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Meta steuerte einen Kurs, der sie schon nach kurzer Zeit zu dem pyrranischen Raumschiff brachte, das sich in einer Kreisbahn außerhalb der Atmosphäre befand. Jason hatte sich unterdessen so erholt, daß er die völlig verschreckte Ijale auf eine Andruckliege neben sich schnallen konnte. Als er damit fertig war, stolperte er selbst auf eine Liege zu, sank darauf nieder und schlief augenblicklich ein.

Als er wieder aufwachte, waren die Schmerzen und das Fieber abgeklungen. Er fühlte sich zwar wie zerschlagen, erreichte aber den Kontrollraum aus eigener Kraft. Meta berechnete ihren Kurs mit dem Elektronenrechner.

„Essen!“ krächzte Jason heiser. „Ich bin halb verhungert und verdurstet.“

Meta wies schweigend auf eine Plastikflasche, die Nahrungskonzentrat enthielt, und ließ sich dabei deutlich anmerken, daß sie wütend war. Als Jason einen Schluck daraus nahm, sah er Ijale in einer Ecke kauern.

„Das war aber gut!“ rief Jason mit gespielter Begeisterung. „Fliegst du das Schiff ganz allein, Meta?“

„Natürlich.“ Aus Metas Tonfall war zu hören, daß sie eigentlich meinte: Seit wann bist du so dämlich? „Ich durfte das Schiff nehmen, aber die anderen waren alle unabkömmlich.“

„Wie hast du mich überhaupt gefunden?“ fragte Jason, der nach einem Gesprächsthema suchte, für das Meta sich erwärmen würde.

„Das ist doch sonnenklar. Der Funker auf dem Raumhafen merkte sich das Kennzeichen des Raumschiffs, in dem du entführt wurdest. Kerk wußte sofort, daß es aus Cassylia kommen mußte, als der Funker es beschrieb. Ich flog also nach Cassylia und stellte Nachforschungen an; das Schiff war gestartet, aber noch nicht zurückgekehrt. Dann flog ich den Kurs ab und stellte fest, daß nur drei Planeten für eine Landung in Frage kamen. Zwei davon sind zivilisiert und unterhalten moderne Raumhäfen mit Flugsicherungsanlagen. Jede Landung und jeder Absturz wären dort gemeldet worden. Folglich mußtest du auf dem dritten Planeten sein, den wir eben verlassen haben. Als mein Schiff in die Atmosphäre eintrat, hörte ich dein Notsignal und kam so schnell wie möglich… Was hast du mit dem Mädchen dort drüben vor?“

Die letzten Worte wurden mit eisiger Stimme gesprochen. Ijale zuckte zusammen, obwohl sie nicht verstanden haben konnte, was Meta gesagt hatte. Offenbar verging sie fast vor Angst.

„Ich habe eigentlich noch nicht darüber nachgedacht…“

„In deinem Leben ist nur Platz für eine Frau, Jason. Für mich, falls du es nicht wissen solltest. Ich bringe jeden um, der daran zweifelt.“

Jason wußte, daß Meta ihre Drohung ernst machen würde. Wenn Ijale noch länger leben sollte, mußte sie so rasch wie möglich von hier fort, damit es zu keiner Eifersuchtstragödie kam — zu der in Wirklichkeit nicht der geringste Grund bestand. Jason überlegte angestrengt.

„Am besten landen wir auf dem nächsten zivilisierten Planeten und setzen sie dort ab. Ich habe genügend Geld bei mir, um ihren Lebensunterhalt auf Jahre hinaus zu sichern. Wenn ich das Geld bei einer Bank einzahle, von der sie es in monatlichen Raten erhält, hat sie immer genug, selbst wenn sie noch so hereingelegt wird. Außerdem mache ich mir keine großen Sorgen um sie — wer als Sklave am Leben geblieben ist, setzt sich in einer zivilisierten Welt ohne weiteres durch.“

Er wußte, daß Ijale seinen Vorschlag nicht ohne Widerspruch annehmen würde. Aber schließlich wollte er nur ihr Bestes.

„Ich werde für sie sorgen und sie auf den Weg der Tugend und Gerechtigkeitsliebe führen“, erklang eine bekannte Stimme von der Tür her. Mikah stand dort und starrte Jason mit blitzenden Augen an.

„Wunderbar!“ stimmte Jason begeistert zu. Er wandte sich an Ijale und sprach mit ihr. „Hast du verstanden? Mikah will dich mit sich nach Hause nehmen und sich um dich kümmern. Ich werde dafür sorgen, daß du immer genügend Geld hast — er wird dir erklären, wozu man Geld braucht. Du mußt ihm stets zuhören, dir alles merken, was er sagt, und genau das Gegenteil tun. Versprichst du mir das? Auf diese Weise machst du vielleicht gelegentlich einen kleinen Fehler, aber ansonsten ist alles in bester Ordnung.“

„Ich will nicht von dir fort! Nimm mich mit — ich bleibe für immer deine Sklavin!“ schluchzte Ijale fassungslos.

„Was hat sie gesagt?“ fragte Meta und machte ein wütendes Gesicht.

„Du bist rettungslos verdorben und schlecht“, behauptete Mikah, der wieder einmal die alte Platte aufgelegt hatte. „Ich weiß, daß sie dir gehorchen wird, selbst wenn ich alles Menschenmögliche versuche, um sie zur Wahrheit zu bekehren.“

„Das hoffe ich!“ antwortete Jason nachdrücklich. „Von deiner verrückten Lebensphilosophie würde sie bestenfalls Magenschmerzen bekommen — dazu muß man schon geboren sein. Normale Menschen wie Ijale haben weniger eiserne Prinzipien, aber dafür etwas mehr Spaß am Leben.“

„Ein Abgrund der Verworfenheit! Aber du sollst deiner gerechten Strafe nicht so leicht entgehen.“ Mikah griff sich in das offene Hemd und holte die Pistole hervor, die er in einem der Räume gefunden hatte. „Hiermit übernehme ich den Befehl über das Schiff! Jason, du fesselst die beiden Mädchen, damit sie mich nicht behindern; dann fliegen wir nach Cassylia weiter, wo der Prozeß gegen dich stattfinden wird.“

Meta kehrte Mikah den Rücken zu und saß über fünf Meter von ihm entfernt in einem Sessel an dem Arbeitstisch. Jetzt ordnete sie die Papiere, hob langsam den Kopf und sah Jason lächelnd an.

„Du hast gesagt, daß ich ihn nicht umbringen darf.“

„Ich will seinen Tod nicht, aber ich möchte andererseits nicht nach Cassylia zurück.“ Jason erwiderte ihr Lächeln und wandte sich ab.

Er zuckte mit den Schultern, als hinter ihm rasche Schritte ertönten. Nicht ein einziger Schuß fiel, aber sein heiserer Schrei und der dumpfe Aufprall seines Körpers bewiesen zur Genüge, daß Mikah der Pyrranerin nicht gewachsen war.


Harry Harrison, schreibt erstklassige Science Fiction. DIE TODESWELT (Heyne-Buch Nr. 3067) war sofort nach Erscheinen in den USA der meistgelesene SF-Roman, und hier ist Harrisons neuester Roman über Jason dinAlt, den galaktischen Spieler.

Vom selben Autor erschienen in den

Heyne-Büchern die utopischen Romane

Retter einer Welt · Band 3058

Die Todeswelt · Band 3067

Agenten im Kosmos · Band 3083

Die Barbarenwelt · Band 3136

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