41 Bedrohung

Min, die unter einer brütenden Spätmorgensonne durch Caemlyn ritt, sah in Wahrheit nur wenig von der Stadt. Sie bemerkte die Menschen und Sänften, Wagen und Kutschen kaum, welche die Straßen verstopften, sondern führte ihre kastanienbraune Stute nur darum herum. Einer ihrer Träume war es stets gewesen, in einer großen Stadt zu leben und an fremde Orte zu reisen, aber heute zogen die farbenreichen, mit glänzenden Ziegeln belegten Türme und der weite Blick, der sich ihr bot, als sich die Straße um einen Hügel herumwand, fast unbemerkt an ihr vorüber. Sie beobachtete die Gruppen von Aiel, die durch die sich vor ihnen teilende Menge schritten, und auch die aus hakennasigen, häufig bärtigen Reitern bestehenden Patrouillen, aber nur weil sie Min an die Geschichten erinnerten, die sie gehört hatten, als sie noch in Murandy weilten. Merana hatten diese Geschichten verärgert, und auch die verkohlten Beweise der Drachenverschworenen, auf die sie zwei Mal gestoßen waren, aber Min glaubte, daß sich einige der anderen Aes Sedai sorgten. Je weniger darüber gesprochen wurde, was sie von Rands Straferlaß hielten, um so besser.

Sie verhielt Wildrose am Rande des Platzes vor dem Königlichen Palast und tupfte ihr Gesicht sorgfältig mit einem spitzengesäumten Taschentuch ab, das sie dann wieder in ihren Umhangärmel steckte. Nur wenige Menschen sprenkelten das große Oval, vielleicht weil Aiel die geöffneten Tore des Palastes bewachten. Weitere Aiel standen auf Marmorbalkonen oder streiften wie Leoparden durch hohe Säulengänge. Der Weiße Löwe von Andor wehte über der höchsten Palastkuppel im Wind. Eine weitere karmesinrote Flagge flatterte auf einer der ein wenig tiefer gelegenen Dachspitzen und wurde durch die Brise gerade weit genug ausgebreitet, daß das uralte schwarzweiße Symbol der Aes Sedai erkennbar war.

Diese Aiel bewirkten, daß sie froh war, das Angebot zweier Behüter als Eskorte abgelehnt zu haben. Nun, es war eigentlich kein Angebot gewesen, und sie hatte abgelehnt, indem sie eine Stunde vor der angegebenen Zeit auf der Uhr auf dem Kaminsims des Gasthauses davongeschlichen war. Merana stammte aus Caemlyn, und als sie vor der Dämmerung angekommen waren, hatte sie Min geradewegs zu dem, wie sie sagte, vornehmsten Gasthaus in der Neustadt geführt.

Jedoch waren nicht die Aiel der Grund, warum Min dort war. Nicht ganz, obwohl sie alle möglichen Arten schrecklicher Geschichten über schwarz verschleierte Aiel gehört hatte. Ihre Jacke und Hose waren aus der feinsten, weichsten Wolle, die in Salidar zu finden war, in einem hellen Rotton mit winzigen blauweißen aufgestickten Blumen an den Aufschlägen und an der Außenseite der Hosenbeine. Ihr Hemd war ebenfalls wie das eines Mannes geschnitten, aber es war aus cremefarbener Seide. In Baerlon hatten ihre Tanten nach dem Tod ihres Vaters versucht, sie zu einer, wie sie es nannten, richtigen, anständigen Frau zu machen, obwohl ihre Tante Miren vielleicht begriffen hatte, daß es, nachdem sie zehn Jahre lang in Jungenkleidung herumgelaufen war, vielleicht zu spät war, sie in Kleider zu stecken. Sie hatten es dennoch versucht, und sie hatte sich genauso eigensinnig gewehrt, wie sie sich geweigert hatte, nähen zu lernen. Abgesehen von jener unglückseligen Episode im Bergarbeiters Ruh — einem rauhen Ort, an dem sie aber nicht lange geblieben war; Rana, Jan und Miren hatten energisch dafür gesorgt, als sie es herausfanden, und es war dabei unwichtig, daß sie damals bereits zwanzig Jahre alt gewesen war —, abgesehen von diesem einen Mal hatte sie niemals freiwillig ein Kleid getragen. Jetzt dachte sie, daß sie sich vielleicht eines anstatt dieser Jacke und Hose hätte anfertigen lassen sollen. Ein Seidengewand mit engem Leibchen und tief ausgeschnitten und...

Er wird mich so nehmen müssen, wie ich bin, dachte sie und riß verärgert an den Zügeln. Ich werde mich für keinen Mann ändern. Nur wäre ihre Kleidung vor noch gar nicht allzu langer Zeit so einfach wie die eines Bauern gewesen, und ihr Haar hätte nicht gelockt bis fast auf die Schultern gereicht. Eine leise Stimme flüsterte: Du wirst so sein wollen, wie er dich haben will. Sie wehrte das genauso ab, wie sie stets jeden Stallburschen abgewehrt hatte, der anzüglich werden wollte, und trieb Wildrose kaum sanfter an. Sie haßte allein schon den Gedanken, daß Frauen schwach sein könnten, wenn es um Männer ging. Sie würde jetzt sehr bald herausfinden, wie es sich wirklich verhielt.

Sie stieg vor den Palasttoren ab, tätschelte die Stute, um ihr zu zeigen, daß sie sie nicht hatte treten wollen, und beäugte unbehaglich die Aiel. Die Hälfte von ihnen waren Frauen, alle außer einer erheblich größer als sie. Die meisten Männer ragten in die Höhe wie Rand, und einige sogar noch höher. Jedermann beobachtete sie — nun, sie schienen alles zu beobachten, aber sie ganz entschieden auch — und sie sah niemanden blinzeln. Mit diesen Speeren und Schilden, den Bogen auf ihren Rücken und Köchern an den Hüften und den schweren Messern waren sie bereit zu töten. Diese schwarzen Stoffstreifen, die bis auf ihre Brust reichten, mußten die Schleier sein. Sie hatte gehört, daß Aiel niemanden töteten, ohne ihr Gesicht zu verhüllen. Hoffentlich stimmt das.

Sie sprach die kleinste der Frauen an. Ihr gebräuntes, wie aus Holz geschnitzt wirkendes Gesicht wurde von hellrotem Haar umrahmt, das genauso kurz geschnitten war wie Mins, aber sie war ein wenig kleiner als diese. »Ich bin gekommen, um Rand al'Thor zu sehen«, sagte Min. »Den Wiedergeborenen Drachen.« Blinzelte niemand von ihnen jemals? »Mein Name ist Min. Er kennt mich, und ich habe eine wichtige Nachricht für ihn.«

Die rothaarige Frau wandte sich zu den anderen Aiel um und gestikulierte heftig mit der freien Hand. Die anderen Frauen lachten, als sie sich wieder umwandte. »Ich werde Euch zu ihm bringen, Min. Aber wenn er Euch nicht kennt, werdet Ihr weitaus schneller wieder hinausgelangen, als Ihr hineingekommen seid.« Einige der Aielfrauen lachten auch darüber. »Ich bin Enaila.«

»Er kennt mich«, sagte Min errötend. Sie trug in den Jackenärmeln zwei Messer bei sich, deren Handhabung Thom Merrilin ihr beigebracht hatte, aber sie hatte das Gefühl, als könnte diese Frau sie ihr fortnehmen und sie damit häuten. Über Enailas Kopf flammte ein Bild auf und verschwand wieder. Eine Art Kranz. Min hatte keine Ahnung, was das bedeutete. »Soll ich mein Pferd auch mit hineinnehmen? Ich glaube nicht, daß Rand es sehen will.« Zu ihrer Überraschung kicherten einige der Aiel, Männer und Frauen, und Enaila verzog die Lippen, als wollte sie ebenfalls kichern.

Ein Mann kam heran, um ihr Wildrose abzunehmen — Min hielt ihn, trotz der gesenkten Augen und des weißen Gewandes, auch für einen Aiel —, und sie folgte Enaila durch die Tore, über einen weiten Hof und dann in den Palast selbst. Sie war ein wenig erleichtert, als sie Diener in rotweißer Livree durch die von Wandteppichen gesäumten Gänge eilen sah, die die ebenfalls umhergehenden Aiel wachsam beäugten, aber nicht anders, als sie einen merkwürdigen Hund beäugen würden. Sie hatte schon geglaubt, sie würde in dem Palast nur Aiel und Rand in ihrer Mitte vorfinden, der vielleicht Umhang und Hose in allen Schattierungen von Braun und Grau und Grün trug, und sie ansah, ohne zu blinzeln.

Enaila blieb vor hohen, breiten Türen stehen, die mit Löwenschnitzereien versehen und geöffnet waren, und machte den wachhabenden Aiel schnell ein Zeichen. Es waren alles Frauen. Eine flachshaarige Frau, die erheblich größer war als die meisten Männer, vollführte ebenfalls Handzeichen. »Wartet hier«, befahl Enaila und ging hinein.

Min tat einen Schritt hinter ihr her, aber die flachshaarige Frau hielt ihr wie zufällig einen Speer in den Weg. Oder vielleicht auch nicht zufällig, aber das kümmerte Min nicht. Sie konnte Rand sehen.

Er saß in einem roten, üppig mit Gold bestickten Umhang auf einem großen goldverzierten Thron, der vollkommen aus Drachen gestaltet zu sein schien, und hielt eine mit grünen und weißen Quasten geschmückte Speerspitze in der Hand. Ein weiterer Thron stand auf einem hohen Podest hinter ihm, ebenfalls goldverziert, aber mit einem in weißen Edelsteinen auf rotem Grund gestalteten Löwen. Der Löwenthron, wie die Gerüchte besagten. In diesem Moment hätte er ihretwegen auch einen Schemel benutzen können. Er wirkte müde. Er war so eindrucksvoll, daß ihr Herz schmerzte. Bilder tanzten beständig um ihn. Bei Aes Sedai und Behütern versuchte sie dieser Flut zu entgehen. Sie erkannte bei ihnen nicht häufiger, was sie bedeuteten, als bei irgend jemand anderem, aber sie waren ständig da. Bei Rand mußte sie sich zwingen, sie zu betrachten, weil sie ihm sonst ständig ins Gesicht gestarrt hätte. Eines dieser Bilder hatte sie jedes Mal vor Augen, wenn sie ihn gesehen hatte. Unzählige Tausende funkelnder Lichter, wie Sterne oder Glühwürmchen, rauschten in eine große Schwärze und versuchten sie auszufüllen, rauschten hinein und wurden verschluckt. Es schien jetzt mehr Lichter zu geben, als sie jemals zuvor gesehen hatte, aber die Dunkelheit verschluckte sie auch in größerer Anzahl. Und da war noch etwas, etwas Neues, eine gelbe und braune und purpurfarbene Aura, die ihr Magenkrämpfe verursachte.

Sie versuchte, die ihm gegenüberstehenden Adligen zu erkennen — sicherlich waren sie mit all diesen edel bestickten Umhängen und üppigen Seidengewändern Adlige —, aber es war nichts zu erkennen. So war es die meiste Zeit bei den meisten Menschen, und wenn sie etwas erkannte, hatte sie nur allzu häufig keine Ahnung, was es bedeutete. Dennoch verengte sie ihre Augen und strengte sich an. Wenn sie nur ein Bild erkennen würde, eine Aura, könnte es ihm vielleicht helfen. Den Geschichten nach, die sie gehört hatte, seit sie Andor betreten hatte, konnte er alle Hilfe gebrauchen, die er finden konnte.

Schließlich gab sie es mit einem tiefen Seufzen auf. Zu blinzeln und sich anzustrengen, nützte nichts, es sei denn, es gab von vornherein etwas zu sehen.

Plötzlich bemerkte sie, daß sich die Adligen zurückzogen. Rand war aufgestanden, und Enaila winkte ihr zu und bedeutete ihr einzutreten. Rand lächelte. Min dachte, das Herz würde ihr aus der Brust springen. So fühlte es sich also für all jene Frauen an, über die sie gelacht hatte, die sich zu Füßen eines Mannes warfen. Nein. Sie war kein närrisches Mädchen. Sie war älter als er. Sie hatte ihren ersten Kuß schon bekommen, als er noch glaubte, daß das größte Vergnügen auf der Welt darin bestand, aus der Aufgabe des Schafehütens auszubrechen. Sie... Licht, bitte, laß meine Knie nicht nachgeben.

Rand legte das Drachenszepter achtlos auf den Platz, auf dem er gesessen hatte, sprang mit einem Satz vom Podest und eilte die Große Halle entlang. Sobald er Min erreicht hatte, ergriff er sie unter den Armen und schwang sie im Kreis durch die Luft, bevor Dyelin und die anderen gegangen waren. Einige der Adligen starrten ihn an, aber es kümmerte ihn nicht. »Licht, Min, es tut gut, dich zu sehen«, sagte er lachend. Das war erheblich besser als Dyelins oder Elloriens versteinerte Gesichter. Aber wenn Aemlyn und Arathelle und Pelivar und Luan und alle anderen jeden Tag ihrer Freude darüber Ausdruck verliehen hätten, daß sich Elayne auf dem Weg nach Caemlyn befand, anstatt ihn zweifelnd oder mit einem Blick, mit dem man einen Lügner bedachte, anzusehen, wäre er genauso überglücklich gewesen, Min zu sehen.

Als er sie wieder auf den Boden stellte, sank sie an seine Brust, umfaßte seine Arme und atmete schwer. »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich wollte nicht, daß dir schwindelig wird. Es ist nur so, daß ich wirklich froh bin, dich zu sehen.«

»Nun, mir ist schwindelig, du wollköpfiger Schafhirte«, murmelte sie an seiner Brust. Dann trat sie zurück und sah ihn unter langen Wimpern hervor an. »Ich habe einen sehr langen Ritt hinter mir. Ich bin mitten in der Nacht angekommen, und du wirbelst mich herum wie einen Sack Hafer. Hast du niemals Manieren gelernt?«

»Wollkopf«, sagte er leise lachend. »Min, du kannst mich einen Lügner nennen, aber ich habe es tatsächlich vermißt, nicht mehr diese Bezeichnung zu hören.« Sie bezeichnete ihn jetzt als gar nichts mehr. Sie sah ihn nur an, und das Funkeln war vollkommen vergangen. Ihre Wimpern schienen länger, als er sie in Erinnerung hatte.

Als ihm bewußt wurde, wo sie sich befanden, nahm er ihre Hand. Ein Thronraum war kein geeigneter Ort, um alten Freunden zu begegnen. »Komm mit, Min. Wir können in meinem Wohnraum einen Becher gewürzten Wein nehmen. Somara, ich gehe in meine Räume. Ihr könnt alle fortschicken.«

Somara schien nicht glücklich darüber, aber sie entließ alle Töchter des Speers bis auf Enaila. Somara und Enaila wirkten ein wenig verdrießlich, was er nicht verstand. Er hatte Somara zunächst erlaubt, so viele Töchter des Speers im Palast zu versammeln, weil Cyelin und die anderen kamen. Bashere befand sich aus demselben Grund in seinem Reiterlager nördlich der Stadt. Die Töchter des Speers als Erinnerung, Bashere, weil es zu viele Erinnerungen geben konnte. Er hoffte, daß die beiden Töchter des Speers nicht vorhatten, ihn zu bemuttern. Sie wechselten sich im Übermaß als seine Wächter ab, wie ihm schien, aber Nandera war genauso unnachgiebig, wie Sulin es gewesen war, als er bestimmt hatte, wer im einzelnen was tun sollte. Er konnte Far Dareis Mai befehligen, aber er war keine Tochter des Speers, so daß ihn das andere nichts anging.

Min betrachtete die Wandteppiche, während er sie an der Hand den Gang entlangführte. Sie bemerkte kostbare Truhen und Tische, goldene Schalen und in Nischen hohe Vasen aus Meervolk-Porzellan. Sie begutachtete Enaila und Somara drei Mal von Kopf bis Fuß. Aber sie sah Rand weder an, noch richtete sie ein Wort an ihn. Seine Hand umschlang ihre, und er konnte den rasenden Puls an ihrem Handgelenk spüren. Er hoffte, daß sie nicht wirklich verärgert darüber war, daß er sie herumgewirbelt hatte.

Zu seiner großen Erleichterung nahmen Somara und Enaila ihre Plätze zu beiden Seiten seiner Tür ein, obwohl sie ihn fragend ansahen, als er um gewürzten Wein bat und er seinen Wunsch noch einmal wiederholen mußte. Im Wohnraum zog er den Umhang aus und warf ihn über einen Stuhl. »Setz dich, Min. Setz dich. Ruh dich aus und entspanne dich. Der Wein wird gleich kommen. Du mußt mir alles erzählen. Wo du gewesen bist, wie du hierhergelangt bist, warum du in der Nacht angekommen bist. Es ist nicht ungefährlich, nachts zu reisen, Min. Jetzt weniger denn je. Ich werde dir die schönsten Räume im Palast — nun, die zweitschönsten, da dies die schönsten sind — und eine Aiel-Eskorte zuweisen, die dich überall hinbringen kann. Und wehe dem, der dir nicht aus dem Weg geht.«

Während sie dort an der Tür stand, dachte sie einen Moment, sie müßte lachen, aber statt dessen atmete sie tief ein und nahm einen Brief aus ihrer Tasche. »Ich kann dir nicht sagen, wo ich hergekommen bin —ich habe es versprochen, Rand —, aber Elayne befindet sich dort, und...«

»Salidar«, sagte er und lächelte darüber, daß sich ihre Augen weiteten. »Ich weiß ein paar Dinge, Min. Vielleicht mehr, als manche Menschen glauben.«

»Ich ... merke, daß du das tust«, sagte sie schwach. Sie übergab ihm den Brief und trat dann wieder zurück. Ihre Stimme klang wieder fester, als sie hinzufügte: »Ich habe geschworen, daß ich ihn dir sofort übergeben würde. Also lies ihn schon.«

Er erkannte das Siegel, eine Lilie in dunkelgelbem Wachs, und er erkannte bei seinem Namen Elaynes flüssige Handschrift und zögerte, bevor er den Brief öffnete. Klare Brüche waren das beste, und er hatte einen solchen Bruch vollzogen, aber da er den Brief in Händen hielt, konnte er nicht umhin. Er las ihn, setzte sich dann auf seinen Umhang und las ihn erneut. Er war sehr kurz gehalten.

Rand,

ich habe Dir meine Gefühle erklärt. Du sollst wissen, daß sie sich nicht geändert haben. Ich hoffe, daß Du für mich empfindest, was ich für Dich empfinde. Min kann Dir helfen, wenn Du ihr nur zuhören willst. Ich liebe sie wie eine Schwester und hoffe, daß Du sie genauso liebst wie ich.

Elayne Ihr mußte die Tinte ausgegangen sein, denn die letzten Zeilen waren eilig dahingekritzelt und nicht mehr so zierlich geschrieben wie der Anfang. Min hatte sich herangestohlen und den Kopf gedreht und versucht, den Brief zu lesen, ohne daß es zu offensichtlich wurde, aber als er sich schließlich erhob, um den Umhang unter sich hervorzuziehen —das Angreal in Form eines fetten kleinen Mannes steckte in der Tasche —, hastete sie wieder rückwärts. »Versuchen Frauen alle, einen Mann in den Wahnsinn zu treiben?« murrte er. »Was!«

Er starrte auf den Brief, während er halbwegs zu sich selbst sprach. »Elayne ist so schön, daß ich sie ansehen muß, aber die Hälfte der Zeit weiß ich nicht, ob sie will, daß ich sie küsse oder daß ich mich vor ihr hinknie. Um die Wahrheit zu sagen, wollte ich mich manchmal vor ihr hinknien ... um sie anzubeten, das Licht helfe mir. Sie schreibt, ich wüßte, wie sie empfindet. Sie hat mir schon vorher zwei Briefe geschickt, einer voller Liebesbezeugungen und der andere mit dem Inhalt, daß sie mich niemals Wiedersehen wollte. Wie oft habe ich dagesessen und mir gewünscht, der erste wäre die Wahrheit und der zweite ein Scherz oder Versehen oder... Und Aviendha. Sie ist auch wunderschön, aber jeder Tag mit ihr war ein Kampf. Von ihr bekomme ich keine Küsse mehr, und sie läßt keinen Zweifel darüber, wie sie mir gegenüber empfindet. Sie war sogar glücklicher darüber, von mir fortzukommen, als ich darüber, sie gehen zu sehen. Aber ich erwarte sie zu sehen, wenn ich mich umdrehe, und wenn sie nicht da ist, ist es, als fehle in mir etwas. Ich vermisse den Kampf tatsächlich, und es gibt Momente, in denen ich mich bei dem Gedanken ertappe, daß es ›Dinge gibt, die des Kämpfens wert sind‹.« Etwas an Mins Schweigen ließ ihn aufschauen. Sie sah ihn so ausdruckslos an wie eine Aes Sedai.

»Hat dir niemand jemals beigebracht, daß es unhöflich ist, einer Frau gegenüber von einer anderen Frau zu sprechen?« Ihre Stimme klang vollkommen tonlos. »Und noch viel weniger von zwei Frauen.«

»Min, du bist eine Freundin«, protestierte er. »Ich sehe dich nicht als Frau an.« Es war falsch, das zu sagen. Er wußte es, sobald er es ausgesprochen hatte.

»So?« Sie schlug ihren Umhang zurück und stemmte die Hände in die Hüften. Es war nicht die nur zu vertraute verärgerte Pose. Ihre Handgelenke waren gedreht, so daß die Finger nach oben zeigten, und das machte es irgendwie anders. Sie stand mit einem gebeugten Knie da, und das... Er sah sie zum ersten Mal wirklich. Nicht einfach Min, sondern so, wie sie aussah. Nicht in der üblichen einfachen braunen Jacke und Hose, sondern in Hellrot und mit Stickereien an der Kleidung. Nicht mit dem üblichen grobgeschnittenen Haar, das kaum ihre Ohren bedeckte, sondern mit Locken, die bis in den Nacken reichten. »Sehe ich wie ein Junge aus?«

»Min, ich... «

»Sehe ich wie ein Mann aus? Oder wie ein Pferd?« Sie erreichte ihn mit einem schnellen Schritt und setzte sich auf seinen Schoß.

»Min«, keuchte er erschrocken, »was tust du?«

»Dich davon überzeugen, daß ich eine Frau bin, Wollkopf. Sehe ich nicht wie eine Frau aus? Rieche ich nicht wie eine Frau?« Sie duftete schwach nach Blumen, jetzt, wo er es bemerkte. »Fühle ich mich nicht...? Nun, genug davon. Beantwortet die Frage, Schafhirte.«

Es waren die Worte ›Schafhirte‹ und ›Wollkopf‹, die ihn beruhigten. Die Wahrheit war, daß sie sich auf seinem Schoß bemerkenswert gut anfühlte. Aber sie war Min, die ihn für einen unvernünftigen Jungen vom Lande mit Heu im Haar hielt. »Licht, Min, ich weiß, daß du eine Frau bist. Ich wollte dich nicht beleidigen. Und du bist auch eine Freundin. Ich fühle mich einfach in deiner Gesellschaft wohl. Bei dir ist es egal, wenn ich mich zum Narren mache. Ich kann dir Dinge sagen, die ich niemandem sonst sagen würde, nicht einmal Mat oder Perrin. Wenn ich mit dir zusammen bin, löst sich alles. Ich spüre die Angespanntheit meiner Schultern nicht einmal mehr, bis sie vergeht. Verstehst du, Min? Ich mag es, mit dir zusammenzusein. Ich habe dich vermißt.«

Sie kreuzte die Arme und sah ihn stirnrunzelnd von der Seite an. Ihre Beine zuckten. Wenn ihr Fuß den Boden erreicht hätte, hätte sie aufgestampft. »Alles das über Elayne. Und diese ... Aviendha? Wer ist sie übrigens? Mir scheint, daß du sie beide liebst. Oh, hör auf, herumzuzappeln. Du schuldest mir einige Antworten. Zu sagen, ich wäre nicht... Antworte mir einfach: Liebst du sie beide?«

»Vielleicht tue ich das«, sagte er zögernd. »Das Licht helfe mir, ich glaube, vielleicht tue ich das. Macht mich das zum Wüstling, Min, oder nur zu einem begierigen Narren?« Sie öffnete den Mund und schloß ihn wieder. Sie warf ärgerlich den Kopf zurück und preßte die Lippen zusammen. Er fuhr eilig fort, bevor sie ihm sagen konnte, welches von beidem ihrer Meinung nach zutraf. Er wollte es nicht wirklich von ihr hören. »Es ist jetzt ohnehin nicht noch wichtig. Es ist vorbei. Ich habe Aviendha fortgeschickt, und ich werde sie nicht zurückkommen lassen. Ich werde zu ihr und Elayne eine Meile Abstand halten, oder wenn möglich zehn Meilen.«

»Bei der Liebe von...! Warum, Rand? Was gibt dir das Recht, eine solche Wahl für sie zu treffen?«

»Min, verstehst du nicht? Ich bin ein Ziel. Jede Frau, die ich liebe, wird auch zum Ziel. Selbst wenn der Pfeil mir gilt, könnte er auch sie treffen. Er könnte sogar auf sie abgezielt sein.« Er atmete geräuschvoll aus und lehnte sich zurück, die Arme auf die mit Rosenschnitzereien versehenen Armlehnen des Sessels gestützt. Sie drehte sich ein wenig und betrachtete ihn mit dem ernstesten Gesichtsausdruck, den er jemals bei ihr gesehen hatte. Min lächelte stets und war immer ein wenig belustigt über alles. Aber jetzt war sie nicht belustigt.

Er selbst war auch vollkommen ernst. »Lan hat mir gesagt, er und ich seien uns in mancherlei Weise ähnlich, und das stimmt. Er sagte, es gäbe Männer, die Tod ausstrahlen. Er selbst. Ich. Wenn sich ein solcher Mann verliebt, ist das größte Geschenk, das er machen kann, so viel Entfernung zwischen sich und die Geliebte zu legen wie möglich. Das verstehst du doch, oder?«

»Ich verstehe nur...« Sie schwieg einen Moment. »Nun gut. Ich bin deine Freundin, und ich bin froh, daß du dir dessen bewußt bist, aber glaube ja nicht, daß ich aufgeben werde. Ich werde dich davon überzeugen, daß ich kein Mann und kein Pferd bin.«

»Min, ich sagte, ich...«

»O nein, Schafhirte. Nicht deutlich genug.« Sie wand sich derart auf seinem Schoß, daß er sich räuspern mußte, und setzte dann einen Finger auf seine Brust. »Ich will Tränen in deinen Augen sehen, wenn du es sagst. Ich will Speichel an deinem Kinn sehen und ein Stottern in deiner Stimme hören. Du mußt nicht denken, daß ich dich nicht bezahlen lassen wollte.«

Rand konnte nicht umhin zu lachen. »Min, es tut wirklich gut, dich hierzuhaben. Du siehst nur einen Jungen aus den Zwei Flüssen mit schmutzigen Füßen in mir.«

Ihre Stimmung veränderte sich blitzartig. »Ich sehe dich, Rand«, sagte sie seltsam ruhig. »Ich sehe dich.« Sie räusperte sich, zupfte ihre Kleidung geziert zurecht und legte die Hände auf die Knie. Wenn sie überhaupt geziert sitzen konnte. »Ich kann also genausogut mit dem fortfahren, weshalb ich gekommen bin. Offensichtlich weißt du von Salidar. Das wird einiges Stirnrunzeln bewirken, das kann ich dir versprechen. Was du wahrscheinlich nicht weißt, ist, daß ich nicht allein hier bin. Eine Abordnung aus Salidar ist nach Caemlyn gekommen, um dich aufzusuchen.«

Lews Therin murrte, ein entferntes Grollen. Die Erwähnung von Aes Sedai regte ihn seit Alanna und der Verbindung stets auf, wenn auch nicht so sehr wie Taims Nähe.

Rand mußte, trotz Lews Therins Grollen, beinahe lächeln. Er hatte das vermutet, seit Min ihm den Brief von Elayne ausgehändigt hatte. Die Bestätigung glich fast einem Beweis dafür, daß sie ängstlich waren, wie er es sich schon gedacht hatte. Was sonst konnten sie sein — Aufrührer, die dazu getrieben wurden, sich am Rande der Weißmäntel-Macht zu verbergen? Und sehr wahrscheinlich wollten sie auch wissen, wie sie in die Weiße Burg zurückkriechen konnten, um fingernägelkauend darüber nachzudenken, wie sie Elaidas Gunst zurückerlangen könnten. Nach dem, was er über Elaida wußte, hatten sie wenig Grund zur Hoffnung, und das mußten sie noch besser wissen als er. Wenn sie eine Abordnung zum Wiedergeborenen Drachen gesandt hatten, zu einem Mann, der die Macht lenken konnte, mußten sie überaus bereit sein, seinen Schutz anzunehmen. Das sah Elaida nicht ähnlich, die offensichtlich glaubte, er wäre käuflich und könnte wahrscheinlich wie ein Singspatz in einem Weidenkäfig gehalten werden. Egwenes unklare Versprechen, daß Aes Sedai ihn unterstützen würden, standen vor ihrer Erfüllung.

»Wer ist mit dir gekommen?« fragte er. »Vielleicht kenne ich sie.« Es stimmte, daß er keine anderen Aes Sedai außer Moiraine kannte, die tot war, aber er war zumindest einigen anderen begegnet. Wenn sie eine jener war, würde es vielleicht noch etwas schwieriger. Damals war er wirklich Mins Junge vom Lande gewesen, der bereitwillig zurückzuckte, wenn eine Aes Sedai ihn ansah.

»Es ist nicht nur eine, Rand. Tatsächlich sind es neun.« Er zuckte zusammen, und sie fuhr eilig fort: »Es ist als Ehrenbezeugung gedacht, Rand. Die dreifache Anzahl derer, die sie zu Königen oder Königinnen senden. Merana — sie leitet die Gruppe und gehört der Grauen Ajah an — wird heute nachmittag allein herkommen, und es wird dir jeweils nicht mehr als eine Aes Sedai nahekommen, es sei denn, du fühlst dich in Gegenwart mehrerer wohl. Sie haben sich in der Rosenkrone in der Neustadt Zimmer genommen. Sie haben es mit all den Behütern und Dienern so gut wie übernommen. Merana hat mich vorausgeschickt weil ich dich kenne, um ihnen den Weg zu ebnen. Sie wollen dir nicht schaden, Rand, Dessen bin ich mir sicher.«

»Eine Vision, Min, oder deine Meinung?« Es erschien ihm seltsam, eine solch ernste Unterhaltung mit einer Frau zu führen, die auf seinem Schoß saß, aber es war immerhin Min. Das machte einen Unterschied. Er mußte sich nur daran erinnern.

»Meine Meinung«, gab sie widerwillig zu. »Rand, ich habe jede einzelne von ihnen jeden Tag beobachtet, den ganzen langen Weg von Salidar bis hierher. Wenn sie dir irgendwie schaden wollten, hätte ich etwas bemerken müssen. Ich kann nicht glauben, daß sich in dieser Zeit nichts gezeigt hätte.« Sie regte sich und sah ihn mit einem besorgten Blick an, der schnell zu einem Ausdruck bestimmter Entschlossenheit wurde. »Ich könnte dir eigentlich auch noch etwas anderes erzählen, wenn ich schon dabei bin. Ich habe im Thronraum eine Aura um dich herum gesehen. Aes Sedai werden dich verletzen. Und Frauen, die die Macht lenken können, ohnehin. Alles war wirr. Ich bin, was die Aes Sedai betrifft, nicht sicher. Aber es könnte mehr als einmal geschehen. Ich glaube, deshalb schien alles durcheinander.« Er betrachtete sie schweigend, und sie lächelte. »Das mag ich an dir, Rand. Du akzeptierst, was ich tun und was ich nicht tun kann. Du fragst mich nicht, ob ich sicher bin oder wann es geschehen wird. Du fragst niemals nach mehr, als ich weiß.«

»Nun, ich werde eines fragen, Min. Kannst du sicher sein, daß diese Aes Sedai in deiner Vision nicht die Aes Sedai sind, mit denen du hergekommen bist?«

»Nein«, sagte sie schlicht. Das war eines der Dinge, die er an ihr mochte: Sie versuchte niemals auszuweichen.

Ich muß vorsichtig sein, flüsterte Lews Therin eindringlich. Sogar diese erst halbwegs ausgebildeten Mädchen können zu neunt gefährlich sein. Ich muß...

Ich muß, dachte Rand bestimmt. Lews Therin wirkte einen Moment verwirrt und floh dann in seinen umschatteten Schlupfwinkel zurück. Er tat dies jetzt stets, wenn Rand zu ihm sprach. Das einzige Problem bestand darin, daß Lews Therin mehr zu sehen und zu hören schien als er und demgemäß zu handeln beabsichtigte. Es hatte einen weiteren Zwischenfall gegeben, wo er Saidin zu ergreifen versuchte, aber Rand war jetzt vorsichtig. Der Mann wollte Rands Geist und Körper für sich, obwohl sie Rand gehörten, und wenn es ihm nur einmal gelänge, die Kontrolle zu erlangen, war Rand sich nicht sicher, daß es nicht so käme, daß Lews Therin Telamon umherging und sprach, während Rand al'Thor nur eine Stimme in seinem Kopf war.

»Rand«, sagte Min ängstlich, »sieh mich nicht so an. Ich bin auf deiner Seite, wenn es dazu kommt, daß ich Partei ergreifen muß. Es könnte vielleicht soweit kommen. Sie denken, daß ich ihnen erzählen werde, was du sagst. Aber das werde ich nicht tun, Rand. Sie wollen lediglich wissen, wie sie mit dir umgehen sollen, was sie von dir zu erwarten haben, aber ich werde ihnen nicht ein Wort sagen, wenn du es nicht willst, und wenn du mich bittest zu lügen, werde ich es tun. Sie wissen nichts von meinen Visionen. Sie gehören dir, Rand. Du weißt, daß ich alle, einschließlich Merana und den anderen, ergründen werde.«

Er bemühte sich, nicht grimmig dreinzuschauen und seine Stimme sanft zu halten. »Beruhige dich, Min. Ich weiß, daß du auf meiner Seite bist.« Das war die einfache Wahrheit. Wenn er Min mißtraute, wäre das, als würde er sich selbst mißtrauen. Lews Therin war im Moment unter Kontrolle. Es war an der Zeit, auch diese Merana und ihre Abordnung unter Kontrolle zu bekommen. »Sage ihnen, daß sie jeweils zu dritt kommen können.« Das hatte ihm Lews Therin in Cairhien geraten: nicht mehr als drei auf einmal. Der Mann glaubte offenbar, er könnte drei Aes Sedai bezwingen. Er schien überaus wenig von jenen zu halten, die sich jetzt Aes Sedai nannten. Aber was in Cairhien eine Beschränkung gewesen war, war hier anders. Merana wollte, daß er ruhig und besänftigt war, bevor ihm auch nur eine Aes Sedai nahekam. Sollten sie sich über die Einladung, zu dritt zu kommen, wundern und darüber nachdenken, was es bedeuten könnte. »Abgesehen davon darf ohne meine Erlaubnis keine von ihnen die Innere Stadt betreten. Und sie dürfen in meiner Nähe keinen Versuch unternehmen, die Macht zu lenken. Sage ihnen das, Min. Ich werde es sofort erkennen, wenn sie die Quelle anrühren, und ich werde nicht erfreut sein. Sage ihnen das.«

»Sie werden auch nicht sehr erfreut sein, Schafhirte«, erwiderte sie trocken. »Aber ich werde es ihnen mitteilen.«

Ein Krachen ließ Rand ruckartig den Kopf wenden.

Sulin stand in ihrem rotweißen Gewand direkt hinter der Tür, und ihr Gesicht war derart gerötet, daß die Narbe auf ihrer Wange noch heller hervorstach als gewöhnlich. Ihr weißes Haar war gewachsen, seit sie die Livree trug, aber es war noch immer kürzer als das Haar jeder anderen Dienerin. Frau Harfor hatte es zu einer dichten Lockenkappe gestalten lassen. Sulin haßte das. Zu ihren Füßen lag ein silbernes, mit einem Goldrand versehenes Tablett, und vergoldete Zinnbecher lagen daneben. Der Weinkrug drehte sich gerade ein letztes Mal, als Rand hinsah, und richtete sich dann wundersamerweise auf, obwohl genausoviel gewürzter Wein auf das Tablett und den Teppich gelaufen zu sein schien, wie sich noch in dem Krug befinden konnte.

Min war schon halbwegs aufgestanden, als er sie um die Taille faßte und wieder hinabzog. Zeit genug und noch mehr Zeit, sie für sich zu gewinnen, jetzt wo er mit Aviendha auseinander war, und Min würde bereitwillig helfen. Tatsächlich lehnte sie sich nach einem Moment des Widerstands gegen ihn und legte den Kopf an seine Brust.

»Sulin«, sagte er, »eine gute Dienerin wirft nicht mit Tabletts umher. Hebt es jetzt auf und erfüllt Eure Aufgabe.« Sie sah ihn finster, aber wortlos an.

Es war fast brillant gewesen, wie er sie ihrem Toh hatte gegenübertreten lassen, während er gleichzeitig zumindest einen Teil seiner Verpflichtung ihr gegenüber losgeworden war. Sulin kümmerte sich jetzt um die Räume und bediente ihn. Sie haßte es natürlich, besonders weil er sie jeden Tag dabei beobachtete, aber sie mußte nicht mehr den Rücken krümmen, um im ganzen Palast die Böden zu schrubben oder endlose Ströme schwerer Wassereimer für die Wäsche heranzuschleppen. Er vermutete, daß es ihr lieber gewesen wäre, wenn jede Aiel diesseits der Drachenmauer ihre Schande gesehen hätte, als ihn Zeuge dessen werden zu lassen, aber er hatte ihr die Arbeit und damit auch sein Gewissen dadurch erheblich erleichtert, und wenn sie, weil sie für ihn arbeiten mußte, der Meinung war, ihr Toh sei früher erledigt, dann war es auch gut. Sulin gehörte in einen Cadin'sor, mit einem Speer in der Hand, nicht in eine Livree und Bettwäsche faltend.

Sie hob das Tablett auf, stolzierte durch den Raum und stellte es hart auf einen Tisch mit Elfenbeinintarsien. Als sie sich wieder abwenden wollte, sagte er: »Dies ist Min, Sulin. Sie ist meine Freundin. Sie kennt sich mit der Aiel-Art nicht aus, und ich würde es übelnehmen, wenn ihr Schlechtes widerführe.« Es war ihm gerade in den Sinn gekommen, daß die Töchter des Speers vielleicht ihre eigene Ansicht darüber hatten, daß er Aviendha fortgeschickt hatte und eine andere Frau im Arm hielt, kaum daß sie gegangen war. »Tatsächlich würde ich es persönlich nehmen, wenn sie Schaden erlitte.«

»Warum sollte jemand außer Aviendha dieser Frau Schaden zufügen wollen?« fragte Sulin grimmig. »Sie hat zuviel Zeit mit Träumen von Euch verbracht und nicht genug Zeit, Euch zu lehren, was Ihr wissen solltet.« Sie erschauderte und fügte grollend hinzu: »Mein Lord Dache.« Er glaubte, es sei nicht für ihn bestimmt gewesen. Sie fiel bei ihrem Hofknicks beinahe zwei Mal hin, bevor sie wieder aufrecht stand, und schlug dann die Tür beim Hinausgehen fest zu.

Min wandte den Kopf und sah zu ihm hoch. »Ich glaube nicht, daß ich jemals eine Dienerin wie... Rand, ich glaube, sie hätte dich erdolcht, wenn sie ein Messer gehabt hätte.«

»Sie hätte mich vielleicht getreten«, lachte er, »aber niemals erdolcht. Sie glaubt, ich sei ihr lange vermißter Bruder.« Mins Augen trübten sich verwirrt. Er konnte hundert Fragen darin aufsteigen sehen. »Das ist eine lange Geschichte. Ich werde sie dir ein anderes Mal erzählen.« Einen Teil davon würde er ihr erzählen. Niemand würde jemals erfahren, was er von Enaila und Somara und ein paar anderen ertragen mußte. Nun, die Töchter des Speers wußten es bereits alle, aber niemand sonst.

Melaine trat auf Aiel-Art ein, was bedeutete, daß sie ihren Kopf durch die Tür streckte, sich umsah und dann ihren restlichen Körper folgen ließ. Er hatte noch nicht herausgefunden, was eine Aiel zu dem Entschluß bringen könnte, nicht hereinzukommen. Häuptlinge, Weise Frauen und Töchter des Speers waren sogar zu ihm hereinspaziert, wenn er unschicklich bekleidet, im Bett oder im Bad gewesen war. Die sonnenhaarige Weise Frau trat näher, setzte sich einige Schritte von ihm entfernt mit gekreuzten Beinen und klingenden Armbändern auf den Teppich und richtete sorgfältig ihre Röcke. Grüne Augen betrachteten Min unbeteiligt.

Dieses Mal versuchte Min nicht aufzustehen. Tatsächlich war er sich nach der Art, wie sie an ihm lehnte, den Kopf auf seine Brust gepreßt und langsam atmend, nicht sicher, daß sie nicht eingeschlafen war. Sie hatte immerhin gesagt daß sie Caemlyn erst in der Nacht erreicht hatte. Plötzlich wurde er sich bewußt, daß seine Hand noch auf ihrer Taille lag, und er legte sie statt dessen auf die Armlehne. Sie seufzte fast bedauernd und schmiegte sich an ihn. Sie war zweifellos fast eingeschlafen.

»Ich habe Neuigkeiten«, sagte Melaine, »und ich vermag nicht zu sagen, welche die wichtigste ist. Egwene hat die Zelte verlassen. Sie zieht zu einem Ort namens Salidar, wo sich Aes Sedai befinden. Es sind Aes Sedai, die Euch vielleicht unterstützen werden. Wir haben Euch auf ihre Bitte hin nicht eher darüber unterrichtet, aber jetzt teile ich Euch mit, daß sie eigensinnig, undiszipliniert, streitsüchtig und jenseits aller Vernunft von sich eingenommen sind.« Sie hatte die letzten Worte erregt ausgestoßen und den Kopf vorgereckt.

Also hatte eine der Traumgängerinnen in Melaines Träumen mit ihr gesprochen. Das war in etwa alles, was er über die Fähigkeiten der Traumgänger wußte, und obwohl es hätte nützlich sein können, waren sie selten gewillt, ihm ihre Fähigkeiten zur Verfügung zu stellen. Ungewöhnlich war die Aussage, daß sie eigensinnig und ähnliches seien. Die meisten Aiel benahmen sich, als glaubten sie, Aes Sedai könnten sie schlagen, und da sie glaubten, sie hätten es verdient, wenn es geschah, nahmen sie den Schlag klaglos hin. Sogar Weise Frauen sprachen, wenn überhaupt, nur respektvoll über Aes Sedai. Einige Dinge hatten sich offensichtlich verändert. Aber er sagte nur: »Ich weiß.« Wenn Melaine die Absicht hatte, ihm den Grund für die Veränderung zu nennen, würde sie es tun, und wenn sie es nicht tat, würde fragen auch nichts nützen. »Von Egwene, und auch von Salidar. Gerade jetzt halten sich neun Aes Sedai in Caemlyn auf. Min kam mit ihnen her.« Min regte sich an seiner Brust und murmelte etwas. Lews Therin grollte erneut, aber zu leise, um seine Worte verstehen zu können, und Rand war froh darüber. Min fühlte sich ... gut. Sie wäre sehr verletzt, wenn sie es wüßte. Andererseits würde sie vielleicht auch lachen, wenn man ihr Versprechen bedachte, ihn zahlen zu lassen. Vielleicht. Sie konnte manchmal sehr unberechenbar sein.

Melaine überraschte sein Wissen nicht. Sie richtete nicht einmal ihre Stola. Seit sie Bael geheiratet hatte, schien sie — ›ruhiger‹ war nicht ganz das richtige Wort; es war für Melaine viel zu milde — weniger reizbar geworden zu sein. »Das war meine zweite Neuigkeit. Ihr müßt Euch vor ihnen in acht nehmen, Rand al'Thor, und eine feste Hand walten lassen. Sie werden nichts anderes respektieren.« Es hatte sich ganz entschieden etwas verändert.

»Ihr werdet zwei Töchter haben«, murmelte Min. »Zwillinge wie Spiegelbilder.«

Wenn Melaine zuvor nicht überrascht war, holte sie es jetzt nach. Ihre Augen weiteten sich, und sie schrak so heftig zusammen, daß es sie fast vom Boden hob. »Wie konntet Ihr...?« begann sie ungläubig, hielt dann inne und faßte sich wieder. Aber dann fuhr sie mit atemloser Stimme fort: »Ich war bis heute selbst noch nicht sicher, ob ich schwanger bin. Wie konntet Ihr das wissen?«

Min richtete sich auf und sah Rand mit einem Blick an, den er nur zu gut kannte. Es war aus irgendeinem Grund seine Schuld, obwohl auch sie nicht völlig ohne Fehler war, wenn es auch nur kleine waren. Sie machte sich an ihrem Umhang zu schaffen und sah überall hin, außer zu Melaine, und als ihr Blick wieder auf ihn fiel, wirkte er anders. Er hatte sie in diese Lage gebracht. Jetzt war es an ihm, ihr wieder herauszuhelfen.

»Es ist in Ordnung, Min«, sagte er. »Sie ist eine Weise Frau und weiß vermutlich Dinge, die dir die Haare zu Berge stehen lassen würden. Ich bin sicher, daß sie versprechen wird, dein Geheimnis zu wahren, und du kannst ihrem Versprechen trauen.« Melaine verhaspelte sich fast bei ihrem eiligen Versprechen.

Rand wurde ein weiterer dieser gewissen Blicke zugedacht, bevor sich Min neben Melaine setzte. Vielleicht war es ein vorwurfsvoller Blick gewesen, aber wie sollte er sie, ihrer Meinung nach, aus dieser Lage befreien? Melaine würde es nicht vergessen, weil er sie darum bat, aber sie würde ein Versprechen halten und ein Geheimnis wahren. Sie hatte genügend Geheimnisse von ihm gewahrt.

Min begann, wenn auch widerwillig, eine weitaus umfangreichere Erklärung abzugeben, als sie ihm jemals eine gewährt hatte, wobei vielleicht die beständigen Fragen und die veränderte Haltung der anderen Frau halfen. Es war, als hätte Melaine das Gefühl, daß Mins Fähigkeit sie ihr in gewisser Weise gleichstellte, so daß sie gar keine Feuchtländerin mehr war.

»Es ist bemerkenswert«, sagte Melaine schließlich. »Als würde man einen Traum deuten, ohne zu träumen. Zwei, sagt Ihr? Und beides Mädchen? Bael wird sich sehr freuen. Dorindha hat ihm drei Söhne geschenkt, aber wir wissen beide, daß er gern eine Tochter hätte.« Min blinzelte und schüttelte den Kopf. Natürlich — sie konnte nichts von Schwester-Frauen wissen.

Von diesem Ausgangspunkt kamen die beiden Frauen schnell zum Thema Geburt selbst. Keine hatte jemals ein Kind geboren, aber beide hatten schon Hebammen geholfen.

Rand räusperte sich geräuschvoll. Es war nicht so, daß ihn die Einzelheiten gestört hätten. Er hatte bei Schafen, Stuten und Kühen bei der Geburt geholfen. Es ärgerte ihn nur, daß sie dasaßen und die Köpfe zusammensteckten, als gäbe es ihn gar nicht mehr. Keine der Frauen sah sich um, bis er sich erneut und ausreichend laut räusperte, daß er sich fragte, ob er sich eine Zerrung zugezogen hatte.

Melaine beugte sich näher zu Min und sprach in einem Flüsterton, den man noch im nächsten Raum hätte hören können. »Männer fallen dabei immer in Ohnmacht.«

»Und immer zum ungünstigsten Zeitpunkt«, stimmte Min ihr im gleichen Tonfall zu.

Was würden sie denken, wenn sie Mat in der Scheune seines Vaters gesehen hätten — bis zu den Schultern mit Blut und Geburtsflüssigkeit verschmiert und mit drei gebrochenen Rippen, weil die Stute ihn getreten hatte, da sie noch niemals zuvor geboren hatte und verängstigt war? Ein hübsches Fohlen war es gewesen, und beim nächsten Mal hatte die Stute nicht mehr ausgekeilt.

»Bevor ich ohnmächtig werde«, bemerkte er trocken, während er sich zu ihnen auf den Teppich setzte, »könnte mir eine von Euch etwas mehr über die Aes Sedai berichten?« Er wäre schon früher aufgestanden oder hätte sich zu Melaine auf den Teppich gesetzt, wenn sein Schoß nicht besetzt gewesen wäre. Unter den Aiel besaßen nur Häuptlinge Stühle, und der Stuhl eines Häuptlings wurde nur bei der Verkündung von Urteilen oder bei der Unterwerfung eines Feindes benutzt.

Beide Frauen fühlten sich ausreichend gerügt. Keine sagte etwas, aber sie zupften ausführlich an ihren Stolen, richteten ihre Umhänge und mieden seinen Blick. Alles das verging, als sie dann erneut sprachen. Min hielt beharrlich an ihrer Meinung fest, daß die Aes Sedai aus Salidar Rand nicht schaden wollten, sondern ihm vielleicht sogar helfen würden, wenn man es richtig anging, was voraussetzte, daß sie ihm in jeder Hinsicht alles berichtete, was sie hörte. »Ich werde nicht zur Verräterin, versteht Ihr, Melaine? Ich kannte Rand schon vor jeder Aes Sedai, außer Moiraine natürlich, und die Wahrheit ist, daß er sich meiner Treue schon seit lange vor ihrem Tode gewiß sein kann.«

Melaine hielt Min nicht für eine Verräterin, ganz im Gegenteil, und schien nur um so besser über sie zu denken. Weise Frauen hatten ihre eigene Version der Aiel-Ansicht über Spione. Aber sie meinte, daß man Aes Sedai — mit beträchtlichen Ausnahmen — genauso weit wie Shaido trauen konnte, was bedeutete, nicht eher, als bis sie gefangengenommen und zu Gai'shain gemacht worden waren. Sie schlug nicht wirklich vor, die Aes Sedai in der Rosenkrone gefangenzunehmen, aber es kam dem nahe. »Wie könnt Ihr ihnen trauen, Rand al'Thor? Ich glaube, sie haben keine Ehre, außer Egwene al'Vere, und sie...« Melaine rückte erneut ihre Stola zurecht. »Wenn eine Aes Sedai mir zeigt, daß sie soviel Ehre wie Egwene besitzt, werde ich ihr vertrauen, und nicht eher.«

Rand hörte mehr zu, als daß er sprach, sagte nicht mehr als ungefähr ein Dutzend Worte und lernte eine ganze Menge. Indem sie Melarnes Einwände konterte, ging Min die Namen der Abordnung einen nach dem anderen durch, zählte auf, welche Frau was über die Unterstützung Rands gesagt hatte, und gab wahrhaftig zu, daß eigentlich nicht alles zum besten stand. Merana Ambrey und Kairen Stang, eine Blaue, waren beide Andoraner, und auch wenn Aes Sedai vermutlich aller Treue entsagten — außer der zur Weißen Burg, vielleicht weil sie von der Burg ferngehalten wurden —, machte es sie besorgt, daß Rand in Caemlyn saß und vielleicht Morgase getötet hatte. Rafela Cindal, ebenfalls eine Blaue, wäre über die Veränderungen vielleicht erfreut gewesen, die Rand in Tear durchlaufen hatte, wo das Lenken der Macht einst verpönt gewesen war und ein Mädchen, das dies lernen konnte, aus dem Land gejagt wurde, aber sie sagte nur wenig. Und Morgase gab Min ebenfalls Anlaß zur Sorge. Seonid Traighan, eine Grüne, grübelte über jedes Gerücht ihrer heimischen Cairhiener nach und behielt ihre Meinung für sich, und Faeldrin Harella, die zweite Grüne Schwester, verglich die Greueltaten der Drachenverschworenen in Altara und Murandy manchmal mit dem, was die Drachenverschworenen in Tarabon getan hatten, wo sie sich sogar geweigert hatten, über die Tatsache zu reden, daß der Bürgerkrieg ihr Land schon zerrissen hatte, bevor sich dort der erste Mann dem Drachen verschworen hatte. Gleichgültig, wie sehr Melaine jedoch drängte — Min beharrte darauf, daß alle diese Aes Sedai Rand als Wiedergeborenen Drachen anerkannten und sie während der ganzen Reise von Salidar hierher sehr vorsichtig befragt hatten, wie er sei und wie man sich ihm am besten annähern könnte, ohne ihn zu kränken oder zu ängstigen.

Rand brummte bei diesen Worten — daß sie sich darum sorgten, ihn ängstigen zu können —, und Melaine vertrat beharrlich die Meinung, daß man, wenn die meisten Frauen der Abordnung so viel Grund hatten, gegen Rand zu sein, der Abordnung als Ganzes sicherlich nicht einmal soweit trauen konnte, sie Dung fürs Feuer holen zu lassen. Min ersparte ihm einen entschuldigenden Gesichtsausdruck, indem sie eilig fortfuhr. Arad Doman hatte von den Drachenverschworenen genauso viel gesehen wie von Tarabon, und auch von seinem Bürgerkrieg, aber Demira Eriff von der Braunen Ajah sprach tatsächlich nur von zwei Dingen: davon, Rand zu begegnen, und von dem Gerücht, daß er in Cairhien eine Schule gegründet habe. Niemand, der eine Schule gründete, konnte in Demiras Augen ganz schlecht sein. Berenicia Morsad, eine Gelbe Schwester aus Shienar, hatte von Shienarern in Salidar gehört, Rand sei in Fal Dara von dem großen Lordhauptmann Agelmar Jagad empfangen worden, eine Ehrender sie erhebliches Gewicht beizumessen schien.

Lord Agelmar hätte wohl kaum einen Schurken, einen Narren oder einen Schuft empfangen. Und für Masuri Sokawa wog es fast ebenso schwer. Sie war eine Braune aus Arafel, was an Shienar angrenzte. Und schließlich war da noch Valinde Nathenos, die laut Min eine für die Weiße Ajah untypische Ungeduld zeigte, daß Rand Sammael aus Illian vertreiben sollte. Wenn das versprochen wurde oder nur der Versuch gemacht wurde, es zu versprechen, wäre Min nicht überrascht, Valinde Rand gegenüber einen Treueschwur leisten zu hören. Melaine äußerte Unglauben und rollte sogar mit den Augen. Sie hatte noch niemals eine Aes Sedai mit soviel Verstand erlebt, eine Haltung, die Rand überaus überraschte, wenn man bedachte, daß sie ihm wahrscheinlich ins Gesicht lachen würde, wenn er sie zu einem solchen Schwur aufforderte. Min blieb jedoch dabei, daß es wahr sei, was auch immer die andere Frau sagte.

»Ich werde ihnen soviel Respekt wie möglich erweisen, ohne mich hinknien zu müssen«, sagte Rand zu Min, als sie schließlich geendet hatte. Und an Melaine gewandt fügte er hinzu: »Und bis sie einen Beweis für ihre guten Absichten liefern, werde ich ihnen kein Jota trauen.« Er glaubte, das müsse sie beide zufriedenstellen, da beide bekamen, was sie gewollt hatten, aber dem jeweiligen Stirnrunzeln nach zu urteilen, war dem doch nicht so.

Nach all der Streiterei erwartete er halbwegs, daß sie einander an die Kehle gehen würden, aber anscheinend hatten Melaines Schwangerschaft und Mins Visionen einen Bund geknüpft. Als sich die Frauen erhoben, lächelten sie und umarmten sich, und Melaine sagte: »Ich hätte nicht geglaubt, daß ich Euch mögen würde, Min, aber ich mag Euch, und ich werde eines der Mädchen nach Euch benennen, weil Ihr zuerst von ihr wußtet. Ich muß es Bael erzählen, damit er nicht eifersüchtig darauf wird, daß Rand al'Thor es vor ihm erfahren hat. Möget Ihr stets Wasser und Schatten finden, Min.« Und an Rand gewandt fügte sie hinzu: »Beobachtet diese Aes Sedai genau, Rand al'Thor, und gewährt Min Euren Schutz, wenn sie ihn benötigt. Sie werden ihr Schaden zufügen, wenn sie erfahren, daß sie Euch verschworen ist.« Sie ging genauso, wie sie gekommen war.

Er war wieder mit Min allein, was ihm jetzt aus irgendeinem Grund unangenehm war.

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