19 Die Wahl einer Augenklappe

Elayne fand Bashere am Ostufer des Flusses, wo er auf und ab ging.

Flussufer gehörten zu den wenigen Orten, die ihr noch immer lebendig vorkamen. In diesen Tagen war so vieles leblos, Bäume, die keine Blätter wachsen ließen, Gras, das nicht spross, Tiere, die sich in ihrem Bau verkrochen und nicht herauskamen.

Die Flüsse flossen weiter. Das ließ immerhin auf eine gewisse Art von Leben schließen, auch wenn der Pflanzenwuchs schlimm aussah.

Der Alguenya gehörte zu diesen mächtigen Strömen, die aus der Ferne so täuschend friedlich aussahen, aber eine Frau unter ihre Oberfläche reißen und ertränken konnten. Sie erinnerte sich daran, wie Bryne das bei einem Jagdausflug entlang seines Ufers einmal Gawyn ganz genau erklärt hatte. Seine Worte waren auch für sie bestimmt gewesen. Vielleicht sogar in erster Linie, obwohl er immer sorgfältig darauf geachtet hatte, bei der Tochter-Erbin seine Stellung nicht zu überschreiten.

Passt auf die Strömungen auf, hatte er gesagt. Flussströmungen gehören zu den gefährlichsten Dingen unter dem Licht, aber nur, weil man sie unterschätzt. Die Oberfläche sieht ganz still aus, weil nichts gegen sie ankämpft. Das will auch niemand. Die Fische schwimmen darunter, und Männer halten sich von ihr fern, einmal abgesehen von den Narren, die glauben, sich selbst beweisen zu müssen.

Elayne stieg hinunter zum steinigen Ufer und ging auf Bashere zu. Ihre Leibwache blieb zurück – Birgitte war nicht bei ihnen. Sie kümmerte sich um die Kompanien der Bogenschützen, die einige Meilen flussabwärts fleißig damit beschäftigt waren, auf die Trollocs zu schießen, die zur Flussüberquerung ihre Flöße bauten. Birgittes Bogenschützen und Talmanes’ Drachen setzten den Trollocs heftig zu, trotzdem war es nur eine Frage der Zeit, bevor das riesige Feindesheer über den Alguenya strömen würde.

In der Woche zuvor hatte Elayne ihre Streitkräfte aus Andor zurückgezogen, und sie und Bashere waren mit ihren Fortschritten durchaus zufrieden gewesen. Bis sie die Falle entdeckt hatten.

»Er ist erstaunlich, nicht wahr?«, fragte sie und trat an Basheres Seite, der am Flussufer stand.

Der General sah sie an, dann nickte er. »Zu Hause haben wir nichts, das vergleichbar wäre.«

»Und der Arinelle?«

»Der wird nicht so groß, bevor er Saldaea verlassen hat«, sagte er gedankenverloren. »Das hier ist schon beinahe wie ein Ozean, der ein Ufer vom anderen trennt. Die Vorstellung, wie er auf die Aiel gewirkt haben muss, als sie das Rückgrat der Welt zum ersten Mal überquerten, lässt mich lächeln.«

Eine Weile schwiegen sie.

»Wie schlimm ist es?«, fragte Elayne schließlich.

»Schlimm«, erwiderte Bashere. »Ich hätte es erkennen müssen, soll man mich doch zu Asche verbrennen. Ich hätte es sehen müssen.«

»Ihr könnt nicht alles vorausplanen.«

»Entschuldigt, aber das ist genau das, was ich tun soll.«

Der Marsch vom Braemwald nach Osten war völlig nach Plan gelaufen. Nachdem sie die Brücken über den Erinin und den Alguenya verbrannt hatten, hatten sie viele Trollocs bei dem Versuch, ihnen zu folgen, getötet. Elayne befand sich nun auf der Straße, die flussaufwärts nach Cairhien führte. Bashere hatte ihre letzte Konfrontation mit den Tiermenschen in den Hügeln an der Straße achtzig Meilen südlich von Cairhien geplant.

Der Schatten hatte sie ausmanövriert. Späher hatten eine zweite Trolloc-Armee direkt nördlich von ihrer derzeitigen Position entdeckt, die nach Osten marschierte und auf die Stadt zuhielt. Um ihre Heere aufzustocken, hatte Elayne dort die Verteidiger abgezogen. Jetzt war Cairhien nur noch mit Flüchtlingen gefüllt – und war genauso überbevölkert, wie es Caemlyn gewesen war.

»Wie haben sie es bloß gemacht?«, fragte sie. »Diese Trollocs können unmöglich vom Tarwin-Pass heruntergekommen sein.«

»Dafür war nicht genug Zeit«, stimmte Bashere ihr zu.

»Ein weiteres Tor der Kurzen Wege?«

»Vielleicht. Vielleicht auch nicht.«

»Aber wie dann?«, fragte sie. »Wo kommt diese Armee her?« Die Kreaturen waren fast schon nahe genug heran, um an die Stadttore zu klopfen. Beim Licht!

»Ich habe den Fehler begangen, wie ein Mensch zu denken«, sagte Bashere. »Ich habe ihre Marschgeschwindigkeit mit einbezogen, aber nicht daran gedacht, wie sehr die Myrddraal sie antreiben können. Ein dummer Fehler. Die Armee in den Wäldern muss sich geteilt haben, und die eine Hälfte hat dann die nordöstliche Route durch den Wald nach Cairhien genommen. Das ist die einzige Erklärung, die ich habe.«

»Wir sind so schnell marschiert, wie wir konnten«, meinte Elayne. »Wie können sie uns überholt haben?« Ihre Heere hatten Wegetore. Sie konnte nicht alles mit ihnen transportieren; um sie lange genug offen zu halten, standen ihr nicht ausreichend Machtlenker zur Verfügung. Aber sie konnte die Nachschubtransporte, die Verletzten und den Rest des Trosses durch sie befördern. Somit hatten alle die Geschwindigkeit gut ausgebildeter Soldaten.

»Wir sind so schnell marschiert, wie wir das konnten«, erwiderte Bashere. »Ein menschlicher Befehlshaber hätte seine Streitkräfte niemals zu einem so schrecklichen Marsch gezwungen. Sie müssen durch ein furchtbares Terrain gekommen sein – Flüsse, Wälder, Moore. Licht! So ein Marsch muss sie Tausende gekostet haben, die an Erschöpfung verendet sind. Die Blassen haben es riskiert, und jetzt haben sie uns in der Zange. Die Stadt könnte ebenfalls vernichtet werden.«

Elayne schwieg. »Ich lasse das nicht zu«, sagte sie schließlich. »Nicht noch einmal. Nicht, wenn wir es verhindern können.«

»Haben wir denn eine Wahl?«

»Ja«, sagte Elayne. »Bashere, Ihr seid einer der klügsten Strategen, den das Land je gekannt hat. Euch stehen Möglichkeiten zur Verfügung wie noch keinem Mann zuvor. Die Drachen, die Kusinen, Ogier, die bereit sind, in der Schlacht zu kämpfen … Ihr könnt das schaffen. Ich weiß es.«

»Ihr zeigt überraschend viel Vertrauen für jemanden, den Ihr erst kurze Zeit kennt.«

»Rand vertraut Euch. Er hat Euch sogar während der dunklen Zeiten vertraut, als er jeden Zweiten in seiner Nähe mit Argwohn betrachtete.«

Bashere erschien beunruhigt. »Es gibt eine Möglichkeit.«

»Welche?«

»Wir marschieren und treffen die Trollocs in der Nähe von Cairhien so schnell, wie es möglich ist. Sie sind erschöpft, sie müssen es sein. Wenn wir sie schnell schlagen können, bevor die Horde aus dem Süden da ist, dann haben wir vielleicht eine Chance. Es wird schwierig sein. Das Nordheer wird vermutlich die Stadt erobern wollen, um sie dann gegen uns zu benutzen, während das Südheer eintrifft.«

»Können wir Wegetore in die Stadt öffnen und sie halten?«

»Das bezweifle ich«, meinte Bashere. »Nicht mit unseren erschöpften Machtlenkern. Davon abgesehen müssen wir die Trollocs im Norden vernichten und ihnen nicht bloß standhalten. Wenn wir ihnen Zeit zum Ausruhen lassen, erholen sie sich von ihrem Marsch, vereinigen sich mit den Kreaturen aus dem Süden und reißen Cairhien mit ihren Schattenlords wie einen überreifen Apfel auf. Nein, Elayne. Wir müssen angreifen und diese nördliche Armee ausradieren, solange sie noch schwach ist; nur dann können wir vielleicht gegen die im Süden standhalten. Versagen wir, zerschmettern uns die beiden von zwei Seiten.«

»Das ist ein Risiko, das wir eingehen müssen«, sagte Elayne. »Schmiedet Eure Pläne, Bashere. Wir werden sie in die Tat umsetzen.«


Egwene betrat Tel’aran’rhiod.

Die Welt der Träume war immer gefährlich und unberechenbar gewesen. In der letzten Zeit war das noch schlimmer geworden. Die große Stadt Tear spiegelte sich auf seltsame Weise im Traum wider; die Gebäude sahen aus, als wären sie seit hundert Jahren von Stürmen heimgesucht worden. Die Stadtmauern waren kaum höher als zehn Fuß und vom Wind oben völlig glatt geschmirgelt. Die Gebäude waren abgetragen und hatten nur Fundamente und vereinzelte verwitterte Mauern hinterlassen.

Von dem Anblick erschreckt, wandte sich Egwene dem Stein zu. Zumindest er stand noch so da wie immer. Hoch, stark und unverändert vom Ansturm des Windes. Das tröstete sie.

Sie schickte sich in sein Herz. Die Weisen Frauen erwarteten sie bereits. Auch das war tröstlich. Selbst in dieser Zeit der Veränderungen und der Stürme waren sie so stark wie der Stein selbst. Amys, Bair und Melaine warteten auf sie. Sie hörte einen Teil ihrer Unterhaltung, bevor sie sie bemerkten.

»Ich sah es genau wie sie«, sagte Bair. »Auch wenn es meine eigenen Nachkommen waren, die mir ihre Augen liehen. Ich glaube, wir alle sehen das, wenn wir jetzt zum dritten Mal zurückkehren. Es sollte zur Pflicht gemacht werden.«

»Drei Besuche?«, fragte Melaine. »Das bringt in der Tat Veränderungen. Wir wissen noch immer nicht, ob der zweite Besuch uns die neue oder die alte Version zeigen wird.«

Sich durchaus bewusst, dass sie lauschte, räusperte sich Egwene. Die Frauen wandten sich ihr zu und verstummten sofort.

»Ich wollte keineswegs hereinplatzen«, sagte Egwene, ging an den Säulen vorbei und gesellte sich zu ihnen.

»Es ist nichts«, erwiderte Bair. »Wir hätten unsere Zungen besser im Zaum halten müssen. Schließlich haben wir Euch eingeladen.«

»Es ist schön, Euch zu sehen, Egwene al’Vere«, sagte Melaine und lächelte voller Zuneigung. Die Schwangerschaft dieser Frau war so weit fortgeschritten, dass es jeden Tag so weit sein musste. »Den Berichten nach zu urteilen, erringt Eure Armee viel Ji

»Wir schlagen uns gut«, sagte Egwene und setzte sich zusammen mit ihnen auf den Boden. »Ihr werdet Eure eigene Gelegenheit bekommen, Melaine.«

»Der Car’a’carn zögert es hinaus«, sagte Amys. Sie runzelte die Stirn. »Die Speere werden ungeduldig. Wir sollten gegen den Sichtblender ins Feld ziehen.«

»Er plant gern und trifft seine Vorbereitungen«, erwiderte Egwene. Sie zögerte. »Ich kann nicht lange bleiben. Ich treffe mich heute noch mit ihm.«

»Worum geht es?« Bair lehnte sich neugierig vor.

»Ich weiß es nicht«, sagte Egwene. »Ich fand einen Brief von ihm auf meinem Zeltboden. Er schrieb, er wollte mich sehen, aber nicht als Drache und Amyrlin. Sondern als alte Freunde.«

»Sagt ihm, er darf nicht herumtrödeln«, sagte Bair. »Aber es gibt etwas, worüber wir mit Euch sprechen müssen.«

»Was denn?«

»Habt Ihr so etwas schon einmal gesehen?«, sagte Melaine und konzentrierte sich. Plötzlich breiteten sich Risse im Boden aus. Die Weise Frau zwang der Welt der Träume ihren Willen auf und erschuf etwas, das sich Egwene ansehen sollte.

Zuerst war sie verwirrt. Spalten im Fels? Natürlich hatte sie schon Spalten in Felsen gesehen. Und da das Land in letzter Zeit so oft von Erdbeben erschüttert wurde, gab es sie vermutlich immer häufiger.

Aber diesen Spalten haftete etwas Unverwechselbares an. Egwene beugte sich vor und erkannte, dass sie anscheinend ins Nichts führten. In eine tiefe Finsternis. Völlig unnatürlich.

»Was ist das?«, fragte sie.

»Unsere Leute berichten davon«, sagte Amys leise. »Jene, die in Andor und bei Rand al’Thor sind. Sie erscheinen wie Brüche im Muster selbst. Ein paar Augenblicke bleiben sie so dunkel, dann verblassen sie, und zurück bleiben nur ganz normale Felsspalten.«

»Das ist ein sehr gefährliches Zeichen«, sagte Bair. »Wir haben eine von uns in die Grenzlande geschickt, wo Lan Mandragoran kämpft. Anscheinend kommen diese Risse dort am häufigsten vor.«

»Sie erscheinen öfter, wenn Schattenlords kämpfen«, sagte Amys. »Wenn sie das als Baalsfeuer bekannte Gewebe benutzen.«

Egwene starrte in die Finsternis und fröstelte. »Baalsfeuer schwächt das Muster. Im Krieg der Macht scheuten schließlich selbst die Verlorenen seinen Einsatz, um nicht die Welt selbst aufzulösen.«

»Wir müssen alle unsere Verbündeten darüber unterrichten«, sagte Amys. »wir dürfen dieses Gewebe nicht einsetzen.«

»Es ist den Aes Sedai sowieso verboten«, erwiderte Egwene. »Aber ich werde allgemein bekannt machen, dass niemand auch nur daran denken soll, dieses Gebot zu brechen.«

»Das ist weise«, sagte Melaine. »Für Leute mit so vielen Regeln sind die Aes Sedai meiner Ansicht nach ausgesprochen geschickt darin, sie zu ignorieren, wenn es die Situation erlaubt.«

»Wir vertrauen unseren Frauen«, sagte Egwene. »Die Eide führen sie; davon abgesehen muss sie ihre eigene Weisheit leiten. Wäre Moiraine nicht bereit gewesen, diese Regel zu brechen, wäre Perrin tot – und Mat auch, hätte Rand diese Regel nicht ignoriert. Aber ich spreche mit den Frauen.«

Baalsfeuer beunruhigte sie. Nicht, weil es existierte oder was es anrichtete. Es war einzigartig gefährlich. Und doch, was hatte Perrin noch einmal zu ihr im Traum gesagt? Es ist doch bloß ein Gewebe …

Es erschien ungerecht, dass der Schatten den Zugang zu einer solchen Waffe haben sollte, die das Muster auflösen konnte. Wie sollten sie das bekämpfen, wie konnten sie die Wirkung umkehren?

»Das ist nicht der einzige Grund, weshalb wir nach Euch geschickt haben, Egwene al’Vere«, sagte Melaine. »Sind Euch die Veränderungen in der Welt der Träume aufgefallen?«

Egwene nickte. »Der Sturm wird hier immer schlimmer.«

»In der Zukunft werden wir hier nur noch selten zu Besuch kommen«, verkündete Amys. »Wir haben diese Entscheidung getroffen. Und auch wenn wir uns beklagen, der Car’a’carn bereitet seine Heere für den Abmarsch vor. Nicht mehr lange, und wir marschieren zusammen mit ihm zur Festung des Schattens.«

Egwene nickte langsam. »Also war es das.«

»Ich bin stolz auf Euch, Mädchen«, sagte Amys. Amys, die immer so hart wie ein Stein war, schien gleich in Tränen auszubrechen. Die Frauen standen auf, und Egwene umarmte sie nacheinander.

»Das Licht beschütze Euch, Amys, Melaine, Bair«, sagte sie. »Gebt den anderen meine Liebe.«

»Das wird geschehen, Egwene al’Vere«, sagte Bair. »Möget Ihr Wasser und Schatten finden, jetzt und für alle Ewigkeit.«

Eine nach der anderen verblich aus Tear. Egwene holte tief Luft und schaute nach oben. Das Gebäude ächzte wie ein Schiff im Sturm. Der Felsen selbst schien sich um sie herumzubewegen.

Sie hatte diesen Ort geliebt – nicht den Stein, aber Tel’aran’rhiod. Er hatte sie so viel gelehrt. Aber als sie sich vorbereitete, ihn zu verlassen, wusste sie, dass er wie ein Fluss bei einer gefährlichen Flut war. So vertraut und geliebt er auch sein mochte, sie konnte sich hier keinen unberechenbaren Risiken aussetzen. Nicht, solange die Weiße Burg sie brauchte.

»Auch dir ein Lebewohl, alte Freundin«, sagte sie zu ihrer Umgebung. »Bis ich wieder träume.«

Sie gestattete sich zu erwachen.

Wie gewöhnlich wartete Gawyn neben dem Bett. Sie waren wieder in der Burg. Egwene lag vollständig bekleidet in dem Raum neben ihrem Arbeitszimmer. Es war noch nicht Abend, aber sie hatte die Bitte der Weisen Frauen nicht ignorieren wollen.

»Er ist da«, sagte Gawyn leise und warf einen Blick auf die Tür zum Arbeitszimmer.

»Dann wollen wir ihn treffen.« Sie erhob sich und glättete ihren Rock. Sie nickte Gawyn zu, dann gingen sie los, um sich mit dem Wiedergeborenen Drachen zu treffen.

Rand lächelte, als er sie erblickte. Er war in Begleitung zweier ihr unbekannten Töchter.

»Worum geht es?«, fragte sie müde. »Willst du mich davon überzeugen, die Siegel zu brechen?«

»Du bist zynisch geworden«, bemerkte Rand.

»Bei unseren letzten beiden Begegnungen hast du dir absichtlich große Mühe gegeben, mich wütend zu machen«, erwiderte sie. »Sollte ich also nicht damit rechnen?«

»Ich will dich nicht aufbringen«, sagte Rand. »Sieh her.« Er zog etwas aus der Tasche. Ein Haarband. Er hielt es ihr entgegen. »Du hast es nie erwarten können, dein Haar zu einem Zopf flechten zu dürfen.«

»Also bin ich jetzt ein Kind, willst du das damit sagen?«, fragte Egwene ärgerlich. Gawyn legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter.

»Was? Nein!« Rand seufzte. »Beim Licht, Egwene. Ich will mich entschuldigen. Du bist wie eine Schwester für mich; ich hatte nie Geschwister. Oder zumindest kennen mich die, die ich habe, nicht. Ich habe nur dich. Bitte. Ich will dich wirklich nicht ärgern.«

Einen Augenblick lang erschien er genau wie vor langer Zeit. Ein unschuldiger und ernsthafter Junge. Egwene ließ ihren Zorn dahinschmelzen. »Rand, ich habe viel zu tun. Wir haben beide viel zu tun. Dafür ist jetzt keine Zeit. Deine Armeen sind ungeduldig.«

»Ihre Zeit kommt bald«, sagte Rand, und seine Stimme wurde härter. »Bevor das hier zu Ende ist, werden sie sich fragen, warum sie es nicht abwarten konnten, und voller Sehnsucht auf diese ruhigen Tage zurückblicken.« Er hielt noch immer das Haarband auf der Hand und schloss jetzt die Faust darum. »Ich wollte bloß … Ich wollte bloß nicht in meinen Kampf ziehen, solange unsere letzte Begegnung ein Streit war, wenn auch sicherlich ein wichtiger.«

»Ach, Rand.« Egwene trat vor und nahm das Haarband entgegen. Sie umarmte ihn. Beim Licht, in letzter Zeit war er so schwierig in allem gewesen – aber das dachte sie gelegentlich auch über ihre Eltern. »Ich unterstütze dich. Das heißt nicht, dass ich so mit den Siegeln verfahre, wie du es willst, aber ich unterstütze dich.«

Sie ließ Rand los. Ihr würden nicht die Tränen kommen! Selbst wenn es ihr wie ihr letzter Abschied voneinander vorkam.

»Wartet«, sagte Gawyn. »Geschwister? Ihr habt Geschwister?«

»Ich bin Tigraines Sohn«, sagte Rand und zuckte mit den Schultern. »Ich kam zur Welt, nachdem sie in die Wüste zog und eine Tochter des Speers wurde.«

Gawyn erschien völlig verblüfft, aber Egwene hatte das schon vor Jahren herausbekommen. »Ihr seid Galads Bruder?«, fragte Gawyn ungläubig.

»Halbbruder«, erwiderte Rand. »Nicht dass das einem Weißmantel vermutlich viel bedeuten würde. Wir hatten dieselbe Mutter. Sein Vater war genau wie Eurer Taringail, aber meiner war ein Aiel.«

»Ich glaube, Galad würde Euch überraschen«, sagte Gawyn leise. »Aber Elayne …«

»Ich muss Euch nicht Eure eigene Familiengeschichte erklären, aber Elayne ist nicht mit mir verwandt.« Rand wandte sich Egwene zu. »Darf ich sie sehen? Die Siegel. Bevor ich zum Shayol Ghul gehe, würde ich sie gern noch ein letztes Mal sehen. Ich verspreche auch, nichts mit ihnen zu machen.«

Zögernd fischte sie sie aus der Tasche an ihrem Gürtel, wo sie sie oft trug. Der noch immer völlig überrascht aussehende Gawyn trat ans Fenster, stieß es auf und ließ Licht in den Raum. Die Weiße Burg fühlte sich immer noch … verstummt an. Ihre Heere waren abgerückt, ihre Herren waren in den Krieg gezogen.

Egwene wickelte das erste Siegel aus und gab es Rand. Sie würde sie ihm nicht alle auf einmal geben. Nur für alle Fälle. Natürlich vertraute sie seinem Wort; schließlich handelte es sich hier um Rand, aber … nur für alle Fälle.

Rand hielt das Siegel in die Höhe und starrte es an, als suchte er Weisheit in der Schlangenlinie. »Ich habe sie erschaffen«, flüsterte er. »Ich habe sie so gemacht, dass sie niemals brechen sollten. Trotzdem wusste ich bei ihrer Schöpfung, dass sie irgendwann versagen würden. Irgendwann zerbricht alles, wenn er es berührt …«

Vorsichtig hielt Egwene ein weiteres Siegel. Sie durfte sie nicht aus Versehen zerbrechen. Sie hatte sie in Tücher gewickelt und die Tasche zusätzlich mit einem weichen Tuch ausgestopft; sie hatte Angst, sie beim Tragen zu zerbrechen, aber Moiraine hatte behauptet, dass sie sie zerbrechen würde.

Sie hielt das für albern, aber die Worte, die sie gelesen hatte, die Dinge, die Moiraine gesagt hatte … Nun, falls der Augenblick kommen sollte, sie zu zerbrechen, würde sie sie bei sich tragen müssen. Also nahm sie sie überallhin mit – trug den potenziellen Tod der Welt mit sich herum.

Plötzlich wurde Rand so weiß wie ein Laken. »Egwene«, sagte er. »Das täuscht mich nicht.«

»Was meinst du?«

Er sah sie an. »Das ist eine Fälschung. Bitte, das geht schon in Ordnung. Sag mir die Wahrheit. Du hast eine Kopie gemacht und mir gegeben.«

»Ich tat nichts dergleichen!«

»Oh … oh, Licht!« Rand hob das Siegel wieder. »Es ist eine Fälschung.«

»Was!« Egwene riss es ihm aus der Hand und strich darüber. Sie fühlte nichts Falsches. »Wie kannst du dir da so sicher sein?«

»Ich erschuf sie«, antwortete Rand. »Ich kenne meine Arbeit. Das ist keines der Siegel. Es ist … Licht, jemand nahm sie.«

»Ich hatte sie seit dem Augenblick, an dem du mir sie gabst, bei mir!«, protestierte Egwene.

»Dann ist es zuvor geschehen«, flüsterte Rand. »Ich habe sie mir nicht sorgfältig angesehen, nachdem ich sie holte. Irgendwie wusste er, wo ich sie verstaut hatte.« Er nahm das andere aus ihrer Hand und schüttelte den Kopf. »Das ist auch nicht echt.« Er nahm das dritte. »Das auch nicht.«

Er sah sie an. »Er hat sie, Egwene. Irgendwie hat er sie zurückgestohlen. Der Dunkle König hält die Schlüssel zu seinem eigenen Kerker.«


Den größten Teil seines Lebens hatte sich Mat gewünscht, nicht so oft angesehen zu werden. Ständig behielt man ihn stirnrunzelnd im Auge, weil er angeblich Ärger machte – für den er nun wirklich nicht verantwortlich war –, oder man blickte missbilligend, obwohl er völlig unschuldig war und sich alle Mühe gab, freundlich zu sein. Jeder Junge stahl irgendwann mal einen Kuchen. Daran war nichts Schlimmes. Eigentlich wurde das sogar erwartet.

Für Mat war der Alltag schwieriger als für andere Jungen gewesen. Jeder hatte ihm ganz besonders scharf auf die Finger geschaut, obwohl es dafür eigentlich keinen Grund gegeben hatte. Perrin hätte den ganzen Tag lang Kuchen stehlen können, und man hätte ihn bloß angelächelt und ihm vielleicht über das Haar gestrichen. Auf ihn ging man gleich mit dem Besen los.

Betrat er eine Schenke, um zu würfeln, zog er die Blicke auf sich. Die Leute beobachteten ihn wie einen Falschspieler – obwohl er das nie war – oder voller Neid. Ja, er hatte immer geglaubt, nicht mit Blicken verfolgt zu werden, wäre einfach nur großartig. Ein Anlass zum Feiern.

Jetzt geschah es endlich, und es machte ihn krank.

»Ihr könnt mich ansehen«, protestierte er. »Wirklich. Verflucht, es ist in Ordnung!«

»Mein Blick würde gesenkt«, erwiderte die Dienerin, während sie auf einem niedrigen Tisch an der Wand Stoff aufschichtete.

»Euer Blick ist bereits gesenkt! Ihr starrt auf den verdammten Boden, nicht wahr? Ich will, dass Ihr ihn hebt!«

Die Seanchanerin arbeitete weiter. Sie hatte helle Haut mit Sommersprossen unter den Augen, war ganz ordentlich anzuschauen, obwohl er nun eher einen dunkleren Hautton bevorzugte. Trotzdem hätte es ihn nicht gestört, wenn ihm dieses Mädchen zugelächelt hätte. Wie sollte er mit einer Frau sprechen, wenn er sie nicht zum Lächeln bringen konnte?

Weitere Diener traten mit zu Boden gerichtetem Blick ein; sie trugen ebenfalls Stoffe. Mat befand sich in den Räumen, die offensichtlich »sein« Gemach im Palast darstellten. Es waren viel zu viele, mehr, als er je benötigen würde. Vielleicht konnten ja Talmanes und ein paar andere Männer der Bande bei ihm einziehen, damit sich das Gemach nicht so verlassen anfühlte.

Er schlenderte zum Fenster. Unten auf dem Mol Hara wurde ein Heer aufgestellt. Es dauerte länger, als ihm lieb war. Galgan versammelte die seanchanischen Streitkräfte von den Grenzen, aber es geschah viel zu langsam. Mat war dem Mann kurz begegnet, und er vertraute ihm nicht, ganz egal, was Tuon darüber gesagt hatte, dass seine Attentäter von vornherein keinen Erfolg haben sollten. Galgan sorgte sich, durch den Rückzug die Ebene von Almoth zu verlieren.

Nun, er sollte lieber zuhören. Mat hatte ohnehin keinen Grund, diesen Mann zu mögen, aber wenn er weiterhin alles so verzögerte …

»Höchsterlauchter?«, fragte die Dienerin.

Mat drehte sich um und hob eine Braue. Mehrere Da’covale waren mit dem Rest des Stoffes eingetreten, und unwillkürlich errötete er. Sie trugen kaum einen Faden am Leib, und das, was sie trugen, war durchsichtig. Aber er konnte hinsehen, oder nicht? Sie würden nicht solche Kleidung tragen, wenn ein Mann da nicht hinsehen sollte. Was würde Tuon denken?

Ich bin nicht ihr Besitz, dachte er entschlossen. Ich werde mich nicht wie ein alter Ehemann verhalten.

Die Dienerin mit den Sommersprossen – sie trug den halben Kopf rasiert, war also eine So’jhin – deutete auf jemanden, der hinter den Da’covale eingetreten war, eine Frau mittleren Alters mit einem Haarknoten, die ihren Kopf nicht rasiert hatte. Ihre Figur hatte Ähnlichkeit mit einer Glocke, und sie hatte etwas Großmütterliches an sich.

Sie musterte ihn. Endlich wollte ihn jemand ansehen! Hätte sie dabei bloß nicht den Ausdruck von jemandem gezeigt, der ein Pferd auf dem Markt begutachtete.

»Schwarz für seine neue Stellung«, sagte die Frau und klatschte einmal in die Hände. »Grün für seine Herkunft. Tiefes Waldgrün, aber dezent. Jemand soll mir verschiedene Augenklappen bringen, jemand anders verbrennt diesen Hut.«

»Was?«, rief Mat aus. Diener schwärmten um ihn herum und zerrten an seiner Kleidung. »Moment mal. Was soll das hier?«

»Euer neues Ornat, Höchsterlauchter«, erwiderte die Frau. »Ich bin Nata, und ich werde Eure persönliche Schneiderin sein.«

»Meinen Hut verbrennt Ihr nicht«, sagte Mat. »Versucht es, und dann sehen wir mal, ob Ihr aus dem vierten Stock fliegen könnt. Habt Ihr mich verstanden?«

Die Frau zögerte. »Ja, Höchsterlauchter. Verbrennt seine Kleidung nicht. Bringt sie sicher unter, falls sie gebraucht werden sollte.« Sie schien Zweifel zu haben, dass das je der Fall sein würde.

Mat öffnete den Mund, um sich weiter zu beschweren, aber da öffnete einer der Da’covale ein Kästchen. Darin funkelte Schmuck. Rubine, Juwelen, Feuertropfen. Mat stockte der Atem. Dort befand sich ein Vermögen!

Er war so verblüfft, dass er zuerst gar nicht merkte, wie ihn die Diener auszogen. Sie zogen an seinem Hemd, und er ließ sie gewähren. Obwohl er an seinem Halstuch festhielt, war er nicht schamhaft. Die Röte in seinen Wangen hatte nichts damit zu tun, dass man ihm die Hosen auszog. Er war einfach bloß über den Schmuck überrascht.

Dann griff einer der jungen Da’covale nach seinem Lendentuch.

»Ihr würdet ohne Finger irgendwie merkwürdig aussehen«, knurrte Mat.

Der Da’covale schaute auf – seine Augen weiteten sich und er wurde blass. Sofort senkte er den Blick wieder und wich sich verbeugend zurück. Mat war nicht schamhaft, aber bei der Unterwäsche zog er die Grenze.

Nata schnalzte mit der Zunge. Ihre Diener fingen an, Mat in feine Stoffe zu hüllen. Schwarz und dunkelgrün – so dunkel, dass es eigentlich schon schwarz war. »Wir sollen Euch Ausstattungen für die militärische Repräsentation, die Anwesenheit bei Hofe, bei privaten Veranstaltungen und Auftritten in der Öffentlichkeit schneidern. Es …«

»Nein«, widersprach er. »Nur das Militär.«

»Aber …«

»Wir befinden uns mitten in der verdammten Letzten Schlacht, Frau«, sagte er. »Sollten wir das überleben, könnt Ihr mir eine verfluchte Festtagsmütze schneidern. Bis dahin sind wir im Krieg und ich brauche nichts anderes.«

Sie nickte.

Zögernd stand er mit ausgestreckten Armen da und ließ sich in Stoffe hüllen und seine Maße nehmen. Wenn er schon Anreden wie »Höchsterlauchter« oder »Hoheit« ertragen musste, dann konnte er zumindest dafür sorgen, vernünftig angezogen zu sein.

Ehrlich gesagt war er die alte Kleidung leid geworden. Die seanchanische Schneiderin schien keinen großen Wert auf Spitze zu legen, was eine Schande war, aber er wollte ihr nicht in ihre Arbeit hineinreden. Schließlich konnte er sich nicht über jede Kleinigkeit beschweren. Keiner mochte einen Nörgler, er am allerwenigsten.

Während sie mit den Maßen beschäftigt waren, trat ein Diener mit einem kleinen, mit Samt ausgekleideten Kasten ein, der verschiedene Augenklappen enthielt. Mat zögerte und überlegte; einige davon waren mit Edelsteinen verziert, andere mit irgendwelchen Mustern.

»Die da«, sagte er und zeigte auf die schlichteste. Einfaches Schwarz mit nur zwei kleinen, dünn geschnittenen Rubinen gegenüber an beiden Seiten. Man passte sie ihm an, während die anderen Diener mit den Maßen fertig wurden.

Als das erledigt war, ließ ihn die Schneiderin von den Dienern einen Anzug anziehen, den sie mitgebracht hatte. Offensichtlich durfte er seine alten Sachen nicht mehr tragen, solange er auf die neuen wartete.

Es fing eigentlich ganz schlicht an. Ein fein gewebter Seidenmantel. Mat hätte Hosen bevorzugt, aber der Mantel war bequem. Allerdings kam ein größerer, steiferer Mantel darüber. Ebenfalls aus Seide, nur dunkelgrün, und jeder Zoll war mit einem Schnörkelmuster bestickt. Die Ärmel waren groß genug, um ein Pferd durchzuschieben, und sie fühlten sich schwer an.

»Ich hatte doch gesagt, ich will die Kleidung eines Kriegers!«

»Das ist die zeremonielle Kriegeruniform eines Angehörigen der Kaiserfamilie, Hoheit«, sagte Nata. »Viele werden Euch als Außenseiter betrachten, und auch wenn niemand Eure Loyalität infrage stellen würde, wäre es für unsere Soldaten gut, Euch zuerst als Prinz der Raben und erst dann als Ausländer zu sehen. Würdet Ihr mir da zustimmen?«

»Vermutlich«, sagte Mat.

Die Diener machten weiter, schnallten einen verzierten Gürtel um und platzierten in den weiten Ärmeln Unterarmreife mit dem gleichen Muster. Das ging schon in Ordnung, da der Gürtel die Kleidung an der Taille zusammenraffte und verhinderte, dass sie sich allzu voluminös anfühlte.

Leider war das nächste Stück auch das albernste. Ein steifes, helles Stück Stoff, das man ihm über die Schultern legte. Es schmiegte sich wie ein Waffenrock über Rücken und Brust, aber die Seiten blieben offen und breiteten sich über einen Fuß weit aus, was ihn übermenschlich breit erscheinen ließ. Es hatte Ähnlichkeit mit den Schulterteilen einer schweren Rüstung, nur dass es aus Stoff bestand.

»Moment mal«, sagte er. »Das ist doch wohl kein Streich, den ihr jemandem spielt, nur weil er neu ist, oder?«

»Ein Streich, Höchsterlauchter?«, fragte Nata.

»Ihr könnt doch nicht ernsthaft …« Mat verstummte, als jemand an seiner Tür vorbeiging. Der Mann trug ein Gewand, das seinem sehr ähnelte, wenn es auch nicht so verziert und die Schultern nicht ganz so breit waren. Es war keine Rüstung der Kaiserfamilie, aber die zeremonielle Kleidung eines Angehörigen des Blutes. Dennoch war sie beinahe genauso verschwenderisch.

Der Mann blieb stehen und verbeugte sich vor Mat, dann ging er weiter.

»Verdammt«, sagte Mat.

Nata klatschte in die Hände, und die Diener behängten Mat mit Edelsteinen. Sie nahmen hauptsächlich Rubine, was ihm Unbehagen bereitete. Das konnte doch nur ein Zufall sein, oder? Er wusste nicht, was er davon halten sollte, diese vielen Edelsteine zu tragen. Vielleicht konnte er sie ja verkaufen. Aber wenn er sie als Spieleinsatz auf den Tisch legte, gehörte ihm am Ende noch ganz Ebou Dar …

Die Stadt gehört Tuon doch schon, wurde ihm plötzlich klar. Und ich habe sie geheiratet. Langsam wurde ihm bewusst, dass er reich war. Richtig reich.

Er saß da und ließ sich die Fingernägel lackieren, während er darüber nachdachte, was das alles zu bedeuten hatte. Gut, er brauchte sich schon seit einiger Zeit keine Sorgen mehr über Geld zu machen, konnte er doch stets beim Spiel neues gewinnen. Aber das hier war anders. Wenn er bereits alles hatte, warum dann noch darum spielen? Das klang nicht nach viel Spaß. Niemand sollte einem so viel ungefragt geben. Stattdessen sollte man eine Möglichkeit finden, es aus eigener Kraft zu erringen, durch Geistesgegenwart, Glück oder Geschick.

»Soll man mich doch verbrennen«, murmelte er und senkte die Arme, als man mit dem Lackieren fertig war. »Ich bin ein verdammter Adliger.« Er seufzte, riss einer überraschten Dienerin, die gerade mit seiner alten Kleidung vorbeiging, den Hut aus der Hand und setzte ihn auf.

»Höchsterlauchter«, sagte Nata. »Bitte vergebt meine offenen Worte, aber es ist meine Pflicht, Euch zu beraten. Dieser Hut sieht bei dieser Uniform ganz besonders … unpassend aus.«

»Wen kümmert’s«, erwiderte Mat und marschierte aus dem Raum. Fast musste er sich seitlich aus der Tür schieben! »Wenn ich schon albern aussehe, dann kann ich das auch mit Stil machen. Jemand soll mir zeigen, wo sich unsere verfluchten Generäle treffen. Ich muss wissen, wie viele Soldaten wir haben.«

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