telegramm an alle weit: –..– konferenz der tiere fordert von kapstadt ende der staatsidee seltsamer Sprengstoffanschlag auf präsidentenversammlung glimpflich verlaufen –..– sondergesandter general zornmüller mit flugzeug und Protestnote unterwegs –..– sonst erster konferenztag ohne zwischenfälle –..–


Am Abend landete das Kapstadter Kurierflugzeug auf dem Hochhaus, und der Herr in Uniform, der aus dem Aeroplan kletterte, wurde sofort zu Oskar und seinen Freunden gebracht. Sie saßen auf dem Dachgarten. Eine Tierkapelle musizierte. Der Eisbär trank Lindenblütentee. »Mein Name ist General Zornmüller«, erklärte der Herr. Der Elefant sagte gemütlich: »Machen Sie sich nichts draus! Schließlich ist es nicht Ihre Schuld!« »Wenn Sie Admiral Wutmaier hießen«, meinte der Löwe Alois, »war's auch nicht besser.« Weil die Tiere lachten, bekam Herr Zornmüller einen puterroten Kopf. »Hier ist die Protestnote der Kapstadter Konferenz!« Er legte ein gesiegeltes Schreiben auf den Tisch. »Ich bin ermächtigt, Ihre schriftliche Antwort entgegenzunehmen.« Die Tiere lasen die Protestnote. »Wenn ich nicht so blond wäre«, knurrte der Löwe, »könnte ich mich...« »Hör auf!«, warnte der Eisbär. »Sonst niese ich dich samt dem zornigen Herrn Müller vom Dach herunter!« Oskar legte das Schreiben auf den Tisch, blickte den General ernst an und sagte ruhig: »So so. Wir sollen uns nicht einmischen. Die Herren sind sich darüber einig.« Wütend hieb er auf die Tischplatte. »Zum ersten Mal sind sie sich einig! Und warum? Weil wir wollen, dass sie einig sind!« »Scheren Sie sich nach Kapstadt zurück!«, rief Leopold, die Giraffe. »Mit dem größten Vergnügen«, meinte Herr Zornmüller, »ich warte nur auf eine schriftliche Erklärung Ihrerseits!« »Verschwinden Sie!«, brüllte Oskar. »Wir sind nicht zusammengekommen, um Papier voll zu klecksen, sondern um den Kindern zu helfen, verstanden?« »Gewiss«, antwortete der General, »ich bin ja nicht schwerhörig!« Da erhob sich der Löwe Alois ganz langsam und fragte: »Soll ich Sie zu Ihrem Flugzeug bringen?« »Nicht nötig!«, versicherte der General. Und dann hatte er es ziemlich eilig.

Bevor sie sich an diesem Abend gute Nacht sagten, schauten Paul, Alois und Oskar noch einmal ins Kinderzimmer. Sie schlichen auf Zehenspitzen, aber das war gar nicht notwendig. Die fünf Ehrengäste schliefen in ihren fünf Betten wie die Murmeltiere. »Es ist schade um die Kinder«, murmelte der Löwe. Er war ganz gerührt. »Verzweifle nicht, du Häuflein klein«, sagte der Eisbär leise zu Alois, »wir werden den Herren in Kapstadt unseren Standpunkt schon noch klarmachen.« »Diese Aktenfabrikanten!«, schnaufte Oskar. »Diese Tintenkleckser! Diese Leitzordner! Diese zweibeinigen Büroschemel! Diese... Nanu, Mäxchen, was machst du denn hier?« »Ich?«, piepste die Maus. »Erst hab ich nachgeschaut, ob mein kleiner Chinese schön zugedeckt ist, und dann hab ich mich ein bisschen mit der Mickymaus unterhalten. Wenn sie auch nur aus Pappe ist – schließlich sind wir ja verwandt miteinander!«

Plötzlich lief Max, die Maus, wie der Blitz an dem Elefanten empor und wisperte ihm etwas ins Ohr. »Donnerwetter!«, sagte der. »Das ist deiner Pappkusine eingefallen?« Dann beugte er sich zu Alois und flüsterte diesem etwas ins Ohr. Dann beugte sich der Löwe zum Eisbären und sprach leise auf ihn ein. Und dann lächelten allesamt verschmitzt. Endlich meinte Oskar: »Wird gemacht! Ich telefoniere sofort mit Südafrika! Die Herren werden morgen früh die Augen nicht schlecht aufreißen!«


Am nächsten Morgen bot sich in Kapstadt ein erstaunliches Schauspiel. Aus allen Himmelsrichtungen strömten Mäuse und Ratten in die Stadt. Die Autos und Straßenbahnen blieben stecken. Die Menschen flohen in die Häuser und auf die Dächer. Es war wie eine Springflut! Die Tiere blickten nicht rechts, noch links. Ihr Ziel war das gewaltige weiße Gebäude, in dem gerade die Konferenzmitglieder Platz genommen hatten. Millionenweise strömten die Nagetiere die Stufen hinauf durch Türen und Fenster und über Balkone, endlos und unaufhaltsam, einem unbekannten Befehl gehorchend.

Den Menschen, die es sahen, blieb fast das Herz stehen ...

Schon nach wenigen Minuten waren die Zimmer, Korridore und Säle nicht wieder zu erkennen. Sämtliche Akten der Konferenzteilnehmer, der Kommissionen, Unterkommissionen, Referenten und Sekretäre lagen in Fetzen am Boden. Kein Stück Papier blieb verschont. Im großen Verhandlungssaal sah es aus, als sei eine Papierlawine niedergegangen. Einige der Anwesenden blickten gerade noch mit der Nasenspitze aus den Aktenschnitzeln heraus. So schnell sie gekommen waren, verschwanden die Mäuse und Ratten wieder. Und nun erschien auf der Fernsehleinwand Alois, der Löwe, und seine Stimme sprach: »Es musste sein. Eure Akten waren eurer Vernunft im Wege. Jetzt ist der Weg frei. Wir verlangen, dass ihr euch einigt. Es geht um die Kinder!«

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