telegramm an alle weit: –..– konferenz im hochhaus der tiere eröffnet –..– alle delegierten pünktlich eingetroffen –..– mit kapstadter konferenz in rundfunk- und fernsehverbindung –..– es geht um die kinder! –..– nicht siebenundachtzigster, sondern erster und letzter versuch der tiere aller zonen –..– vernünftige einigung jetzt oder nie –..– später zu spät wetter ausgezeichnet –..–


Die Versammlung der Tiere im großen Verhandlungssaal des Hochhauses bot einen denkwürdigen Anblick. Die Raubvögel hockten auf Stangen. Die Affen saßen auf Schaukelstühlen, und der Orang-Utan paffte eine Zigarre. Die Fledermaus und der Fliegende Hund hingen kopfunter am Kronleuchter. Die Singvögel wiegten sich auf dem Geweih des Hirschs und den spitzen Hörnern der Antilope. Die Schlangen und Lurche lagen auf Teppichen. Der Skunk hatte aus den auf Seite 31 mitgeteilten Gründen am offenen Fenster Platz genommen. Die Fische drängten sich, großäugig und offnen Munds, hinter der hohen Glaswand des Bassins, das linker Hand den Saal abschloss. Das Marienkäferchen kauerte, weil es kurzsichtig war, zwischen Oskars Rüssel und der Präsidentenglocke auf dem langen, grün belegten Verhandlungstisch. Die Stille war so feierlich, dass das Kaninchen, weil der Floh auf dem Mandrill umherhüpfte, ärgerlich »Pst!« machte. Hoch in der Luft wehte das Spruchband »Es geht um die Kinder!«, und drunter saßen, frisch gewaschen und gekämmt, die fünf kleinen Ehrengäste. Auf den Lehnen ihrer Stühle schillerten bunte Schmetterlinge und Kolibris, und zu ihren Füßen spielten Mickymaus, Babar, Ferdinand, Reineke Fuchs, der Gestiefelte Kater und die anderen Bilderbuchtiere. Die Rednertribüne war von Mikrophonen und Fernsehkameras dicht umstellt, und als Oskar mit dem Rüssel die Glocke schwang und rief: »Als Erstem erteile ich dem Eisbären Paul das Wort!«, ging es wie ein Seufzen der Erleichterung durch den Saal. »Liebe Freunde!«, rief Paul. »Ich will nicht viele Worte machen. Ich halte nichts davon. Außerdem bin ich erkältet. Also – wir sind hier zusammengekommen, um den Kindern der Menschen zu helfen. Warum? Weil die Menschen selber diese ihre wichtigste Pflicht vernachlässigen! Wir verlangen einstimmig, dass es nie wieder Krieg, Not und Revolution geben darf! Sie müssen aufhören! Denn sie können aufhören! Und deshalb sollen sie aufhören!« An dieser Stelle brach im Saal ungeheurer Jubel los. Man stampfte mit den Hufen, schlug mit den Flügeln, klatschte mit den Flossen, klapperte mit den Schnäbeln, wieherte, krähte, zwitscherte, bellte, pfiff, röhrte, trompetete – es war toll!

Während Pauls Eröffnungsrede saßen die Staatspräsidenten, in ihren Fräcken und Uniformen, im Konferenzsaal zu Kapstadt, Südafrika, und starrten schweigend auf die große, straff gespannte Leinwand des Fernsehsenders, von der aus, als stünde er leibhaftig vor ihnen, der Eisbär mit seiner dröhnenden, freilich recht verschnupften Stimme auf sie heruntersprach. »Wenn sich Hindernisse in den Weg stellen«, sagte er, »so kommt man nicht mit kleinen Schritten weiter. Nein, dann muss man springen! Das wissen wir Tiere; und die Menschen, die so gescheit tun, sollten es auch wissen. Heute fordern wir nun in aller Form die Vertreter der siebenundachtzigsten Konferenz der Menschen auf, das wichtigste Hindernis, das es gibt, zu überspringen: nämlich die Grenzen zwischen ihren Ländern. Die Schranken müssen fallen. Sie sind ... sie ... sie ... sind ... Vorsicht ... ich muss nie ... nie ... nie ...« Und nun musste Paul, der Eisbär, so gewaltig niesen, dass die Leinwand zerplatzte! Brillen, Orden, Staub, Stenogrammblöcke, Aschenbecher – alles wirbelte wie bei einem Taifun wild durch die Luft!

An diesem Tage saßen Schulkinder in ihren Klassenzimmern am Radio. Durch die offenen Fenster steckten die Ziegen, Kühe, Pferde und Truthähne ihre Köpfe und hörten zu. Und auf den Fensterbrettern hockten Hunde, Hühner und Katzen; denn auch sie wollten, wie sich denken lässt, kein Wort versäumen.

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