Prolog

Das Meer trug nichts nach. Gleich dem Himmel glaubte es an die Freiheit, gleich dem Himmel duldete es keine Einschränkung. Ich stand im feuchten Sand, die Wellen umspülten meine Füße, und nichts war leichter, als zu glauben, der fremde Stern am Himmel sei meine Sonne, das salzige Wasser die alte Wiege der Menschheit. Wenn nicht die Uferlinie allzu gleichmäßig gewesen wäre, gerade wie der Horizont - und ebenso unecht. Sollte ich an diesem Ufer entlangwandern, würde sich nie etwas ändern: Rechter Hand zögen sich die niedrigen, gleichsam zurechtgestutzten Haine hin, linker Hand würden die Wellen branden. Nur der Sand unter meinen Füßen würde die Farbe wechseln, von Gelb zu Weiß, von Weiß zu Rosa, von Rosa zu Schwarz und zurück. Denn für das Auge unmerklich, beschrieb der Strand einen Bogen nach rechts, Schnee würde ihn bedecken, dann wieder der Sand sich dahinziehen, und irgendwann, nach sehr langer Zeit, würde ich an diesen Punkt zurückgelangen, an dem die Wellen noch immer das Ufer liebkosen würden ...

Ein Mensch ist schon mehr als genug, um die Welt zu ändern. Ich machte einen Schritt, und das Wasser schoss zischend in meine Fußstapfen. Die Welt war schon zu klein, um sie in Ruhe zu lassen. Und Gleichmut taugt ja auch nicht für die Lebenden. Allein das Meer und der Himmel kennen die Ruhe.

Ich hob die rechte Hand, betrachtete sie - und meine Finger verlängerten sich. Mein Blick formte sie, verwandelte das Menschenfleisch in scharfe, gekrümmte Krallen.

Allerdings: Hatte ich eigentlich noch das Recht, mich als Menschen zu bezeichnen?

Загрузка...