8

Der silberne Mond Solinari leuchtete am Horizont. Sich über den mittleren Turm des Tempels des Königspriesters erhebend, wirkte er wie eine Kerzenflamme, die an einem langen Docht brannte. Er schien in dieser Nacht voll und hell.

Solinaris Partner, der blutrote Lunitari, war noch nicht aufgegangen, um die Straßen mit seiner unheimlichen purpurnen Helligkeit zu überfluten. Was den dritten Mond betraf, den schwarzen, so wurde seine dunkle Rundheit inmitten der Sterne von einem Mann wahrgenommen, der ihn kurz ansah, als er sich seiner schwarzen Roben entledigte, die mit Zauberzutaten schwer beladen waren, und ein einfacheres, weiches schwarzes Nachthemd überstreifte. Er zog sich die schwarze Kapuze über den Kopf, um Solinaris durchdringendes Licht abzuwehren, legte sich in sein Bett und glitt in den erholsamen Schlaf, der für seine Kunst so notwendig war.

Zumindest stellte sich Caramon das so vor, als er und der Kender durch die mondbeleuchteten bevölkerten Straßen gingen. Die Nacht war von Freude belebt. Sie passierten Gruppen von Männern, die ausgelassen lachten und über die Spiele diskutierten, und Gruppen von Frauen, die Caramon schüchtern musterten.

Die Frauen waren von ihm hingerissen. Sie hatten ihn an diesem Nachmittag kämpfen sehen, und er hatte ihre Herzen gewonnen. Sie stellten alberne Fragen über die Spiele, hörten aber seinen Antworten nicht zu. Caramon war sehr nervös und redete ziemlich verworren. Schließlich setzten sie ihren Weg fort, lachten und wünschten ihm viel Glück. Caramon warf dem Kender einen fragenden Blick zu, aber Tolpan schüttelte nur den Kopf.

Er hatte darauf bestanden, daß Caramon den goldenen Seidenumhang anzog und den Helm aufsetzte, wie am Nachmittag in der Arena. Es schien überhaupt nicht angemessen, sich so in den Tempel zu schleichen – Caramon hatte Visionen, durch Abwasserkanäle zu kriechen oder über Dächer zu klettern. Aber als er sich gesträubt hatte, waren Tolpans Augen kalt geworden. Entweder tat Caramon, wie ihm gesagt wurde, oder er konnte die Sache vergessen, gab er ihm in scharfem Ton zu verstehen.

Caramon hatte sich seufzend angekleidet, den Umhang über sein lose hängendes Hemd und die Lederhose geworfen. Den blutverschmierten Dolch hatte er in seinen Gürtel gesteckt.

Für den Kender war es eine einfache Angelegenheit gewesen, ihre Tür aufzuschließen, nachdem Raag sie für die Nacht eingeschlossen hatte, und die zwei waren durch den Schlafbereich der Gladiatorenquartiere geschlüpft, ohne Aufsehen zu erregen; die meisten Krieger schliefen oder waren wie die Minotaurier sturzbetrunken.

Die zwei gingen zu Caramons großem Unbehagen offen durch die Straßen. Aber der Kender schien deswegen nicht beunruhigt zu sein. Ungewöhnlich niedergeschlagen und schweigsam, überhörte Tolpan Caramons wiederholte Fragen. Sie kamen dem Tempel immer näher. Er tauchte vor ihnen in seinem ganzen perlmutternen und silbernen Glanz auf, und schließlich blieb Caramon stehen.

»Warte einen Augenblick, Tolpan«, sagte er leise und zog den Kender in eine dunkle Ecke. »Wie hast du geplant, uns da hineinzubringen?«

»Durch die Haupttore«, antwortete Tolpan ruhig.

»Die Haupttore?« wiederholte Caramon erstaunt. »Bist du verrückt? Die Wachen! Sie werden uns aufhalten...«

»Es ist ein Tempel, Caramon«, sagte Tolpan mit einem Seufzer. »Ein Tempel für die Götter. Böse Leute betreten ihn einfach nicht.«

»Aber Fistandantilus«, hielt Caramon mürrisch entgegen.

»Nur, weil es der Königspriester erlaubt«, sagte Tolpan schulterzuckend. »Sonst könnte er dort nicht eintreten. Die Götter würden das nicht zulassen. Zumindest hat mir das ein Kleriker so erklärt, den ich gefragt habe.«

Caramon runzelte die Stirn. Der Dolch in seinem Gürtel schien schwer, das Metall brannte heiß an seiner Haut. Nur Einbildung, sagte er sich. Immerhin hatte er schon vorher Dolche getragen. Er griff unter seinen Umhang und tastete sich vergewissernd nach ihm. Dann preßte er die Lippen zusammen und ging auf den Tempel zu. Nach einem Augenblick des Zögerns holte Tolpan ihn ein.

»Caramon«, sagte der Kender mit leiser Stimme. »Ich... ich glaube, ich weiß, was du denkst. Ich habe das Gleiche gedacht. Was ist, wenn die Götter uns nicht einlassen?«

»Wir haben die Absicht, Böses zu vernichten«, entgegnete Caramon; seine Hand ruhte am Dolchgriff. »Sie werden uns beistehen und uns nicht behindern. Du wirst es sehen.«

Schließlich erreichten sie die prachtvollen Stufen, die zum Tempel führten.

Caramon hielt inne und starrte das Gebäude an. Sieben Türme streckten sich in den Himmel. Aber einer erhob sich spiralförmig über die anderen. Sein perlmutt- und rosafarbener Marmor leuchtete sanft im Mondschein, in seinen ruhigen Wasserteichen spiegelten sich die Sterne; seine riesigen Gärten mit lieblichen, duftenden Blumen raubten Caramon den Atem. Er konnte sich nicht bewegen, als wäre er durch dieses Wunderwerk gebannt.

Und dann kam aus einer weitentfernten Ecke seines Gehirns ein Gefühl des Entsetzens hervor. Er hatte ihn zuvor bereits gesehen! Aber er hatte ihn in einem Alptraum gesehen... Verwirrt schloß er die Augen. Wo? Dann fiel es ihm ein. Der Tempel von Neraka, in dem er gefangengehalten wurde! Der Tempel der Königin der Finsternis! Caramon bebte. Überwältigt von dieser furchtbaren Erinnerung, fragte er sich, welche Vorbedeutung das haben könnte, und dachte kurz daran, umzukehren und zu fliehen.

Dann spürte er Tolpan an seinem Arm ziehen. »Geh weiter!« befahl der Kender. »Du wirkst verdächtig!«

Caramon schüttelte den Kopf und strich die dummen Erinnerungen aus seinem Gehirn, die nichts bedeuteten, wie er sich einredete. Die zwei erreichten die Wachen an der Tür.

»Tolpan!« rief Caramon plötzlich und ergriff den Kender so fest an der Schulter, daß er vor Schmerz aufkreischte. »Tolpan, das ist eine Prüfung! Wenn die Götter uns hineinlassen, weiß ich, daß wir das Richtige unternehmen! Wir haben dann ihren Segen!«

Tolpan hielt inne. »Bist du dir sicher?« fragte er.

»Natürlich!« Caramons Augen leuchteten im hellen Licht Solinaris. »Du wirst schon sehen. Komm jetzt.« Mit neuem Vertrauen ging der große Mann die Stufen hoch. Er bot einen beeindruckenden Anblick, der goldene Seidenumhang flatterte um ihn, der goldene Helm blitzte im Mondlicht. Die Wachen hörten auf, sich zu unterhalten, drehten sich um und beobachteten ihn. Einer stieß den anderen an, sagte etwas und machte eine schnelle, schlitzende Bewegung. Der andere grinste, schüttelte den Kopf und musterte Caramon bewundernd.

Caramon wußte sofort, was diese Pantomime darstellte, und spürte wieder das warme Blut über seine Hand spritzen, hörte die letzten geröchelten Worte des Barbaren. Aber er war zu weit gegangen, um jetzt aufzugeben. Und vielleicht war das auch ein Zeichen, sagte er sich. Der Geist des Barbaren verweilte in der Nähe, gierig auf Rache bedacht.

»Ich grüße dich, Gladiator«, rief einer der Wächter. »Du bist neu bei den Spielen, nicht wahr? Ich erzählte gerade meinem Kollegen, daß er heute einen guten Kampf verpaßt hat. Nicht nur das, durch dich habe ich auch noch sechs Silberstücke gewonnen. Wie wirst du genannt?«

»Er ist der ›Sieger‹«, antwortete Tolpan schlagfertig. »Und heute war erst der Anfang. Er wurde im Kampf noch nie besiegt, und das wird auch nie der Fall sein.«

»Und wer bist du, kleiner Taschendieb? Sein Manager?«

»Sicher«, sagte Caramon, »und auch ein guter.«

Die Wächter blinzelten sich wissend an, einer schüttelte neidisch den Kopf. »Ich habe die Frauen gesehen, wie sie dich heute beobachtet haben«, sagte er, sein Blick glitt über Caramons breite Schultern. »Ich hätte es wissen müssen, daß du zum Abendessen eingeladen bist.«

Worüber redeten sie? Caramons fragender Blick ließ die Wächter in erneutes Lachen ausbrechen.

Caramon betrat den Tempel. Im Gehen hörte er die Wachen plumpe Witze austauschen. Er zog den Kender in einen Korridor und stürzte in die nächste Ecke, auf die er stieß. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, wo er sich befand.

Als die Wachen nicht mehr zu sehen und zu hören waren, ließ er Tolpan frei.

Der Kender war blaß, seine Augen waren aufgerissen. »Nun, diese... diese... Ich werde... Sie werden es bereuen...«

»Tolpan!« Caramon schüttelte ihn. »Beruhige dich. Erinnere dich, warum wir hier sind!«

»Taschendieb! Als ob ich ein gemeiner Halunke wäre!« Tolpan war sehr erzürnt. »Ich...«

Caramon sah ihn finster an, und der Kender brach ab. Als er sich wieder unter Kontrolle hatte, holte er tief Luft und atmete langsam wieder aus. »Es ist jetzt in Ordnung«, sagte er verdrossen.

»Nun, wir sind im Tempel, obgleich nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe«, murmelte Caramon. »Hast du gehört, was sie gesagt haben?«

»Nein, nur ›Ta...Taschendieb‹«

»Es hörte sich an... als ob die Damen M...männer hier einladen, um... Du weißt schon...«

»Hör mal, Caramon«, sagte Tolpan aufgebracht. »Du hast dein Zeichen bekommen. Sie haben uns hineingelassen. Sie haben dich wahrscheinlich nur auf den Arm genommen. Du weißt genau, wie leichtgläubig du bist. Du glaubst alles! Tika sagt das auch.«

Tikas Bild tauchte vor Caramons geistigem Auge auf. Er konnte hören, wie sie lachend diese Worte sagte. Er funkelte Tolpan wütend an, dann schob er die Erinnerung sofort beiseite.

Es gab im Tempel einen Korridor, den nur wenige betraten, und von diesen tat es niemand freiwillig. Wenn sie hier gezwungenermaßen einen Botengang zu erledigen hatten, erfüllten sie ihre Aufgabe und verschwanden so schnell wie möglich.

Der Korridor war so prachtvoll wie auch die anderen Hallen und Korridore im Tempel. Wunderschöne Wandteppiche in hellen Farben zierten die Wände, weiche Teppiche bedeckten den Marmorboden, anmutige Statuen füllten seine schattigen Alkoven. Mit Verzierungen versehene Holztüren gingen von ihm ab, führten zu Räumen, die wie die anderen Räume im Tempel dekoriert waren. Aber die Türen wurden nicht mehr geöffnet. Sie waren alle verschlossen. Alle Räume waren leer – alle außer einem.

Dieser Raum lag am entferntesten Ende des Korridors, der selbst tagsüber dunkel und still war. Es war, als ob der Bewohner dieses Raumes ein Leichentuch über den Boden geworfen hätte, über den er ging, über die Luft, die er einatmete. Wer diesen Korridor betrat, klagte über Eistickungsgefühle.

In diesem Raum lebte Fistandantilus seit Jahren, seit der Königspriester an die Macht gelangt war und die Zauberkundigen aus ihrem Turm in Palanthas vertrieben hatte, dem Turm, in dem Fistandantilus als Oberhaupt der Versammlung geherrscht hatte.

Welchen Handel hatten sie abgeschlossen, die führenden Kräfte des Guten und des Bösen auf der Welt? Welche Übereinkunft hatten sie getroffen, die es ermöglichte, daß der Dunkle im Inneren des heiligsten Ortes auf Krynn lebte? Niemand wußte es. Die meisten glaubten, daß es als Gnadenerweis des Königspriesters geschah, als eine ehrenhafte Geste einem besiegten Feind gegenüber.

Aber selbst der Königspriester ging nicht in diesen Korridor. Hier zumindest herrschte der große Magier in beängstigender Hoheit.

Am anderen Ende des Korridors befand sich ein hohes Fenster. Schwere Plüschvorhänge hielten tagsüber das Sonnenlicht und in der Nacht die Mondstrahlen fern. Äußerst selten drang Licht durch die dicken Falten der Vorhänge. Aber in dieser Nacht, vielleicht weil die Diener vom Vorstand der Hofhaltung angehalten worden waren, den Korridor zu säubern und Staub zu wischen, waren die Vorhänge ein klein wenig geteilt, so daß das silberne Licht Solinaris in den Korridor fiel. Die Strahlen des Mondes, den die Zwerge »Kerze in der Nacht« nannten, durchdrangen die Dunkelheit wie eine lange dünne Klinge aus glitzerndem Stahl.

»Dort ist seine Tür«, erklärte der Kender leise. »Auf der linken Seite.«

Caramon griff noch einmal unter seinen Umhang, suchte den Knauf des Dolches, seine beruhigende Gegenwart. Der Knauf war kalt. Caramon erschauerte und zog schnell seine Hand zurück.

Es schien eine einfache Angelegenheit, in den Korridor zu gehen. Dennoch konnte er sich nicht bewegen. Vielleicht war es die Ungeheuerlichkeit, die er zu tun beabsichtigte – das Leben eines Mannes zu nehmen, nicht in der Schlacht, sondern im Schlaf. Gab es ein scheußlicheres, feigeres Verbrechen?

Die Götter haben mir ein Zeichen gegeben, erinnerte sich Caramon, und er zwang sich dazu, an den sterbenden Barbaren zu denken. Er zwang sich dazu, an die Qualen seines Bruders im Turm zu denken. Er erinnerte sich, wie mächtig dieser böse Magier war, wenn er wach war. Caramon holte tief Luft und umklammerte den Knauf des Dolches. Er begann, in den stillen Korridor zu laufen; das Mondlicht schien ihm nun zuzuwinken.

»Bleib hier«, befahl Caramon dem Kender.

»Nein...«, begann Tolpan, aber Caramon brachte ihn zum Schweigen.

»Du mußt aber. Jemand muß am Ende des Korridors Wache halten. Wenn jemand kommt, mach ein Geräusch oder irgend etwas.«

»Aber...«

Caramon warf dem Kender einen finsteren Blick zu.

Tolpan schluckte und nickte. »Ich... ich werde mich dort drüben hinstellen, dort im Schatten.« Er zeigte in die Richtung und schlich davon.

Caramon wartete, bis er sicher war, daß Tolpan ihm nicht »zufällig« folgte. Dann drehte er sich um und setzte seinen Weg fort.

In seiner Ecke stehend sah Tolpan Caramon den Korridor hinunterlaufen. Er sah, wie der große Mann dessen Ende erreichte, eine Hand ausstreckte und sie auf den Türgriff legte. Er sah, wie Caramon die Tür leicht anstieß. Sie gab seinem Druck nach und öffnete sich lautlos. Caramon verschwand.

Caramon bewegte vorsichtig seinen breiten Körper durch die Tür, die er nur einen Spalt geöffnet hatte, für den Fall, daß die Angeln quietschten. Aber alles blieb ruhig. Kein Geräusch aus dem Tempel drang in diese Kammer, als ob das Leben selbst von der Dunkelheit verschluckt würde. Caramon spürte seine Lungen brennen, und ihm fiel eine lebhafte Erinnerung aus der Zeit ein, als er im Blutmeer von Istar beinahe ertrunken wäre. Entschlossen widerstand er dem Verlangen, Luft zu holen.

Er hielt in der Tür kurz inne, versuchte sein rasendes Herz zu beruhigen und sah sich im Zimmer um. Solinaris Licht strömte durch eine Lücke in den schweren Vorhängen, die das Fenster bedeckten. Ein Splitter silbernen Lichtes durchschnitt die Dunkelheit in einem schmalen Spalt, der zum Bett am anderen Ende des Zimmers führte.

Die Kammer war spärlich eingerichtet. Caramon bemerkte die Umrisse einer schweren schwarzen Robe, die über einem Holzstuhl hing. Weiche Lederstiefel standen daneben. Kein Feuer brannte im Kamin, die Nacht war zu warm. Den Dolchknauf umklammernd, zog Caramon die Waffe langsam hervor und durchquerte den Raum, geführt vom silbernen Mondlicht.

Ein Zeichen der Götter, dachte er; sein klopfendes Herz erstickte ihn fast. Er spürte Angst, eine Angst, die er in seinem Leben selten gespürt hatte. Ich muß es schnell erledigen! sagte er sich, besorgt, ohnmächtig zu werden oder sich übergeben zu müssen. Der weiche Teppich dämpfte seine Schritte. Jetzt konnte er das Bett sehen und die Gestalt, die darin schlief. Er schlich sich zum Bett, lauschte, den Dolch in der Hand, dem ruhigen Atem seines Opfers, versuchte eine Veränderung im gleichmäßigen Rhythmus auszumachen, die ihm sagen würde, daß er entdeckt worden war.

Ein und aus... ein und aus... der Atem ging stark, tief, friedlich. Der Atem eines gesunden jungen Mannes. Caramon erschauerte, erinnerte sich, wie alt der Zauberer sein mußte, erinnerte sich an die finsteren Geschichten, die er darüber gehört hatte, wie Fistandantilus seine Jugend erneuerte. Der Atem des Mannes ging regelmäßig, ohne Unterbrechungen. Das Mondlicht strömte herein, ein Zeichen...

Caramon hob den Dolch. Ein Stoß, schnell und sauber, tief in die Brust, und es war vorüber. Caramon zögerte. Nein, bevor er zustieß, wollte er das Gesicht sehen – das Gesicht des Mannes, der seinen Bruder so gequält hatte. Caramon hob wieder den Dolch, aber seine Hand zitterte. Er mußte das Gesicht sehen! Vorsichtig zog er die schwarze Kapuze beiseite.

Solinaris silbernes Licht ergoß sich über das Gesicht des schlafenden Magiers. Caramons Hand erstarrte, als er das Gesicht auf dem Kissen betrachtete.

Es war das Gesicht eines jungen Zauberkundigen, erschöpft von langen Nächten des Studiums, aber jetzt entspannt, willkommene Ruhe findend. Es war das Gesicht eines Mannes, in das ständiger Schmerz harte Linien eingegraben hatte. Es war ein Gesicht, das Caramon so vertraut wie sein eigenes war, ein Gesicht, auf das er unzählige Male im Schlaf geschaut hatte, ein Gesicht, das er mit erfrischendem Wasser gekühlt hatte...

Die den Dolch haltende Hand fuhr hinab, bohrte die Klinge in die Matratze. Caramon fiel neben dem Bett auf die Knie. Er wurde von Krämpfen geschüttelt und weinte.

Raistlin öffnete die Augen und richtete sich auf, blinzelte im hellen Licht Solinaris. Er zog sich wieder die Kapuze über die Augen, dann, vor Wut aufseufzend, streckte er eine Hand aus und nahm den Dolch aus dem kraftlosen Griff seines Bruders.

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