Drittes Kapitel Historiker

9

Janov Pelorat war weißhaarig, und sein Gesicht wirkte mit ruhiger Miene reichlich ausdruckslos. Man sah es kaum jemals anders als mit ruhiger Miene. Er war durchschnittlich in Körpergröße und Gewicht und besaß die Neigung, sich ohne Hast zu bewegen und wohlüberlegt zu sprechen. Er machte einen erheblich älteren Eindruck als seine zweiundfünfzig Jahre.

Er hatte Terminus noch nie verlassen, ein recht ungewöhnlicher Tatbestand, vor allem für jemanden mit seinem Beruf. Er wußte selbst nicht recht, ob seine gemächliche Art mit seiner Versessenheit auf alles Historische im Einklang stand oder ob er sie sich vielmehr trotzdem erhalten hatte.


Seine Vorliebe hatte ihn ganz plötzlich gepackt, im Alter von fünfzehn Jahren, als man ihm während einer leichten Erkrankung ein Buch mit alten Legenden in die Hand drückte. Darin fand er wiederholt das Thema einer Welt abgehandelt, die allein war und abgesondert; einer Welt, die sich ihrer Isolation nicht einmal bewußt war, weil sie niemals etwas anderes gekannt hatte.

Unverzüglich hörte er auf zu kränkeln. Binnen zwei Tagen las er das Buch dreimal und verließ das Bett. Am folgenden Tag saß er vor seinem Computerterminal und forschte nach, ob sich in Terminus’ Universitätsbibliothek ähnliche Legenden finden ließen.

Derartige Legenden waren es, die ihn seither ständig beschäftigten. Terminus’ Universitätsbibliothek hatte in dieser Hinsicht wenig vorzuweisen, aber im Laufe der Jahre entdeckte er die Vorzüge des interuniversitären Datenaustauschs. In seinem Besitz befanden sich Printouts, die von so weit entfernten Welten wie Ifnia stammten, übermittelt worden waren durch Hyperwellen-Transfer.

Er war Professor für Alte Geschichte geworden und hatte kürzlich — siebenunddreißig Jahre danach — seinen ersten Urlaub genommen, und dafür hatte er den besonderen Vorsatz gefaßt, ihn durch eine Reise in den Weltraum (seine erste) und nach Trantor zu nutzen. Pelorat war sich durchaus darüber im klaren, daß es für einen Bewohner Terminus’ ungewöhnlich war, noch nie im All gewesen zu sein. Allerdings war es nie seine Absicht gewesen, sich auf diese eigentümliche Art hervorzutun. Es lag nur daran, daß immer, wenn ihm ein Flug in den Weltraum möglich gewesen wäre, irgendein neues Buch, eine neue Studie oder eine neuartige Analyse ihm in die Quere kam. Dann schob er jedesmal den vorgesehenen Flug auf, bis er die neue Sache gründlich begutachtet und dem von ihm angesammelten Berg von Erkenntnissen, wenn möglich, eine weitere Tatsache, eine zusätzliche Spekulation oder auch bloß eine Vermutung hinzugefügt hatte. Zuletzt bedauerte er nur, nie eine Reise nach Trantor gemacht zu haben.


Trantor war die Hauptstadt des Ersten Galaktischen Imperiums gewesen. Zwölftausend Jahre lang war sie der Sitz des Kaisers, und davor war sie das Zentrum des bedeutendsten präimperialen Königreichs, das mit der Zeit, nach und nach, alle anderen Reiche erobert oder auf andere Weise sich angeschlossen hatte, und aus all diesen Königreichen war das Imperium entstanden.

Die Stadt Trantor hatte den gesamten Planeten bedeckt, war eine Stadt ganz aus Stahl gewesen. Pelorat hatte darüber in den Werken Gaal Dornicks gelesen, der Trantor noch zu Lebzeiten Hari Seldons selbst besucht hatte.

Dornicks Werk war nicht mehr erhältlich, und das Exemplar, das Pelorat besaß, hätte er für einen Betrag in der Höhe seines halben Jahresgehalts verkaufen können. Aber jeder Vorschlag, sich davon zu trennen, hätte dem Historiker lediglich Entsetzen eingejagt.

Natürlich galt Pelorats hauptsächliches Interesse, was Trantor betraf, der Galaktischen Bibliothek, damals die größte Bibliothek in der Galaxis. Trantor war damals Hauptstadt des größten und am höchsten bevölkerten Imperiums, das die Menschheit je gesehen hatte, eine einzige, lückenlose, planetenweite Stadt mit einer Einwohnerschaft von 40.000.000 000 Menschen, und die Bibliothek hatte alle Zeugnisse der schöpferischen (und auch weniger schöpferischen) menschlichen Tätigkeit gesammelt, die volle Summe des menschlichen Wissens. Und alles war auf so komplexe, komplizierte Weise in Computern gespeichert worden, daß es Experten brauchte, um die Computer zu handhaben.

Am wichtigsten war, die Bibliothek hatte überdauert. Das war für Pelorats Begriffe an ihr das Beachtlichste. Als vor zweieinhalb Jahrhunderten Trantor fiel und geplündert worden war, geschahen dort fürchterliche Verheerungen, und die aus jener Zeit überlieferten Geschichten von Tod und menschlichem Leid eigneten sich nachgerade nicht zur Wiederholung — doch die Bibliothek war erhalten geblieben, weil (wie es hieß) die Studenten der Universität sie unter Einsatz eigens einfallsreich ersonnener Waffen verteidigten und schützten — allerdings nahm man heute vielfach an, der Abwehrkampf der Studenten sei gehörig romantisch verklärt worden.

Auf jeden Fall überstand die Bibliothek die Periode der Verwüstung. Ebling Mis hatte sich mitten auf einer Ruinenwelt in einer intakten Bibliothek betätigen können, als er drauf und dran war, die Zweite Foundation zu entdecken (der Geschichte zufolge, an die Terminus’ Einwohner glaubten, der Historiker jedoch stets Vorbehalte entgegenzubringen pflegten). Die drei Generationen von Darells — Bayta, Toran und Arkady Darell — waren zur einen oder anderen Zeit alle auf Trantor gewesen. Arkady Darell hatte die Bibliothek aber nicht aufgesucht, und seit ihrer Zeit spielte die Bibliothek in der Geschichte der Galaxis keine Rolle mehr.

Eineinviertel Jahrhunderte lang war kein Angehöriger der Foundation auf Trantor gewesen, doch bestand kein Grund zu der Annahme, die Bibliothek sei nicht länger vorhanden. Daß sie keine Beachtung ausgelöst hatte, durfte als sicherster Beweis dafür gelten, daß es sie nach wie vor gab. Ihre Zerstörung hätte gewiß Aufsehen erregt.

Die Bibliothek war überholt und archaisch; sie war es schon zur Zeit Ebling Mis’ gewesen; aber das konnte nur gut sein. Pelorat rieb sich jedesmal, wenn er an eine alte, überholte Bibliothek dachte, angeregt die Hände. Je älter und überholter sie war, um so mehr kam sie dem nahe, was er brauchte. In seinen Träumen betrat er die Bibliothek und fragte in atemloser Beunruhigung: ›Ist die Bibliothek modernisiert worden? Haben Sie alte Spulen und Programme weggeworfen?‹ Und stets antworteten ihm im Traum steinalte, staubige Bibliothekare: ›Wie sie immer war, Professor, so ist sie noch.‹

Und nun sollte sein Traum wahr werden. Die Bürgermeisterin persönlich hatte es ihm zugesichert. Wieso sie überhaupt von seiner Arbeit wußte, war ihm nicht recht klar. Er hatte nur wenige Artikel veröffentlicht. Kaum etwas von seinen Forschungen hatte Hand und Fuß genug, um sich zur Veröffentlichung zu eignen, und was publiziert worden war, hatte anscheinend keinen Eindruck hinterlassen. Aber schließlich hieß es, Branno die Bronzefrau schaue auf Terminus jedem auf die Finger. Nun fühlte sich Pelorat fast dazu imstande, daran zu glauben, aber warum, beim Terminus, erkannte sie denn nicht, wenn sie schon darüber Bescheid wußte, die Wichtigkeit seiner Arbeit und gewährte ihm für diese Zwecke ein bißchen finanzielle Unterstützung?

Irgendwie, dachte er sich ab und zu mit soviel Bitterkeit, wie er zu empfinden vermochte, hatte die Foundation ihren Blick starr in die Zukunft gerichtet. Das künftige Zweite Imperium und ihre damit verknüpfte Bestimmung nahm sie voll in Anspruch. Sie hatte keine Zeit und keine Lust, um zurück in die Vergangenheit zu blicken; und alle, die so etwas taten, erzeugten nur Irritation.

Um so stupider waren sie, das verstand sich von selbst, aber er allein war nicht dazu in der Lage, die Beschränktheit zur Strecke zu bringen. Und vielleicht war es besser so. Auf diese Weise konnte er die große Aufgabe sich selbst allein vorbehalten, und es würde der Tag kommen, da er sich als der herausragende Pionier des Allerwichtigsten in allgemeiner Erinnerung befand.

Freilich bedeutete das (er war intellektuell zu aufrichtig, um sich dieser Einsicht zu verschließen), daß auch er sich von der Zukunft beanspruchen und einspannen ließ; einer Zukunft, in der man ihm die gebührende Anerkennung erwies, in der er als mit Hari Seldon vergleichbares Vorbild galt. Sicherlich würde er Seldon sogar überragen, denn wie sollte die klare Erarbeitung einer tausendjährigen Zukunft standhalten können mit der Erschließung einer verschollenen Vergangenheit von mindestens zwölf Jahrtausenden Dauer?

Und nun war sein großer Tag da; dies war sein großer Tag!

Die Bürgermeisterin hatte ihn auf den Tag nach dem Erscheinen des Seldon-Imagos verwiesen. Nur aus diesem Grund hatte sich Pelorat überhaupt für die Seldon-Krise interessiert, die monatelang jedermann auf Terminus beschäftigte, fast sogar jeden innerhalb der gesamten Föderation.

Für ihn hatte die Frage, ob die Hauptstadt der Föderation hier auf Terminus bleiben oder verlegt werden solle, so gut wie keinen Unterschied gemacht. Und nun, nachdem die Krise überstanden war, blieb er darin unsicher, für welche Seite der strittigen Sache sich Seldon ausgesprochen, ob er den Streitpunkt überhaupt angeschnitten hatte.

Ihm genügte es, daß Hari Seldon erschienen war und heute sein Tag.

Kurz nach vierzehn Uhr bog ein Wagen in die Einfahrt zu seinem etwas abseits am Stadtrand von Terminus City gelegenen Haus.

Eine Hecktür glitt beiseite; ein Mann in der Uniform des dem Bürgermeisteramt unterstellten Sicherheitskorps stieg aus, gefolgt von einem jungen Mann, dann noch einem Uniformierten.

Wider Willen fühlte sich Pelorat beeindruckt. Offenbar kannte die Bürgermeisterin nicht nur seine Tätigkeit, sondern erachtete sie auch als höchst wichtig. Man hatte der Person, die ihn begleiten sollte, eine Ehreneskorte mitgegeben, und ohnehin war ihm bereits ein erstklassiges Raumschiff zugesagt worden, mit seinem Begleiter als Pilot. Wirklich schmeichelhaft! Wirklich…

Pelorats Haushälterin öffnete die Tür. Der junge Mann kam herein, und die beiden Uniformierten bezogen Posten beiderseits des Hauseingangs. Durchs Fenster sah Pelorat einen weiteren Posten in der Nähe, und außerdem war ein zweiter Wagen vorgefahren. Noch mehr Posten!

Wie verwirrend!

Er drehte sich um, und da stand der junge Mann bereits im Zimmer, und mit einiger Überraschung stellte Pelorat fest, daß er ihn kannte. Er hatte ihn schon im TV gesehen. »Sie sind doch dieser Ratsherr«, sagte er. »Sie sind Trevize.«

»Golan Trevize, ja. Völlig richtig. Sie sind Professor Janov Pelorat?«

»Ja«, sagte Pelorat, »ja. Sind Sie derjenige, der…«

»Wir werden zusammen reisen«, erklärte Trevize ausdruckslos. »So ist’s mir jedenfalls gesagt worden.«

»Aber Sie sind doch kein Historiker.«

»Nein, bin ich nicht. Wie Sie selbst erwähnt haben, bin ich Ratsherr im Verwaltungsrat. Ich bin Politiker.«

»Ja… ja… Aber warum mache ich mir denn solche Gedanken? Ich bin ja Historiker, wozu wäre also ein zweiter erforderlich? Sie können ein Raumschiff steuern.«

»Ja, darauf verstehe ich mich ziemlich gut.«

»Na, das ist es, was wir brauchen. Ausgezeichnet! Leider bin ich kein besonders praktisch orientierter Denker, junger Mann, aber sollten zufällig Sie zu diesen Leuten zählen, dürften wir ein recht gutes Team abgeben.«

»Gegenwärtig bin ich von der Qualität meines Denkens nicht allzu begeistert«, sagte Trevize, »aber anscheinend besitzen wir keine andere Wahl, als uns alle Mühe zu geben, um ein gutes Team zu werden.«

»Dann wollen wir hoffen, daß ich meine Unsicherheit in bezug auf den Weltraum überwinden kann. Wissen Sie, Ratsherr, ich war noch nie im All. Ich bin ein Bodenhocker, wie man so sagt. Möchten Sie übrigens ein Glas Tee? Kloda kann uns welchen zubereiten. Soviel ich weiß, wird’s bis zu unserem Aufbruch noch ein paar Stunden dauern. Ich bin allerdings schon fertig. Ich habe in Bereitschaft, was wir mitnehmen müssen. Die Bürgermeisterin war ja so verständnisvoll. Erstaunlich, ihr Interesse an diesem Projekt.«

»Sie wissen also Bescheid?« erkundigte sich Trevize. »Wie lange schon?«

»Die Bürgermeisterin hat sich…« — hier runzelte Pelorat die Stirn, rechnete offenbar nach — »…vor zwei oder drei Wochen an mich gewandt. Ich war höchst erfreut. Und nun, da ich kapiert habe, daß ich keinen zweiten Historiker, sondern einen Piloten brauche, bin ich ebenso erfreut, daß Sie mein Begleiter sein werden, mein Bester.«

»Vor zwei oder drei Wochen«, wiederholte Trevize leicht befremdet. »Dann hat sie sich also schon geraume Zeit lang darauf vorbereitet. Und ich…« Er verstummte.

»Entschuldigung?«

»Nichts, Professor. Ich habe die schlechte Angewohnheit, vor mich hin zu murmeln. Falls unsere Reise länger dauert, werden Sie sich noch daran gewöhnen.«

»Sie wird ihre Zeit beanspruchen, bestimmt, bestimmt«, sagte Pelorat und geleitete seinen Gast ins Wohnzimmer an den Tisch, wo seine Haushälterin soeben nachgerade zeremoniell Tee servierte. »Man kann fast von ungewisser Dauer sprechen. Die Bürgermeisterin hat mir versichert, wir dürften uns soviel Zeit lassen, wie wir möchten, die ganze Galaxis stünde uns offen, wir dürften uns überall, wo wir uns aufhalten, auf den finanziellen Rückhalt der Foundation stützen. Natürlich müßten wir bei den Ausgaben einigermaßen vernünftig sein, hat sie gesagt. Das habe ich ihr versprochen.« Er lachte gedämpft auf und rieb sich die Hände. »Setzen Sie sich, mein Bester, setzen Sie sich! Dies könnte für sehr lange Zeit Ihr letzter Imbiß auf Terminus sein.«

Trevize nahm Platz. »Haben Sie Familie, Professor?« fragte er nach.

»Ich habe einen Sohn. Er studiert an einer Fakultät der Universität von Santanni. Er ist Chemiker, glaube ich, oder so was ähnliches. Er ist nach seiner Mutter geraten. Sie hat lange keinen Umgang mit mir gepflegt, folglich habe ich keine Verpflichtungen, nichts am Hals, sehen Sie? Ich vermute, mit Ihnen steht’s ähnlich. Bedienen Sie sich mit Sandwiches, mein Bester.«

»Ich habe zur Zeit keine Bindungen. Ein paar Frauenbekanntschaften. Sie kommen und gehen.«

»Ja. Ja. Schön, wenn das so klappt. Noch schöner, wenn man feststellt, man muß das alles gar nicht so ernst nehmen. Keine Kinder, schätze ich?«

»Keine.«

»Gut. Sie sehen, ich bin in bester Laune. Zuerst war ich erschrocken, als ich Sie kommen sah, ich geb’s zu. Aber jetzt finde ich Sie sehr bemerkenswert. Was ich zu meiner Unterstützung benötige, sind Jugend, Enthusiasmus, ein Begleiter, der sich in der Galaxis zurechtfindet. Wir treten eine Suche an, wissen Sie. Eine ganz außerordentliche Forschungsreise.« Pelorats ruhige Miene und seine maßvolle Stimme strahlten nun eine gewisse Lebhaftigkeit aus, ohne daß Gesichtsausdruck und Tonfall sich verändert hätten. »Ich weiß nicht, ob Sie schon vollständig eingeweiht worden sind.«

Trevize verengte die Lider. »Eine außerordentliche Forschungsreise?«

»Ja, wahrhaftig. Unter den Dutzenden Millionen bewohnter Welten in der Galaxis ist eine Perle von größter Kostbarkeit verborgen, und es gibt nur ein paar ganz schwache Hinweise, die uns womöglich zu ihr führen könnten. Trotzdem, falls es uns gelingt, sie zu finden, werden wir an eine unschätzbare Kostbarkeit gelangt sein. Wenn Sie und ich diejenigen sind, die sie finden, Junge — Trevize, wollte ich sagen, ich möchte mich nicht anbiedern —, dann wird man unsere Namen in alle Ewigkeit nicht vergessen.«

»Diese Kostbarkeit, von der Sie da reden… diese so kostbare Perle…«

»Hört sich an wie Arkady Darell — diese Autorin, Sie kennen sie ja sicher —, wenn sie von der Zweiten Foundation spricht, was? Kein Wunder, daß Sie so ein verdutztes Gesicht machen.« Pelorat legte den Kopf zurück, als wolle er in lautes Gelächter ausbrechen, aber er lächelte bloß.

»Glauben Sie mir, es dreht sich um nichts, was so albern und unwichtig wäre.«

»Wenn Sie nicht von der Zweiten Foundation reden, Professor«, meinte Trevize, »wovon sprechen Sie dann?«

Pelorat war plötzlich ernst, fast voller Bedauern. »Ach, die Bürgermeisterin hat Ihnen also nichts erzählt? Eigentlich ist es wirklich merkwürdig, wissen Sie. Jahrzehntelang habe ich mich über die Regierung und ihre Unfähigkeit geärgert, zu begreifen, was ich treibe, und nun ist Bürgermeisterin Branno auf einmal so erstaunlich großzügig.«

»Ja«, sagte Trevize, ohne sich eines gewissen Anklangs von Ironie in seiner Stimme zu enthalten, »sie ist eine Frau von staunenswert unauffälliger Menschenfreundlichkeit, aber Sie hat mir nicht verraten, um was es bei dieser Angelegenheit eigentlich geht.«

»Dann haben Sie keine Ahnung von meinen Forschungen?«

»Nein, tut mir leid.«

»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Ist schon recht. Ich habe damit nicht gerade Aufsehen erregt. Also will ich’s Ihnen sagen. Sie und ich werden losfliegen — und mit Erfolg, denn ich weiß schon eine glänzende Möglichkeit —, um die Erde zu suchen.«

»Die Erde?«

10

In der folgenden Nacht schlief Trevize schlecht. Immer wieder durchmaß er die Grenzen des Gefängnisses, das die Bürgermeisterin, diese gealterte Frau, rings um ihn erbaut hatte. Doch nirgends fand er einen Ausweg.

Man trieb ihn ins Exil, und er vermochte dagegen nichts zu unternehmen. Sie war mit kaltschnäuziger Unerbittlichkeit aufgetreten, hatte sich sogar die Mühe gespart, die krasse Verfassungswidrigkeit ihres Vorgehens zu kaschieren. Er hatte auf seine Rechte als Ratsherr und Bürger der Föderation vertraut, und sie hatte zu irgendwelchen Rechten nicht einmal Lippenbekenntnisse abgelegt.

Und dann hatte dieser Pelorat, ein seltsamer Akademiker, der in der Welt zu wohnen schien, ohne ein Teil von ihr zu sein, ihm mitgeteilt, daß diese furchterregende Alte schon seit Wochen entsprechende Vorbereitungen traf.

Er fühlte sich allmählich tatsächlich wie der ›Junge‹, zu dem sie ihn abzustempeln versucht hatte.

Er sollte gemeinsam mit einem Historiker ins Exil gehen, der ihn fortwährend ›mein Bester‹ nannte und insgeheim anscheinend außer sich vor Freude über diese Gelegenheit war, eine galaktische Forschungsreise durchzuführen und… ›die Erde‹ zu suchen?

Bei der Großmutter des Fuchses, was war ›die Erde‹?

Er hatte gefragt. Selbstverständlich. Sobald dieser Begriff Erwähnung fand, hatte er sich nach der Bedeutung erkundigt.

»Entschuldigen Sie, Professor«, hatte er gesagt. »Ich kenne mich in Ihrem Spezialgebiet nicht aus, deshalb hoffe ich, es ist Ihnen nicht unangenehm, wenn ich Sie um eine Erklärung in schlichten Worten bitte. Was ist ›die Erde‹?«

Pelorat musterte ihn ernsthaft, und ziemlich langsam verstrichen zwanzig Sekunden. »Das ist ein Planet«, antwortete er schließlich. »Der Planet des Ursprungs. Die Welt, auf der erstmals menschliche Wesen aufgetaucht sind, mein Bester.«

Trevize starrte ihn an. »Erstmals aufgetaucht? Woher?«

»Von nirgendwo. Das ist der Planet, auf dem sich die Menschheit in evolutionären Prozessen aus niedrigeren Säugetieren entwickelt hat.«

Trevize dachte darüber nach, dann schüttelte er den Kopf. »Ich verstehe nicht, was Sie meinen.«

Pelorats Gesicht zeigte flüchtig Verärgerung. Er räusperte sich. »Es gab mal eine Zeit«, sagte er, »da lebten auf Terminus keine Menschen. Er ist durch Menschen von anderen Welten besiedelt worden. Das wissen Sie doch wohl, denke ich?«

»Ja, natürlich«, entgegnete Trevize ungeduldig. Die Art, wie sein Gegenüber auf einmal den Schulmeister herauskehrte, verdroß ihn.

»Schön. Das gleiche gilt für alle anderen bewohnten Welten. Anacreon, Santanni, Kalgan, allesamt. Sie alle sind zu irgendeinem Zeitpunkt in der Vergangenheit besiedelt worden. Menschen sind von anderen Welten dorthin gezogen. Es gilt sogar für Trantor. Er mag zwanzigtausend Jahre lang eine enorme Metropole gewesen sein, aber davor war er’s nicht.«

»Na, und was war er davor?«

»Leer! Zumindest menschenleer.«

»Das ist schwer zu glauben.«

»Es ist wahr. Die alten Dokumente beweisen’s.«

»Woher kamen denn die Leute, die sich anfangs auf Trantor niedergelassen haben?«

»Das weiß man nicht genau. Hunderte von Planeten behaupten, bereits in den düstersten Fernen des grauen Altertums bevölkert gewesen zu sein, und ihre Einwohner erzählen wild ausgeschmückte Histörchen über die Art des ersten Auftauchens von Menschen. Historiker jedoch scheren sich größtenteils kaum um solchen Quatsch und befassen sich statt dessen mit dem ›Problem des Ursprungs‹.«

»Was ist denn das? Davon habe ich auch noch nie gehört.«

»Nicht? Für mich keineswegs eine Überraschung. Es ist in der heutigen Zeit kein sonderlich populäres historisches Problem, zugegeben, aber zur Zeit, als das Imperium auseinanderbrach, fand es in Intellektuellenkreisen ein gewisses Interesse. Salvor Hardin erwähnt es ganz kurz in seinen Memoiren. Es geht dabei um die Frage nach Identität und Position des einen Planeten, auf dem alles angefangen hat. Wenn wir zurück in die Vergangenheit schauen, sehen wir die Menschheit ebenso auf in neuerer Zeit besiedelten wie auch — und immer weniger, je weiter die Rückblende zurückreicht — auf seit längerem, langem und bereits seit sehr langem bewohnten Welten, bis zurück in fernes Altertum, als alle Menschen auf nur einem Planeten lebten — der Welt des Ursprungs.«

Trevize erkannte die offensichtliche Schwäche dieser Darlegungen augenblicklich. »Kann man denn nicht mit gleichem Recht eine große Anzahl von Ursprungswelten voraussetzen?«

»Natürlich nicht. Alle Menschen in der gesamten Milchstraße gehören einer einheitlichen Spezies an. Eine einheitliche Spezies kann nicht auf mehr als einem Planeten gleichzeitig entstehen. Völlig ausgeschlossen.«

»Woher wollen Sie das wissen?«

»Erstens…«, begann Pelorat, indem er den Zeigefinger der linken an den Zeigefinger der rechten Hand legte, kam jedoch allem Anschein nach unvermittelt zu der Ansicht, er müsse sich in einer zweifellos langwierigen und komplizierten Erläuterung ergehen. Er ließ beide Hände an seine Seiten sinken. »Mein Bester«, sagte er mit bedeutungsschwerer Ernsthaftigkeit, »ich gebe Ihnen darauf mein Ehrenwort.«

Trevize vollführte eine förmliche Verbeugung: »Mir fiele es nicht einmal im Traum ein, daran zu zweifeln, Professor Pelorat«, versicherte er. »Lassen Sie’s uns also so ausdrücken: Es gibt einen Planeten des Ursprungs, aber könnten nicht Hunderte von Welten vorhanden sein, die diesen Ruhm für sich beanspruchen?«

»Sie könnten nicht nur, sie sind vorhanden. Doch sämtliche dieser Anmaßungen sind unbegründet. Keine einzige dieser Welten, die so ehrgeizige Ansprüche erheben, weist irgendeine Spur einer Zivilisation auf, die schon vor dem Beginn der Hyperraumfahrt existiert haben kann, gar nicht zu reden von irgendwelchen Hinweisen auf eine Entwicklung von Menschen aus vormenschlichen Organismen.«

»Sie wollen also sagen, es gibt einen Planeten des Ursprungs, aber aus irgendeinem Grund verzichtet er darauf, seinen Anspruch offen zu erheben?«

»Nun haben Sie genau ins Schwarze getroffen.«

»Und Sie beabsichtigen ihn zu suchen?«

»Das werden wir. So lautet unser Auftrag. Bürgermeisterin Branno hat alles in die Wege geleitet. Sie werden unser Raumschiff nach Trantor bringen.«

»Nach Trantor? Aber er ist doch nicht der Planet des Ursprungs. Das haben Sie doch gerade erst selber gesagt.«

»Freilich ist Trantor es nicht. Die Erde ist’s.«

»Warum tragen Sie mir dann nicht auf, das Raumschiff zur Erde zu fliegen?«

»Ich habe mich nicht deutlich genug ausgedrückt. ›Erde‹ ist ein legendärer Name. Er ist von uralten Mythen umgeben. Wir können hinsichtlich seiner Bedeutung nicht sicher sein, aber bequemlichkeitshalber pflegen wir die Bezeichnung als zweisilbiges Synonym für ›Planet des Ursprungs der menschlichen Spezies‹ zu benutzen. Welcher der real existenten Planeten wirklich derjenige ist, den wir ›Erde‹ nennen, das ist uns ja eben unbekannt.«

»Und auf Trantor soll man’s wissen?«

»Auf jeden Fall erhoffe ich mir von dort nützliche Informationen. Auf Trantor befindet sich die Galaktische Bibliothek, das größte Archiv in der ganzen Milchstraße.«

»Aber sicherlich ist diese Bibliothek doch bereits von den Leuten durchforscht worden, von denen Sie sagen, sie hätten sich schon zur Zeit des Ersten Imperiums für die Frage des Ursprungs interessiert.«

Versonnen nickte Pelorat. »Ja, aber vielleicht nicht gut genug. Ich weiß vieles über das Problem des Ursprungs, was man vor fünfhundert Jahren im alten Imperium möglicherweise noch nicht wußte. Ich kann die alten Unterlagen mit größerem Verständnis durchsuchen, verstehen Sie? Ich mache mir schon seit langem eingehend darüber meine Gedanken.«

»Ich nehme an, Sie haben Bürgermeisterin Branno von alldem erzählt, und sie billigt es?«

»Billigt es? Mein Bester, sie war entzückt! Sie stimmte mir darin zu, daß Trantor ganz gewiß der richtige Ort ist, an dem ich alles entdecken kann, was ich noch herausfinden muß.«

»Ohne Zweifel«, bemerkte Trevize unterdrückt.

Das gehörte zu dem, was ihn im Laufe der Nacht unablässig beschäftigte. Bürgermeisterin Branno schickte ihn aus, damit er über die Zweite Foundation herausfand, was sich herausfinden ließ. Sie schickte ihn in Pelorats Begleitung, damit er seine wahren Absichten hinter dieser angeblichen Suche nach der Erde verbergen konnte — eine Suche, die ihn praktisch in jeden beliebigen Winkel der Galaxis verschlagen mochte. Es handelte sich tatsächlich um eine perfekte Tarnung, und er bewunderte den Einfallsreichtum der Bürgermeisterin.

Aber nach Trantor? Was für einen Sinn sollte das haben? Sobald sie sich auf Trantor befanden, würde Pelorat sich in der Galaktischen Bibliothek einnisten und nicht mehr zum Vorschein kommen. Angesichts endloser Reihen von Büchern, Filmen und anderer Aufzeichnungen, zahlloser Datenspeicher und Symbolkompilationen würde er bestimmt keine Lust verspüren, je wieder fortzugehen.

Außerdem…

Zur Zeit des Fuchses war Ebling Mis auf Trantor gewesen. Wie es hieß, hatte er dort entdeckt, wo sich die Zweite Foundation verbarg, aber den Tod gefunden, ehe er es irgendwem verraten konnte. Auch Arkady Darell hatte Trantor aufgesucht und mit Erfolg nach der Zweiten Foundation geforscht. Deren Schlupfwinkel jedoch, den sie aufspürte, befand sich auf Terminus selbst, und dort hatte man daraufhin die Zweite Foundation auslöschen können. Wo immer sich die Zweite Foundation heute verborgen halten mochte, es war auf jeden Fall woanders. Was also sollte sich auf Trantor noch in Erfahrung bringen lassen? Wenn sie nach der Zweiten Foundation suchen wollten, konnten sie nahezu jedes beliebige Ziel anpeilen, bloß nicht Trantor.

Außerdem…

Welche Pläne die Branno weiterhin verfolgte, wußte er nicht, aber es entsprach keineswegs seiner Laune, ihr zu gehorchen. So, die Branno war wegen der Reise nach Trantor entzückt gewesen? Na, wenn die Branno wünschte, daß sie nach Trantor flogen, dann würden sie eben nicht nach Trantor fliegen! Überallhin, aber bestimmt nicht nach Trantor!

Und als die Nacht sich allmählich der Morgendämmerung näherte, sank Trevize, völlig zermürbt, endlich in unruhigen Schlaf.

11

Der nächste Tag, nachdem sie Trevize unschädlich gemacht hatte, verlief für Bürgermeisterin Branno einwandfrei. Sie hatte ihre Grenzen weit überschritten, und niemand erwähnte den Vorfall.

Nichtsdestoweniger war sie sich darüber im klaren, daß der Verwaltungsrat seinen lähmungsähnlichen Zustand des Stillhaltens bald überwinden mußte, man würde Fragen aufwerfen. Es kam darauf an, schnell zu handeln. Also schob sie zahlreiche andere Angelegenheiten vorerst beiseite und widmete sich dem Fall Trevize.

Zur gleichen Zeit, als Trevize und Pelorat über die Erde diskutierten, saß im Bürgermeisteramt Ratsherr Munn Li Compor der Branno gegenüber. Während er sich recht unbekümmert vor ihrem Schreibtisch lümmelte, unterzog sie ihn einer erneuten Einschätzung.

Er war kleiner und leichtgewichtiger als Trevize und nur zwei Jahre älter. Beide waren erst seit kurzem Mitglieder des Verwaltungsrates, beide jung und forsch, und das mußten die einzigen Gemeinsamkeiten sein, die sie miteinander verbunden hatten, denn in jeder anderen Hinsicht waren sie vollkommen verschieden.

Wogegen Trevize heftige Eindringlichkeit zu verbreiten pflegte, merkte man Compor nichts anderes an als nahezu heiter-gelassenes Selbstvertrauen. Das lag vielleicht an seinem blonden Haar und den blauen Augen, was unter den Bürgern der Foundation sehr selten anzutreffen war. Sie verliehen ihm eine fast feminine Zierlichkeit, die ihn (vermutete die Branno) für Frauen weniger attraktiv machte als Trevize. Allerdings bildete er sich unverkennbar etwas auf sein Aussehen ein, trug das Haar ziemlich lang und sorgfältig gewellt. Unter den Brauen wies er hellblauen Lidschatten auf, um seine natürliche Augenfarbe zu betonen (Lidschatten in den verschiedensten Farbtönen waren im Laufe der letzten zehn Jahre unter Männern beliebt geworden).

Er war kein Weiberheld. Er lebte eher geruhsam mit einer Frau zusammen, hatte den Behörden jedoch noch keine Zeugungsabsichten angemeldet, und von einer Partnerin nebenher wußte man nichts. Auch das unterschied ihn von Trevize, der seine Frauenbekanntschaften so häufig wechselte wie die grellfarbenen Gürtel, für die er bekannt war.

Es gab wenig, was Kodells Sicherheitsbüro über die beiden jungen Ratsherren nicht in Erfahrung gebracht hatte; Kodell selbst saß nun still in einer Ecke der Räumlichkeit und zeigte sein übliches, gutmütiges Lächeln.


»Ratsherr Compor«, sagte die Branno, »Sie haben der Foundation einen wertvollen Dienst erwiesen, doch zu Ihrem Nachteil ist er nicht von der Art, die man öffentlich loben oder auf herkömmliche Art und Weise belohnen kann.«

Compor lächelte. Er hatte weiße und gleichmäßige Zähne, und flüchtig stellte sich die Branno die müßige Frage, ob alle Bewohner des Sirius-Sektors so aussahen. Compors Behauptung, aus dieser besonderen, ziemlich peripheren Region zu stammen, ging zurück auf seine Großmutter mütterlicherseits, die auch blond und blauäugig gewesen war und darauf beharrt hatte, ihre Mutter habe aus dem Sirius-Sektor gestammt. Kodell zufolge aber existierten dafür keine sicheren Beweise.

So seien Frauen nun einmal, hatte Kodell bemerkt, es sei sehr gut möglich, daß sie sich bloß eine ferne, exotische Herkunft angedichtet habe, um ihre ohnehin beträchtliche Anziehungskraft und Ausstrahlung noch zu verstärken.

»Sind Frauen so?« hatte die Branno humorlos gefragt, und Kodell hatte gelächelt und gedämpft eingeschränkt, er meine natürlich nur gewöhnliche Frauen.

»Es ist nicht erforderlich, daß die Bevölkerung der Föderation von diesem Dienst weiß«, sagte Compor. »Es genügt, wenn Sie davon wissen.«

»Ich weiß davon und werde ihn nicht vergessen. Gleichfalls will ich Sie aber nicht darüber im unklaren lassen, daß Ihre Pflicht damit noch nicht getan ist. Sie haben sich auf einen heiklen Kurs eingelassen und müssen nun weitermachen. Wir wollen mehr über Trevize erfahren.«

»Ich habe Ihnen alles mitgeteilt, was ich über ihn weiß.«

»Kann sein, Sie möchten gern, daß ich das glaube. Vielleicht glauben Sie’s sogar selber. Aber beantworten Sie erst einmal meine Fragen. Kennen Sie einen Mann namens Janov Pelorat?«

Flüchtig runzelte Compor die Stirn; sie glättete sich fast sofort wieder.

»Mag sein, daß ich ihn erkenne, wenn ich ihn sehe«, antwortete er vorsichtig, »aber der Name allein besagt mir nichts.«

»Er ist ein Gelehrter.«

Compor rundete den Mund zu einem geringschätzigen, aber lautlosen Oh?, als ob es ihn überrasche, daß die Bürgermeisterin annahm, er kenne irgendwelche Gelehrten.

»Pelorat ist eine interessante Person, die aus gewissen Gründen wild darauf ist, Trantor einen Besuch abzustatten«, sagte die Branno. »Ratsherr Trevize wird ihn begleiten. Da Sie mit Trevize gut befreundet waren und daher vielleicht die Art kennen, wie er denkt, sagen Sie mir folgendes — wird sich Trevize mit Trantor als Ziel abfinden?«

»Wenn Sie Trevize ins Raumschiff bringen und es nach Trantor steuern lassen«, sagte Compor, »was bleibt ihm anderes übrig? Sie befürchten doch wohl nicht, er könne meutern und das Raumschiff übernehmen?«

»Sie mißverstehen mich. Er und Pelorat werden allein im Schiff sein, und er wird an den Kontrollen sitzen.«

»Und Sie fragen mich, ob er sich bereitwillig nach Trantor schicken läßt?«

»Ja, genau so lautet meine Frage.«

»Bürgermeisterin, wie könnte denn ich wissen, ob er das tun wird?«

»Ratsherr Compor, Sie waren mit Trevize befreundet. Sie wissen von seiner Überzeugung bezüglich der Existenz der Zweiten Foundation. Hat er sich nie näher über seine Theorien ausgelassen, etwa in der Beziehung, wo sie existieren, wo man sie finden könnte?«

»Niemals, Bürgermeisterin.«

»Glauben Sie, daß er sie finden wird?«

Compor lachte leise auf. »Ich gehe davon aus, daß die Zweite Foundation, was sie auch gewesen, wie wichtig sie auch gewesen sein mag, zur Zeit Arkady Darells eliminiert worden ist. Ich halte ihre Darstellung für glaubhaft.«

»Tatsächlich? Warum haben Sie Ihren Freund dann verraten? Wenn er nach etwas sucht, das es gar nicht gibt, welchen Schaden hätte er denn verursachen können, ihn seine haltlosen Theorien verbreiten zu lassen?«

»Nicht nur Wahrheiten können Schaden anrichten«, entgegnete Compor. »Seine Theorien mögen haltlos sein, aber es ist nicht ausgeschlossen, daß es ihm gelungen wäre, damit unter Terminus’ Einwohnerschaft Unruhe zu stiften, und durch die Verbreitung von Unsicherheit und Zweifeln, was die Rolle der Foundation im gewaltigen Drama der galaktischen Geschichte angeht, die Führung der Föderation zu schwächen, den Traum von einem Zweiten Galaktischen Imperium zu beeinträchtigen. Allem Anschein nach haben Sie ja die gleichen Überlegungen angestellt, andernfalls hätten Sie ihn nicht aus dem Sitzungssaal gewiesen und sich erst recht nicht gezwungen gesehen, ihn ohne Verhandlung ins Exil zu schicken. Warum haben Sie das getan, wenn ich fragen darf, Bürgermeisterin?«

»Sagen wir einmal, ich war vorsichtig genug, mir zu denken, es besteht ganz entfernt die Möglichkeit, daß er recht hat, sodaß die Verbreitung seiner Ansichten eine akute, direkte Gefahr sein könnte.«

Compor schwieg.

»Selbstverständlich bin ich Ihrer Meinung«, fügte die Branno hinzu, »aber die Verantwortung, die mit meinem Amt verbunden ist, zwingt mich naturgemäß dazu, auch so eine Möglichkeit zu berücksichtigen. Also gestatten Sie, daß ich Sie nochmals frage, ob Sie irgendeine Vorstellung besitzen, wo nach seiner Auffassung die Zweite Foundation gefunden werden, wohin er sich wenden könnte?«

»Nicht im geringsten.«

»Hat er Ihnen gegenüber nie derartige Andeutungen gemacht?«

»Nein, natürlich nicht.«

»Nie? Antworten Sie nicht voreilig. Denken Sie erst nach. Wirklich nie?«

»Niemals«, sagte Compor entschieden.

»Keinerlei Anspielungen? Gar keine scherzhaften Bemerkungen? Keine Späße? Keine abstrakten Grübeleien, die erst im Rückblick an Bedeutung gewinnen?«

»Nichts dergleichen. Ich sage Ihnen, Bürgermeisterin, seine Hirngespinste von der Zweiten Foundation sind nicht mehr wert als der schwächste Sternenschein. Das wissen Sie doch selbst, und mit Ihren Sorgen wegen dieser Sache verschwenden Sie nur Ihre Zeit und regen sich unnötig auf.«

»Sie wechseln nicht zufällig nun wieder die Seite und decken Ihren Freund, nachdem Sie ihn erst mir in die Hand geliefert haben?«

»Nein«, gab Compor zur Antwort. »Ich habe aus Gründen, die ich für gut und patriotisch halte, mit Ihnen gegen ihn zusammengearbeitet. Ich sehe keinen Anlaß, meine Handlungsweise zu bereuen oder meine Einstellung zu ändern.«

»Dann können Sie nicht den kleinsten Hinweis darauf geben, wohin er möglicherweise fliegen dürfte, sobald das Raumschiff erst einmal zu seiner Verfügung steht?«

»Wie ich schon gesagt habe, ich…«

»Und doch, Ratsherr…« — hier verzog die Bürgermeisterin die Falten ihres Gesichts so, daß es zutiefst versonnen wirkte — »…wüßte ich gern, wohin er wirklich fliegt.«

»In diesem Fall, meine ich, sollten Sie in dem Raumschiff eine Hypersonde verstecken.«

»Daran habe ich auch schon gedacht, Ratsherr. Allerdings ist Trevize ein ziemlich argwöhnischer Mensch, und ich vermute, er würde sie finden, wie raffiniert man sie auch versteckt. Natürlich ließe sie sich so installieren, daß er sie nicht ausbauen kann, ohne das Schiff zu beschädigen, so daß er gezwungen wäre, sie an ihrem Platz zu belassen…«

»Ein glänzender Einfall.«

»Nur würde ihn das in seiner Bewegungsfreiheit einschränken«, sagte die Branno. »Er ginge womöglich nicht dorthin, wohin er fliegen würde, wenn er volle Freizügigkeit und Beweglichkeit genießt. Ich würde nur nutzlose Informationen erhalten.«

»In diesem Fall kommt es mir so vor, als könnten Sie leider nun einmal nicht erfahren, wohin er geht.«

»Vielleicht doch, denn ich bin auf eine ganz primitive Methode verfallen. Ein Mensch, der nur mit dem Raffiniertesten rechnet und dagegen vorbeugt, ist andererseits durchaus dazu in der Lage, die primitiven Mittel zu vergessen. Ich habe die Absicht, Trevize verfolgen zu lassen.«

»Verfolgen?«

»Genau. Durch ein anderes Raumschiff mit einem anderen Piloten. Sie sehen, Sie sind gleichfalls erstaunt über diese Idee. Er wäre genauso erstaunt. Er dürfte kaum daran denken, den Weltraum nach einer Begleitmasse abzutasten, und so oder so werden wir dafür sorgen, daß sein Schiff nicht mit den modernsten Massendetektoren ausgerüstet ist.«

»Bei allem Respekt, Bürgermeisterin«, sagte Compor, »aber ich muß Sie darauf hinweisen, daß Ihnen bezüglich der Raumfahrt die Erfahrungen fehlen. Man verfolgt nie ein Raumschiff mit einem anderen, weil so was nicht klappen kann. Mit dem ersten Hypersprung wird Trevize den Verfolger abhängen. Selbst wenn er nicht merkt, daß ihm jemand folgt, wird sein erster Hypersprung ihm den Weg in die Freiheit eröffnen. Und wenn sich an Bord keine Hypersonde befindet, ist er nicht wieder auffindbar.«

»Ich gestehe meinen Mangel an Erfahrung ein. Im Gegensatz zu Ihnen und Trevize habe ich keine Ausbildung in der Raummarine genossen. Trotzdem, meine Berater, die eine solche Ausbildung erhalten haben, versichern mir, daß eine genaue Überwachung des Raumschiffs unmittelbar vor dem Hypersprung — Kurs, Geschwindigkeit und Beschleunigung — erlaubt, zu schlußfolgern, wie der vorgesehene Hypersprung ausfallen wird, jedenfalls allgemein betrachtet. Mit einem guten Computer und sehr gutem Urteilsvermögen müßte ein Verfolger dazu fähig sein, den gleichen Hypersprung zu vollführen und im Zielsektor die Spur erneut aufzunehmen, vor allem, wenn der Verfolger einen vorzüglichen Massendetektor besitzt.«

»Einmal kann so etwas gelingen«, sagte Compor mit Nachdruck, »auch zweimal, falls der Verfolger viel Glück hat, aber dann ist Schluß. Auf so was kann man sich nicht verlassen.«

»Vielleicht können wir’s doch. Ratsherr Compor, Sie haben früher an Wettflügen teilgenommen, bei denen auch Hypersprünge stattfanden. Sie sehen, ich weiß sehr viel über Sie. Sie sind ein ausgezeichneter Raumpilot und haben die bemerkenswertesten Leistungen gezeigt, wenn’s darum ging, einem Konkurrenten durch einen Hypersprung zu folgen.«

Compor riß die Augen auf. Er wand sich nahezu im Sessel. »Damals war ich noch am College. Heute bin ich älter.«

»Nicht zu alt. Noch keine fünfunddreißig. Infolgedessen steht für mich fest, daß Sie Trevize folgen werden, Ratsherr. Wohin er fliegt, dorthin werden Sie ihm folgen, und Sie werden mir Bericht erstatten. Kurz nach Trevizes Start werden Sie auch starten, und er wird in wenigen Stunden aufbrechen. Sollten Sie diese Aufgabe etwa zurückweisen, Ratsherr, lasse ich Sie wegen Hochverrats einsperren! Wenn Sie’s vorziehen, mit dem Raumschiff abzufliegen, das wir Ihnen zur Verfügung stellen, aber den Anschluß an Trevize verlieren, brauchen Sie gar nicht erst zurückzukehren. Falls Sie’s doch versuchen, werden Sie im Raum vernichtet!«

Mit einem Ruck stand Compor auf. »Ich führe ein eigenes Leben. Ich habe Arbeit zu erledigen. Ich habe eine Partnerin. Ich kann unmöglich fort.«

»Sie werden müssen. Wir alle, die wir beschlossen haben, Diener der Foundation zu sein, müssen jederzeit darauf gefaßt sein, ihr auf weitergehende und unbequeme Weise zu dienen, falls es sich als nötig erweist.«

»Meine Frau muß mich natürlich begleiten.«

»Halten Sie mich für eine Idiotin? Natürlich bleibt sie hier.«

»Als Geisel?«

»Von mir aus, wenn diese Bezeichnung Ihnen gefällt. Ich ziehe es vor zu sagen, daß Sie sich in Gefahr begeben müssen, und deshalb legt mein weiches Herz Wert darauf, daß sie hier bleibt, wo sie in keine Gefahr geraten kann. Jede weitere Diskussion ist ohnehin überflüssig. Sie stehen unter Arrest, genauso wie Trevize, und ich bin mir sicher, Sie verstehen, daß ich schnell handeln muß, ehe die Euphorie abebbt, die Terminus gegenwärtig beherrscht. Ich fürchte, mein Stern beginnt zu sinken.«

12

»Sie sind nicht gerade sanft mit ihm umgesprungen, Bürgermeisterin«, sagte Kodell.

»Warum hätte ich’s sollen?« entgegnete die Bürgermeisterin schnaubend. »Er hat einen Freund hintergangen.«

»Das war für uns von Nutzen.«

»Ja, zufällig. Seine nächste Verräterei könnte allerdings genau gegenteilig sein.«

»Warum sollte so etwas noch einmal vorkommen?«

»Hören Sie auf, Liono!« sagte die Branno ungnädig. »Machen Sie hier keine Witze! Jedem Menschen, der sich einmal zum Verrat fähig zeigt, muß man jederzeit zutrauen, daß er’s nochmals macht.«

»Vielleicht wirkt sich diese Fähigkeit so aus, daß er sich nun wieder mit Trevize verbündet. Zusammen könnten die beiden…«

»Das glauben Sie doch selbst nicht. Bei all seiner Wirrköpfigkeit und Naivität pflegt Trevize immer geradlinig vorzugehen. Er hat keinerlei Verständnis für Hinterhältigkeit und wird Compor unter gar keinen Umständen ein zweites Mal Vertrauen schenken.«

»Entschuldigung, Bürgermeisterin«, sagte Kodell, »ich möchte mich nur vergewissern, daß ich Ihren Überlegungen gänzlich folgen kann. Wie sehr dürfen denn nach Ihrer Ansicht Sie Compor trauen? Woher wollen Sie wissen, ob er Trevize wirklich folgt und Ihnen wahrheitsgemäß Bericht erstattet? Meinen Sie, Sie können sich völlig auf seine Sorge um seine Frau verlassen, um ihn zu gängeln? Auf seinen Wunsch, zu ihr zurückkehren zu dürfen?«

»Beides sind Faktoren, die ich einbeziehe, aber ich stütze mich nicht allein darauf. In Compors Raumschiff wird eine Hypersonde versteckt sein. Trevize könnte eine Überwachung erwarten und deshalb nach einer suchen. Compor dagegen, sein Verfolger, wird mit keiner Überwachung rechnen — vermute ich — und daher nicht danach suchen. Falls doch, und falls er sie findet, dann müssen wir uns tatsächlich in der Hauptsache auf die Anziehungskraft seiner Frau verlassen.«

Kodell lachte. »Kaum vorzustellen, daß ich Ihnen einmal Lektionen erteilen mußte. Und der Zweck der Verfolgung?«

»Sie geschieht zur doppelten Absicherung. Sollte Trevize ertappt werden, bleibt möglicherweise noch Compor, um uns, falls Trevize nicht länger dazu imstande ist, die gewünschten Informationen zu übermitteln.«

»Noch eine Frage. Was soll werden, sollte Trevize dank irgendeines Zufalls wirklich die Zweite Foundation finden, und wir erfahren durch ihn davon, oder durch Compor, oder wir ziehen, falls beide umkommen, entsprechende Schlüsse?«

»Ich hoffe, daß die Zweite Foundation tatsächlich existiert, Liono«, sagte die Bürgermeisterin. »Der Seldon-Plan kann unseren Zielen jedenfalls nicht mehr viel länger dienlich sein. Der große Hari Seldon hat ihn zur Zeit des Niedergangs des Imperiums erarbeitet, als der technische Fortschritt buchstäblich zum Stillstand gekommen war.

Seldon selbst war zwangsläufig ein Kind seiner Epoche, und wie brillant seine inzwischen halb mythische Wissenschaft der Psychohistorie auch gewesen sein muß, sie hat sich damals nicht über ihre Anfänge erhoben. Gewiß sind keine schnellen technischen Fortschritte einkalkuliert worden. Die Foundation hat jedoch welche erzielt, vor allem im letzten Jahrhundert. Wir besitzen Massendetektoren von einer Leistungstüchtigkeit, wie man sie früher nicht einmal zu erträumen gewagt hat, wir verfügen über Computer, die auf Gedanken reagieren, und vor allem stehen uns geistige Abschirmmöglichkeiten zur Verfügung. Selbst wenn die Zweite Foundation uns gegenwärtig noch unter Kontrolle haben sollte, wesentlich länger kann sie nicht dazu in der Lage sein. Während meiner letzten Jahre der Macht möchte ich die Person sein, die Terminus auf einen neuen Weg führt.«

»Und wenn’s nun doch keine Zweite Foundation gibt?«

»Dann schlagen wir sofort einen neuen Weg ein.«

13

Der ruhelose Schlaf, der Trevize zum Schluß übermannt hatte, dauerte nur kurz. Jemand berührte ihn zum zweitenmal an der Schulter.

Trevize schrak hoch, völlig benommen, zu begreifen außerstande, wieso er in einem fremden Bett erwachte. »Was… was…?«

»Verzeihen Sie, Ratsherr Trevize«, sagte Pelorat im Tonfall einer ernstgemeinten Entschuldigung. »Sie sind mein Gast, und ich sollte Ihnen die Ruhe gönnen, aber die Bürgermeisterin ist da.« Er stand in einer Flanell-Unterhose neben dem Bett und zitterte ein bißchen. Mit einem Schlag befiel schlaffe Wachheit Trevize, und die Erinnerung kehrte zurück.


Die Bürgermeisterin hielt sich in Pelorats Wohnzimmer auf und wirkte so gefaßt wie stets. Mit ihr war Kodell erschienen, der ein wenig an seinem weißen Schnurrbart schabte, während Trevize seine Schärpe angemessen straffte und sich fragte, ob dies Paar — die Branno und Kodell — überhaupt jemals getrennt auftrat.

»Ist der Verwaltungsrat schon zur Besinnung gekommen?« erkundigte Trevize sich spöttisch. »Sind seine Mitglieder beunruhigt über die Abwesenheit eines der Ihren?«

»Es gibt gewisse Anzeichen dafür, daß sich etwas regt, ja«, sagte die Bürgermeisterin, »aber vorerst so geringfügiger Natur, daß es Ihnen nichts nutzen wird. Es steht außer Frage, daß ich noch immer die Macht habe, um Sie zum Abflug zu zwingen. Sie werden zum Ultima-Raumhafen gebracht und…«

»Nicht zum Terminus-Raumhafen, ehrenwerte Bürgermeisterin? Beraubt man mich der Möglichkeit, von den Zehntausenden, die mir unter Tränen Lebewohl wünschen möchten, auf anständige Weise Abschied zu nehmen?«

»Ich sehe, Sie haben Ihre Vorliebe für kindliche Albernheiten wiedergewonnen, Ratsherr, und das freut mich. Es beruhigt in mir Anwandlungen, die sich sonst vielleicht zu richtigen Gewissensbissen entwickelt hätten. Sie und Professor Pelorat werden ohne jedes Aufsehen vom Ultima-Raumhafen starten.«

»Und nie zurückkehren?«

»Und vielleicht nie zurückkehren.« Sie lächelte flüchtig. »Sollten Sie jedoch etwas entdecken, was so bedeutend und nützlich für uns ist, daß wir Sie um dieser Informationen willen mit offenen Armen wieder empfangen, werden Sie natürlich umkehren. Womöglich werden Ihnen dann sogar Ehrungen zuteil.«

Trevize nickte lässig. »Könnte sein.«

»Nahezu alles mögliche könnte sich ergeben. Auf jeden Fall, zwischendurch wird’s Ihnen nicht schlecht gehen. Sie erhalten einen erst kürzlich fertiggestellten Kleinkreuzer, die Far Star. Er bietet einigermaßen ausreichenden Komfort für drei Leute, aber eine Person genügt, um ihn zu fliegen.«

Trevize fuhr aus seiner sorgsam gekünstelten Haltung gemäßigter Ironie. »Mit kompletter Bewaffnung?«

»Unbewaffnet, ansonsten aber vollständig ausgerüstet. Wohin Sie auch gelangen, überall werden Sie Bürger der Foundation sein, und es wird überall einen Konsul geben, an den Sie sich wenden können, folglich dürften Sie keine Waffen brauchen. Bei Bedarf stehen Ihnen Finanzmittel offen. Nicht unbegrenzt, darf ich bemerken.«

»Sehr großzügig von Ihnen.«

»Das weiß ich, Ratsherr. Aber tun Sie mir den Gefallen, Ratsherr, und verstehen Sie mich richtig. Sie helfen Professor Pelorat bei seiner Suche nach der Erde. Ganz egal, was Sie zu suchen denken, Sie suchen die Erde! Wer immer Ihnen begegnet, darf daran keinerlei Zweifel haben. Und beachten Sie immer, daß die Far Star nicht bewaffnet ist!«

»Ich suche die Erde«, sagte Trevize. »Ich habe vollkommen verstanden.«

»Dann werden Sie sich nun auf den Weg machen.«

»Verzeihen Sie, aber sicher gibt’s noch mehr zu besprechen, als wir bis jetzt diskutiert haben. Ich habe früher Raumschiffe geflogen, aber mit Kleinkreuzern neuen Typs besitze ich keinerlei Erfahrungen. Wenn ich ihn nun nicht steuern kann?«

»Soviel ich weiß, ist die Far Star weitgehendst computerisiert. Und bevor Sie fragen, Sie brauchen nicht zu wissen, wie man mit einem modernen Pilotcomputer umgeht. Er selbst wird Ihnen alles sagen, was Sie wissen müssen. Besteht Ihrerseits sonst irgendein Bedarf?«

Trevize schaute unbehaglich an sich hinunter. »Ich sollte mich besser umziehen.«

»Sie finden Kleidungsstücke an Bord des Raumschiffs. Darunter auch solche Gürtel, oder Schärpen — wie immer man das nennt —, wie Sie sie zu tragen pflegen. Auch der Professor hat, was er braucht. Alle gebräuchlichen, vernünftigen Gegenstände des täglichen Bedarfs befinden sich bereits an Bord, allerdings mit der Einschränkung, keine weiblichen Begleiter.«

»Sehr schade«, meinte Trevize. »Das wäre angenehm, aber wie’s der Zufall will, gegenwärtig wüßte ich sowieso keine geeignete Kandidatin. Aber ich gehe davon aus, daß die Galaxis stark bevölkert ist, und wenn ich erst einmal fort bin, kann ich tun, was mir gefällt.«

»In bezug auf Frauen? Ganz nach Belieben.«

Umständlich erhob sich die Branno. »Ich werde Sie nicht zum Raumhafen begleiten«, sagte sie, »aber Sie werden von einer Eskorte hingebracht, und Sie sollten es sich verkneifen, irgend etwas anderes als das, was man Ihnen sagt, zu tun. Ich fürchte, falls Sie einen Fluchtversuch unternehmen, wird man Sie töten. Der Umstand, daß ich nicht dabei bin, dürfte sich so auswirken, daß die Männer weniger Zurückhaltung zeigen.«

»Ich werde nichts tun, was man mir nicht gestattet, Bürgermeisterin«, sagte Trevize. »Nur eines noch…«

»Ja?«

Trevize suchte rasch nach den richtigen Worten, lächelte schließlich (wie er hoffte) ungezwungen. »Es könnte der Tag kommen, Bürgermeisterin«, sagte er, »an dem Sie mich um etwas bitten, und dann werde ich mich an diese beiden Tage erinnern und so entscheiden, wie ich’s für angebracht halte.«

Bürgermeisterin Branno seufzte. »Ersparen Sie mir so ein Melodrama. Wenn ein solcher Tag kommt, dann kommt er eben, aber bis dahin — bitte ich Sie um gar nichts.«

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