Stor Gendibal näherte sich Gaia fast so vorsichtig, wie Trevize es getan hatte — und nun, da der Stern sich als deutlich sichtbare Scheibe erkennen ließ und nur durch starke Filter betrachtet werden konnte, hielt er es für richtig, eine Pause zum Zweck gründlichen Nachdenkens einzulegen.
Sura Novi saß an seiner Seite und hob ab und zu auf schüchterne Weise den Blick zu ihm.
»Meister?« sprach sie ihn schließlich gedämpft an.
»Was ist, Novi?« fragte er zerstreut.
»Bist du unglücklich?«
Er warf ihr einen flüchtigen Blick zu. »Nein. Ich mache mir lediglich Gedanken. Ich bin besorgt. Entsinnst du dich noch an das Wort? Ich versuche zu entscheiden, ob ich rasch handeln oder lieber noch eine Zeitlang warten soll. Meinst du, ich sollte sehr mutig vorgehen, Novi?«
»Ich glaube, daß du immer sehr mutig bist, Meister.«
»Manchmal ist es eine Dummheit, sehr mutig zu sein.«
Novi lächelte. »Wie soll ein Meister Dummheiten begehen können?« Sie deutete auf den Bildschirm. »Das ist eine Sonne, nicht wahr, Meister?«
Gendibal nickte.
»Ist das die Sonne, die auf Trantor scheint?« fragte Novi nach kurzem, unentschlossenem Schweigen weiter. »Ist es die hamische Sonne?«
»Nein, Novi«, antwortete Gendibal. »Das ist eine ganz andere Sonne. Es gibt viele Milliarden Sonnen.«
»Ah! Ja, und in meinem Kopf habe ich das doch selbst auch gewußt. Aber ich konnte es nicht so richtig glauben. Wie kommt so was, Meister, daß man etwas in seinem Kopf weiß und es trotzdem nicht richtig glauben kann?«
Gendibal lächelte matt. »In deinem Kopf, Novi…«, begann er, und als er zu sprechen anfing, befand er sich nahezu automatisch mit ihrer Psyche verbunden, und auf mentale Weise streichelte er sie sacht, wie er es in so einem Fall immer tat; er nahm mit äußerst zarten mentalen Fühlern eine beruhigende Berührung vor, um ihr Gemüt gelassen und unbekümmert zu halten — und wie jedesmal hätte er sich auch diesmal sofort wieder zurückgezogen, wäre er nicht durch etwas stutzig geworden.
Was er spürte, ließ sich in anderen als mentalistischen Begriffen nicht beschreiben, aber metaphorisch ausgedrückt, glomm Sura Novis Hirn. Ein ganz schwacher Glanz ging davon aus.
Dergleichen war ohne die äußere Einwirkung eines mentalen Feldes undenkbar — eines mentalen Feldes von in diesem Fall so geringer Intensität, daß selbst die feinsten Wahrnehmungsfunktionen von Gendibals gutgeschulter Psyche es nur mit knapper Not bemerken konnten, obwohl das völlig ebenmäßige Profil der geistigen Struktur Sura Novis derartige Beobachtungen erheblich begünstigten.
»Novi«, fragte er in scharfem Ton, »wie fühlst du dich?«
Sie riß die Augen auf. »Ich fühle mich tadellos, Meister.«
»Ist dir schwindlig, fühlst du dich benommen? Schließ die Augen und bleib ganz ruhig sitzen, bis ich ›Jetzt‹ sage!«
Gehorsam schloß sie die Lider. Mit größter Behutsamkeit befreite Gendibal ihren Verstand von allen störenden Empfindungen, beruhigte ihre Gedanken, besänftigte ihr Gemüt, begütigte es zärtlich, zärtlich… Er ließ nichts außer dem Glanz zurück; das Glimmen war so schwach, daß er sich fast eingeredet hätte, es sei gar nicht vorhanden.
»Jetzt«, sagte er, und Sura Novi schlug die Augen auf.
»Wie fühlst du dich nun, Novi?«
»Sehr ruhig, Meister. Wie gut erholt.«
Offenbar war das Phänomen zu schwach, um irgendeinen spürbaren Einfluß auf sie auszuüben.
Er widmete sich dem Computer und begann sich mit ihm auseinanderzusetzen. Wie er sich schon hatte eingestehen müssen, paßten er und der Computer nicht besonders gut zusammen. Die Ursache war vielleicht seine starke Gewöhnung daran, seine geistigen Mittel direkt zu gebrauchen, ohne irgendeine Art von Mittler zu arbeiten. Aber er hegte nun die Absicht, nach einem Raumschiff zu suchen, nicht nach einem anderen Bewußtsein, und die anfängliche Suche ließ sich mit Hilfe des Computers wirksamer durchführen.
Und er entdeckte die Sorte von Raumer, die er in der Nähe vermutete. Das Raumschiff befand sich eine halbe Million Kilometer entfernt und war im wesentlichen so konstruiert wie das, in dem er selbst sich aufhielt, jedoch viel größer und vielseitiger ausgerüstet.
Sobald er es unter Verwendung des Computers geortet hatte, konnte Gendibal das Weitere auf direktem mentalen Wege erledigen. Mit straff gebündelten mentalen Impulsen tastete er das Raumschiff (bzw. er befleißigte sich eines mentalistischen Äquivalents des Tastens) innen und außen ab.
Anschließend richtete er seine mentale Aufmerksamkeit auf den Planeten Gaia, begutachtete ihn über eine Distanz von mehreren Millionen Kilometern hinweg — und zog sich zurück. Keine der beiden Examinationen hatte ihm einwandfrei darüber Aufschluß zu geben vermocht, was von beidem — falls überhaupt das Raumschiff oder Gaia in Frage kamen — für das festgestellte mentale Feld die Quelle war.
»Novi«, sagte er, »ich möchte, daß du während alles Weiteren dicht neben mir sitzt.«
»Meister, besteht Gefahr?«
»Du bist in keiner Weise davon betroffen, Novi. Ich werde dafür sorgen, daß du sicher und geschützt bist.«
»Meister, ich sorge mich nicht, ob ich sicher und geschützt bin. Wenn Gefahr besteht, möchte ich dir helfen können.«
Gendibals Stimmung milderte sich. »Novi, du hast mir bereits geholfen. Durch dich bin ich auf eine ganz geringfügige Kleinigkeit aufmerksam geworden, die zu bemerken sehr wichtig war. Ohne dich wäre ich möglicherweise in eine ziemlich große Patsche geraten, und vielleicht wäre es mir nur mit erheblichen Schwierigkeiten gelungen, mich wieder daraus zu befreien.«
»Aber wie habe ich das geschafft, Meister?« fragte Sura Novi verwundert.
»Dank deines Geistes, Novi. Kein Instrument hätte sensitiver reagieren können. Nicht einmal mein Geist kann so etwas leisten — er ist viel zu kompliziert.«
Sura Novis Miene spiegelte Freude wider. »Ich bin ja so froh, daß ich behilflich sein kann.«
Gendibal lächelte und nickte — und dann fügte er sich in die verdrießliche Einsicht, daß er andere Hilfe ebenso nötig haben würde. Irgendeine kindliche Regung in ihm bäumte sich dagegen auf. Dies war seine Aufgabe — ganz allein seine.
Aber es konnte unmöglich allein seine bleiben. Seine Chancen sanken…
Auf Trantor spürte Quindor Shandess die Verantwortung, Erster Sprecher zu sein, auf sich lasten wie eine beklemmende Bürde. Seit Gendibals Raumschiff in der Dunkelheit jenseits der Atmosphäre verschwunden war, hatte er keine neue Sitzung der Tafel der Sprecher mehr einberufen. Er war vollauf in den eigenen Gedanken aufgegangen.
War es weise gewesen, Gendibal allein fliegen zu lassen. Gendibal war brillant, aber nicht so brillant, daß er über jeder Selbstüberschätzung stand. Gendibals großer Fehler war seine Arroganz, so wie Shandess’ eigener großer Mangel (wie er sich mit Bitterkeit dachte) die Schwäche seines Alters war.
Immer wieder hielt er sich vor, daß vom Beispiel Preem Palvers, der durch die Galaxis gereist war, um diese und jene Dinge in Ordnung zu bringen, im Grunde genommen eine Gefahr ausging. Konnte es denn einen zweiten Preem Palver geben? Selbst wenn man Gendibals Tüchtigkeit berücksichtigte? Und Palver hatte seine Frau dabei gehabt.
Gewiß, Gendibal hatte diese Hamerin mitgenommen, aber sie war eigentlich ohne Bedeutung. Palvers Frau war selbst Sprecherin gewesen.
Shandess fühlte sich mit jedem Tag altern, während er auf eine Nachricht Gendibals wartete; und mit jedem Tag, an dem sie erneut ausblieb, verspürte er anwachsende Spannung.
Man hätte einen Verband von Raumschiffen schicken müssen, eine Flottille…
Nein. Die Tafel der Sprecher hätte so etwas nicht genehmigt.
Trotzdem…
Als Gendibal ihn endlich rief, lag er im Schlaf — einem Schlummer der Übermüdung, der ihm zu keinerlei Auffrischung verhalf. Die Nacht war stürmisch gewesen, und er hatte erst gar nicht so recht einschlafen können. Wie ein Kind hatte er sich eingebildet, im Wind Stimmen zu hören.
Seine letzten Überlegungen vor dem Einschlafen — seinem Erschöpfungsschlaf — waren auf ein sehnsüchtiges Träumen von der endgültigen Resignation hinausgelaufen, dem Wunsch, er dürfe sich ihr endlich ergeben, aber begleitet vom Wissen, daß er es jetzt nicht durfte, denn im gleichen Moment müßte die Delarmi zu seiner Nachfolgerin aufsteigen.
Doch als Gendibals Ruf ihn erreichte, setzte er sich sofort auf, augenblicklich hellwach.
»Sind Sie wohlauf?« erkundigte er sich.
»Vollkommen, Erster Sprecher«, versicherte Gendibal. »Sollen wir zwecks besserer Kommunikation einen Visualkontakt herstellen?«
»Vielleicht später«, antwortete Shandess. »Zuerst einmal, wie ist die Situation?«
Gendibal berichtete mit Umsicht, weil er spürte, daß er den Ersten Sprecher geweckt haben mußte und dessen Müdigkeit bemerkte. »Ich befinde mich in der Nachbarschaft eines bewohnten Planeten namens Gaia«, teilte er mit, »dessen Existenz, soviel ich weiß, in keinem Archiv der Galaxis verzeichnet ist.«
»Der Welt jener Kräfte, die für die perfekte Einhaltung des Seldon-Plans sorgen? Der Anti-Füchse?«
»Kann sein, Erster Sprecher. Inzwischen sprechen weitere Anzeichen für diese Möglichkeit. Erstens hat sich das Schiff, mit dem Trevize und Pelorat unterwegs sind, dem Planeten weit genähert und ist wahrscheinlich dort gelandet. Zweitens hält sich im Raum, etwa eine halbe Million Kilometer von meiner Position entfernt, ein Kriegsschiff der Ersten Foundation auf.«
»Haben Sie die Absicht, den beiden zu dem Planeten zu folgen, Sprecher?«
»Ich habe ein solches Vorgehen in Betracht gezogen, aber es ist etwas dazwischengekommen. Gegenwärtig bin ich rund hundert Millionen Kilometer von Gaia entfernt, und ich habe im mich umgebenden Raum ein mentales Feld entdeckt — ein sehr homogenes mentales Feld, das extrem schwach ist. Ohne den Fokuseffekt, den die Psyche der Hamerin hat, die mich begleitet, wäre es mir überhaupt nicht aufgefallen. Diese Frau besitzt ein ungewöhnliches Psychoprofil, und aus eben diesem Grund habe ich sie mitgenommen.«
»Aha. Ich hatte mich schon gewundert. Glauben Sie, Sprecherin Delarmi könnte sich darüber im klaren gewesen sein?«
»Als sie mich gedrängt hat, sie mitzunehmen? Das glaube ich kaum… — aber ich war froh, daraus einen Vorteil für mich ziehen zu können, Erster Sprecher.«
»Freut mich, das zu hören. Sind Sie der Meinung, Sprecher, daß der Planet Gaia als Fokus des entdeckten mentalen Feldes in Frage kommt?«
»Um das herauszufinden, hätte ich unter normalen Umständen bereits in größeren räumlichen Abständen Messungen durchgeführt, um zu überprüfen, ob das Feld eine generelle sphärische Symmetrie besitzt. Mein vorläufiges mentales Tasten hat ergeben, daß dafür eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, aber es ist nicht sicher. Ich halte es jedoch nicht für ratsam, weitere Untersuchungen vorzunehmen, solange sich im Umkreis das Kriegsschiff der Ersten Foundation herumtreibt.«
»Es kann aber doch keine Gefahr von ihm ausgehen.«
»Mag sein, aber ich habe noch keine Gewißheit, ob nicht eben dies Raumschiff der Fokus des mentalen Feldes ist.«
»Aber die Erste Foundation…«
»Bei allem Respekt, Erster Sprecher, erlauben Sie mir, Sie zu unterbrechen. Wir wissen nicht genau, welche technischen Fortschritte die Erste Foundation inzwischen gemacht hat. Diese Foundationisten handeln mit eigentümlicher Selbstsicherheit und könnten für uns unangenehme Überraschungen auf Lager haben. Es muß geklärt werden, ob sie vielleicht über irgendeine Apparatur verfügen, mit der sich mentalistische Funktionen beeinflussen lassen. Kurzum, Erster Sprecher, entweder habe ich es mit einem mentalaktiven Kriegsschiff der Ersten Foundation zu tun, oder mit einem ganzen derartigen Planeten. Falls es das Raumschiff ist, dürfte seine quasimentalistische Aktivität viel zu bedeutungslos sein, um mich auszuschalten, jedoch könnte sie ausreichen, um mich zu behindern — und dann wäre es denkbar, daß man mich mit den rein herkömmlichen Waffen des Kriegsschiffs vernichten kann. Andererseits, sollte der Planet der Fokus sein, könnte ein in solchem Abstand spürbares Feld das Vorhandensein einer gewaltigen Intensität auf der Planetenoberfläche bedeuten — vielleicht intensiver, als daß selbst ich es damit aufnehmen könnte. So oder so allerdings wird es erforderlich sein, ein Totalmentalikkollektiv zu bilden, so daß mir im Notfall die ganze auf Trantor vorhandene mentale Kraft verfügbar ist.«
»Ein TOTALmentalikkollektiv…« Der Erste Sprecher zögerte. »Außer zur Zeit des Fuchses ist so etwas nie getan, nicht einmal vorgeschlagen worden.«
»Die jetzige Krise kann ganz gut ernster sein als im Fall des Fuchses, Erster Sprecher.«
»Ich weiß nicht, ob die Tafel der Sprecher Ihrem Wunsch stattgeben wird.«
»Ich bin der Meinung, Sie sollten sie erst gar nicht um Zustimmung fragen, Erster Sprecher. Vielmehr finde ich, Sie sollten den Notstand erklären.«
»Mit welcher Begründung?«
»Erzählen Sie der Tafel, was ich Ihnen berichtet habe, Erster Sprecher!«
»Sprecher Delarmi wird dazu äußern, Sie seien ein unfähiger Feigling und durch ihre eigene Furcht in den Wahnsinn getrieben worden.«
Gendibal zögerte, bevor er antwortete. »Ich kann mir gut vorstellen, daß sie so etwas von sich geben wird, Erster Sprecher«, entgegnete er schließlich, »aber lassen Sie sie reden, was sie will, ich werde es sicherlich überleben. Worum es hier geht, ist nicht mein Stolz oder meine Eigenliebe, sondern die Existenz der Zweiten Foundation selbst.«
Harla Branno lächelte grimmig, die Falten scheinbar tiefer als zuvor ins Fleisch ihres hageren Gesichts gefurcht. »Ich glaube, wir können jetzt weitermachen«, sagte sie. »Ich bin auf alles vorbereitet.«
»Sind Sie noch immer sicher«, meinte Kodell, »daß Sie wissen, was Sie tun?«
»Wäre ich so verrückt, wie zu glauben Sie vorgeben, Liono, hätten Sie dann darauf bestanden, bei mir an Bord dieses Raumschiffs zu bleiben?«
Kodell hob die Schultern. »Wahrscheinlich«, sagte er, »und sei es nur aus Hoffnung auf die allerkleinste Chance, Bürgermeisterin, Sie aufhalten, mäßigen, wenigstens zur Vorsicht mahnen zu können, ehe Sie zu weit gehen. Und natürlich, falls Sie nicht verrückt sind…«
»Ja?«
»Nun, dann möchte ich natürlich nicht, daß die Historiker der Zukunft Sie allein erwähnen. Mir ist es lieber, sie stellen fest, daß ich dabeigewesen bin, daß man sich vielleicht fragt, wem von uns beiden das Verdienst wirklich gehören mag. Hm, Bürgermeisterin?«
»Schlau, Liono, schlau — aber völlig aussichtslos. Ich war hinter zu vielen Bürgermeistern die wahre Ausüberin der Macht, als daß irgend jemand glauben könnte, ich ließe während meiner eigenen Amtszeit solche Erscheinungen zu.«
»Wir werden sehen.«
»Nein, werden wir nicht, denn derartige historische Urteile werden erst gefällt, wenn wir längst tot sind. Aber ich mache mir keinerlei Sorgen. Weder um meinen Platz in der Geschichte noch um das.« Sie deutete auf den Bildschirm.
»Compors Schiff«, konstatierte Kodell.
»Compors Schiff, ja«, sagte die Branno »aber ohne Compor an Bord. Einer unserer Scouts hat den Wechsel beobachtet. Compors Schiff hatte ein Rendezvous mit einem anderen Raumer. Zwei Personen haben sich vom anderen Schiff an Bord seines Raumschiffs begeben, und später ist er auf das andere Schiff übergewechselt.« Die Branno rieb sich die Hände. »Trevize hat seinen Zweck tadellos erfüllt. Ich habe ihn als Blitzableiter ins All geschickt, und er hat sich als Blitzableiter bewährt. Er hat den Blitz auf sich gezogen. Das Schiff, mit dem sich Compor getroffen hat, gehört der Zweiten Foundation.«
»Ich frage mich, wieso Sie sich diesbezüglich so sicher sind«, sagte Kodell, holte seine Pfeife heraus und begann bedächtig Tabak hineinzustopfen.
»Ich habe mich immer schon mit der Frage beschäftigt, ob Compor nicht unter dem Einfluß der Zweiten Foundation stehen könnte. Sein Leben verlief viel zu glatt. Alles fiel ihm in den Schoß — und er ist so ein hervorragender Experte darin, den Kurs von Raumschiffen durch den Hyperraum zu verfolgen. Sein Verrat an Trevize war die simple Politik eines Ehrgeizlings — aber er hat ihn mit solcher Entschiedenheit begangen, daß ich mir irgendwie gleich dachte, daß dahinter mehr als persönlicher Ehrgeiz stecken muß.«
»Ausschließlich Mutmaßungen, Bürgermeisterin.«
»Mit den Mutmaßungen nahm es ein Ende, als er Trevize durch eine ganze Reihe kurz hintereinander vorgenommener Hypersprünge mit derartiger Sicherheit folgte, als sei’s nur ein Sprung gewesen.«
»Der Computer war ihm eine Hilfe, Bürgermeisterin.«
Aber da legte die Branno den Kopf zurück und lachte. »Mein lieber Liono, Sie werden so stark davon beansprucht, sich mit komplizierten Plänen und Planungen zu befassen, daß Sie völlig die Wirksamkeit einfacher und schlichter Verfahrensweisen aus den Augen verlieren. Ich habe Compor keineswegs Trevize nachgeschickt, weil es erforderlich gewesen wäre, Trevize verfolgen zu lassen. Wozu hätte das nötig sein sollen? Trevize mußte doch zwangsläufig, wie sehr es ihm auch darauf ankommen konnte, alle seine Bewegungen möglichst unauffällig zu vollziehen, auf jeder nicht zur Foundation gehörigen Welt Aufmerksamkeit erregen, sobald er sie betrat. Sein hochmodernes Foundationschiff, sein starker Terminusakzent, seine Foundationdevisen — das alles mußte ihn überall bald zu einem Mittelpunkt machen. Und in irgendwelchen Notfällen würde er sich automatisch an Bevollmächtigte der Foundation um Beistand wenden, genau wie er es auf Sayshell getan hat, und kaum war es geschehen, haben wir auch schon davon erfahren — und völlig ohne Compor. Nein…« — sie sprach mit einer gewissen Versonnenheit weiter —, »Compor ist fortgeschickt worden, um Compor zu überprüfen. Und das ist erfolgreich gelungen, denn mit voller Absicht haben wir ihm einen defekten Computer zur Verfügung gestellt — einen, der nicht defekt genug ist, um das Schiff manövrieruntüchtig zu machen, aber ohne Zweifel so mangelhaft, daß es ihm an sich unmöglich hätte sein müssen, Trevize durch einen Serien-Hypersprung zu folgen. Trotzdem hat Compor es ohne Schwierigkeiten geschafft.«
»Ich sehe, Bürgermeisterin, es gibt sehr viele Dinge, die Sie mir verschweigen, bis es Ihnen beliebt, sie mir mitzuteilen.«
»Ich verschweige Ihnen nur solche Angelegenheiten, Liono, deren Unkenntnis Sie nicht kränken kann. Ich bewundere Sie und brauche Sie, aber mein Vertrauen hat sehr eng gezogene Grenzen, ebenso wie Ihr Vertrauen zu mir… — bitte sparen Sie sich den Aufwand, das zu leugnen.«
»Ich spare ihn mir«, erwiderte Kodell kauzig, »und eines Tages werde ich mir die Freiheit nehmen, Sie daran zu erinnern. Gibt’s vorerst noch irgend etwas, das ich nun wissen sollte? Was ist das für eine Art von Schiff, mit dem sich Compor getroffen hat? Wenn Compor für die Zweite Foundation arbeitet, dann muß das fremde Raumschiff auch der Zweiten Foundation gehören.«
»Es ist immer wieder ein wahres Vergnügen, sich mit Ihnen zu unterhalten, Liono. Sie sind unheimlich schnell von Begriff. Wissen Sie, die Zweite Foundation macht sich nicht die Mühe, ihre Spuren zu verwischen. Sie bedient sich gewisser Abwehrmittel, die ihre Spuren unsichtbar machen, selbst wenn sie’s nicht sind. Der Zweiten Foundation würde es nie einfallen, ein Raumschiff von fremdartiger Konstruktion zu verwenden, nicht einmal, wenn sie wüßte, wie genau wir die Herkunft eines Raumers anhand der Regelmäßigkeiten seines Energieverbrauchs identifizieren können. Sie ist ja dazu in der Lage, aus jedem Verstand jede in dieser Hinsicht gewonnene Kenntnis zu entfernen, warum also sollte sie sich der Umstände eines Versteckspiels unterziehen? Nun, unser Scout hat jedenfalls innerhalb von Minuten nach der Ortung die Herkunft des Raumschiffs, mit dem sich Compor getroffen hat, ermitteln können.«
»Und nun, vermute ich, werden die Leute der Zweiten Foundation dies Wissen wieder aus unseren Gehirnen entfernen.«
»Falls sie dazu in der Lage sind, ja«, sagte die Branno. »Aber sie werden merken, daß die Dinge sich geändert haben.«
»Vor einer Weile haben Sie erklärt«, sagte Kodell, »Sie wüßten, wo sich die Zweite Foundation befindet. Erst würden Sie sich um Gaia kümmern, danach um Trantor. Ich schloß aus Ihren Äußerungen, daß das andere Raumschiff trantorischer Herkunft war.«
»Diese Schlußfolgerung ist völlig korrekt. Sind Sie überrascht?«
Bedächtig schüttelte Kodell den Kopf. »Im nachhinein eigentlich nicht. Während der Zeitspanne, in der man dem Fuchs Einhalt geboten hat, waren Ebling Mis, Toran Darell und Bayta Darell allesamt auf Trantor. Arkady Darell, Baytas Enkelin, kam auf Trantor zur Welt, und als es scheinbar gelang, auch die Zweite Foundation zur Strecke zu bringen, befand sie sich wieder auf Trantor. In ihrer Darstellung der damaligen Ereignisse spielt ein Preem Palver eine Schlüsselrolle, indem er immer im günstigsten Moment zur Stelle war, und er war ein trantorischer Händler. Man sollte es an sich für offensichtlich halten, daß die Zweite Foundation ihren Sitz auf Trantor hat oder hatte, wo übrigens auch Hari Seldon persönlich zur Zeit, als er die beiden Foundations gründete, gelebt hat.«
»Für ziemlich offensichtlich, ja, bloß ist niemals jemand auf diesen Gedanken gekommen. Dafür dürfte die Zweite Foundation gesorgt haben. Das ist es, was ich gemeint habe, als ich sagte, sie braucht ihre Spuren nicht zu verwischen, solange sie leicht gewährleisten kann, daß niemand in die Richtung dieser Spuren schaut.«
»In diesem Fall«, sagte Kodell, »sollten wir vielleicht nicht zu hastig in die Richtung schauen, in die sie uns möglicherweise gerne schauen sehen möchten. Wie kommt es nach Ihrer Meinung, daß Trevize zu der Einsicht gelangen durfte, daß die Zweite Foundation existiert? Warum hat die Zweite Foundation das nicht verhindert?«
Die Branno hielt ihre knorrigen Finger hoch und zählte an ihnen ihre Argumente ab. »Erstens ist Trevize ein sehr außergewöhnlicher Mann, an dem — trotz seiner unbezähmbaren Neigung, jede Vorsicht außer acht zu lassen — irgend etwas Besonderes ist, auch wenn ich leider nicht herausfinden konnte, um was es sich handelt. Er kann irgendwie ein Sonderfall sein. Zweitens ist die Zweite Foundation keineswegs in Unkenntnis geblieben. Compor hat sofort eingegriffen und mir Trevizes Auffassungen gemeldet. Ich mußte Trevize zum Schweigen bringen, ohne daß die Zweite Foundation sich zu einem offenen Vorgehen gehalten sah. Drittens, als ich nicht ganz so reagiert habe, wie man es von mir erwartete — keine Exekution, keine Haft, kein Auslöschen der Erinnerung, keine Anwendung der Psychosonde —, Trevize nämlich bloß ins Exil schickte, war die Zweite Foundation trotzdem gezwungen, weitere Maßnahmen zu ergreifen. Sie hat sich für ein direktes Vorgehen entschieden und ihm eines ihrer eigenen Raumschiffe nachgeschickt. Ach…« — sie gab ihrem diebischen Vergnügen mit zusammengepreßten Lippen Ausdruck — »du, mein wunderbarer Blitzableiter!«
»Und was haben Sie nun vor?« erkundigte sich Kodell.
»Wir werden uns diesen Abgesandten der Zweiten Foundation vornehmen, der beobachtet worden ist. In der Tat sind wir bereits in schönster Gemütlichkeit zu ihm unterwegs.«
Gendibal und Sura Novi saßen nebeneinander und behielten den Bildschirm im Blickfeld.
Sura Novi fürchtete sich. Für Gendibal war diese Tatsache unübersehbar, ebenso wie ihm nicht entgehen konnte, daß sie verzweifelt versuchte, ihre Furcht zu unterdrücken. Gendibal hielt es nicht für ratsam, sie dabei irgendwie zu unterstützen, denn er erachtete es als unklug, ihre Psyche gegenwärtig auf irgendeine Weise zu beeinflussen, wollte er doch ihre Reaktion auf das schwache mentale Feld ringsum nicht verfälschen.
Das Kriegsschiff der Foundation näherte sich sehr langsam, doch offensichtlich zielsicher. Es war ein großes Kriegsschiff mit einer Besatzung von bis zu sechs Mann, wenn man nach den bisherigen Erfahrungen mit Raumern der Foundation gehen konnte. Die Bewaffnung, dessen war sich Gendibal sicher, reichte aus, um eine ganze Flotte von Schiffen, wie sie der Zweiten Foundation verfügbar waren, in Schach zu halten und gegebenenfalls auch zu vernichten — vorausgesetzt, diese Flotte hätte sich ausschließlich auf ähnliche technische Hilfsmittel verlassen.
Wie die Dinge standen, ließen sich aus der Annäherung des Kriegsschiffs, auch wenn man berücksichtigte, daß sie gegen ein einzelnes anderes Raumschiff mit nur einem Zweitfoundationisten an Bord stattfand, gewisse Schlußfolgerungen ziehen. Selbst wenn das Schiff mentalistische Kapazitäten besaß, war es wenig wahrscheinlich, daß es sich auf diese Art dem Rachen der Zweiten Foundation nähern würde, falls man sich im Vollbesitz der Tatsachen befand. Wahrscheinlich war, daß man sich aus Unkenntnis näherte — und diese konnte auf jeder mehrerer möglicher Stufen liegen.
Es konnte bedeuten, der Kapitän des Kriegsschiffs wußte nicht, daß Compor ausgewechselt worden war; oder falls er es wußte, war er darüber im unklaren geblieben, daß sich ein Zweitfoundationist an Bord begeben hatte; oder falls es ihm doch aufgefallen war, besaß er womöglich keine richtige Vorstellung von einem Zweitfoundationisten.
Oder — Gendibal wollte wirklich an alles denken — wenn das Raumschiff nun über mentalistische Kapazitäten verfügte und sich dennoch auf diese selbstsichere Art und Weise annäherte? Das konnte eigentlich nur heißen, daß es dem Befehl eines Größenwahnsinnigen unterstand — oder daß es derartige Kapazitäten in einer Stärke besaß, die sogar Gendibals Vorstellungsvermögen weit überstieg.
Aber was er für möglich hielt, mußte keineswegs schon das letzte Wort sein…
Äußerst behutsam ertastete er Sura Novis Geist. Sura Novi vermochte mentale Felder nicht bewußt zu spüren, wogegen er, Gendibal, natürlich dazu imstande war — doch fehlte Gendibals Psyche andererseits die ungeheure Feinfühligkeit von Sura Novis Psyche, mit der sie ein so schwaches mentales Feld feststellen konnte. Das war ein Paradoxon, das in der Zukunft genauer untersucht werden mußte und sich auf lange Sicht möglicherweise als viel wichtiger erweisen mochte als das akute Problem irgendeines in Annäherung befindlichen Raumschiffs.
Gendibal hatte intuitiv die dementsprechenden Aussichten erfaßt, als die ungewöhnliche Glattheit und Symmetrie von Sura Novis Psychoprofil erstmals seine Aufmerksamkeit erregte — und er empfand nun einen düsteren Stolz auf diese intuitive Fähigkeit, die ihn auszeichnete. Sprecher waren stets stolz auf ihre intuitive Begabung gewesen, aber in welchem Umfang hatte man es hierbei mit einer Folge ihres Unvermögens zu tun, solche Felder durch direkte physikalische Methoden zu messen, und ihrem darin begründeten Unverständnis dessen, was sie da eigentlich taten? Es fiel allzu leicht, Unwissenheit mit dem leicht mystischen Begriff ›Intuition‹ zu tarnen. Und wieviel dieser Unwissenheit mochte auf die Unterbewertung rein physischer Hilfsmittel im Vergleich zur Mentalik zurückzuführen sein?
Und wieviel davon wiederum beruhte auf blindem Hochmut? Wenn er zum Ersten Sprecher ernannt werden sollte, beschloß Gendibal, würde das alles sich ändern. Was die Physik anging, mußte die Kluft zwischen den Foundations weitgehendst geschlossen werden. Die Zweite Foundation durfte nicht jedesmal, wenn ihr Mentalikmonopol auch nur geringfügig ins Wanken kam, vor der Gefahr ihrer völligen Vernichtung stehen.
Vielleicht war das Monopol bereits dabei, der Zweiten Foundation zu entgleiten. Unter Umständen hatte die Erste Foundation auf diesem Gebiet enorme Fortschritte gemacht, oder es mochte sich eine Allianz zwischen der Ersten Foundation und den Anti-Füchsen ergeben. (Auf diesen Gedanken verfiel er jetzt zum erstenmal, und dabei schauerte ihn.)
Seine Gedanken huschten ihm mit der für einen Sprecher typischen Blitzartigkeit durch den Kopf, und während er überlegte, erübrigte er unverändert ein gewisses Maß an Sensitivität für das schwache Leuchten von Sura Novis Bewußtsein, Anzeichen ihrer Reaktion auf das unaufdringliche, aber allgegenwärtige mentale Feld, das sie beide umgab. Es verstärkte sich nicht, während das Kriegsschiff der Foundation sich näherte.
Das war an sich noch kein absolut sicheres Indiz dafür, daß es an Bord des Kriegsschiffs keine mentalistische Aktivität gab. Wohlbekannterweise unterlag ein Mentalfeld nicht der Reziprok-zum-Quadrat-der-Entfernung-Regel. Es verstärkte sich nicht präzis in dem Verhältnis, wie das Quadrat der Größe sich erhöhte, in der die Distanz zwischen Sender und Empfänger abnahm. In dieser Beziehung unterschied es sich von elektromagnetischen und Gravitationsfeldern. Doch obwohl mentalische Felder bezüglich der Distanz weniger variierten als die verschiedenen physikalischen Felder, verhielten sie sich der Distanz gegenüber auch nicht vollkommen passiv. Die Reaktion in Sura Novis Geist hätte mit der Annäherung des Kriegsschiffs ein spürbares Anwachsen zeigen müssen — irgendein Anwachsen.
(Wie war es möglich, daß innerhalb von fünf Jahrhunderten kein Zweitfoundationist — bei Hari Seldon angefangen — jemals daran gedacht hatte, eine mathematische Relation zwischen mentaler Intensität und Distanz auszuarbeiten? Diese Gleichgültigkeit gegenüber aller Physik mußte und sollte ein Ende nehmen, das schwor sich Gendibal im stillen.)
Wenn dem Kriegsschiff mentalistische Kapazitäten zur Verfügung standen und man an Bord davon überzeugt war, sich einem Zweitfoundationisten zu nähern, warum erhöhte man dann nicht die Intensität des Mentalfeldes bis zum Maximum, bevor man sich weiteres herausnahm? Und müßte Sura Novis Geist in dem Falle nicht bestimmt eine erhöhte Reaktion anzeigen?
Und trotzdem blieb eine solche Reaktion aus.
Zuversichtlich verwarf Gendibal die Möglichkeit, daß auf dem Kriegsschiff mentalistische Kapazitäten vorhanden sein könnten. Es näherte sich aus Unklarheit über die Situation, und daher durfte er es als mögliche Gefahr herabstufen.
Das mentale Feld existierte natürlich nach wie vor, aber es mußte seinen Ursprung auf Gaia haben. Das war zwar recht beunruhigend, aber sein nächstliegendes Problem war das Raumschiff. Sobald er sich damit befaßt hatte, konnte er seine Aufmerksamkeit in aller Ruhe der Welt der Anti-Füchse widmen.
Er wartete. An Bord des Kriegsschiffs würde man in Kürze irgendwie zu handeln beginnen müssen, oder es war möglich, daß es nahe genug kam, so daß er selber von sich aus die geeigneten Maßnahmen einleiten konnte.
Das Kriegsschiff näherte sich immer mehr — nun recht zügig —, unternahm jedoch nichts. Schließlich kalkulierte Gendibal, daß die Nachdrücklichkeit seines Vorgehens nun genügend stark ausfallen würde. Es sollte kein Schmerz auftreten, nicht einmal ein Unbehagen — alle an Bord befindlichen Personen würden lediglich feststellen müssen, daß die großen Muskeln ihrer Rücken und Gliedmaßen nur noch äußerst widerwillig ihrem Willen gehorchten.
Gendibal zog das von seinem Bewußtsein kontrollierte Mentalfeld geballt zusammen. Er intensivierte es und überwand die Entfernung zwischen den Raumschiffen mit Lichtgeschwindigkeit. (Die zwei Schiffe waren sich mittlerweile nahe genug, um eine Durchquerung des Hyperraums mit seinem unvermeidlichen Verlust an Präzision überflüssig zu machen.)
Und da prallte Gendibal in fassungsloser Verblüffung zurück.
Das Kriegsschiff der Foundation war von einer wirksamen Mentalabschirmung umgeben, die in proportionalem Verhältnis zum Ansteigen der Intensität seines Mentalfelds an Dichte gewann. Das Kriegsschiff näherte sich keineswegs aus bloßer Unwissenheit — es besaß eine unerwartete Abwehrwaffe!
»Aha«, machte die Branno. »Er hat eine Attacke versucht, Liono. Sehen Sie!«
Die Nadel des Psychometers bewegte sich und erzitterte in ihrem unregelmäßigen Aufwärtstrend.
Die Entwicklung einer antimentalistischen Abschirmung hatte Foundationwissenschaftler im Rahmen des geheimsten aller Forschungsprojekte ganze einhundertzwanzig Jahre lang beansprucht, in der Geheimhaltung vielleicht nur von Hari Seldons Erarbeitung der psychohistorischen Analyse selbst übertroffen. Fünf Generationen von Menschen hatten an der schrittweisen Verbesserung eines Apparates gearbeitet, der auf keiner zufriedenstellenden theoretischen Grundlage beruhte.
Ohne die Erfindung des Psychometers, das als Meßinstrument diente, wären überhaupt keine Fortschritte erzielbar gewesen, denn es zeigte auf jeder Stufe der Weiterentwicklung die Richtung und den Grad der Verbesserung an. Niemand verstand zu erklären, wie es funktionierte, doch alles sprach dafür, daß es nichtsdestoweniger das Unmeßbare messen konnte und das Unbeschreibliche in Zahlen ausdrückte. Die Branno hatte das Gefühl (und etliche Wissenschaftler teilten diese Ansicht), daß die Foundation, falls es ihr jemals gelang, das Funktionieren des Psychometers zu begreifen, der Zweiten Foundation in Sachen Psychokontrolle ebenbürtig sein werde.
Doch dergleichen war Zukunftsmusik. Gegenwärtig mußte der Mentalschild genug sein, zumal eine überwältigende Überlegenheit an materiellen Waffen zusätzliche Rückendeckung gab.
Die. Branno ließ den Funkspruch senden, vorbereitet in einer männlichen Stimme, der alle emotionalen Untertöne fehlten, so daß sie bedrohlich seelenlos klang.
»Wir rufen Raumschiff Bright Star und seine Besatzung. Sie haben in einem gewaltsamen Piratenakt ein Raumschiff der Raummarine der Foundation-Föderation in widerrechtlichen Besitz genommen. Wir fordern Sie auf, uns das Schiff und sich selbst auszuliefern, oder Sie müssen unsererseits mit einem Angriff rechnen.«
Die Antwort kam in einer völlig natürlichen Stimme. »Bürgermeisterin Branno von Terminus, ich weiß, daß Sie an Bord sind. Die Bright Star ist keinem Piratenakt zum Opfer gefallen. Ihr rechtmäßiger Kapitän, Munn Li Compor von Terminus, hat mir das Schiff bereitwillig zur Verfügung gestellt. Ich schlage einen Waffenstillstand vor, damit wir die Angelegenheiten diskutieren können, die für alle Betroffenen von Bedeutung sein dürften.«
»Lassen Sie mich mit ihm verhandeln, Bürgermeisterin«, flüsterte Kodell.
Die Branno hob gebieterisch einen Arm. »Die Verantwortung liegt bei mir, Liono.«
Sie adjustierte den Sender und antwortete in einem Tonfall, der kaum weniger eindrucksvoll und emotionsloser geriet als zuvor die gekünstelte Stimme.
»Mitglied der Zweiten Foundation, werden Sie sich über Ihre Lage klar. Wenn Sie nicht unverzüglich kapitulieren, können wir Ihr Raumschiff in dem Zeitraum, den das Licht braucht, um von unserem zu Ihrem Raumer zu gelangen, aus dem All blasen — und sind vollauf bereit, genau das zu tun. Und wir würden dabei nicht einmal irgend etwas verlieren, denn Sie besitzen kein Wissen, für das es sich lohnen könnte, Ihr Leben zu schonen. Uns ist bekannt, daß Sie von Trantor kommen, und sobald wir mit Ihnen fertig sind, werden wir uns mit Trantor beschäftigen. Wir sind trotzdem bereit, Ihnen eine Zeitlang zuzuhören, damit Sie sagen können, was Sie zu sagen haben, aber da Sie uns kaum irgend etwas von besonderem Wert mitzuteilen haben dürften, wünschen wir Ihnen allerdings nicht allzu lange zuzuhören.«
»In diesem Fall«, sagte Gendibal, »erlauben Sie mir, daß ich mich kurz fasse und umgehend zur Sache komme. Ihr Schirm ist nicht perfekt und kann es gar nicht sein. Sie haben ihn über- und mich unterschätzt. Ich kann mich gegen ihn durchsetzen und Ihren Geist trotzdem unter Kontrolle bringen. Vielleicht weniger leicht, als es mir ohne Schirm möglich wäre, aber doch ohne größeren Aufwand. Im selben Augenblick, in dem Sie versuchen sollten, irgendwelche Waffen gegen mich einzusetzen, werde ich zuschlagen — und Sie müssen folgendes berücksichtigen: Ohne Abschirmung wäre ich dazu imstande, Sie komplikationslos und ohne bleibende Schäden unter meine Kontrolle zu nehmen. Den Schirm jedoch müßte ich durchbrechen, wozu ich durchaus in der Lage bin, und das hätte den Nebeneffekt, daß ich weder rücksichtsvoll noch allzu fachmännisch gegen Sie vorgehen kann. Ihr Geist würde genauso zerschmettert werden wie die Abschirmung, und die Folgen wären unbehebbar. Mit anderen Worten, Sie können mich nicht aufhalten, während andererseits ich Sie sehr wohl aufzuhalten vermag, auch wenn Sie mich dabei zu Schlimmerem als Töten zwingen. Sie würden als geistlose Hüllen weitervegetieren müssen. Möchten Sie das riskieren?«
»Sie wissen selbst«, entgegnete die Branno, »daß Sie zu dem, was Sie da tun zu können behaupten, nicht imstande sind.«
»Sie wünschen die von mir beschriebenen Konsequenzen also zu riskieren?« vergewisserte sich Gendibal mit unterkühlter Gleichgültigkeit.
Kodell beugte sich vor. »In Seldons Namen, Bürgermeisterin…«, begann er flüsternd.
»Ich verfolge Ihre Gedankengänge, Kodell«, sagte Gendibal sofort (nicht buchstäblich augenblicklich, denn das Licht — wie alles, was sich mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegte — brauchte vom einen zum anderen Raumschiff knapp über eine Sekunde). »Sie brauchen nicht zu flüstern. Ich verfolge auch die Gedankengänge der Bürgermeisterin. Sie ist unentschlossen, also haben Sie noch keinen Anlaß zur Panik. Und schon die bloße Tatsache, daß ich darüber Bescheid weiß, sollte Ihnen Beweis genug für die Unzulänglichkeit Ihrer Abschirmung sein.«
»Sie kann verstärkt werden«, sagte die Bürgermeisterin trotzig.
»Das gilt auch für meine mentalen Kräfte«, erwiderte Gendibal.
»Aber ich kann hier in aller Ruhe abwarten und verbrauche zur Aufrechterhaltung des Schirms lediglich normale Energie, und davon habe ich genug, um den Schirm für sehr lange Zeit aufrechterhalten zu können. Sie dagegen müßten mentale Energie aufwenden, um die Abschirmung zu überwinden, und Sie werden ermüden.«
»Ich bin nicht müde«, sagte Gendibal. »Gegenwärtig ist keiner von Ihnen dazu in der Lage, einem Besatzungsmitglied Ihres Schiffs oder eines anderen Raumschiffs einen Befehl zu erteilen. Soviel schaffe ich sogar, ohne Ihnen Schaden zufügen zu müssen, aber ich rate Ihnen davon ab, unternehmen Sie keine ungewöhnlichen Anstrengungen, um sich dieser Kontrolle zu entledigen, andernfalls müßte ich meine mentalen Kräfte ebenfalls verstärkt einsetzen, und sollte ich von Ihnen dazu gezwungen werden, müssen Sie mit den für Sie nachteiligen Folgen rechnen, die ich Ihnen geschildert habe.«
»Ich werde warten«, entgegnete die Branno und legte mit allen Anzeichen unerschütterlicher Geduld die Hände in den Schoß. »Sie werden ermüden, und sobald Sie ermüden, werden die Befehle, die ich gebe, nicht Ihrer Vernichtung gelten, denn Sie werden dann harmlos sein. Meine Befehle werden die Hauptflotte der Foundation nach Trantor schicken. Wenn Sie also Ihre Welt retten wollen, ergeben Sie sich! Eine zweite Orgie der Vernichtung könnte Ihre Organisation, anders als beim erstenmal zur Zeit der Großen Plünderung, nicht überstehen.«
»Begreifen Sie nicht, Bürgermeisterin, daß ich, falls ich mich wirklich ermüdet fühlen sollte, meine Welt auf sehr einfache Weise retten könnte, nämlich indem ich Sie ausschalte, bevor ich dafür zu schwach werde?«
»Das werden Sie nicht tun. Ihre hauptsächliche Aufgabe ist die Gewährleistung des Seldon-Planes. Terminus’ Bürgermeisterin zu eliminieren und damit einen Schlag gegen das Prestige der Ersten Foundation und das ihr entgegengebrachte Vertrauen zu führen, wäre für ihre Macht ein schwerer Rückschritt und müßte überall ihre Feinde ermutigen, und dadurch käme es zu einer Diskontinuität des Seldon-Planes, die für Sie fast so schlimm sein würde wie die Zerstörung Trantors. Es dürfte also wirklich besser sein, Sie geben auf.«
»Sie möchten also darauf setzen, daß ich davor zurückschrecke, Sie zu vernichten?«
Der Brustkorb der Branno wogte, als sie tief Atem holte und langsam ausatmete. »Ja«, bestätigte sie dann mit aller Entschiedenheit.
Kodell, der neben ihr saß, erbleichte.
Gendibal betrachtete die dicht vor der Wand mitten in die Luft projizierte Gestalt der Branno. Aufgrund der Störungen, die von der Abschirmung ausgingen, war ihr Abbild ein wenig verwaschen und flimmerte leicht. Der Mann neben ihr war infolge starker Verschwommenheit fast unkenntlich, denn Gendibal hatte an ihn keine Energie zu verschwenden. Er mußte sich auf die Bürgermeisterin konzentrieren.
Sie erhielt andererseits keine Visualisierung seiner Person. Daher konnte sie nicht wissen, daß er — um ein Beispiel zu nennen — eine Begleiterin hatte. Sie konnte keinerlei Urteile aufgrund seines Mienenspiels, anhand seiner Körpersprache fällen. In dieser Beziehung befand sie sich im Nachteil.
Was er ihr gesagt hatte, entsprach vollständig der Wahrheit. Er konnte den Schild durchdringen, wenn auch nur unter Aufbietung gewaltiger mentaler Kräfte — und dabei würde es sich tatsächlich kaum vermeiden lassen, daß er ihren Geist unheilbar beeinträchtigte.
Auf der anderen Seite allerdings war alles, was sie geäußert hatte, ebenfalls wahr. Ihre Vernichtung müßte dem Seldon-Plan so erheblichen Schaden zufügen, wie es damals der Fuchs getan hatte. Der Schaden könnte womöglich sogar noch verheerender ausfallen, weil er zu einem späteren Zeitpunkt aufträte und daher eine kürzere Frist — gemessen am von Seldon vorgegebenen Zeitplan — zur Verfügung stünde, um das Entgleisen des Seldon-Planes wieder zu beheben.
Und um die Situation noch übler zu machen, war da Gaia, eine unbekannte Größe — ihr schwaches mentales Feld blieb stets wie zum Hohn am unmittelbaren Rande von Gendibals mentalistischer Wahrnehmung.
Flüchtig tastete er nach Sura Novis Bewußtsein, um sich davon zu überzeugen, daß das Mentalfeld noch vorhanden war; das war unverändert der Fall.
Sie konnte sein Tasten unmöglich gespürt haben, aber sie wandte sich ihm plötzlich zu. »Meister«, wisperte sie ehrfürchtig, »da ist so was wie ein schwaches Geflimmer da drüben. Ist es das, womit du redest?«
Sie mußte die Projektion über die behutsame Verbindung zwischen ihrem und seinem Bewußtsein spüren. Gendibal hob einen Finger an die Lippen. »Fürchte dich nicht, Novi. Mach die Augen zu und bleib ganz ruhig!«
Er hob die Stimme. »Bürgermeisterin Branno, ich muß zugeben, in dieser Hinsicht ist Ihr riskantes Spielchen nicht schlecht. Ich habe in der Tat nicht den Wunsch, Sie ohne weiteres zu vernichten, denn ich glaube, wenn ich Ihnen gewisse Dinge erkläre, werden Sie zur Vernunft kommen, und es dürfte sich als überflüssig erweisen, überhaupt irgend jemanden zu vernichten. Nehmen wir einmal an, Bürgermeisterin, Sie erlangen die Oberhand, und ich ergebe mich Ihnen. Was geschähe dann? Sie und Ihre Amtsnachfolger würden in einem irrsinnigen Wahn der Selbstüberschätzung und in unangebrachtem Vertrauen auf Ihren Mentalschirm versuchen, in verfehlter Hast Ihre Macht auf die gesamte Galaxis auszudehnen. Damit jedoch müßten sie in Wirklichkeit die Errichtung des Zweiten Imperiums hinauszögern, denn so ein Vorgehen liefe genauso auf die restlose Sabotage des Seldon-Planes hinaus.«
»Es überrascht mich nicht, von Ihnen zu hören, daß Sie mich nicht sofort zu vernichten wünschen«, sagte die Branno, »und ich bin sicher, daß Sie im Laufe des weiteren Abwartens zu der Auffassung gelangen werden, daß Sie’s überhaupt nicht wagen können, mich zu vernichten.«
»Betrügen Sie doch nicht sich selbst mit alberner Selbstgefälligkeit«, erwiderte Gendibal. »Hören Sie mir zu! Ein Großteil der Galaxis ist noch immer nichtfoundationistisch, ein beträchtlicher Teil sogar antifoundationistisch. Selbst innerhalb der Foundation-Föderation gibt es Mitglieder, die noch nicht ihren Unabhängigkeitstag vergessen haben.
Falls die Foundation nach meiner etwaigen Niederlage zu voreilig handelt, wird sie dem Rest der Galaxis seine größte Schwäche nehmen — die Uneinigkeit und Unentschlossenheit. Die Furcht vor der Foundation wird die ganze übrige Galaxis zur Einheit zwingen, und innerhalb der Foundation werden Sie die Tendenz zur Rebellion nähren.«
»Sie drohen uns mit Armeen von Vogelscheuchen, sonst nichts«, entgegnete die Branno. »Wir haben genug Macht, um uns gegen alle und jede Gegner zu behaupten, und wenn sämtliche Welten der nichtfoundationistischen Galaxis sich gegen uns verbünden würden, und sogar, falls ihnen eine Rebellion der Hälfte aller Welten der Foundation zu Hilfe käme. Wir hätten damit keine Probleme.«
»Keine unmittelbaren Probleme, Bürgermeisterin. Begehen Sie nicht den Fehler, sich nur für solche Konsequenzen Ihres Handelns zu interessieren, die ihm sofort nachfolgen. Sie können ein Zweites Imperium schaffen, indem Sie’s bloß proklamieren, gewiß, aber Sie wären nicht dazu imstande, es zu halten. Sie müßten es alle zehn Jahre von neuem erobern.«
»Dann würden wir so verfahren, bis die Welten des Unfugs müde wären, so wie Sie ermüden müssen.«
»Sie würden nicht ermüden, sich aufzulehnen, so wenig wie ich ermüden werde. Und diese Periode könnte nicht einmal allzu lange dauern, denn dem Pseudo-Imperium, das zu proklamieren Sie fähig wären, würde eine zweite, größere Gefahr drohen. Weil es — für einige Zeit — ausschließlich durch immer stärkere militärische Kräfte erhalten werden kann, die ständig zum Einsatz kommen müßten, dürften erstmals in der Geschichte der Foundation die Generale wichtiger und einflußreicher sein als die zivilen Autoritäten. Das Pseudo-Imperium würde in Militärregionen aufgespalten, in denen die individuellen militärischen Befehlshaber die Vorherrschaft ausüben. Das wäre gleichbedeutend mit Anarchie — einem Rückfall in eine Barbarei, die vielleicht länger dauern würde als die dreißigtausend Jahre des Chaos, die Seldon vor der Ausarbeitung des Seldon-Planes vorausgesagt hat.«
»Kindische Drohungen. Selbst wenn die Mathematik des Seldon-Planes das alles voraussieht, sagt sie nur Wahrscheinlichkeiten voraus — keine Unabwendbarkeiten.«
»Bürgermeisterin Branno«, sagte Gendibal ernst, »vergessen Sie den Seldon-Plan. Sie verstehen seine Mathematik nicht, und Sie können sich seinen Ablauf überhaupt nicht vorstellen. Aber vielleicht ist das auch gar nicht nötig. Sie sind eine bewährte Politikerin, und obendrein erfolgreich, nach der Position beurteilt, die Sie einnehmen, und gehe ich nach dem waghalsigen Spiel, auf das Sie sich hier eingelassen haben, dann sind Sie auch sehr mutig. Also, bedienen Sie sich Ihres politischen Scharfsinns. Betrachten Sie die Geschichte der Menschheit unter politischen und militärischen Gesichtspunkten, betrachten Sie sie zudem unter dem Aspekt, was man allgemein über die menschliche Natur weiß — von der Art und Weise, wie Menschen, wie Politiker und Militärs reagieren, wie sie in Interaktion treten —, und überlegen Sie sich, ob ich nicht recht habe.«
»Selbst wenn Sie recht behalten sollten, Zweitfoundationist«, sagte die Branno, »ist das ein Risiko, das wir eingehen müssen. Mit der richtigen Führung und weiteren technischen Fortschritten — Fortschritten nicht nur materieller, sondern auch mentalistischer Art — können wir alle Hindernisse aus dem Weg räumen. Hari Seldon hat solche Fortschritte niemals in angemessenem Umfang einkalkulieren können. Das war damals für ihn einfach unmöglich. Wo im Plan hat er je die Entwicklung eines Mentalschilds durch die Erste Foundation in Betracht gezogen? Warum sollen wir den Plan eigentlich überhaupt noch beachten? Wir werden’s riskieren, ohne ihn ein neues Imperium zu gründen. Ein Scheitern ohne den Plan wäre vielleicht besser als ein Erfolg durch den Plan. Wir wollen kein Imperium, in dem wir nur die Marionetten verborgener Manipulatoren der Zweiten Foundation abgeben dürfen.«
»So können Sie lediglich daherreden, weil Sie nicht verstehen, was ein Mißlingen des Seldon-Plans für die Bewohner der Galaxis bedeuten würde.«
»Vielleicht«, sagte die Branno mit steinerner Härte. »Fangen Sie zu ermüden an, Zweitfoundationist?«
»Keineswegs. Lassen Sie mich ein alternatives Vorgehen vorschlagen, an das Sie anscheinend noch nicht gedacht haben — und bei dem weder ich mich Ihnen noch Sie sich mir ergeben müssen. Wir befinden uns im Umkreis eines Planeten namens Gaia.«
»Das ist mir bekannt.«
»Ist Ihnen auch bekannt, daß er wahrscheinlich die Heimat des Fuchses ist?«
»Für so etwas brauche ich mehr Beweise als bloß Ihre dahingehende Behauptung.«
»Der Planet ist von einem Mentalfeld umgeben. Er ist die Heimat vieler Füchse. Falls Sie Ihren Traum wahrmachen, die Zweite Foundation auszumerzen, werden Sie zu Sklaven dieses Planeten der Füchse herabsinken. Welchen Schaden hat Ihnen die Zweite Foundation je zugefügt — wirklichen statt nur eingebildeten oder theoretischen Schaden? Und nun bedenken Sie, welchen Schaden ein einzelner Fuchs über Sie gebracht hat.«
»Ich habe noch immer keine anderen Beweise als Ihre Beteuerungen.«
»Solange wir an dieser Position bleiben, kann ich Ihnen nicht zu mehr verhelfen. Deshalb schlage ich einen Waffenstillstand vor. Erhalten Sie Ihren Mentalschild aufrecht, wenn Sie mir nicht trauen, aber stellen Sie sich darauf ein, gegebenenfalls mit mir zu kooperieren. Lassen Sie uns den Planeten gemeinsam anfliegen — und wenn Sie sich davon überzeugt haben, daß von dort Gefahr ausgeht, dann werde ich das Mentalfeld beseitigen, und Sie werden Ihren Raumschiffen befehlen, den Planeten zu besetzen.«
»Und dann?«
»Und dann wird endlich, ohne daß dritte Kräfte zu berücksichtigen sind, Erste Foundation gegen Zweite Foundation stehen. Dann wird die Auseinandersetzung sich durch klare Fronten auszeichnen, während wir gegenwärtig das Risiko eines Kampfes nicht auf uns nehmen können, weil beide Foundations durch einen Dritten gleichermaßen bedroht sind.«
»Warum haben Sie das nicht sofort gesagt?«
»Ich dachte, ich könnte Sie zu der Überzeugung bringen, daß wir keine Feinde sind und sich eine Zusammenarbeit lohnt. Da mir das anscheinend nicht gelungen ist, schlage ich auf jeden Fall Kooperation vor.«
Die Branno schwieg eine Zeitlang, den Kopf nachdenklich gesenkt. »Sie versuchen«, sagte sie schließlich, »mich mit Ammenmärchen einzulullen. Wie sollte es Ihnen allein möglich sein, das Mentalfeld eines ganzen Planeten voller Füchse zu beseitigen? Dieser Gedanke ist so lachhaft, daß ich der Ehrlichkeit Ihres Vorschlags nicht trauen kann.«
»Ich bin nicht allein«, entgegnete Gendibal. »Hinter mir steht die gesamte Macht der Zweiten Foundation — und diese Macht, durch mich kanalisiert, kann es mit Gaia aufnehmen. Und sie kann jederzeit Ihren Mentalschild zur Seite fegen wie einen Dunsthauch.«
»Wenn das so ist, wozu brauchen Sie dann meine Unterstützung?«
»Erstens, weil die Beseitigung des Mentalfeldes nicht genügt. Die Zweite Foundation kann sich nicht jetzt und in alle Ewigkeit der endlosen Aufgabe widmen, Gaias Mentalfeld zu unterdrücken, so wenig wie ich den Rest meines Lebens damit zubringen kann, hier mit Ihnen dies Konversationsmenuett zu tanzen. Das handfeste Eingreifen, zu dem Ihre Raumschiffe imstande sind, ist erforderlich. Und zweitens, wenn ich Sie nicht mit vernünftigen Argumenten zu der Einsicht bewegen kann, daß die beiden Foundations sich als Bündnispartner betrachten sollten, dann wirkt vielleicht ein gemeinsames Unternehmen von höchster Wichtigkeit in dieser Beziehung überzeugender. Manchmal überzeugen Taten mehr als Worte.«
Ein weiteres Schweigen entstand. »Ich bin bereit«, sagte die Branno endlich, »mich Gaia zu nähern, wenn wir uns gleichzeitig nähern. Darüber hinaus mache ich keine Versprechungen.«
»Das genügt«, erwiderte Gendibal und beugte sich über den Computer.
»Nein, Meister«, sagte Sura Novi, »bis jetzt hat’s keine Rolle gespielt, aber nun unternimm bitte nichts mehr. Wir müssen auf Ratsherr Trevize von Terminus warten.«