31

Die fast hypnotische Wirkung des Rufes der Drachenkönigin wurde von einer unbekannten Stimme aufgehoben. »Huma! Den Göttern sei Dank! Wir hatten schon Angst, du wärst mit der Zitadelle abgestürzt!«

Er drehte sich im Sattel um. Bennett und Kaz flogen neben ihm. Kaz erklärte das rasch: »Wir haben die anderen losgeschickt, um Hilfe zu holen. Allerdings – Sargas! Was ist das denn?«

Bennetts Stimme war völlig kalt. »Das ist die Drachenkönigin, nicht wahr?«

Huma nickte nur. Er starrte auf das schattenhafte Monster dort oben. Das Portal, durch das die Drachenkönigin eingetreten war, wurde großer, und sie schien irdischer, realer zu werden.

Dem Ritter kam ein Gedanke. Er griff nach dem kompakten Stab von Magus an seiner Seite und händigte ihn Bennett aus. »Bring das nach Burg Vingaard zurück. Es muß der Versammlung der Zauberer übergeben werden. Als Oberhäupter der Orden werden sie wissen, was damit zu tun ist. Es hat Magus gehört, und ich fürchte, daß es mir nicht mehr viel nützen wird.«

Kaz und Bennett sahen einander an.

Huma fixierte beide mit seinem Blick. »Sie müssen erfahren, daß Drakos nicht mehr existiert. Du mußt für mich die Lanzenreiter organisieren, Bennett. Du bist der Sohn eines Großmeisters und Neffe eines weiteren. Du bist zum Anführer geboren.

Ich werde den Zorn der Dunklen Königin so lange wie möglich auf mich nehmen, aber ein Massenangriff bleibt unsere einzige wirkliche Chance. Es dürften noch mindestens hundert Lanzen übrig sein. Dann, so Paladin es will, werden wir wirklich etwas wert sein.«

Bennett schüttelte den Kopf. »Huma, das ist eine Göttin! Wir sind für sie nicht mehr als ein Windhauch!«

»Aber wir sind Ritter von Solamnia«, erwiderte Huma, »eine Ritterschaft, die vom heiligen Triumvirat gegründet wurde, dessen Ältester Paladin ist. Unsere Mission ist es, die Gerechtigkeit zu erhalten und dafür zu sorgen, daß das Böse nie auf Krynn Einzug halten kann. Das ist unsere letzte Prüfung. Das ist es, wo wir uns selbst wirklich am Kodex und am Maßstab messen.«

Der andere Ritter konnte nichts darauf antworten. Bennetts Gesicht war rot angelaufen.

»Ich habe keine Zeit für Diskussionen. Reite zurück, Bennett. Kaz, du gehst mit ihm.«

Der Minotaurus sah auf sein Reittier hinunter, dann wieder zu Huma. »Ich stimme zu, daß einer von uns zurück muß, und es ist richtig, daß dieser eine Bennett ist. Aber ich bleibe. Auch ich habe einen Schwur geleistet, und ich habe ihn bis jetzt noch nicht eingelöst. Und Blitz denkt wie ich.«

Huma seufzte. »Dagegen kann ich nichts sagen, Kaz. Bennett, tu deine Pflicht.«

Bennett biß die Zähne zusammen, nickte jedoch. Auf sein Zeichen drehte der Silberdrache ab – doch erst nachdem er Gwyneths Blick begegnet war. Eine stille Botschaft ging von einen zum anderen, und Huma erinnerte sich, daß die beiden verwandt waren. Der Abschied fiel ihnen nicht leicht.

Als Bennett fort war, drehte sich Huma zum Minotaurus um. »Jetzt.«

Die beiden Drachen stiegen höher. Über ihnen schien Takhisis’ fünfköpfige Drachengestalt zu verschwimmen. Der ganze Berg wurde von einem riesigen Loch im Himmelsgewebe verzerrt. Das Tor, durch das die Drachenkönigin in dieser Welt Gestalt angenommen hatte. Das Portal, durch das sie mit Hilfe des unbetrauerten Galan Drakos ihre absolute Macht gezogen hatte. Von der ganzen Fülle ihrer Macht war sie abgeschnitten, weil Huma die Smaragdkugel zerschmettert hatte, doch das Tor blieb. Und Takhisis war bereits im Besitz der Macht, die sie bis dahin hatte herüberschaffen können. Bei keinem Einfall in die Ebene der Sterblichen war sie je so stark gewesen.

Bezaubernd. Noch interessanter als euer ständiges Bedürfnis, miteinander über hoffnungslose Fälle zu streiten.

Die grausamen Gedanken drangen in Humas Geist ein.

Ich muß mir ein paar von euch suchen und dieses lustige, flüchtige Ding untersuchen, das man Liebe nennt. Es erscheint mir so – verschwenderisch.

Wenigstens blieb Huma die Genugtuung, zu wissen, daß Takhisis keines seiner Gefühle je selbst empfinden konnte. Für jemanden wie sie würden sie immer ein Geheimnis bleiben. Hierin war sie weniger als ein Sterblicher.

Dann bring’s mir doch bei.

Obwohl er wußte, daß ihre Drachengestalt immer noch auf dem Berg lauerte, sah er auch die hinreißende, graziöse Figur einer dunkelhaarigen Zauberin in allerfeinster, schwarzer Seide. Als sie lächelte, kam es ihm so vor, als wäre es das erste, wahre Lächeln auf der Welt.

Ich kann alles sein, was du dir von mir wünschst. Du kannst mir diese Liebe zeigen, von der du so viel hältst. Ich wäre eine sehr gelehrige Schülerin.

In seinem Kopf drehte sich die verführerische Gestalt etwas zur Seite, wobei sie neue, provozierende Posen einnahm. Huma war es unmöglich, sich zu konzentrieren. Sie war wirklich unvergleichlich schön, und sie wollte lernen, was Liebe bedeutete, was es hieß, sterblich zu sein. Wenn er ihr das zeigen konnte, würde Krynn vielleicht nie wieder vom Bösen und vom Leiden heimgesucht werden.

Dazu kamen – und das wog schwer – die interessanten Aspekte, die sicher zu diesem Unterricht gehören würden.

Sie lächelte und schien ihm eine schlanke, perfekt geformte Hand entgegenzustrecken.

Huma fühlte etwas Warmes auf seiner Brust. Unwillkürlich griff er danach. Ein vertrauter Gegenstand rutschte geradewegs in seine Hand.

»Nein!« schrie er spontan. »Glaube nicht, daß ich auf deine dunklen Künste hereinfalle! Du kannst das Leben oder die Liebe niemals kennenlernen, und ich will von dir nichts haben. Meine Liebe gehört einer anderen!«

Er fühlte einen Ruck unter sich, als wenn Gwyneth zusammengezuckt wäre. Er hatte keine Zeit mehr, an sie zu denken, denn wieder griff die Drachenkönigin nach seinen Gedanken.

Du hättest Freuden kennengelernt, wie sie kein Mann je erlebt hat. Du hättest meine Armeen anführen können, denn kein Krieger hat sich als so erfinderisch, anpassungsfähig und entschlossen erwiesen wie du. Du wärst gleich nach mir gekommen, und ich hätte dich weit höher belohnt, als du erwartet hast.

Ein schrecklicher Wind erhob sich. Der silberne Drache wurde fast gegen die Bergwand gedrückt, und Kaz und Blitz fielen hinter ihnen zurück. Huma ergriff mit einer Hand die Drachenlanze und befingerte mit der anderen das Medaillon von Paladin. Mit diesen beiden konnte er noch Hoffnung hegen.

Na schön! Du hast mich abgewiesen. Du hast deiner eigenen Vernichtung Tür und Tor geöffnet – und deiner Liebe.

Die Dunkle Königin kannte zwar keine Liebe, doch der Haß war ihr nur allzu vertraut.

»Huuummmaaa!«

Der Ritter drehte sich kurz um und sah, daß Blitz gezwungen war, auf einem Felsvorsprung zu landen. Kaz klammerte sich hilflos am Sattel fest.

Das ist eine Sache zwischen uns, du, ach so sterblicher Ritter von Solamnia! Du wirst um Vergebung flehen für alles, was du getan hast! Du wirst mich anbetteln, der Qual ein Ende zu bereiten, aber erst am Ende der Ewigkeit werde ich das auch nur in Erwägung ziehen.

Huma rief sich die Wahl ins Gedächtnis, die Galan Drakos getroffen hatte: lieber Körper und Seele verlieren, als sich der zartfühlenden ›Gerechtigkeit‹ der Königin der Finsternis auszuliefern. Und das von einem, der kein Mitleid kannte, der Magus grausam gefoltert und Tausende und Abertausende in einen sinnlosen Tod geschickt hatte. Am Ende hatte Drakos nur noch Furcht gekannt, die Furcht, der Rache seiner Herrin ausgeliefert zu sein.

Als erstes werde ich deinen Körper zu Brei zerstampfen – aber du wirst nicht sterben. Dann nehme ich deinen Geist und enthülle ihm die ganze, schwarze Schönheit meines Reiches. Wahnsinn wird dich nicht retten. Das werde ich nicht zulassen. Dann nehme ich deine Liebste und amüsiere mich auf das Feinste mit ihr – während du hilflos zuschaust.

Huma hatte Wunder und Schrecken gesehen wie nur wenige Männer, und nur sein Glaube an Paladin, an die Gerechtigkeit und das Gute, das sein Gott verkörperte, hatte ihn gerettet. Jedesmal hatte dieser Glaube ihn bestärkt. Huma hatte gelernt, Krynn so sehr zu lieben wie Paladin selbst, und er war bereit, alles um dieser Welt willen zu opfern, wenn er dadurch die Finsternis besiegen konnte.

Anstatt Gwyneth zurückzuhalten, trieb Huma sie weiter.

Die silberne Drachendame gehorchte. Sie würde ihn nicht im Stich lassen.

Ihr seid Dummköpfe. Größere Dummköpfe als Drakos, der glaubte, er könnte ein Gott werden. Seine Flucht in die Vergessenheit hat ihn vor meiner begrenzten Milde gerettet. Was wird euch retten?

Es war, als würde plötzlich ein Vorhang weggezogen. Die Drachenkönigin stand wartend da, atemberaubend schön und schrecklich zugleich.

Jeder Kopf des gigantischen Drachen verhöhnte ihn. Fünf insgesamt, und jeder stand für eines ihrer Kinder. Das verschlagene, grausame Grün. Zähes Weiß. Mächtiges, zerstörerisches Rot. Unberechenbares Schwarz. Herrisches Blau.

Sie schlängelten sich geschmeidig vor und zurück, als würden sie einen Bannzauber wirken. Keiner ließ Huma aus den Augen. Kein einziger Kopf hielt auch nur einmal still.

Die Dunkle Königin bestand aus gut zwanzig Metern reiner Macht. Jede Bewegung war die Verkörperung von Anmut und Kraft. Mit jeder leisesten Bewegung enthüllte sie, wie dumm der Versuch war, ihrem Willen zuvorzukommen.

Jetzt siehst du es. Jetzt weißt du es.

Der schnelle, kleinere, weiße Drache blies plötzlich in ihre Richtung. Huma sah den eisigen Kältekegel kaum, der auf ihn zielte, doch Gwyneth wendete blitzschnell und flog außer Reichweite.

Der Drache von allen Farben und keiner – ihr alter Name fiel Huma wieder ein – lachte schneidend. Dieser Angriff war für die Göttin ein reines Spiel gewesen, wie die Katze mit der Maus spielt, bevor sie sie ganz verschlingt.

Der Wind peitschte weiter auf sie ein, und der silberne Drache trieb gefährlich nah an die Bergflanke. Die Köpfe der Drachenkönigin lachten belustigt.

Es lag ein gewisses Zögern in den Handlungen des göttlichen Ungeheuers, als Huma sich ein Herz faßte. Sie verspottete ihn auch nicht länger. Jedes Augenpaar fixierte ihn genauer, als ob sie ihn von neuem einzuschätzen suchte. Die gewaltigen Schwingen breiteten sich aus. Bei einem normalen Drachen hätte Huma diese Haltung als Nervosität interpretiert.

Huma gab Gwyneth ein Zeichen. Sie wendete, damit sie viel Raum vor der schrecklichen Gestalt der Drachenkönigin bekam, wendete wieder und sah die Göttin an. Humas Hand richtete die Drachenlanze aus. Die fünf Köpfe erstarrten. Wieder gab der Ritter ein Zeichen.

Das von der Drachenkönigin entfesselte Unwetter wurde noch zehnmal stärker, wodurch Kaz und Blitz gezwungen waren, am innersten Teil des Vorsprungs Schutz zu suchen. Sie konnten nur einen kurzen Blick auf den Silberdrachen werfen, der den unberechenbaren Winden und dem plötzlichen, sintflutartigen Regenguß trotzte und mit immer größerer Geschwindigkeit vorwärts flog. Dann verschwanden Ritter und Drache, als sie sich dem Berggipfel näherten.

Kaz murmelte ein Gebet zu jedem Gott in Paladins Haus, an den sein benebeltes Gedächtnis sich erinnern konnte. Das letzte und längste sparte er für den Platindrachen auf – den Gott, den die Menschen als Paladin kannten.

Eiseskälte. Schnelle, tödliche Blitze. Ein zischender Strom Giftgas. Lodernde Flammen. Spritzende Säure.

Jeder Kopf ließ seine Kräfte gegen die beiden los. Gwyneth drehte und tauchte ab, tauchte und wendete und stieg wieder auf, um einem grauenhaften Angriff nach dem anderen auszuweichen. Manchmal reichte nicht einmal ihre Flugkunst aus. Säure ätzte unzählige winzige Löcher in ihre Flügel. Flammen versengten ihren Rücken. Huma hielt trotz allem die Drachenlanze fest.

Bis jetzt hatten sie noch keinen Treffer gegen die Drachenkönigin landen können. Daß diese sie trotz all ihrer Kräfte noch nicht erledigt hatte, war jedoch ein lebenswichtiger Punkt. Das bedeutete, daß die Königin der Finsternis ihre Kraft kaum kontrollieren konnte. Sie wollte zu viel auf einmal, breitete ihre Macht zu weit aus, verteilte sie auf zu viele grundverschiedene Sprüche.

Gwyneth ließ einen Kältekegel gegen den grünen Kopf der Göttin los, der ihn wie ein Blatt abschüttelte.

Zwei Kiefer klappten gefährlich nah neben ihnen aufeinander. Huma sah gerade noch den Kopf eines roten Drachen, als Gwyneth außer Reichweite floh.

Als sie sich erneut der Drachenkönigin zuwandte, sah Huma, daß die Riesenkreatur nun doch noch vom Gipfel abhob. Die Dunkle Herrin glaubte nicht mehr, daß ihr der Sieg sicher war. Sie trug den Kampf zu Huma, weil sie entschlossen war, ihn nicht mehr länger als notwendig auszudehnen.

In der Luft betrachtet, war die Drachenkönigin mindestens zehnmal so groß wie der silberne Drache. Ihre ausgebreiteten Flügel verdeckten den Himmel. Jede ihrer Vorderklauen konnte leicht den Kopf von Humas Gefährtin ergreifen und zerquetschen.

Ich habe das Spielchen satt. Du flatterst wie ein Schmetterling.

Der silberne Drache zuckte zusammen, und Huma wurde klar, daß Takhisis zum ersten Mal Gwyneth angesprochen hatte.

Der schwarze Kopf von Takhisis schrie etwas in einer Zaubersprache. Ritter und Drache waren plötzlich in Finsternis getaucht.

Ein Brüllen.

Klauen zertrennten die Luft über Huma. Der silberne Drache tauchte im letzten Moment ab. Die Drachenlanze leuchtete immer noch, die einzige Lichtquelle am Himmel.

Licht? Du kannst kein Licht haben!

Nicht einmal Huma hatte es zuerst bemerkt, aber es stimmte. Die Dunkelheit wich einem Schatten, und dieser wurde wieder zu Licht. Takhisis schwebte einen Augenblick nur in der Luft, so wütend war sie über die Macht der Drachenlanze.

Paladin kann dich nicht für immer beschützen.

»Huma«, rief der silberne Drache ihm zu. Sein Atem ging schmerzhaft schnell. »Ich kann ihr nicht mehr lange ausweichen.«

Huma berührte das Medaillon, das mitten auf seiner Brust hing. Er nickte. »Es wird Zeit, daß wir ihr entgegentreten.«

Dann kommt zu mir. Kommt in meine Arme.

»Ich biete dir dieselbe Chance an, die ich Galan Drakos geboten habe, Dunkle Königin. Ich biete dir an, dich zu ergeben.«

Du scherzt angesichts deines Todes, sterblicher Huma. Ich finde deinen Humor interessant. Ich werde mich eine ganze Ewigkeit lang amüsieren können.

Huma hielt die Drachenlanze so, daß sie direkt auf die Mitte der großen Gestalt der Drachenkönigin zeigte.

»Warte ab, ob ich scherze. Das hier ist Paladins Macht. Keine Waffe eines Sterblichen kann dich töten – aber die Drachenlanze ist nicht von Sterblichen gemacht.«

Aber du bist sterblich, Ritter von Solamnia.

Huma nickte zustimmend.

»Ich bin ein Ritter von Solamnia. In dieser Welt bin ich die Hand von Paladin, Kiri-Jolit und Habakuk. Du bist auf Krynn. Du gehörst mir, Königin der Finsternis.«

Er trat Gwyneth in die Seite, und sie stürmte nach vorn. Die Drachenlanze erstrahlte hell.

Etwas Seltsames geschah.

Huma kam es so vor, als würde seine Rüstung heller. Sie fühlte sich anders an. Dem Anschein nach war sie aus Platin. Fort waren die Beulen und Risse, die sich in den Gefechten angesammelt hatten. Sein Handschuh schien ebenso hell zu strahlen wie die Lanze. Da erinnerte er sich an seine Vision und an die Skulptur, der er die erste Lanze abgenommen hatte.

Gwyneth unter ihm hatte sich ebenfalls verändert. Sie war länger, schlanker und viel schöner. Sie war ein glänzend weißes Streitroß, ein Platindrache, ein majestätischer Eisvogel.

Alles, was er sah, konnte reine Illusion sein – aber sah die Drachenkönigin dasselbe?

Er war sich nicht sicher. Huma wußte nur, daß das riesige, vielfarbige Tier erneut zögerte. Dieses Mal traf Drache auf Drache. Klauen und Zähne wurden eingesetzt. Die Drachenlanze war nur kurz behindert. Huma rüstete sich für den Treffer.

Die Drachenkönigin hatte ihren eigenen, gewaltigen Schwung nicht einberechnet. Ihr Körper kippte nach vorn, so daß die Drachenlanze plötzlich den ungeschützten Hals des Kopfes in der Mitte traf.

Göttliches Blut spritzte über Huma. Ein Teil davon verbrannte sein verletztes Bein, was ihn kurz aus seinem tranceähnlichen Zustand riß. Huma verdrängte den Schmerz aus seinem Bewußtsein.

Takhisis erbebte, als sie der Schmerz durchzuckte.

Ihr Schrei erschütterte buchstäblich die Berge selbst und mußte meilenweit zu hören sein. Vier Köpfe drehten sich blind der Quelle dieses Schmerzes zu. Der fünfte, der Blaue, baumelte jetzt nutzlos herunter. Takhisis schlug wild mit den Klauen zu. Vergeblich versuchte sie, die Drachenlanze aus ihrer Verankerung zu reißen, aber der silberne Drache wich nicht zurück. Die vier übrigen Köpfe bissen nach dem silbernen Drachen, nach Gwyneth.

Huma wurde klar, daß die Königin der Finsternis noch nie Schmerz gespürt hatte.

In ihrer Qual schlug und biß Takhisis wild um sich. Huma gab Gwyneth das Zeichen zum Rückzug. Zu seinem Entsetzen stellte er fest, daß die Lanze sich nicht löste. Der silberne Drache blutete stark, und Huma sah, daß seine Freundin mit unzähligen tiefen, gefährlichen Wunden übersät war. Ihre löchrigen Flügel schlugen langsamer, und ihr Atem wurde flacher.

Die Drachenkönigin schrie unablässig weiter, und ihre Flügel peitschten vor und zurück. Die Halterung der Drachenlanze bog sich beträchtlich. Huma versuchte vergeblich, die Lanze gerade zu halten. Plötzlich schnellte das hintere Ende der Waffe nach oben und traf ihn kräftig am Kopf. Huma sackte benommen und blutend zusammen.

Er hörte etwas knacken.

Mit übergroßer Anstrengung zog er sich nach vorn und stellte dort fest, daß von der Halterung nur noch Splitter geblieben waren. Takhisis hatte ihnen die Lanze entrissen.

Wo war sie?

»Hu-uma.«

»Gwyneth!« Er beugte sich vor. Sie atmete unregelmäßig. Bei jeder Mundbewegung tropfte Blut heraus.

»Sie – ich – runter. Ich – kann nicht – «

Ihre Flügel blieben mitten in der Bewegung stehen.

Sie begannen, auf die Bergflanke zuzurasen. Er schrie einmal ihren Namen, bevor sie aufschlugen. Dann merkte er, daß sein Körper aus dem Sattel geworfen wurde. Um ihn herum wurde es dunkel.

Als er aufwachte, war die Welt rot. Blut. Blut und Schmerz. Es kam ihm vor, als läge er seit Stunden da. Seine Augen brannten und er konnte nichts genau erkennen. Alles, was er überhaupt erkennen konnte, waren Schemen. Immer noch heulte der Wind.

Er konnte nichts gegen den Schmerz tun. Er raste durch seinen Körper. Sein verwundetes Bein war taub.

Mit großer Anstrengung richtete sich Huma zum Sitzen auf.

Danach versuchte er aufzustehen, aber er fiel wieder aufs Gesicht, auf die kühle Erde des Berghangs. Wieder benebelte der Schmerz seinen Verstand.

Dann kroch er vorwärts. Von Gwyneth oder der Drachenkönigin gab es keine Spur. Es gelang dem Ritter, Stückchen für Stückchen weiter zu kriechen.

Als er damit kämpfte, erregte etwas an der Bergspitze seine Aufmerksamkeit.

Eine Hand. Eine menschliche Hand.

Er war nicht ganz sicher, wo die Energiereserven herkamen, aber er schaffte es, sich zu der Gestalt zu ziehen, die an einem Felsvorsprung lag.

»Gwyneth.«

Sie hatte ihre menschliche Gestalt angenommen. Die Wunden, die ihren nackten Körper bedeckten, waren nicht weniger schrecklich als seine. Ihr Gesicht war jetzt so bleich wie ihr silbernes Haar. Ihr Atem kam in kurzen Zügen. Hin und wieder zuckte sie unvermittelt, und leise Wimmerlaute wie die eines Tieres entrangen sich ihren aufgesprungenen, blutigen Lippen. Ihr ganzer Körper war mit blutenden Wunden und dunklen Blutergüssen bedeckt. Es war ein Wunder, daß sie lebte.

Während sein Mund sich zu einem unhörbaren Schrei öffnete, zog Huma sich an ihre Seite, wobei er seine aufgerissenen, blutigen Hände und den Schmerz, der ständig in ihm tobte, nicht beachtete.

Als er sie berührte, merkte er zu guter Letzt, daß sie mit ihrem unversehrten Arm die Drachenlanze des Fußsoldaten umklammert hielt, als wäre sie das Leben selbst. Trotz ihrer Verletzungen hatte Gwyneth die kleinere Drachenlanze gerettet, weil sie wußte, daß es die einzige Waffe war, die sie retten konnte, falls die Drachenkönigin zurückkam.

Er wiederholte ihren Namen.

Etwas brüllte. Gwyneth öffnete weit die Augen, und sie starrte ins Leere.

»Huma?«

»Bleib still liegen. Kaz oder irgend jemand wird kommen.«

»Nein!« Ihre Augen tränten. »Takhisis! Du darfst sie nicht fortlassen!«

Der Ritter sah nach oben. Hinter der Felsnase tobte etwas. Etwas Riesiges, das schreckliche Schmerzen litt. Das Gebrüll ertönte wieder.

»Sie – «, Gwyneth hustete Blut. »Früher oder später wird sie die Drachenlanze überwunden haben. Du mußt etwas tun – bevor ihr das gelingt.«

»Was kann ich denn tun?« Huma konnte sich kaum hochstützen.

»Nimm das hier.« Sie zeigte auf die kleine Drachenlanze. »Ich – es ist mir gelungen, sie zu retten.« Gwyneth klammerte sich plötzlich an ihn. »Bist du schwer verletzt? Laß mich dir helfen!«

»Vergiß mich. Vergiß die Drachenkönigin. Was ist mit dir? Warum bist du Mensch? Heilst du dich selber?«

»Das – das ist egal. Der Fall hat – den Schaden nur verschlimmert. Ich danke nur Paladin, daß – du noch lebst.«

»Sag jetzt nichts mehr.«

Sie konnte doch nicht sterben, dachte Huma erschüttert.

Ich – ich kann sie retten, Sterblicher!

Plötzlich war der Wind eisig. Huma schwieg regungslos, als die Worte in ihn eindrangen. ›Wie?‹ dachte er.

Sie – der Schmerz! Ich kann sie noch erreichen! Befreie mich von – von dieser Pein, dann werde ich euch gern beide heilen! Ich schwöre es bei – beim Allerhöchsten! Ich schwöre es, Gott der Götter!

Als Huma hinunter sah, merkte er, daß Gwyneth ihn durchdringend anschaute. Ihr Atem ging flach.

»Was ist los?«

»Sie bietet uns – dir – dein Leben an.«

»Wogegen?«

Er zögerte. »Ihre Freiheit.«

»Hu—« Gwyneth hustete krampfhaft. Sie schloß die Augen. Einen Augenblick lang befürchtete der Ritter, sie wäre tot. Dann aber machte sie die Augen wieder auf und sah ihm fest in die Augen. »Du kannst sie nicht töten – das ist unmöglich. Aber du kannst sie auch nicht freilassen. Ganz Krynn wird ihre Marter büßen. Mein Leben ist das – nicht wert.«

Sie hielt inne. Die Anstrengung des Sprechens brauchte die letzte Kraft auf, die ihr geblieben war.

Huma schützte sie mit seinem Körper, damit der rauhe Wind sie nicht mit seiner ganzen Härte treffen konnte. »Ich lasse dich nicht sterben.«

»Du hast keine Wahl.« Sie lächelte gequält.

»Das kannst du nicht tun«, stammelte Huma, um dann endlich die Worte auszusprechen, die er sich vor langer Zeit schon eingestanden hatte. »Ich liebe dich. Ich schäme mich, daß ich es dir nicht früher sagen konnte. Ich will dich nicht verlieren.«

Ihr Gesicht strahlte trotz der grauenhaften Wunden.

»Ich will – will –, daß du dich so an mich erinnerst, wie ich jetzt – jetzt bin, denn das ist mein wahres Selbst. Als Mensch habe ich zum ersten Mal wirklich gelebt.« Sie holte tief Luft. »Als Mensch habe ich geliebt.«

Ihre Hand glitt aus seiner. »Ich will als Mensch sterben – im Wissen, daß du doch – «, Gwyneth schloß die Augen, weil der Schmerz sie peinigte. Huma hielt sie fest, als sie erzitterte. » – daß du – «

Das Zittern ließ nach. Der Ritter lockerte seinen Griff. Gwyneth hatte die Augen geschlossen, und auf ihrem todesblassen Gesicht lag jetzt eine seltsame Gelassenheit.

»Gwyneth?«

Steerbliicherr! Es isss nicht zu spät!

Huma legte ihren Kopf hin.

Ein Schwanz kam kurz in Sicht und verschwand dann wieder hinter der Anhöhe. Der Himmel war wieder düster. Das anfangs so bösartig majestätische Portal, Takhisis’ Zugang zum Abgrund, war zu einem Schatten seiner selbst verblaßt – doch es war noch da.

Huma ergriff die Drachenlanze und begann, den Abhang hinaufzuklettern. Er bewegte sich automatisch; sein Verstand hatte nur eine vage Vorstellung von dem, was wohl geschehen war. Er war gar nicht mehr richtig anwesend. Ihm wurde noch nicht einmal bewußt, daß er die Anhöhe erreicht hatte, bevor er sich der Drachenkönigin gegenübersah.

Sie lag etwas weiter weg in einem von ihrem Aufprall verursachten Krater.

Huma lag lange einfach nur da. Das Atmen fiel ihm schwer, und er merkte, daß er sich die Rippen gebrochen haben mußte. Immer wieder verschwamm die Szene vor seinen Augen.

Irgendwie brachte er es fertig, die Drachenlanze an den Rand des Kraters zu ziehen und sie mit der Spitze nach vorn darüber zu legen. Der kalte Wind machte ihm nichts mehr aus. Er diente nur dazu, ihm einen klaren Kopf für sein Vorhaben zu verschaffen.

Was – was tust du?

Die Gedanken der Drachenkönigin flimmerten plötzlich durch seinen Kopf. Er war so überrascht, daß die Lanze beinahe über den Kraterrand fiel. Statt dessen zog er sie zurück, um sich damit in eine wacklige, aufrechte Haltung hinzustellen.

Mit der wie ein Speer angelegten Drachenlanze starrte Huma auf die wilde Göttin herab.

Sie lag auf dem Rücken, die Flügel waren verrenkt unter ihr eingeklemmt. Die vier verbliebenen Köpfe schnappten wild nach der abgerissenen Drachenlanze, die immer noch aus ihrem Körper ragte. Jedes Mal, wenn die Köpfe näher kamen, sprühte die Lanze Funken, und immer wieder fuhren sie vor Schmerz zurück.

»Hör mir zu«, sagte Huma.

Zuerst hörte er nur ihr Wüten und die schrecklichen Wut- und Schmerzensschreie.

»Hör mir zu«, wiederholte er.

Sterblicher… was willst du?

Der riesige Drache versuchte aufzustehen. Es gelang ihm nicht.

»Du bist besiegt, Takhisis, Drachenkönigin.«

Das bin ich nicht! Das kann nicht sein!

»Deine Armeen werden gerade aufgerieben. Die Abtrünnigen sind tot oder in alle Winde zerstreut. Die Versammlung der Zauberer wird nach ihnen suchen. Sie werden in Zukunft viel genauer beobachtet werden. Es wird nie wieder einen Galan Drakos geben.«

Weitere Zeit verstrich. Die Drachenkönigin kämpfte sichtlich um ihre Beherrschung.

Was willst du, Sterblicher?

»Das Gleichgewicht muß bestehen bleiben. Ohne das Gute kann das Böse nicht wachsen. Ohne das Böse tritt das Gute auf der Stelle. Ich weiß, daß ich dich nicht töten darf.«

Dann laß mich frei!

Huma taumelte vor dieser Inbrunst kurz zurück. Die Drachenlanze rutschte ihm fast aus der Hand.

»Erst mußt du dich ergeben.«

Der Wind hatte sich gelegt. Der Himmel war seltsam klar. Sonnenlicht wärmte Humas Körper.

Das Portal war kaum noch zu erkennen.

Die Gestalt der Drachenkönigin regte sich nicht mehr. Sie schien fast – tot. Huma zog die Lanze vom Rand zurück und beugte sich vor.

Ein smaragdgrüner Drachenkopf schoß herauf. Huma fuhr zu spät zurück.

Ein dicker, zischender Strom aus giftigem, grünem Gas schoß heraus und umnebelte ihn, bevor er auch nur einen Gedanken fassen konnte. Er stürzte nach vorn, und diesmal ließ er die Lanze wirklich los. Sie rollte den Abhang hinunter. Auch der hilflose Ritter fiel der Drachenkönigin entgegen.

Bei jedem Aufschlag auf die von Steinen übersäte Kraterwand schrie er auf.

Wenn er vorher Schmerzen gehabt hatte, lernte er nun, was wahre Qualen waren. Er schrie und schrie, aber er starb nicht.

Du lebst immer noch! Wie kann man dich überhaupt umbringen? Du bist doch nur sterblich!

Trotz seiner Schmerzen mußte er jetzt lachen.

»Ich gehöre Paladin. Ich gehöre Gwyneth. Keiner von beiden wird zulassen, daß du mich je bekommst.«

Huma zog sich hoch. Er hustete, und seine Hände zitterten. Er hatte viel von dem Gas eingeatmet. Der Fall hatte seinen Körper geschwächt, und er konnte nur noch sitzen bleiben, so entsetzlich drehte sich ihm der Kopf. Er wußte, daß ihm trotz seiner Worte nicht mehr viel Zeit blieb.

»Sie kommen, Takhisis.«

Wer?

»Die anderen Drachenlanzen. Über hundert. Hundertmal Schmerz und Qual. Ich habe dir eine Chance gegeben. Sie werden sich darauf nicht einlassen. Das weißt du.«

Sie können mich nicht töten!

»Sie können dir endlose Qualen bereiten.«

Das dürfen sie nicht! Das Gleichgewicht! Du hast es gesagt.

»Was kümmert sie das Gleichgewicht? Dann doch lieber Frieden, werden sie sagen.«

Langes Schweigen. Huma wollte die Augen schließen, überwand sich jedoch, sie ein letztes Mal zu öffnen.

»Du wirst dich nicht befreien können, bevor sie kommen. Auch wenn ich sterbe, werden sie dich erwischen. Eine Göttin, die der Gnade von Sterblichen ausgeliefert ist.«

Was willst du?

Sie hatte offenbar Mühe weiterzumachen. Nur ein Kopf starrte noch in Humas Richtung. Die anderen drei wackelten krampfhaft.

»Zieh dich aus Krynn zurück.«

Ich-

»Zieh dich sofort zurück!«

Na gut.

»Ruf auch deine Drachen zurück. Sie dürfen nie wieder nach Krynn kommen. Nimm sie mit.«

Lange Pause.

»Schwöre es«, setzte er hinzu.

Sie zögerte.

Einverstanden.

»Ich will hören, wie du bei dem schwörst, was für dich das Heiligste ist.«

Beide bemerkten den einzelnen Drachen über ihnen und hörten den Ruf seines Reiters, eine Stimme, die Huma kannte.

Kaz. Seine Stimme klang unsicher, und der Drache war sichtlich auf der Hut, aber sie kreisten angriffsbereit über ihnen.

»Du hast nicht viel Zeit, Königin.«

Ich schwöre, daß ich mich aus – aus Krynn –, sie wand sich vor Schmerzen, und einen Augenblick lang glaubte Huma, er würde unter ihr begraben werden, – aus Krynn mit allen meinen Kindern zurückziehen werde, solange die Welt besteht. Das schwöre ich bei –

Sie sprach es aus: Beim Allerhöchsten. Beim Gott der Götter.

Blitz landete wachsam ganz in der Nähe. Kaz mißachtete die bedrohliche Gegenwart der verruchten Drachenkönigin und rannte an Humas Seite.

»Du hast gewonnen! Du hast sie besiegt!« Kaz hielt abrupt inne. Seine Miene wurde ernst. »So wahr ich dein Zeuge bin, Huma: Ich – ich werde mich daran erinnern, wie ich mich an meine Vorfahren erinnere.«

Huma brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen. »Kaz, du mußt ihr die Drachenlanze aus dem Körper ziehen.«

»Was?« Kaz richtete sich auf und starrte den Ritter an, als ob dieser nicht ganz bei Trost wäre. »Sie befreien? Sie wird aus Rache alles vernichten! Wir werden sterben – wenn wir Glück haben!«

Huma schüttelte den Kopf. »Nein. Sie hat – es geschworen. Ich kann dir – versprechen, daß sie – «, er wollte die Augen schließen, »– daß sie verschwinden wird.«

»Das kann ich nicht!«

»Kaz«, mahnte Huma mit einer Grimasse. »Ich habe es ihr versprochen. Es – es ist eine Frage meiner Ehre. Du verstehst doch, was Ehre ist. In der alten – alten Sprache sagen wir: ›Est Sularis Oth Mithas‹. ›Die Ehre ist mein Leben‹.«

Der Minotaurus sah von dem Ritter zu der Göttin, die jetzt still war, aber vor Schmerzen ächzte.

»Schnell. Die Lanze. Meine Ehre. Die anderen – werden es nicht zulassen.«

Widerstrebend setzte sich der Minotaurus in Bewegung.

»Die Ehre«, sagte er halb zu sich selbst, während seine Augen die Aufgabe einschätzten, »ist mein Leben.«

Die Köpfe der Drachenkönigin schwangen in seine Richtung, doch nur einer, der verräterische Grüne, fixierte Kaz. Die anderen wippten nur noch blind hin und her.

Die Lanze steckte tief im Halsansatz des blauen Kopfes. Voller Abscheu kletterte Kaz auf Takhisis, die Dunkle Königin.

Der grüne Drachenkopf beäugte ihn genau.

In einem plötzlichen Anflug verrückten Heldentums schnaubte der riesige Krieger verächtlich. Er zuckte zusammen, als es so aussah, als würde der Kopf zuschlagen, aber dann drehte sich der Kopf, um grimmig die Quelle der Qualen der Königin zu betrachten.

»Götter«, stammelte Kaz. Dann hielt er den Mund, weil er an seinen Schwur dachte. Er hatte die Drachenlanze erreicht. Nachdem er sie fest in der Hand hatte, zog der Minotaurus.

Die Lanze glitt widerstandslos heraus. Kaz verlor das Gleichgewicht und kugelte, ohne die Lanze loszulassen, von dem Ungeheuer herunter.

Ein grauenhaftes, ohrenbetäubendes Lachen gellte durch die Luft.

Kaz blieb irgendwo liegen, drehte sich um und starrte – nach oben.

Da war sie, in all ihrer höllischen Pracht. Mit ausgebreiteten Flügeln, die den Himmel verdeckten. Alle fünf Köpfe sahen himmelwärts und lachten. Der Schmerz, die Wunden – es war, als hätte es das nie gegeben.

Fünf schreckliche Drachenköpfe blickten auf den hilflosen, zerschundenen Ritter und dann auf den Minotaurus herab, der sie befreit hatte. Auf jeder Drachenmiene stand ein bösartiges Lächeln.

Der Himmel ging in Flammen auf. Kaz mußte seine Augen bedecken.

Als er sie wieder aufschlug, war der Himmel wolkenlos, und die Sonne – die so lange verschollene Sonne – strahlte in triumphierender Majestät.

Jetzt schien die Sonne. Huma war nicht mehr kalt, auch wenn ihm trotzdem nicht richtig warm wurde. Schläfrig. So fühlte er sich.

Er entdeckte das Medaillon von Fürst Avontal in seiner offenen Hand. Paladins Gesicht glänzte strahlend im Sonnenlicht. Der Glanz war zu hell. Huma schloß die Augen. Er konnte seine Hand nicht um den Talisman schließen. Das war gut so. Wenn die Sonne unterging, würde er es gern noch einmal ansehen.

Seine Gedanken glitten zu Gwyneth und dem, was sie jetzt machen könnten, nachdem der Krieg endlich vorüber war.

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