12

Die Halle Svein Blue Tooths bestand aus Holz und bot einen herrlichen Anblick.

Das Innere der Halle war ohne die verschiedenen Nebenräume und die Empore, die innen herumführte und Zugang zu anderen Räumen bot, etwa vierzig Fuß hoch, vierzig Fuß breit und nahezu zweihundert Fuß lang. An der Westwand stand ein gewaltiger Tisch, der die ganze Breite des Raums einnahm. Hinter diesem Tisch, mit dem Rücken zur Wand, damit von dort aus die ganze Halle überblickt werden konnte, befand sich der hohe Sitz, der Platz des Hausherrn. Er war groß genug für drei oder vier Männer, und ehrenhalber durften manchmal andere Männer mit dem Jarl auf dem hohen Sitz Platz nehmen. Zu beiden Seiten dieses Throns befanden sich zwei Säulen, etwa zwanzig Zentimeter dick und rund acht Fuß hoch – die Thronsäulen. Die Säulen waren während der Herrschaft von Svein Blue Tooths Großvater geschnitzt worden und trugen die Glückszeichen seines Hauses. Zu beiden Seiten des hohen Sitzes standen lange Bänke, ebenso auf der anderen Seite des Tisches. Ein Ehrenplatz war die Position gegenüber dem hohen Sitz, auf dem man sich am besten mit dem Gastgeber unterhalten konnte. Obwohl der Thron ›hoher‹ Sitz genannt wurde, ragte er nicht über die anderen Sitzgelegenheiten auf. Der Jarl blickte nicht auf seine Gefolgsleute herab. Der Sitz ist ›hoch‹ in dem Sinne, daß sich große Ehre mit ihm verbindet.

Fast durch die gesamte Halle erstreckte sich eine Grube für ein ›langes Feuer‹, über dem für die Hausangehörigen Nahrung zubereitet werden konnte. An den Längswänden der Halle standen ebenfalls lange Tische mit Bänken. Auf den Tischen befindliche Schalen, mit Salz gefüllt, trennen gewöhnlich die Männer nach ihrem Rang. Wer ›über‹ dem Salz sitzt, verfügt über ein größeres Prestige als jemand, der ›unterhalb‹ Platz nehmen muß. Zwischen dem Salz und dem hohen Sitz befand man sich ›über‹ dem Salz; saß man zwischen dem Salz und dem Halleneingang, befand man sich ›unterhalb‹. In der Halle Ivar Forkbeards aber galten solche Rangunterschiede nicht; in seiner Halle wohnten ausnahmslos Kampfgefährten, die ›über dem Salz‹ standen. So wäre es nach Ansicht Blue Tooths und anderer nicht richtig gewesen, einen hohen Offizier an denselben Tisch zu setzen wie einen Mann, der sich damit beschäftigte, die Verrs hütenden Thralls zu beaufsichtigen.

Salz wird von den Torvaldsländern übrigens im allgemeinen aus Meerwasser oder aus der Verbrennung von Tang gewonnen. Aber es ist längst zum Handelsobjekt geworden und wird zuweilen bei Überfällen erbeutet. Die gelben und roten Salzsorten des Südens, von denen ich einige auf den Tischen sah, sind in Torvaldsland normalerweise nicht zu finden.

Die Anordnung der Tische ist zwar von Halle zu Halle verschieden, aber es ist üblich, daß der Eingang der Halle zur Morgensonne hin orientiert ist und daß der hohe Sitz diesem Eingang gegenübersteht. Es ist übrigens niemandem gestattet, hinter dem hohen Sitz Platz zu nehmen. In einem rauhen Land wie diesem sind solche elementaren Vorsichtsmaßnahmen sicher am Platze.

An den Längswänden der Halle hingen die Schilde der Krieger mit ihren Waffen. Auch Krieger, die gewöhnlich an den Mitteltischen saßen, bewahrten ihre Schilde und Speere an der Wand auf. In der Nacht schlief jeder Mann in seinen Fellen hinter dem Tisch und unter seinen Waffen. Blue Tooth und die Mitglieder seiner Familie sowie hohe Offiziere zogen sich natürlich in Privaträume zurück.

Die Halle war mit prachtvollen Schnitzereien und oberhalb der Schilde mit kostbaren Wandteppichen und anderen Behängen geschmückt. Sie stellten Szenen aus dem Krieg oder von der Jagd dar, dazwischen waren Schiffsbilder zu finden. Eine Darstellung zeigte eine Tabukjagd in einem Wald. Ein anderer Wandteppich mit zahlreichen Schiffen einer Kriegsflotte stammte aus der Zeit der großen Hungersnot in Torvaldsland – eine Generation war das jetzt her. In jener bitteren Zeit hatte es besonders viele Piratenzüge in den Süden gegeben.


Als Ivar Forkbeard auf dem purpurn geschmückten Siegerpodest seinen Namen nannte, brüllte Svein Blue Tooth: »Ergreift ihn und macht das Öl heiß!«

»Dein Eid! Dein Eid!« riefen die entsetzten Runenpriester.

»Ergreift ihn!« schrie Blue Tooth, doch seine Männer waren ihm in den Arm gefallen, während sie Ivar Forkbeard mit schlecht verhehlter Mißbilligung ansahen.

»Du hast mich hereingelegt!« fauchte Blue Tooth.

»Ja«, sagte Forkbeard. »Das stimmt.«

Svein Blue Tooth, der von seinen Männern festgehalten wurde, bemühte sich vergeblich, sein riesiges Schwert zu ziehen.

Der Hohe Runenpriester stellte sich höchstpersönlich zwischen den Jarl und Forkbeard, der unschuldig zu den Wolken hinaufblickte.

Der Runenpriester hob den schweren goldenen Ring Thors. »Du hast auf diesen Ring geschworen!« rief er.

Auf Svein Blue Tooths Gesicht traten die Adern hervor. Er war ein kräftiger Mann. Seine Offiziere hatten ihre liebe Not, ihn festzuhalten. Er knurrte wie ein gereizter Larl.

Endlich gab er den Kampf auf. »Wir beraten uns«, sagte er schweratmend. Er zog sich mit seinen Offizieren zum hinteren Rand der Plattform zurück, wo eine hitzige Diskussion anhob. Wiederholt wurden finstere Blicke auf Forkbeard geworfen, der nun fröhlich verschiedenen Bekannten in der Menge zuwinkte.

»Lang lebe Forkbeard!« rief ein Mann aus dem Publikum. Die Gefolgsleute Blue Tooths traten unbehaglich von einem Fuß auf den anderen und drängten sich näher an die Plattform heran. Ich erklomm die Stufen und nahm hinter Forkbeard Aufstellung. Ich hatte die Hand auf den Schwertgriff gelegt und wollte meinen Freund notfalls verteidigen.

»Du bist wahnsinnig«, sagte ich zu ihm.

»Schau«, erwiderte er, »da ist Hafnir vom Fjord der eisernen Wände. Ich habe ihn seit meiner Ächtung nicht gesehen!«

»Gut«, sagte ich.

Er winkte dem Mann zu. »Hallo, Hafnir!« rief er. »Ja, ich bin es, Ivar Forkbeard!«

Die Bewaffneten Svein Blue Tooths waren uns jetzt unangenehm nahe. Ich schob mit der linken Hand einige Speerspitzen zur Seite.

Die Diskussion am hinteren Ende der Plattform nahm kein Ende. Die Positionen schienen einigermaßen klar zu sein, obwohl ich nur Wortfetzen verstand; es ging einerseits um das heiß ersehnte Vergnügen, Forkbeard und sein Gefolge zu rösten – dagegen äußerten sich die Gemäßigten, die schlimme Folgen befürchteten, wenn der Friede des Thing gebrochen wurde, und einen Gesichtsverlust für Svein Blue Tooth, wenn er einem öffentlich und freiwillig geäußerten Eid zuwiderhandelte. Die Runenpriester wiesen darauf hin, daß die Götter einen solchen Vertrauensbruch gewiß nicht hinnehmen und sich möglicherweise mit Krankheiten, Seuchen, Hurrikanen oder Hungersnöten rächen würden. Gegen diese Argumente wurde vorgebracht, daß es nicht einmal die Götter Svein Blue Tooth übelnehmen könnten, wenn er einen winzigen Eid vergaß, der ihm unter Vorspiegelung falscher Tatsachen entlockt worden war; ein kühner Bursche verstieg sich sogar zu der Behauptung, unter den gegebenen Umständen sei es geradezu Blue Tooths Pflicht, seinen Schwur zu widerrufen und Forkbeard und seine Gefolgschaft zu vernichten. Zum Glück mußte der junge Mann mitten in seinem Vortrag niesen, und dieser Fingerzeig der Götter nahm seinen Argumenten alle Kraft.

Schließlich wandte sich Blue Tooth dem Forkbeard zu. Sein Gesicht war vor Wut gerötet.

Der Hohe Runenpriester hob den heiligen Tempelring.

»Der Frieden des Thing«, knurrte Blue Tooth, »und der Friede meines Hauses ruht für die Zeit des Thing auf dir. Dies habe ich geschworen, und ich werde mich daran halten.«

Die Menge jubelte. Forkbeard strahlte. »Ich wußte, daß es so kommen würde, mein Jarl«, sagte er. Der Hohe Runenpriester senkte den Tempelring.

Ich empfand Bewunderung für Svein Blue Tooth. Er stand zu seinem Wort, obwohl in diesem Fall jeder objektive Beobachter hätte einräumen müssen, daß die Versuchung, sich darüber hinwegzusetzen, sehr stark gewesen war. In Ehrendingen mußte ein hoher Jarl seinen Männern ein Beispiel geben. Er hatte sich in vorbildlicher Weise, wenn auch zähneknirschend, dazu bekannt.

»Morgen abend«, sagte er, »wenn das Thing vorbei ist, solltest du von hier verschwunden sein. Mein Eid gilt nur für die Zeit des Thing – und keinen Augenblick länger.«

»Ich glaube, du hast sechs Talmits für mich«, sagte Forkbeard.

Svein Blue Tooth starrte ihn aufgebracht an.

»Einer fürs Schwimmen«, zählte Forkbeard auf, »einer für das Stangensteigen, einer für das Schluchtspringen, einer für das Ruderschreiten und zwei für meine Geschicklichkeit mit dem Speer.«

Blue Tooth war sprachlos.

»Das wären sechs«, sagte Forkbeard. »In der Geschichte des Thing hat noch kein Champion so gut abgeschnitten.«

Blue Tooth streckte Forkbeard die Talmits hin, doch der andere neigte bescheiden das Haupt.

Als hoher Jarl von Torvaldsland blieb Svein Blue Tooth gar nichts anderes übrig, als Ivar Forkbeard die sechs Talmits um die Stirn zu binden.

In der Menge klang großer Jubel auf, auch ich brüllte begeistert mit. Auf seine Art war Svein Blue Tooth gar kein so übler Bursche.

»Morgen abend«, wiederholte der Jarl nachdrücklich.

»Du zürnst mir«, erwiderte Ivar Forkbeard, »und würdest mich unterhalb des Salzes setzen, nur weil ich ein Geächteter bin.«

»Ich zürne dir und würde dich nicht einmal in meine Halle lassen«, erwiderte Svein Blue Tooth, »weil du der größte Erzgauner in ganz Torvaldsland bist!«

Ich sah, daß sich Forkbeard über dieses Kompliment ungemein freute; er war eben immer auf seinen Ruf bedacht.

»Aber ich habe die Mittel, mich von dem Bann zu befreien, den du über mich gesprochen hast«, fuhr Forkbeard fort.

»Unmöglich!« rief Blue Tooth. Einige seiner Männer lachten. »Niemand könnte das Wergeld aufbringen, das ich festgesetzt habe.«

»Du hast von der Befreiung Chenbars aus den Verliesen von Port Kar gehört?« Forkbeard lächelte. »Du weißt von dem Angriff auf die Tempel in Kassau?«

»Du?« rief Blue Tooth.

Ich sah, wie es in den Augen Blue Tooths aufblitzte – und erkannte, daß er ein echter Torvaldsländer war. Alle Männer des Nordens haben einen unstillbaren Hang zur Räuberei.

»Das Wergeld, das ich festgesetzt habe«, sagte er langsam, »ist so hoch bemessen, daß es nach meiner Rechnung kein Mensch aufbringen kann. Hundert Stein in Gold, das Gewicht eines erwachsenen Mannes in Saphiren aus Shendi, und die einzige Tochter meines Feindes Thorgard von Scagnar.«

»Dürfte ich dir heute abend in deiner Halle die Ehre erweisen?« fragte Forkbeard.

Svein Blue Tooth sah ihn verblüfft an. Er betastete den schweren Zahn, der an einer Kette um seinen Hals hing.

In diesem Augenblick erhob sich Bera, seine Frau.

»Gib uns die Ehre und komm heute abend in unsere Halle, Champion«, sagte sie.

Blue Tooth widersprach ihr nicht. Die Frau eines Jarl hatte gesprochen.

Forkbeard musterte Svein Blue Tooth, der noch immer nervös an dem Zahn herumspielte.

»Ja«, sagte der Jarl. »Komm heute abend in meine Halle – Champion.«

Und wieder gab es laute Jubelrufe. Svein Blue Tooth, hoher Jarl von Torvaldsland, gefolgt von seiner Frau und seinen hohen Offizieren und Ratgebern, verließ die Plattform.

Wir hatten in der Halle Svein Blue Tooths vorzüglich gespeist.

Zahlreiche Tarsk und Bosk waren über dem langen Feuer an eisernen Spießen geröstet worden. Das Bier an den Tischen Blue Tooths war ausgezeichnet. Süß und stark war der Met.

Der Rauch des Feuers verflüchtigte sich zwischen den Dachstreben und stieg schließlich durch die Löcher des schrägen Dachs. Das Licht kam von den Kochfeuern, doch auch von Fackeln, die in Ringen an den Wänden steckten; da und dort hingen an langen Ketten große Tharlarionöllampen, die man von den Seiten her hochziehen und herablassen konnte.

Als Forkbeard, ich und Forkbeards Gefolgsleute, von denen einige schwere Lasten trugen, die Halle betraten, wies man uns Plätze in einem Nebenraum an, wo wir uns vor dem Fest waschen konnten. Das Zimmer hatte ein Fenster, was für torvaldsländische Hallen sehr ungewöhnlich war. Ich hatte den Finger gegen das Fenster gelegt und es nach außen gedrückt. Die Öffnung war nicht mit Glas verkleidet, sondern mit einer Art Membran, die fast so durchsichtig war wie Glas. »Was ist das?« hatte ich Forkbeard gefragt. »Das ist die getrocknete Nachgeburtsmembran eines Boskembryos«, erwiderte er. »So ein Stück hält viele Monate lang, auch bei Regen.« Durch das Fenster blickend, konnte ich die Palisade erkennen, die sich um die Halle zog, und einige Nachbargebäude. Die Palisade umgab etwa zwei Morgen; in ihrem Innern lagen Läden und Lagerhäuser und sogar ein Gebäude zur Aufbewahrung von Eis; in der Mitte ragte die große Halle auf, der riesige Palast des Nordens, das Haus Svein Blue Tooths. Durch die Membran sah ich kaum verzerrt die Palisade, den Laufsteg, der innen herumführte, die Wächter und darüber die Monde Gors. In der Ferne schimmerte das Mondlicht auf einem schneebedeckten Gipfel – auf dem Gipfel des Torvaldsberges, in dem der legendäre Torvald schlafen sollte.

Lächelnd wandte ich mich zu Ivar Forkbeard um. Ich sah, daß seine Männer ihre Lasten in einer Ecke des Nebenraums abgelegt hatten.

Forkbeard grinste mich an. Er war bei bester Laune und kam mir ganz und gar nicht wie ein Geächteter vor.

»Wenn ihr gewaschen seid und eure Vorbereitungen getroffen habt«, sagte ein junger Thrall, der in der Tür erschien, »wäre es gestattet, vor den hohen Sitz des Hauses zu treten, vor meinen Herrn, Svein Blue Tooth, Jarl von Torvaldsland.«

»Es ist uns eine Ehre«, hatte Forkbeard erwidert und vier seiner Männer abgestellt, die unseren Schatz bewachen sollten.

Wir sahen uns an. »Ich habe das Gefühl«, sagte ich, »daß wir einem Larl vor die Fänge laufen.«

»Keine Angst«, sagte Ivar. »Ich, Forkbeard, bin ja bei dir!«

»Wärst du nicht bei mir«, sagte ich, »würde ich mich wohl kaum so elend fühlen.«

»Ich verstehe«, meinte Forkbeard.

»Könnten wir nicht einfach in eine Grube voller giftiger Osts springen oder vielleicht während eines Gewitters über die Ebene der Wagenvölker rennen, die Schwerter über die Köpfe erhoben?«

»Es geht nicht nur darum, einem Larl vor die Fänge zu laufen«, sagte Forkbeard. »Das kann jeder Dummkopf.«

»Das weiß ich auch.«

»Der Trick besteht darin, dem Larl heil wieder zu entkommen.« Und Forkbeard blinzelte mir zu, was mich aber nicht sonderlich beruhigte.

»Du hast also wirklich Hoffnung, diese Eskapade lebend zu überstehen?«

»So etwas gehört zu meinem Plan«, bestätigte er. »Und dann, wenn das nicht klappt, sterben wir natürlich ehrenvoll, gegen einen übermächtigen Gegner. Mein Plan ist also narrensicher.«

»Du hast dir alles gut überlegt«, räumte ich ein. »Geh voran.«

Forkbeard hob kühn den Kopf und trat lächelnd aus dem Nebenraum. Am Eingang zur großen Halle blieb er stehen und hob die Hände, um die Anwesenden zu grüßen. Die zahlreichen Krieger hießen ihn begeistert willkommen. Immerhin hatte er sechs Talmits gewonnen. »Forkbeard grüßt euch!« brüllte Ivar. Ich blinzelte. Es war hell in der Halle. Ich hatte nicht geahnt, daß sie so groß war. An den Tischen saßen über tausend Männer und hoben Forkbeard ihre Bierkrüge und Messer entgegen. Gemessenen Schritts näherte er sich zu der Bank gegenüber dem hohen Sitz, wobei er ab und zu stehenblieb, um mit den Männern Svein Blue Tooths freundliche Worte zu wechseln. Ich folgte ihm mit seinen Männern. Dabei stellte ich fest, daß Blue Tooth Forkbeards Beliebtheit bei seinen Leuten ganz und gar nicht gefiel. Neben dem hohen Sitz hatte Bera Platz genommen. Wieder war ihr Haar hochgesteckt. Ihr Rock bestand aus gelber Wolle, und sie trug einen roten Umhang aus See-Sleen-Fell. Um ihren Hals lagen zahlreiche goldene Ketten.

Wir hatten in der Halle Svein Blue Tooths vorzüglich gespeist. Svein war ein reicher Mann, so daß wir während des Essens durch Akrobaten, Jongleure und Sänger unterhalten worden waren. Die Männer hatten brüllend gelacht, als einer der Akrobaten in das lange Feuer gefallen war und sich gleich darauf kreischend im Lehm gerollt hatte. Zwei andere Männer hatten einen Streit beigelegt, indem sie ein Tauziehen mit einem Boskfell veranstalteten. Dabei lag das lange Feuer zwischen ihnen. Als einer der beiden ins Feuer gezogen worden war, hatte der andere das Fell über ihn geworfen und war auf ihm herumgetrampelt. Ehe sich der Unglückliche befreien konnte, hatte er schlimme Brandwunden erlitten. Auch diese Einlage sorgte für große Heiterkeit an den Tischen. Die Jongleure hatten es ebenfalls nicht einfach, weil sie auf ihre wirbelnden Teller und Tassen achten mußten und über mehr als nur ausgestreckte Beine stolperten. Auch so mancher Sänger wurde von niederprasselnden Knochen und Tellern aus der Halle gescheucht.

Forkbeard regte sich einmal so sehr über das Unvermögen der Musiker auf, daß er mir seine Absicht kundtat, selbst ein Lied zum Besten zu geben. Er war ungewöhnlich stolz auf seine Stimme, Ich flehte ihn an, auf dieses Vorhaben zu verzichten. »Du bist hier Gast«, sagte ich. »Es wäre unschicklich für einen Mann deiner Talente, die Unterhalter zu beschämen und damit vielleicht die Ehre deines Gastgebers anzukratzen, der zweifellos die besten Künstler hat auftreten lassen, die er finden konnte.«

»Da hast du recht«, erwiderte Forkbeard, und ich atmete auf. Hätte Ivar Forkbeard zu singen begonnen, wären unsere Überlebenschancen wohl noch geringer geworden.

Thralls drehten die Braten über dem langen Feuer; Sklavinnen bedienten an den Tischen. Sie trugen lange weiße Wollröcke, die ziemlich fleckig waren; sie gingen barfuß und trugen das Haar im Nacken zusammengebunden, ihre Gesichter waren verschwitzt; sie mußten schwer arbeiten. Wie ich feststellte, achtete Bera sehr auf die Sklavinnen; ein Mädchen, das von einem Krieger gepackt und geküßt wurde und seine Zärtlichkeiten zu erwidern begann, wurde auf Beras Befehl von zwei Thralls in die Küche geführt, wo sie ausgepeitscht wurde. Ich vermutete, daß das Fest anders ausgesehen hätte, wenn Bera nicht dabei gewesen wäre; ihre starre Gestalt wurde von den Männern zweifellos nicht gern gesehen. Aber sie war die Frau Svein Blue Tooths. Ich sagte mir, daß sie sich normalerweise sicher früh zurückzog und Svein Blue Tooth mitnahm. Erst dann konnten die Männer die Tische zurückschieben und richtig zu feiern beginnen. Kein Jarl vermag die Männer lange in seiner Halle zu halten, wenn er sie nicht ausreichend mit Frauen versorgt. Svein Blue Tooth tat mir leid. Heute abend jedoch sah es nicht danach aus, als wollte sich Bera früh zurückziehen. Ich nahm an, daß darin einer der Gründe zu suchen war, warum die Männer so bösartig auf die Künstler reagiert hatten; allerdings waren die Torvaldsländer im allgemeinen kein leicht zufriedenzustellendes Publikum. Sie lassen sich nur durch das Kaissa und die Lieder der Skalden längere Zeit fesseln – und durch die Geschichten, die an den Tischen erzählt werden.

Nachdem die Künstler abgetreten waren und viel Fleisch verzehrt worden war, wandte sich Svein Blue Tooth, der sich sehr geduldig gegeben hatte, an Ivar Forkbeard. »Soweit ich mitbekommen habe, glaubst du die Möglichkeit zu haben, dein Wergeld zu bezahlen.«

»Kann sein«, sagte Forkbeard.

In Svein Blue Tooths Augen begann es zu blitzen. Er betastete den Zahn des Hunjerwals.

»Das Wergeld war sehr hoch«, sagte er.

Forkbeard stand auf. »Bringt das Gold und die Saphire«, befahl er. »Und eine Waage.«

Zur Verblüffung der Anwesenden brachten Forkbeards Männer aus dem Nebenraum Kisten und Säcke mit Gold herein – und dazu einen großen schweren Ledersack.

Die Männer von den hinteren Tischen drängten heran; sogar die Thralls und die Sklavinnen verharrten in der staunenden Menge.

»Platz! Macht Platz!« rief Forkbeard.

Über zwei Ahn lang wurde Gold auf zwei Waagen gewogen eine gehörte Forkbeard, die andere dem Hause Svein Blue Tooth. Zu meiner Erleichterung stimmten die Gewichte fast völlig überein.

Das Gold häufte sich auf dem Boden.

Die Augen Svein Blue Tooths schimmerten gierig.

»Das hier sind vierzig Gewicht Gold«, sagte Svein Blue Tooths Helfer, als wollte er seinen Notizen nicht trauen. »Vierhundert Stein Gold!«

Der Mann auf dem Thron hielt den Atem an.

Ivar Forkbeard griff nun nach dem schwarzen Lederbeutel, öffnete ihn und schüttete einen Strom schimmernder, funkelnder Edelsteine auf den festgestampften Lehmboden – die meisten waren tiefblau, einige aber auch purpurn und weiß und gelb, die geschnitzten Saphire Shendis, von denen jeder die Form eines winzigen Panthers hatte.

»Aii!« rief die Menge. Svein Blue Tooth beugte sich mit geballten Fäusten vor. Bera starrte mit weit aufgerissenen Augen auf den Schatz. Sie brachte kein Wort heraus.

Forkbeard schüttelte den Sack. Weitere Edelsteine fielen heraus, von denen einige zu den selteneren Saphirarten gehörten – hellrosa, orangefarben, violett, braun und sogar grün.

»Ah!« rief die Menge.

»Wie schön!« staunte ein Sklavenmädchen, der nicht einmal ihr eiserner Sklavenkragen gehörte.

»Wiege sie!« sagte Forkbeard.

Ich hatte bis zu diesem Augenblick keine Ahnung gehabt, wie viele verschiedene Saphirarten es gibt – ich hatte nur die bläulichen Steine gekannt.

Doch ich zweifelte keinen Augenblick daran, daß diese Steine echt waren. Chenbar der See-Sleen hätte darauf bestanden, daß die Gebühr für seine Rettung in echten Steinen entrichtet wurde; das war für ihn eine Ehrensache. Ebenso hätte es Forkbeard nicht gewagt, falsche Steine anzubieten – er stand über solchen Dingen, zumal er es hier mit einem Mann seines eigenen Landes zu tun hatte.

Nun wurden auch die Edelsteine gewogen.

Die Krieger stießen manchen Schrei des Entzückens aus. Das Gewicht der Steine entsprach dem eines korpulenten erwachsenen Mannes.

Ivar Forkbeard stand hinter seinen Reichtümern und breitete grinsend die Hände aus. »Ich hatte nicht gedacht, daß es in Torvaldsland einen solchen Schatz gibt«, sagte Bera leise.

»Svein Blue Tooth war sehr beeindruckt. Er konnte kaum sprechen. Wenn er diesen Schatz besaß, gab es in ganz Torvaldsland keinen Jarl, der sich auch nur annähernd mit ihm messen konnte. Seine Macht würde der eines Ubar des Südens entsprechen.

Aber die Torvaldsländer sind nicht leicht zufriedenzustellen. Blue Tooth lehnte sich zurück. »Das Wergeld umfaßt aber noch eine dritte Forderung.«

»Ach wirklich, Jarl?« fragte Ivar.

»Es will mir scheinen, daß ich diesen Schatz behalten und du geächtet bleiben mußt. Aber natürlich gilt dies alles als Anzahlung. Ich widerrufe meinen Bann über dich, sobald du mir die Tochter meines Feindes Thorgard von Scagnar überbringst.«

Blue Tooths Männer raunten ärgerlich. »Forkbeard hat sein Wergeld doch mehr als bezahlt!« rief einer. »Welcher Mann hat je einen solchen Preis zudiktiert bekommen und hat ihn bezahlt?« fragte ein anderer.

»Ruhe!« brüllte Svein Blue Tooth und richtete sich hinter seinem Tisch auf. Stirnrunzelnd blickte er in die Runde.

»Niemand, keine Armee oder Flotte«, rief ein anderer Mann, »könnte die Tochter eines so mächtigen Jarls wie Thorgard von Scagnar entführen!«

»Offenbar verlangst du das Unmögliche, mein Jarl«, bemerkte Ivar Forkbeard.

»O ja, ich verlangte das Unmögliche«, rief Svein Blue Tooth. »Von dir, mein Freund Ivar Forkbeard, verlange ich das Unmögliche.«

Forkbeards Männer murrten unwillig. Hände tasteten sich zu den Waffen.

Auch die Männer Svein Blue Tooths, etwa tausend Krieger, waren ärgerlich. Doch kühn setzte ihr Jarl seinen Willen gegen den ihren. Wer wagte es, sich dem Willen des Jarl zu widersetzen?

Ich bewunderte Blue Tooth. Er war mutig. Ich bezweifelte nicht, daß sich die Männer letztlich seinem Urteil beugen würden.

Svein setzte sich wieder auf den hohen Sitz. »Jawohl, Freund Forkbeard«, sagte er. »Von dir verlange ich, wie es mein gutes Recht ist, das Unmögliche.«

Forkbeard wandte sich um und rief zum Eingang der Halle hinüber: »Bringt das Mädchen!«

Außer dem Knistern der Feuerstellen und Fackeln war in der riesigen Halle kein Laut zu hören.

Die Männer und Thralls und Sklavinnen wichen auseinander. Vom Tor der Halle, das nun aufgestoßen war, näherten sich vier Gestalten. Ottar, der Forkbeard zum Thing begleitet hatte, zwei von Forkbeards Männern mit Speeren und zwischen ihnen in einer kostbaren Robe der Verhüllung, wie sie im Süden üblich war, ein Mädchen.

Die vier blieben vor dem Tisch gegenüber dem hohen Sitz Svein Blue Tooths stehen. Das Mädchen stand zwischen dem Gold und den aufgehäuften Saphiren. Ihre Kleidung bestand aus herrlichen Stoffen, die seltsam schimmerten und fast etwas Juwelenhaftes hatten. Sie war zweifach verschleiert; einmal mit weißer Seide und darunter mit purpurner Seide.

»Was für ein Scherz ist das?« fragte Blue Tooth streng.

»Dies ist kein Scherz, mein Jarl«, sagte Forkbeard. Er deutete auf das Mädchen. »Ich möchte meinem Jarl Hilda, die Tochter Thorgards von Scagnar, vorstellen.«

Das Mädchen hob die Hände und ließ ihre beiden Schleier fallen.

»Sie ist es«, flüsterte ein Mann am Tisch von Svein Blue Tooth. »Ich war einmal in der Halle Thorgards. Sie ist es!«

»Bist du«, fragte Svein Blue Tooth, »die Tochter Thorgards von Scagnar?«

»Ja, mein Jarl«, erwiderte sie.

»Bevor Thorgard von Scagnar mit dem Schwarzen Sleen in See stach«, sagte Svein lauernd, »besaß er ein anderes Schiff. Wie hieß es?«

»Der Gehörnte Tharlarion. Das Schiff ist noch immer in seinem Besitz, doch es dient nicht mehr als Flaggschiff.«

»Wie viele Ruder hat es?«

»Achtzig.«

»Wer unterhält die Fischgründe von Thorgard?« fragte ein Mann.

»Grim, aus Hunjer.«

»Im Kampf habe ich Thorgard von Scagnar einmal verwundet«, sagte Svein Blue Tooth.

»Die Narbe befindet sich an seinem linken Handgelenk und ist unter einem juwelenverzierten Armband versteckt.«

Svein lehnte sich zurück.

»Im gleichen Kampf«, fuhr sie fort, »hat er dich verwundet, und zwar ernsthafter. Du müßtest die Narbe an deiner linken Schulter tragen.«

»Es stimmt«, sagte Svein Blue Tooth.

»Ich sag's euch doch!« rief der Mann am Tisch. »Das ist Hilda, die Tochter Thorgards von Scagnar! Ich bin in seiner Halle gewesen! Sie ist es!«

»Wie bist du in Forkbeards Hände gefallen?« fragte Svein Blue Tooth.

»Durch einen Trick, mein Jarl«, sagte sie. »Ich wurde in meinen eigenen Räumen gefangengenommen.«

»Wie hat man eure Wächter überlistet?«

»Der Weg führte aus dem Fenster meines Zimmers, spät in der Nacht. Ich wurde ins Meer geschleudert, gut fünfzig Fuß tief. Dort wartete ein Boot. Ich wurde wie ein Fisch an Bord geholt. Meine Herren folgten.«

Die Männer in der Halle stimmten ein lautes Jubelgeschrei an und daran waren nicht nur Forkbeards Männer beteiligt, sondern auch die Krieger Svein Blue Tooths.

»Armes Mädchen!« rief Bera.

»So etwas kann jeder Frau passieren«, sagte Hilda. »Sogar dir, Herrin.«

»Die Männer sind Ungeheuer!« rief Bera und musterte Ivar und mich und seine Männer. »Schämt euch, ihr Ungeheuer!« rief sie.

»Svein Blue Tooth, Jarl von Torvaldsland, ich möchte dir Hilda, Tochter Thorgards von Scagnar, vorstellen«, sagte Ivar. »Und Hilda, Tochter Thorgards, dies ist Svein Blue Tooth, der Jarl von Torvaldsland.«

Hilda neigte ehrerbietig den Kopf.

»Armes Mädchen!« rief Bera. »Du mußt schrecklich gelitten haben!«

Hilda senkte den Kopf und antwortete nicht.

»Ich hätte es mir nicht träumen lassen, Hilda, die Tochter Thorgards von Scagnar, als Gefangene vor mir zu sehen!«

»Vor dir steht mehr als eine Gefangene, mein Jarl«, sagte sie.

»Wie meinst du das?«

Sie hob den Kopf und streifte das schimmernde Gewand zur Seite. »Ich trage den Kragen Ivar Forkbeards.«

Um die blasse empfindliche Haut ihres anmutig geschwungenen Halses zog sich der häßliche torvaldsländische Sklavinnenkragen.

»Du hast es gewagt, der Tochter Thorgards von Scagnar den Sklavenkragen anzulegen!« rief Bera.

»Mein Herr tut, was ihm gefällt, Herrin«, sagte Hilda.

»Sei still, Sklavin!« rief Bera. »Wenn ich mir vorstelle, daß ich vor einer Sklavin Mitleid gezeigt habe!«

Wütend raffte Bera ihre Röcke auf und zog sich in ihre Privatgemächer zurück.

»Du hast ihr den Kragen umgelegt!« lachte Svein Blue Tooth.

»Natürlich«, erwiderte Forkbeard.

»Großartig!« lachte Svein Blue Tooth und rieb sich die Hände. »Offenbar ist die Forderung des Wergelds erfüllt.«

»Ja«, sagte Forkbeard. »So sieht es aus.«

»Morgen früh verkünde ich die Aufhebung deines Banns«, sagte Blue Tooth.

Ich atmete auf. Offensichtlich kamen wir doch lebend aus der Halle Svein Blue Tooths heraus. Ich hatte bis zum letzten Augenblick einen Trick oder einen Verrat gefürchtet. Doch er hatte sein Urteil vor allen Männern verkündet. Und ich wußte inzwischen, daß man sich auf sein Wort verlassen konnte.

»Ich glaube, da besteht noch ein kleiner Irrtum«, sagte Ivar Forkbeard.

Ich stöhnte innerlich auf.

»Wie meinst du das ?« fragte Blue Tooth.

»Wie kann das Wergeld denn bezahlt sein?« fragte Ivar Forkbeard.

Blue Tooth sah ihn ratlos an. Dann deutete er auf die Juwelen, das Gold und das Mädchen. »Du hast doch alles hier, um das Wergeid zu bezahlen.«

»Das ist richtig«, sagte Forkbeard und richtete sich zu seiner nicht unbeträchtlichen vollen Größe auf. »Aber wer hat dir gesagt, daß ich bereit bin, das Wergeld tatsächlich zu zahlen?«

Plötzlich begannen die Männer in der Halle zu jubeln – die Männer Forkbeards ebenso wie die des Jarls. Keiner von uns hatte diese Wendung erwartet – und doch hätte man so etwas von einem Mann wie Forkbeard erwarten müssen. Noch kein Mann des Nordens hatte seine Ehre so großartig verteidigt! Obwohl dieser Schritt für uns alle den Tod bedeuten mochte, für uns, die wir Forkbeard folgten, und vielleicht für hundert Kämpfer Blue Tooths – trotzdem jubelten wir! Das Herz klopfte mir bis in den Hals, das Blut pulsierte mir durch die Adern. Immer wieder schlug ich mir mit der rechten Handfläche gegen die linke Schulter. Ich hörte, wie Schwerter gegen Teller klapperten und Speerklingen gegen Schultern prallten. Es war ein unbeschreiblicher Lärm.

Langsam erhob sich Svein Blue Tooth. Er war außer sich vor Zorn.

Jeder Mann in der Halle wußte, daß sein Verwandter, ein entfernter Cousin namens Finn Broadbelt, im fairen Kampf gefallen war und daß das Wergeld eigentlich zu unrecht gefordert worden war; ebenso wußten alle Männer in dieser Halle, daß das festgesetzte Wergeld – auch wenn es berechtigt gewesen wäre – unvorstellbar hoch war, absichtlich so berechnet, daß die Erfüllung ausgeschlossen war, ein Wergeld, das voller Verachtung dazu führen sollte, daß Forkbeard für immer geächtet blieb. Und zur Verblüffung aller Torvaldsländer – an der Spitze Svein Blue Tooth – hatte Forkbeard nicht nur sechs Talmits gewonnen, sondern hatte in dieser Halle auch das Wergeld abgeliefert, das kein Mann für möglich gehalten hatte – und hatte dann stolz vor dem hohen Sitz Blue Tooths sich geweigert, überhaupt etwas zu bezahlen!

»In diesem Land«, sagte Ivar Forkbeard, »möchte ich keine Gnade annehmen durch die Hand eines Jarl wie dich, Svein Blue Tooth, sondern treffe eine Entscheidung, wie sie einem freien Mann ansteht. Ich wähle den Sleen, den Wald und das Meer!«

Svein Blue Tooth starrte ihn wortlos an.

»Ich zahle das Wergeld nicht«, sagte Forkbeard. »Ich möchte ein Geächteter bleiben.«

Wieder jubelten die Männer. Ich schlug Forkbeard auf die Schulter. Auch Gorm und Ottar stellten sich neben ihn, gefolgt von seinen anderen Männern.

Dann herrschte wieder Schweigen in der hohen Halle. Alle Augen waren auf Svein Blue Tooth gerichtet.

Er stand vor dem hohen Sitz seines Hauses, vor dem langen Tisch; links und rechts hinter ihm erhoben sich die Thronpfeiler seiner Macht.

"Er machte Anstalten zu sprechen, doch hob er plötzlich den Kopf. Auch ich und mehrere andere merkten es zur gleichen Zeit. Rauch! »Die Halle brennt!« rief ein Mann. Flammen nagten über und hinter uns an der südöstlichen Ecke des Dachs, rechts von der Tür. Rauch begann aus einem der Nebenräume hereinzudringen. Und im Halbdunkel bewegte sich etwas.

»Was ist los?« rief einer der Männer an den Tischen.

Hinter uns wurden die mächtigen geschnitzten Türen aufgestoßen. Auf der Schwelle, lodernde Silhouetten vor den lodernden Flammen, standen riesige zottige Gestalten.

Einer der Angreifer sprang in die Halle. In einer Hand hielt er eine riesige Axt, deren Griff etwa acht Fuß lang war und deren Klinge von Spitze zu Spitze an die zwei Fuß maß. Mit dem anderen Arm hielt das Wesen einen großen runden Eisenschild; Schild und Axt wurden gehoben, die Arme waren unglaublich lang, etwa sieben Fuß; um den linken Arm des Wesens zog sich ein goldenes Spiralband. Es war der Kur, der vor der Versammlung gesprochen hatte.

Das Ungeheuer warf den Kopf in den Nacken, öffnete mit blitzenden Augen das Maul und stieß den Blutschrei des erregten Kur aus, dann duckte es sich mit hochgezogenen Schultern, schob die Krallen aus den weichen Ballen und legte die Ohren an.

Niemand rührte sich.

Umgeben von anderen Kurii, stieß das Wesen einen schrillen Schrei aus, einen fürchterlichen Laut, den ich als Lustschrei empfand.

Ich sollte später erfahren, daß ein Kurii diesen Laut instinktiv ausstößt, bevor er Blut zu trinken bekommt.

Und dieser Schrei wirkte wie ein Anregungsmittel auf die anderen; der Laut wurde von anderen wiederholt, und mit wirbelnden Äxten griffen die Kurii an.

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