48 Auf dem Dolch ausruhen

Nynaeve kletterte aus der großen Kupferwanne, ein weißes Handtuch um den Kopf geschlungen, und trocknete sich langsam ab. Die rundliche, grauhaarige Dienerin wollte ihr beim Anziehen helfen, aber Nynaeve schickte sie fort, achtete nicht auf bestürzte Blicke und Einwände, sondern zog sich selbst mit großer Sorgfalt an und betrachtete sich in dem dunkelgrünen Gewand mit dem breiten Kragen aus heiler Merada-Spitze in dem hohen, schmalen Standspiegel. Lans schwerer goldener Ring ruhte in ihrer Tasche —sie sollte besser nicht daran denken — zusammen mit dem gewundenen Ring-Ter'angreal, und die Große Schlange schimmerte golden um den dritten Finger ihrer rechten Hand. Ihre rechte Hand. Sie sollte auch daran besser nicht denken.

Die hohe Decke war mit einem blauen Himmel und weißen Wolken hübsch bemalt, und auch wenn die Möbel auf beunruhigend großen vergoldeten Löwenfüßen standen und die schmalen Bettpfosten und Stuhlbeine für ihren Geschmack zu viele Verzierungen und Gold aufwiesen, war dies dennoch ein behaglicherer Raum, als sie ihn seit langer Zeit bewohnt hatte. Ein freundlicher Raum. Angenehm kühl. Sie versuchte, sich zu beruhigen.

Es gelang ihr natürlich nicht. Sie hatte die Gewebe Saidars gespürt, und sobald sie aus ihrem Schlafzimmer trat, bemerkte sie den unsichtbaren Schutzschirm erneut, den Elayne geschaffen und um das Wohnzimmer gelegt hatte. Birgitte und Aviendha waren ebenfalls bereits dort, alle frisch gebadet und mit sauberer Kleidung.

In einer, wie Birgitte behauptete, eher zufälligen Anordnung flankierten vier Schlafräume den Wohnraum, der ebenfalls eine mit Himmel und Wolken bemalte Decke aufwies. Vier hohe Bogenfenster führten auf einen breiten Balkon mit einem weiß gestrichenen schmiedeeisernen Gitter, das so verschlungen gearbeitet war, daß sie ungesehen vom Balkon auf den Mol Hara-Platz vor dem Palast hinabspähen konnten. Eine schwache Brise wehte durch die Fenster herein, die den salzigen Geruch des Meeres und verwunderlicherweise auch ein wenig Kühle mit sich brachte. Verärgerung störte Nynaeves Konzentration. Sie hatte die Hitze schon kurz nach ihrer Ankunft im Tarasin-Palast gespürt.

Thom und Juilin war ein Raum irgendwo bei den Quartieren der Diener zugewiesen worden, was Elayne tatsächlich mehr zu verärgern schien als einen der Männer. Thom hatte wahrhaftig darüber gelacht. Aber er konnte es sich auch leisten.

»Probiere einmal diesen ausgezeichneten Tee, Nynaeve«, sagte Elayne und legte eine weiße Servierte über blau schimmernde Seidenröcke. Wie alles andere in dem Wohnraum wies auch ihr breiter Sessel vergoldete Füße sowie weitere Vergoldungen an der über ihrem Kopf aufragenden Rückenlehne auf. Aviendha saß neben ihr auf dem Boden, die Beine unter einem hochgeschlossenen Gewand eingeschlagen, das fast zu den hellgrünen Fliesen paßte. Ihre verschlungene silberne Halskette paßte sehr gut zu dem Gewand. Nynaeve glaubte nicht, daß sie die Aielfrau auch nur einmal in einem Sessel sitzen gesehen hatte. Sie war in den beiden Gasthäusern sicherlich angestarrt worden.

»Minze und Schellbeeren«, fügte Birgitte Elaynes Aufforderung hinzu, während sie eine weitere zart vergoldete Porzellantasse füllte. Birgitte trug eine weite graue Hose und eine kurze blaue Jacke. Sie trug gelegentlich auch Kleider, aber bei ihrem Geschmack war Nynaeve froh, daß sie es nur selten tat. Alle drei hatten sich sorgfältig zurechtgemacht aber niemand wollte sie.

Der Silberkrug schimmerte matt, und der Tee war angenehm kalt und erfrischend. Nynaeve bewunderte Elaynes kühles und trockenes Gesicht. Sie selbst fühlte sich trotz der leichten Brise schon wieder verschwitzt. »Ich muß sagen«, murmelte sie, »daß ich einen anderen Empfang erwartet hatte.«

»Tatsächlich?« fragte Elayne. »Nach der Behandlung durch Vandene und Adeleas?«

Nynaeve seufzte. »Also gut, ich hatte es gehofft. Ich bin endlich eine wahre Aes Sedai, aber niemand scheint es zu glauben. Ich hatte wirklich gehofft, daß es anders würde, wenn wir Salidar erst einmal verlassen hätten.«

Ihr Treffen mit Merilille Ceandevin war nicht gut verlaufen — vor allem, wie man sie ihr vorgestellt hatte. Vandene hatte sich dieser Aufgabe äußerst oberflächlich entledigt, und dann wurden sie entlassen, fortgeschickt, damit sich die wahren Aes Sedai unterhalten konnten. Merilille hatte gemeint, sie würden sich sicherlich erfrischen wollen, aber es war eine Entlassung, die ihnen die Wahl gelassen hatte, entweder wie gehorsame Aufgenommene zu gehen oder sich wie launische Kinder zu weigern. Schon die Erinnerung nahm Nynaeve jegliche Ruhe. Schweiß begann ihr Gesicht herabzulaufen.

In der Tat war es nicht das Schlimmste gewesen, fortgeschickt worden zu sein. Merilille war eine schlanke, durchscheinend zarte Cairhienerin mit glänzendem schwarzen Haar und großen klaren Augen, eine Graue, die den Anschein erweckte, als habe nichts sie jemals überrascht und als würde sie auch in Zukunft niemals etwas aus der Ruhe bringen. Nur hatten sich jene dunklen Augen geweitet, als sie erfuhr, daß Nynaeve und Elayne Aes Sedai waren, und sie hatten sich noch stärker geweitet, als sie hörte, daß Egwene der Amyrlin-Sitz war. Birgitte als Behüterin verblüffte sie eindeutig auch, obwohl es ihr zu dem Zeitpunkt schon wieder gelang, den Ausdruck ihrer Überraschung auf einen Blick und ein kurzes Zusammenpressen der Lippen zu beschränken. Aviendha kam am leichtesten davon. Merilille gewährte ihr nur eine kaum hörbare Bemerkung darüber, wie sehr es ihr gefallen würde, eine Novizin zu sein. Dann kam die Entlassung und der Vorschlag — der eher wie ein Befehl klang —, daß sie sich einige Tage lang von den Härten ihrer Reise erholen sollten.

Nynaeve zog ihr Taschentuch aus dem Ärmel und fächelte sich mit dem spitzenbesetzten Tuch vergeblich Luft zu. »Ich glaube noch immer, daß sie etwas verbergen.«

»Also wirklich, Nynaeve«, meinte Elayne kopfschüttelnd. »Mir gefällt es auch nicht besser als dir, wie wir behandelt werden, aber du machst aus einer Mücke einen Elefanten. Wenn Vandene und Adeleas Flüchtlinge suchen wollen, dann laß sie doch. Wäre es dir lieber, sie würden die Schale suchen?« Sie hatten das Ter'angreal, das sie suchten, während der ganzen Reise kaum erwähnt, aus Angst, daß die beiden anderen genau das tun würden, was Elayne gerade heraufbeschworen hatte.

Ob sie es getan hätten oder nicht — Nynaeve glaubte noch immer, daß sie etwas verbargen, Elayne wollte es einfach nicht zugeben. Adeleas hatte nicht gemerkt, daß Nynaeve diese Bemerkung über die Suche nach Flüchtlingen belauscht hatte, und als Nynaeve fragte, ob sie wirklich welche zu finden erwarteten, erwiderte Vandene ein wenig zu schnell, daß sie stets mit einem Auge Ausschau nach jungen Frauen hielten, die aus der Burg davongelaufen waren. Das ergab keinen Sinn. Niemand war aus Salidar geflohen, aber Novizinnen liefen mitunter davon — das Leben war hart, besonders wenn einem Jahre des Gehorsams bevorstanden, ehe man auch nur daran denken konnte, allein zu entscheiden — und gelegentlich stahl sich auch eine Aufgenommene davon, die daran zu zweifeln begonnen hatte, die Stola jemals zu erlangen, aber dennoch wußte sogar Nynaeve, daß es nur wenigen gelang, von der Insel Tar Valon zu fliehen, und fast alle zurückgeholt wurden. Man konnte jederzeit fortgeschickt werden, weil man nicht stark genug war weiterzumachen, weil man die Prüfung zur Aufgenommenen oder die Prüfung zur Aes Sedai, die sie und Elayne umgangen hatten, verweigerte oder dabei versagte, aber niemand konnte selbst entscheiden zu gehen, es sei denn, man trug die Stola.

Wenn also nur so wenigen die Flucht gelang — warum glaubten Vandene und Adeleas in Ebou Dar Flüchtlinge zu finden, und warum hatten sie sich wie Muscheln verschlossen, als Nynaeve sie gefragt hatte? Sie fürchtete die Antwort auf letzteres ohnehin zu wissen. Sie mußte sich zusammenreißen, um nicht an ihrem Zopf zu ziehen. Sie glaubte sich in dieser Hinsicht zu bessern.

»Zumindest hat Mat letztendlich begriffen, daß wir Aes Sedai sind«, grollte sie. Nynaeve konnte zumindest mit ihm jetzt zurechtkommen. Sollte er irgend etwas versuchen, würde er erkennen, wie es ist, mit allem geschlagen zu werden, worum sie einen Strang wickeln konnte. »Er sollte es besser begriffen haben.«

»Seid Ihr ihm deshalb aus dem Weg gegangen wie ein Cheltaner dem Steuereintreiber?« fragte Birgitte grinsend, und Nynaeve spürte, wie sie errötete. Sie dachte, sie hätte ihre Gefühle besser verborgen.

»Er ist selbst für einen Mann sehr lästig«, murmelte Aviendha. »Ihr müßt weit gereist sein, Birgitte. Ihr sprecht häufig von Orten, von denen ich noch niemals gehört habe. Ich würde gerne eines Tages die Feuchtlande bereisen und alle diese fernen Orte besuchen. Wo liegt dieses Cheltan? Oder Chelta?«

Birgittes Grinsen verschwand augenblicklich. Wo immer es lag, es mochte schon seit tausend Jahren oder sogar seit einem früheren Zeitalter verschwunden sein. Sie und ihre entgleitenden uralten Stätten und Dinge, die sie stets ins Gespräch brachte... Nynaeve wünschte, sie hätte miterlebt, wie sie Egwene gegenüber zugegeben hatte, was Egwene bereits wußte. Egwene war während ihrer Zeit mit den Aiel beeindruckend stark geworden und nahm nur weniges hin, was sie für Unsinn hielt. Birgitte hatte tatsächlich gedemütigt gewirkt, als sie zurückkam.

Dennoch mochte Nynaeve Birgitte lieber als Aviendha, deren starrer Blick und blutrünstiges Gerede ihr manchmal ein sehr unbehagliches Gefühl vermittelte. Aber wie lästig Birgitte auch sein mochte — Nynaeve hatte versprochen, ihr zu helfen, ihr Geheimnis zu bewahren.

»Mat ... hat mich bedroht«, sagte sie hastig. Es war die erste Möglichkeit, die ihr in den Sinn kam, um Aviendha abzulenken, und das letzte, was sie jedermann wissen lassen wollte. Ihre Wangen röteten sich erneut. Elayne lächelte wahrhaftig, obwohl sie genügend Takt besaß, dieses Lächeln hinter ihrer Teetasse zu verbergen.

»Nicht so«, fügte Nynaeve hinzu, als Aviendha die Stirn runzelte und nach ihrem Gürtelmesser tastete. Die Aielfrau glaubte anscheinend, eine drohende Haltung sei die richtige Antwort auf alles. »Es war nur...« Aviendha und Birgitte sahen sie an und hörten ihr aufmerksam zu. »Er hat nur gesagt...« So wie sie Birgitte gerettet hatte, rettete Elayne jetzt sie.

»Ich glaube wirklich, daß wir jetzt genug über Meister Cauthon gesprochen haben«, erklärte Elayne nachdrücklich. »Er ist nur hier, damit er Egwene nicht in die Quere kommt. Und ich kann später herausfinden, was wegen des Ter'angreals geschehen soll.« Sie preßte einen Moment die Lippen zusammen. Sie war nicht glücklich gewesen, als Vandene und Adeleas begonnen hatten, Mat gegenüber ganz nebenbei die Macht zu lenken, und sie war es noch weniger darüber, daß er in dieses Gasthaus entkommen war. Aber sie hatte nichts dagegen tun können. Sie behauptete, daß sie ihn an Befehle gewöhnen könnte, indem sie ihm nur das auftrug, was er ohnehin tun mußte. »Er ist der unwichtigste Teil dieser Reise«, sagte sie noch bestimmter.

»Ja.« Nynaeve bemühte sich, ihre Erleichterung nicht offen zu zeigen. »Ja, die Schale ist wichtiger.«

»Ich schlage vor, daß ich zunächst die Stadt auskundschafte«, sagte Birgitte. »Ebou Dar scheint rauher, als ich es in Erinnerung hatte, und die Gegend, die Ihr beschrieben habt, könnte noch rauher sein als...« Sie sah Aviendha kaum an. »...als die restliche Stadt«, beendete sie ihren Satz seufzend.

»Wenn es etwas auszukundschaften gibt«, wandte Aviendha eifrig ein, »möchte ich daran teilhaben. Ich habe einen Cadin'sor.«

»Ein Kundschafter muß sich einfügen«, sagte Elayne sanft. »Ich denke, wir sollten hiesige Kleidung für uns alle besorgen. Dann können wir von Anfang an alle zusammen suchen, und keine von uns wird ausgeschlossen... Obwohl Nynaeve es am leichtesten von uns haben wird«, fügte sie mit einem Birgitte und Aviendha zugewandten Lächeln hinzu. Die Ebou Dari, die sie bisher gesehen hatten, hatten alle dunkles Haar, und die meisten schienen fast schwarze Augen zu haben.

Aviendha stieß verdrießlich den Atem aus, und Nynaeve hätte es ihr am liebsten gleichgetan, als sie an jene tiefen Ausschnitte dachte, die sehr tief, wenn auch schmal waren. Birgitte grinste wahrhaftig. Die Frau besaß überhaupt kein Schamgefühl.

Bevor die Debatten noch weitergehen konnten, trat eine Frau mit kurzem schwarzen Haar in der Livree des Hauses Mitsobar ohne anzuklopfen ein, was Nynaeve als unhöflich empfand. Sie trug ein weißes Gewand, den Rock auf der linken Seite bis zum Knie umgenäht, so daß ein grüner Unterrock zu sehen war, sowie ein enganliegendes Leibchen, das über der linken Brust einen grünen Anker und ein Schwert aufwies. Rundlich und in mittlerem Alter, zögerte die Frau, vollführte dann einen Hofknicks und wandte sich schließlich an sie alle. »Königin Tylin wünscht die drei Aes Sedai zu sehen, wenn es ihnen beliebt.«

Nynaeve wechselte verwunderte Blicke mit Elayne und den anderen.

»Nur zwei von uns sind Aes Sedai«, erklärte Elayne zögernd. »Vielleicht wolltet Ihr Merilille aufsuchen?«

»Ich wurde angewiesen, diese Räume aufzusuchen ... Aes Sedai.« Die Pause war kaum zu bemerken gewesen, und die Frau vermied es nur knapp, die Anrede als Frage zu gestalten.

Elayne erhob sich und glättete ihre Röcke. Ein Fremder hätte nicht vermutet, daß dieses ausdruckslose Gesicht Zorn verbarg, aber an ihren Mundwinkeln war Anspannung zu erkennen. »Wollen wir gehen? Nynaeve? Aviendha? Birgitte?«

»Ich bin keine Aes Sedai, Elayne«, sagte Aviendha, und die Dienerin warf hastig ein: »Mir wurde gesagt, nur die Aes Sedai.«

»Aviendha und ich könnten uns in der Stadt umsehen, während Ihr die Königin aufsucht«, sagte Birgitte, bevor Elayne den Mund öffnen konnte. Aviendhas Gesicht erstrahlte.

Elayne sah sie beide scharf an und seufzte dann. »Nun, seid wenigstens vorsichtig. Nynaeve, kommst du mit, oder willst du dir auch die Stadt ansehen?« Letzteres hatte sie in trockenem Tonfall und mit einem weiteren Blick zu Birgitte geäußert.

»Oh, ich möchte den Besuch nicht verpassen«, belehrte Nynaeve sie. »Es wird guttun, endlich jemandem zu begegnen, der glaubt...« Sie konnte ihren Satz nicht beenden, solange die Dienerin im Raum war. »Wir sollten die Königin nicht warten lassen.«

»O nein«, sagte die Dienerin. »Das würde mich die Ohren kosten.«

Wieviel auch immer ihre Ohren wert waren — es dauerte einige Zeit, durch die Palastgänge zu wandern. Als sollte die äußere Eintönigkeit aufgewogen werden, war der Palast innen voller Farben. In einem Gang waren die Decke grün und die Wände blau bemalt in einem anderen die Wände gelb und die Decke blaßrosa. Die Bodenfliesen zeigten rotschwarzweiße oder blaugelbe Rauten oder andere Zusammenstellungen in allen Schattierungen. Es gab nur sehr wenige Wandteppiche, üblicherweise Meer-Szenen, aber viele hohe Vasen aus vergoldetem Meervolk-Porzellan standen in Nischen und auch viele Arbeiten aus geschliffenem Kristall, Statuetten und Vasen und Schalen, die sowohl Elaynes als auch Nynaeves Blicke auf sich zogen.

Natürlich eilten überall Diener umher. Die Livree der Männer bestand aus einer weißen Hose und einer langen grünen Weste über einem weißen Hemd mit weiten Ärmeln, aber bevor sie allzu weit gegangen waren, sah Nynaeve jemanden auf sie zuschreiten, der sie veranlaßte, stehenzubleiben und Elaynes Arm zu ergreifen. Es war Jaichim Carridin. Sie wandten den Blick nicht von dem großen, bereits ergrauenden Mann ab, als er in seinem weißen Umhang an ihnen vorüberging, jene grausamen, tiefliegenden Augen beständig von ihnen abgewandt. Schweißperlen bedeckten sein Gesicht, aber das mißachtete er genauso, wie er sie mißachtet hatte.

»Was macht er hier?« fragte Nynaeve. Dieser Mann hatte in Tanchico ein Blutbad ausgelöst, und nur das Licht wußte, wo sonst noch.

Die Dienerin sah sie fragend an. »Auch die Kinder des Lichts haben schon vor Monaten eine Abordnung gesandt. Die Königin ... Aes Sedai?« Erneut dieses Zögern.

Elayne gelang es, huldvoll zu nicken, aber Nynaeve vermochte die Schroffheit nicht aus ihrer Stimme zu verbannen. »Dann sollten wir sie nicht warten lassen.«

Merilille hatte über diese Tylin unter anderem geäußert, daß sie eine kleinliche, sehr gewissenhafte Frau war. Aber wenn sie daran zu zweifeln begänne, daß sie Aes Sedai waren, war Nynaeve gerade in der richtigen Stimmung, es ihr zu beweisen.

Die Dienerin verließ sie in einem großen Raum mit einer hellblauen Decke und gelben Wänden, wo eine Reihe hoher Fenster den Blick auf einen breiten Balkon freigaben und eine angenehme, salzige Brise hereinließen. Elayne und Nynaeve vollführten ihre Hofknickse vor der Königin so, wie es von Aes Sedai gegenüber einem Herrscher angemessen war — ein leichtes Vornüberneigen und ein leichtes Beugen des Kopfes.

Tylin war eine äußerst beeindruckende Frau. Nicht größer als Nynaeve, stand sie in einer königlichen Haltung da, die Elayne sich sogar an ihrem besten Tag nur mühsam hätte zu eigen machen können. Sie hätte gleichermaßen auf ihre Ehrerbietung antworten müssen, aber sie tat es nicht. Statt dessen betrachteten ihre großen schwarzen Augen sie mit zwingender Eindringlichkeit.

Nynaeve hielt ihrem Blick so gut wie möglich stand. Wogen glänzenden schwarzen Haars, an den Schläfen leicht ergraut, reichten bis weit unterhalb Tylins Schultern und umrahmten ein Gesicht, das hübsch, wenn auch nicht mehr vollkommen glatt war. Erschreckenderweise befanden sich zwei Narben auf den Wangen der Frau, haarfein und so alt, daß sie fast verschwunden waren. Natürlich stak einer jener gebogenen Dolche in einem Gürtel aus gewobenem Gold, dessen Heft und Scheide mit Edelsteinen besetzt waren. Nynaeve war sicher, daß dies nur eine Prunkwaffe war, und auch Tylins blaues Seidengewand war sicherlich nicht für einen Kampf geeignet. Schneeweiße Spitzenfalten hätten fast ihre Finger verborgen, wenn sie die Arme gesenkt hätte, und die Röcke waren vorn bis über die Knie gerafft und gaben grünweiße Seidenunterröcke frei, die einen Schritt oder mehr hinter ihr her schleiften. Das mit der gleichen Spitze geschmückte Leibchen lag so eng an, daß Nynaeve nicht wußte, ob es unbequemer wäre, darin zu sitzen oder zu stehen. Ein Kragen aus gewobenem Gold um den Hals der Frau stützte einen in einer weißen Scheide steckenden Hochzeitsdolch, der mit nach unten gerichtetem Heft in dem ovalen Ausschnitt hing.

»Ihr beide müßt Elayne und Nynaeve sein.« Tylin ließ sich auf einem goldüberzogenen Stuhl nieder und richtete sorgfältig ihre Röcke, ohne den Blick von ihnen abzuwenden. Ihre Stimme klang tief, melodisch und gebieterisch. »Ich hörte, es sei noch eine dritte dabei. Aviendha?«

Nynaeve und Elayne wechselten Blicke. Sie waren nicht aufgefordert worden, sich hinzusetzen. Nicht einmal eine Augenbewegung in Richtung eines Stuhles war erfolgt. »Sie ist keine Aes Sedai«, begann Elayne ruhig.

Tylin unterbrach sie, bevor sie mehr sagen konnte. »Und Ihr seid es? Ihr seid bestenfalls achtzehn Jahre alt, Elayne. Und Ihr, Nynaeve, die Ihr mich anseht wie eine Katze, die man am Schwanz festhält, wie alt seid Ihr? Zweiundzwanzig? Vielleicht dreiundzwanzig? Gütiger Himmel! Ich besuchte einst Tar Valon und die Weiße Burg. Ich bezweifle, daß jemals eine Frau Eures Alters diesen Ring an ihrer rechten Hand getragen hat.«

»Sechsundzwanzig!« fauchte Nynaeve. Da ein großer Teil der Frauen, die sie für zu jung hielten, um eine Seherin zu sein, in Emondsfeld zurückgeblieben waren, hatte sie sich angewöhnt, mit jedem Namensgebungstag zu prahlen, den sie beanspruchen konnte. »Ich bin sechsundzwanzig und eine Aes Sedai der Gelben Ajah.« Sie erschauerte bei diesen Worten noch immer vor Stolz. »Elayne mag vielleicht erst achtzehn sein, aber sie ist ebenfalls eine Aes Sedai, eine Aes Sedai der Grünen Ajah. Glaubt Ihr, daß Merilille oder Vandene uns diese Ringe nur zum Vergnügen tragen ließen? Viele Dinge haben sich geändert, Tylin. Der Amyrlin-Sitz, Egwene al'Vere, ist nicht älter als Elayne.«

»Tatsächlich?« fragte Tylin mit tonloser Stimme. »Das hat man mir nicht gesagt. Die Aes Sedai, die mich seit dem Tag meiner Krönung berät und vor mir auch schon meinen Vater beraten hat, ist ohne Erklärung zur Burg aufgebrochen. Ich erfahre, daß die Gerüchte, die Burg würde sich spalten, der Wahrheit entsprechen. Drachenverschworene scheinen aus dem Boden zu wachsen scheinen. Eine Amyrlin wird gewählt, um sich Elaida und einem versammelten Heer unter einem der großartigsten Befehlshaber in Altara entgegenzustellen, bevor ich davon erfahre. Wenn all das geschieht, könnt Ihr nicht von mir erwarten, von Überraschungen begeistert zu sein.«

Nynaeve hoffte, daß ihr Gesichtsausdruck ihr Gefühl der Übelkeit nicht preisgab. Warum konnte sie nicht lernen, gelegentlich den Mund zu halten? Sie erkannte jäh, daß sie die Wahre Quelle nicht mehr spürte. Zorn und Verlegenheit paßten nicht gut zusammen. Aber es war vermutlich besser so. Wenn sie die Macht lenken könnte, würde sie vielleicht einen noch größeren Narren aus sich machen.

Elayne versuchte sogleich, die Dinge wieder geradezubiegen, »Ich weiß, daß Ihr dies schon zuvor gehört habt«, belehrte sie Tylin, »aber laßt mich nach Merilille und den anderen auch meine Entschuldigungen aussprechen. Ohne Erlaubnis ein Heer innerhalb Eurer Grenzen zu erheben, war unvernünftig. Ich kann nur sagen, daß die Ereignisse schnell voranschritten und wir in Salidar aufgehalten wurden, aber das ist keine wirkliche Entschuldigung. Ich schwöre Euch, Altara sollte kein Schaden zugefügt und der Thron der Winde nicht beleidigt werden. Noch während wir miteinander sprechen, führt Gareth Bryne das Heer im Norden aus Altara hinaus.«

Tylin sah sie unbewegt an. »Ich habe zuvor kein Wort der Entschuldigung gehört. Aber jeder Herrscher Altaras muß lernen, Beleidigungen von größeren Mächten ohne Murren hinzunehmen.« Sie atmete tief ein und vollführte mit schwingenden Spitzen eine Handbewegung. »Setzt Euch, setzt Euch. Ihr beide. Ruht Euch auf Eurem Dolch aus und laßt Eurer Zunge freien Lauf.« Ihr plötzliches Lächeln kam einem Grinsen sehr nahe. »Ich weiß nicht, wir Ihr es in Andor ausdrückt. Fühlt Euch wie zu Hause und sagt Eure Meinung frei heraus.«

Nynaeve war froh, daß Elaynes blaue Augen sich überrascht weiteten, da sie selbst laut nach Luft rang. Dies war die Frau, von der Merilille behauptet hatte, sie brauche in polierten Marmor gehauenes Zeremoniell? Nynaeve war überaus froh, sich hinsetzen zu dürfen. Wenn sie an alle die verborgenen Strömungen in Salidar dachte, fragte sie sich, ob Tylin versuchte, sie zu ... zu was? Sie war zu der Auffassung gelangt, daß jedermann, der kein enger Freund war, sie zu benutzen versuchte. Elayne saß starr auf der Stuhlkante.

»Ich meine, was ich sage«, erklärte Tylin. »Was auch immer Ihr äußert, werde ich nicht als Beleidigung auffassen.« Die Art, wie ihre Finger auf das edelsteinbesetzte Heft an ihrer Taille tippten, hätte jedoch eher allgemeines Schweigen bewirken können.

»Ich bin nicht sicher, wie ich beginnen soll«, sagte Nynaeve vorsichtig. Sie wünschte, Elayne hätte bei diesen Worten nicht genickt. Elayne sollte wissen, wie man mit Königen und Königinnen umging. Weshalb sagte sie nichts?

»Mit dem Warum«, sagte die Königin ungeduldig. »Warum kommen vier weitere Aes Sedai aus Salidar nach Ebou Dar? Der Grund kann nicht sein, Elaidas Abordnung in den Schatten stellen zu wollen — Teslyn nennt sie nicht einmal eine Abordnung, und sie besteht auch nur aus ihr und Joline... Das wußtet Ihr nicht?« Sie sank in ihren Sessel zurück, lachte und preßte die Finger einer Hand auf ihre Lippen. »Wißt ihr von den Weißmänteln? Ja?« Mit der freien Hand vollführte sie eine Schlagbewegung, und ihre Heiterkeit begann langsam abzuflauen. »Soviel zu den Weißmänteln! Aber ich muß allen zuhören, die um meine Gunst buhlen, dem Lord Inquisitor Carridin genauso wie allen anderen.«

»Aber warum?« fragte Nynaeve. »Ich bin froh, daß Ihr die Weißmäntel nicht mögt, aber warum müßt Ihr Euch dann auch nur ein Wort von dem anhören, was Carridin äußert? Der Mann ist ein Schlächter.« Sie wußte, daß sie einen weiteren Fehler begangen hatte. Die Art, wie Elayne plötzlich den großen weißen Kamin betrachtete, dessen breiter Sturz in hoch aufragenden Wogen gehauen war, zeigte es ihr, noch bevor der letzte Rest von Tylins Lachen erstarb.

»Ihr nehmt mich beim Wort«, sagte die Königin ruhig. »Ich sagte, laßt Eurer Zunge freien Lauf...« Sie richtete die dunklen Augen auf die Fliesen und schien sich zu sammeln.

Nynaeve schaute in der Hoffnung auf irgendeinen Hinweis darauf, was sie falsch gemacht hatte, oder besser, wie sie es wiedergutmachen konnte, zu Elayne, aber Elayne sah sie nur einmal von der Seite an und schüttelte kaum merklich den Kopf, bevor sie ihre Betrachtung der Marmorwogen wieder aufnahm. Vielleicht sollte sie Tylin auch nicht ansehen. Und doch zog die Frau ihren Blick an. Tylin strich mit einer Hand über das Heft ihres gebogenen Dolches und betastete mit der anderen das kleinere Heft zwischen ihren Brüsten.

Der Hochzeitsdolch sagte eine ganze Menge über Tylin aus. Vandene und Adeleas hatten zu bereitwillig einiges über Ebou Dar erklärt, üblicherweise Dinge, welche die Stadt für jedermann unsicher erscheinen ließen, der nicht von einem Dutzend Bewaffneter umgeben war. Die weiße Scheide bedeutete, daß die Königin verwitwet war und nicht wieder heiraten wollte. Die vier Perlen und ein in das goldumwickelte Heft eingelassener Feuertropfen besagten, daß sie vier Söhne und eine Tochter geboren hatte. Die in weißern Emaille gehaltene Fassung des Feuertropfens und die in rotem Emaille gehaltenen Fassungen dreier Perlen besagten, daß nur ein Sohn überlebt hatte. Die anderen Kinder waren zum Zeitpunkt ihres Todes mindestens sechzehn Jahre alt gewesen, und sie waren in Kämpfen gestorben, sonst wären die Fassungen schwarz gewesen.

Wie es wohl sein mußte, ständig eine solche Erinnerung mit sich herumzutragen? Nach Vandenes Frauen eine rote oder weiße Fassung als Quelle des Stolzes, egal ob die Steine Perlen oder Feuertropfen oder Buntglas waren. Viele Frauen in Ebou Dari entfernten angeblich die Steine ihrer Kinder über sechzehn, die einen Kampf verweigerten, und erkannten sie niemals wieder an.

Schließlich hob Tylin den Kopf. Ihr Gesicht zeigte einen freundlichen Ausdruck, und ihre linke Hand beließ den Dolch im Gürtel, aber sie betastete weiterhin wie in Gedanken den Hochzeitsdolch. »Ich möchte, daß mein Sohn mir auf den Thron der Winde folgt«, sagte sie sanft. »Beslan ist in Eurem Alter, Elayne. In Andor wäre das selbstverständlich, obwohl er dann eine Frau sein müßte...« Sie lächelte wahrhaftig und schien wirklich belustigt. »Und es wäre auch in jedem anderen Land außer Murandy selbstverständlich, wenn die Dinge genauso lägen wie hier in Altara. In den tausend Jahren seit Artur Falkenflügels Zeit hat nur ein Haus den Thron fünf Generationen lang innegehabt, und Anarinas Niedergang erfolgte so jäh, daß das Haus Todande bis zum heutigen Tage für jeden, der es will, leicht zu beeinflussen ist. Kein anderes Haus hat jemals wieder zwei Regenten in Folge gestellt.

Als mein Vater den Thron übernahm, besaßen andere Häuser einen größeren Anteil an der Stadt als Mitsobar selbst. Hätte er diesen Palast ohne Wächter verlassen, wäre er in einen Sack mit Steinen gesteckt und in den Fluß geworfen worden. Als er starb, hinterließ er mir, was ich jetzt besitze. Es ist, verglichen mit anderen Reichen, nicht viel. Ein Mann mit frischen Pferden könnte das andere Ende meines Hoheitsgebietes in einem harten Tagesritt erreichen. Ich war jedoch nicht untätig. Als die Nachricht des Wiedergeborenen Drachen kam, zweifelte ich nicht daran, daß ich Beslan zweimal soviel übergeben könnte, wie ich selbst besitze, und darüber hinaus einige Verbündete. Aber der Stein von Tear und Callandor haben alles geändert. Jetzt bin ich Pedron Niall dankbar, wenn er es bewerkstelligen kann, daß Illian ein hundert Meilen langes Band von Altara übernimmt, anstatt dort einzufallen. Ich höre Jaichim Carridin zu, und ich spucke ihm nicht ins Gesicht, wie viele Altaraner auch immer im Weißmäntel-Krieg gestorben sind. Ich höre Carridin und Teslyn und Merilille zu, und ich bete darum, daß ich meinem Sohn überhaupt noch etwas übergeben kann, anstatt an dem Tag, an dem Beslan einen Jagdunfall erleidet, ertränkt in meiner Badewanne gefunden zu werden.«

Tylin atmete tief ein. Der freundliche Gesichtsausdruck blieb, aber ihre Stimme nahm einen scharfen Unterton an. »Nun, ich habe mich Euch offenbart. Nun beantwortet meine Frage. Warum erweisen mir vier weitere Aes Sedai die Ehre?«

»Wir sind hier, um ein Ter'angreal zu suchen«, sagte Elayne, und während Nynaeve verwundert aufschaute, erzählte sie alles von Tel'aran'rhiod bis zum Staub in dem Raum, in dem sich die Schale befand.

»Es wäre ein wunderbarer Segen, das Wetter wieder berichtigen zu können«, sagte Tylin zögernd, »aber das Viertel, das Ihr beschreibt, scheint mir der Rahad jenseits des Flusses zu sein. Sogar der Büttel tritt dort nur leise auf. Verzeiht — ich weiß, daß Ihr Aes Sedai seid —, aber im Rahad könntet Ihr ein Messer im Rücken haben, bevor Ihr es merkt. Wenn man edle Kleidung trägt, benutzen sie eine sehr schmale Klinge, damit nur wenig Blut fließt. Vielleicht solltet Ihr diese Suche Vandene und Adeleas überlassen. Ich glaube, sie haben solche Orte schon häufiger gesehen als Ihr.«

»Sie haben Euch von der Schale erzählt?« fragte Nynaeve stirnrunzelnd, aber die Königin schüttelte den Kopf.

»Sie haben nur erzählt, daß sie hierhergekommen seien, um etwas zu suchen. Aes Sedai erzählen niemals mehr, als sie unbedingt erzählen müssen.« Erneut erstrahlte Tylins Lächeln. Es wirkte recht heiter, obwohl dadurch die Narben als dünne Linien auf den Wangen sichtbar wurden. »Bis auf Euch beide zumindest. Möge die Zeit Euch nicht allzu sehr verändern. Ich wünschte mir oft, Cavandra wäre nicht in die Burg zurückgekehrt. Mit ihr konnte ich ebenfalls so offen reden.« Sie erhob sich, bedeutete ihnen aber, sitzen zu bleiben, und schlug einen Silbergong an. »Ich werde nach kühlem Minztee schicken, und wir werden uns unterhalten. Ihr werdet mir erzählen, wie ich Euch helfen kann, und vielleicht könnt Ihr mir dann auch erklären, warum sich so viele Meervolk-Schiffe in der Bucht befinden, die weder anlegen noch Handel treiben... «

Bei Tee und Gesprächen verging die Zeit auf angenehme Weise. Dann wurde Beslan hereingeführt, ein leise sprechender Junge, der sich respektvoll verbeugte und sie mit wunderschönen schwarzen Augen ansah, die wohl Erleichterung zeigten, als seine Mutter ihn schließlich wieder entließ. Er hatte offensichtlich keinen Moment bezweifelt, daß sie Aes Sedai waren. Später kehrten Elayne und Nynaeve durch die leuchtend bemalten Gänge in ihre Räume zurück.

»Also wollen sie selbst die Suche übernehmen«, murmelte Nynaeve, während sie sich umsah, um sicherzugehen, daß keiner der livrierten Diener nahe genug war, sie hören zu können. Tylin hatte zu bald zu vieles über sie gewußt. Und auch wenn sie gelächelt hatte, war sie doch wegen der Aes Sedai in Salidar aufgebracht. »Elayne, glaubst du, es war klug, ihr alles zu erzählen? Sie könnte zu dem Schluß kommen, daß sie ihrem Sohn den Thron sichern könnte, wenn sie uns die Schale finden läßt und es dann Teslyn erzählt.« Sie erinnerte sich nur ungenau an Teslyn. Sie war eine Rote und eine unangenehme Frau.

»Ich weiß, wie meine Mutter über Aes Sedai dachte, die Andor bereisten und sie niemals wissen ließen, was sie taten. Ich weiß, wie ich mich an Tylins Stelle fühlen würde. Außerdem erinnerte ich mich jetzt daran, was dieses Sprichwort bedeutet — sich auf dem Dolch ausruhen und so weiter. Die einzige Möglichkeit, jemanden zu beleidigen, der dies zu dir sagt, besteht darin, ihn anzulügen.« Elayne hob leicht das Kinn an. »Was Vandene und Adeleas betrifft, so glauben sie nur, sie hätten die Suche übernommen. Dieser Rahad mag zwar gefährlich sein, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß er schlimmer ist als Tanchico, und wir brauchen uns den Kopf nicht mehr über die Schwarze Ajah zu zerbrechen. Ich wette, daß wir die Schale in zehn Tagen haben werden. Und dann werde ich wissen, was es mit Mats Ter'angreal auf sich hat. Wir werden wieder zu Egwene unterwegs sein, während er sich vor die Stirn schlägt und Vandene und Adeleas mit Merilille und Teslyn herauszufinden versuchen, was geschehen ist.«

Nynaeve konnte nicht umhin, laut aufzulachen. Ein schlaksiger Diener, der eine große Porzellanvase verrückte, sah sie an, und sie streckte ihm die Zunge heraus. Er ließ die Vase beinahe fallen. »Ich nehme die Wette nur bezüglich Mat an. Zehn Tage gelten.«

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