Lois McMaster Bujold Der Prinz und der Söldner

KAPITEL 1

»Schiffsdienst!«, gluckste der Fähnrich, der als vierter vor Miles in der Reihe stand. Sein Gesicht strahlte vor Freude, als er seinen Marschbefehl überflog. Die Plastikfolie in seinen Händen raschelte leise. »Ich werde zweiter Waffenoffizier auf dem Kaiserlichen Kreuzer Kommodore Vorhalas. Soll mich sofort im Shuttlehafen von Basis Tanery melden, zur Verlegung in den Orbit.« Auf einen gezielten Stoß hin machte er mit einem unmilitärischen Hüpfer den Weg frei für den nächsten Mann in der Reihe und zischte dabei noch leise vor Freude.

»Fähnrich Plause.« Der ältliche Sergeant hinter dem Schreibtisch brachte es fertig, gelangweilt und überlegen zugleich auszusehen, während er den nächsten Umschlag bedächtig mit Daumen und Zeigefinger hochhielt. Wie lange hat er schon diesen Posten an der Kaiserlichen Militärakademie inne, fragte sich Miles. Wie viele Hunderte, ja Tausende von jungen Offizieren waren unter seinem gleichgültigen Blick hier vorübergezogen, in dieser ersten großen Stunde ihrer Karriere? Sahen sie für ihn nach ein paar Jahren nicht alle gleich aus? Die gleichen frischen grünen Uniformen. Die gleichen glänzenden Plastikrechtecke als Zeichen des glänzenden, neu erworbenen Ranges an den hohen Kragen. Die gleichen hungrigen Augen der wild entschlossenen Absolventen der höchsten Eliteschule der Kaiserlichen Streitkräfte, in deren Köpfen Visionen ihrer militärischen Bestimmung spukten. Wir marschieren der Zukunft nicht einfach entgegen, wir erstürmen sie.

Plause trat zur Seite, drückte seinen Daumenballen auf die Verschlußfläche und öffnete dann seinen Umschlag.

»Na?«, sagte Ivan Vorpatril, der in der Reihe direkt vor Miles stand. »Mach’s nicht so spannend.«

»Sprachenschule«, sagte Plause, während er noch las.

Plause beherrschte schon alle vier einheimischen Sprachen von Barrayar perfekt.

»Als Student oder als Instruktor?«, erkundigte sich Miles.

»Als Student.«

»Aha, dann wird es sich um galaktische Sprachen handeln. Danach wird dich der Nachrichtendienst haben wollen. Du bist sicher für eine Aufgabe außerhalb des Planeten bestimmt«, sagte Miles.

»Nicht notwendigerweise«, sagte Plause. »Die könnten mich auch einfach irgendwo in einen Betonkasten setzen, wo ich Übersetzungscomputer programmiere, bis ich schwarz werde.« Aber in seinen Augen funkelte Hoffnung.

Barmherzigerweise unterließ Miles es, auf den größten Nachteil des Nachrichtendienstes hinzuweisen, auf die Tatsache nämlich, daß man am Ende für den Chef des Kaiserlichen Sicherheitsdienstes arbeitete, für Simon Illyan, den Mann, der sich an alles erinnerte. Aber vielleicht würde Plause auf seiner Ebene dem herben Illyan gar nicht begegnen.

»Fähnrich Lobachik.«

Lobachik war der zweiternsteste Mann, den Miles je getroffen hatte, deshalb war er nicht überrascht, als Lobachik seinen Umschlag öffnete und hervorstieß: »Sicherheitsdienst. Der Fortgeschrittenenkurs für Sicherheit und Verhinderung von Attentaten.«

»Aha, Schule der Palastwache«, sagte Ivan mit Interesse, während er über Lobachiks Schulter kiebitzte.

»Das ist eine ziemliche Ehre«, bemerkte Miles. »Illyan holt sich seine Studenten gewöhnlich aus den Leuten mit zwanzig Jahren Dienstzeit und Haufen von Medaillen.«

»Vielleicht hat Kaiser Gregor Illyan um jemanden gebeten, der seinem eigenen Alter näher ist«, deutete Ivan an, »um die Szene ein bißchen zu beleben. Diese Fossilien mit ihren Dörrpflaumengesichtern, mit denen Illyan ihn für gewöhnlich umgibt, die würden mich in Depressionen stürzen. Laß dir da ja nicht anmerken, daß du Sinn für Humor hast, Lobachik, ich glaube, der führt automatisch zur Disqualifikation.«

Wenn dem wirklich so war, so bestand für Lobachik keine Gefahr, den Posten zu verlieren, überlegte Miles.

»Werde ich wirklich dem Kaiser begegnen?«, fragte Lobachik und blickte Miles und Ivan nervös an.

»Du wirst ihm vermutlich jeden Tag beim Frühstück zuschauen«, sagte Ivan. »Armer Kerl.«

Meinte er Lobachik oder Gregor? Zweifellos Gregor.

»Ihr Vor-Typen kennt ihn — wie ist er?«

Miles beeilte sich mit seiner Antwort, bevor das Funkeln in Ivans Augen sich in irgendeinem Streich äußern konnte: »Er ist sehr offen und direkt. Du wirst mit ihm gut auskommen.«

Lobachik trat beiseite, er sah halbwegs beruhigt aus und las seine Folie ein zweites Mal.

»Fähnrich Vorpatril«, verkündete der Sergeant, »Fähnrich Vorkosigan.«

Der große Ivan nahm seinen Umschlag entgegen, und Miles den seinen, und sie schlossen sich ihren beiden Kameraden an.

Ivan zog seinen Umschlag auf. »Ha. Ich komme ins Kaiserliche Hauptquartier nach Vorbarr Sultana. Hört mal, ich bin vorgesehen als Adjutant von Kommodore Jollif im Planungszentrum.« Er beugte sich vor und drehte die Folie um. »Es geht wirklich schon morgen los.«

»Oh«, sagte der Fähnrich, der Schiffsdienst gezogen hatte und noch leicht wippte, »Ivan wird Sekretär. Paß nur auf, wenn General Lamitz dich bittet, auf seinem Schoß Platz zu nehmen. Ich habe gehört, er …«

Ivan machte ihm eine freundschaftliche, derbe Geste. »Neid, schierer Neid. Ich werde leben wie ein Zivilist. Arbeit von sieben bis fünf, meine eigene Wohnung in der Stadt — auf eurem Schiff dort oben wird es keine Mädchen geben, wenn ich darauf hinweisen darf.« Ivans Stimme klang ruhig und munter, nur seinen Augen gelang es nicht, seine Enttäuschung ganz zu verbergen. Auch Ivan hatte sich Schiffsdienst gewünscht. Alle hatten sich Schiffsdienst gewünscht.

Auch Miles. Schiffsdienst. Am Ende ein Kommando, wie mein Vater, und sein Vater, und seiner, und seiner … Ein Wunsch, ein Gebet, ein Traum … Er zögerte aus Selbstdisziplin, aus Furcht, einem letzten übriggebliebenen Augenblick hoher Hoffnungen zuliebe. Dann drückte er den Daumen auf die Verschlußfläche und zog den Umschlag mit bedachtsamer Präzision auf. Eine einzige Pastikfolie, eine Handvoll von Reiseausweisen … Seine Bedachtsamkeit dauerte nur den kurzen Moment, den er brauchte, um den kurzen Absatz vor seinen Augen aufzunehmen. Er stand ungläubig erstarrt da und begann noch einmal von vorn zu lesen.

»Na, was gibt’s, Cousin?« Ivan blickte Miles über die Schulter.

»Ivan«, sagte Miles mit halb erstickter Stimme, »habe ich jetzt einen Anfall von Gedächtnisstörung oder hatten wir in unserem naturwissenschaftlichen Unterricht tatsächlich nie einen Kurs über Meteorologie?«

»Mathematik fünfdimensionaler Räume, ja. Xenobotanik, ja.« Ivan kratzte sich geistesabwesend. »Geologie und Geländebestimmung, ja. Nun, da gab es den Kurs über Flugwetter, damals in unserem ersten Jahr.«

»Ja, aber …«

»Na, was haben sie dir diesmal angetan?«, fragte Plause deutlich bereit, Glückwünsche oder Mitgefühl auszusprechen, je nachdem, was angebracht schien.

»Ich bin als Chefoffizier für Meteorologie der Basis Lazkowski zugeteilt. Wo, zum Teufel, ist die Basis Lazkowski? Ich habe überhaupt noch nie davon gehört.«

Der Sergeant am Schreibtisch blickte mit einem plötzlichen boshaften Grinsen auf. »Ich habe davon gehört, Sir«, meldete er sich. »Sie liegt auf einer Insel namens Kyril, droben nahe dem Polarkreis. Eine Basis zum Wintertraining für die Infanterie. Die armen Schweine nennen sie Camp Permafrost.«

»Infanterie?«, sagte Miles.

Ivan hob die Augenbrauen und schaute mit gerunzelter Stirn auf Miles herab. »Infanterie? Du? Da scheint etwas nicht zu stimmen.«

»Nein, scheint es nicht«, sagte Miles schwach. Eiskalt überkam ihn das Bewußtsein seiner körperlichen Behinderungen.

Nach Jahren geheimnisvoller medizinischer Torturen war es fast gelungen, die schweren Mißbildungen zu korrigieren, an denen er bei seiner Geburt beinahe gestorben wäre. Fast gelungen. War er in seiner Kindheit zusammengekrümmt gewesen wie ein Frosch, so stand er jetzt fast gerade. Die Knochen, einstmals Kalkstecken, brüchig wie Talkum, waren jetzt fast stark. Einst verschrumpelt wie ein kindlicher Homunkulus, war er jetzt fast 1,45 m groß. Zuletzt war es ein Kompromiß gewesen zwischen der Länge seiner Knochen und ihrer Stärke, und sein Doktor meinte immer noch, die letzten fünfzehn Zentimeter seien ein Fehler gewesen. Miles hatte sich letztlich die Beine oft genug gebrochen, um dem Arzt zuzustimmen, aber da war es schon zu spät. Aber er war kein Mutant, kein … — es spielte fast keine Rolle mehr. Wenn sie ihn nur seine Kräfte in den Dienst des Kaisers stellen ließen, dann würde er sie seine Schwächen vergessen machen. Dieser Handel galt als abgemacht.

Es mußte tausend Aufgaben in den Streitkräften geben, wo sein seltsames Aussehen und seine verborgene Zerbrechlichkeit kein bißchen Unterschied machen würden. Wie Adjutant, oder Übersetzer beim Nachrichtendienst. Oder sogar als Waffenoffizier eines Schiffes, der seine Computer überwacht. Es galt als abgemacht, sicherlich galt es als abgemacht. Aber Infanterie? — Irgend jemand trieb da ein unfaires Spiel. Oder es war ein Fehler unterlaufen. Das wäre nicht zum erstenmal. Er zögerte einen langen Augenblick, seine Faust umklammerte fest die Folie, dann ging er zur Tür.

»Wohin gehst du?« fragte Ivan.

»Zu Major Cecil.«

Ivan prustete. »So? Na dann viel Glück!«

Verbarg der Sergeant am Schreibtisch ein feines Lächeln, als er den Kopf senkte, um den nächsten Stapel Umschläge zu sortieren? »Fähnrich Dräut«, rief er. Die Reihe rückte wieder um einen Platz vor. Major Cecil lehnte mit einer Hüfte am Schreibtisch seines Schreibers und beratschlagte mit ihm über irgend etwas auf dem Vid, als Miles sein Büro betrat und salutierte.

Major Cecil warf einen schnellen Blick auf Miles und dann auf sein Chrono. »Aha, weniger als zehn Minuten. Ich habe die Wette gewonnen.«

Der Major erwiderte Miles’ militärischen Gruß, während der Schreiber säuerlich lächelnd einen kleinen Packen Geldscheine aus seiner Tasche holte, einen Einmarkschein herauszog und ihn wortlos seinem Vorgesetzten hinschob. Das Gesicht des Majors war nur äußerlich amüsiert, er nickte in Richtung auf die Tür, der Schreiber riß die Plastikfolie heraus, die seine Maschine gerade erstellt hatte, und verließ den Raum.

Major Cecil war ein Mann von ungefähr fünfzig Jahren, mager, von ausgeglichenem Temperament, wachsam. Sehr wachsam. Obwohl er nicht der offizielle Leiter der Personalabteilung war (dieser Verwaltungsposten gehörte einem ranghöheren Offizier), hatte Miles Cecil schon lange zuvor als den Mann ausgemacht, der die endgültigen Entscheidungen fällte. Durch Cecils Hände gingen zumindest alle Ernennungen für alle Absolventen der Akademie. Miles hatte ihn immer als einen zugänglichen Mann gefunden, mehr Lehrer und Wissenschaftler als Offizier. Sein Witz war trocken und außergewöhnlich, und er widmete sich seinem Dienst mit tiefer Hingabe. Miles hatte ihm immer vertraut. Bis jetzt.

»Sir«, begann er. Er hielt seinen Marschbefehl mit einer frustrierten Geste vor sich hin. »Was ist das?«

Cecils Augen funkelten noch in seinem privaten Vergnügen, als er die Marknote einsteckte. »Wollen Sie von mir, daß ich es Ihnen vorlese, Vorkosigan?«

»Sir, ich frage …« Miles brach ab, biß sich auf die Zunge, begann erneut: »Ich habe ein paar Fragen über meine Versetzung.«

»Meteorologie-Offizier auf Basis Lazkowski«, rezitierte Major Cecil.

»Es ist … also kein Fehler? Ich habe den richtigen Umschlag bekommen?«

»Wenn das da geschrieben steht, dann haben Sie ihn bekommen.«

»Sind … Sie sich dessen bewußt, daß der einzige Kurs in Meteorologie, den ich hatte, nur Flugwetter behandelte?«

»Ja.« Der Major verriet mit keiner Miene, was er dachte.

Miles hielt inne. Daß Cecil seinen Schreiber hinausgeschickt hatte, war ein deutliches Signal, daß die Aussprache offen sein sollte. »Ist das eine Art von Bestrafung?« Was habe ich Ihnen je angetan?

»Warum, Fähnrich?« Cecils Stimme war sanft. »Es ist eine völlig normale Aufgabe. Hatten Sie eine außergewöhnliche erwartet? Mein Job ist es, Personalanforderungen mit den verfügbaren Kandidaten zu erfüllen. Jede Anforderung muß mit jemandem erfüllt werden,«

»Jeder Absolvent einer Technikerschule könnte diese hier erfüllen.« Miles bemühte sich, kein Knurren in seiner Stimme anklingen zu lassen und öffnete seine Fäuste. »Besser gesagt: Dafür ist kein Kadett von der Akademie nötig.«

»Das ist richtig«, stimmte der Major zu.

»Warum dann?«, brach es aus Miles hervor. Seine Stimme klang lauter, als er es beabsichtigt hatte.

Cecil seufzte und richtete sich auf. »Weil ich bemerkt habe, Vorkosigan, als ich Sie beobachtete — und Sie wissen sehr wohl, daß Sie der am besten beobachtete Kadett waren, der je durch diese Hallen geschritten ist, abgesehen von Kaiser Gregor selbst …«

Miles nickte kurz.

»… daß Sie trotz der Brillanz, die Sie auf manchen Gebieten zeigten, auch einige chronische Schwächen an den Tag gelegt haben. Und ich beziehe mich dabei nicht auf Ihre physischen Probleme, von denen jeder außer mir dachte, sie würden Sie scheitern lassen, bevor noch das erste Jahr um wäre — Sie haben sich in dieser Hinsicht überraschend vernünftig gezeigt …«

Miles zuckte die Achseln. »Schmerz tut weh, Sir. Ich suche ihn nicht.«

»Sehr gut. Aber Ihr schlimmstes chronisches Problem besteht auf dem Gebiet der — wie soll ich es genau formulieren? — Unterordnung. Sie widersprechen zu viel.«

»Nein, tue ich nicht«, begann Miles ungehalten, dann schloß er sofort den Mund.

Über Cecils Gesicht huschte ein Grinsen. »Genau. Dazu Ihre ziemlich irritierende Gewohnheit, Ihre vorgesetzten Offiziere zu behandeln wie Ihre … hm …« Cecil hielt inne und suchte offensichtlich wieder nach dem richtigen Wort.

»Gleichgestellten?«, schlug Miles vor.

»Rindviecher«, korrigierte Cecil wohlüberlegt. »Die nach Ihrem Willen getrieben werden sollen. Sie sind ein Manipulator par excellence, Vorkosigan. Ich habe Sie jetzt drei Jahre lang beobachtet, und Ihre Gruppendynamik ist faszinierend. Ob Sie die Leitung hatten oder nicht, irgendwie war es immer Ihre Idee, die am Ende ausgeführt wurde.«

»Bin ich … so respektlos gewesen, Sir?« Miles wurde es ganz kalt im Bauch.

»Im Gegenteil. Wenn man Ihren Hintergrund in Betracht zieht, dann ist es ein Wunder, wie Sie diese … hm … kleine arrogante Ader so gut verbergen. Aber, Vorkosigan« — Cecil wurde jetzt endlich vollkommen ernst — »die Kaiserliche Akademie ist nicht das Ganze der Kaiserlichen Streitkräfte. Sie haben Ihre Kameraden hier dazu gebracht, Sie zu schätzen, weil hier Grips hoch im Kurs steht. Der Grund, weshalb Sie für jedes strategische Team als erster und für jeden rein körperlichen Wettbewerb als letzter ausgewählt wurden, war immer derselbe — diese jungen Heißsporne wollten gewinnen. Die ganze Zeit. Worum auch immer es ging.«

»Ich kann nicht gewöhnlich sein und trotzdem überleben, Sir.«

Cecil neigte den Kopf. »Ich stimme Ihnen zu. Aber dennoch, irgendwann müssen Sie lernen, wie man gewöhnliche Männer kommandiert. Und wie man von ihnen kommandiert wird. Das ist keine Strafe, Vorkosigan, und ich beabsichtige damit auch keinen Scherz. Von meiner Wahl kann nicht nur das Leben unserer neugebackenen Offiziere abhängen, sondern auch das jener Unschuldigen, auf die ich sie loslasse. Wenn ich mich ernstlich verkalkuliere, einen Mann mit einer Aufgabe überfordere oder auf eine falsche Stelle setze, dann bringe ich nicht nur ihn in Gefahr, sondern auch diejenigen, die um ihn herum sind. Nun, in sechs Monaten — plus noch ungeplante Verzögerungen — wird die Kaiserliche Weltraumwerft die Prinz Serg in Dienst stellen.«

Miles hielt den Atem an.

»Sie haben es kapiert«, Cecil nickte, »das neueste, schnellste, tödlichste Ding, das Seine Kaiserliche Majestät je in den Weltraum geschickt hat. Und mit der größten Reichweite. Es wird hinausfahren und länger draußen bleiben als alles, was wir je zuvor hatten. Daraus folgt, daß alle an Bord länger als je zuvor ohne Unterbrechung eng aufeinander hocken werden. Zur Abwechslung widmet das Oberkommando diesmal den psychologischen Profilen tatsächlich einige Aufmerksamkeit.«

Fliegen, dachte Miles. Ich will fliegen. »Sir … — was für eine gottverlassene Gegend ist das denn?«

»Ich möchte Sie nicht voreingenommen machen, Fähnrich Vorkosigan«, sagte Cecil begütigend.

»Hören Sie jetzt mal zu«, Cecil lehnte sich vor. Miles tat es ihm unwillkürlich gleich. »Wenn Sie es fertigbringen, einfach sechs Monate lang auf einem isolieren Posten hier unten sich nichts zuschulden kommen zu lassen — frei heraus gesagt, wenn Sie beweisen, daß Sie mit Camp Permafrost fertig werden, dann nehme ich an, daß Sie mit allem fertigwerden, was die Streitkräfte Ihnen auferlegen könnten. Und dann werde ich Ihren Antrag auf Versetzung zur Prinz Serg befürworten. Aber wenn Sie es vermasseln, dann gibt es nichts, was ich oder irgend jemand anderer für Sie tun kann. Untergehen oder schwimmen — Sie haben die Wahl, Fähnrich.«

Und ich mag Sie auch, Sir. »Aber … Infanterie. Meine physischen Grenzen … werden meinen Dienst nicht behindern, wenn man sie in Betracht zieht, aber ich kann nicht so tun, als wären sie nicht da. Oder ich könnte genauso gut von einer Mauer herunterspringen, mich sofort dabei umbringen und so allen Zeit sparen.« Verdammt, warum hat man mich drei Jahre lang einen Platz in den teuersten Unterrichtsräumen von Barrayar einnehmen lassen, wenn man die Absicht hatte, mich direkt umzubringen? »Ich hatte immer angenommen, daß sie in Betracht gezogen würden.«

»Meteorologie-Offizier ist eine technische Spezialaufgabe, Fähnrich«, beruhigte ihn der Major. »Niemand wird versuchen, Ihnen ein komplettes Marschgepäck aufzuhalsen und Sie so plattzumachen. Ich bezweifle, daß es in den Streitkräften einen Offizier gibt, der gerne dem Admiral den Grund für Ihren Tod erklären möchte.« Seine Stimme wurde etwas kühler. »Das ist Ihre Rettung, Mutant.«

Cecil war ohne Vorurteil: er testete nur. Testete immer. Miles zog den Kopf ein. »Wie ich vielleicht die Rettung für die Mutanten bin, die nach mir kommen.«

»Sie haben sich das so ausgerechnet, nicht wahr?« Cecils Blick wurde plötzlich forschend, leicht zustimmend.

»Schon vor Jahren, Sir.«

»Hm.« Cecil lächelte leicht, stieß sich vom Schreibtisch ab, kam auf Miles zu und streckte die Hand aus. »Dann viel Glück, Lord Vorkosigan.«

Miles schüttelte die Hand. »Danke, Sir.« Er blätterte den Stapel Reiseausweise durch und sortierte sie.

»Welches ist Ihre erste Station?«, fragte Cecil.

Wieder testete er. Das mußte ein verdammter Reflex bei ihm sein.

Miles antwortete unerwarteterweise: »Das Archiv der Akademie.«

»Aha!«

»Um mir das Meteorologie-Handbuch der Streitkräfte auf Diskette zu kopieren. Und ergänzendes Material.«

»Sehr gut. Übrigens, Ihr Vorgänger auf dem Posten wird noch ein paar Wochen bleiben, um Ihre Einführung abzuschließen.«

»Ich bin außerordentlich froh, das zu hören, Sir«, sagte Miles aufrichtig.

»Wir versuchen nicht, es unmöglich zu machen, Fähnrich.«

Lediglich sehr schwierig. »Ich bin auch froh, das zu wissen, Sir.«

Zum Abschied salutierte Miles fast wie ein Untergebener.


Die letzte Strecke zur Insel Kyril reiste Miles in einem großen automatischen Luftfrachtshuttle mit einem gelangweilten Reservepiloten und achtzig Tonnen Nachschub. Den größten Teil dieser einsamen Reise verbrachte er mit hektischem Pauken über das Wetter. Da der Flugplan wegen stundenlanger Verzögerungen an den beiden letzten Ladeaufenthalten bald durcheinandergeriet, fand sich Miles zu dem Zeitpunkt, als das Shuttle endlich rumpelnd auf Basis Lazkowski landete, beruhigenderweise in seinen Studien weiter fortgeschritten, als er es erwartet hatte.

Die Türen des Frachtraums öffneten sich und ließen das wässerige Licht einer Sonne herein, die sich am Horizont herumdrückte. Die Hochsommerbrise war etwa fünf Grad über dem Gefrierpunkt. Die ersten Soldaten, die Miles sah, waren eine Mannschaft von Männern in schwarzen Overalls, die unter Anleitung eines müde aussehenden Korporals mit Verladegeräten auf die Fähre zukamen. Niemand schien speziell dazu abkommandiert zu sein, einen neuen Wetteroffizier abzuholen.

Miles schlüpfte in seinen Parka und näherte sich ihnen. Ein paar der schwarzgekleideten Männer, die ihm zusahen, wie er von der Rampe herunterhüpfte, machten untereinander Bemerkungen in barrayaranischem Griechisch, einem Minderheitendialekt irdischen Ursprungs, der in der Epoche der Isolation gründlich verwildert war. Da Miles von seiner Reise müde war und der Ausdruck auf ihren Gesichtern, den er nur allzu gut kannte, ihn warnte, entschied er sich prompt, alles zu ignorieren, was sie miteinander redeten. Er gab einfach vor, ihre Sprache nicht zu verstehen. Plause hatte ihm sowieso oft genug gesagt, er habe im Griechischen einen abscheulichen Akzent.

»Schaut mal! Ist das ein Kind?«

»Ich habe ja gewußt, daß sie uns junge Offiziere schicken, aber das ist ein neuer Rekord.«

»He, das ist kein Kind. Das ist eine Art Zwerg. Bei dem hat die Hebamme wohl daneben gegriffen. Schaut euch den mal an, das ist ein Mutant!«

Miles bemühte sich, seinen Blick nicht den Urhebern dieser Bemerkungen zuzuwenden. Die waren sich zunehmend sicher, daß er sie nicht verstand, und gingen vom Flüsterton zu normaler Lautstärke über.

»Und was macht der dann in einer Uniform, na?«

»Vielleicht ist er unser neues Maskottchen.«

Die alten genetischen Ängste waren so tief eingewurzelt und selbst jetzt noch so beherrschend, daß einer zu Tode geprügelt werden konnte von Leuten, die nicht einmal genau wußten, warum sie ihn haßten, sondern einfach von der Erregung eines Gruppenfeedbacks mitgerissen wurden.

Miles wußte sehr gut, daß der Rang seines Vaters ihn immer geschützt hatte, aber sozial weniger gut gestellten Behinderten konnten schlimme Dinge passieren. Da hatte es vor gerade zwei Jahren einen gräßlichen Vorfall im Altstadtbezirk von Vorbarr Sultana gegeben, wo man einen verarmten Krüppel aufgefunden hatte, der von einer Bande Betrunkener mit einer zerbrochenen Weinflasche kastriert worden war.

Man hielt es schon für einen Fortschritt, daß es einen Skandal darum gab und daß das Ganze nicht einfach hingenommen wurde. Vor kurzem hatte eine Kindstötung im eigenen Distrikt der Vorkosigans das Problem noch drastischer aufgezeigt. Ja, ein höherer Rang, ob sozial oder militärisch, hatte seine Vorteile. Miles war entschlossen, alles zu erreichen, was er konnte, bevor er fertig war.

Er zupfte seinen Parka zurecht, so daß seine Offiziersabzeichen am Kragen deutlich sichtbar wurden. »Hallo, Korporal. Ich habe Befehl, mich bei einem Leutnant Ahn zu melden, dem Meteorologie-Offizier der Basis. Wo kann ich ihn finden?«

Miles wartete einen Herzschlag lang auf den korrekten Gruß des Korporals. Es dauerte eine Weile, der Korporal glotzte immer noch auf ihn herab. Schließlich dämmerte es ihm, daß Miles vielleicht wirklich ein Offizier war.

Verspätet salutierte er. »Entschuldigen Sie … äh … was haben Sie gesagt, Sir?«

Miles erwiderte den Gruß höflich und wiederholte seine Worte in ruhigem Ton.

»Aha, Leutnant Ahn, richtig. Gewöhnlich versteckt er sich — das heißt, gewöhnlich ist er in seinem Büro. Im zentralen Verwaltungsgebäude.«

Der Korporal schwang seinen Arm herum, um auf einen zweistöckigen Plattenbau zu zeigen, der aus einer Reihe halbvergrabener Lagerhäuser am Ende des Rollfeldes etwa einen Kilometer entfernt herausragte. »Sie können es nicht verfehlen, es ist das höchste Gebäude auf der Basis.« Außerdem, bemerkte Miles, gut gekennzeichnet durch die Ansammlung verschiedenster Antennen, die auf dem Dach aufragten. Sehr gut.

Sollte er nun sein Gepäck diesen Trotteln übergeben und darum beten, daß es ihm dann zu seinem endgültigen Ziel folgte, wo immer das auch sein mochte? Oder ihre Arbeit unterbrechen und einen Ladewagen für den Transport abkommandieren? Einen Augenblick lang stellte er sich vor, wie er auf dem Vorderteil dieses Dings stand wie die Galionsfigur eines Segelschiffs und zusammen mit einer halben Tonne ›Unterwäsche, Warm, Lang, 2 Dutzend pro Kiste, Ausführung Nr. 6.774.932‹ zur Begegnung mit seiner Bestimmung geschoben wurde. Da entschied er sich, seinen Sack zu schultern und zu Fuß zu gehen.

»Danke, Korporal.« Er marschierte in die gezeigte Richtung los und war sich dabei seines Hinkens und der Beinschienen, die unter seinen Hosenbeinen verborgen ihren Teil des Extragewichts trugen, nur allzu bewußt. Es war weiter, als es ausgesehen hatte, aber Miles achtete darauf, nicht innezuhalten und nicht zu schwanken, bevor er hinter der ersten Lagerhauseinheit außer Sicht war.

Die Basis schien nahezu verlassen. Natürlich. Den Großteil ihrer Insassen bildeten die Infanterierekruten, die in zwei Schüben pro Winter kamen und gingen. Jetzt war nur die Dauermannschaft hier, und Miles vermutete, daß die meisten ihren Haupturlaub während dieser kurzen Atempause im Sommer nahmen. Im Innern des Verwaltungsgebäudes hielt er keuchend an. Er war niemandem begegnet.

Das Display des elektronischen Orientierungsplans war außer Betrieb, wie ein handgeschriebenes Schildchen mitteilte, das über die Vidscheibe geklebt war. Miles wanderte den ersten und einzigen Korridor auf der rechten Seite entlang und suchte nach irgendeinem Dienstzimmer, in dem irgendjemand arbeitete. Die meisten Türen waren zu, aber nicht abgesperrt, die Lichter waren ausgeschaltet. In einem Büro mit dem Schild ›Allgemeine Buchhaltung‹ saß ein Mann in schwarzer Arbeitsuniform mit roten Leutnantsabzeichen am Kragen völlig vertieft vor seinem Holovid, das lange Tabellen von Daten anzeigte, und fluchte leise vor sich hin.

»Wo ist das Meteorologie-Büro?«, rief Miles durch die Tür.

»Erster Stock.« Der Leutnant zeigte nach oben, ohne sich umzuwenden, kauerte sich noch mehr zusammen und begann wieder zu fluchen. Miles ging auf Zehenspitzen davon, ohne ihn weiter zu stören. Er fand endlich das Büro im ersten Stock, eine geschlossene Tür mit einem Schild in verblichenen Buchstaben.

Er machte davor halt, setzte sein Gepäck ab und legte seinen Parka gefaltet darauf. Dann überprüfte er sein Aussehen. Vierzehn Stunden Reise hatten seine ursprüngliche Schneidigkeit etwas in Mitleidenschaft gezogen. Es war ihm jedoch gelungen, seine grüne Interimsuniform und seine Halbstiefel von Essensflecken, Schlamm und anderen Verunreinigungen freizuhalten. Er strich seine Mütze glatt und steckte sie vorschriftsmäßig in den Gürtel.

Einen halben Planeten und ein halbes Lebensalter hatte er durchmessen, um diesen Augenblick zu erreichen. Drei Jahre fieberhaften Trainings lagen hinter ihm. Aber die Jahre an der Akademie hatten immer einen leichten Hauch von bloßem Anschein gehabt, von ›Wir üben ja nur‹, jetzt befand er sich endlich der Wirklichkeit gegenüber, seinem ersten echten kommandierenden Offizier. Erste Eindrücke konnten von vitaler Bedeutung sein, besonders in seinem Fall.

Er holte Atem und klopfte. Eine rauhe, gedämpfte Stimme klang durch die Tür, die Worte waren nicht zu verstehen. Eine Einladung? Miles öffnete und trat ein. Er hatte einen flüchtigen Eindruck von Computerterminals und Vid-Displays, die an einer Wand leuchteten und glühten. Die Hitze, die sein Gesicht traf, ließ ihn fast zurücktaumeln. Die Luft in dem Büro hatte Körpertemperatur. Abgesehen von den Vid-Displays war der Raum im Halbdunkel.

Auf eine Bewegung zu seiner Linken hin wandte Miles sich um und salutierte. »Fähnrich Miles Vorkosigan meldet sich zum Dienst wie befohlen, Sir«, sprudelte er hervor, blickte auf und sah niemanden.

Die Bewegung war von weiter unten gekommen. Ein unrasierter Mann von etwa vierzig Jahren, nur in Unterwäsche gekleidet, saß auf dem Boden, mit dem Rücken gegen das Pult der Kommunikationskonsole gelehnt. Er lächelte zu Miles empor, hob eine Flasche mit einer bernsteingelben Flüssigkeit, murmelte: »Salü, mein Junge, höchst erfreut!« und kippte langsam um.

Miles blickte einen langen, langen nachdenklichen Moment auf ihn hinab.

Der Mann begann zu schnarchen.

Nachdem er die Hitze etwas heruntergeschaltet, seine Jacke ausgezogen und eine Decke über Leutnant Ahn geworfen hatte (denn um den handelte es sich), gönnte sich Miles eine beschauliche halbe Stunde und untersuchte seine neue Domäne gründlich.

Es gab keinen Zweifel, er würde Instruktionen bezüglich des Betriebs dieses Büros brauchen. Außer den Echtzeitbildern von den Satelliten schienen automatisch erhobene Daten von einem Dutzend Anlagen einzulaufen, die zur Erfassung des Mikroklimas über die Insel verteilt waren. Falls es je Betriebshandbücher gegeben hatte, so waren sie jetzt nicht vorhanden, nicht einmal auf den Computern. Zunächst zögerte Miles und betrachtete nachdenklich die schnarchende, zuckende Gestalt auf dem Boden, doch dann überwand er seine Hemmungen und nutzte die Gelegenheit, Ahns Schreibtisch und die Dateien der Komkonsole zu durchsuchen.

Die Entdeckung einiger relevanter Fakten half ihm, die Szene, deren Zeuge er geworden war, besser zu verstehen. Leutnant Ahn war allem Anschein nach ein Mann mit zwanzigjähriger Dienstzeit, der wenige Wochen vor seinem Ausscheiden stand. Seine letzte Beförderung lag schon sehr lange zurück. Noch weiter zurück lag seine letzte Versetzung: in den letzten fünfzehn Jahren war er der einzige Wetteroffizier auf Kyril gewesen.

Dieser arme Hund hockt auf diesem Eisberg, seit ich sechs Jahre alt war, rechnete Miles nach und schauderte innerlich. Zu diesem späten Zeitpunkt war es schwer zu sagen, ob Ahns Alkoholproblem Ursache oder Wirkung war. Nun ja, wenn er wieder ausreichend nüchtern sein sollte, um Miles zu zeigen, worin seine Aufgaben bestanden, dann war es schön und gut. Wenn nicht, dann konnte Miles sich ein halbes Dutzend Methoden vorstellen (darunter auch grausame und ungewöhnliche), um ihn wieder auf die Beine zu bringen, ob er zu Bewußtsein kommen wollte oder nicht.

Wenn Ahn wenigstens dazu gebracht werden konnte, eine fachliche Einführung von sich zu geben, dann durfte er, soweit es Miles betraf, ruhig wieder in sein Koma fallen, bis man kam, um ihn zum Abtransport zu karren.

Nachdem Ahns Schicksal entschieden war, zog Miles seine Uniformjacke wieder an, verstaute seine Sachen hinter dem Schreibtisch und ging auf Entdeckungsreise. Irgendwo in der Befehlskette mußte es ein bei Bewußtsein befindliches, nüchternes und geistig gesundes menschliches Wesen geben, das tatsächlich seine Arbeit machte, sonst könnte dieser Laden nicht einmal auf diesem Niveau funktionieren. Oder wurde er vielleicht von kundigen Korporalen geleitet? In diesem Fall, so vermutete Miles, bestand seine nächste Aufgabe darin, den effektivsten verfügbaren Korporal ausfindig zu machen und seiner Kontrolle zu unterstellen.

In der Vorhalle im Erdgeschoß näherte sich Miles eine menschliche Gestalt, zunächst als Silhouette vor dem Licht, das durch die Eingangstüren fiel. Die Gestalt joggte präzis im Rhythmus des Schnellschritts und verwandelte sich in einen großen, kräftig gebauten Mann in Trainingshosen, T-Shirt und Sportschuhen. Er war offensichtlich gerade von einem konditionsfördernden Fünfkilometerlauf zurückgekommen, vielleicht mit ein paar hundert Liegestützen zum Dessert.

Eisengraue Haare, eisenharte Augen: vielleicht handelte sich bei ihm um einen besonders mürrischen Ausbildersergeanten. Er machte jäh halt und blickte erstaunt auf Miles herab. Er kniff verblüfft die Lippen zusammen und runzelte die Stirn. Miles stand mit leicht gespreizten Beinen da, warf den Kopf in den Nacken und erwiderte den Blick mit gleicher Intensität. Der Mann schien Miles’ Kragenabzeichen völlig zu ignorieren.

Aufgebracht versetzte Miles: »Sind alle Verantwortlichen hier im Urlaub, oder gibt es tatsächlich jemanden, der diesen verdammten Laden leitet?«

Die Augen des Mannes funkelten, als wäre ihr Eisen auf Feuerstein geschlagen, und dieses Funkeln entzündete ein kleines Warnlicht in Miles’ Gehirn, einen geschwätzigen Moment zu spät. Hallo, schauen Sie, Sir! schrie der hysterische Spötter im Hintergrund von Miles’ Bewußtsein, mit Sprung, Verbeugung und Schwenk. Ich bin Ihr neuestes Ausstellungsstück!

Miles unterdrückte diese Stimme unbarmherzig. In keiner Falte des runzeligen Gesichts, das da über ihm drohend aufragte, gab es auch nur das geringste Anzeichen von Humor. Mit einem kalten Zucken seiner scharf geschnittenen Nasenflügel blickte der Kommandant der Basis wütend auf Miles herab und knurrte: »Ich leite diesen Laden, Fähnrich.«

Dichter Nebel wälzte sich von der fernen, murmelnden See heran, als Miles endlich den Weg zu seiner neuen Unterkunft gefunden hatte. Die Offizierskaserne und alles um sie herum war in eine graue, frostige Düsternis gehüllt. Miles kam zu dem Schluß, daß es sich hierbei um ein Omen handelte.

O Gott, das würde ein langer Winter werden.

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