XV Gebannte Geister

Seiner Majestät Linienschiff Benbow zerrte und stampfte heftig an der Ankertrosse, Gischt sprühte über seine Decks und Laufbrücken. Der Solent war mit weißen Wellenkämmen überzogen, und der Wind pfiff durch die Takelage und mühte sich, die festgezurrten Segel loszureißen.

Bolitho unterschrieb den letzten Brief und sah zu, wie sein Schreiber ihn zu den übrigen legte. Um ihn herum ächzten und stöhnten die hölzernen Spanten und Planken, als ob sie spürten, was die Verlegung ihres Ankerplatzes aus dem sicheren Hafen hinaus auf die Reede von Spithead bedeutete.

Yovell sagte:»Ich werde diesen Packen mit dem Boot an Land bringen lassen, Sir. «Er musterte Bolitho neugierig von der Seite, als ob er von dessen verändertem Benehmen beunruhigt sei.

Yovell war nicht so beschränkt, daß er den Grund nicht erahnte. Zuerst hatte er geglaubt, es sei die Erleichterung über den Ausgang des Duells. Denn wenn Roche nicht gekniffen hätte, wäre Bolitho jetzt vielleicht tot gewesen, und das hätte Folgerungen für alle an Bord gehabt, auch für einen untergeordneten Schreiber.

Bolitho sagte:»Gut. Der Dienst auf See mag hart sein, aber er hat seine Vorzüge für Menschen, die es hassen, Berichte abzufassen, besonders solche, die nachher doch niemand liest.»

Es klopfte an die Tür, und Herrick trat ein. Seine Uniform schimmerte feucht vom Spritzwasser.

«Wir sind klar zum Ankerlichten, Sir. Sobald auch Sie soweit sind?»

Bolitho machte Yovell ein Zeichen, der daraufhin die Schriftstücke in eine Segeltuchtasche stopfte und eilends den Raum verließ.

«Sehr schön, Thomas. Wir werden zum Geschwader stoßen und wieder unsere alte Aufgabe übernehmen. «Bolitho tippte auf die Schublade seines Tisches:»Ich habe einen Haufen Instruktionen von Admiral Beauchamp erhalten. Er ist offenbar so sehr darauf bedacht, uns wieder hinaus auf See zu bekommen, daß er sich nicht einmal die Zeit nimmt, mich noch einmal zu sich zu bestellen. «Er lächelte etwas schief.»Aber ich darf mich nicht beklagen. Er ist mehr als geduldig gewesen.»

Herrick rief:»Geduldig, Sir? Nach all dem, was Sie geleistet haben? Das war doch das mindeste, was man erwarten konnte, meine ich.»

Bolitho rief nach Ozzard und sagte:»Ich freue mich über Ihre Loyalität, Thomas. Aber ohne unsere Erfolge und die Informationen über die dänischen Ruderkanonenboote, die ich in meinem Bericht geben konnte, hätte mich auch Beauchamps Einfluß nicht retten können.»

«Also zurück zum Geschwader!«Herrick beobachtete, wie Ozzard zwei Gläser Madeira einschenkte.»Es wird für Sie diesmal anders als sonst sein.»

Bolitho nickte.»Es war sehr nett von Ihrer Frau, daß sie so hilfreich einsprang.»

«Nett?«Herrick grinste.»Sie liebt es, arme Seefahrer und deren Angehörige zu bemuttern. So ist sie auch geradezu erpicht darauf, die Hochzeit meiner Schwester auszurichten. «Er wurde wieder ernst.»Die künftige Mrs. Bolitho ist wunderschön, Sir. Sie werden glänzend zueinander passen.»

Bolitho ließ seine Gedanken schweifen. Diese wenigen Tage hatten sein ganzes Leben verändert. Belinda hatte ihre Stellung bei der Richtersgattin aufgegeben und das Angebot von Mrs. Herrick angenommen, einstweilen zu ihr zu ziehen.»Aber nur wenn Sie erlauben, daß ich Ihnen als Gegenleistung im Haushalt helfe«, hatte sie gesagt.

Dulcie Herrick hatte gelacht.»Du meine Güte, Liebste, meine Einfälle und Launen werden Sie bald mürbe machen.»

Aber beide schienen von der Vereinbarung beglückt zu sein.

Bolitho hatte nur eine Sorge, die er aber unterdrückte: daß Belinda, wenn er erst einmal wochenlang, ja vielleicht monatelang in See war, ihre Entscheidung bedauern und wegziehen könne. Denn, wie Herrick gesagt hatte: sie war wunderschön und begehrenswert.

Als diese Befürchtung wieder in ihm aufstieg, sagte er, um sich abzulenken:»Ich bin dankbar und stolz, Thomas. Ich habe versucht, ihr das alles zu schreiben, aber es brauchte zwei Anläufe, bevor ich die rechten Worte fand. Trotzdem sind sie nichts im Vergleich zu dem, was ich für sie empfinde. «Er sah seinen Freund an.»Ich rede wie ein verliebter Seekadett, aber es hat mich eben gepackt.»

Herrick trank sein Glas aus.»Man sieht es Ihnen an, Sir, aber es steht Ihnen gut. «Er erhob sich.»Sobald das Boot zurückkommt, können wir ankerauf gehen. «Am Schott blieb er noch einmal stehen.»Es beruhigt mich irgendwie, daß die beiden einander Gesellschaft leisten, während wir bei diesem verdammten Blockadedienst sind.»

Bolitho saß noch lange gedankenverloren da. Es gab eine Menge, von dem Herrick nichts wußte. Zum Beispiel, daß Damerum wieder das Oberkommando auf ihrer Station hatte, und daß bei ihm die Entscheidung lag, wo Bolithos Geschwader postiert wurde. Nein, es war besser für Herrick, wenn er so lange wie möglich davon verschont blieb. Wer sich stets nach einem feindseligen Vorgesetzten umschauen mußte, statt seine volle Aufmerksamkeit dem Feind zu widmen, begab sich in Lebensgefahr.

Zwei Stunden später, als ihr großer Anker vom Grund loskam, trieb die Benbow zunächst mit flatternden Segeln leewärts, bis sich die Leinwand füllte und das Ruder Wirkung zeigte. Danach pflügte sie mit dichtgeholten Brassen und Schoten verächtlich durch das erste tiefe Wellental.

Bolitho stand in Lee auf dem Achterdeck und achtete weder auf die überkommenden Spritzer noch auf die eifrig hin und her rennenden Matrosen. Er ließ sich ein Teleskop vom Midshipman der Wache geben und suchte damit langsam die Befestigungsanlagen von Ports-mouth ab. Sie schimmerten, als wären sie aus Metall und nicht aus Stein, und lagen schon weit zurück, außer Reichweite ihrer Kanonen.

Etwas bewegte sich am Rande des Objektives, und er stellte die Sehschärfe genau darauf ein.

Sie war es, aber zu weit weg, als daß er ihr Gesicht erkennen konnte. Doch sie trug denselben blauen Umhang wie in der umgestürzten Kutsche und winkte mit ihrem Kopftuch; ihr Haar wehte frei im Wind,

Bolitho ging ein paar Schritte weiter nach achtern, als eine vorspringende Mauer des Forts sie seinen Blicken zu entziehen drohte. Er kletterte sogar die Treppe zum Hüttendeck hinauf und winkte — das Glas immer noch vor dem Auge — mit seinem Hut, obwohl es unwahrscheinlich war, daß sie ihn sehen konnte.

Als er wieder an die Finknetze trat, war der Abstand zum Ufer schon so groß geworden, daß der kleine blaue Punkt mit dem kastanienbraunen, wehenden Haar darüber nicht mehr zu erkennen war. Die Erinnerung an ihr letztes Beisammensein, an ihren willigen Körper in seinen Armen, überkam ihn.»Belinda…»

Leutnant Speke wandte sich ihm beflissen zu.»Verzeihung, Sir?»

Bolitho hatte nicht bemerkt, daß er ihren Namen laut ausgesprochen hatte.»Nichts, Mr. Speke.»

Herrick, der ihn ebenfalls gehört hatte, wandte sich ab, um ein Lächeln zu verbergen und dem Schicksal zu danken, das Bolitho ein so unerwartetes Glück geschenkt hatte.

Der alte Grubb bemerkte indessen nichts von alledem. Er schnaubte sich geräuschvoll die Nase und brummte:»Schöner Wind. Wie ich's vorausgesagt habe. Läuft alles bestens.»

Drüben, auf dem gischtübersprühten Festungswall, rief Dulcie Herrick:»Kommen Sie herunter, meine Liebe, Sie erkälten sich sonst noch auf den Tod!»

Sie hatte selber das heftige Verlangen gehabt, dem Schiff zuzuwinken, als es Segel setzte und majestätisch Fahrt aufnahm, aber aus ihrer erst kurzen Erfahrung wußte sie, daß die Männer an Bord in diesem Augenblick alle Hände voll zu tun hatten und nur wenig Muße, an die Zurückbleibenden zu denken.

Die junge Frau drehte sich um und schaute zu ihr herunter. In ihren braunen Augen standen Tränen.»Haben Sie die Matrosen singen gehört?»

«Ja, einen Shanty. Das rührt auch mich immer, und heute ganz besonders.»

Belinda stieg die Steinstufen herunter und hakte sich bei Dulcie ein.

«Es gibt noch so vieles, was ich wissen möchte, über ihn und seine Welt. «Sie drückte den Arm ihrer Begleiterin und setzte hinzu:»Ich war ja so dumm, Dulcie. Beinahe hätte ich ihn verloren.»

Die Tage, die der Rückkehr der Benbow zum Geschwader folgten, waren lediglich durch ihre Ereignislosigkeit und Eintönigkeit bemerkenswert. Als die Tage sich zu Wochen dehnten und Bolithos von Wind und Wetter mitgenommenen Schiffe immer wieder ihre endlosen Patrouillenkurse segelten, schien es vielen von ihnen, als wären sie die einzigen Lebewesen weit und breit und von der übrigen Welt völlig vergessen.

Sogar die Korvette und die flinke Fregatte fanden wenig Meldens-wertes. Nichts bewegte sich am Eingang zur Ostsee, weder hinein noch heraus, und nur indem sie ihre Besatzungen ständig beschäftigten und mit Wettbewerben anspornten, konnten die Kommandanten die Disziplin an Bord aufrechterhalten.

Bolitho entließ jeweils ein Schiff zu einem kurzen Besuch im Heimathafen. Wenn wieder eines das kleine Geschwader verließ, begannen die übrigen, die Tage bis zu seiner Rückkehr und ihrer eigenen Ablösung zu zählen.

Relentless hatte als die größere der beiden Fregatten um Skagen herum und ins Kattegatt hinein aufzuklären. Sobald sie Kontakt mit dem Flaggschiff hatte, was selten genug und meist nur über die Styx oder die Korvette Lookout möglich war, fragte sich Bolitho, wie es wohl seinem Neffen ging, und ob er noch immer über das Duell und den Anlaß dazu nachgrübelte.

Das letzte Schiff, das von seiner kurzen Ruhepause in einem englischen Hafen zurückkehrte, war Kapitän Inchs Vierundsechziger Odin. Als Bolitho vom Achterdeck beobachtete, wie der Zweidecker sich dem Geschwader näherte, hatte er das unbestimmte Gefühl, daß dies einstweilen der letzte Urlauber gewesen war. Es überraschte ihn daher nicht, als er Oughton, den neu ernannten Leutnant, rufen hörte:»Signal von Odin, Sir. Kommandant bittet, zu Ihnen an Bord kommen zu dürfen.»

Herrick trat an Bolithos Seite.»Da bin ich aber neugierig, was er uns für Neuigkeiten bringt, Sir!»

Bolitho betrachtete einige wachfreie Matrosen auf der LuvLaufbrücke. Sie waren inzwischen so abgehärtet, daß die meisten mit nackten Armen und einige sogar barfuß dastanden. Auch sie waren begierig auf Neuigkeiten: ob die Blockade abgeblasen wurde, ob der Krieg zu Ende war, ob die Franzosen gelandet waren.

Bolitho sagte:»Was er uns auch bringt, Thomas, Inch kann offenbar kaum abwarten, es uns mitzuteilen. Wenn er noch mehr Tuch gesetzt hätte, würde er sich die Masten absegeln.»

Beide lächelten. Inch hatte noch nie einen besonderen Ruf als Seemann gehabt. Aber sein Mut und seine unbedingte Treue machten das — und vieles mehr — wieder weit.

Die Odin hatte inzwischen bereits in den Wind gedreht, und ihre

Stagsegel schlugen wild, als Inch durch Backbrassen des Vortopps die Fahrt aus dem Schiff nahm.

Wolfe sagte:»Ein Boot ist zu Wasser, Sir. «Er warf dem nächststehenden Bootsmannsmaaten einen Blick zu.»Fallreepsgäste auf Station!»

Herrick murmelte:»Hoffentlich bringt er was Vernünftiges. Wir haben jetzt März und sind einer Lösung nicht näher als im letzten September, als wir Spithead verließen. «Er ließ den Blick über sein Schiff schweifen und setzte hinzu:»Aber wir haben uns immerhin einen Namen gemacht.»

Inch kletterte durch die Fallreepspforte. Sein Hut saß schief, und sein Pferdegesicht war zunächst den Fallreepsgästen und den salutierenden Seesoldaten zugewandt. Dann sah er Bolitho und Herrick und lief fast auf sie zu. Bolitho lächelte.»Sachte, die Leute denken sonst, wir müssen flüchten.»

Inch ließ es zu, daß er erst nach achtern in die Kajüte geführt wurde, bevor er berichten konnte.»Wir ziehen eine große Flotte zusammen, Sir. Den Oberbefehl hat Admiral Sir Hyde Parker. Er soll in den Öre-Sund vorstoßen und Kopenhagen angreifen.»

Bolitho nickte. So etwas Ähnliches hatte Beauchamp angedeutet. Nach der Atempause, die das Eis in der Ostsee den zerstreuten Kräften der Marine gewährt hatte, wurde es jetzt bald Zeit zum Handeln. Bevor Zar Paul die Streitkräfte der Schweden, Dänen und Preußen mit seinen eigenen zu einem Generalangriff gegen England vereinigen konnte, war es dringend erforderlich, die schwächste Macht, und das war zweifellos Dänemark, durch einen kräftigen Schlag zu beeindruk-ken.

Bolitho empfand deswegen keinerlei Genugtuung. Er erinnerte sich an die mit grüner Patina bedeckten Kirchtürme, die freundlichen Menschen und die eleganten Gebäude der Stadt.

Herrick fragte:»Wer ist Hyde Parkers Unterbefehlshaber?»

Inch schien verwirrt.»Das verstehe ich nicht: Vizeadmiral Nelson.»

Herrick schlug die Hände zusammen.»Typisch! Nelson, dem seine Leute bis in die Hölle folgen würden, wenn er es verlangte, muß unter Hyde Parker dienen.»

Bolitho sagte nichts dazu, wußte aber, was Herrick meinte. Man hatte also den Volkshelden Nelson nahezu dafür bestraft, daß er gesiegt hatte. Hyde Parker war zwanzig Jahre älter als Nelson und sehr reich.

Das war aber auch schon alles, was Bolitho über ihn wußte. Und daß er eine junge Frau hatte, die gut seine Tochter hätte sein können und in der Flotte ziemlich respektlos >Batter-Pudding< genannt wurde.

Inch zog einen länglichen Umschlag aus der Innentasche seines Uniformrocks und übergab ihn Bolitho.

«Die Befehle, Sir. «Er schluckte ein paarmal, und seine Blicke schienen das schützende Siegel durchdringen zu wollen.»Jedenfalls der Teil, der uns betrifft.»

Herrick nahm das Stichwort auf.»Kommen Sie mit in meine Kajüte, Francis. Wir wollen zusammen ein Gläschen trinken, und dabei können Sie mir den neuesten Klatsch erzählen.»

Bolitho setzte sich langsam und schlitzte den Umschlag auf.

Alles war sauber und peinlich genau dargelegt, und er hörte fast Beauchamps trockenen Tonfall, als er die von ihm diktierte Liste der beteiligten Schiffe durchlas, darunter einige berühmte Namen und viele, mit denen er schon mehrmals zusammengetroffen war. Wie auch mit ihren Kommandanten. Als Seekadetten, als Leutnants, später als erfahrene Kapitäne. Es war eine gewaltige Flotte, aber wenn man dem Feind Gelegenheit gab, seine Streitkräfte zu sammeln, würde Hyde Parkers Linienschiffen — einschließlich des Geschwaders unter Bolitho — dennoch eine dreifache Übermacht entgegenstehen.

Er versuchte sich zu erinnern, was er in Kopenhagen gesehen und gehört hatte: von Sperrschiffen und schwimmenden Batterien; von kleinen, mit Mörsern oder Kanonen bestückten Ruder- und Segelfahrzeugen. Ihm war klar, daß dies kein harmloser Scharmützel werden würde, keine bloße Demonstration der Stärke, um einen möglichen Angreifer abzuschrecken. Diesmal würde es bitterer Ernst werden, und die Dänen würden mit gleicher Entschlossenheit antworten.

Er rief nach Ozzard, aber an seiner Stelle kam Allday.

«Es geht los, Allday!«Seltsam, wie leicht es fiel, sich mit ihm zu verständigen.»Würden Sie wohl Kapitän Herrick bitten, wieder nach achtern zu kommen?»

Allday nickte mit grimmigem Gesicht.»Aye, Sir. «Er warf einen Blick auf die beiden Säbel in ihren Halterungen an der Wand.»Und ich dachte, wir würden diesmal ungeschoren bleiben, Sir. Wir haben doch schon unseren Teil getan. «Bolitho lächelte.»Hier gibt es keine Teile.»

Dann erklärte er Herrick und Inch den wesentlichen Inhalt der Befehle. Der Platz, den sie selber beim Angriff einnehmen würden, stand noch nicht fest. Admiral Damerum hatte das Kommando über das die Aktion deckende Geschwader und damit die Aufgabe, Schiffe mit Nachschub zu beschützen und das Eingreifen von französischen Schiffen zu verhindern, die vielleicht versuchten, den Blockadering zu durchbrechen und ihren Verbündeten zu Hilfe zu kommen. Es hatte nicht den Anschein, als käme der für sie vorgesehenen Rolle große Bedeutung zu.

Herrick sagte nach einer Pause.»Wir werden das Beste daraus machen.»

Inch war bestimmter.»Ein Jammer, daß Nelson nicht vorweg marschiert und unser Konteradmiral direkt dahinter.»

Herrick nickte ihm finster zu.»Auf dieses Worte trinke ich einen, Francis!»

Bolitho bemühte sich, ein Lächeln zu verbergen. Inchs Vertrauen in seine Fähigkeiten war umwerfend.»Die Flotte wird sich gegen Ende des Monats vor dem Nordausgang des Öre-Sunds versammeln. «Er versuchte, nicht an Belindas Gesicht zu denken und an das, was sie durchmachen mußte, wenn sich die Neuigkeit erst in England herumsprach. Ende des Monats hatte er gesagt. Das war in knapp zwei Wochen.»Was danach geschieht, hängt von Sir Hyde Parker ab.»

Bolitho stellte sich das enge Fahrwasser durch den Sund vor, mit der starken Batterie von Helsingör querab auf der dänischen Westseite. Wenn auch die schwedischen Batterien am Ostufer das Feuer eröffneten, mußten sie in diesem Kreuzfeuer augenblicklich in Stücke gerissen werden.

Inch sagte:»Ich würde gern auf mein Schiff zurückkehren, Sir. «Er sah plötzlich beunruhigt aus.»Ich habe noch ein paar Briefe für das Geschwader.»

Als die beiden Kommandanten gingen, hörte Bolitho Herrick fragen:»Wie geht es Ihrer Frau?»

«Hannah geht es gut, danke. Wir erwarten unser erstes Kind. «Der Rest wurde durch die sich schließende Tür erstickt.

Bolitho stand auf und ging ruhelos in der Kajüte auf und ab. Früher hatte sich niemand von ihnen viele Gedanken über die nächs ten ein, zwei Tage hinaus gemacht, aber jetzt waren sowohl Herrick wie Inch verheiratet und bedachtsamer. Bolitho hielt vor den Heckfenstern an.

Unter sich spürte er, wie sich das Rudergeschirr bewegte. Offenbar drehte Herrick das Schiff, um für die Gig der Odin Windschutz zu geben. Das war es, was eine Admiralsflagge ausmachte, und was auch für seine Flagge am Kreuzmast galt: nicht daß er ein Geschwader ins Gefecht führte oder zu irgendeiner Aufgabe, die Gehorsam und Mut verlangte. Es ging um die Menschen. Um Männer mit Familie wie Herrick und Inch, die jedesmal ihren eigenen inneren Kampf auszu-fechten hatten, wenn ein Kriegsschiff Anker auf ging. Männer, die ihre Hoffnungen und Wünsche hatten und doch keine andere Wahl, als ihrem Befehlshaber zu vertrauen.

Er erinnerte sich plötzlich ganz deutlich an Belindas Worte, als sie einander das letzte Mal umarmt hatten:»Komm' gesund zu mir zurück, Richard. Mehr verlange ich nicht.»

Nun, diese Verantwortung trug er jetzt auch.

Er beobachtete, wie die Silhouette der Odin länger wurde, als die Fregatte wendete. Ihre Segel wirkten vor dem düsteren Hintergrund einer Wolkenbank und verzerrt durch die dicken Glasscheiben wie ein Paar Flügel.

Eine Stunde später, als das Geschwader wieder in eng aufgeschlossener Kiellinie segelte, kam Herrick wieder zu ihm. Bolitho stand noch immer am Heckfenster, die Hände auf das Süll gestützt, um sein schmerzendes Bein zu entlasten.

Bolitho erkannte Herricks Spiegelbild in der salzverkrusteten Glasscheibe und sagte:»Wir werden alle Kommandanten zusammenrufen, sobald wir wissen, was von uns erwartet wird. Ich möchte sie gern sehen, bevor wir ins Gefecht gehen. Machen Sie ein Signal an Loo-kout, daß sie die Relentless von ihrer Patrouille zurückruft.»

Herrick nickte.»Gleich als erstes, bevor es zu dunkel wird. «Er bemerkte Bolithos Unsicherheit.»Werden Sie es ihm sagen, Sir?»

Bolitho brauchte nicht zu fragen, wen er meinte.»Er hat ein Recht darauf. Adam trifft keine Schuld.»

Herrick sah ihn betrübt an.»Und Sie auch nicht, Sir.»

«Vielleicht nicht. «Er drehte sich um und sah ihn direkt an.»Nun verschwinden Sie aber, und setzen Sie das Signal. Hinterher essen wir zusammen zu Abend, ja?»

Als er wieder allein war, lauschte Bolitho an seinem Tisch auf die Stimmen des Schiffes. Spieren und Rahen, Spanten und Planken flüsterten miteinander in ihrer Sprache.

Dann zog er einen Bogen Papier aus der Schublade und nahm eine Feder aus dem Ständer, den Tregoye, der Schiffszimmermann, ein wortkarger Landsmann aus Cornwall, ihm geschenkt hatte. Bolitho erinnerte sich, wie sie ihn umarmt hatte und wie sie — wenn sie still bei ihm saß — die Hände im Schoß gefaltet hatte. Dann begann er zu schreiben:

>Meine liebste Belinda… <

Wenn die Kurierbrigg noch vor dem Kampf bei ihnen vorbeischor, konnte Belinda den Brief bald lesen. Zu dem Zeitpunkt mußte für das Geschwader aber schon alles vorüber sein. Zumindest würde sie erfahren, was er in dem Augenblick gedacht hatte, als die Benbow an der Spitze des kleinen Geschwaders der abendlichen Dämmerung entgegensegelte.

Bolitho hörte die gedämpften Kommandos der Ehrenwache und wußte, daß ein weiterer seiner Kommandanten zur Besprechung an Bord gekommen war. Die Besprechung mußte kurz sein, denn angesichts so vieler Linienschiffe in ihrer Nähe, dazu zahlreicher Fregatten, Versorgungsschiffe und was sonst noch dazugehörte, konnten sie unmöglich irgendwo ankern.

Die letzte Woche war arbeitsreich, aber wenig aufregend gewesen. Nachdem sie einmal auf einen Schlachtplan festgelegt waren, so unklar er dem einfachen Matrosen oder Seesoldaten auch vorkommen mochte, machten sich die Leute doch entschlossen an die Vorbereitungen. Da galt es vor allem, durch Umstauen von Vorräten und Munition die Schiffe neu zu trimmen. Zu lange hatten sie darauf nicht mehr geachtet.

So lange Tageslicht herrschte, meldeten die Ausguckposten in den Masten immer neue Schiffe von Hyde Parkers Flotte, die sich für den ersten gefahrvollen Vorstoß in den Sund versammelte.

Es klopfte, und Bolitho hörte vor der Tür das Gescharre vieler Füße wie von Schauspielern, die hinter der Bühne auf ihren Auftritt warteten. Browne schaute herein und sagte:»Alle zur Stelle, Sir. «Dann fiel ihm noch ein:»Der Wind ist gleichgeblieben. Mr. Grubb meint, er wird auch kaum umspringen.»

«Lassen Sie die Herren herein. «Bolitho ging zur Tür, um jeden seiner jungen Kommandanten mit Handschlag zu begrüßen: Veitch von der Lookout und Keverne von der Indomitable. Letzterer hatte sich trotz seiner neuen Würde kaum verändert. Noch immer hatte er das zigeunerhaft gute Aussehen wie damals, als er Erster Offizier auf Bolithos Euryalus gewesen war. Inch war da und natürlich auch Neale von der Styx, dem Kapitän Peel von der Relentless auf dem Fuße folgte. Als letzter kam, zusammen mit Herrick, Kapitän Valentine Keen von der Nicator. Mit ihm hatte Bolitho vor dem Kriege in Ostindien und später in der Südsee, wo er beinahe am Fieber gestorben wäre, vieles gemeinsam erlebt.

Bolitho schüttelte ihm herzlich die Hand.»Wie geht's?»

Keen wußte, daß Bolithos Frage einen Hintersinn hatte. Der vorige Kommandant der Nicator war ein Feigling und Lügner gewesen, und es wurde behauptet, daß die Kugel, die ihn im Gefecht getötet hatte, von einem seiner eigenen Leute abgefeuert worden sei. Die Nicator war damals ein Unglücksschiff gewesen, aber unter Keens Kommando hatte sie sich überraschend schnell zum Besseren verändert.

«Gut, Sir. Alles klar. «Ein Lächeln überzog Keens Gesicht.»Sie können sich auf mich verlassen.»

Herrick klopfte ihm auf die Schulter.» Genug geschwatzt, Val. Nach der Besprechung werden wir uns zu einem Gläschen zusammensetzen.»

Bolitho stand hinter dem Tisch und fing die Bewegungen des leicht schlingernden Decks mit den Knien auf.»Meine Herren, ich habe unsere endgültigen Direktiven bekommen. «Er sah, daß sie ihn beobachteten, aufmerksam, willig, bemüht, ihre Empfindungen zu verbergen.

«Unser Nachrichtendienst hat weitere Informationen über die Ruderkanonenboote oder Galeeren geliefert, die Kapitän Neale und ich schon bei unserem kurzen Ausflug in die Ostsee beobachteten. «Er sah einige lächeln.»Die Dänen haben mehr von diesen Schiffen, als wir ursprünglich annahmen, und zwar südlich von Kopenhagen. Sie sind für jedes Schlachtschiff, das langsamer ist und allein segelt, eine große Gefahr. Im übrigen führt Vizeadmiral Nelson den Hauptangriff auf die Verteidigungsstellungen, die verankerten Kriegsschiffe und alles, was die Dänen sonst noch für uns vorbereitet haben.»

Hyde Parker mußte ganz schön in Verlegenheit gewesen sein, als er zustimmte, daß sein Stellvertretender Befehlshaber den härtesten Teil der bevorstehenden Schlacht übernahm. Bolitho sah Neale seinen Freund Inch mit dem Ellenbogen anstoßen und schloß daraus, daß sie das gleiche dachten.

«Es steht fest, daß die dänischen Batterien bei Helsingör das Feuer eröffnen werden, sobald wir versuchen, in den Sund hineinzustoßen. Der schwedische Kommandeur der gegenüberliegenden Batterie hat sich nicht geäußert, aber wir müssen von der Voraussetzung ausgehen, daß er dem Beispiel folgt. Als ich in Kopenhagen war, hörte ich gerüchtweise, daß die Dänen planten, Bojen und sonstige Fahrwasserbezeichnungen wegzunehmen oder falsch auszulegen.»

Nun lachten sie nicht mehr. Ohne genaue Kenntnisse des Fahrwassers mußten sie sehr vorsichtig vorgehen. Wenn auch nur zwei Schiffe auf Grund gerieten, konnte ihr geordneter Vormarsch in einem Schlamassel enden, und das lange bevor sie überhaupt ihr Ziel erreichten.

Bolitho machte eine Pause und schaute noch einmal in die sauber geschriebenen Instruktionen.»Unser Geschwader wird im Schutz der Dunkelheit in die Enge einlaufen, die Befestigungen passieren und die Galeeren angreifen, bevor sie sich an unsere Hauptflotte heranmachen können.»

Er sprach betont langsam, um seine Erregung zu verbergen.

«Die Beiboote unseres Geschwaders werden unter der Führung je eines erfahrenen Offiziers oder Deckoffiziers vorwegrudern und das Fahrwasser ausloten. Wir werden die ganze Zeit engsten Kontakt halten und mit einem Minimum an Signalen auskommen. Es scheint mir sicher, daß wi r in der Durchfahrt entdeckt werden, uns aber auf der schwedischen Seite des Fahrwassers halten und es den dänischen Geschützführern damit so schwer wie möglich machen. Bin ich verstanden worden?»

Die meisten nickten, nur Peel stand abrupt auf und fragte:»Wenn aber unsere Hauptflotte später von den dänischen Forts am weiteren Vormarsch gehindert wird, was wird dann aus uns?»

Bolitho sagte:»Fragen Sie mich das, wenn es passiert.»

Er mochte Kapitän Rowley Peel: erst sechsundzwanzig Jahre alt, hatte er schon einen guten Ruf als Kommandant einer Fregatte, obwohl er mehr wie ein Landwirt aussah als wie ein Seeoffizier. Das war auch keineswegs überraschend, dachte Bolitho, denn Peel stammte aus einer alten Grundbesitzerfamilie und hätte sich bei seinen Tieren und Gewächsen ebenso zu Hause gefühlt wie auf dem Achterdeck seiner Fregatte.

Peel grinste.»Aye, Sir. Mit Nelson am einen Ende der Linie und Ihnen am anderen sollten wir wohl überleben!»

Bolitho stützte den Kopf in die Hände und schaute nacheinander jedem ins Gesicht.»Jetzt unsere Gefechtsaufstellung: Relentless übernimmt als die größere unserer Fregatten die Spitze, mit Lookout dichtauf.»

Er wandte sich an Neale, dessen enttäuschten Gesichtsausdruck er übersah, und fuhr fort:»Sie folgen dem Geschwader, um Signale von der Flotte für uns und umgekehrt zu übermitteln.»

Wenn er Neale soeben kriegsgerichtlich verurteilt hätte, statt ihn vor den ersten gefährlichen Salven zu bewahren, hätte die Wirkung seiner Worte auf ihn nicht schlimmer sein können.

Einen Augenblick schweiften seine Gedanken ab: Die Aufgabe der Relentless war lebenswichtig für sie alle und kein anderes Schiff besser dafür geeignet. Aber als Damerum seine Vorschläge Admiral Hy-de Parker unterbreitet hatte, war es ihm sicher schwergefallen, seine heimliche Genugtuung zu verbergen. Denn er hatte gewiß längst von der Kommandierung Pascoes auf die Relentless erfahren und wußte genau, wie gefährdet Bolithos Neffe auf diesem Posten sein würde.

Ein paar Fragen wurden noch gestellt und von Herrick oder Browne beantwortet. Dann erschien Ozzard mit einem Tablett voller Gläser, und sie brachten den Toast auf den König aus.

Abschließend sagte Bolitho:»Die meisten von uns kennen einander seit vielen Jahren. Im Krieg ist das eine glückliche Fügung, denn in dem Kampf, der uns bevorsteht, zählt gegenseitiges Verständnis ebenso wie Schießkunst und Seemannschaft. Für mich ist es eine große Ermunterung zu wissen, daß ich unter Freunden bin.»

Herrick erhob sein Glas.»Auf uns!»

Danach verabschiedeten sie sich, jeder mit seinen Gedanken schon bei der Überlegung, wie er seiner Besatzung am besten erklären sollte, was von ihr erwartet wurde.

Herrick und Browne verließen die Kajüte, um die Kommandanten am Fallreep zu verabschieden. Nur Peel von der Relentless blieb verlegen zurück.

«Was ist, Kapitän Peel?»

«Sir, ich habe eigentlich kein Recht, darüber zu sprechen, aber Ihr Streit mit Admiral Damerum ist im Geschwader allgemein bekannt. Ich kann verstehen, warum dieses gefährliche Verfahren befolgt we r-den muß, und bin persönlich stolz, an der Spitze zu stehen, wenn wir angreifen. Da Sir Hyde Parker all seine Kanonen-Briggs und Bomber-Ketschen für den Angriff auf den Hafen von Kopenhagen braucht, müssen wir unseren Teil der Aufgabe erfüllen und die dänischen Galeeren vernichten.»

Bolitho nickte.»Das ist eine klare Zusammenfassung, Kapitän Peel.»

Peel sagte unbeirrt:»Es besteht aber nicht die Notwendigkeit, daß Ihr Neffe auf meinem Schiff bleibt, Sir. Nach allem, was vorgegangen ist, kann ich ihn austauschen.»

Bolitho sah ihn ernst an.»Ich danke Ihnen. Mir das zu sagen, muß Ihnen nicht leichtgefallen sein.»

Peel schluckte.»Mr. Pascoe ist für alle Fälle schon mit mir an Bord gekommen, Sir, um mit dem Flaggkapitän zu sprechen. Ich habe noch eine Verabredung mit Ihrem Obersteuermann wegen einiger neuer Seekarten. «Er hob die Augenbrauen.»Soll ich Mr. Pascoe zu Ihnen schicken?»

«Ja, und danke für Ihre Anteilnahme.»

Es schien Ewigkeiten zu dauern, bevor Pascoe in die Kajüte kam. Er sah so blaß aus, als wäre er krank. Bolitho sagte:»Setz dich, Adam.»

Pascoe fragte leise:»Sie werden mich doch nicht von der Relentless herunternehmen, Sir?»

«Nein. Ich verstehe dich besser, als du denkst. Ich bedaure nur, daß ich es so lange hinausgeschoben habe, dir wichtige Dinge zu sagen. Dieser Schurke Roche hat mir Klarheit darüber verschafft, was ich zu tun habe. «Pascoe sagte:»Ich habe von dem Risiko gehört, daß Sie eingingen. Er hätte Sie töten können.»

«Oder dich, Adam. Hast du auch daran gedacht?»

Bolitho ging an die Heckfenster und schaute auf die graue Linie der Kimm hinaus, die sich hob und senkte, als wolle sie das Schiff über ihren Rand ins Nichts hinabstoßen.

«Ich will meine Gefühle nicht vor dir verbergen, Adam. Du bedeutest mir sehr viel, mehr, als ich in Worten ausdrücken kann. Ich hoffte, daß du eines Tages meinen Familiennamen annehmen würdest, wie du es verdienst.»

Er sah, daß Pascoes Spiegelbild im Fensterglas eine Bewegung machte, als wolle er protestieren.»Nein, höre mich an. Du hast den Makel der Taten deines Vaters schon viel zu lange getragen. «Er fühlte, wie sein Herz im Takt mit dem pulsierenden Schmerz in seiner Wunde schlug.»Ich will es nicht länger hinausschieben, selbst auf die Gefahr hin, daß ich deine Freundschaft verliere. Dein Vater, mein Bruder, tötete einen Mann in einem sinnlosen Duell. Dieser Mann war Admiral Damerums Bruder. Du siehst also, woher der Haß gegen uns stammt.«»Ich verstehe, Sir.»

«Das kannst du noch nicht. Du glaubst, dein Vater sei ein Verräter gewesen und in Schande gestorben. «Er drehte sich, den plötzlichen Schmerz mißachtend, abrupt um und sagte sehr deutlich:»Der Steuermannsmaat auf der Hyperion, der angebliche Mr. Selby, der sein Leben verlor, als er deines rettete, war Hugh, dein Vater.»

Pascoe prallte zurück, als hätte Bolitho ihn geschlagen. Doch bevor er etwas sagen konnte, fuhr dieser umbarmherzig fort:»Ich glaubte, damit sei alles begraben und vergessen. Hugh hatte bis dahin nichts von deiner Existenz gewußt, aber als er es erfuhr, war er sehr stolz, das kann ich dir versichern. Ich nahm ihm das Versprechen ab, dir gegenüber das Geheimnis zu wahren. Sonst hätte es ihn das Leben gekostet, und ich weiß nicht, ob du damit fertig geworden wärst. Als es dann geschah, starb er tapfer und für einen guten Zweck.»

Bolitho bemerkte, daß Pascoe aufgestanden war und sich gegen die Bewegungen des Schiffes stemmte, als hätte er die Selbstbeherrschung verloren.

Pascoe sagte leise:»Darüber muß ich erst nachdenken. «Er sah sich so verzweifelt in der Kajüte um wie ein gefangenes Tier.»Ich — ich weiß nicht, was ich sagen soll. Mr. Selby… Ihn mochte ich sehr gerne. Wenn ich gewußt hätte…»

«Ja.»

Bolitho sah, wie verwirrt und verzweifelt sein Neffe war, und fühlte seine Hoffnung wie Sand in einem Stundenglas verrinnen. Er schaute zum Oberlicht auf, als er über sich Schritte hörte. Das Geschwader machte sich zum Treffpunkt vor der Einfahrt zum Sund auf.

Pascoe sagte plötzlich:»Ich sollte jetzt besser auf mein Schiff zurückfahren, Sir. Ich kam an Bord, um Kapitän Herrick wegen dieses Babbage und des Fähnrichs Penels zu sprechen. «Er sah zu Boden.

«Und um Sie zu besuchen, natürlich.»

«Dafür danke ich dir, Adam.»

Pascoe zögerte, die Hand an der Türklinke.

«Werden Sie mir eines Tages noch mehr von meinem Vater erzählen? Da ich jetzt die Wahrheit weiß?»

Bolitho durchquerte den Raum und packte Pascoe fest bei den Schultern.»Selbstverständlich werde ich das tun, hast du daran gezweifelt?»

Pascoe stand ganz still und blickte Bolitho gerade in die Augen, als er antwortete:»Und du, Onkel, hast du an meinen Gefühlen gezweifelt? Glaubst du nach allem, was du für mich getan hast, und was wir an Gefahren und Freuden geteilt haben, daß ich keine Liebe mehr für dich empfinden würde?»

Sie traten beide etwas zurück, und keiner wußte, was er noch sagen sollte. Schließlich brach Bolitho das Schweigen.»Gib acht auf dich, Adam. Ich werde an dich denken.»

Pascoe strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn und drückte dann seinen Hut auf.»Und ich werde deiner Flagge Ehre machen, Onkel. «Dann drehte er sich abrupt um und stieß dabei fast mit Allday zusammen, der vor der Tür gewartet hatte.

Allday fragte direkt:»Weiß er's endlich, Sir?»

«Aye. Er weiß es.»

Allday suchte hinter Bolithos Rücken nach einem sauberen Glas. Dann sagte er:»Er platzte ja beinahe, platzte vor Freude, meine ich. «Er nickte zur Bekräftigung.»Immerhin, sein Glück, daß er anerkannt hat, was Sie für ihn getan haben. Hätte er anders reagiert, hätte ich den jungen Teufel — ob Leutnant oder nicht — persönlich übers Knie gelegt.»

Bolitho nippte an dem Getränk, ohne zu bemerken, was es war. In zwei oder drei Tagen würden sie um ihr Leben kämpfen. Aber die bösen Geister waren nun gebannt. Ein für allemal.

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