24

Sie lag auf dem Bauch. »Warum fesselst du mich?« fragte sie.

Es war kurz vor Morgengrauen.

Sie mühte sich in eine sitzende Position hoch, die Hände auf dem Rücken gebunden. An ihrem Sklavenkragen hatte ich eine Leine befestigt.

»Du hast mich mißbraucht«, sagte sie. »Aber ich bin tolerant, ich kann verzeihen.«

»Lady Florence ist sehr großzügig«, sagte ich.

»Ich bin bereit, dich großzügig zu behandeln«, sagte sie, »und in gewissem Maße deine Zudringlichkeit des gestrigen Tages und dieser Nacht zu vergessen.«

»Sehr großzügig«, wiederholte ich und war insgeheim amüsiert über ihre Wortwahl.

»Ich bin sogar bereit, mir zu überlegen, ob ich dich weiter auf meinen Besitzungen behalten möchte.«

»Warum solltest du das tun?« fragte ich.

»Du hast mich immerhin vor den Räubern gerettet«, antwortete sie, »und vor dem unsäglichen Schicksal der Sklaverei.« Sie lächelte. »Ohne dich würde ich jetzt vielleicht das Sägemehl einer Auktionsbühne für Sklavinnen unter den Füßen spüren. Und zum Lohn für diesen Dienst bin ich nicht nur bereit, deine gelegentliche und rücksichtslose Mißachtung meiner Würde zu vergessen, sondern dir auch eine gut bezahlte Stelle zu bieten.«

»Das ist wirklich beinahe überwältigend«, sagte ich. »Und die Bedingungen?«

»Es gibt deren zwei«, sagte sie. »Erstens darfst du niemals etwas verlauten lassen über meine Schwäche, über meine Nachgiebigkeit als Weib.«

»Aber das ist unmöglich!« rief ich. »Du bist auf das augenfälligste und entzückendste ansprechbar für diese Dinge. Das ist eine Tatsache, die dein Körper immer wieder selbst verraten wird.«

Sie erschauderte.

»Und deine zweite Bedingung?«

»Daß du, als mein Angestellter, mir in allen Dingen gehorchst.«

»Ich soll also gewissermaßen dein Mietsklave sein?«

Sie warf den Kopf in den Nacken. »Ja«, sagte sie.

»Ich lehne das Angebot ab«, sagte ich.

Ich ging zum Tor der Scheune und öffnete es. Die Morgendämmerung hatte eingesetzt. Ich mußte mich schleunigst auf den Weg machen. Obwohl ich mit der Ankunft der Stadtwächter erst in einigen Stunden rechnete, wollte ich kein Risiko eingehen.

»Ich werde dich gut bezahlen«, sagte die Frau.

»Nein«, beharrte ich. Ihr Angebot interessierte mich wirklich nicht; aber Lady Florence war vermutlich ohnehin nicht in der Lage, mir den Lohn zu garantieren. Haus und Nebengebäude waren niedergebrannt. Die Tharlarions waren freigelassen. Obwohl sie sicher noch Vermögenswerte besaß, stand sie vermutlich doch am Rande des Ruins.

»Willst du vor den Wächtern fliehen?« fragte sie.

»Auf jeden Fall.«

»Laß es sein«, forderte sie. »Ich werde mit ihnen reden. Ich lasse es nicht zu, daß sie dir etwas tun. Bleib bei mir hier auf dem Besitz.«

»Als dein Mietsklave?«

»Ja.«

»Nein!«

»Du hast kein Ziel«, sagte sie. »Außerdem hast du kein Geld!«

Mein Blick streifte ihren Körper, und sie zuckte zusammen.

»Schau mich nicht so an«, sagte sie. »Ich bin keine Sklavin!«

Ich lächelte nur.

»Das ist doch Wahnsinn!« rief sie. »Du kannst nicht ernsthaft beabsichtigen, mich mitzunehmen!«

Ich schaute sie nur ein wenig an, und sie begann zu zittern.

»Es wäre schwierig, für mich ein Lösegeld zu erpressen«, fuhr sie fort.

»Das ist zweifellos richtig«, sagte ich.

»Dann gib den Gedanken auf!«

»Ich hatte nie die Absicht«, stellte ich fest.

»Ich verstehe dich nicht.«

»Ich suche ein Erdenmädchen«, sagte ich. »Sie heißt Beverly Henderson. Sie wurde zusammen mit mir nach Gor gebracht, als Sklavin. Soweit ich weiß, gehört sie einem gewissen Oneander aus Ar.«

»Es ist möglich, daß sie seither viele Herren gehabt hat«, sagte Lady Florence.

Damit hatte sie recht. Sklavinnen wechseln oft den Besitzer.

»Ich muß sie finden«, sagte ich.

»Um sie als Sklavin zu unterwerfen?« fragte Lady Florence.

»Natürlich nicht!« erwiderte ich. »Es ist meine Absicht, sie von ihrem Sklavenkragen zu befreien.«

»Aber sie ist ein Mädchen von der Erde«, sagte sie. »Erdenmädchen sind natürliche Sklavinnen. Sie gehören in den Kragen.«

»Nein!« sagte ich. »Nein!«

»Das ist doch allgemein bekannt«, sagte sie.

»Möchtest du die Peitsche zu spüren bekommen?«

»Nein, Jason.«

Ich stieß sie zur Scheunentür, und nach kurzer Zeit überquerten wir die Wiese hinter den geschwärzten Ruinen mehrerer Gebäude. Die Sonne stand zu unserer Linken.

»Das ist nicht die Richtung nach Vonda«, stellte sie fest. »Du gehst nach Süden.«

»Ich weiß«, antwortete ich und schaute zum Himmel. Wieder versetzte ich ihr einen Stoß, damit sie vor mir blieb.

»Wir haben Krieg«, sagte sie. »Vielleicht näherst du dich den Lagern der Kämpfer aus Ar.«

»Durchaus möglich«, sagte ich.

»Aber ich stamme aus Vonda!«

»Ja.«

»Du weißt doch sicher, welches Schicksal mich erwartet, wenn ich in die Hände von Ar-Soldaten falle!«

»Ja.«

Abrupt blieb sie stehen und fuhr zu mir herum. Sie begann an ihren Fesseln zu zerren. »Warum führst du mich von meinen Besitzungen fort, Jason?« fragte sie. »Welche Rolle spiele ich in deinen Plänen?«

»Hast du das nicht längst erraten?«

»Warum wandern wir nach Süden?« fragte sie. »Was suchst du dort?«

»Erinnerst du dich an das Mädchen, das einmal Lady Melpomene war?« fragte ich.

»Natürlich!« erwiderte sie. »Diese schamlose Dirne!«

»Ich fand sie nicht mehr und nicht weniger erregbar als dich«, stellte ich fest.

Lady Florence errötete. »Ich habe sie als Sklavin verkauft.«

»An wen?«

»An Tenalion aus Ar.«

»Sein Lager«, stellte ich fest, »dürfte in Anbetracht der Zeit, die er für die Anreise und Rückkehr benötigte, nicht weiter als zwei Tageswanderungen von hier entfernt sein.«

Sie starrte mich entsetzt an. »Mach bitte keine Scherze, Jason«, bat sie.

»Die Sklavenhändler«, sagte ich, »richten sich nach den Routen und vorgesehenen Aktionen der Armeen. In Anbetracht der allgemeinen Lage halte ich es nicht für einen Zufall, daß sich Tenalion aus Ar in der Nähe Vondas aufhielt. Als Sklavenhändler dürfte er außerdem Kontakte in beide Richtungen unterhalten. In seinem Lager, so möchte ich vermuten, landen nicht nur die Gefangenen von Räubern und die entkleideten Frauen aus den Vororten der Salerianischen Städte, erobert von den Angreifern aus Ar, sondern auch Frauen, die von Kriegern aus Cos und anderen Salerianischen Städten erbeutet worden sind. Ein solches Lager ist in der Praxis eine Art Waffenstillstandszone, in der alle Parteien ihre Kriegsbeute in Ruhe losschlagen können.«

»Tenalion kennt mich«, sagte sie. »Er würde mich sicher schnell befreien.«

»Zweifellos hat er dich längst mit den Augen des Sklavenhändlers gemustert. Für ihn macht das doch keinen Unterschied!«

»Bring mich nicht zu Tenalion!« bat sie. »Ich habe Angst vor ihm!«

»Und dazu hast du guten Grund, Frau aus Vonda!« sagte ich.

»Du erlaubst dir mit mir doch einen grausamen Scherz!« lachte sie plötzlich.

»Und doch trägst du den Sklavenkragen und bist gefesselt«, sagte ich.

»Du behältst mich zunächst als Geisel«, sagte sie. »Das ist alles.«

»Und dann?«

»Dann wirst du mich freilassen.«

Wieder stieß ich sie weiter.

»Wohin gehen wir?«

»Ins Lager des Tenalion!«

»Du kannst mich nicht verkaufen!« schluchzte sie. »Ich bin keine Sklavin!«

»Wir haben schlimme Zeiten, Lady Florence«, antwortete ich. »Weitergehen!«

Plötzlich machte sie kehrt und kniete schluchzend im Gras vor mir. »Bring mich nach Vonda zu zurück!« bat sie. »Ich werde dir eine andere Frau beschaffen, die wirklich Sklavin ist.«

»Meinst du, du könntest eine finden, die deinen Platz einnimmt?«

»Ja, ja!« rief sie eifrig.

»Es gab da einmal ein Mädchen, das mich interessiert hätte«, sagte ich. »Anscheinend gehörte sie zu deinen Sklavinnen.«

»Ja?« fragte sie begierig.

»Du ließest sie mir netterweise in den dunklen Tunnel schicken. Soweit ich mich erinnere, hatte sie noch keinen Namen, sondern wurde ›neue Sklavin‹ genannt.«

Sie erbleichte.

»Sie machte sich sehr gut in meinen Armen und war hübsch unterwürfig und sinnesfreudig«, fuhr ich fort.

Lady Florence musterte mich aufgebracht.

»Sie war eine echte Sklavin, meinst du nicht auch?« fragte ich weiter.

»Ja«, antwortete sie ärgerlich.

»Glaubst du, du könntest sie mir besorgen?«

»Nein, das geht nicht.«

»Und warum nicht?«

»Ich habe sie verkauft!«

»Das kann nicht stimmen – hier schau! Dieses Haar riß ich vor einigen Tagen dem Mädchen im Tunnel aus, der ›neuen Sklavin‹. Nun schau dir dein eigenes Haar an – schau dir an, wie groß die Übereinstimmung ist. Du warst das Mädchen im Tunnel!«

Sie schaute mich bedrückt an.

»Sei gegrüßt«, sagte ich, »neue Sklavin.«

»Sei gegrüßt«, antwortete sie angstvoll.

»Sei gegrüßt – was?«

»Sei gegrüßt – Herr«, antwortete sie. »Aber ich habe doch wirklich nur so getan, als wäre ich Sklavin!« sagte sie weinend.

»Diese Einbildung wird dir im Lager des Tenalion abrupt ausgetrieben werden«, sagte ich, »wenn das Brandeisen deinen Schenkel berührt, wenn sich Tenalions Sklavenkragen um deinen Hals schließt!« Wir lagen zusammen auf dem weichen Boden, auf einem Bett aus Laub, im Schutze einer kleinen Baumgruppe auf einer weiten Wiese. Auf dem Rücken liegend, starrte ich durch das Gewirr der Äste zu den goreanischen Monden auf. Die Sterne strahlten am schwarzen Himmel. Zum wiederholten Male preßte sie sich an mich.

»Morgen«, flüsterte sie zuversichtlich, »wirst du mich auf meinen Besitz zurückbringen und freilassen.«

»Nein«, antwortete ich.

»Du kannst mich doch nicht ernsthaft verkaufen wollen«, fuhr sie fort. »Das ist ja Wahnsinn.«

»Mit Wahnsinn hat das nichts zu tun«, antwortete ich. »Du wirst Gegenstand einer einfachen geschäftlichen Transaktion sein.«

»Nach allem, was ich gestern und heute nacht für dich getan habe«, flehte sie schluchzend, »kannst du mich unmöglich verkaufen! Ich habe für dich alles getan, was auch eine Sklavin tun würde!«

Ich zog sie an der Fessel zu mir, und sie begann zu stöhnen. Dann drehte ich sie auf den Rücken und legte ihr die Hand unter das Kinn. Ich küßte sie auf die vollen Lippen. »Und du wirst es wieder tun«, flüsterte ich. Sie lag zuckend und stöhnend in meinen Armen. Begierig reckte sie mir ihren Körper entgegen.

»Du wirst deinen künftigen Herren eine heiße Sklavin sein«, sagte ich.

»Ich trage Fesseln«, sagte sie. »Ich muß gehorchen.«

»Dein Zustand ist der einer Sklavin«, sagte ich. »Das geht über die Tatsache der Fesselung mit Schnüren und Sklavenkragen weit hinaus.«

»Hör nicht auf, mich zu berühren!« flehte sie und preßte sich an mich.

»Du bist großartig, Lady Florence«, sagte ich.

»Ich will … ich will …«, flüsterte sie entsetzt.

»Ja?«

»Ich möchte schreien wie eine unterworfene Sklavin!«

»Dann tu es!«

»Ich bin Sklavin!« schluchzte sie. »Ich gebe es zu!« Dann lag sie erschaudernd in meinen Armen, und ich vermochte sie kaum noch zu halten, und sie weinte und schluchzte freudvoll.

»Danke, Herr«, flüsterte sie schließlich. »Ich bin Sklavin, nicht wahr?« fragte sie.

»Ja.«

»Das habe ich immer befürchtet.«

»Es ist nichts, was man fürchten muß«, gab ich zurück. »Fürchten mußt du vielmehr den eigentlichen Zustand der Unterwerfung und jene, die deine Herren sein werden.«

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