19 Dunkle Reise

Hinter ihnen stürzte der Schnee über den Paß. In weißen Lagen fiel er nach unten, blockierte den Paß, verwischte ihre Spuren. Das Echo von Gilthanas magischem Donner hallte noch in der Luft, oder vielleicht war es das Aufschlagen der Felsen, die den Berghang hinunterprasselten.

Die Gefährten, von Silvara geführt, wanderten langsam und vorsichtig weiter, gingen nur auf Fels, vermieden verschneite Stellen. Sie gingen hintereinander und traten in die Fußspuren des anderen, so daß die Elfen nicht sicher sein konnten, wie viele es waren.

Sie waren so vorsichtig, daß Laurana sich Sorgen machte.

»Vergiß nicht, wir wollen, daß sie uns finden«, sagte sie zu Silvara.

»Beruhige dich. Sie werden keine Schwierigkeiten haben, uns zu finden«, antwortete Silvara.

»Was macht dich da so sicher?« fragte Laurana, dann glitt sie aus und fiel auf Hände und Knie. Gilthanas half ihr beim Aufstehen. Das Gesicht vor Schmerz verzogen, starrte sie Silvara stumm an. Keiner von ihnen, einschließlich Theros, traute ihr seit der plötzlichen Veränderung, die über die Wild-Elfe nach der Trennung von den Rittern gekommen war. Aber es blieb ihnen nichts anderes übrig, als ihr zu folgen.

»Weil sie unser Ziel kennen«, antwortete Silvara. »Du warst klug, als du dachtest, ich hätte ein Zeichen für sie in der Höhle hinterlassen. Das tat ich auch. Glücklicherweise hast du es nicht gefunden. Unter den Stöcken, die du so nett für mich durcheinandergebracht hast, hatte ich eine grobe Karte gezeichnet. Wenn sie die Karte finden, werden sie denken, daß ich sie für euch gezeichnet habe, um euch unser Ziel zu zeigen. Du hast es sehr realistisch aussehen lassen, Laurana.« Ihre Stimme klang herausfordernd, bis sie Gilthanas' Augen traf.

Der Elfenlord drehte sich von ihr weg, sein Gesicht war traurig. Silvara stammelte. Ihre Stimme wurde flehend. »Ich habe es aus einem Grund getan – einem guten Grund. Ich wußte bereits, als ich die Spuren sah, daß wir uns trennen müssen. Du mußt mir glauben!«

»Was ist mit der Kugel der Drachen? Was hast du mit ihr angestellt?« fragte Laurana.

»N...nichts«, stammelte Silvara. »Du mußt mir vertrauen!«

»Ich sehe keinen Grund dafür«, entgegnete Laurana kalt.

»Ich habe dir keinen Schaden zugefügt...«, begann Silvara.

»Außer daß du die Ritter und die Kugel der Drachen in eine tödliche Falle geschickt hast!« schrie Laurana.

»Nein!« Silvara spielte nervös mit ihren Händen. »Das habe ich nicht! Glaub mir. Sie sind in Sicherheit. Das war die ganze Zeit mein Plan gewesen. Der Kugel der Drachen darf nichts passieren. Vor allem darf sie nicht in die Hände der Elfen fallen. Darum habe ich sie weggeschickt. Darum habe ich euch bei eurer Flucht geholfen!« Sie blickte sich um, schien wie ein Tier in der Luft zu schnüffeln. »Kommt! Wir haben uns hier zu lange aufgehalten.«

»Falls wir überhaupt noch mit dir gehen!« sagte Gilthanas barsch. »Was weißt du über die Kugel?«

»Frag mich nicht!« Silvaras Stimme war plötzlich leise und voller Trauer. Ihre blauen Augen starrten Gilthanas mit solch einer Liebe an, daß er ihren Blick nicht mehr ertragen konnte.

Er schüttelte den Kopf und wich ihren Augen aus. Silvara faßte ihn am Arm. »Bitte, shalori, Geliebter, vertrau mir! Erinnerst du dich, worüber wir gestern gesprochen haben – am Becken. Du hast gesagt, du mußt diese Dinge tun – dich über dein Volk hinwegsetzen, ein Ausgestoßener werden, weil du in deinem Herzen einen Glauben hast. Ich sagte, daß ich das verstehe, daß ich das gleiche tun müßte. Hast du mir nicht geglaubt?«

Gilthanas stand einen Moment mit gesenktem Kopf da. »Ich habe dir geglaubt«, sagte er leise. Er streckte seine Hand aus, zog sie an sich und küßte ihr silbernes Haar. »Wir gehen mit dir. Komm, Laurana.« Arm in Arm stapften die beiden durch den Schnee.

Laurana blickte die anderen verständnislos an. Sie vermieden ihren Blick. Dann ging Theros zu ihr.

»Ich lebe in dieser Welt seit fast fünfzig Jahren, junge Frau«, sagte er sanft. »Nicht lang für euch Elfen, das weiß ich. Aber wir Menschen leben diese Jahre – wir lassen sie nicht einfach an uns vorbeitreiben. Und ich sage dir – dieses Mädchen liebt deinen Bruder aufrichtig. Und er liebt sie. Diese Liebe kann nicht zum Bösen werden. Allein um ihrer Liebe willen würde ich ihnen in eine Drachenhöhle folgen.«

Der Schmied ging hinter den beiden her.

»Um meiner kalten Füße willen würde auch ich ihnen in eine Drachenhöhle folgen, falls sie meine Zehen wärmt!« Flint stampfte auf den Boden. »Kommt schon, laßt uns gehen.« Er packte den Kender und zog ihn hinter dem Schmied her.

Laurana stand allein da. Daß sie folgen würde, war klar. Ihr blieb keine andere Wahl. Sie wollte Theros' Worten vertrauen.

Sie hatte einst geglaubt, daß die Welt diesen Weg ging. Aber jetzt wußte sie, daß ihr Glaube falsch gewesen war. Warum nicht auch Liebe?

Alles, was sie vor ihrem geistigen Auge sah, waren die wirbelnden Farben der Drachenkugel.

Die Gefährten zogen weiter nach Osten, bis die Nacht anbrach. Als sie den hohen Gebirgspaß hinabstiegen, konnten sie wieder leichter atmen. Die vereisten Felsen blieben hinter dürren Kiefern zurück, dann waren sie in einem Wald. Silvara führte sie schließlich in ein nebelumhangenes Tal.

Die Wild-Elfe schien sich nicht länger um das Verwischen ihrer Spuren zu kümmern. Sie sorgte sich nur noch um das Tempo. Sie trieb die Gruppe an, als ob sie ein Wettrennen gegen die Sonne am Himmel lief. Als die Nacht anbrach, ließen sie sich in der baumumrandeten Dunkelheit niedersinken, selbst zum Essen zu müde. Aber Silvara ließ sie nur einige wenige Stunden unruhig schlafen. Als die Monde aufgingen, die bald auf Vollmond zugingen, drängte sie die Gefährten weiter.

Wenn jemand erschöpft fragte, warum sie sich so beeilen mußten, antwortete sie nur: »Sie sind in der Nähe. Sie sind sehr nahe.«

Alle nahmen an, sie meinte die Elfen, obwohl Laurana schon seit langem das Gefühl hatte, daß sie nicht mehr von dunklen Schatten verfolgt wurden.

Die Dämmerung brach an, aber das Licht filterte durch solch einen dichten Nebel, daß Tolpan dachte, er könnte eine Handvoll davon in einem seiner Beutel verstauen. Die Gefährten gingen dicht nebeneinander, hielten sich sogar an den Händen, um sich nicht zu verlieren. Es wurde wärmer. Sie zogen ihre nassen und schweren Umhänge aus, als sie auf einen Pfad stolperten, der sich unter ihren Füßen aus dem Nebel heraus zu materialisieren schien. Silvara ging vorn. Das blasse Licht, das von ihrem silbernen Haar ausging, war ihr einziger Anhaltspunkt.

Schließlich wurde der Boden unter ihnen eben, die Bäume lichteten sich, und sie wanderten auf weichem Gras. Obwohl keiner im grauen Nebel mehr als ein paar Meter weit sehen konnte, hatten sie den Eindruck, sich auf einer weiten Lichtung zu befinden.

»Das ist das Nebelhafen-Tal«, erklärte Silvara auf ihre Fragen. »Vor vielen Jahren, vor der Umwälzung, war es einer der schönsten Plätze auf Krynn... so sagt es mein Volk.«

»Er könnte immer noch schön sein«, murrte Flint, »wenn wir nur etwas durch diesen verdammten Nebel sehen würden.«

»Nein«, sagte Silvara traurig. »Wie so vieles in dieser Welt ist auch die Schönheit von Nebelhafen verschwunden. Einst schwebte die Festung von Nebelhafen wie eine Wolke über dem Nebel. Die aufgehende Sonne färbte den Nebel rosa, zum Mittag war er verschwunden, so daß die emporragenden Türme der Festung zu sehen waren. Am Abend kehrte der Nebel zurück, um die Festung wie eine Decke einzuhüllen. In den Nächten leuchteten der silberne und der rote Mond über dem Nebel mit einem schimmernden Licht. Pilger kamen aus allen Teilen Krynns...«, Silvara brach plötzlich ab. »Wir werden heute nacht hier ein Lager aufschlagen.«

»Was für Pilger?« fragte Laurana, während sie ihr Gepäck fallen ließ.

Silvara zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht«, sagte sie und wandte ihr Gesicht ab. »Es ist nur eine Legende meines Volkes. Vielleicht ist es nicht einmal wahr. Schließlich kommt heute niemand mehr her.«

Sie lügt, dachte Laurana, aber sie sagte nichts mehr. Sie war zu müde. Und selbst Silvaras leise, sanfte Stimme schien unnatürlich laut und kratzend in der unheimlichen Stille. Die Gefährten breiteten schweigend ihre Decken aus. Sie knabberten schweigend ohne Appetit an den Trockenfrüchten. Selbst der Kender war still. Der Nebel war bedrückend, lastete schwer auf ihnen. Das einzige Geräusch war ein ständiges Tröpfeln von Wasser auf den belaubten Boden.

»Schlaft jetzt«, sagte Silvara leise, als sie ihre Decke neben Gilthanas' Lager ausbreitete, »denn wenn der Silbermond den Zenit erreicht hat, müssen wir aufbrechen.«

»Was für einen Unterschied macht das noch aus?« Der Kender gähnte. »Wir können sowieso nichts sehen.«

»Trotzdem müssen wir weiter. Ich werde dich wecken.«

»Wenn wir von Sankrist zurückkehren – nach dem Treffen von Weißstein -, könnten wir heiraten«, sagte Gilthanas leise zu Silvara, als sie zusammen unter seiner Decke lagen.

Das Mädchen versteifte sich in seinen Armen. Er spürte ihr weiches Haar an seiner Wange reiben. Aber sie antwortete nicht.

»Mach dir keine Sorgen wegen meines Vaters«, sagte Gilthanas lächelnd und streichelte das wunderschöne Haar, das selbst in der Dunkelheit glänzte. »Er wird eine Zeitlang streng und wütend sein, aber ich bin der jüngste Sohn – niemand kümmert sich darum, was aus mir wird. Porthios wird toben und lärmen. Aber den ignorieren wir einfach. Wir brauchen auch nicht bei meinem Volk zu leben. Ich weiß zwar nicht, wie ich mit deinem Volk zurechtkomme, aber ich kann es lernen. Ich bin ein guter Bogenschütze. Und es würde mir gefallen, daß unsere Kinder in der Wildnis aufwachsen, frei und glücklich... was... Silvara – warum weinst du?«

Gilthanas hielt sie eng an sich gedrückt, als sie ihr Gesicht an seiner Schulter vergrub und bitterlich schluchzte. »Nun, nun«, flüsterte er tröstend und lächelte in der Dunkelheit. Frauen sind schon komische Wesen. Er fragte sich, was er Falsches gesagt hatte. »Pssst, Silvara«, murmelte er. »Es wird alles gut werden.« Und dann schlief Gilthanas ein und träumte von silberhaarigen Kindern, die durch grüne Wälder liefen.

»Es ist Zeit. Wir müssen aufbrechen.«

Laurana spürte eine Hand an ihrer Schulter. Erschrocken erwachte sie aus einem verschwommenen, beängstigenden Traum, an den sie sich nicht erinnerte, und fand die Wild-Elfe vor sich knien.

»Ich wecke die anderen«, sagte Silvara.

Laurana, die müder war, als wenn sie gar nicht geschlafen hätte, packte mechanisch ihre Sachen zusammen und wartete zitternd in der Dunkelheit. Sie hörte den Zwerg aufstöhnen. Die feuchte Luft ließ seine Gelenke schmerzen. Diese Reise war hart und anstrengend für Flint, wurde Laurana klar. Trotz allem war er schon fast hundertfünfzig Jahre alt. Ein beachtliches Alter für einen Zwerg. Sein Gesicht hatte auf der Reise an Farbe verloren. Seine Lippen, kaum sichtbar unter dem Bart, hatten eine bläuliche Färbung, und gelegentlich preßte er seine Hand an die Brust. Aber trotzdem bestand er felsenfest darauf, daß es ihm gut ginge.

»Alles fertig!« schrie Tolpan. Seine schrille Stimme hallte unheimlich im Nebel wider, und er hatte das deutliche Gefühl, daß er etwas gestört hätte. »Tut mir leid«, sagte er unterwürfig.

»Na so was!« murmelte er zu Flint. »Es ist wie in einem Tempel.«

»Halt einfach den Mund!« schnappte der Zwerg.

Eine Fackel flammte auf. Die Gefährten zuckten bei dem plötzlichen blendenden Licht auf, das Silvara hielt.

»Wir brauchen Licht«, sagte sie, bevor jemand protestieren konnte. »Fürchtet euch nicht. Das Tal ist vollkommen abgeriegelt. Vor langer Zeit gab es zwei Zugänge: Einer führte zu menschlichen Gebieten, wo die Ritter einen Außenposten halten, der andere nach Osten in das Land der Oger. Beide Zugänge sind während der Umwälzung verlorengegangen. Wir brauchen uns nicht zu fürchten. Ich habe euch auf einen Weg geführt, der nur mir bekannt ist.«

»Und deinem Volk«, erinnerte Laurana sie scharf.

»Ja – meinem Volk...«, sagte Silvara, und Laurana war überrascht, das Mädchen erbleichen zu sehen.

»Wohin bringst du uns?« fragte Laurana.

»Das wirst du sehen. In einer Stunde werden wir am Ziel sein.«

Die Gefährten blickten sich an, dann zu Laurana.

Verdammt, dachte sie. »Seht mich nicht so erwartungsvoll an!« sagte sie wütend. »Was wollt ihr von mir? Hier stehenbleiben, verloren im Nebel...«

»Ich will euch nicht verraten!« murmelte Silvara verzweifelt.

»Bitte vertraut mir – wenigstens ein wenig.«

»Geh voran«, sagte Laurana müde. »Wir folgen.«

Der Nebel schien sie noch dichter einzuhüllen, so daß schließlich nur noch das Licht von Silvaras Fackel zu erkennen war.

Keiner hatte eine Vorstellung, in welche Richtung sie gingen.

Die Landschaft veränderte sich nicht. Sie wanderten durch hohes Gras. Hier wuchsen keine Bäume. Gelegentlich ragte ein riesiger Findling aus der Dunkelheit hervor, aber das war auch alles. Es gab kein Anzeichen von Vögeln und Tieren. Ein Gefühl von Dringlichkeit machte sich zunehmend bemerkbar, das alle spürten, und sie beschleunigten ihre Schritte.

Dann hielt Silvara plötzlich ohne Warnung an.

»Wir sind da«, sagte sie und hielt die Fackel hoch.

Das Licht der Fackel durchbrach den Nebel. Sie konnten alle etwas Schattenhaftes vor sich erkennen.

Silvara ging näher heran. Sie folgten ihr neugierig und ängstlich.

Dann wurde die Stille der Nacht durch blubbernde Geräusche, wie kochendes Wasser in einem riesigen Kessel, durchbrochen. Der Nebel wurde wieder dichter, die Luft war warm und drückend.

»Heiße Quellen!« sagte Theros, der plötzlich verstand. »Genau, das erklärt den ständigen Nebel. Und dieser dunkle Umriß...«

»Die Brücke, die über sie führt«, entgegnete Silvara und richtete ihre Fackel auf etwas, das sie nun als eine Steinbrücke erkennen konnten, die über das dampfende Wasser führte.

»Da sollen wir rübergehen!« rief Flint aus und starrte entsetzt auf das schwarze, sprudelnde Wasser. »Da sollen wir rübergehen...«

»Sie wird die Gangbrücke genannt«, erklärte Silvara.

Die einzige Antwort des Zwerges war ein unterdrücktes Würgen.

Die Gangbrücke war ein langer Brückenbogen aus purem weißem Marmor. Auf beiden Seiten erhoben sich hohe Säulen mit lebensgetreuen Abbildungen von Rittern, die über das sprudelnde Wasser gingen. Der Bogen wölbte sich so weit in die Höhe, daß sie durch den Nebel nicht seine Spitze erkennen konnten. Und die Brücke war alt, so alt, daß Flint andächtig den Stein berührte. Er konnte jedoch nicht erkennen, wer ihr Baumeister gewesen war, es war weder das Werk von Zwergen oder Elfen noch von Menschen. Wer hatte diese wunderschöne Arbeit ausgeführt?

Dann bemerkten sie, daß es keine Handläufe gab, nur die Marmorbögen, glitschig und glänzend vom Nebel, der ständig von den Quellen hochwallte.

»Wir können nicht hinübergehen«, sagte Laurana mit bebender Stimme. »Und jetzt sind wir in der Falle...«

»Wir können hinübergehen«, sagte Silvara. »Denn wir sind aufgefordert zu kommen.«

»Aufgefordert?« wiederholte Laurana wütend. »Von wem? Wo?«

»Wartet«, befahl Silvara.

Sie warteten. Sie hatten keine andere Wahl. Sie standen um die Fackel und starrten sie an, aber sie sahen nur den Nebel aufsteigen und hörten nur das sprudelnde Wasser.

»Die Zeit für Solinari ist gekommen«, sagte Silvara plötzlich, schwang ihren Arm – und schleuderte die Fackel in das Wasser.

Die Dunkelheit verschluckte sie. Instinktiv rückten sie enger zusammen. Silvara schien mit dem Licht verschwunden zu sein.

Gilthanas rief nach ihr, aber sie antwortete nicht.

Dann verwandelte sich der Nebel in schimmerndes Silber. Sie konnten wieder etwas sehen, und jetzt konnten sie auch Silvara sehen, ein dunkler, schattenhafter Umriß gegen den silbernen Nebel. Sie stand am Fuß der Brücke und starrte in den Himmel.

Langsam hob sie ihre Hände, und langsam teilte sich der Nebel.

Die Gefährten blickte nach oben; der Nebel trennte sich wie lange, anmutige Finger, um den silbernen Mond zu enthüllen, der voll und leuchtend im sternenklaren Himmel stand.

Silvara sprach seltsame Worte, und das Mondlicht ergoß sich über sie und badete sie in seinem Licht. Das Licht des Mondes beleuchtete das sprudelnde Wasser, ließ es zu Leben erwachen und silbrig tanzen. Es beleuchtete die Marmorbrücke, ließ die Ritter zum Leben erwachen, die für alle Ewigkeit den Strom überquerten.

Aber es war nicht dieser wunderschöne Anblick, der die Gefährten dazu brachte, sich mit zitternden Händen zu umklammern und sich gegenseitig festzuhalten. Das Licht des Mondes auf dem Wasser war nicht der Grund, daß Flint den Namen von Reorx rief, im andächtigsten Gebet, das er jemals gesprochen hatte; daß Laurana ihren Kopf an die Schulter ihres Bruders lehnte, ihre Augen sich mit plötzlichen Tränen füllten; daß Gilthanas sie ganz fest an sich gedrückt hielt, überwältigt von einem Gefühl der Angst, der Demut und der Verehrung.

Hoch über ihnen, mit einem gigantischen Haupt, als würde er einen Mond vom Himmel reißen können, erhob sich die Gestalt eines Drachen, der in eine Felswand gemeißelt war und im Mondschein silbern glänzte.

»Wo sind wir?« fragte Laurana mit heiserer Stimme. »Was ist das für ein Ort?«

»Wenn ihr die Gangbrücke überquert, werdet ihr vor dem Monument des Silbernen Drachen stehen«, antwortete Silvara leise. »Es bewacht das Grabmal von Huma, des Ritters von Solamnia.«

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