ab.»Ich stelle nur fest, daß wir alle Rindviecher waren — aber das bleibt unter uns. Wir sind ja nicht nur Genossen, sondern auch Freunde. Dafür wissen wir jetzt zuviel voneinander.«
Er sah Babajew, von dem alles Übel ausgegangen war, an, verzichtete darauf, ihm wenigstens vor die Schuhe zu spucken, und verließ das Popenhaus.
Auf dem Weg zum Parteihaus begegnete er Jankowski, der ihm aufgeregt zuwinkte.
«Gut, daß ich Sie treffe, Pjotr Dementijewitsch«, sagte Jankowski atemlos.»Ich bin auf dem Weg zur Miliz. Ich habe eine Anzeige zu machen. Vor einer halben Stunde hat man mich in meinem Bett überfallen.«
Unter Kasutins Haarwurzeln begann es zu brennen.»Sind Sie sicher?«fragte er heiser.»Haben Sie nichts Falsches geträumt, Genosse?«
«Kann man träumen, gefesselt zu werden und einen Sack über den Kopf gestülpt zu bekommen?«
«Man kann ungeheuer plastisch träumen.«
«Bleiben dann die Stricke und der Sack zurück?«
«Wohl kaum. «Kasutin seufzte ergeben.»Gehen wir gemeinsam zur Miliz. Diesen gemeinen Überfall werden wir mit aller Strenge untersuchen. Wir werden alles unternehmen. - Was wollte man denn von Ihnen?«
«Nichts. Das ist es ja, absolut nichts. Ein Rätsel.«
«So ist es oft«, sagte Kasutin weise und erinnerte sich der Worte des Popen Mamedow.»Wir Menschen haben die nicht erklärbare Gabe, mit Nichtigkeiten Welten durcheinanderzubringen. Überlegen wir es uns doch noch einmal, mein lieber Victor Semjonowitsch, ob wir überhaupt eine Klage einreichen wollen.«
Das fragte sich Jankowski auch, ließ seinen Entschluß fallen, rätselte aber später noch lange daran herum, warum man ihm meuchlings ans Leder hatte wollen. Er lebte angenehm in Nowo Korsaki, der Pope Mamedow, der Arzt Dr. Lallikow, der Fotograf Babajew, der Parteisekretär Kasutin, der Apotheker Dudorow, der dicke Zwet-kow, überhaupt alle Menschen waren freundlich zu ihm, luden ihn zum Essen ein, tranken mit ihm Wein und Wodka, ließen ihn jagen und brachten ihm Körbe mit Geschenken ins Haus. Dennoch fühlte er sich nicht mehr richtig wohl in der Stadt, beendete seine geologischen Forschungen und zog nach Swerdlowsk.
Man darf das Victor Semjonowitsch nicht übelnehmen, denn — so frage ich — was ist denn das für eine Welt, in der man noch nicht einmal ungestraft eine nackte Schaufensterpuppe fotografieren kann?