Ben Rainsford flog kurz danach zum Beta-Kontinent zurück, Gerd van Riebeek blieb in Mallorys Port. Die Polizisten vom Revier Fünfzehn hatten für ihre Fuzzys stählerne Schwert-Schaufeln hergestellt und berichteten von einem merklichen Rückgang der Garnelenplage. Sie fertigten ihnen auch einen Satz verkleinertes Tischlerwerkzeug an, womit sich ihre Fuzzys aus alten Kisten und Brettern ein Haus zimmerten. Ein Paar Fuzzys tauchte auch in Ben Rainsfords Lager auf, der sie adoptierte und ihnen die Namen Flora und Fauna gab.
Ein jeder hatte jetzt Fuzzys, und Pappi Jack hatte nur Baby. Er lag auf dem Boden seines Wohnzimmers und lehrte Baby Knoten binden. Gus Brannhard, der den größten Teil des Tages in dem Büro des Gerichtsgebäudes verbrachte, das man ihm in seiner Eigenschaft als Sonderankläger zur Verfügung gestellt hatte, flegelte in einem Lehnstuhl in einem rot-blauen Nachtanzug und rauchte Zigarren, trank Kaffee. Sein Whiskykonsum war bis auf zwei Drinks pro Tag zurückgegangen, und im Augenblick studierte er auf zwei Lesegeräten zugleich juristische Texte, wobei er hin und wieder Bemerkungen in ein Diktiergerät sprach. Gerd saß am Schreibtisch, wo er große Mengen Papier verbrauchte, um etwas mittels Logikkalkül zu lösen. Plötzlich knüllte er einen Bogen zusammen, warf ihn fluchend auf den Boden. Brannhard sah von seinen Bildschirmen auf.
»Was ist los, Gerd?«
Gerd fluchte erneut. »Wie zum Teufel kann ich beweisen, daß Fuzzys verallgemeinern können?« fragte er. »Und wie soll ich nachweisen, daß sie abstrakt denken können? Ja, wie soll ich beweisen, daß sie überhaupt Ideen haben? Hölle und Teufel, wie kann ich glaubwürdig nachweisen, daß ich bewußt denke?«
»Arbeiten Sie immer noch an der Idee, die ich erwähnte?« fragte Brannhard.
»Bisher, ja? Sie war nicht schlecht, aber…«
»Angenommen, wir kümmern uns um bestimmte Abschnitte des Verhaltens der Fuzzys und präsentieren sie als Beweise für vorhandene Vernunft«, schlug Brannhard vor. »Zum Beispiel diese Beerdigung.«
»Trotzdem werden sie darauf beharren, daß wir Vernunft definieren.«
Das Visif on summte. Baby Fuzzy sah gleichgültig auf und wandte sich dann wieder dem Knoten zu, den er soeben fabriziert hatte. Jack stemmte sich aus seinem Sessel und schaltete das Gerät ein. Es war Max Fane, und zum erstenmal seit Jack ihn kannte, war der Marshal erregt.
»Jack, haben Sie die neuesten Nachrichten gehört?«
»Nein. Ist etwas passiert?«
»Bei Gott, ja! Die ganze Stadt wimmelt von Polizisten, die Fuzzys jagen; sie haben Anweisung, auf sie zu schießen. Nick Emmert ist gerade im Fernsehen aufgetreten und hat eine Belohnung ausgesetzt — fünftausend Sols pro Stück, tot oder lebendig.«
Es dauerte ein paar Sekunden, bis sie begriffen. Dann bekam Jack Angst. Gus und Gerd waren aufgesprungen und drängten sich jetzt hinter Jack vor den Bildschirm.
»Sie haben da einen Verrückten aus dem Lager von der East Side gefunden, der behauptet, die Fuzzys hätten seine zehnjährige Tochter verletzt«, sagte Fane. »Die beiden sind jetzt im Polizeihauptquartier und haben ihre Geschichte den Reportern von der Zarathustra News und der Überregionalen Agentur erzählt. Natürlich werden beide von der Gesellschaft kontrolliert; sie strahlen das aus, was das Zeug hält.«
»Hat man die beiden unter dem Lügendetektor verhört?« wollte Brannhard wissen.
»Nein, und die Stadtpolizisten lassen niemanden an sie heran. Das Mädchen sagt, daß sie draußen im Freien gespielt habe, und die Fuzzys wären auf sie losgegangen und hätten mit Stöcken auf sie eingeschlagen. Ihre Verletzungen werden genau genannt — mehrfache Blutergüsse, Bruch des Handgelenks und ein Schock.«
»Das glaube ich nicht! Sie würden nie ein Kind angreifen!«
»Ich möchte das Mädchen und ihren Vater sprechen«, sagte Brannhard. »Ich werde verlangen, daß sie ihre Aussagen unter dem Detektor machen. Das ist doch ein Schwindel, Max! Da gehe ich jede Wette ein! Und genau im richtigen Zeitpunkt — eine Woche vor der Verhandlung.«
Vielleicht hatten die Fuzzys mit dem Mädchen spielen wollen, und sie hatte Angst bekommen und einen von ihnen verletzt. Ein zehnjähriges Kind wirkte auf einen Fuzzy gefährlich groß, und wenn sie sich bedroht fühlten, würden sie sich wütend wehren.
Aber eines stand jetzt auch fest — sie lebten noch und befanden sich in der Stadt. Das war eine Sache — gleichzeitig schwebten sie in größerer Gefahr als je zuvor; das war das andere. Fane fragte Brannhard, wie schnell er fertig sein könnte.
»In fünf Minuten? Gut, ich werde Sie abholen«, sagte er dann. »Bis nachher.«
Das Kind, Lolita Lurkin, hatte gegen einundzwanzig Uhr vor dem Haus gespielt, als plötzlich sechs Fuzzys, alle mit Keulen bewaffnet, angeblich auf sie eingedrungen waren. Ohne dazu provoziert worden zu sein, hätten sie sie zu Boden gezerrt und geschlagen. Ihre Schreie hatten ihren Vater herbeigerufen, der die Fuzzys vertrieben hatte. Die Polizei hatte beide, das Mädchen und ihren Vater, Oskar Lurkin, ins Polizeihauptquartier gebracht, wo sie ihre Geschichte erzählt hatten. Die Stadtpolizei, die Polizei der Gesellschaft und Konstabler kämmten jetzt mit Unterstützung von bewaffneten Bürgern die östliche Stadthälfte ab; Generalresident Emmert hatte sofort eine Belohnung von fünftausend Sol angeboten…
»Das Kind lügt. Und wenn sie erst unter einem Detektor sitzt, wird sich das erweisen«, sagte Brannhard. »Emmert, Grego oder beide zusammen haben diese Leute bestochen, damit sie solche Geschichten erzählen.«
»Oh, davon bin ich überzeugt«, sagte Gerd. »Ich kenne das Viertel — eine Slumgegend. Ruth hat dort oft für die Jugendgerichtshilfe gearbeitet.« Er schwieg kurz, fügte dann hinzu: »Für ein paar hundert Sol tun die Leute dort alles, besonders, wenn die Polizei vorher ihr Einverständnis signalisiert.«
Er schaltete das Gerät auf den Kanal von Interworld News um, die die Jagd auf die Fuzzys von einem Gleiter aus verfolgte und übertrug.
Die Interworld News war ganz auf der Seite der Fuzzys; der Reporter berichtete in äußerst sarkastischem Ton über die ganze Angelegenheit. Mitten in eine Aufnahme von Jägern blendete man im Studio ein Bild der Fuzzys ein, das im Lager aufgenommen worden war. Sie warteten darauf mit bettelnder Miene auf ihr Frühstück.
»Das«, sagte dann eine Stimme, »sind die schrecklichen Ungeheuer, vor denen uns all diese tapferen Männer beschützen wollen.«
Ein paar Sekunden später peitschte ein Schuß auf, und Jack schlug angesichts einer einsetzenden Schießerei das Herz bis zum Hals. Der Gleiter des Senders raste sofort in die entsprechende Richtung, und als er am Ort des Geschehens eintraf, waren die Waffen bereits wieder verstummt. Eine Menschenmenge drängte sich um etwas Weißes, das am Boden lag. Jack mußte sich zwingen, weiter zuzusehen, dann atmete er hörbar erleichtert auf: Es war nur eine Zaraziege, ein dreigehörntes domestiziertes Huftier.
In diesem Augenblick summte das Visifon.
»Ich habe gerade mit Richter Pendarvis gesprochen«, berichtete Gus Brannhard. »Er erläßt eine einstweilige Verfügung, die es Nick Emmert untersagt, Belohnungen auszuzahlen, es sei denn für lebende, unverletzt an Marshal Fane übergebene Fuzzys. Gleichzeitig gibt er eine öffentliche Warnung heraus, daß jeder, der Fuzzys tötet, mit einer Klage wegen Mordes zu rechnen hat, solange ihr Status noch nicht geklärt ist.«
»Das ist großartig, Gus! Haben Sie das Mädchen oder ihren Vater schon gesprochen?«
Brannhard verzog das Gesicht. »Das Mädchen ist in einem Krankenhaus der Gesellschaft, in einem Privatzimmer. Die Ärzte lassen niemanden zu ihr vor. Ich nehme an, daß Emmert ihren Vater in der Residenz versteckt hält. Und ich habe auch die zwei Polizisten nicht auftreiben können, die sie ins Präsidium gebracht haben, genausowenig wie den Sergeanten, der die Anzeige aufgenommen hat. Alle sind verschwunden. Max hat zwei Leute zur East Side geschickt, die herausfinden sollen, wer die Polizei überhaupt alarmiert hat. Vielleicht kommen wir auf diese Weise weiter.«
Die Anweisungen des Oberrichters wurden wenige Minuten später gesendet; ein paar Minuten darauf brach die ganze Fuzzyjagd zusammen. Die Polizisten beider Lager gaben sofort auf. Einige Bürger machten noch etwa zwanzig Minuten lang weiter, und die Konstabler blieben ebenso da, wohl, um auf erstere aufzupassen. Dann wurde die Belohnung zurückgenommen, die Flutlichter der Suchgleiter erloschen, und die ganze Aktion war zu Ende.
Kurz darauf kam Gus Brannhard herein und begann, sich wieder auszuziehen, sobald die Tür hinter ihm geschlossen war. Kaum hatte er Jacke und Krawatte abgelegt, füllte er sich ein Wasserglas mit Whisky, leerte es mit einem Zug zur Hälfte und zog dann seine Stiefel aus.
»Was war los, Gus?« fragte Gerd.
Brannhard begann zu fluchen. »Das ist alles ein riesiger Schwindel, der meilenweit gegen den Wind stinkt.« Er griff nach seiner Zigarre, die er weggelegt hatte, als Fane angerufen hatte. »Wir haben die Frau gefunden, die die Polizei gerufen hat. Sie, eine Nachbarin, sagt, daß sie gesehen hat, wie Lurkin betrunken nach Hause gekommen ist, und kurz darauf habe sie das Mädchen schreien hören. Sie sagt, er prügelt sie immer, wenn er getrunken hat, was so etwa fünfmal die Woche vorkommt. Sie verneint entschieden, jemals etwas gesehen zu haben, was auch nur einem Fuzzy ähnlich sah.«
Die Aufregung der vergangenen Nacht führte zu einer neuen Welle von Fuzzymeldungen; Jack begab sich in das Büro des Marshals, um mit den Leuten zu sprechen, die sie machten. Das erste Dutzend unterschied sich durch nichts von den Berichten vergangener Tage. Dann sprach er mit einem jungen Mann, der qualitativ mehr zu bieten hatte.
»Ich hab’ sie ganz deutlich gesehen — so, wie ich Sie jetzt sehe —, und sie waren etwa fünfzehn Meter von mir entfernt. Ich hatte einen automatischen Karabiner bei mir und legte auf sie an, aber, mein Gott, ich konnte nicht schießen. Sie sahen aus wie kleine Leute, Mr. Holloway, und sie schienen so verstört und hilflos zu sein. Also feuerte ich über ihre Köpfe in die Luft, um sie zu verjagen, ehe jemand anderer sie sah und auf sie schoß.«
»Nun, mein Freund, dafür möchte ich Ihnen die Hand schütteln. Sie wissen, daß Sie damit eine Menge Geld weggeworfen haben — jedenfalls mußten Sie das ja glauben. Wie viele haben Sie gesehen?«
»Nun, nur vier. Ich hörte, daß es sechs sein sollten, aber die beiden anderen können sich in den Büschen dahinter befunden haben, wo ich sie nicht sehen konnte.«
Er zeigte auf der Landkarte, wo es geschehen war. Es gab noch drei weitere Leute, die die Fuzzys tatsächlich gesehen hatten, aber keine genauen Zahlenangaben machen konnten. Jeder konnte aber genau den Ort angeben, und wenn man die vier Orte miteinander verband, ging daraus deutlich hervor, daß die Fuzzys sich in nordwestlicher Richtung durch die Vorbezirke der Stadt entfernten.
Brannhard tauchte zum Mittagessen im Hotel auf, immer noch fluchend, zur Hälfte aber belustigt.
»Sie haben Harn O’Brien ausgegraben und auf uns angesetzt«, sagte er. »Und zwar mit einer ganzen Latte von Zivilklagen und Beschwerden wegen Belästigung und so etwas. Damit wollen sie mich auf Trab halten, während Leslie Coombes sich auf die Verhandlung vorbereitet. Sie haben sogar versucht, den Manager hier dazu zu bringen, daß er Baby hinauswirft; ich drohte ihm mit einem Verfahren wegen Rassendiskriminierung, und da wurde er schnell vernünftig. Übrigens habe ich gerade die Gesellschaft auf sieben Millionen Sols Schadenersatz verklagt, und zwar eine Million für jeden Fuzzy und eine Million für ihren Anwalt.«
»Heute abend«, sagte Jack, »fahre ich mit zwei von Max’ Leuten in einem Gleiter hinaus. Wir werden Baby mitnehmen und eine Lautsprecheranlage installieren.« Er faltete den Stadtplan auseinander. »Sie scheinen in diese Richtung zu ziehen, müßten also etwa hier sein. Wenn Baby dann am Mikrofon ist, müßte es eigentlich möglich sein, ihre Aufmerksamkeit zu erregen.«
Sie entdeckten nichts, obwohl sie bis zum Einbruch der Dunkelheit unterwegs waren. Baby hatte viel Spaß mit dem Lautsprecher; wenn er hineinquiekte, gab das ein ohrenbetäubendes Geräusch, und die drei Menschen in dem Gleiter zuckten jedesmal zusammen, wenn er nur den Mund aufmachte. Auch auf Hunde wirkte es, und bald folgte dem Gleiter, wohin er auch immer flog, ein Chor kläffender Köter nach.
Am nächsten Tag kamen ein paar vereinzelte Berichte herein, aber hauptsächlich ging es um kleinere Diebstähle. Von einem Rasen hinter einem Haus war eine Decke verschwunden, von einer Couch auf einer Veranda waren einige Kissen gestohlen worden. Eine erschreckte Mutter berichtete, sie hätte ihren sechsjährigen Sohn beim Spielen mit einigen Fuzzys entdeckt, die sofort geflohen waren, als sie dem Kind zu Hilfe eilte. Das Kind habe anschließend fürchterlich geweint. Jack und Gerd eilten sofort an den Schauplatz des Geschehens. Die verworrene und stark von Phantasie gefärbte Geschichte des Kindes war in einem Punkt eindeutig — die Fuzzys waren nett zu ihm gewesen, hatten ihm nichts zuleide getan. Sofort ließen sie eine Bandaufnahme dieser Aussage über die Sender gehen.
Als sie zurück ins Hotel kamen, strahlte Gus Brannhard vor Freude.
»Der Oberrichter hat mir noch eine Aufgabe übertragen — ich leite eine Untersuchung darüber, ob die Geschichte von neulich nicht ein Schwindel war, und ich habe das Recht, jeden zu verklagen, der etwas Strafwürdiges getan hat. Max Fane hilft mir, Zeugen herbeizuschaffen. Morgen fangen wir damit an — Polizeichef Dumont ist der erste, den wir verhören. Vielleicht kommen wir bis zu Nick Emmert und Victor Grego.« Er lachte rauh. »Das wird Leslie Coombes vermutlich einiges Kopfzerbrechen bereiten.«
Gerd landete den Gleiter neben einem rechteckigen Aushub. Er maß etwa fünfzehn Meter in der Länge und war sechs Meter tief. Auf seinem Grund grub sich eine Motorfräse immer tiefer in den Boden, während ein Löffelbagger den ausgegrabenen Kies nach oben neben das Loch warf. Fünf oder sechs Männer in Arbeitsanzügen und Schaftstiefeln kamen ihnen entgegen, als sie aus dem Fahrzeug stiegen.
»Guten Morgen, Mr. Holloway«, sagte einer von ihnen. »Es ist gleich dort hinter dem Hügel. Wir haben nichts angerührt.«
»Würden Sie mir noch einmal sagen, was Sie gesehen haben? Mein Partner hier war nicht da, als Sie anriefen.«
Der Vormann wandte sich an Gerd. »Wir haben vor etwa einer Stunde zwei Sprengungen durchgeführt. Ein paar von den Männern, die dann über die Hügelkuppe dort liefen, sahen, wie diese Fuzzys unter einem Felsvorsprung wegrannten.« Er deutete in die Richtung. »Sie verständigten mich, und ich sah selbst nach. Wir entdeckten die Stelle, an der sie gelagert hatten. Der Fels hier ist ziemlich hart, und die Erschütterungen der Explosionen müssen sie aufgescheucht haben.«
Sie gingen durch hohes, mit Blumen durchsetztes Gras zu der angegebenen Stelle und fanden unter einem überhängenden Felsen zwei Kissen, eine rotgraue Decke und einige Fetzen alter Kleidungsstücke, die aussahen, als hätte sie jemand als Poliertücher benutzt. Ein zerbrochener Eßlöffel, ein Steinmeißel und andere Metallgegenstände lagen herum.
»Ja, das ist es. Ich habe mit den Leuten gesprochen, die die Decke und die Kissen vermißten. Hier müssen sie letzte Nacht eingezogen sein, nachdem Ihre Leute die Arbeiten eingestellt hatten; die Sprengungen haben sie dann verjagt. Sie sagen, daß sie in diese Richtung gelaufen sind?« fragte er und deutete auf den kleinen Fluß, der aus den Bergen im Norden herabkam.
Das Flüßchen war recht tief und reißend, so daß die Fuzzys es vermutlich nicht hatten überqueren können; sie würden ihm weiter flußaufwärts gefolgt sein. Jack notierte sich die Namen der Männer und bedankte sich bei ihnen. Falls er die Fuzzys selbst entdeckte, würde er ein mathematisches Genie benötigen, um die Anteile der Belohnung auszurechnen, die den bisherigen Informanten zustanden.
»Gerd, wenn Sie ein Fuzzy wären, wohin würden Sie von hier aus gehen?« fragte er.
Gerd sah den Fluß hinauf, der aus bewaldeten Hügeln hervorschoß.
»Da oben finden sich ein, zwei Häuser«, sagte er. »Über die würde ich noch hinausgehen. Dann würde ich mich in eine seitwärts abgehende Schlucht schlagen, zwischen die Felsen, wo mich ein Scheusal nicht erreichen kann. Natürlich kommen so nah an der Stadt keine Scheusale vor, aber das wissen sie ja nicht.«
»Wir werden noch einige Gleiter benötigen; ich werde Colonel Ferguson bitten, uns auszuhelfen. Max hat ja alle Hände voll mit diesen Untersuchungen zu tun, die Gus jetzt eingeleitet hat.«
Am Steuer des Gleiters, den Jack sich vom Hotel gemietet hatte, saß ein Polizeikorporal, während Gerd Jacks Platz in einem der beiden Polizeigleiter eingenommen hatte. Der dritte pendelte zwischen ihnen hin und her, und alle drei hielten untereinander Funkverbindung.
»Mr. Holloway.« Das war der Beamte in dem Gleiter, den Gerd gesteuert hatte. »Ihr Partner ist jetzt unten am Boden; er rief mich gerade über sein Handfunkgerät: Er hat einen geknackten Garnelenpanzer gefunden.«
»Sprechen Sie weiter, und geben Sie mir Ihre Richtung an«, sagte der Korporal am Steuer und lenkte seinen Gleiter in die Höhe.
Sekunden später erblickten sie das andere Fahrzeug, das über einer schmalen Felsnase am linken Ufer des Flusses schwebte. Der dritte Gleiter näherte sich von Norden. Gerd befand sich immer noch am Boden, als sie neben ihm landeten. Er sah auf, als sie aus den Fahrzeugen sprangen.
»Das ist es, Jack«, sagte er. »Typische Fuzzyarbeit.«
Das traf zu. Was immer sie auch benutzt hatten, es war nichts Scharfes gewesen — der Kopf war zerschmettert statt sauber abgetrennt worden. Der Panzer jedoch war von unten auf die übliche Weise aufgebrochen worden, und alle vier Scheren waren als Besteck benutzt worden, das Fleisch herauszupicken.
Sie schickten den Gleiter wieder hinauf, während sie alle drei am Boden weitersuchten und immer wieder riefen: »Little Fuzzy! Little Fuzzy!« Dann entdeckten sie eine Fußspur und dann eine zweite, wo das Sickerwasser den Boden aufgeweicht hatte. Gerd sprach aufgeregt in sein Handfunkgerät, das er an einem Riemen vor der Brust trug.
»Einer von euch sollte etwa zweihundert Meter vorgehen, dann nach links und wieder zurück!« gab er Beobachtungen aus der Luft weiter. »Sie stecken irgendwo dort drinnen.«
»Ich sehe sie! Ich sehe sie!« dröhnte es aus dem Funkgerät. »Sie klettern rechts von Ihnen einen Abhang hinauf. Zwischen den Felsen!«
»Verlieren Sie sie nicht aus den Augen; jemand soll uns abholen und hinaufbringen, dann gehen wir ihnen entgegen.«
Der gemietete Gleiter schoß herunter, der Korporal riß die Tür auf. Er machte sich nicht die Mühe, die Antigrav-Aggregate abzustellen, und sobald sie im Innern waren, hob er wieder ab. Einen Augenblick lang drehte sich der Berg schwindelerregend um sie, dann sah sie Jack, wie sie zwischen den Felsen herumkletterten. Es waren nur vier, und einer half einem anderen. Er fragte sieh, wer sie sein mochten, was aus den beiden anderen geworden war und ob der eine, der Hilfe brauchte, schwer verletzt war.
Der Gleiter landete auf einer Schräge am Gipfel des kleinen Berges, und Jack, Gerd und der Pilot kletterten hinaus und machten sich sofort an den Abstieg. Plötzlich befand sich Jack in Reichweite eines Fuzzys und griff sofort zu. Drei weitere huschten an ihm vorbei, den steilen Abhang hinauf. Der, den er sich gegriffen hatte, trug etwas in der Hand, und damit teilte er jetzt wilde Schläge auf Jacks Gesicht aus; Jack hatte gerade noch Zeit, mit einem Arm den Angriff abzublocken. Dann packte er den Fuzzy fester und entwaffnete ihn. Die Waffe war ein viertelpfundschwerer Hammer. Er steckte ihn in eine Seitentasche und hob den sich sträubenden Fuzzy mit beiden Händen hoch.
»Du hast Pappi Jack geschlagen!« klagte er. »Kennst du Pappi Jack nicht mehr? Armes, verängstigtes Ding!«
Der Fuzzy in seinen Händen quiekte wütend. Jack sah genauer hin und stellte fest, daß er diesen Fuzzy noch nie gesehen hatte. Es war weder Little Fuzzy, noch der lustige Ko-Ko oder der schelmische Mike. Es war ein fremder Fuzzy.
»Na, kein Wunder, daß du Pappi Jack nicht kennst. Du bist ja gar keiner von Pappi Jacks Fuzzys.«
Neben dem Gleiter saß der Korporal auf einem Stein und hielt unter jedem Arm einen Fuzzy fest. Sie hörten auf, sich zu wehren und quiekten erbärmlich, als sie sahen, daß ihr Begleiter auch gefangen war.
»Ihr Kollege ist unten und jagt den vierten«, sagte der Korporal. »Übernehmen Sie diese beiden auch; Sie kennen sie, im Gegensatz zu mir.«
»Halten Sie sich fest; sie kennen mich ebensowenig wie Sie.«
Mit einer Hand zog er ein Stück Ex-Te-Drei aus seinem Hemd und bot es dem Fuzzy an; der Fuzzy quiekte vergnügt, riß ihm den Rest aus der Hand und verschlang ihn. Er mußte schon zuvor davon gegessen haben. Als Jack dann auch dem Korporal Ex-Te-Drei gab, schienen auch die beiden anderen, ein Weibchen und ein Männchen, damit vertraut zu sein. Von unten rief Gerd herauf:
»Ich habe einen. Es ist ein Weibchen;. ich weiß aber nicht, ob es Mitzi oder Cinderella ist. Ihr werdet staunen, was sie bei sich tragen.«
Jetzt tauchte Gerd auf, den vierten Fuzzy strampelnd unter seinem linken Arm, während unter seinem rechten Ellbogen ein Kätzchen, schwarz mit einem weißen Gesicht, hervorlugte. Jack war so enttäuscht und niedergeschlagen, daß er kaum Neugier empfand.
»Es sind nicht unsere Fuzzys, Gerd. Ich hab’ sie noch nie gesehen.«
»Jack, sind Sie sicher?«
»Natürlich bin ich das!« Er war beleidigt. »Glauben Sie, ich kenne meine Fuzzys nicht? Und meinen Sie, daß sie mich nicht kennen?«
»Wo kommt die Mieze her?« fragte der Korporal.
»Keine Ahnung. Sie müssen sie irgendwo aufgelesen haben. Sie trug sie wie ein Baby in den Armen.«
»Diese Fuzzys müssen jemandem gehören. Sie haben schon Ex-Te-Drei gegessen. Wir werden sie mit ins Hotel nehmen. Wer immer es sein mag, ich wette, daß er sie genauso vermißt wie ich meine.«
Seine eigenen Fuzzys, die er nie wieder sehen würde. Die volle Erkenntnis traf ihn erst, als er und Gerd wieder in dem Gleiter saßen. Von seinen Fuzzys hatte man keine Spur mehr gefunden, seit sie aus ihren Käfigen im Wissenschaftszentrum ausgebrochen waren. Diese Fuzzys waren es gewesen, die man gesichtet und verfolgt hatte — warum hatten seine Fuzzys nicht auch in den drei Wochen seit ihrem Verschwinden Spuren hinterlassen?
Weil seine Fuzzys nicht mehr existierten, schloß Jack. Sie waren niemals aus dem Wissenschaftszentrum herausgekommen. Irgend jemand, den Max Fane nicht unter dem Detektor verhört hatte, hatte sie umgebracht. Es hatte keinen Sinn mehr, etwas anderes zu glauben.
»Wir fliegen zu ihrem Lager zurück und holen die Decke und die Kissen und das andere Zeug«, sagte er. »Ich werde den Leuten, die diese Sachen vermissen, Schecks zukommen lassen. Diese Fuzzys sollen die Sachen behalten können.«