KAPITEL 16

Die Jairs waren, wie die anderen freien Nationen, keines­wegs dumm. Sie luden uns ein, auf ihrem Planeten zu landen und ihre Gäste zu sein. Es war ein seltsamer Auf­enthalt, als hätten wir ihn auf einem zeitlosen Elfenhügel verbracht. Ich erinnere mich an schlanke Türme, luftig dazwischen gespannte Brücken, Städte, wo sich Gebäude mit Parks mischten, als hätte die Natur sie so wachsen lassen, Boote auf hellen Seen, Gelehrte in Talar und Schleier, die mit mir über die englische Wissenschaft diskutierten, riesige Alchimielaboratorien und Musik, die mich immer noch in meinen Träumen verfolgt. Aber dies ist kein geographisches Buch. Und selbst der nüchternste Bericht über alte, nichtmenschliche Zivilisationen würde einem gemeinen englischen Ohr verrückter klingen als die Phantasien jenes notorischen Venezianers Marco Polo.

Während die Kriegsführer der Jairs, ihre Weisen und Politiker, wenn auch noch so höflich, versuchten, von uns Informationen zu erhalten, eilte eine Expedition nach Tharixan, um mit eigenen Augen zu sehen, was dort geschehen war. Lady Catherine empfing sie mit großem Pomp und gestattete ihnen, jeden beliebigen Wersgorix zu befragen. Nur Branithar hielt sie verborgen, denn er hätte ihnen zuviel Wahres berichtet. Der Rest, selbst Huruga, verfügte nur über wirre Impressionen unwiderstehlicher Angriffe.

Da sie mit den Variationen der menschlichen Gestalt nicht vertraut waren, erkannten sie nicht, daß die Garni­son von Darova aus unseren Schwächsten bestand. Aber sie zählten sie und vermochten kaum zu glauben, daß eine so kleine Streitmacht wie die unsere all dies bewirkt hatte. Ganz sicher mußten wir über unbekannte Kräfte verfügen, die wir ihnen bislang nicht offenbart hatten! Als sie unsere Hirten sahen, unsere Reiter, unsere Frauen, die an Holzfeuern kochten, schluckten sie mit Leichtigkeit die Erklärung, daß wir Engländer dem einfachen Leben im Freien, wo immer möglich, den Vorzug gaben; das war ein Ideal, dem sie auch anhingen.

Zu unserem Glück beschränkte sie die Sprachbarriere auf das, was sie mit ihren Augen wahrnehmen konnten. Jene Burschen, die Wersgor lernten, hatten bis jetzt noch zu wenige Worte gelernt, um eine vernünftige Unterhal­tung rühren zu können. So mancher Gemeine — ja viel­leicht sogar mancher Krieger — hätte ihnen seine Angst und seinen Schrecken im Verein mit seiner Ignoranz anvertraut und sie angebettelt, ihn wieder nach Hause zu bringen, wäre er dazu nur imstande gewesen. So mußte jegliches detaillierte Gespräch mit den Engländern durch mich gefiltert werden, und ich vermittelte ihnen Sir Rogers freudige Arroganz.

Er verbarg ihnen nicht, daß bald eine rächende Wersgor-Flotte über Darova hereinbrechen würde. Vielmehr, er prahlte sogar damit. Er hatte seine Fallen aufgestellt, behauptete er. Wenn Boda und die anderen sternfahren­den Planeten ihm nicht halfen, diese Falle zuklappen zu lassen, mußte er England um Verstärkung bitten.

Die Vorstellung, eine Armada aus einem völlig unbe­kannten Reich könnte in ihre Weltraum-Region eindrin­gen, beunruhigte die Anführer der Jair. Ich will nicht ver­hehlen, daß einige von ihnen uns für ganz gewöhnliche Abenteurer hielten. Gesetzlose vielleicht, die überhaupt nicht auf Hilfe aus ihrem Geburtsland rechnen konnten. Aber dem mußten andere entgegengehalten haben:

»Können wir es wagen, zuzusehen und nicht an dem beteiligt zu sein, was geschehen muß? Selbst wenn sie Piraten sind, so haben diese Neuankömmlinge doch einen Planeten erobert und zeigen keine Furcht vor dem ganzen Wersgor-Imperium. Wir müssen uns in jedem Fall gegen die Möglichkeit wappnen, daß England — trotz aller gegenteiligen Behauptungen dieser Fremden — ebenso aggressiv wie die Blaugesichter-Nation ist. Wäre es dem­zufolge nicht am besten, uns dadurch zu stärken, daß wir diesem Roger helfen und dabei viele Planeten besitzen und viel Beute machen? Die einzige Alternative scheint darin zu liegen, mit Wersgor ein Bündnis gegen ihn einzu­gehen, und das ist undenkbar!«

Außerdem sah sich die Phantasie des Jairvolkes her­ausgefordert. Sie sahen, wie Sir Roger und seine prunk­voll gekleideten Begleiter durch ihre ruhigen Straßen galoppierten, sie hörten, wie er ihre alten Feinde besiegt hatte. Ihre Legenden, die seit langer Zeit nur darauf beruhten, daß sie schließlich nur den kleinsten Teil des Universums kannten, bereiteten sie förmlich auf die Vor­stellung vor, daß es jenseits ihrer Landkarten ältere und stärkere Rassen gab. Als sie daher hörten, daß er zum Krieg drängte, fingen sie Feuer und verlangten danach. Boda war eine echte Republik, nicht eine vorgebliche, wie sie die Wersgor hatten. Diese Stimme des Volkes hallte laut im Parlament.

Der Botschafter der Wersgorix protestierte. Er drohte mit Vernichtung. Aber er war weit von zu Hause ent­fernt, und die Depeschen, die er schickte, würden lange unterwegs sein. Und unterdessen bewarf die Menge seine Residenz mit Steinen.

Sir Roger selbst konferierte mit zwei anderen Botschaf­tern. Es waren dies die Vertreter der anderen sternfahren­den Nationen, Ashenkoghii und Pr?*tans. Die fremdarti­gen Buchstaben in dem letztgenannten Namen stammen von mir und stehen für einen pfeifenden Laut beziehungs­weise ein Grunzen. Ein Gespräch soll stellvertretend für viele wiedergegeben werden, die stattfanden.

Wie gewöhnlich wurde es in der Wersgorsprache geführt. Ich hatte größere Schwierigkeiten beim Überset­zen, als ich das gewohnt war, da der Pr?*tan sich in einer Kiste befand, die die Hitze und die giftige Luft aufrecht erhielt, die er benötigte, durch einen Lautsprecher sprach und einen Akzent hatte, der noch schlimmer als mein eigener war. Ich versuchte nicht einmal, seinen persön­lichen Namen oder Rang zu erfahren, denn dies umfaßte Begriffe, die für den menschlichen Geist noch komplizier­ter als die Bücher von Maimonides waren. Ich betrachtete ihn als den tertiären Eimeister des Nordweststockes und nannte ihn für mich Ethelbert.

Meine Besucher saßen in einem kühlen blauen Raum, weit über der Stadt. Während sich Ethelberts tentakelbewehrte Gestalt, die ich nur undeutlich durch das Glas wahrnahm, mit förmlichen Höflichkeiten mühte, blickte Sir Roger auf das Panorama hinaus, das sich ihm bot.

»Offene Fenster, so breit wie eine Ausfallpforte«, mur­melte er. »Was für eine Gelegenheit! Welche Freude es sein müßte, diesen Ort anzugreifen!«

Als unser Gespräch begonnen hatte, sagte Ethelbert:

»Ich kann die Stöcke auf keinerlei Politik festlegen. Ich kann nur eine Empfehlung schicken. Aber da unser Volk weniger individualisiert eingestellt ist als der Durch­schnitt, darf ich hinzufügen, daß meine Empfehlung gro­ßes Gewicht hat. Gleichzeitig ist es aber dementspre­chend schwierig, mich zu überzeugen.«

Das hatte man uns bereits klargemacht. Was die Ashenkoghii anging, so waren sie in Clans aufgeteilt; ihr riesiger Botschafter war der Häuptling eines solchen Clans und konnte dessen Flotte aus eigener Vollmacht mobilisieren. Das erleichterte unsere Verhandlungen der­maßen, daß wir glaubten, es sei eine Offenbarung des Willen Gottes. Ich möchte sogar behaupten, daß das Ver­trauen, das wir daraus zogen, für sich allein schon von großem Nutzen für uns war.

»Sicherlich sind Euch, Sir, die Argumente bereits bekannt, die wir den Jairs vorgetragen haben«, sagte Sir Roger. »Sie gelten in gleichem Maße für Pur-Pur — wie auch immer Euer Planet heißen mag.«

Ich ärgerte mich ein wenig, daß er mir die ganze Last überließ, die Namen richtig auszusprechen und seinen Satz höflich neu zu formulieren, und erlegte mir als Buße für diesen Gedanken einen Rosenkranz auf. Wersgor war eine so barbarische Sprache, daß ich immer noch nicht richtig in ihr zu denken vermochte. Demzufolge pflegte ich, wenn ich Sir Rogers Französisch zu übersetzen hatte, den Inhalt seiner Worte zuerst in das Englisch meiner Knabenzeit zu übertragen, anschließend in stattliche lateinische Perioden, und auf diesem festen Fundament konnte ich dann einer Wersgorstruktur errichten, die Ethelbert auf mentalem Wege ins Pr?*tan übersetzte. Die Werke Gottes sind wundersam.

»Die Stöcke haben gelitten«, räumte der Botschafter ein. »Die Wersgorix schränken den Umfang unserer Raumflotte und unserer extraplanetarischen Besitzungen ein und for­dern einen hohen Tribut an seltenen Metallen. Unsere Hei­matwelt ist jedoch für sie ohne Nutzen, so daß wir wie Boda und Ashenk keine Eroberungen zu befürchten brau­chen. Warum sollten wir also ihren Zorn herausfordern?«

»Ich fürchte, diese Geschöpfe haben keine Vorstellung von Ehre«, brummte der Baron zu mir gewandt, »sag ihm also, er wird von diesen Einschränkungen und dem Tribut befreit sein, sobald Wersgorix überwältigt ist.«

»Das ist offenkundig«, kam kühl die Antwort. »Doch der Gewinn ist zu gering, verglichen mit dem Risiko, daß unser Planet und seine Kolonien bombardiert werden.«

»Jenes Risiko wird jedoch stark eingeschränkt, wenn alle Feinde von Wersgorix gemeinsam handeln. Der Feind wird viel zu stark beschäftigt sein, um irgendwelche Offensiven zu unternehmen.«

»Aber eine solche Allianz gibt es nicht.«

»Ich habe Grund zu der Annahme, daß der Ashenkoghii-Lord hier auf Boda die Absicht hat, sich uns anzuschließen. Dann werden viele andere Ashenkoghii-Clans gleiches tun, und wäre es nur, um ihn daran zu hindern, zuviel Einfluß zu gewinnen.«

»Sire«, protestierte ich in englischer Sprache. »Ihr wißt, daß der von Ashenk noch ganz und gar nicht bereit ist, seine Flotte einzusetzen.«

»Sag dem Monstrum hier trotzdem, was ich gesagt habe.«

»Mylord, es ist doch nicht die Wahrheit!«

»Ah, aber wir werden dafür sorgen, daß es die Wahr­heit wird; also ist es doch keine Lüge.«

An soviel Kasuistik wäre ich beinahe erstickt, über­setzte dann aber doch, was er von mir verlangt hatte. Ethelbert schoß zurück. »Was läßt Euch das glauben? Der von Ashenk ist als vorsichtig bekannt.«

»Sicher.«

Es war eine Schande, daß Sir Rogers gleichmütiger Tonfall an diese nichtmenschlichen Ohren verschwendet war. »Deshalb wird er seine Absicht auch nicht öffentlich bekennen. Aber seine Leute. einige von ihnen werden sich verplappern oder zumindest nicht widerstehen kön­nen, eine Bemerkung fallenzulassen.«

»Das muß untersucht werden«, sagte Ethelbert. Ich konnte förmlich seine Gedanken lesen. Er würde seine eigenen Spione, Söldlinge der Jairs, einsetzen.

Wir entfernten uns und nahmen Gespräche auf, die Sir Roger mit einem jungen Ashenkogh geführt hatte. Dieser feurige Kentaur war selbst begierig auf einen Krieg, in dem er Ruhm und Wohlstand gewinnen konnte. Er erklärte die Einzelheiten der Organisation, der Aktenfüh­rung und der Kommunikation, die Sir Roger wissen mußte. Dann instruierte ihn der Baron im Detail, welche Dokumente er fälschen und so auslegen sollte, daß Ethelberts Agenten sie finden konnten, welche Worte er im Rauschzustand fallen lassen sollte und wie er auf unge­schickte Weise versuchen sollte, Jair-Beamte zu beste­chen.

Binnen kurzem wußten alle, mit Ausnahme des Ashenkoghii-Gesandten selbst, daß er vorhatte, mit uns gemeinsame Sache zu machen.

Also sandte Ethelbert eine Kriegsempfehlung nach Pr?*t. Das geschah natürlich in strikter Geheimhaltung, aber Sir Roger bestach den Jair-Inspektor, der diplomati­sche Botschaften in besonderen Kästen zu den Postschif­fen weiterleitete. Dem Inspektor wurde ein ganzer Archi­pel auf Tharixan versprochen. Das war eine raffinierte Investition meines Herrn, denn er erhielt dafür das Recht, dem Ashenkoghii-Häuptling jene Depesche zu zeigen, ehe sie ihren Weg fortsetzte. Da Ethelbert so großes Ver­trauen zu unserer Sache hatte, ließ der Häuptling seine eigene Flotte kommen und schrieb an die Lords verbünde­ter Clans Briefe, in denen er sie aufforderte, es ihm gleich zu tun.

Unterdessen hatte die militärische Abwehr von Boda erfahren, was geschah. Sie konnten ganz sicher nicht zulassen, daß Pr?*t und Ashenk eine so reiche Ernte ein­fuhren, während ihr Planet bedeutungslos blieb. Demzu­folge sprachen sie die Empfehlung aus, daß auch die Jairs sich der Allianz anschließen sollten. So bedrängt, erklärte das Parlament Wersgorixan den Krieg.

Sir Roger grinste über das ganze Gesicht. »Das war ein­fach«, meinte er, als seine Hauptleute ihn lobten. »Ich brauchte mich bloß zu erkundigen, wie die Dinge hier angepackt wurden, und das war nie geheim. Dann stol­perten die Sternenleute in Fallen, mit denen man nicht einmal einen blöden Deutschen hätte hereinlegen kön­nen.«

»Aber wie kann das sein, Sire?« fragte Sir Owain. »Sie sind älter, stärker und weiser als wir.«

»Den ersten beiden Attributen stimme ich zu«, nickte der Baron. Er war so gut gelaunt, daß er selbst dem Ritter gegenüber kameradschaftlich auftrat. »Aber was das dritte betrifft — nein. Wenn es auf Intrigen hinausläuft, bin ich da keineswegs ein Meister, kein Italiener. Aber die Sternenleute sind wie Kinder.

Und warum? Nun, auf der Erde hat es viele Jahrhun­derte lang viele Nationen und Lords gegeben, die alle mit­einander in Unfrieden lebten, unter einem Feudalsystem, das fast zu kompliziert ist, als daß man sich daran erin­nern kann. Warum haben wir in Frankreich so viele Kriege geführt? Weil der Herzog von Anjou einerseits souveräner König von England und andererseits Franzose war! Überlegt doch, wozu das führte. Und doch ist das Ganze eigentlich nur ein belangloses Beispiel. Wir haben auf unserer Erde notgedrungen all die Tricks gelernt, die man kennen muß.

Aber hier sind die Wersgorix seit Jahrhunderten die einzig wahre Macht. Sie haben ihre Eroberungen nur durch eine Methode errungen — die brutale Vernichtung von Rassen, die keine Waffen hatten, um sich damit zu wehren. Durch schiere Gewalt — dem Zufall, daß sie das größte Reich hatten — haben sie den anderen drei Natio­nen, die über die nötigen militärischen Künste verfügt hätten, ihren Willen aufgezwungen. Und diese haben in ihrer Machtlosigkeit nie auch nur den Versuch gemacht, sich gegen Wersgorixan zu verschwören. All das erfor­derte weniger staatsmännisches Geschick oder Kriegs­kunst als eine Schneeballschlacht. Es bedurfte wirklich keiner großen Geschicklichkeit für mich, meine Taktik auf ihren simplen Verstand, ihre Habgier, ihre Furcht und die wechselseitige Rivalität aufzubauen.«

»Ihr seid zu bescheiden, Sire«, lächelte Sir Owain.

»Ach was!« Die gute Stimmung des Barons schien zu schwinden. »Der Teufel soll's holen. Das einzig Wichtige ist jetzt: Wir sitzen hier und kochen im eigenen Saft, bis die Flotte startbereit ist. Und unterdessen ist der Feind bereits unterwegs!«

Wahrhaftig, es war eine Zeit der Alpträume. Wir konn­ten Boda nicht verlassen, um uns unseren Frauen und Kin­dern in der Festung anzuschließen, denn die Allianz war noch nicht stabil. Sir Roger mußte sie hundertmal zusam­menflicken und oft Mittel einsetzen, die ihn im nächsten Leben noch viel kosten würden. Wir anderen verbrachten unsere Zeit damit, Geschichte, Sprachen, Geographie (oder sollte ich sagen Astrologie?) sowie die hexenartigen mechanischen Künste zu studieren. Letzteres mußte unter dem Vorwand geschehen, daß wir hiesige Maschinen mit den unseren zu Hause verglichen, zum Nachteil ersterer. Glücklicherweise, wenn auch nicht unnatürlicherweise — Sir Roger hatte diese Information Offizieren abgepreßt und auch in Dokumenten bestätigt gefunden, ehe wir Tharixan verließen —, waren einige der Waffen, die wir erbeu­tet hatten, geheim. So konnten wir besonders wirksame Gewehre oder Explosivgeschosse demonstrieren und behaupten, sie seien englischer Herkunft, wobei wir natür­lich darauf achten mußten, daß keiner unserer Alliierten sie näher zu Gesicht bekam.

In der Nacht, in der das Jair-Verbindungsschiff von Tharixan mit der Nachricht zurückkehrte, daß die feindliche Armada eingetroffen sei, begab sich Sir Roger alleine in sein Schlafgemach. Ich weiß nicht, was geschah, aber am nächsten Morgen mußte sein Schwert nachgeschärft wer­den, und das ganze Mobiliar war zersplittert.

Doch Gott machte es möglich, daß wir nicht länger zu warten brauchten. Die Bodavant-Flotte hatte sich bereits draußen im Weltraum versammelt. Jetzt trafen einige Dutzend schlanker Schlachtschiffe aus Ashenk ein, und kurz darauf tauchten auch von deren giftiger Heimatwelt die kistenähnlichen Fahrzeuge von Pr?*t ein. Wir schiff­ten uns ein und dröhnten davon, hinaus in den Krieg.

Linser erster Blick von Darova, nachdem wir uns an den vorgeschobenen Wersgor-Schiffen vorbei in Tharixans Atmosphäre durchgekämpft hatten, ließ mich zwei­feln, daß noch etwas geblieben war, was zu retten sich lohnte. Denn Hunderte von Meilen um die Stadt lag das Land schwarz, aufgewühlt und verlassen da. Wo immer eine Granate getroffen hatte, zog der Felsen Blasen.

Jener subtile Tod, den man nur mit Instrumenten auf­spüren kann, hatte diesen ganzen Kontinent verwüstet und würde jahrelang anhalten.

Aber Darova war dafür gebaut, solchen Kräften zu widerstehen, und Lady Catherine hatte die Festung gut versorgt. Ich entdeckte eine Wersgor-Flottille, als diese ganz niedrig über ihr Kraftfeld dahinpfiff. Ihre Geschosse zerbarsten ganz nahe und brachten den fast massiven Stein der oberhalb der Erde angebrachten Strukturen zum Schmelzen — ohne daß er innen beschädigt würde. Die verbrannte Erde öffnete sich; Bombarden schoben sich wie Vipernzungen hervor, spuckten Blitze und zogen sich wieder zurück, ehe die nächste Bombenladung sie treffen konnte. Drei Wersgorschiffe wurde getroffen und stürzten ab. Die Wracks mischten sich in die Überreste des letzten Sturmangriffs.

Dann sah ich nichts mehr von dem rauchverhüllten Darova, denn die Wersgorix brachen jetzt mit voller Kraft über uns herein, und der Kampf verlagerte sich wieder hinaus in den Weltraum.

Es war eine seltsame Schlacht. Sie wurde auf unvor­stellbare Distanz mit Feuerstrahlen, Kanonenkugeln und unbemannten Geschossen geführt. Schiffe manövrierten unter der Leitung künstlicher Gehirne, und das so schnell, daß nur die gewichtserzeugenden Felder ihre Mannschaften davor bewahrten, gegen die Schotten ge­schmiert zu werden. Rümpfe zerplatzten, selbst wenn sie nicht getroffen wurden, konnten aber im luftlosen Raum nicht sinken: Die verletzten Abschnitte dichteten sich ab, und der Rest blieb und schoß weiter.

So pflegte es im Raumkrieg immer zuzugehen. Sir Roger lieferte eine Neuheit. Als er es zum erstenmal vor­schlug, hatte er die Jair-Admirale damit erschreckt, aber er hatte darauf bestanden, es handle sich um eine ganz übliche englische Taktik — und in gewisser Weise traf das sogar zu. In Wirklichkeit tat er es natürlich aus Sorge, seine Männer könnten sonst verraten, wie ungeschickt sie im Umgang mit den Höllenwaffen waren.

So verteilte er sich auf zahlreiche kleine, ungemein schnelle Fahrzeuge. Unser Schlachtplan war höchst unor­thodox, und zwar aus keinem anderen Grund als dem, den Feind in gewisse Positionen zu manövrieren. Als sich diese Gelegenheit bot, warfen sich Sir Rogers Boote ins Herz der Wersgorflotte. Einige wenige verlor er, aber die anderen setzten ihre Wahnsinnsbahnen bis zum Flagg­schiff des Feindes fort. Es war ein monströses Gebilde, fast eine Meile lang, groß genug, um Kraftfeldgenerato­ren zu tragen. Aber die Engländer setzten Explosivstoffe ein, um den Rumpf zu durchstoßen. Und dann gingen sie — im Raumpanzern, auf die die Ritter ihre Federbüsche gesteckt hatten — mit Schwertern, Äxten, Hellebarden und Bogen ebenso wie mit Handgewehren an Bord, enter­ten.

Sie waren nicht zahlreich genug, um jenes ganze Laby­rinth von Korridoren und Kabinen zu erobern. Und doch hatten sie große Freude, erlitten nur wenige Verluste (da die Matrosen hier draußen nicht im Nahkampf ausgebil­det waren) und schufen eine große Verwirrung, was unse­rem Angriff insgesamt sehr zustatten kam. Am Ende gab die Mannschaft jenes Schiffes auf. Als Sir Roger das sah, zog er seine eigenen Truppen zurück, ehe der Rumpf von einer riesigen Explosion in Stücke gerissen wurde.

Nur Gott und die etwas kriegerischen Heiligen wis­sen, ob diese Taktik die Entscheidung brachte. Die alliierte Flotte war weit in der Minderzahl, und so war natürlich jeder Vorteil über die Maßen nützlich. Ande­rerseits war unser Angriff völlig überraschend gekom­men, und wir hatten den Gegner zwischen uns und Darova eingezwängt, dessen größere Geschosse in den Weltraum selbst flogen, um Wersgor-Fahrzeuge zu ver­nichten.

Ich kann die Vision des heiligen Georg nicht beschrei­ben, da ich nicht privilegiert war, sie zu sehen. Dennoch schwor so mancher nüchterne, vertrauenswürdige Sol­dat, er habe den heiligen Ritter in einem Nebel von Ster­nen die Milchstraße heruntergaloppieren und feindliche Schiffe wie Drachen auf seiner Lanze aufspießen sehen. Sei dem, wie dem sei, jedenfalls gaben die Wersgorix nach vielen Stunden, an die ich mich nur dunkel er­innere, auf. Sie zogen sich in guter Ordnung zurück, nachdem sie etwa ein Viertel ihrer Flotte verloren hatten, und wir verfolgten sie nicht sehr weit.

Statt dessen schwebten wir über dem geschwärzten Darova. Sir Roger und die obersten Befehlshaber seiner Alliierten gingen in einem Boot hinunter. In der Zentral­halle unter der Erde brachte die englische Garnison, schmutzig und von der langen Schlacht erschöpft, ein schwaches Hurra aus. Lady Catherine nahm sich die Zeit, zu baden und um der Ehre wegen ihr bestes Kleid anzule­gen. Wie eine Königin schritt sie den Kapitänen entgegen.

Aber als sie ihren Mann im zerbeulten Raumpanzer vor den kühlen Glühlampen stehen sah, stockte ihr Schritt. »Mein Herr.«

Er nahm den mit Glas geschützten Helm ab. Irgendwie störten die Luftröhren in dieser ritterlichen Geste, als er sich den Helm unter den Arm zwängte und vor ihr nie­derkniete. »Nein«, rief er laut. »Sagt es nicht. Laßt mich vielmehr sagen: Meine Lady und Liebe!«

Wie eine Schlafwandlerin kam sie auf ihn zu. »Ist der Sieg Euer?«

»Nein. Er gehört Euch.«

»Und jetzt.«

Er stand auf und schnitt eine Grimasse über die Not­wendigkeit, die ihm auferlegt waren. »Konferenzen«, sagte er. »Die Schäden der Schlacht müssen behoben, neue Schiffe gemacht, neue Armeen ausgehoben werden. Intrigen unter den Alliierten, Köpfe, die man zusammen­stoßen muß, Nachzügler, die es zu ermuntern gilt. Und Kampf, immer Kampf. Bis mit Gottes Willen die Blauge­sichter auf ihrem Heimatplaneten zurückgetrieben sind und sich ergeben.« Er hielt inne. Ihr Gesicht hatte seine liebliche Farbe verloren. »Aber für diese Nacht, Mylady«, sagte er ungeschickt, obwohl er es sicherlich viele Male geübt hatte, »für diese Nacht, glaube ich, daß wir uns das Recht erworben haben, allein zu sein, auf daß ich Euch loben kann.«

Ihr Atem ging stockend. »Lebt Sir Owain Montbelle?« fragte sie. Als er nicht nein sagte, bekreuzigte sie sich, und ein schwaches Lächeln spielte um ihre Lippen. Dann hieß sie die fremden Hauptleute willkommen und hielt ihnen die Hand hin, auf daß sie sie küßten.

Загрузка...