4

»Hände auf den Rücken«, befahl Lady Gina.

Stillstehend, gehorchte ich. Mit geschickter Bewegung legte sie mir Handschellen an; anscheinend hatte sie darin Erfahrung. Nicht minder geschickt band sie mir dann einen Lendenschurz um.

»Es geht nicht darum, deine Gefühle zu schonen, Jason«, erklärte sie. »Vielmehr wird dein GoreanischUnterricht vorwiegend von Sklavinnen bestritten.«

»Sklavinnen, Herrin?« fragte ich.

»Ja. Es sind stinkende, hirnlose, lüsterne kleine Dirnen, die schon in den Armen von Goreanern gelegen haben. Das hat sie für die Freiheit verdorben. Wertlose, sinnliche kleine Ungeheuer, deren Leidenschaften von grausamen goreanischen Herren geweckt worden sind. Ihre Sexualität, ihre Schamlosigkeit, ihr Begehren, ihre Hilflosigkeit – das alles beleidigt eine freie Frau. Ich möchte nicht, daß sie über dich herfallen.«

»Nein, Herrin«, stimmte ich ihr zu.

Lady Gina löste eine Kette von ihrem Gürtel und hakte sie in den Ring, der an meinem Halskragen befestigt war.

»Komm, Jason«, sagte sie und führte mich wie ein Haustier aus der Zelle. »Dies ist Lola. Und das Tela«, erklärte Lady Gina und deutete auf die beiden Mädchen.

Ich war erstaunt. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, daß es solche Frauen geben konnte. Ich hatte Mühe zu atmen, so heftig reagierte ich. Zum erstenmal in meinem Leben hatte ich goreanische Sklavinnen vor mir.

Ich begegnete ihrem Blick. Sie musterten mich mit mürrischem Interesse. Beide Mädchen waren unglaublich schön und so gut wie nackt. Das besagte aber nicht viel. Wenn Sie noch keine Sklavin gesehen haben, kann ich Ihnen die Wirkung einer solchen Begegnung wohl nur ansatzweise wiedergeben. Stellen Sie sich die aufregendste und begehrenswerteste Frau vor, die Sie jemals gesehen haben; stellen Sie sich vor, daß sie nackt vor Ihnen steht, in einem Sklavenkragen, der Ihnen gehört, und daß sie Ihnen gehorchen muß. Ich betrachtete die Mädchen. Gewiß, ihre Körper waren anmutig und wohlgerundet, und beide waren ungewöhnlich, ja unglaublich schön; doch waren es nicht diese Attribute oder ihre Nacktheit, die sie so anders wirken ließen. Was sie von anderen Frauen unterschied, was ihre Schönheit zehntausendmal stärker und erregender wirken ließ, war die Tatsache, daß sie ganz konkret und real im Besitz eines Herrn standen: Sklavinnen durch und durch.

Die beiden knieten vor Lady Gina. Sie sprach mit ihnen auf goreanisch. Ich vernahm das Wort ›Kajirus‹, das ich später als Bezeichnung für einen männlichen Sklaven kennenlernen sollte, und das Wort ›Jason‹, – den Namen, den man mir gegeben hatte. Wie sehr ich Lady Gina beneidete, vor der zwei solche Schönheiten knieten!

Unterwürfig blickten die beiden zu ihr auf. Ich konnte den Blick nicht von ihnen abwenden. Sie waren die ersten Sklavinnen meines Lebens.

Lola, eines der Mädchen, stellte Lady Gina eine Frage, auf die sie prompt Antwort erhielt. Und dann gingen die goreanischen Anweisungen weiter.

Ich ballte die Fäuste in den Handschellen. Am liebsten hätte ich losgebrüllt vor Freude über diese Welt, auf der es solche Frauen gab. Sie waren überaus sinnlich, durch und durch feminin, unerträglich lasziv – und Sklavinnen.

Nun drehte Lady Gina die rechte Hand und hob sie leicht. Beide Mädchen reagierten sofort auf das Zeichen und erhoben sich.

Sie wandten sich zu mir um und musterten mich. Beide hatten dunkle Haare und dunkle Augen. Goreaner sind überwiegend brünett – ähnlich dem Erdentypus, von dem sie sich wohl im wesentlichen herleiten. Größere Abweichungen gibt es nur in Torvaldsland und gewissen anderen nördlichen Bereichen. Lola schätzte ich auf etwa einen Meter sechzig, während Tela diese Größe nicht ganz erreichte.

»Gefallen dir die Mädchen, Jason?« fragte Lady Gina.

»Ja, Herrin.«

»Sie werden deine Goreanisch-Lehrerinnen sein.«

»Ja, Herrin. Vielen Dank, Herrin.«

»Nimm dich vor ihnen in acht«, sagte sie.

»Herrin?« fragte ich.

»Findest du sie schön?«

»Ja, Herrin.«

»Begehrst du sie?«

»Ja, Herrin.«

Lady Gina gab den beiden Mädchen ein Zeichen, und sie stürzten sich auf mich und begannen mit Ledergerten auf mich einzuschlagen.

Entsetzt zog ich den Kopf ein. Als die Züchtigung vorüber war, brannte mein Körper an einem Dutzend Stellen.

Lady Gina sagte etwas zu Lola. Sofort legte das Mädchen die Hände hinter den Kopf, beugte sich weit zurück, knickte ein wenig die Knie ein und präsentierte sich mir auf diese Weise. Vermutlich mußten sich so die Sklavinnen ihren Herren darbieten. Der Anblick reizte mich beinahe zum Schluchzen.

»Schade – deine Hände sind gefesselt, Jason«, sagte Lady Gina. »Du würdest sie gern berühren, nicht wahr?«

Ich begann mich zu winden. »Bitte schlagen Sie mich nicht!« flehte ich.

»Antworte, Sklave!«

»Nein, Herrin, nein, Herrin!«

»Du möchtest sie nicht in die Arme nehmen?« Sie versetzte mir einen Tritt. »Eine Lüge kann dich das Leben kosten, Sklave!« sagte sie.

»Verzeih, Herrin.«

»Hast du gelogen?«

»Ja, Herrin«, antwortete ich. »Ich habe gelogen! Verzeih mir.«

»Du möchtest sie also in die Arme nehmen?«

Ich betrachtete das aufreizend dastehende Mädchen. »Ja, Herrin.«

Lady Gina sagte etwas zu den beiden Mädchen. »Du wirst jetzt zweimal gestraft«, verkündete sie. »Einmal, weil du es gewagt hast, deine Herrin anzulügen, und ein zweites Mal, weil du das Begehren verspürt hast, ein hübsches Mädchen zu berühren.«

Daraufhin erhielt ich zweimal zwanzig Gertenschläge. Als ich mich schließlich japsend und blutüberströmt wieder aufrichtete, bemerkte ich zum erstenmal an Lolas linkem Oberschenkel ein deutliches Zeichen, ein hübsches Zeichen, etwa anderthalb Zoll hoch und einen Zoll breit. Ein Brandzeichen. Das äußere Zeichen der Sklavenschaft.

Es war ein beinahe blütenartiges Muster, eine Art senkrechter Strich mit zwei Schlingen, die nach rechts führten. Ich sollte später erfahren, daß es sich um den Anfangsbuchstaben des Wortes ›Kajira‹ handelte, der gebräuchlichen goreanischen Bezeichnung für eine Sklavin.

Ich schnappte nach Luft, der ganze Körper tat mir weh. Doch vermochte ich sekundenlang den Blick vom Bein des Mädchens zu nehmen. Es war ein deutlich sichtbares, wunderschönes Symbol, direkt ins Fleisch gebrannt.

Lola zerrte an meiner Halskette und brachte mich wieder zu mir. Tela versetzte mir mit ihrer Gerte einen Hieb auf die rechte Schulter. Ich schrie auf und blickte verwirrt zu meiner Herrin empor.

»Du hast dir das Brandzeichen angesehen«, sagte Lady Gina zu mir. »Vergiß nicht, daß du nur Sklave bist, Jason.«

Ich starrte sie an.

»Schau sie dir an, die Sklavinnen«, fuhr Lady Gina fort. »Sie sind doch begehrenswert, nicht wahr?«

»Ja, Herrin«, erwiderte ich und spannte die Muskeln an.

»Du würdest sie gern besitzen, habe ich recht?«

»Ja, Herrin.« Ich verkrampfte mich in Erwartung der Gertenhiebe, die prompt kamen.

»Ich bin verwirrt, Herrin!« rief ich. »Ich weiß nicht, was ich tun soll! Warum behandelst du mich so?«

»Hier geschieht nichts anderes als auf der Erde«, antwortete sie. »Ich bringe dir bei, wie es euch Männern von der Erde oft geschieht, deine Sexualität zu fürchten und zu unterdrücken. Ein einfacher Vorgang: locken und strafen. Locken und strafen. Nach kurzer Zeit wird sich ein natürlicher psychologischer Prozeß einstellen, der Sexualität und Strafe miteinander verbindet. Du wirst deine sexuellen Gefühle fürchten lernen, sind sie doch Vorläufer für physischen oder seelischen Schmerz. Hieraus ergibt sich eine Angst vor erotischen Situationen, die die sexuelle Leistungsfähigkeit schmälert. Natürlich werden in einer Kultur, wie es sie auf der Erde gibt, Vernunftgründe vorgeschoben, die solche Hemmungen, von Kindheit an eingeimpft, erklären. Ein ganzes Mythengewebe schützt den Einzelnen vor der Einsicht, daß er vor langer Zeit, als er sich noch nicht wehren konnte, entstellt und verkrüppelt worden ist. Du kennst diese Mythen, diese Abwehrmechanismen. Es gibt sie in den verschiedensten Formen – die Bandbreite reicht von einem sinnlosen Zölibat bis hinüber zu schmutzigen Witzen und Geschichten, als eine Art Überreaktion auf die unterdrückte Sexualität, die damit herabgewürdigt und beschmutzt wird. Zwischen diesen beiden Verrücktheiten liegt ein ganzes Spektrum Anti-Sex-Ansichten, die im Grunde noch gefährlicher sind, weil sie unauffälliger auftreten – mit dem Ziel, das Denken zu bremsen und soziale Konformität zu fördern.«

»Aber was ist der Sinn all dieser Grausamkeit und Verrücktheit?« fragte ich.

»Warum spucken die Häßlichen auf die Schönheit?« fragte sie zurück. »Warum würdigen die Schwachen den Kräftigen herab?«

»Ich verstehe die Frage nicht.«

»Die Männlichkeit eines Mannes hängt direkt mit der Sexualität zusammen. Am besten attackiert man die Männlichkeit, indem man die männliche Sexualität aufs Korn nimmt – und je genauer man dabei trifft, desto besser. Die Männer sind die natürlichen Herren. Dies ergibt sich bereits aus dem Studium der Primaten. Folglich muß der Mann behindert, gebrochen, verkrüppelt werden. Kurz, man will ihn vernichten. Daraufhin können die Frauen dann ihren Platz neben oder über ihm einnehmen.«

»Warum hassen Sie die Männer so sehr?«

»Ich bin keiner«, gab sie zurück.

»Warum vertreten Sie Ihr Anliegen nicht auch außerhalb der Gehege?«

»Ich bin kein Dummkopf!« sagte sie auflachend. »Glaubst du, ich möchte mit einem heißen Eisen gebrandmarkt werden? Glaubst du, ich möchte in einen Stahlkragen geschnürt und nackt der Gnade der Männer ausgeliefert werden? Nein, mein lieber Jason, das möchte ich nicht. Es handelt sich hier nicht um Erdenmänner, die sich nachdenklich-gelassen mit den Argumenten für die eigene Kastration auseindersetzen. Nein, es sind Goreaner.«

»Sie haben Angst vor ihnen«, stellte ich fest.

»Ja.«

Ich wünschte mir, ein solcher Mann zu sein.

»Sie versuchen also, mir Angst vor meinen sexuellen Empfindungen einzugeben, damit ich sie unterdrücke – und gleichzeitig auch meine Männlichkeit.«

»Es ist die beste Methode, die Tüchtigkeit eines Mannes in allen gesellschaftlichen Konkurrenzsituationen zu schmälern«, erwiderte sie.

»Und was ist der Sinn des Ganzen?«

»Liegt das nicht auf der Hand?« fragte sie. »Es geht darum, den Mann zu versklaven.«

»Läßt sich die Biologie eigentlich so vollkommen auslöschen?«

»Nicht ausschließlich durch Trainingsprogramme. Mit der Zeit wird es auf deiner Welt andere Dinge geben – Implantationsgeräte, die automatisch Strafen austeilen, chemische Änderungen, die Kastration ungeeigneter männlicher Nachkommen, Hormoninjektionen, Geschlechterbestimmung, genetische Kontrolle und dergleichen. Das alles dürfte erreichbar sein, wenn die Frauen die Macht innehaben – was bei eurer Art Demokratie vermutlich unvermeidlich ist.«

»Warum begeben Sie sich dann nicht auf die Erde und schließen sich dieser Entwicklung an?« fragte ich.

»Ich bin doch nicht verrückt!«

»Dann wünschen Sie sich im Grunde also nicht, daß sich solche scheußlichen Pläne verwirklichen?«

»Nein«, erwiderte sie, »denn das würde mehr oder weniger das Ende der menschlichen Rasse bedeuten.«

»Sie sehen also mehr als nur Ihr eigenes Interesse?«

»Ich kann nicht anders«, entgegnete sie. »Ein wenig bin ich noch Mensch geblieben.«

»Ich glaube nicht, daß die Erde in einem Alptraum untergehen wird, wie Sie ihn eben beschrieben haben.«

»Sie ist bereits auf dem besten Wege dorthin«, bemerkte sie. »Erkennst du die Zeichen nicht?«

»Männer und Frauen werden das verhindern.«

»Die Erdenwesen sind manipulierte Organismen. Hilflos treibend, werden sie von den gesellschaftlichen Strömungen mitgerissen und reagieren haltlos auf Schlagworte und Rhetorik. Sie werden die ersten sein, die den eigenen Niedergang feiern. Erst wenn es zu spät ist, wird ihnen dämmern, was mit ihnen passiert ist.«

»Ich hoffe, daß Sie sich irren«, sagte ich.

Sie zuckte die Achseln. »Vielleicht irre ich mich«, sagte sie. »Wollen wir es hoffen.«

Ich schwieg.

Plötzlich sah sie mich zornig an. »Wie töricht ich zu dir gesprochen habe – der du doch nur ein Sklave bist!«

Sie wandte sich an die beiden Mädchen. Sie hatten unser Gespräch nicht verstehen können, weil sie kein Englisch konnten.

»Warum haben Sie sich so geäußert, Herrin?« fragte ich. »Ihre Methoden wären doch sicher wirkungsvoller, wenn ich sie nicht so genau kennen würde. Es kommt mir beinahe vor, als wollten Sie mich warnen.«

Ohne mich anzuschauen, sagte sie leise: »Auf Gor würden wir nicht einmal unsere Sklaven so zerstören, wie die Männer der Erde zerstört werden.«

Dann wandte sie sich an die beiden Mädchen, die mich mit schnellen Schritten von meiner Herrin fortführten.

Загрузка...