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»Möchtest du dich mir anschließen, mein Freund Miles aus Vonda?« fragte ich.

»Ja«, sagte er.

Es war der Abend unseres Sieges, unserer Eroberung der Piratenfestung.

Ich steckte den schweren Schlüssel in das Türschloß, öffnete und führte den anderen auf einen schmalen Balkon, der, verborgen hinter einem komplizierten Gittermuster, in etwa zwanzig Fuß Höhe um das zentrale Sklavinnenquartier der Anlage herumführte.

Lampen erhellten den weiten Raum.

Durch das Gewirr der Trennstäbe beobachteten wir die Mädchen; der Balkon war so angelegt, daß Beobachter von unten nicht zu bemerken waren.

»Ja«, sagte ich leise, »sie ist wunderschön.«

Mir war natürlich aufgefallen, daß Miles aus Vonda den Blick von einer bestimmten Sklavin nicht losreißen konnte. Sie saß an der gegenüberliegenden Wand und hatte die Hände auf die Knie gelegt. Ihr kastanienbraunes Haar schimmerte. Sie trug ihren Kragen und einen knappen gelben Stoffetzen. Sie war die ehemalige Lady Florence aus Vonda, inzwischen einfache Sklavin.

Ich bemerkte, daß Miles die Fäuste ballte.

»Wenn wir Erfolg haben«, sagte ich, »wird sie zweifellos mit den anderen an die Männer verteilt. Da du bis jetzt bei unserer Aktion eine wichtige Rolle gespielt hast, darfst du vielleicht hoffen, daß sie dir als Beuteanteil zugedacht wird.«

»Wenn ich sie noch will«, sagte Miles aus Vonda leichthin. »Wie ich sehe, gibt es zahlreiche andere Sklavinnen, die nicht minder schön sind.«

Ich mußte lächeln. Gedachte Miles mir seine Zuneigung zu einer einfachen Sklavin zu verheimlichen? Für mich lag auf der Hand, daß er sie anbetete. Ich bezweifelte nicht, daß er für sie sterben würde.

»Mir will scheinen«, sagte Miles aus Vonda nach einem Blick auf mich, »daß auch du eine dieser Sklavinnen von besonderem Reiz findest.«

»Es gibt da mehrere, die mir angenehm auffallen«, räumte ich ein.

»Was ist mit der hübschen kleinen Brünetten dort?«

»Welche meinst du?«

»Die dort«, sagte er und deutete auf ein Mädchen in einer ungemein kurzen roten Tunika nahe der anderen Wand.

»Sie?« fragte ich.

»Ja.«

Ich zuckte die Achseln. Nicht unmöglich, daß mein Blick sich mehr als einmal auf sie gerichtet hatte.

Lola und Shirley befanden sich ebenfalls unter den Sklavinnen; sie standen unter Befehl, niemandem gegenüber zu erwähnen, daß sich ein gewisser Jason aus Victoria in der Festung befand.

So hatte ich von dieser Stelle schon vor einigen Stunden beobachten können, wie Lola sich zornig auf die Brünette in der roten Tunika stürzte. »Du hast mich verkauft!« rief sie. »Jetzt trägst du ebenfalls den Kragen!« Entsetzt hatte sich die Brünette an die Wand gekauert, wo sie auch jetzt noch saß. Lola hatte es mit ihrer Rache aber nicht zu weit getrieben; sie wußte, daß sie sonst bestraft worden wäre. Jedenfalls hatte das brünette Mädchen Angst vor der anderen, und das gefiel mir. Ich lächelte. Es gab da einen anderen Menschen, den sie bald fürchten würde, einen Mann, der ihr Herr sein würde.

»Wie schön doch Sklavinnen sind!« sagte Miles aus Vonda seufzend.

»Ja.«

»Ich zähle neunundachtzig«, fuhr mein Begleiter fort, »einschließlich der beiden, die wir am Bug der Tuka und Tina mitbrachten.«

»Richtig. Es sind alle hier – aus allen Zellen und Nischen der Festung.«

Miles aus Vonda und ich ließen unsere Blicke durch den weiten Raum schweifen.

»Das Fest heute abend«, sagte Miles schließlich, »wäre sicher angenehmer, wenn die Mädchen da uns bedient hätten.«

»Wir müssen ihrer zunächst entsagen«, antwortete ich. »Männerarbeit erwartet uns.«

»Wann wird Ragnar Voskjards Flotte deiner Schätzung nach vor der Festung eintreffen?« fragte er.

»Morgen.«

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