Roman. Neubearbeitete Ausgabe
Geh. M. 4.–, geb. M. 5.–
Der Verfasser der »Geschichte der jungen Renate Fuchs«, Jakob Wassermann, hat seinen vor zehn Jahren erschienenen Roman »Die Juden von Zirndorf« in einer neubearbeiteten Ausgabe herausgegeben, der die Kürzungen trefflich zustatten gekommen sind. Ein merkwürdiger Roman, diese »Juden von Zirndorf«. Kaum je hat ein jüdischer Poet seinen Glaubensgenossen und über das Judentum der Gegenwart überhaupt schärfere und zutreffendere Dinge gesagt, als Wassermann in diesem Buche. Die besten Eigenschaften des jüdischen Volkes erscheinen in ihm selbst verkörpert, vor allem der kritisch-skeptische Sinn, der auch sich selbst nicht schont. Mit diesem verbindet sich auch bei Wassermann eine starke, jedoch mehr mystisch als sinnlich glühende Phantasie, der namentlich in dem phantastischen »Vorspiel« des Romans, welches eine mit dem Erscheinen des merkwürdigen Messias Sabbatai Zewi verknüpfte Judenverfolgung im siebzehnten Jahrhundert behandelt, eine glänzende poetische Leistung gelungen ist. Dieses Vorspiel bildet den Grundakkord zu der in unseren Tagen spielenden Geschichte der »Juden von Zirndorf«, in denen ein begabter Jüngling Agathon, in dem das edelste Judentum verkörpert ist, die von einem brutalen Christen erduldete Schmach durch einen Mord an seinem Peiniger rächt. Dennoch beweist der Dichter sowohl in der reichen Fülle feingezeichneter Charaktere als im Gange der Handlung die vollkommenste Objektivität.
Dieser Roman ist das vielleicht noch immer bedeutendste Buch Wassermanns. Schon sein Gegenstand, die Judenfrage, in einer tiefen und nachspürenden Weise dargestellt, reizt das aktuelle Interesse. Dabei ist der Verfasser, selbst ein Jude, voll klarer Einsicht in die Dinge und steht, soweit das überhaupt möglich ist, über ihnen. Das Buch gehört nach Form und Inhalt zu den bedeutendsten Erscheinungen in der deutschen Literatur der letzten Jahre.
Roman. Neunte Auflage. Geh. M. 6.–, geb. M. 7.50
Jedes große, befreiende Buch muß ein Buch der Erlösung und der Wiedergeburt sein. Dies ist ein Buch von der Erlösung der Frauen, »die alten sinnlichen Vorurteilen zu mißtrauen beginnen, die ihr Schicksal, ihr Frauenschicksal erleben und nicht länger leibeigen sein wollen«. — Seit dem »Grünen Heinrich« Kellers ist in deutscher Sprache kein so interessanter und tiefsinniger Roman erschienen.
Ernsthafte Kritiker werden nach sorgfältiger Registrierung aller Stimmungen und aller Gedankentiefen, nach angestrengtem Studium aller Formfeinheiten und aller Seelenanalysen auf Eid und Gewissen versichern dürfen, daß es sich bei dem Buch Jakob Wassermanns wirklich um ein bedeutendes dichterisches Werk handle, um ein Werk, von dem jedes Kapitel ein vollgültiger Beweis intimster Empfindung und feinster Erkenntnis der menschlichen Natur sei.
Ein subjektives Entzücken ist es eigentlich, das an dieses Buch fesselt. Ein subjektiver, männlich empfundener Frauenroman — damit kann man das Buch literarisch kennzeichnen. Ich halte es für ein Ereignis. Bei Wassermanns Darstellungskunst im einzelnen kann ich nicht lange verweilen. Seiner Art von psychologischer Dialektik widersteht man nicht: sie rührt ans Feinste und oft an kaum mehr Sagbares. Seine Erfindung im kleinen, im Zusammenhänge-Schaffen und Verweben von Motiven ist für den mitstrebenden Arbeitsgenossen bewundernswert. Und seine Sprache, das eigentlich Schönste und Phantasievollste an ihm, wächst aus schlichtesten Einzelheiten zu wundervollen Wirkungen. Durch den deutschen Naturalismus und andere Errungenschaften ist im Lande unserer Kunst nun jahrelang gesät worden, Wassermanns Roman ist reiche Ernte.
Novellistische Studien. Geh. M. 2.–, geb. M. 3.–
In diesen Novellen hat die Wassermannsche Erzählungskunst eine mehr als respektable Höhe erreicht. Es sind belletristische Kunstwerke von einer so feinen und sicheren Arbeit, wie wir ihrer in der heutigen deutschen Literatur nicht viele besitzen. Was sie vornehmlich auszeichnet, ist ihre gute Haltung im Sinne der epischen Kleinkunst. Wie hier alles in den Verhältnissen abgewogen ist, wie anmutig und doch streng die Linie fließt, wie der Zierat sich verteilt, Licht und Schatten sich verhalten, Ausführung und Andeutung zueinander stehen — alles das verrät einen in Deutschland sehr seltenen Kunstverstand und ungemein viel Talent. In dieser Hinsicht wären nur wenig Aussetzungen zu machen, so wenige, daß man sie verschweigen darf und erklären: der künstlerisch Genießende, der Kenner, wird hier sein volles Genügen finden.
Roman. Dritte Auflage. Geh. M. 3.50, geb. M. 4.50
Nichts als der reale Gang der geschichtlichen Ereignisse von Alexanders Rückkehr aus Indien bis zu seinem vorzeitigen Tode wird uns erzählt, dies freilich in farbigreicher kulturhistorischer Ausmalung und mit ebenso kühner als intensiver Psychologie. So ist dieses Buch weit mehr ein Prosaepos als ein Roman, und es bietet weit mehr eine faszinierende Ausdeutung der Geschichte als etwa eine Spannungserzeugung durch pragmatische Verwicklungen. Auf jeden Fall aber ist es ein Kunstwerk, sowohl durch die Geschlossenheit seiner Komposition wie durch seine kaum genug zu preisende sprachliche Behandlung. Es gehört zu unsern schönsten deutschen Prosabüchern. Manche Kapitel verdienten in den Schulen gelesen zu werden. Auf solche Weise wird Geschichte lebendig gemacht und beseelt.
Wassermann hat mit dieser Krankheitsgeschichte eines Riesengeistes ein Kunstwerk geschaffen, das weit hinausragt über die meisten historischen Romane alten Stiles.
…Daß man sich ja nicht durch die Erinnerung an die ägyptischen Romane von Ebers oder an die Völkerwanderungsromane von Felix Dahn abschrecken lasse, diesen »Alexander in Babylon« zu lesen. Hier gibt es keine in Griechen oder Perser verkleidete deutsche Leutnants; man braucht nur, wenn man es nicht ohnehin spürt, in Plutarchs »Alexander« nachzulesen, um alsobald zu begreifen, daß Wassermann die antike Welt gleichsam in seine Seele hineingeglüht hat, etwa so, wie es in neuerer Zeit der Dichter Hugo von Hofmannsthal in seinem Drama »Elektra« tat.
»Nach Babylon!« Der bloße Name versetzte die Söldner in Entzücken. Der weiß nichts von irdischer Glückseligkeit, hieß es unter ihnen, der nichts von Babylon weiß. Und auch uns versetzt der Name dieser großen Stadt in Entzücken, erinnern wir uns ihrer nach dem Lesen dieses Buches, so intensiv, so herrlich, so betörend ist uns Babel, für das das Neue Testament nicht genug verächtliche Ausdrücke finden konnte, geschildert worden. Babylon — das ist das Leitmotiv dieses Buches, die goldene, unermeßlich große, an Freuden nie auszuschöpfende. Und oft scheint es sogar, als ob auch Alexander nur ihretwegen geschaffen sei. Aber es lag dazu doch eine zwingendere Notwendigkeit vor. Wassermann wollte sich auseinandersetzen mit einer solchen herrlichen, die Zeiten überdauernden Persönlichkeit. Und wie er’s getan, das ist bewunderungswürdig.
…So muß Alexander der Große, der Bezwinger des Orients, gewesen sein, so muß er, als der Traum der Weltherrschaft ihn packte und er sich götterhoch über die Mitmenschen erhoben dünkte, Menschenverachtung und brütende Einsamkeit umfangen, und ihm auch die geraubt haben, die er liebte und denen er vertrauen wollte. So, wie Wassermann mit dem Pinsel eines echten Künstlers malt, muß die Glut des Orients gebrannt haben; so muß die Farbenpracht Indiens und die Größe Babylons, die berückende Schönheit der Frauen Persiens und Indiens, die Idee, die Welt den mazedonischen Waffen zu Füßen zu legen, auf die Männer, die Alexander umgaben und mit ihm zogen, eingewirkt haben … Manche Schilderungen erheben sich zu erschütternder Kraft, man hört die Herzen gegen die Rippen pochen, die Leidenschaften wüten und emporzüngeln und steht starr und von Grauen überwältigt vor dem unerbittlichen Walten eines scheinbar finsteren Verhängnisses.
(Düna-Zeitung, Riga)
Drei Novellen. Dritte Auflage.
Geh. M. 2.–, geb. M. 3.–
In den zehn Jahren, die nunmehr seit dem ersten Auftreten Jakob Wassermanns verflossen sind, ist keinerlei Wandlung in der Art seines künstlerischen Schaffens, seiner künstlerischen Anschauungen vor sich gegangen. Dieses stete Sichgleichbleiben in der Auffassung von Menschen und Dingen, Belebtem und Unbelebtem verrät, daß die melancholisch-düstere, manchmal seltsame und bizarre Art, in der dieser Dichter das Leben vergangener wie heutiger Zeit geistig sieht und wiedergibt, echt, nicht anempfunden und verlogen ist. Pseudokünstler lieben es aus gutem Grunde, Masken zu tragen, die ihr wahres Antlitz verbergen sollen; unwillkürlich aber fällt zuweilen die Larve und offenbart die uninteressanten Züge eines vermummten Bluffers.
Wer aber wie Jakob Wassermann in so mannigfachen Schöpfungen, in Wesentlichem wie Unwesentlichem, Großem wie Kleinem stets sich gleich geblieben ist, gibt wohl das wahre Abbild seines Denkens und Dichtens, nicht ein geputztes und geschminktes. So stammt also das Verschleierte und Nebulose, das Rätselhafte und Versteckte, das Überreizte und Nervöse, das vielen Figuren seines künstlerischen Schaffens so sehr eignet, aus Wassermanns tiefinnerer Natur selbst, und steht in voller Harmonie mit jener seltsamen Art und Weise, in der er sich individuell mit Menschen und Menschenwerk alter und neuer Zeit psychisch abfindet. Alter Zeit, der die exotischen Naturen seiner Novellen »Schwestern« und des Vorspiels der »Juden von Zirndorf« angehören, neuer Zeit, in der die »Juden von Zirndorf« selbst und die Fortsetzung dieses Romanes, die »Geschichte der jungen Renate Fuchs« spielen. Die sonderbaren Erlebnisse der »Schwestern« zu erzählen, die fremdartig anmutenden Frauen Johanna, Sara und Clarissa kritisch zu analysieren, sei ängstlich und mit Absicht vermieden: solch Unterfangen hieße mit plumper Hand eingreifen in ein wundersames Spiel von Phantasie und Wirklichkeit, wie’s nur ein Meister dunkler Künste zu dichten vermag. Aber angemerkt sei, daß auch in diesem neuen Werke die seelische Eigenart Wassermanns, die zehn Jahre vorher schon im Erstlingswerke des Jugendlichen, den »Juden von Zirndorf«, so deutlich fühlbar ward, in unverminderter Stärke in Erscheinung tritt; daß nach wie vor unerschöpft geblieben ist die Gabe, in unserer schweren deutschen Sprache auch die geheimsten Regungen der schwermütigen und gepeinigten Seele wiederzugeben, und die Gabe, mit feinem, mit feinstem Striche die phantastische Silhouette flüchtig vorüberhuschender, eilig wieder auftauchender Menschen festzuhalten.
Die Heldinnen dieser Novellen gehören zu jenen glücklichen, unglücklichen Geschöpfen, die ein Traum, ein Aberglaube, eine Sehnsucht, ein Wahn den Dingen dieser Welt entfremdet und zu neuem, wunderlichem Dasein gerufen hat. Arme Kranke sind es, aber Wassermann sucht aus dieser Krankheit die tiefsten Geheimnisse des Lebens herauszulesen. Glänzen uns hier nicht Schönheiten entgegen, die wir sonst an unserem Lebenswege vergeblich suchen? Öffnet sich hier nicht dem Blick ein neues Leben, viel wahrhaftiger, viel lebenswerter als das, an dem wir tragen? Was ist nun Wirklichkeit, was ist nun Traum? Eine holde Schwärmerei ist das Buch, in den Tönen lieblicher Inbrunst gegeben, ein holder Traum, von siegesstarken Sehnsüchten und Ahnungen durchzuckt. Man liest es, um es nicht mehr zu vergessen.
Der Vortrag dieser Geschichten ist stilistisch meisterhaft, in der Schilderung des Tatsächlichen von der Einfachheit der altitalienischen Novellen, dabei hin und wieder blitzend von seltsam geschliffenen Wortprägungen spezifisch Wassermannscher Art. Nur einem kabbalistischen Grübelsinn, einer so heißen Phantasie wie der dieses deutschen Orientalen konnte es gelingen, die Verrücktheiten der kastilischen Isabella so tief poetisch märchenhaft zu durchleuchten und aus den zwei phantastisch konstruierten Kriminalfällen das Rauschen geheimnisvoller seelischer Unterströmungen so hervortönen zu lassen. — Das historische Vorspiel der »Juden von Zirndorf«, »Alexander in Babylon« und diese drei Novellen bezeichnen für mich bisher die Höhepunkte im Schaffen Jakob Wassermanns.
Diese Geschichten, die etwas Legendäres an sich haben, sind erfüllt von einem unheimlichen unterirdischen Klingen, etwas Grauenhaftes webt in ihnen, das uns bannt, und wir spüren Fäden aus fernen Welten, die wir ahnen, aber nicht kennen. Die Novellen sind vorgetragen in einem ruhigen, kühlen, klaren, ganz und gar sachlichen Stil, der dabei etwas Preziöses an sich hat und der das leidenschaftliche Brausen absichtlich verbirgt. Es sind absichtlich stilisierte Novellen, aber das Leben ist nicht etwa erstarrt in ihnen, es ist nur gebändigt; der Autor steht über dem, was er berichtet; nicht so sehr sein Herz spricht als vielmehr sein künstlerisches Bewußtsein. Diese drei Frauengestalten stehen wie ein paar alte, goldtonige Gemälde vor uns.
[Anmerkungen zur Transkription: Dieses elektronische Buch wurde auf Grundlage der dritten und vierten, vom Autor neubearbeiteten Auflage erstellt. Die nachfolgende Tabelle enthält eine Auflistung aller gegenüber dem Originaltext vorgenommenen Korrekturen.
S. 082: [Komma entfernt] als fürchtete er sie zu zerzausen.,
S. 090: tyranischem Übereinkommen -> tyrannischem
S. 102: [evtl.: »Mundwinkeln«] in den Mundwickeln war Feuchtigkeit.
S. 125: [Anführungszeichen ergänzt] »Wir können uns auf einen großen
S. 126: [vereinheitlicht] darauf lächelte auch Emmerich Hyrtl -> Emerich
S. 131: kann kein Schlacht gewinnen -> keine
S. 144: Hals verschwand im Pelz der Mantels -> des Mantels
S. 148: [Anführungszeichen ergänzt] ist dem Teufel zu schlecht.«
S. 215: einen Salon, in welchen die Sessel -> welchem
S. 226: zwei Billete zum Konzert -> Billette
S. 237: [Punk ergänzt] und darauf sitzenbleiben.
S. 255: [Anführungszeichen ergänzt] daß du mich liebst«,
S. 286: die Augen vor Erstauen herausfallen -> Erstaunen
S. 295: [Anführungszeichen] eine Schulter.« Sie haben -> Schulter. »Sie
S. 323: es war ihn dabei zumut -> ihm
S. 324: plauderte im melancholischer Selbstvergessenheit -> in
S. 337: »Glaubst du, ich rechne auf dich«? -> dich?«
S. 339: Ich wolle doch einmal sehen -> wollte
Das Originalbuch ist in Frakturschrift gedruckt. Textauszeichnungen wurden folgendermaßen ersezt:
Sperrung: _gesperrter Text_
Antiquaschrift: #Antiquatext# ]
[Transcriber’s Note: This ebook has been prepared from scans of a third and fourth edition copy, newly revised by the author. The table below lists all corrections applied to the original text.
p. 082: [removed extra comma] als fürchtete er sie zu zerzausen.,
p. 090: tyranischem Übereinkommen -> tyrannischem
p. 102: [possibly: "Mundwinkeln"] in den Mundwickeln war Feuchtigkeit.
p. 125: [added quote] »Wir können uns auf einen großen
p. 126: [normalized] darauf lächelte auch Emmerich Hyrtl -> Emerich
p. 131: kann kein Schlacht gewinnen -> keine
p. 144: Hals verschwand im Pelz der Mantels -> des Mantels
p. 148: [added quote] ist dem Teufel zu schlecht.«
p. 215: einen Salon, in welchen die Sessel -> welchem
p. 226: zwei Billete zum Konzert -> Billette
p. 237: [added period] und darauf sitzenbleiben.
p. 255: [added quote] daß du mich liebst«,
p. 286: die Augen vor Erstauen herausfallen -> Erstaunen
p. 295: [fixed quote] eine Schulter.« Sie haben -> Schulter. »Sie
p. 323: es war ihn dabei zumut -> ihm
p. 324: plauderte im melancholischer Selbstvergessenheit -> in
p. 337: »Glaubst du, ich rechne auf dich«? -> dich?«
p. 339: Ich wolle doch einmal sehen -> wollte
The original book is printed in Fraktur font. Marked-up text has been replaced by:
Spaced-out: _spaced out text_
Antiqua: #text in Antiqua font# ]