Achtzehn

Sekundenlang rührte sich niemand, lediglich Togo schien sich per Teleportation so vor Iceni platziert zu haben, dass er sie vor Rogero abschirmen konnte. Eine Hand hatte er in seine Jacke geschoben.

Dann endlich begann Iceni verärgert zu reden: »Schon wieder hat einer Ihrer Offiziere in meiner Gegenwart eine Waffe gezogen, General. Darf ich erfahren, was das zu bedeuten hat?«

»Colonel Malin?«, fragte Drakon in einem Tonfall, der keinen Zweifel daran ließ, dass die Erklärung überzeugend ausfallen sollte.

»Sie ist eine Schlange«, antwortete Malin so ruhig, als würde er über irgendeine Selbstverständlichkeit reden. »Überprüfen Sie die Handfläche ihrer rechten Hand. Aber vorsichtig und ohne sie zu berühren.«

Itos Hand zuckte, die Armmuskeln traten vor Anstrengung hervor, da sie versuchte, sich aus Malins Griff zu befreien, was der jedoch nicht zuließ.

Iceni gab Togo ein Zeichen. »Sehen Sie nach.«

Togo, der wie üblich nicht erkennen ließ, was er von Malins Auftreten hielt, trat vor und scannte Itos Handfläche mit einem Instrument, das er wie aus dem Nichts kommend in seiner Linken hielt. Dann beugte er sich vor, um sich etwas auf dem Instrument genauer anzusehen. »Gift«, verkündete er schließlich. »Ein Kontaktgift, das durch die Haut aufgenommen wird.«

»Und wie kann sie es dann auf ihrer Handfläche haben?«, wollte ein entsetzt dreinblickender Rogero wissen.

»Es befindet sich auf einer dünnen Schutzschicht.« Togo holte ein Messer hervor und löste mit der Spitze der Klinge eine durchscheinende Hautschicht. »Jeder, der ihr die Hand gegeben hätte, wäre kurze Zeit später an plötzlichem, massivem Herzversagen gestorben.«

Drakon blickte auf Itos rechte Hand, die von Malin immer so festgehalten wurde, dass sie in seine Richtung ausgestreckt war. »Woher wussten Sie das?«, fragte er Malin.

Der hatte sich bislang nicht wieder gerührt und hielt seine Waffe unverändert gegen ihre Schläfe gedrückt. »Ich verfolge schon seit langer Zeit die Fährten von Schlangen, General, wie Sie es mir ja auch aufgetragen haben. Mein besonderer Schwerpunkt sind versteckte Agenten der Schlangen bei den Bodenstreitkräften und den mobilen Streitkräften. Executive Ito fiel mir auf, weil ein überdurchschnittlich hoher Anteil der Supervisoren auf ihrem Schiff von den Schlangen zu Verhören gebracht oder sofort von ihnen verhaftet worden waren. Meine Ermittlungen ergaben, dass Ito selbst einige regierungskritische Äußerungen gemacht hatte, aber von den Schlangen nie dazu befragt worden war.«

»Ein Lockvogel«, warf Morgan voller Abscheu ein.

Drakon nickte und wusste, dass er Ito jetzt ebenfalls wütend ansah. Sie war jemand, der sich als mitfühlend ausgab, um andere zu verhängnisvollen Bemerkungen zu verleiten und sie dann an die Schlangen zu übergeben.

»Augenblick mal«, protestierte Rogero. »Colonel Malin, mir wurde von Sub-CEO Pers Garadun berichtet, dass Ito eine Senior-Schlange auf ihrem Schiff erschoss, bevor die sich an Bord der Rettungskapsel begeben konnte. Diese Darstellung wurde von mehreren Personen bestätigt.«

Malin bewegte die Hand, die die Schusswaffe hielt, keinen Millimeter. »Natürlich hat sie das gemacht. Wem sollte sie an Bord dieses Schiffs Bericht erstatten? Wer hätte sie im Gefangenenlager der Allianz als Schlange entlarven können? Der Mann wusste, was die Crew mit ihm machen würde, sofern er nicht irgendetwas zu bieten hatte, was ihm das Leben retten konnte. Ito wusste, was er zu bieten gehabt hätte — nämlich ihre Identität. Sie konnte nur überleben und diese Identität geheim halten, wenn sie die Schlange tötete. Also brachte sie den Mann um und sorgte dafür, dass Ihr Freund das zu sehen bekam, damit jeder glaubte, ihr Hass auf die Schlangen sei noch größer.«

Einer der frischgebackenen Leytenants trat vor und starrte voller Entsetzen Ito an. »Im Gefangenenlager erzählte Ito uns über zwei andere Offiziere, sie seien ebenfalls verdeckte Schlangen. Die beiden beharrten darauf, dass das nicht stimmte, aber Ito zeigte uns stichhaltige Beweise. Wir befanden sie für schuldig und … wir … wir richteten sie hin. Ich kann nicht … nein!«

Schließlich war Ito wieder in der Lage zu reden. »Ich … ich habe keine Ahnung, wie das auf meine Hand kommt. Irgendwer will mich anschwärzen und …«

»Halten Sie die Klappe«, empfahl Malin ihr fast beiläufig, drückte aber bei jedem Wort die Mündung seiner Waffe etwas fester gegen ihren Kopf, um seiner Aufforderung Nachdruck zu verleihen. »Colonel Rogero, als der Mob auf dem Frachter gegen Captain Bradamont vorgehen wollte, wer war da der erste Supervisor am Ort des Geschehens?«

»Executive Ito«, kam die tonlose Antwort. »Sie sagte, einer der Verwundeten sei gestorben, bevor er noch irgendetwas verraten konnte.«

»Das bezweifle ich nicht«, sagte Malin. »Aber, Colonel, Sie wissen, dass man argwöhnisch sein muss, wenn Leute, die etwas berichten könnten, was Sie unbedingt erfahren müssen, praktischerweise sterben, bevor sie noch etwas sagen können.«

»Ja, ich weiß.« Rogero betrachtete Ito mit wachsendem Zorn. »Garadun hatte Ihnen und Jepsen befohlen, allen auf den Frachtern die Wahrheit über den Zusammenbruch des Hypernet-Portals bei Kalixa zu sagen. Aber dann haben Sie Jepsen angewiesen, es für sich zu behalten, weil Sie das selbst erledigen wollten. In Wahrheit hatten Sie das überhaupt nicht vor, richtig?«

Ito schwieg.

»Sie wollte als Erstes General Drakon umbringen«, fuhr Malin im Plauderton fort. »Bei einer Zusammenkunft mit vielen Angehörigen der mobilen Streitkräfte und mit Präsidentin Iceni. Der Verdacht wäre zuerst auf die Präsidentin gefallen, nicht wahr? Und danach hätte Sie nur noch den richtigen Moment abpassen müssen, um Präsidentin Iceni ebenfalls umzubringen. Das hätte dann nach einem Vergeltungsakt der Bodenstreitkräfte für den Mord an General Drakon ausgesehen. Das gesamte Sternensystem wäre in einen Bürgerkrieg gestürzt worden, und anschließend wären die Überlebenden leichte Beute für das Syndikat gewesen. Und Sie hätten als die große Heldin des Syndikats dagestanden. Habe ich recht, Executive Ito?«

»Executive Ito«, warf Iceni ein, »scheint es die Sprache verschlagen zu haben.«

»Wir werden sehen, was wir beim Verhör aus ihr herausholen können«, sagte Drakon.

»Nein!« Mit einem Mal hatte sich ihre Stimme verändert und klang genauso gefühllos, wie sie jetzt auch dreinblickte. Die gefällige Ausgelassenheit, das Kameradschaftliche waren verschwunden und durch völlige Ausdruckslosigkeit ersetzt worden. »Glauben Sie, ich möchte so sterben, wie Sie mich umbringen werden? Langsam, um Gnade winselnd? Ich werde nicht die Letzte sein. Ich werde das Syndikat nicht verraten. Ich werde Sie alle in der Hölle wiedersehen!«

»Togo!«, rief Iceni, als sie mit einem Mal begriff. Sie gestikulierte wild. »Halten Sie sie …«

In diesem Moment verkrampfte sich Ito am ganzen Leib, dann erschlaffte sie völlig und sank leblos zu Boden. Malin ließ ihren Arm los und sah sie ohne Gefühlsregung an.

Togo brach den Satz ab, den er in Richtung Itos hatte machen wollen. Stattdessen kniete er sich neben ihr hin und bewegte einen Scanner über ihren Körper. »Tot. Eine Ursache kann ich nicht erkennen.«

»Eine Selbstmord-Vorrichtung?«, fragte Iceni. »Aber sie war doch durchsucht worden. Und die Allianz muss sie ebenfalls durchsucht haben, bevor sie ins Lager durfte.«

Malin kniete sich auf der anderen Seite neben die Tote. »Eine Selbstmord-Vorrichtung, die sich mit den bekannten Methoden nicht finden lässt. Wir müssen unbedingt herausfinden, was es war.«

»Wir müssen auch noch andere Dinge herausfinden«, warf Morgan energisch ein. »General, ich muss mit Ihnen reden.«

Iceni spreizte leicht die Hände. »Machen Sie ruhig.« Trotz ihres ruhigen Tonfalls konnte sie ein Zittern nur mit Mühe unterdrücken, als sie Togo ansah. »Ich werde veranlassen, dass eine umfassende Autopsie durchgeführt wird. Und ich werde herausfinden, wie diese Frau sich durch die Durchleuchtung gemogelt hat, bei der das Gift hätte auffallen müssen. Geben Sie ja niemandem mehr die Hand, General.«

»Keine Sorge«, entgegnete Drakon. »Ich glaube, ich werde die nächste Zeit Handschuhe tragen.«

Er verließ den Saal, gefolgt von Morgan, Rogero und Malin. Die soeben verpflichteten Offiziere standen immer noch verdutzt da und schwiegen betreten, während sie sich zweifellos fragten, was aus ihnen werden würde, falls das übliche Prinzip der Sippenhaft hier auch zur Anwendung kam, die sie alle vom Syndikat nur zu gut kannten.

Nachdem sie sich in einen gesicherten Raum zurückgezogen hatten, wirbelte Morgan aufgebracht zu Rogero herum. »Ich glaube, hier hat jemand einige Fragen zu beantworten.«

Schlichtend hob Drakon eine Hand hoch. »Was für Fragen sollen das sein?«

»Wer hat diese Schlange hergebracht? Wer hat die offensichtlichen Hinweise auf ihre wahre Identität übersehen? Wer war mit seinen Gedanken so sehr bei einer Allianz-Offizierin, dass er es versäumt hat, persönlich die Arbeiter zu befragen, die an diesem Aufstand auf dem Frachter beteiligt waren?«

Rogeros Miene hatte sich verfinstert, aber seine Stimme klang beherrscht. »Ito hat sogar die Leute getäuscht, die jahrelang mit ihr zusammen waren.«

»Und was ist mit der Befragung, Colonel Rogero?«

»In dem Punkt bekenne ich mich schuldig«, räumte Rogero ein. »Ich war von dem Mordversuch so aufgewühlt, dass ich mich nicht richtig auf meine Aufgaben konzentrieren konnte und eine Arbeit fälschlicherweise delegiert habe, obwohl ich sie selbst hätte durchführen müssen.«

»Weil Bradamont das Ziel dieses Mordanschlags war?«, fragte Drakon.

»Ja, Sir, das ist der Grund. Ich habe zugelassen, dass persönliche Erwägungen mich von meinen Pflichten ablenken. Ich möchte hier noch etwas anfügen, das da draußen nicht zur Sprache gekommen war. Nachdem Bradamont den Frachter verlassen hatte und wir uns im Sprungraum befanden, hat Ito versucht, eine intime Beziehung zu mir aufzubauen.«

»Versucht?«, wiederholte Drakon. »Das heißt, Sie haben sie abgewiesen?«

»Ja, Sir.«

»Wenigstens haben Sie das richtig gemacht. Sonst noch was?«

»Nein, Sir.«

»Also gut. Wir werden darüber später noch reden. Colonel Morgan, haben Sie noch etwas für mich?«

Über Rogeros offenes Eingeständnis seines Fehlers verblüfft sah Morgan ihn finster an. »General, ein solches Versagen …«

»… werde ich später noch mit Colonel Rogero besprechen — unter vier Augen.«

»Sir, Sie können so etwas nur wegen seiner persönlichen Beziehung nicht ungestraft lassen!«

»Colonel Morgan, das wäre jetzt alles.« Drakon sprach jetzt lauter und energischer als zuvor. »Ich erwarte von meinen Offizieren nicht, dass sie vollkommen sind. Ich werde mich in Ruhe mit den Fehlern auseinandersetzen, die Colonel Rogero unterlaufen sind, und dann werde ich mir überlegen, wie ich darauf reagieren möchte. Aber ich werde dabei sicher nicht vergessen, dass jeder von uns mal einen Fehler machen kann.«

»Ich nicht, General«, beharrte Morgan.

»Sie nicht?« Malin warf ihr einen eisigen Blick zu. »Sie wären überrascht, wenn Sie hören würde, welche Fehler Ihnen unterlaufen sind.«

»Wenn Sie irgendetwas wissen …«, fauchte sie ihn an und packte sein Handgelenk so, wie er es zuvor bei Ito gemacht hatte.

»Das reicht jetzt!«, ging Drakon dazwischen.

Vor Schreck über Drakons Tonfall ließ Morgan Malin los, nahm Habachthaltung ein und salutierte. »Jawohl, Sir. Wenn Sie gestatten, Sir.« Mit diesen Worten wandte sie sich ab, riss die Tür auf und stürmte nach draußen.

»Ich wusste gar nicht, dass ich ihr so zuwider bin«, sagte Rogero.

»Ihr ist jeder Mensch zuwider«, erwiderte Malin. »Aber das hier ist nicht Ihre Schuld. Colonel Morgan ist wütend, weil ich Ito überführt habe, nicht sie. Sie war nicht darauf gefasst, als Ito General Drakon töten wollte, weil sie stattdessen Sie, Colonel Rogero, und mich beobachtet hat.«

»Bran«, warf Drakon mürrisch ein. »Ich bin Ihnen wirklich zutiefst dankbar, aber Sie müssen Morgan nicht unter die Nase reiben, was sie übersehen hat.«

»Es ist egal, was ich sage, Sir, sie würde es immer so auslegen, dass ich ihr etwas unter die Nase reiben will. Ich garantiere Ihnen, sie kocht vor Wut, weil ich es war, der vor ihr eine Gefahr für Ihr Leben bemerkt hat.«

»Sie sollen beide aufpassen, dass das nicht zu etwas noch Persönlicherem wird, verstanden?«, konterte Drakon und fragte sich, ob die Rivalität zwischen den beiden einen Punkt erreicht hatte, an dem er das Paar trennen musste, auch wenn sie ihm gegenüber allem Anschein nach loyal waren und gute Dienste leisteten.

»Eine Schande«, merkte Rogero in neutralem Tonfall an, »dass Ito gestorben ist, bevor sie uns zu den anderen versteckten Schlangen hier im System führen konnte.«

Malin schüttelte den Kopf. »Ich vermute allmählich, dass es in diesem Sternensystem keine weiteren versteckten Schlangen gibt.«

»Keine weiteren Schlangen?«, gab Drakon zurück. »Und wer steckt dann hinter den Anschlägen, den Bespitzelungen und all den anderen Dingen, die wir mitgemacht haben?«

»Das versuche ich immer noch herauszufinden, General. Wir können auch ganz sicher nicht ausschließen, dass sich weitere Schlangen unter den Überlebenden der Reserveflotte befinden. Aber was ich herausfinden konnte, ist die Erkenntnis, dass die von uns beobachteten Ereignisse auf eine Weise umgesetzt wurden, die allen üblichen Vorgehensweisen der Schlangen widersprechen. Lediglich in den Fällen, in denen so schlampig gearbeitet wurde, dass man auf die Schlangen aufmerksam werden musste, wurde bis ins kleinste Detail nach deren Vorgaben gearbeitet.«

»Von jemandem, der uns also glauben lassen will, dass wir es mit Schlangen zu tun haben?«, fragte Rogero.

»Ja.« Malin drehte den Kopf zu Drakon um. »Nein, ich vermute nicht, dass Morgan mit all diesen Fällen etwas zu tun hat. Es gibt vermutlich etliche Mitwirkende bei diesem Spiel, die ihre Spuren gegenseitig verwischt haben. Zum Beispiel weiß ich, dass Morgan Sie niemals zu ihrem Ziel machen würde. Auch habe ich keinen Hinweis darauf gefunden, dass sie es auf Captain Bradamont abgesehen haben könnte. Allerdings versucht irgendjemand, Bradamont mit der Absicht eines Attentats zu überwachen. Und der Anschlag auf Sie, General, geschah in der vollen Absicht, Sie zu töten.«

»Warum wurde mir davon nichts gesagt?«, wollte Rogero von Malin wissen.

»Weil ich nichts in der Hand habe, das zu irgendeiner gesicherten Erkenntnis führt, wann ein weiteres Attentat ausgeführt wird und wer die Drahtzieher sind«, erläuterte Malin. »Außerdem ist Captain Bradamont selbst um ihre persönliche Sicherheit besorgt und entsprechend wachsam.«

»Ja, richtig«, stimmte Rogero widerstrebend zu. »Dieser Aufstand an Bord des Frachters hat ihr bewusst gemacht, dass ihr sogar in einer mutmaßlich sicheren Umgebung Gefahr drohen kann.«

»Und wer hat es dann auf mich abgesehen?«, hakte Drakon nach. »Dieses Attentat der Fanatiker von Volkes Stimme trug ziemlich deutlich die Handschrift der Schlangen, oder nicht?«

»Ich bin mir da nicht so sicher«, räumte Malin ein. »Wir sollten das glauben, aber ich habe mir das Ganze noch mal durch den Kopf gehen lassen.« Er ging zu der Wand, an der eine Abbildung des Sternensystems hing, die ebenso Dekoration wie nützliches Utensil war. Malin zeigte auf den Planeten, auf dem sie sich befanden. »Der Angriff auf Sie und die nachfolgenden Sicherheitsmaßnahmen haben dafür gesorgt, dass die Organisation Volkes Stimme praktisch nicht mehr existent ist. Die Anführer wurden getötet oder zum Rücktritt gezwungen, die eifrigsten Anhänger kamen beim Attentat ums Leben, und die meisten Mitglieder sind zu weniger radikalen Organisationen abgewandert. Das gesamte Streben von Volkes Stimme wurde von den Bürgern nach dem Anschlag auf Ihr Leben abgelehnt. Wären Sie eine Schlange, die an einer politischen Destabilisierung dieses Sternensystems interessiert ist, würden Sie dann nicht wollen, dass Volkes Stimme gestärkt statt eliminiert wird? Sollte eine solche Organisation nicht wachsen und gedeihen, um Ihre Autorität und die von Präsidentin Iceni zu untergraben?«

Drakon stellte sich zu Malin und betrachtete nachdenklich die Darstellung des Planeten. »Das ist wirklich ein gutes Argument. Diese Anhänger von Volkes Stimme haben schon bei der Vorbereitung der Wahlen für Unruhe gesorgt. Dass sie von der Bildfläche verschwanden, war für mich und Präsidentin Iceni von Vorteil.« Er sah Malin an. »Allerdings hätten sie es fast geschafft, mich umzubringen. Damit wäre nicht nur ihre Gruppierung kein Thema mehr gewesen, ich hätte ebenfalls keine Rolle mehr gespielt. Wollen Sie andeuten, die Präsidentin könnte hinter dem Ganzen stecken?«

»Nein, Sir, ich bin mir sicher, dass Sie es nicht war«, erklärte Malin mit Nachdruck. »Aber das schließt nicht aus, dass jemand aus ihrem Lager dahintersteckt.«

»Oder jemand, der Sie glauben machen will, dass sie damit zu tun hat«, warf Rogero ein.

»Oder jemand, der die Präsidentin glauben machen will, dass Sie ihr etwas anhängen wollen«, ergänzte Malin.

Drakons Lacher war nur ein verbittertes Schnauben. »Schon verstanden. Sie wollen sagen, dass wir immer noch überhaupt keine Ahnung haben. Aber wenn Sie zu dem Schluss kommen, dass keiner dieser Vorfälle das Werk einer Schlange ist, dann muss Präsidentin Iceni darüber informiert werden. Ich werde das übernehmen. Colonel Rogero, Sie setzen sich mit Captain Bradamont in Verbindung und machen ihr sehr deutlich, dass da immer noch jemand ist, der es auf sie abgesehen hat. Ich glaube, das sollte sie erfahren.«

»Und ich, General?«, fragte Malin.

»Versuchen Sie einfach, Morgan für eine Weile aus dem Weg zu gehen.«

Gwen Iceni bot Drakon einen Platz an ihrem Schreibtisch an, aber mitten in der Geste veränderte sie abrupt die Haltung ihrer Hand und konnte nur hoffen, dass Drakon sofort verstand.

Jemand könnte uns belauschen.

Sie befanden sich in ihrem Büro, dem sichersten Raum unter Icenis Autorität. Und dennoch warnte ein Instinkt sie, dass es selbst hier gefährlich sein konnte, offen zu reden. Dieses Gefühl hatte sich schon zuvor geregt, aber es war noch nie so eindringlich gewesen wie gerade jetzt. War das noch gerechtfertigte Vorsicht oder vielleicht doch schon Paranoia?

Drakon setzte sich, gleich seine ersten Worte ließen erkennen, dass er ihr Zeichen verstanden hatte. »Ich weiß, es gibt viele Dinge, über die wir nicht reden sollten«, begann er im Plauderton, »weil wir niemandem vertrauen können.«

»Richtig«, stimmte Iceni ihm zu. »Wir können niemandem vertrauen.«

»Aber es gibt einige Leute, denen misstraue ich nicht so sehr wie anderen.« Sein Blick wanderte zu dem virtuellen Fenster hinter Icenis Schreibtisch, das momentan einen Strand mit Wellen irgendwo auf dem Planeten zeigte. »War da nicht zuletzt die Stadt zu sehen?«

»Ich habe die Ansicht geändert«, sagte sie. »Manchmal stelle ich fest, dass mir Dinge gefallen, von denen ich das nie für möglich gehalten hätte.«

Er schaute wieder zu Iceni. Wenn ich doch nur wüsste, was du wirklich denkst, Artur Drakon, überlegte sie.

»Ich bin hergekommen, um Ihnen zu sagen«, erklärte Drakon, »dass ich zwar das Ziel der letzten beiden Attentatsversuche war, es aber Gründe zu der Annahme gibt, dass Sie auch im Visier der Attentäter sind.«

Anstatt ängstlich darauf zu reagieren, überkam sie ein Anflug von Ermüdung. »Ja, natürlich. Wird das jemals anders sein?«

»Wenn ich das wüsste. Ich weiß auch nicht, wer die Drahtzieher sind, allerdings ist mein Stab der Meinung, dass mehr als nur eine Gruppe dafür verantwortlich ist und dass jede dieser Gruppen andere Ziele verfolgt.«

»Interessant.« Malin hat mir das schon heute Morgen gesagt, und da habe ich mich gefragt, was er wohl Drakon berichten würde. Mich überrascht zwar nicht mehr, dass Drakon diese Erkenntnisse mit mir teilt, aber ich wüsste zu gerne, warum er das macht. »Und an wen außer an Schlangen denkt Ihr Stab dabei?«

Er machte eine verneinende Geste. »Das wissen wir nicht.«

Keine Schlangen. Eben diese Schlussfolgerung hatte Malin ihr auch zukommen lassen. Aber das war zu einer Zeit gewesen, bevor Ito versucht hatte, Drakon zu töten, und Ito war eine Schlange in ihrer reinsten Form gewesen. »Sie haben sich einmal bei mir dafür entschuldigt, dass Sie eine Information nicht an mich weitergeleitet haben. Jetzt muss ich mich bei Ihnen … entschuldigen.« Es fiel ihr sehr schwer, dieses Wort auszusprechen. »Meine Leute hätten jede Bedrohung frühzeitig erkennen und unschädlich machen müssen. Stattdessen habe ich zugelassen, dass eine Attentäterin bis zu Ihnen durchkommt.«

Wie hatte Togo so nachlässig sein können? Sie hatte sich so sehr daran gewöhnt, sich auf seine unerbittliche Effizienz zu verlassen. Genau genommen hatte sie sich zu sehr daran gewöhnt.

Aber wieso hatte Malin ihr nichts von seinem Verdacht gegen Ito anvertraut? Warum machte er eine solche öffentliche Demonstration aus Togos Versagen und seinem eigenen Können?

Vielleicht war es ihm ja genau darum gegangen.

»Wir müssen uns später wieder unterhalten«, erklärte Iceni. »Es gibt da ein paar Dinge, die ich nachprüfen muss.«

»Gut.« Drakon stand auf. »Gwen … passen Sie auf sich auf.«

»Werden Sie nicht sentimental, General«, ermahnte sie ihn. »Sonst fange ich noch an mich zu fragen, was Sie vorhaben.«

»Das wüsste ich selbst gern.«

Er hatte gerade eben Icenis Büro verlassen, als seine Komm-Einheit ungeduldig zu summen begann. »Ich muss sofort in Ihrem Büro mit Ihnen reden, General«, ließ Morgan ihn wissen.

»Um was geht es?«

»Um eine Bedrohung für Ihr Leben, eine Bedrohung in Ihrer unmittelbaren Nähe.«

»Morgan, ich will für Sie hoffen …«

»Sie wollten Beweise sehen. Ich habe sie.«

Einen Moment lang hielt er inne. »Also gut, ich bin unterwegs.«

Auf dem kurzen Weg zu seinem Hauptquartier herrschte ein einziges Durcheinander in seinem Kopf. Hatte Morgan tatsächlich irgendwelche hieb- und stichfesten Beweise gegen Malin entdeckt? Oder war jetzt schließlich doch noch der Punkt erreicht, an dem sie einfach zu weit gegangen war? Ich wünschte, ich wüsste mehr über diese ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung, die ihr nach der fehlgeschlagenen Mission in den Enigma-Raum ausgestellt worden war. Es kann keinen Gönner gegeben haben, der im Hintergrund die Fäden in der Hand gehalten hat, aber es müssen stichhaltige Gründe gewesen sein, weshalb man sie wieder diensttauglich schrieb. Aber in jüngster Zeit zweifle ich immer stärker daran, ob das wirklich ein kluger Zug gewesen ist.

Morgan wartete bereits auf ihn, als er sein Büro betrat.

Da er zu sehr in Gedanken gewesen war, hatte er nichts davon mitbekommen, dass Malin ihm gefolgt war, ohne zu ahnen, was los war. Dass Malin tatsächlich nicht wusste, was kommen würde, merkte Drakon in dem Moment, da der Colonel die Tür hinter sich schloss und in ganz normalem Tonfall zu reden begann: »General, ich …«

»Endlich habe ich Sie überführt!«, brüllte Morgan ihn an. »Ich weiß jetzt, was Sie sind!«

Zu Drakons Erstaunen hatte Malin innerhalb von Sekundenbruchteilen seine Waffe gezogen und hielt mit starrer Miene den Lauf auf Morgan gerichtet.

Morgan war genauso überrascht, aber sie fasste sich sofort wieder und nahm boshaft lächelnd eine Haltung ein, die es ihr erlauben sollte, Malin mit der gleichen Brutalität zu attackieren, wie sie es zuvor schon bei anderen Widersachern gemacht hatte — jedes Mal mit tödlichem Ausgang für denjenigen.

»Schluss jetzt, Waffe runter«, herrschte Drakon die beiden an, aber Malin schien ihn gar nicht zu hören. Sein Blick war stur auf Morgan gerichtet, während er mit der Waffe auf ihr Gesicht zielte. Morgan wiederum strahlte solche Wut und Verachtung aus, dass er jeden Moment mit einer Attacke ihrerseits rechnete.

»Colonel Malin«, sagte Drakon beherrschter und in einem unüberhörbaren Befehlston. »Nehmen Sie die Waffe runter. Colonel Morgan, Sie werden Malin nicht angreifen, sobald er die Waffe sinken lässt, sonst werde ich Sie höchstpersönlich erschießen. Das schwöre ich Ihnen. Und jetzt befolgen Sie meine Befehle, sonst werden Sie beide den Tag Ihrer Geburt bereuen.«

Malin atmete einmal tief durch und blinzelte, als würde er aus einer Trance erwachen. Gleichzeitig ließ er die Hand sinken, in der er seine Waffe jetzt so hielt, als hätte er sie längst vergessen.

Morgan sah zu Drakon, erkannte beim Blick in seine Augen, wie ernst er seine Worte meinte, und nahm die Arme runter.

»Wenn so etwas nur noch ein einziges Mal passiert«, polterte Drakon los und hatte das Gefühl, einen anderen reden zu hören, »dann haben Sie die längste Zeit für mich gearbeitet. Haben Sie das verstanden? Dann fliegen Sie raus und haben in diesem Hauptquartier genauso wenig zu suchen wie an irgendeinem anderen Ort auf diesem Planeten oder in diesem Sternensystem oder irgendwo anders im Umkreis von hundert Lichtjahren. Ist das klar?«

»Jawohl, Sir«, antwortete Malin ruhig und gefasst.

»Ja, General«, sagte Morgan.

»Das Syndikat bereitet seinen nächsten Angriff auf dieses Sternensystem vor. Die können jederzeit hier eintreffen. Wir müssen uns darauf gefasst machen und uns darauf konzentrieren, und nicht auf interne Rivalitäten und ein Verhalten, das so unglaublich außer Kontrolle geraten ist, dass ich längst nicht mehr weiß, warum ich Ihnen beiden überhaupt noch eine Chance gebe. Aber eine weitere Chance werden Sie nicht bekommen. Und jetzt verschwinden Sie von hier, bevor ich Ihre Verhaftung befehle. Für die nächsten zwei Tage werden Sie beide ständig hundert Meter Abstand voneinander halten.«

Morgan schüttelte den Kopf. »General, ich bin aus einem bestimmten Grund hier, einem sehr wichtigen Grund.« Wieder schaute sie dabei Malin verächtlich an. »Colonel Malin hat einige Fragen zu beantworten, und wenn Sie das hier gelesen haben«, sie hielt eine Datenscheibe hoch, »werden Sie ihm diese Fragen stellen wollen.«

»Fragen zu welchem Thema?«, wollte Drakon wissen, der nicht die Absicht hatte, Morgan freie Hand zu lassen.

»DNS«, sagte sie. »Colonel Malins tatsächliche DNS«, fuhr sie im Tonfall eines Richters fort, der das Urteil über einen für schuldig befundenen Gefangenen sprach, »die ich kürzlich mit der Hilfe eines Samplers in meiner Hand in meinen Besitz bringen konnte, als ich ihn am Handgelenk gefasst hatte. Diese DNS passt nicht zur Referenz-DNS in der offiziellen Dienstakte von Colonel Bran Malin. Stimmt doch, nicht wahr?«, legte sie an Malin gewandt nach.

»Ist das alles?«, gab Malin zurück. »Die DNS stimmt nicht überein?«

»Das genügt schon«, fauchte sie ihn an. »Sie sind ein Betrüger, Sie geben sich lediglich für Bran Malin aus.«

Drakon hielt ihr die Hand hin. »Geben Sie mir die Scheibe, Morgan. Wenn Sie Beweise gefälscht haben …«

»Sie können jetzt und hier eine weitere DNS-Probe von ihm bekommen, General, und mit den offiziellen Unterlagen vergleichen.«

Während Drakon die Datenscheibe an sich nahm, sah er Malin an. »Haben Sie irgendetwas dazu zu sagen?«

»Ja, Sir. Und ich werde jede Frage zu Ihrer Zufriedenheit beantworten. Allerdings«, er deutete mit einer Kopfbewegung auf Morgan, »bitte ich darum, dass Colonel Morgan dann nicht anwesend ist.«

»Wieso?«

»Das werden Sie verstehen, wenn ich Ihre Fragen beantwortet habe, Sir.«

»Sie haben kein Recht, irgendwelche Bedingungen zu stellen, Colonel Malin«, meldete sich Morgan erneut zu Wort. »Oder wer immer Sie in Wahrheit auch sein mögen.«

»Ruhe!« Drakon stand da und musterte seine beiden Colonels, während sich Totenstille als Reaktion auf seinen Befehl ausbreitete. Er sah Morgan und Malin an und dachte daran zurück, mit welchen Anliegen er sich in der Vergangenheit schon an sie gewandt hatte und was sie alles für ihn getan hatten. Wie viel war er ihnen in diesem Moment schuldig? »Colonel Morgan, wenn sich Ihre Informationen auf dieser Datenscheibe befinden, dann ist Ihre Anwesenheit nicht erforderlich, während ich sie mir ansehe. Daher werde ich Colonel Malins Bitte entsprechen. Wenn mich seine Antworten nicht in vollem Umfang zufriedenstellen, kann ich Sie anschließend immer noch dazuholen.«

Morgan blickte finster drein, verkniff sich aber die Bemerkung, die ihr auf der Zunge liegen musste, dann drehte sie sich zu Malin um. »Sie werden sich nicht mit irgendwelchen Lügen herauswinden können. Es wäre natürlich überhaupt nicht dazu gekommen, wenn Sie den Mut gehabt hätten, mich zu töten, bevor ich es dem General sagen konnte. Aber Sie waren ja immer schon ein kleiner feiger Wurm. Ich weiß, General Drakon kommt mit Ihnen klar, falls Sie irgendetwas versuchen sollten, und ich weiß auch, was er mit Ihnen machen wird, wenn er erst mal die Beweise gesehen hat. Ich wünsche Ihnen eine gute Reise in die Hölle.«

Malin sah sie unbeeindruckt an. »Ich werde Ihnen einen Platz freihalten, wenn ich da bin. Einen schönen, warmen Platz.«

Drakon streckte den Arm aus. »Ihre Handfeuerwaffe, Colonel Malin.«

Er drehte sie in seiner Hand langsam so, bis ein Punkt erreicht war, an dem er sie nicht mehr abfeuern konnte, dann hielt er sie Drakon hin.

Der legte die Waffe in Reichweite auf den Schreibtisch. »Sie können gehen, Colonel Morgan. Da Colonel Malin mit mir unter vier Augen reden will, kehren Sie bitte solange in Ihr Quartier zurück.«

Morgan reagierte mit einem boshaften Grinsen, dann salutierte sie. »Jawohl, Sir.« Sie drehte sich um, sodass sie Malin den Rücken zuwandte, als wollte sie ihn mit ihrer momentanen Verwundbarkeit herausfordern, während sie zur Tür ging.

Nachdem sich die Tür wieder geschlossen hatte, wartete Malin ab, bis die Sicherheitslampen über der Tür grün leuchteten, die damit anzeigten, dass keine Abhörvorrichtung etwas von dem mitbekommen konnte, was in diesem Raum gesprochen wurde. Dann sah er General Drakon an. »Sie sollten sich ansehen, was Colonel Morgan Ihnen gegeben hat, Sir.«

Drakon zeigte auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. »Setzen Sie sich.« Es war keine höfliche Aufforderung, und das wusste Malin auch. Die sitzende Haltung würde Malin in seiner Bewegungsfreiheit einschränken, wenn er versuchen sollte, Drakon anzugreifen oder die Flucht anzutreten. Außerdem waren diverse verborgene Waffen auf diesen Sitz gerichtet, der wiederum mit einer Fülle an Sensoren ausgestattet war, die feststellen konnten, ob jemand die Wahrheit sagte oder nicht.

Während Malin sich hinsetzte, legte Drakon die Datenscheibe in seine Schreibtischeinheit ein. Zwei Bilder wurden dargestellt, die beide standardisierte DNS-Profile zeigten. Das eine Bild stammte aus Malins Personalakte, das andere war als eine DNS-Probe jenes Bran Malin gekennzeichnet, der vor ihm an diesem Tisch saß.

Ein Bereich der Profile war rot unterlegt. Keine Übereinstimmung der Resultate. »Sie sagten, Sie werden meine Fragen beantworten«, begann Drakon. »Wissen Sie, was mir hier angezeigt wird?«

»Ja, Sir.«

Drakon stutzte und wunderte sich, wieso Malin so erleichtert klang. »Und das wäre?«

»Die mitochondriale DNS stimmt nicht überein.«

Drakon sah auf seinen Bildschirm. »Das ist richtig.«

»Die DNS-Probe in meiner offiziellen Personalakte ist gefälscht.« Langsam hob Malin einen Arm, immer darauf bedacht, auf Drakon nicht in irgendeiner Weise bedrohlich zu wirken. »Die DNS in meinem eingebetteten Datenchip ist korrekt. Jede Abweichung von meiner tatsächlichen DNS dort wäre schon vor langer Zeit aufgefallen.«

»Sie haben Ihre DNS in Ihrer offiziellen Personalakte gefälscht? Warum?«

Malin seufzte und machte einen unglücklichen Eindruck. »Das musste ich. Sonst hätte bei einer routinemäßigen genetischen Überprüfung der offiziellen Akten eine Verbindung auffallen können.«

»Eine Verbindung? Zu wem oder was?« War Malin ein Spion der Allianz? Oder hatte er in irgendeiner Weise etwas mit den Enigmas zu tun? Oder mit den Schlangen, so absurd sich das auch anhörte?

»Mitochondriale DNS, General«, sagte Malin. »Sie identifiziert die Mutter eines jeden Individuums.«

»Sie wollten verheimlichen, wer Ihre Mutter ist.« Erstaunt schüttelte Drakon den Kopf. »Ihre Mutter war eine Medizinische Executive des Syndikats. Nicht mal die Schlangen haben behauptet, dass sich in ihrer Akte irgendwelche belastenden Informationen über sie befanden. Sie starb doch vor … acht Jahren?«

»Richtig, Sir.« Malins Stimme klang zunehmend angespannt. »Die Medizinische Executive Flora Malin starb vor acht Jahren aufgrund von Komplikationen, nachdem sie im Rahmen eines Forschungsauftrags des Syndikats gefährlichen Substanzen ausgesetzt worden war. Diese Frau brachte mich zur Welt, und sie zog mich groß. Aber sie war nicht meine leibliche Mutter.«

»Verdammt, etliche Leute haben eine komplizierte Familiengeschichte. Wir hatten ein Jahrhundert lang Krieg! Warum verschweigen Sie, wer Ihre leibliche Mutter war? War sie etwa eine Schlange?«

»Nein, Sir.« Er deutete auf Drakons Display. »Lassen Sie nach einer Übereinstimmung für die echte Probe suchen, General. Der Probe, die Colonel Morgan genommen hat. Dann werden Sie eine Übereinstimmung für die mitochondriale DNS finden.«

»Ihre leibliche Mutter befindet sich hier auf dem Planeten?«

»Sie können die Antwort sogar auf das Hauptquartier beschränken, General.« Malins Gesicht war kreidebleich geworden, nur seine Stimme klang unverändert ruhig.

Die Sensoren im Stuhl zeigten an, dass Malin kein Täuschungsmanöver versuchte. Während Drakon sich noch den Kopf darüber zerbrach, welche Soldatin hier im Hauptquartier als Malins Mutter infrage kommen sollte, ließ er die Suche beginnen.

Die Antwort tauchte fast sofort auf. Eine vollkommene Übereinstimmung.

Drakon starrte verwundert auf den angezeigten Namen. Er konnte ihn zwar lesen, aber die Bedeutung wollte sich ihm beharrlich entziehen, denn das, was er da sah, war schlicht unmöglich.

Colonel Malins Stimme schien von sehr weit weg zu kommen, als er zu Drakon sagte: »Ich bin davon überzeugt, dass die DNS-Übereinstimmung bestätigt, wer meine leibliche Mutter ist. Colonel Roh Morgan.«

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