49 Der Spiegel der Nebel

Rand zog zufrieden an seiner Pfeife, während er in Hemdsärmeln mit dem Rücken an einer der schlanken weißen Säulen lehnte, die den kleinen Hof umgaben, und beobachtete das aufsprühende Wasser im Springbrunnen, das im Sonnenlicht wie Edelsteine funkelte. Während des Vormittags lag dieser Teil des Hofes noch im Schatten. Sogar Lews Therin verhielt sich ruhig. »Bist du sicher, daß du nicht noch einmal über Tear nachdenken willst?«

An der nächsten Säule lehnend und ebenfalls ohne Umhang, blies Perrin zwei Rauchringe in die Luft, bevor er seine Pfeife wieder in den Mund steckte, eine reich mit Wolfsköpfen verzierte Pfeife. »Was ist mit Mins Vision?«

Rands Versuch, selbst einen Rauchring in die Luft zu blasen, wurde durch ein ungehaltenes Brummen verdorben, so daß nur noch ein Rauchwölkchen hervordrang. Min hatte kein Recht gehabt, dieses Thema in Perrins Gegenwart anzusprechen. »Willst du wirklich an mich gebunden sein, Perrin?«

»Anscheinend zählt das, was ich will, nicht mehr viel, seit wir Moiraine in Emondsfeld wiederbegegnet sind«, erwiderte Perrin trocken. Er seufzte. »Du bist, wer du bist, Rand. Wenn du scheiterst, scheitert alles.« Plötzlich beugte er sich vor und blickte stirnrunzelnd zu einem breiten Eingang hinter den Säulen zu ihrer Linken.

Etwas später hörte Rand aus dieser Richtung Schritte, die für einen Menschen zu wuchtig klangen.

Die breite Gestalt, die gebückt durch den Eingang in den Hof trat, war mehr als doppelt so groß wie die Dienerin, die fast laufen mußte, um mit den Schritten des Ogiers mithalten zu können.

»Loial!« rief Rand aus, während er sich eilig erhob. Rand und Perrin erreichten den Ogier zusammen. Das Grinsen um Loials breiten Mund schien sein Gesicht in zwei Hälften zu spalten, und sein langer Umhang, der sich über herabgerollte kniehohe Stiefel breitete, war von der Reise staubbedeckt. Seine großen Taschen beulten sich eckig aus. Wo Loial war, waren Bücher nie weit. »Geht es dir gut, Loial?«

»Du siehst müde aus«, sagte Perrin und drängte den Ogier auf den Springbrunnen zu. »Setz dich auf die Umrandung.«

Loial ließ sich hinführen, aber seine langen, herabbaumelnden Augenbrauen stiegen in die Höhe, und seine Pinselohren zitterten verwirrt, während er von einem zum anderen sah. Er war im Sitzen noch genauso groß wie Perrin im Stehen. »Gut? Müde?« Seine Stimme klang wie das Rumpeln bei Erdverschiebungen. »Natürlich geht es mir gut. Und müde bin ich nur, weil ich einen langen Weg gegangen bin.

Ich muß sagen, es fühlte sich gut an, wieder auf den eigenen Füßen zu laufen. Man weiß immer, wohin die Füße einen tragen, während man bei einem Pferd niemals sicher sein kann. Außerdem sind meine Füße schneller.« Er lachte jäh und polternd. »Du schuldest mir ein Goldstück, Perrin. Du und deine zehn Tage. Ich verwette ein weiteres Goldstück darauf, daß ihr nicht länger als fünf Tage vor mir hier wart.«

»Du bekommst dein Goldstück.« Perrin lachte. Dann fügte er als Nebenbemerkung zu Rand, die Loials Ohren erzürnt erbeben ließ, hinzu: »Gaul hat ihn vollkommen verdorben. Er würfelt jetzt und wettet bei Pferderennen, obwohl er kaum ein Pferd vom anderen unterscheiden kann.«

Rand grinste. Loial hatte Pferde schon immer mißtrauisch betrachtet, was nicht sehr verwunderlich war, wenn man bedachte, daß seine Beine länger als ihre waren. »Geht es dir auch bestimmt gut, Loial?«

»Hast du dieses verlassene Stedding gefunden?« fragte Perrin um seinen Pfeifenstiel herum.

»Bist du ausreichend lange geblieben?«

»Wovon sprecht ihr beiden?« Loials unsicheres Stirnrunzeln ließ die Enden seiner Augenbrauen bis auf die Wangen sinken. »Ich wollte einfach nur einmal wieder ein Stedding sehen, eines spüren. Jetzt bin ich für weitere zehn Jahre bereit.«

»Deine Mutter hat etwas anderes gesagt«, bemerkte Rand ernst.

Loial war aufgesprungen, bevor Rand noch zu Ende gesprochen hatte, und blickte mit zurückgelegten Ohren wild in alle Richtungen. »Meine Mutter? Sie ist hier?«

»Nein, sie ist nicht hier«, sagte Perrin, und Loials Ohren erschlafften fast augenblicklich wieder. »Sie ist anscheinend im Gebiet der Zwei Flüsse. Oder zumindest war sie vor einem Monat noch dort. Rand hat irgendeine Art von Herumspringen benutzt, um sie und Eider Haman... Was ist los?«

Loial erstarrte bei dem Namen Eider Haman mitten in der Bewegung. Dann setzte er sich mit geschlossenen Augen langsam hin. »Eider Haman«, murmelte er und rieb sich mit einer dickfingrigen Hand übers Gesicht. »Eider Haman und meine Mutter.« Er sah zu Perrin. Er sah zu Rand. Und dann fragte er mit leiser und viel zu beiläufiger Stimme: »War noch jemand bei ihnen?« Nun, zumindest klang seine Stimme für einen Ogier leise — wie eine große Hummel, die in einem Wasserkrug umherbrummte.

»Ja, eine junge Ogierfrau namens Erith«, erzählte Rand ihm. »Du...« Weiter kam er nicht.

Loial sprang stöhnend wieder auf. Diener streckten ihre Köpfe zu Türen und Fenstern heraus, um zu sehen, was dieser gewaltige Lärm bedeutete, und verschwanden wieder, als sie Rand sahen. Loial begann hin- und herzugehen, die Augenbrauen so tief herabhängend, daß sie fast zu schmelzen schienen. »Eine Frau«, murmelte er. »Es kann nichts anderes bedeuten, nicht bei Mutter und Eider Haman. Eine Frau. Ich bin zu jung, um zu heiraten!« Rand führte eine Hand zum Mund, um sein Lächeln zu verbergen. Loial war vielleicht für einen Ogier jung, aber in seinem Fall bedeutete das immerhin schon ein Alter von über neunzig Jahren. »Sie wird mich zum Stedding Shangtai zurückschleppen. Ich weiß, daß sie mich nicht mit euch ziehen lassen wird, und ich habe noch nicht annähernd genug Notizen für mein Buch. Oh, lächele du nur, Perrin. Faile tut, was immer du sagst.« Perrin verschluckte sich an seiner Pfeife und hustete, bis Rand ihm auf den Rücken schlug. »Bei uns ist das anders«, fuhr Loial fort. »Es wird als unmanierlich angesehen, nicht zu tun, was deine Frau sagt. Als sehr unmanierlich. Ich weiß, sie wird mich zwingen, mich auf etwas Solides und Angesehenes zu verlegen, wie das Baumsingen oder...« Er runzelte jäh die Stirn und blieb stehen. »Sagtest du Erith?« Rand nickte. Perrin schien wieder zu Atem zu kommen, aber er sah Loial mit boshafter Belustigung an. »Erith, Tochter von Iva Tochter von Alar?« Rand nickte erneut, und Loial sank wieder auf seinen Platz auf der Brunnenumrandung. »Aber ich kenne sie. Du erinnerst dich bestimmt auch an sie, Rand. Wir sind ihr im Stedding Tsofu begegnet.«

»Das habe ich dir zu sagen versucht«, erklärte Rand ihm geduldig. Und auch erheblich belustigt. »Sie war diejenige, die gesagt hat, du seist stattlich. Und die dir eine Blume überreichte, soweit ich mich erinnere.«

»Vielleicht hat sie das gesagt«, murrte Loial abwehrend. »Vielleicht hat sie das getan. Ich kann mich nicht daran erinnern.« Aber eine Hand schlich sich zu seiner Umhangtasche voller Bücher, wo diese Blume, wie Rand hätte wetten mögen, sorgfältig gepreßt aufbewahrt wurde. Der Ogier räusperte sich, was wie ein tiefes Rumpeln klang. »Erith ist sehr schön. Ich habe niemals zuvor eine so schöne Frau gesehen. Und sie ist intelligent. Sie hat sehr aufmerksam zugehört, als ich ihr Serdens Theorie erklärte — Serden, Sohn von Kolom Sohn von Radiin; er schrieb sein Werk vor ungefähr sechshundert Jahren —, als ich seine Theorie darüber erklärte, wie die Wege...« Er brach ab, als hätte er gerade ihr Grinsen bemerkt. »Nun, sie hat zugehört. Aufmerksam. Sie war sehr interessiert.«

»Bestimmt war sie das«, sagte Rand zurückhaltend. Die Erwähnung der Wege machte ihn nachdenklich. Die meisten der Wegetore befanden sich in der Nähe von Steddings, und wenn man Loials Mutter und Eider Haman glauben durfte, war das Stedding das, was Loial brauchte. Natürlich konnte er Loial nur bis zum Rand eines Stedding bringen. Man konnte die Macht genauso wenig in einen Stedding hineinlenken, wie man sie in einem Stedding lenken konnte. »Hör zu, Loial. Ich möchte Wachen an allen Wegetoren postieren, und ich brauche jemanden, der die Wegetore nicht nur finden kann, sondern auch mit den Ältesten sprechen und ihre Erlaubnis einholen kann.«

»Licht«, grollte Perrin angewidert. Er klopfte seine Pfeife aus und zerdrückte den Tabakrest mit dem Stiefelabsatz auf den Pflastersteinen des Hofes. »Licht! Du schickst Mat fort, um Aes Sedai gegenüberzutreten, du willst mich mit nur wenigen hundert Männern von den Zwei Flüssen, von denen du kaum jemanden kennst, mitten in einem Krieg gegen Sammael einsetzen, und jetzt willst du auch Loial davonschicken, obwohl er gerade erst angekommen ist. Verdammt, Rand, sieh ihn dir an! Er braucht Ruhe. Gibt es irgend jemanden, den du nicht benutzen würdest? Vielleicht willst du noch, daß Faile Moghedien oder Semirhage jagt. Licht!«

Wut wallte mit einer Heftigkeit in Rand auf, die ihn erzittern ließ. Diese gelben Augen sahen ihn grimmig an, aber er erwiderte den Blick zornerfüllt. »Ich werde jeden benutzen, den ich benutzen muß. Du hast es selbst gesagt — ich bin, wer ich bin. Und ich brauche mich auch selbst auf, Perrin, weil ich es tun muß. Genauso wie ich jeden aufbrauchen werde, den ich sonst noch aufbrauchen muß. Wir haben keine Wahl mehr. Ich nicht, du nicht, niemand!«

»Rand, Perrin«, murmelte Loial bekümmert. »Seid still, seid ruhig. Streitet euch nicht. Nicht ihr.« Eine Hand von der Größe eines Schinkens tätschelte beide unbeholfen auf die Schultern. »Ihr solltet euch beide in einem Stedding ausruhen. Steddings sind sehr friedlich, sehr tröstlich.«

Rand sah Perrin an, der wiederum ihn ansah. Der Zorn wütete noch in Rand, entzündete stürmische Blitze, die nicht vollkommen weichen wollten. Lews Therins Murren polterte unregelmäßig in weiter Ferne. »Es tut mir leid«, murmelte er und meinte es auf sie beide gemünzt.

Perrin vollführte eine beiläufige Geste, die vielleicht bedeuten sollte, daß es nichts gab, wofür Rand sich entschuldigen müßte, vielleicht aber auch, daß er die Entschuldigung annahm, aber er selbst entschuldigte sich nicht Statt dessen wandte er den Kopf wieder den Säulen zu und der Tür, durch die Loial den Hof betreten hatte. Erneut vergingen einige Momente, bevor Rand eilige Schritte vernahm.

Min kam in den Hof gelaufen. Ohne Loial und Perrin zu beachten, ergriff sie Rands Arm. »Sie kommen«, keuchte sie. »Sie sind gerade auf dem Weg.«

»Langsam, Min«, sagte Rand. »Beruhige dich. Ich habe schon geglaubt, sie wären alle im Bett geblieben wie — wie, sagtest du, heißt sie? Demira?« In Wahrheit war er erleichtert, obwohl Lews Therins Grollen und pfeifendes Lachen bei der Erwähnung der Aes Sedai lauter wurden. Drei Tage lang war Merana so regelmäßig wie das perfekteste Uhrwerk jeden Nachmittag mit zwei Schwestern erschienen, aber die Besuche hatten vor fünf Tagen ohne ein Wort der Erklärung plötzlich aufgehört. Min wußte auch nicht, warum. Er hatte sich Sorgen gemacht, daß seine Regeln sie so sehr beleidigt haben könnten, daß sie gegangen wären.

Min sah mit gequältem Gesicht zu ihm hoch. Er erkannte, daß sie zitterte. »Hör mir zu! Es sind sieben, nicht drei, und sie haben mich nicht geschickt, um dich um Erlaubnis zu bitten oder es dich wissen zu lassen oder sonst etwas. Ich bin ihnen vorausgeeilt und habe Wildrose den ganzen Weg galoppieren lassen. Sie wollen den Palast betreten, bevor du merkst, daß sie hier sind. Ich habe Merana und Demira bei einem Gespräch belauscht, als sie nicht merkten, daß ich da war. Sie wollen die Große Halle vor dir erreichen, damit du zu ihnen kommen mußt.«

»Glaubst du, das ist deine Vision?« fragte er ruhig. Frauen, welche die Macht lenken konnten, waren in der Lage, ihn schwer zu verletzen, hatte sie gesagt. Sieben! flüsterte Lews Therin rauh. Nein! Nein! Nein! Rand achtete nicht auf ihn.

»Ich weiß es nicht«, antwortete Min mit verzweifelter Stimme. Rand erkannte bestürzt, daß das Schimmern in ihren Augen von ungeweinten Tränen kam. »Glaubst du, ich würde es dir nicht sagen, wenn ich es wüßte? Ich weiß nur, daß sie kommen, und...«

»Und daß es nichts gibt, wovor man Angst haben müßte«, unterbrach er sie bestimmt. Die Aes Sedai mußten sie wirklich erschreckt haben, daß sie den Tränen so nahe war. Sieben, stöhnte Lews Therin. Ich kann nicht mit sieben umgehen, nicht auf einmal Nicht sieben. Rand dachte an den Angreal in Form eines fetten, kleinen Mannes, und die Stimme verblaßte zu einem Murmeln. Sie klang jedoch immer noch unbehaglich. Zumindest war Alanna nicht bei ihnen. Rand konnte sie in einiger Entfernung spüren. Sie bewegte sich nicht, und sicherlich nicht in seine Richtung. Er war nicht sicher, ob er es wagte, ihr wieder von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten. »Wir dürfen keine Zeit verschwenden. Jalani?«

Die pausbäckige junge Tochter des Speers tauchte so plötzlich hinter einer Säule auf, daß Loials Ohren kerzengerade in die Höhe schossen. Min schien den Ogier und Perrin erst jetzt zu bemerken. Auch sie erschrak.

»Jalani«, sagte Rand, »unterrichtet Nandera, daß ich zur Großen Halle gehe, wo ich in Kürze Aes Sedai erwarte.«

Sie versuchte, ein ausdrucksloses Gesicht beizubehalten, aber ein selbstzufriedenes Lächeln ließ ihre Wangen noch pausbäckiger erscheinen. »Beralna ist bereits auf dem Weg zu Nandere, Car'a'carn.« Loials Ohren zuckten bei der Anrede überrascht.

»Würdet Ihr Sulin dann sagen, sie soll mich mit meinem Umhang bei den Ankleideräumen hinter der Großen Halle treffen? Und mit dem Drachenszepter.«

Jalanis Lächeln wurde noch breiter. »Sulin ist in ihrem Feuchtländer-Gewand bereits so schnell wie ein graunasiger Hase auf einem Segade-Rücken losgerannt.«

»In diesem Fall«, sagte Rand, »könnt Ihr mein Pferd zur Großen Halle bringen.« Das Kinn der jungen Tochter des Speers sank herab, besonders als Perrin und Loial sich vor Lachen krümmten.

Mins Fäuste in Rands Rippen ließen ihn stöhnen. »Das ist kein Spaß, du dickschädeliger Schafhirte! Merana und die anderen haben sich in ihre Stolen gehüllt, als hätten sie eine Rüstung angelegt. Jetzt hör mir zu. Ich werde mich hinter die Säulen stellen, damit du mich sehen kannst, sie aber nicht, und wenn ich etwas bemerke, werde ich dir ein Zeichen geben.«

»Du wirst mit Loial und Perrin hierbleiben«, belehrte er sie. »Ich weiß nicht, welches Zeichen du geben könntest, das ich verstehen würde, und wenn sie dich sehen, werden sie wissen, daß du mich gewarnt hast.« Sie stemmte die Fäuste in die Hüften und sah ihn durch ihre Wimpern verstockt an. »Min?«

Zu seiner Überraschung seufzte sie und sagte sanft: »Ja, Rand.« Ein solches Verhalten machte ihn genauso mißtrauisch, wie er es bei Elayne oder Aviendha gewesen wäre, aber er hatte jetzt keine Zeit nachzuhaken, wenn er vor Merana in der Großen Halle sein wollte. Er nickte und hoffte, daß er nicht so unsicher wirkte, wie er sich fühlte.

Während er sich noch fragte, ob er Perrin und Loial hätte bitten sollen, sie dortzubehalten — es hätte ihnen gefallen —, legte er mit Jalani auf den Fersen, die sich murmelnd fragte, ob die Bemerkung mit dem Pferd ein Scherz gewesen sei, den Weg bis zu den Ankleideräumen hinter der Großen Halle zurück. Sulin befand sich bereits mit einem goldbestickten roten Umhang und dem Drachenszepter dort. Die Speerspitze wurde mit einem anerkennenden Brummen bedacht, obwohl sie diese zweifellos ohne die grünweiße Quaste, mit einem angemessen langen Schaft und ohne Schnitzereien für passender erachtet hätte. Rand tastete in seiner Tasche nach dem Angreal. Es war da, und er atmete daraufhin leichter, obwohl Lews Therin anscheinend noch immer ängstlich schnaufte.

Als Rand durch einen der mit Löwenpaneelen versehenen Ankleideräume in die Große Halle eilte, entdeckte er, daß alle anderen genauso schnell wie Sulin gewesen waren. Bael ragte mit verschränkten Armen zu einer Seite des Thronpodests auf, während Melaine auf der anderen Seite stand und ruhig ihre dunkle Stola richtete. Hundert oder mehr Töchter des Speers säumten, auf ein Knie gesunken und unter den wachsamen Blicken Nanderas, den Weg von den Türen — mit Speeren und Schilden, über den Rücken gehängten Bogen und gefüllten Köchern an den Hüften ausgerüstet. Nur ihre Augen waren über den schwarzen Schleiern zu sehen. Jalani fügte sich eilig in eine der Reihen ein. Hinter ihnen hatten sich noch mehr Aiel zwischen den dicken Säulen versammelt, Männer und weitere Töchter des Speers, obwohl niemand von ihnen, von den Dolchen mit den schweren Klingen abgesehen, bewaffnet zu sein schien. Aber sie stellten eine gute Anzahl grimmiger Gesichter. Der Gedanke an eine Auseinandersetzung mit den Aes Sedai konnte ihnen nicht gefallen, und das nicht aus Angst vor der Macht. Wie auch immer Melaine und die anderen Weisen Frauen inzwischen über die Aiel sprachen, hatte sich dieses uralte Versagen der Aiel doch fest in den Köpfen der meisten von ihnen verankert.

Bashere war natürlich nicht da — er und seine Frau befanden sich in einem seiner Ausbildungslager —, und auch die andoranischen Adligen, die sich rund um den Palast zusammengeschart hatten, waren nicht da. Rand war überzeugt, daß Naen und Elenia und Lir und sie alle von dieser Versammlung erfahren haben würden, sobald sie begann. Sie verpaßten niemals eine Thronaudienz, es sei denn, er schickte sie fort. Ihre Abwesenheit konnte nur bedeuten, daß sie auf ihrem Weg zur Großen Halle auch den Grund für diese Versammlung erfahren hatten, und das wiederum bedeutete, daß sich die Aes Sedai bereits im Palast befanden.

Kaum hatte sich Rand mit dem Drachenszepter auf den Knien auf dem Drachenthron niedergelassen, als Mistress Harfor aufgeregt — was für sie recht ungewöhnlich war — in die Große Halle eilte. Während sie ihn und alle Aiel gleichermaßen überrascht betrachtete, sagte sie: »Ich habe Diener überall hingeschickt, um Euch zu suchen. Aes Sedai sind...« Weiter kam sie nicht, als sieben Aes Sedai im breiten Eingang erschienen.

Rand spürte, daß Lews Therin sich nach Saidin ausstreckte, als er das Angreal berührte, aber er kümmerte sich selbst darum und hielt den wütenden Feuer- und Eisstrom genauso fest im Griff wie die Seanchan-Speerspitze.

Sieben, murmelte Lews Therin düster. Ich habe ihnen gesagt, sie sollten drei schicken, und sieben kommen. Ich muß vorsichtig sein. Ja. Vorsichtig.

Ich sagte drei, antwortete Rand der Stimme barsch. Ich! Rand al'Thor! Lews Therin wurde still, aber dann begann das ferne Murren erneut.

Nachdem Mistress Harfor von Rand zu den sieben Frauen mit ihren fransenversehenen Stolen geschaut —hatte, beschloß sie anscheinend, daß dazwischen kein guter Standplatz war. Sie vollführte zunächst den Aes Sedai, dann Rand gegenüber einen Hofknicks und trat dann mit angemessener Ruhe an eine Seite des Eingangs. Als die Aes Sedai eintraten, alle in einer Reihe nebeneinander, schlüpfte sie mit kaum wahrnehmbarer Eile hinter ihnen hinaus.

Bei jedem ihrer drei Besuche hatte Merana andere Aes Sedai mitgebracht, und Rand erkannte jetzt alle außer einer, von Faeldrin Harella auf der Rechten, deren dunkles Haar mit glänzenden Perlen zu vielen kleinen Zöpfen geflochten war, bis zur beleibten Valinde Nathenos auf der Linken in ihrer mit weißen Fransen versehenen Stola und dem weißen Gewand. Sie waren alle in ihre Ajah-Farben gekleidet. Er wußte, wer diejenige sein mußte, die er nicht wiedererkannte. Die kupferfarbene Haut wies die anmutige, wunderschöne Frau in dunkel bronzefarbener Seide als Demira Eriff aus, die Braune Schwester, über die Min berichtet hatte, daß sie im Bett geblieben war. Aber jetzt stand sie in der Mitte der Reihe, einen Schritt vor den anderen, während Merana zwischen Faeldrin und der untersetzten, pausbäckigen Rafela Cindal stand, die heute noch ernster wirkte, als sie es vor sechs Tagen gewesen war. Sie wirkten alle sehr ernst.

Sie blieben einen Moment stehen, sahen ihn ruhig an, ignorierten die Aiel und gingen dann weiter, zuerst Demira, dann Seonid und Rafela, dann Merana und Masuri, wobei sie alle zusammen eine auf Rand gerichtete Pfeilspitze bildeten. Das schwache Kribbeln auf seiner Haut wäre nicht nötig gewesen, ihm zu zeigen, daß sie Saidar umarmt hatten. Mit jedem Schritt schien jede der Frauen deutlich größer als vorher.

Sie denken, daß sie mich beeindrucken können, indem sie den Spiegel der Nebel weben? Lews Therins ungläubiges Lachen verblaßte zu einem wahnsinnigen Kichern. Rand brauchte die Erklärung des Mannes nicht. Er hatte Moiraine etwas Derartiges schon einmal tun sehen. Asmodean hatte es ebenfalls Spiegel der Nebel genannt, aber auch Blendwerk.

Melaine ordnete verärgert ihre Stola und schnaubte laut, und Bael wirkte plötzlich, als stünde er ganz allein Hunderten gegenüber. Er wollte sich dem stellen, aber er erwartete keinen glücklichen Ausgang. Dementsprechend regten sich auch einige der Töchter des Speers, bis Nandera sie über ihren Schleier hinweg ansah, aber das vermochte das Geräusch schabender Füße von den Aiel zwischen den Säulen nicht zu unterbinden.

Demira Eriff begann zu sprechen — auch sie lenkte eindeutig die Macht. Sie schrie nicht, aber ihre Stimme füllte die Große Halle dennoch aus und schien von überall her zu kommen. »Unter den gegebenen Umständen wurde beschlossen, daß ich für alle sprechen soll. Wir wollen Euch keinen Schaden zufügen, aber wir müssen die Beschränkungen, die wir bisher erduldet haben und die bewirken sollten, daß Ihr Euch sicher fühltet, jetzt zurückweisen. Ihr habt offensichtlich niemals gelernt, Aes Sedai den gebührenden Respekt zu erweisen. Jetzt müßt Ihr es lernen. Von jetzt an werden wir kommen und gehen, wie es uns beliebt, wobei wir das selbst entscheiden werden. Wenn wir mit Euch zu sprechen wünschen, werden wir Euch auch in Zukunft vorher benachrichtigen. Eure Aiel-Wächter rund um unser Gasthaus müssen abgezogen werden, und niemand darf uns beobachten oder folgen. Jede zukünftige Beleidigung unserer Würde wird bestraft werden, obwohl jene, die wir bestrafen müssen, wie Kinder sind, so daß Ihr für deren Schmerz verantwortlich sein werdet. So muß es sein. So wird es sein. Wisset, daß wir Aes Sedai sind.«

Als diese breite Pfeilspitze vor dem Thron haltmachte, bemerkte Rand, daß Melaine ihn ansah und sich zweifellos fragte, ob er beeindruckt war. Wäre er von den Geschehnissen überrascht worden, wäre er es gewesen. Er war sich auch jetzt nicht sicher, ob er nicht beeindruckt war. Die sieben Aes Sedai waren doppelt so groß wie Loial, die Köpfe auf halber Höhe des Raumes mit der gewölbten Decke mit den Buntglasfenstern. Demira schaute auf ihn herab, kühl und leidenschaftslos, als erwäge sie, ihn mit einer Hand hochzuheben, wozu sie durch ihre Größe in der Lage schien.

Rand zwang sich dazu, sich gelassen zurückzulehnen, wobei er die Lippen zusammenpreßte, als er erkannte, daß es ihn Mühe kostete, wenn auch keine sehr große Mühe. Lews Therin schimpfte und schrie in der Ferne, er solle nicht warten, sondern jetzt zuschlagen. Demira hatte gewisse Worte mit besonderem Nachdruck geäußert, als sollte er die Wichtigkeit begreifen. Welche Umstände meinte sie? Und bisher hatten sie die Beschränkungen doch akzeptiert — warum verweigerten sie ihm auf einmal den Respekt? Warum beschlossen sie plötzlich, daß sie — weit davon entfernt, ihm das Gefühl vermitteln zu müssen, daß er wirklich sicher sei — ihm drohen könnten? »Die Abordnung der Burg in Cairhien akzeptiert die gleichen Beschränkungen wie Ihr und scheint nicht gekränkt.« Nun, zumindest nicht sehr gekränkt. »Statt vager Drohungen bieten sie Geschenke an.«

»Sie sind nicht wie wir. Sie sind auch nicht hier. Wir werden Euch nicht kaufen.«

Die Verachtung in Demiras Stimme traf Rand. Seine Knöchel schmerzten von dem festen Griff um das Drachenszepter. Sein Zorn fand in Lews Therin ein Echo, und er erkannte plötzlich, daß der Mann sich erneut nach der Quelle auszustrecken versuchte.

Verdammt! Rand wollte sie abschirmen, aber Lews Therin sprach, der Panik nahe und fast atemlos.

Nicht stark genug. Selbst mit dem Angreal, vielleicht nicht stark genug, nicht um sieben standzuhalten. Du Narr! Du hast zu lange gewartet! Zu gefährlich!

Jedermann abzuschirmen, kostete erhebliche Kraft. Rand war sicher, daß er mit dem Angreal sieben Schilde bilden konnte, obwohl sie Saidar bereits umarmt hatten, aber wenn nur eine von ihnen diesen Schild durchbrechen konnte... Oder mehr als eine. Er wollte sie mit seiner Kraft beeindrucken, nicht ihnen eine Möglichkeit geben, diese zu überwältigen. Aber es gab noch einen anderen Weg. Indem er einfach Geist, Feuer und Erde verwob, gab er vor, abschirmen zu wollen.

Der Spiegel der Nebel zerbarst. Plötzlich standen nur sieben normale Frauen mit bestürzten Gesichtern vor ihm. Ihre Verblüffung wurde jedoch augenblicklich von vorgeblicher Gelassenheit beherrscht.

»Ihr habt unsere Forderungen gehört«, sagte Demira mit normaler, aber herrischer Stimme, als sei überhaupt nichts geschehen. »Wir erwarten, daß sie erfüllt werden.«

Rand sah sie wider Willen ungläubig an. Was mußte er noch tun, um ihnen zu zeigen, daß er sich nicht einschüchtern ließ? Saidin wütete in ihm — ein brodelnder Zorn. Er wagte es nicht, ihn ausbrechen zu lassen. Lews Therin schrie jetzt wie rasend und versuchte, ihm die Quelle aus der Hand zu reißen. Er konnte nur festhalten. Er erhob sich langsam. Durch die zusätzliche Höhe des Podests ragte er jetzt über ihnen auf. Sieben unbewegte Aes Sedai-Gesichter sahen zu ihm hoch. »Die Beschränkungen bleiben bestehen«, sagte er ruhig. »Und ich füge dem noch eine Forderung hinzu. Von jetzt an erwarte ich, von Euch den Respekt zu erfahren, den ich verdiene. Ich bin der Wiedergeborene Drache. Ihr könnt jetzt gehen. Die Audienz ist beendet.«

Ungefähr zehn Herzschläge lang standen sie nur da und blinzelten nicht einmal, als wollten sie zeigen, daß sie sich auf seinen Befehl keinen Schritt rühren würden. Dann wandte sich Demira ohne die leiseste Andeutung eines Hofknickses um. Als sie an Seonid und Rafela vorbeiging, schlossen diese sich ihr an und die anderen ebenso. Sie glitten alle mühelos, ohne Eile, über die rotweißen Fliesen aus der Großen Halle hinaus.

Rand trat vom Podest herab, als sie im Gang verschwanden.

»Der Car'a'carn ist geschickt mit ihnen umgegangen«, sagte Melaine laut genug, um in jedem Winkel gehört zu werden. »Man muß sie am Genick packen und sie Respekt lehren, auch wenn es sie schmerzt.« Bael konnte sein Unbehagen nicht ganz verbergen, als er Melaine so über die Aes Sedai reden hörte.

»Vielleicht sollte man auch die Weisen Frauen so behandeln«, bemerkte Rand mit einem Lächeln.

Melaine senkte ihre Stimme und richtete nachdrücklich ihre Stola. »Seid kein vollkommener Narr, Rand al'Thor.«

Bael kicherte, obwohl seine Frau ihn ansah. Zumindest hatte er ein Kichern zustande gebracht. Rand konnte den Humor jedoch nicht nachempfinden, und das nicht wegen der Dämpfung des Nichts. Er wünschte fast, er hätte Min mitkommen lassen. Es gab hier zu viele Unterströmungen, die er nicht verstand, und er befürchtete, daß noch mehr da waren, die er nicht einmal erkennen konnte. Was wollten sie wirklich?

Min schloß die schmale Tür des Ankleideraums, lehnte sich an ein dunkles Wandpaneel zurück und atmete tief ein. Faile hatte Perrin abgeholt, und so sehr Loial auch darauf beharrt hatte, Rand wolle, daß Min zurückbleibe, hatte er doch vor der einfachen Wahrheit kapituliert, daß Rand kein Recht hatte, sie irgendwo festzuhalten. Wenn Loial natürlich eine Ahnung gehabt hätte, was sie vorhatte, hätte er sie sich vielleicht unter den Arm geklemmt — sehr sacht natürlich —, sich dort in den Hof gesetzt und ihr etwas vorgelesen.

Min hatte alles gehört, aber sie hatte nicht viel mehr gesehen als Aes Sedai, die über dem Podest mit dem Thron aufragten. Sie mußten die Macht gelenkt haben, wodurch Bilder und Auren verschwommen waren, aber sie war so verblüfft gewesen, daß sie diese auch nicht erkannt hätte, wenn welche deutlich zu sehen gewesen wären. Als sie sich wieder erholt hatte, hatten die Aes Sedai nicht mehr aufgeragt, und Demiras Stimme hatte nicht mehr aus jedem Winkel gedröhnt.

Sie kaute auf ihrer Unterlippe und dachte wütend nach. Ihrer Meinung nach gab es zwei Probleme. Zum einen Rand und seine Forderung nach Respekt, was auch immer er damit meinte. Wenn er erwartete, daß Merana einen tiefen Hofknicks vollführte, würde er lange warten müssen, und in der Zwischenzeit verärgerte er sie sicherlich eifrig. Es mußte eine Möglichkeit geben, dies zu verhindern, wenn sie nur wüßte wie. Das zweite Problem waren die Aes Sedai. Rand schien zu glauben, sie wären in gewisser Weise erregt, was er beenden könnte, indem er auftrumpfte. Min war im Zweifel, ob die Aes Sedai erregt waren, aber wenn dem so war, handelte es sich gewiß um etwas Ernsthafteres. Der einzige Ort, wo man das herausfinden könnte, war jedoch die Rosenkrone.

Sie holte Wildrose wieder aus dem Vorhofstall ab und ritt die kastanienbraune Stute im Schritt zum Gasthaus zurück, wo sie sie einem großohrigen Stallburschen mit der Bitte übergab, sie möge gut abgerieben und mit ein wenig Hafer gefuttert werden. Ihr scharfer Ritt zum Palast war anstrengend gewesen, und Wildrose verdiente eine Belohnung für ihre Unterstützung bei der Vereitelung von Meranas Plan. Dem kalten Zorn in Rands Stimme nach zu urteilen, war sie nicht sicher, was vielleicht geschehen wäre, wenn er plötzlich aus heiterem Himmel erfahren hätte, daß sieben Aes Sedai ihn in der Großen Halle erwarteten.

Der Schankraum der Rosenkrone wirkte noch fast genauso wie zuvor, als sie durch eine der Küchen hinausgeeilt war. Wächter saßen an den Tischen verteilt, von denen einige Domino oder Mühle spielten und andere würfelten. Sie schauten fast wie ein Mann auf, als sie eintrat, nahmen ihr Spiel aber wieder auf, als sie sie erkannt hatten. Herrin Cinchonine stand mit verschränkten Armen und verärgertem Gesichtsausdruck vor der Tür des Lagerraums. An den Wänden des Schankraums der Rosenkrone waren keine Weinfässer aufgestapelt. Die Wächter waren die einzigen Gäste, und Wächter tranken in der Regel wenig und selten. Es standen jede Menge Zinnkrüge und Becher auf den Tischen, aber Min konnte nicht erkennen, daß auch nur einer davon berührt worden wäre. Aber sie erkannte einen Mann, der vielleicht bereit wäre, ihr etwas zu erzählen.

Mahiro Shukosa saß allein an einem Tisch und beschäftigte sich mit Geduldsspielen, die beiden Schwerter, die er gewöhnlich auf dem Rücken trug, in Reichweite an die Wand gelehnt. Mit seinen bereits ergrauenden Schläfen und der edlen Nase wirkte er auf schlichte Art gutaussehend, obwohl ihn sicherlich nur eine verliebte Frau als schön bezeichnet hatte. In Kandor war er ein Herr. Er hatte die Königshöfe fast jeden Landes besucht, reiste mit einer kleinen Bibliothek und gewann oder verlor beim Spiel mit unbekümmertem Lächeln. Er konnte Gedichte rezitieren und Harfe spielen und traumhaft tanzen. Er war, kurz gesagt, außer daß er auch Rafelas Behüter war, genau wie die Männer, die sie gemocht hatte, bevor sie Rand begegnet war. Und die sie tatsächlich immer noch mochte, wenn sie sie in Erinnerung an Rand betrachtete. Mahiro sah sie auf eine Art an, von der Min glaubte, daß sie für Kandor eigentümlich war — wie eine jüngere Schwester, die gelegentlich jemanden zum Reden und einen Rat brauchte, damit sie nicht in Schwierigkeiten geriete. Er sagte ihr, daß sie hübsche Beine hätte, dachte aber niemals daran, sie zu berühren, und er würde jedem Mann den Hals umdrehen, der ohne ihre Erlaubnis daran dächte.

Er schob die verwinkelten Eisenstücke seines Geduldsspiels geschickt wieder zusammen, legte es auf einen Stapel bereits fertiggestellter und nahm ein weiteres von einem anderen Stapel, während sie sich ihm gegenüber hinsetzte. »Also, Kohlkopf«, sagte er grinsend, »da bist du wieder, den Kopf noch auf den Schultern, nicht entführt und nicht verheiratet.« Eines Tages würde sie ihn fragen, was das bedeutete, denn das sagte er immer.

»Ist irgend etwas geschehen, während ich fort war, Mahiro?«

»Du meinst, außer daß die Schwestern anscheinend stark zerzaust vom Palast zurückgekehrt sind.« Das Geduldsspiel löste sich in seinen Händen wie immer, fast, als wäre Magie im Spiel.

»Was hat sie aufgebracht?«

»Vermutlich al'Thor.« Das Geduldsspiel wurde genauso leicht wieder zusammengefügt und auf den entsprechenden Stapel gelegt. Und sofort griff er nach einem weiteren. »Dieses habe ich schon vor Jahren geschafft«, vertraute er ihr an.

»Aber wie, Mahiro? Was ist geschehen?«

Dunkle Augen betrachteten sie. Leopardenaugen würden wie Mahrros wirken, wenn sie fast schwarz wären. »Min, einem Jährling, der seinen Kopf in den falschen Bau steckt, könnten die Ohren abgebissen werden.«

Min zuckte zusammen. Das war nur zu wahr. Die törichten Dinge, die eine Frau tat, weil sie verliebt war. »Genau das würde ich gerne vermeiden, Mahiro. Ich bin lediglich hier, um Nachrichten zwischen Merana und dem Palast zu vermitteln, aber ich gehe dort ohne eine Vorstellung davon hinein, was mir bevorsteht. Ich weiß nicht, warum die Schwestern aufgehört haben, ihn jeden Tag aufzusuchen, oder warum sie zurückweichen oder warum heute eine ganze Handvoll von ihnen hingingen anstatt nur drei. Ich könnte mehr als nur die Ohren abgebissen bekommen, wenn ich es nicht weiß. Merana wird es mir nicht sagen. Sie sagt mir nichts außer: ›Geh hierhin und tu das.‹ Nur ein Hinweis, Mahiro. Bitte!«

Er betrachtete das Geduldsspiel angestrengt, aber sie erkannte dennoch, daß er nachdachte, weil er die miteinander verbundenen Teile des Geduldsspiels mit den Fingern umherschob, sich aber kein Teil löste.

Eine Bewegung an der Rückseite des Schankraums zog Mins Blick auf sich. Sie wandte halbwegs den Kopf und erstarrte. Zwei Aes Sedai kamen, ihrem frisch gewaschenen Aussehen nach zu urteilen, aus den Bädern zurück. Sie hatte diese beiden vor Monaten zuletzt gesehen, bevor sie aus Salidar hinausgesandt wurden, weil Sheriam glaubte, Rand hielte sich irgendwo in der Aiel-Wüste auf. Dorthin waren Bera Harkin und Kiruna Nachiman geeilt. In die Wüste, nicht nach Caemlyn.

Bis auf ihr kantiges, altersloses Gesicht wirkte Bera mit ihrem kurzgeschnittenen braunen Haar wie eine Bäuerin, aber im Moment zeigte dieses Gesicht grimmige Entschlossenheit. Kiruna, vornehm und statuenhaft, schien jeder Zoll genau das zu sein, was sie war —die Schwester des Königs von Arafel und eine rechtmäßige, mächtige Lady. Ihre großen dunklen Augen glitzerten, als wolle sie eine Hinrichtung befehlen. Bilder und Auren flackerten um sie herum wie stets um Aes Sedai und Behüter. Eine Aura hielt Mins Blick fest, als sie schnell um beide Frauen gleichzeitig herumblitzte, bräunlich gelb und tief purpurfarben. Die Farben selbst bedeuteten nichts, aber diese Aura nahm Min den Atem.

Ihr Tisch stand nicht weit vom Fuß der Treppe entfernt, aber die beiden Frauen sahen Min nicht an, als sie sich umwandten, um hinaufzugehen. Sie hatten ihr auch in Salidar niemals mehr als zwei Blicke gegönnt, und jetzt waren sie in ihre Unterhaltung vertieft.

»Alanna hätte ihn schon lange in die Schranken weisen sollen.« Kirunas Stimme klang leise, aber dennoch fast zornig. »Ich hätte es getan. Wenn sie kommt, werde ich es ihr sagen.«

»Er sollte an der Leine geführt werden«, stimmte Bera ihr ausdruckslos zu, »bevor er Andor noch mehr Schaden zufügen kann.« Sie war Andoranerin. »Ich sage, je eher, desto besser.«

Als die beiden Aes Sedai die Treppe hinaufschwebten, merkte Min, daß Mahiro sie ansah. »Wie sind sie hierhergelangt?« fragte sie und war selbst überrascht, daß ihre Stimme vollkommen normal klang. Kiruna und Bera erhöhten die Zahl auf dreizehn. Dreizehn Aes Sedai. Und da war diese Aura.

»Sie folgten einem Hinweis über al'Thor. Sie befanden sich bereits auf halbem Weg nach Cairhien, als sie hörten, daß er hier sei. Ich würde einen weiten Bogen um sie machen, Min. Ihr Gaidin hat mir erzählt, daß beide nicht sehr gut gestimmt sind.« Kiruna hatte vier Behüter und Bera drei.

Min gelang es zu lächeln. Sie wollte das Gasthaus sofort verlassen, aber das würde alle möglichen Verdächtigungen bewirken, sogar bei Mahiro. »Das klingt nach einem guten Rat. Was ist mit meinem Hinweis?«

Er zögerte noch einen Moment und legte das Geduldsspiel zur Seite. »Ich werde nicht sagen, was ist oder nicht ist, aber ein an die richtige Person geäußertes Wort... Vielleicht solltest du erwarten, daß al'Thor aufgebracht ist. Vielleicht solltest du sogar daran denken nachzufragen, ob jemand anderer mögliche Nachrichten überbringen kann, vielleicht einer von uns.« Er meinte die Behüter. »Vielleicht haben die Schwestern beschlossen, al'Thor eine kleine Lektion in Bescheidenheit zu erteilen. Und das, Kohlkopf, hätte ich vielleicht nicht sagen sollen. Wirst du darüber nachdenken?«

Min wußte nicht, ob unter der ›kleine Lektion‹ das zu verstehen war, das im Palast geschehen war, oder etwas, was noch geschehen würde, aber es paßte alles zusammen. Und diese Aura. »Das scheint mir ein guter Rat zu sein, Mahiro. Wenn Merana mich sucht, um mich eine Nachricht überbringen zu lassen — wirst du ihr dann sagen, daß ich mir während der nächsten Tage die Sehenswürdigkeiten der Inneren Stadt ansehe?«

»Eine lange Reise«, stichelte er. »Du wirst noch einen Ehemann entführen, wenn du nicht vorsichtig bist.«

Der großohrige Stallknecht starrte Min an, als sie darauf bestand, daß er Wildrose aus ihrer Box holen und wieder satteln sollte. Sie ritt im Schritt aus dem Stallhof hinaus, aber sobald die Rosenkrone außer Sicht war, bohrte Min ihrer Stute die Fersen in die Seiten und hieß Menschen aus dem Weg springen, als sie, so schnell Wildrose sie tragen konnte, zum Palast galoppierte.

»Dreizehn«, sagte Rand tonlos, und allein es auszusprechen, genügte für Lews Therin bereits, erneut zu versuchen, ihm Saidar zu entreißen. Es war ein schweigender Kampf mit einer fauchenden Bestie. Als Min das erste Mal erwähnte, daß tatsächlich dreizehn Aes Sedai in Caemlyn seien, hatte Rand die Macht nur knapp vor Lews Therin ergreifen können. Schweiß lief Rands Gesicht hinab. Dunkle Flecken bildeten sich auf seinem Umhang. Er konnte sich nur auf eines konzentrieren. Er mußte Saidar von Lews Therin fernhalten. Ein Muskel an seiner Wange zuckte vor Anstrengung. Seine rechte Hand zitterte.

Min hörte auf, im Zimmer hin- und herzulaufen und wippte jetzt auf den Zehen. »Das ist noch nicht alles, Rand«, sagte sie atemlos. »Es ist die Aura. Blut, Tod, die Eine Macht, diese beiden Frauen und du —alle zur gleichen Zeit am gleichen Ort.« Ihre Augen schimmerten erneut, aber dieses Mal rannen Tränen ihre Wangen hinab. »Kiruna und Bera mögen dich nicht, überhaupt nicht! Erinnerst du dich, was ich um dich herum gesehen habe? Daß dich Frauen, welche die Macht lenken, verletzen. Es sind die Auren, und die dreizehn und alles, Rand. Es ist zuviel!«

Sie behauptete stets, daß sich ihre Visionen immer erfüllten, obwohl sie niemals sagen konnte, ob in einem Tag oder einem Jahr oder zehn Jahren, und Rand glaubte, wenn er in Caemlyn bliebe, könnte es in einem Tag geschehen. Auch wenn Lews Therin in seinem Kopf weiterhin nur knurrte, wußte Rand doch, daß er Merana und die anderen angreifen würde, bevor sie ihn angreifen konnten. Dieser Gedanke beunruhigte Rand. Vielleicht war es nur ein Zufall, vielleicht hatte sich sein verändertes Ta'veren gegen ihn gewandt, aber die Tatsache blieb bestehen, daß Merana genau an dem Tag beschlossen hatte, ihn herauszufordern, an dem die Anzahl der Aes Sedai dreizehn betrug.

Er erhob sich, ging in sein Schlafzimmer, nahm sein Schwert von der Rückseite des Schränk», band es sich um und schloß die drachenförmige Schnalle. »Du kommst mit mir, Min«, belehrte er sie, während er das Drachenszepter ergriff und zur Tür eilte.

»Wohin?« fragte sie, während sie ihre Wangen mit einem Taschentuch abwischte, aber sie folgte ihm auf den Gang. Jalani sprang eine Spur schneller auf als Beralna, eine knochendürre Rothaarige mit blauen Augen und einem wilden Lächeln.

Wenn nur Töchter des Speers in der Nähe waren, sah Beralna ihn an, als überlege sie, ob sie ihm die große Gnade erweisen sollte zu tun, worum er sie bat, aber er sah sie ebenfalls scharf an. Das Nichts ließ seine Stimme abweisend und kalt klingen. Lews Therin wimmerte nur noch gedämpft, aber Rand wagte es dennoch nicht, sich zu entspannen. Nicht in Caemlyn. Und nirgendwo in der Nähe von Caemlyn. »Beralna, sucht Nandera und sagt ihr, sie soll mich mit so vielen Töchtern des Speers, wie ihr angemessen erscheint, in Perrins Räumen treffen.« Er konnte Perrin nicht zurücklassen, und das nicht wegen irgendeiner Vision. Wenn Merana feststellte, daß Rand fort war, könnte eine der Aes Sedai Perrin sehr wohl so festhalten, wie Alanna es mit ihm getan hatte. »Ich komme vielleicht nicht wieder hierher zurück. Wenn jemand Perrin oder Faile oder Loial sieht, sagt ihnen, sie sollen mich ebenfalls dort treffen. Jalani, sucht Mistress Harfor. Sagt ihr, ich brauche eine Feder, Tinte und Papier.« Er mußte noch Briefe schreiben, bevor er ging. Seine Hand zitterte erneut, und er fügte hinzu: »Viel Papier. Nun? Geht! Geht!« Sie wechselten einen Blick und hasteten davon. Er eilte in die entgegengesetzte Richtung, wobei Min fast laufen mußte, um Schritt zu halten.

»Rand, wohin gehen wir?«

»Nach Cairhien.« Da sich das Nichts um ihn geschlossen hatte, klangen seine Worte so hart wie ein Schlag ins Gesicht. »Vertrau mir, Min. Ich werde dich nicht verletzen. Ich würde mir eher den Arm abhacken, als dich zu verletzen.« Sie schwieg, und schließlich schaute er zu ihr herab und sah, daß sie mit seltsamem Gesichtsausdruck zu ihm hochblickte.

»Das ist gut zu hören, Schafhirte.« Ihre Stimme klang genauso seltsam, wie es ihr Gesichtsausdruck war. Der Gedanke an dreizehn Aes Sedai, die hinter ihm her waren, mußte sie wirklich erschreckt haben, und das war kaum verwunderlich.

»Min, wenn es soweit kommt, daß ich ihnen gegenübertreten muß, verspreche ich dir, daß ich dich vorher in Sicherheit bringe.« Wie konnte irgendein Mann dreizehn Aes Sedai gegenübertreten? Der Gedanke daran ließ Lews Therin erneut schreiend aufbrausen.

Zu seiner Überraschung zauberte sie mühelos zwei Dolche aus ihren Umhangärmeln und öffnete den Mund, ließ die Klingen aber genauso mühelos wieder zurückgleiten — sie mußte es geübt haben —, bevor sie sprach. »Du kannst mich nach Cairhien oder sonstwohin führen, Schafhirte, aber du solltest besser noch einmal genau darüber nachdenken, mich überhaupt irgendwo hinzuschicken.« Aus einem unbestimmten Grund glaubte er zu wissen, daß sie eigentlich etwas anderes hatte sagen wollen.

Als sie Perrins Räume erreichten, fanden sie bereits eine ansehnliche Versammlung vor. Auf einer Seite des Wohnraums saßen Perrin und Loial mit gekreuzten Beinen und in Hemdsärmeln auf dem blauen Teppich und rauchten mit Gaul, einem Steinsoldat, an den Rand sich vom Fall des Steins her erinnerte, ihre Pfeifen. Auf der anderen Seite des Raumes saß Faile ebenfalls auf dem Boden, zusammen mit Bain und Chiad, die auch im Stein gewesen waren. Durch die sich zum anderen Raum hin öffnende Tür konnte Rand Sulin die Bettlaken wechseln sehen, welche sie dermaßen umherschleuderte, als wollte sie sie in Fetzen reißen. Alle schauten auf, als Rand und Min den Raum betraten, und Sulin kam zur Schlafzimmertür.

Es entstand erheblicher Aufruhr, nachdem Rand über die dreizehn Aes Sedai und auch über das berichtet hatte, was Min belauscht hatte. Er sagte jedoch nichts von den Visionen. Einige im Raum wußten davon, andere vielleicht nicht, und er würde niemandem davon erzählen, wenn sie es nicht tat. Und er sagte auch nichts von Lews Therin und daß er Angst davor hatte, was ihm in einer Stadt mit dreizehn Aes Sedai zustoßen könnte, selbst wenn sie auf ihren Händen säßen. Sollten sie glauben, daß er in Panik geraten war, wenn sie wollten. Er war sich nicht sicher, daß dem nicht so war. Lews Therin war still geworden, aber Rand konnte ihn spüren, wie zornige Augen, die in der Nacht beobachteten. Zorn und Angst und vielleicht auch Panik krochen wie große Spinnen aus dem Nichts.

Perrin und Faile begannen sofort hastig zu packen, und Bain und Chiad verständigten sich zunächst in der Zeichensprache, bevor sie verkündeten, daß sie Faile begleiten würden, woraufhin Gaul verkündete, er würde Perrin begleiten. Rand verstand nicht, was vor sich ging, aber es hatte viel damit zu tun, daß Gaul Bain und Chiad nicht ansah und sie ihn nicht ansahen. Loial lief davon, leise vor sich hin murmelnd, daß Cairhien noch viel weiter von den Zwei Flüssen entfernt sei als Caemlyn und daß seine Mutter eine berühmte Geherin sei. Als er zurückkam, trug er ein erst halbwegs fertiggepacktes Bündel unter einem Arm und riesige Satteltaschen über der Schulter, und sein Hemd hing aus der Hose heraus. Loial war augenblicklich zum Aufbruch bereit. Sulin verschwand ebenfalls und kam mit einem Bündel in den Armen zurück, das aus rotweißen Gewändern zu bestehen schien. Sie fuhr Rand mit diesem unvereinbar sanften Gesichtsausdruck an, ihr sei befohlen worden, ihm und Perrin und Faile zu dienen, und nur eine von der Sonne verrückt gewordene Eidechse würde glauben, daß sie das in Caemlyn tun könnte, wenn sie alle in Cairhien wären. Sie fügte sogar ein »Mylord Drache« hinzu, was wie ein Fluch klang, sowie einen Hofknicks, der erstaunlicherweise anstandslos ausgeführt wurde. Letzteres schien sie auch selbst zu erstaunen.

Nandera traf fast im gleichen Moment wie Mistress Harfor ein, die eine Schreibmappe mit mehreren Stahlfedern, sowie genug Papier und Tinte und Siegelwachs für fünfzig Briefe mitgebracht hatte.

Perrin wollte Dannil Lewin eine Nachricht zukommen lassen, daß er ihm mit den restlichen Männern von den Zwei Flüssen folgen sollte — er beabsichtigte nicht, den Aes Sedai irgend jemanden zu überlassen —, und er nahm erst Abstand davon, Dannil mitzuteilen, er solle auch Bode und die anderen Mädchen von Culains Jagdhund mitbringen, als Rand und Faile beide erklärten, die Aes Sedai würden sie erstens nicht gehen lassen und es sei zweitens sehr unwahrscheinlich, daß sie gehen wollten. Perrin und Faile waren beide mehr als einmal in dem Gasthaus gewesen, und sogar Perrin mußte zugeben, daß die Mädchen ungeduldig darauf warteten, Aes Sedai zu werden.

Faile wollte auch selbst schnell noch Briefe schreiben — an ihre Mutter und an ihren Vater, damit sie sich keine Sorgen machten, wie sie sagte. Rand wußte nicht, welcher Brief an wen gerichtet war, aber sie waren im Tonfall sehr unterschiedlich gehalten. Ein Brief war ein halbes Dutzend mal begonnen und dann zerrissen worden, wobei jedes Wort stirnrunzelnd überlegt wurde, während der andere im Nu und unter Lächeln und Kichern fertiggestellt wurde. Er dachte, daß letzterer an ihre Mutter gerichtet sein müßte. Min schrieb einem Freund namens Mahiro in der Rosenkrone und erzählte Rand aus irgendeinem Grund, er sei ein alter Mann, obwohl sie bei diesen Worten errötete. Sogar Loial nahm nach einigem Zögern eine Feder zur Hand. Seine eigene Stahlfeder, denn eine für Menschen gefertigte Schreibfeder wäre in seinen gewaltigen Händen verschwunden. Er versiegelte seine Nachricht und übergab sie mit der schüchternen Bitte, sie nach Möglichkeit persönlich zu überbringen, Mistress Harfor. Ein Daumen vom Umfang einer dicken Wurst bedeckte fast den ganzen Namen des Empfängers sowohl in menschlicher als auch in Ogierschrift, aber mit seinen durch die Eine Macht geschärften Augen erkannte Rand den Namen ›Erith‹. Er schien jedoch nicht warten und ihn ihr selbst übergeben zu wollen.

Rands Briefe waren genauso schwierig zu verfassen wie Failes, wenn auch aus anderen Gründen. Schweiß, der von seinem Gesicht tropfte, ließ die Tinte verlaufen, und seine Hand zitterte so sehr, daß er wegen Tintenklecksen mehr als einmal neu anfangen mußte. Aber er wußte genau, was er schreiben wollte. Taim ließ er eine Warnung wegen der dreizehn Aes Sedai und eine Wiederholung seiner Befehle, ihnen fernzubleiben, zukommen. Und Merana sollte eine andere Art Warnung erhalten, gewissermaßen eine Einladung. Es hatte keinen Zweck, wenn er sich zu verstecken versuchte. Alanna konnte ihn letztendlich überall auf der Welt finden. Aber es sollte nach Möglichkeit zu seinen Bedingungen geschehen.

Als er seine Briefe schließlich versiegelt hatte — ein Grünsteinsiegel mit einem eingravierten Drachen brachte Mistress Harfor einen Blick ein, den sie äußerst ausdruckslos erwiderte —, wandte sich Rand an Nandera.

»Warten Eure zwanzig Töchter des Speers draußen?«

Nandera wölbte die Augenbrauen. »Zwanzig? Eure Nachricht besagte, ich solle so viele mitnehmen, wie mir angemessen erschiene, und daß Ihr vielleicht nicht zurückkehren würdet Ich habe fünfhundert und hätte noch mehr, wenn ich dem nicht Einhalt geboten hätte.«

Er nickte nur. In seinem Kopf herrschte Schweigen, aber er konnte Lews Therin in dem um ihn befindlichen Nichts spüren, der wie eine zusammengerollte Sprungfeder lauerte. Erst als er alle durch das Wegetor in den Raum in Cairhien geführt hatte und die Öffnung wieder verschlossen war, womit er seine Verbindung zu Alanna auf den vagen Eindruck ›irgendwo im Westen‹ reduziert hatte — erst da schien Lews Therin fortzugehen. Es war, als wäre der Mann, von den Kämpfen mit Rand erschöpft, schlafen gegangen. Schließlich schob Rand Saidar fort, und erkannte erst jetzt, wie sehr auch ihn der Kampf erschöpft hatte. Loial mußte ihn zu seinen Räumen im Sonnenpalast tragen.

Merana saß mit Rands Brief auf dem Schoß ruhig am Wohnraumfenster, den Rücken zur Straße gewandt. Sie kannte seinen Inhalt inzwischen auswendig.

Merana, begann er. Nicht Merana Aes Sedai, nicht einmal Merana Sedai.

Merana,

ein Freund hat mir einmal gesagt, daß die Zahl

Dreizehn bei den meisten Würfelspielen als fast so

unheilbringend angesehen wird wie das Augenrollen des Dunklen Königs. Ich glaube auch, daß die Dreizehn eine Unglückszahl ist. Ich gehe nach Cairhien. Ihr mögt mir, wenn Ihr wollt, mit nicht mehr als fünf weiteren Schwestern folgen. Auf diese Weise steht Ihr mit der Abordnung der Weißen Burg gleich. Ich werde verletzt sein, wenn Ihr mehr als fünf weitere Schwestern mitbringt. Setzt mich nicht wieder unter Druck. Ich kann kaum noch vertrauen.

Rand al Thor Der Wiedergeborene Drache Am Ende des Briefes hatte er die Feder so stark aufgedrückt, daß das Papier beinahe zerrissen wäre. Die letzten beiden Zeilen schienen fast in einer anderen Handschrift als der restliche Brief geschrieben zu sein. Merana saß ganz still. Sie war nicht allein. Die übrigen Mitglieder der Abordnung, wenn man sie noch so nennen konnte, saßen verschiedener Stimmung entlang den Wänden in Sesseln. Ärgerlicherweise saß nur Berenicia genauso bescheiden da wie Merana, die plumpen Hände im Schoß gefaltet, den Kopf leicht gebeugt und die ernsten Augen wachsam. Sie sagte kein Wort, wenn sie nicht angesprochen wurde. Faeldrin saß recht stolz und aufrecht und redete, wann immer sie wollte — genau wie Masuri und Rafela. Seonid war kaum weniger eifrig; sie hockte auf der Kante ihres Sessels und lächelte entschlossen. Die anderen verhielten sich so gelassen wie Vandene. Außer Verin und Alanna waren alle anwesend, und Gaidin waren ausgeschickt worden, die beiden zu suchen. Kiruna und Bera standen mitten im Raum.

»Es widert mich an, daß irgend jemand einer Aes Sedai einen solchen Brief schicken konnte.« Kiruna hatte nicht laut gesprochen, ihre Stimme klang gleichzeitig kühl und ruhig und mächtig. Aber ihre dunklen Augen sprühten Feuer. »Demira, kann Euer Gewährsmann bestätigen, daß al'Thor nach Cairhien gegangen ist?«

»Das Schnelle Reisen«, murmelte Bera ungläubig. »Wer hätte gedacht, daß er das wiederentdecken würde.«

Die bunten Ferien in Faeldrins Zöpfen klangen zusammen, als sie nickte. »Uns fällt keine andere Möglichkeit ein. Wir sollten uns schleunigst vor Augen halten, daß er vielleicht sogar mächtiger ist als Logain oder Mazrim Taim.«

»Können wir wegen Taim nichts unternehmen?« Rafelas rundes Gesicht, das für gewöhnlich einen liebenswürdigen Ausdruck zeigte, wirkte jetzt recht streng, und ihre sonst liebliche Stimme klang tonlos. »Es gibt keine zwanzig Meilen von uns entfernt mindestens einhundert Männer, die die Macht lenken können —einhundert!« Kairen nickte energisch, schwieg aber.

»Sie müssen warten«, sagte Kiruna bestimmt »Licht und Ehre, ich weiß nicht, wie viele Schwestern nötig sein werden, um mit so vielen fertig zu werden. Aber al'Thor ist das wichtigste, und mit ihm können wir zurechtkommen. Demira?«

Demira hatte natürlich abgewartet, bis die anderen gesprochen hatten. Dann sagte sie mit leicht gebeugtem Kopf: »Ich weiß nur, daß er tatsächlich fortgegangen ist, zweifellos mit einer großen Anzahl von Aiel und vielleicht auch mit Perrin Aybara.«

Verin hatte den Raum betreten, als Demira zu sprechen begonnen hatte, und fügte jetzt hinzu: »Bezüglich Perrin kann kein Zweifel bestehen. Ich habe Tomas zum Lager der Leute von den Zwei Flüssen geschickt. Es scheint, als hätten sie zwei Männer zum Palast gesandt, um Perrins Pferd und das seiner Frau zu holen. Die anderen haben die Wagen und Diener zurückgelassen und sind bereits in Eile unterwegs nach Osten, hinter Perrins Wolfskopf und dem Roten Adler von Manetheren her.« Ein leichtes Lächeln überzog ihre Lippen, als fände sie dies belustigend. Kairen fand dies offensichtlich nicht. Sie keuchte und preßte die Lippen dann fest zusammen.

Merana war ebenfalls nicht belustigt, obwohl dies, verglichen mit allem anderen, nur eine unbedeutende Kleinigkeit war. Ein schwacher Hauch von etwas Verschüttetem, wenn man bereits auf einem Schutthaufen saß; ein Hund, der einen anknurrte, wenn Wölfe bereits an einem zerrten. Wenn sie nur daran dachte, wie sehr sie sich wegen Verin gesorgt und wie hart sie gekämpft hatte. Verin hatte ihre Pläne kaum wirklich berührt, außer daß sie Demira dazu verleitet hatte, das heutige unglückliche Zusammentreffen vorzuschlagen. Es war recht geschickt eingefädelt worden. Merana glaubte, daß keine andere als eine Graue es bemerkt hätte. Und doch hatte sie selbst sogar dem zugestimmt. Sie hätten Al'Thor zumindest einschüchtern können.. Sie hatte sich wegen Verin gesorgt, und dann erschienen Kiruna und Bera, die beide nicht ihrer Autorität unterstanden und mindestens ebenso stark waren wie Masuri oder Faeldrin oder Rafela.

»Es ist eine verfahrene Geschichte«, murrte Bera. Kairen und einige der anderen nickten zustimmend.

»Eine etwas verfahrene Geschichte«, erwiderte Kiruna trocken. Fast alle nickten — außer Merana und Verin. Merana seufzte nur leise. Verin beobachtete Kiruna mit ihrem vogelähnlichen Blick und geneigtem Kopf. »Was hält Alanna fern?« fragte Kiruna niemanden im besonderen. »Ich möchte nicht alles zweimal besprechen.«

Merana vermutete, daß sie selbst damit angefangen hatte, Verin nachzugeben. Sie war noch immer die Anführerin der Abordnung, jedermann folgte noch immer ihren Befehlen, sogar Masuri und Rafela und Faeldrin. Aber sie alle wußten es. Sie konnte nicht sagen, ob Kiruna oder Bera das Kommando übernommen hatte — daß die eine auf einem Bauernhof und die andere in einem Palast geboren war, zählte überhaupt nichts; es hatte nichts damit zu tun, eine Aes Sedai zu sein —, aber in einem Punkt war sie sich sicher: Die Abordnung zerfiel um sie herum. Das wäre niemals geschehen, wenn die Weiße Burg noch vollständig gewesen wäre, wenn eine Gesandte die vollständige Macht der Burg und den Amyrlin-Sitz hinter sich gewußt hätte, auch wenn sie dreißig Jahre gebraucht hatte, um die Stola zu erlangen, und kaum genug Kraft hatte, um nicht fortgeschickt zu werden. Jetzt war es nur noch eine geringe Auswahl von Aes Sedai, die ihre jeweiligen Plätze einnahmen, ohne darüber nachzudenken.

Als wäre das Aussprechen ihres Namens einem Ruf gleichgekommen, erschien Alanna genau in dem Moment, als Bera den Mund öffnete. Sie und Kiruna wandten sich gleichzeitig zu Alanna um. »Al'Thor behauptet, nach Cairhien gegangen zu sein«, sagte Bera kühn. »Könnt Ihr dem etwas hinzufügen?«

Alanna sah sie stolz und mit gefährlichem Glitzern in den dunklen Augen an. Sie sprachen immerhin von ihrem Behüter. »Er ist irgendwohin westlich gezogen. Mehr weiß ich nicht. Es könnte Cairhien sein.«

»Wenn Ihr schon einen Mann an Euch binden mußtet, ohne ihn zu fragen«, rief Kiruna mit gebieterischer Stimme, »warum, beim allerheiligsten Licht, habt Ihr das Zugeschworensein dann nicht dazu benutzt, ihn Eurem Willen zu beugen? Verglichen mit dem anderen ist dies nur wie ein Klaps auf die Hand.«

Alanna hatte ihre Empfindungen noch einigermaßen unter Kontrolle. Tatsächlich röteten sich ihre Wangen aber, ihren Augen nach zu urteilen vor Zorn und auch sicher, weil sie sich schämte. »Hat Euch niemand etwas davon gesagt?« fragte sie zu erregt. »Vermutlich will niemand darüber nachdenken. Ich sicherlich nicht.« Faeldrin und Seonid schauten zu Boden und nicht nur sie. »Ich habe ihn zu bezwingen versucht, kurz nachdem ich mich ihm zugeschworen hatte«, fuhr Alanna fort, als bemerkte sie nichts davon. »Habt Ihr jemals versucht, eine Eiche mit bloßen Händen zu entwurzeln, Kiruna? Genauso war es.«

Kirunas einzige Regung war, daß sich ihre Augen langsam weiteten und sie tief einatmete. Bera murmelte jedoch: »Das ist unmöglich!«

Alanna warf den Kopf zurück und lachte. Die auf die Hüften gestützten Hände ließen dieses Lachen verächtlich erscheinen, weshalb Bera die Lippen zusammenpreßte und ein kalter Glanz in Kirunas Augen trat. Verin schaute zu ihnen hinüber, was Merana unangenehm an eine Würmer beobachtende Drossel erinnerte.

»Niemand hat sich jemals zuvor einem Mann zugeschworen, der die Macht lenken kann«, sagte Alanna, als ihre Heiterkeit verging. »Vielleicht hat es etwas damit zu tun.«

»Sei es, wie es sei«, erwiderte Bera bestimmt, und auch ihr Blick wirkte entschlossen. »Ihr könnt ihn noch immer ausfindig machen.«

»Ja«, sagte Kiruna. »Ihr werdet mit uns kommen, Alanna.« Alanna blinzelte, als käme sie gerade zu sich. Sie beugte ergeben den Kopf.

Merana beschloß, daß es an der Zeit war. Wenn sie die Abordnung zusammenhalten wollte, war dies ihre letzte Chance. Sie erhob sich, während sie al'Thors Brief zusammenfaltete, damit ihre Hände beschäftigt waren. »Als ich diese Abordnung nach Caemlyn brachte«, begann sie, um sie alle daran zu erinnern, daß sie tatsächlich die Anführerin war, und dem Licht sei Dank, daß ihre Stimme fest klang, »wurde mir ein großer Spielraum gewährt, und doch schien offensichtlich, was getan werden sollte. Wir haben uns dieser Aufgabe mit der berechtigten Erwartung auf Erfolg gewidmet. Al'Thor sollte aus Caemlyn fortgelockt werden, damit wir Elayne zu ihrer Krönung zurückbringen könnten, wodurch Andor fest hinter uns gestanden hätte. Al'Thor sollte allmählich dazu gebracht werden, uns zu vertrauen, daß wir ihm nicht schaden wollten. Und er wäre auch dazu gebracht worden, uns den angemessenen Respekt zu erweisen. Zwei oder drei sorgfältig unter uns ausgewählte Aes Sedai hätten Moiraines Platz als seine Beraterin und Führerin eingenommen. Einschließlich Alanna natürlich.«

»Woher wollt Ihr wissen, daß er Moiraine nicht getötet hat?« fragte Bera. »Schließlich wird auch behauptet, er habe bereits Morgase getötet.«

»Wir haben über ihren Tod alle möglichen Gerüchte gehört«, fügte Kiruna hinzu. »Einige sagen sogar, sie sei im Kampf gegen Lanfear gestorben. Die meisten behaupten allerdings, sie sei mit al'Thor allein gewesen, als sie starb.«

Merana unterdrückte nur mühsam eine Antwort. Wenn sie diese tief verwurzelten Instinkte auch nur einmal hervorbrechen ließe, würden sie sie letztendlich alle überrumpeln. »Alles verlief zu unserer Zufriedenheit«, fuhr sie fort, »als Ihr beide eintraft. Nur zufällig, wie ich weiß, und nur weil Ihr Euren Anweisungen gefolgt seid, aber Ihr habt unsere Anzahl dennoch auf dreizehn erhöht. Welcher Mann von al'Thors Art würde nicht so schnell wie möglich fliehen, wenn er hörte, daß dreizehn Aes Sedai zusammengetroffen sind? Die einfache Wahrheit ist, daß jeglicher Schaden, der an unseren Plänen entstanden ist, Euch zuzuschreiben ist, Kiruna, und Euch, Bera.« Nun konnte sie nur noch abwarten. Wenn es ihr gelungen war, ein gewisses Maß an moralischer Überlegenheit zu erlangen...

»Seid Ihr endlich fertig?« fragte Bera kühl.

Kiruna war noch unverfrorener. Sie wandte sich an die anderen. »Faeldrin, Ihr könnt mit uns nach Cairhien kommen, wenn Ihr wollt. Und Ihr auch, Masuri und Rafela.«

Merana zitterte und zerknüllte den zusammengefalteten Brief in ihren Händen. »Erkennt Ihr es nicht?« rief sie. »Ihr redet, als könnten wir so weitermachen wie bisher. Eine Abordnung von Elaida, von der Weißen Burg, ist in Cairhien. So muß al'Thor es sehen. Wir brauchen ihn mehr, als er uns braucht, und ich fürchte, er weiß das!«

Einen Moment lang zeigte sich auf allen Gesichtern Erschrecken. Nur Verin nickte nachdenklich und lächelte ein kleines, verschwiegenes Lächeln. Einen Moment lang weiteten sich die Augen aller anderen verblüfft. Die Worte schienen in der Luft nachzuklingen. Wir brauchen ihn mehr, als er uns braucht. Sie benötigten nicht die Drei Eide, um dies als Wahrheit zu erkennen.

Dann sagte Bera fest: »Setzt Euch, Merana, und beruhigt Euch.« Merana saß, bevor sie es merkte. Sie zitterte heftig, wollte noch immer schreien, aber sie saß mit um al'Thors Brief geklammerten Händen nur da.

Kiruna wandte ihr bewußt den Rücken zu. »Seonid, Ihr werdet selbstverständlich auch mitkommen. Zwei weitere Gaidin sind immer nützlich. Und Verin, denke ich.« Verin nickte, als sei es eine Frage gewesen. »Demira«, fuhr Kiruna fort, »ich weiß, daß Ihr Groll gegen al'Thor hegt, aber wir wollen ihn nicht wieder in Furcht versetzen, und jemand muß diese außerordentliche Auswahl von Mädchen von den Zwei Flüssen nach Salidar führen. Ihr, Valinde, Kairen und Berenicia müßt Merana dabei helfen.«

Die anderen vier Genannten drückten ohne jegliches Zögern leise ihre Zustimmung aus, aber Merana fühlte sich erstarren. Die Abordnung zerfiel nicht. Sie war zu Staub geworden.

»Ich...« Sie brach ab, als Beras und Kirunas Blicke zu ihr zurückkehrten. Und Masuris und Faeldrins und Rafelas Blicke ebenso. Zu Staub geworden — und ihre ganze Autorität ebenfalls. »Vielleicht benötigt Ihr eine Graue«, sagte sie schwach. »Es wird sicherlich Verhandlungen geben...« Sie brach erneut ab. Dies wäre niemals geschehen, wenn die Burg noch vollständig wäre.

»Sehr gut«, sagte Bera schließlich in einem derartig abfälligen Tonfall, daß Merana all ihre Selbstbeherrschung aufbieten mußte, um nicht vor Scham zu erröten.

»Demira, Ihr werdet die Mädchen nach Salidar bringen«, sagte Kiruna.

Merana saß ganz still. Sie betete, daß der Saal inzwischen eine neue Amyrlin gewählt hatte. Eine sehr starke Amyrlin, in der Macht und in ihrem Herzen. Es würde eine weitere Deane, eine weitere Rashima nötig sein, um sie wieder zu dem zu machen, was sie gewesen waren. Sie betete, daß Alanna sie zu al'Thor führen würde, bevor er beschloß, Elaida anzuerkennen, denn dann könnte sie nicht einmal mehr eine weitere Rashima retten.

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