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»Sei gegrüßt, Lady Tima!« sagte ich.

»Jason!« rief sie und lehnte sich in ihren Fesseln auf. »Tu mir nichts!«

Am Nachthimmel stand der rote Widerschein der brennenden Stadt.

»Ein Kupfer-Tarsk«, sagte der Bursche, der an der langen Reihe der Freudengestelle entlangging.

Ich warf eine Münze in den kleinen Ledersack, der am Gestell befestigt war.

Sie wehrte sich weiter gegen ihre Fesseln.

»Ich kann dich nicht näher an Lara heranbringen«, hatte der Tarnflieger gesagt, der mich von Ar hierher transportiert hatte. »Tarnkämpfer aus Ar«, hatte er weiter gesagt, »patrouillieren den Korridor zwischen Vonda und Ar ab, sind aber zahlreich genug, um den Himmel auch außerhalb zu bewachen. Außerdem gruppieren sich morgen die Kavalleriestreitkräfte für den Angriff und da wird das Niemandsland nicht mehr bewacht sein.« Nickend war ich aus dem Flugkorb gestiegen und hatte ihn bezahlt. Auf dem Rückflug nach Ar würde er bestimmt Flüchtlinge oder gefesselte Mädchen mitnehmen.

»Was gibt es Neues über den Krieg?« fragte ich den Burschen, der die lange Reihe der Freudengestelle bewachte. »Ich komme frisch aus Ar.«

»Wir sind sehr erfolgreich«, antwortete er. »Im Kampf haben wir die Streitkräfte Vondas als auch die Tarnkämpfer des Artemidorus aus Cos sofort besiegt. Vonda wird gerade dem Erdboden gleichgemacht. Die Stadt brennt. Dies ist ein Siegeslager, für Beute und Vergnügungen.«

»Bestimmt wird nun die ganze Salerianische Konföderation in den Krieg hineingezogen«, sagte ich.

Er zuckte die Achseln. »Streitkräfte aus Lara marschieren nach Norden«, sagte er. »Kämpfer aus Olni stehen keine hundert Meilen von hier und marschieren nach Süden. Sie machen bewußt langsam, um ihren Angriff auf den der Lara-Soldaten auszurichten.«

Ich nickte. Hier war eine Zangenbewegung zu erwarten. Der Versuch, die Streitkräfte aus Ar, die fern von ihren Versorgungsrouten waren, an zwei Fronten in Kämpfe zu verwickeln.

»Wir müssen uns zurückziehen«, sagte ich.

Er lachte. »Nein«, widersprach er. »Während die Leute aus Port Olni ihre Zeit in einem Feldlager vertrödeln, marschieren wir gegen sie. Wir greifen beide Armeen getrennt an. Nach dem Sieg über die eine kehren wir nach Süden zurück, um den Lara-Soldaten zu begegnen, vielleicht sogar hier, im Angesicht der Asche Vondas.«

»Verstehe«, sagte ich.

»Unsere einzige Angst wäre, daß sich die Streitkräfte Tis in die Auseinandersetzung hineinziehen lassen«, fuhr er fort.

Ti war die größte und bevölkertste Stadt der Salerianischen Konföderation. Sie hatte sich bis heute nicht in die Machenschaften Vondas und Cos’ verwickeln lassen.

»Das ist doch ganz sicher nur eine Sache der Zeit«, meinte ich.

»Anzunehmen«, erwiderte der Mann. »Ebullius Gaius Cassius, Angehöriger der Kriegerkaste, Administrator von Ti, bespricht sich bereits mit dem Hohen Rat seines Landes.«

»Das Zögern ist unerklärlich.«

»Männer aus Cos, mit Ar verfeindet, und Kaufleute aus Vonda«, sagte der Mann, »haben den Krieg angezettelt in der Hoffnung, die gesamte Konföderation hineinzuziehen.«

»Dann wird die Situation also von einer Minderheit gelenkt«, mutmaßte ich.

»Ich nehme es an«, sagte der Mann. »Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, daß Ti oder Ar den großen Konflikt wollen.«

»Wieviel für die hier?« fragte ein Mann, der einige Gestelle entfernt stand, und deutete auf eine Blondine.

»Entschuldige«, sagte mein Gesprächspartner und wandte sich von mir ab. »Einen Kupfer-Tarsk«, sagte er zu dem anderen.

Es war Abend. Brände auf hohen Masten erhellten das Terrain. Zahlreiche Männer waren unterwegs. Mein Blick schweifte über zahlreiche Zelte, Hütten und schnell errichtete runde Gehege. In diesen abgeteilten Zonen befanden sich vorwiegend Waren und Gefangene. Zwei betrunkene Offiziere torkelten vorbei.

»Wie bist du gefangengenommen worden?« wandte ich mich an die Lady Tima.

»Durch Soldaten, in der Stadt«, antwortete sie. »Zusammen mit anderen.«

»Und dein Sklavenmarkt und die Waren?« fragte ich.

»Die Gebäude wurden niedergebrannt«, antwortete sie. »Man raubte mir Waren und Sklaven.«

»Konnten viele Vondaner entkommen?«

»Viele.«

»Als ich vorhin über das Gelände flog«, sagte ich, »sah ich mehrere Einfriedungen, die zumeist mit Frauen gefüllt waren.«

»Wir wurden gnadenlos gejagt«, sagte sie verbittert.

»Doch müssen manche Frauen aus der Stadt geflohen sein«, mutmaßte ich.

»Ja«, erwiderte sie, »besonders jene, die früh aufgebrochen sind. Viele sind als Flüchtlinge nach Lara gegangen.«

Die Blondine, die einige Gestelle weiter angebunden war, begann in ihren Fesseln zu schluchzen und sich zu winden. »Nein, nein!« flehte sie.

»Was ist mit dem Haus des Andronicus?« wollte ich wissen.

»Niedergebrannt«, erwiderte sie. »Sklaven und Personal geflohen oder in Gefangenschaft.«

»Und Lady Gina?« fragte ich. Ich erinnerte mich mit Zuneigung an sie.

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»Versklavt i Essenszelt«, erwiderte sie. »Dort bedient sie Männer.«

»Ob sie wohl an diesem Dienst Freude hat?«

»Die Männer haben Freude daran, von ihr bedient zu werden!« gab sie ärgerlich zurück.

»Bestimmt«, meinte ich. »Erinnerst du dich an die Sklavin Lola aus dem Haus des Andronicus?«

»Ja. Aber ich weiß nicht, was aus ihr geworden ist.« Die Mädchen Lola und Tela hatten mich die goreanische Sprache gelehrt. Sie waren die ersten goreanischen Sklavinnen, die ich überhaupt zu Gesicht bekommen hatte. Diesen Moment hatte ich nie vergessen. Daß es solche Frauen geben konnte, noch dazu als Sklavinnen, war für mich eine erschütternde und willkommene Erkenntnis gewesen.

»Du hattest eine Helferin«, fuhr ich fort, »eine hervorragende Schauspielerin, die eine einfache Sklavin von der Erde spielte, einschließlich des Kragens und der Ta-Teera, und die mich für den Verkauf auf deinem Sklavenmarkt gut vorbereitete.«

»Lady Tendite«, sagte sie. »Berühr mich nicht!«

»Ja, sie«, äußerte ich nachdenklich. »Sie hat mich wirklich zum Narren gehalten.«

»Nein, nicht, Jason!«

»Ich glaubte ihr.«

»Jason!« flehte sie. »Nein!«

»Der Verkauf muß sehr amüsant gewesen sein.«

»Deine Hände!« schluchzte sie.

»Habt ihr das zusammen geplant?« fragte ich. »Dein Körper scheint kleiner und hilfloser zu sein, als ich ihn in Erinnerung habe«, fuhr ich fort.

»Ja, ja!« schluchzte sie. »Aber ursprünglich war es ihr Plan, ihre Idee. Sie dachte, es wäre amüsant, dir so etwas anzutun.«

»Ich verstehe.«

»Bitte hör auf, mich zu berühren!« sagte sie.

Die Blondine, die ein Stück entfernt an ihrem Gestell hing, warf plötzlich den Kopf in den Nacken und schrie hilflos ihre Unterwerfung hinaus.

Lady Tima erschauderte und hob dann ihren Körper meinen Händen entgegen. Aber da berührte ich sie nicht mehr.

»Wo ist sie?« fragte ich.

»Sie ist früh aus Vonda geflohen«, antwortete sie. »Sie ging nach Lara. Bitte berühr mich weiter.«

»Wie ich sehe, trägst du noch kein Brandzeichen«, stellte ich fest.

»Wir kamen als freie Frauen auf die Gestelle. Um uns zu beschämen. Was für ein rauher Scherz der Goreaner, die freien Frauen aus Vonda auf die Gestelle zu schnallen, wie Sklavinnen, jedem Passanten für einen Kupfer-Tarsk preisgegeben!«

»Großartig! Großartig!« sagte ich.

Sie schaute mich entsetzt an. »Bist du ein Goreaner?« fragte sie.

Ich zuckte die Achseln. Ich wußte es nicht.

Und wieder hob sie mir ihren Körper entgegen. »Du hast mich erregt«, flüsterte sie. »Du weißt es.«

»Das Vergnügungsgestell ist ein interessantes Gerät«, bemerkte ich und untersuchte die Hebel und Holzräder, die es mit Hilfe von Drehpunkten, Gleitbrettern, zahnradartigen Arretierungen ermöglichen, die darauf gespannte Frau in eine Vielzahl von Positionen zu bringen. Nicht alle Freudengestelle waren so raffiniert wie das Gerät, auf das meine frühere Herrin, die ehemalige Sklavenhändlerin Lady Tima aus Vonda, gebunden war. Zweifellos war es aus der Stadt hierhergebracht worden.

Ich drehte Lady Tima hierhin und dorthin – und wandte mich schließlich ab.

»Jason!« rief sie. »Jason!«

Langsam kehrte ich zu dem Gestell zurück. Flehend sah sie mich an.

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