8


Stone zog die Tür hinter sich zu, wartete, bis die Dienerkreatur die elektronische Sperre aktiviert hatte, und überzeugte sich danach noch einmal und pedantisch davon, daß der winzige Apparat auch wirklich funktionierte. Es war völlig überflüssig. Die Geräte funktionierten immer, und selbst wenn das Unmögliche geschehen und der Computer ausgefallen wäre, so gab es noch immer die beiden bewaffneten Posten hier draußen auf dem Gang.

Trotzdem. Er war nervös. Dieser Zwerg mit dem mißgestalteten Körper und den beunruhigenden Augen machte ihm angst. Nicht zum ersten Mal fragte er sich, ob es nicht ein Fehler gewesen war, ihn mitzubringen. Er hätte ihn töten sollen. Er hatte das Gefühl, daß ihm Gurks Hiersein noch eine Menge Probleme bereiten würde.

Aber den Zwerg mitzubringen, war nicht der erste Fehler, den er begangen hatte. Wenn er es recht bedachte, dann waren die letzten Wochen und Monate eigentlich eine fast ununterbrochene Kette von Fehlern gewesen. Irgend etwas geschah mit ihm. Etwas, das er nicht verstand, das ihn aber beunruhigte. Seine Position unter den Moroni und die Macht, die sie ihm bescherte, beruhte einzig und allein auf einer Fähigkeit, die Daniel Stone nicht allein für sich gepachtet hatte: der Fähigkeit, sein Gewissen auszuschalten und vielleicht nicht so schnell, aber so logisch wie ein Computer zu denken - und vor allem zu entscheiden.

Nichts von dem, was er Charity während ihres Gespräches im Shai-Taan erzählte hatte, war gelogen gewesen. Er glaubte daran, daß es die einzige Chance der Menschheit war, sich den Invasoren zu unterwerfen. Alles, was sie bei einem Kampf gegen die Insektenkrieger von Moron gewinnen konnten, war ein schneller Tod. Für diese ganze Welt.

Die Aufzugtüren auf der anderen Seite des Stollens öffneten sich, und Stone registrierte ein weißes Aufblitzen aus den Augenwinkeln, das ihn sofort in die Wirklichkeit zurückriß. Abrupt drehte er sich herum, und mit der gleichen Plötzlichkeit, mit der sich seine Gedanken wieder von Gurk und den Rebellen gelöst hatten, kehrte die Furcht zurück. Es war noch nicht einmal lange her, da hatte er geglaubt, mit den Herren der Schwarzen Festung Wesen kennengelernt zu haben, wie sie schlimmer nicht sein konnten. Aber das war gewesen, bevor er die Inspektoren getroffen hatte.

Stone hatte Mühe, das Zittern seiner Hände zu unterdrücken, während sich die zwei Meter große, weiße Albino-Ameise auf ihn zubewegte. Ihre ausdruckslosen Facettenaugen musterten ihn kalt, und Stone versuchte vergeblich, sich einzureden, daß diese Wesen keinerlei Mimik besaßen und somit auch nicht in der Lage waren, die eines anderen Geschöpfes zu deuten.

»Governor Stone?« Die Stimme des Inspektors klang so kalt und maschinenhaft wie sein strahlendweißes Exoskelett aussah. Sie ließ irgend etwas in Stone erschauern. Er fragte sich, warum er diese Geschöpfe so fürchtete. Sie waren Moroni, Ameisen wie die, die ihm selbst zu Tausenden und Abertausenden zur Verfügung standen, nur ein wenig spezialisierter und mit weitreichenden Machtbefugnissen ausgestaltet.

Aber das war nicht alles.

Während die normalen Moroni häßlich oder bestenfalls fremdartig aussahen, umgab diese weißen Albino-Kreaturen etwas Unheimliches. Dabei entbehrten sie bei aller Fremdartigkeit nicht einer gewissen Ästhetik - ihre Glieder waren schlanker als die eines gewöhnlichen Moroni, und ihre weißen Hornpanzer waren glatt wie polierter Kunststoff, nicht mit den häßlichen Buckeln und Rissen und Warzen übersät wie die der Krieger und Arbeiterinnen. Sie waren nicht schön, aber wo die normalen Moroni einfach häßlich und bedrohlich aussahen, wirkten diese Kreaturen auf ihre Art elegant.

Vielleicht waren es ihre Augen, überlegte Stone. Etwas war darin, das denen der einfachen Ameisen fehlte. Es war keine Intelligenz. Trotz allem wußte Stone, daß die Insektengeschöpfe im Grunde nichts weiter als lebende Computer waren, Wesen, die zwar von der Natur erschaffen, trotzdem aber eher maschinenhaft als lebendig wirkten. Sie waren auf eine gewisse Art intelligent, aber ihr Denken war so anders als das eines Menschen, daß es Stone wahrscheinlich niemals gelingen würde, es zu begreifen. Und was er in den Augen des Inspektors las, das war auch keine überlegene Intelligenz, kein größeres Wissen als das der anderen. Es war etwas, das er nicht beschreiben konnte, das ihn aber fast krank machte vor Angst.

»Governor Stone?« fragte der Inspektor noch einmal, als Stone nicht antwortete, und Daniel zwang sich zu einem nervösen Lächeln.

»Ja?«

»Was tun Sie hier?« fragte der Inspektor. Seine Stimme war frei von jedem Vorwurf oder Mißtrauen, denn solcherlei Gefühl auszudrücken, war der winzige Übersetzungscomputer in seinem Kehlkopf, der die unverständlichen Pfeif- und Klicklaute der Moroni in für Menschen verständliche Töne umwandelte, gar nicht in der Lage. Trotzdem hatte Stone das unheimliche Gefühl, daß dieses Wesen ganz genau wußte, weshalb er hier war. Weshalb er wirklich hier war.

»Ich habe mit dem Gefangenen geredet«, sagte er und deutete auf die Tür hinter sich.

Der Blick des Inspektors glitt über die geschlossene Tür, ehe er sich wieder auf Stone konzentrierte. »Es ist nicht nötig, daß Sie Ihre Zeit mit Befragungen verschwenden«, sagte er. »Wenn Sie Informationen von dem Gefangenen wünschen, stehen uns Mittel zur Verfügung, diese zu erhalten.«

»Ich weiß«, sagte Stone hastig. Und genau das war es ja, wovor er Angst hatte. »Aber ich habe ihn nicht verhört.«

»Aus welchem Grund waren Sie dann bei ihm?«

Stone fuhr sich nervös mit der Zungenspitze über die Lippen. Es war ein Fehler gewesen, hierher zu kommen, das sah er jetzt ein. Seit einigen Tagen herrschte Unruhe unter den Moroni. Er hatte niemals so viele Inspektoren auf einmal in der Stadt gesehen, und der Funkempfänger, der ihn mit den Herren der Schwarzen Festung am Nordpol verband, hatte sich niemals so oft gemeldet wie jetzt. Was immer auch geschehen war, er muß damit rechnen, daß sie mißtrauischer geworden waren. Vielleicht ahnten sie, daß er sie betrogen hatte.

»Ich wollte nur ... nur mit ihm reden«, sagte er.

Der Inspektor sah ihn unverwandt an. »Wozu?«

»Ohne bestimmten Grund«, antwortete Stone. Er lächelte, machte eine vage Bewegung mit der rechten Hand und fügte hinzu: »Es ist eine menschliche Eigenart. Wir reden gern, und nicht nur zum Zweck des Informationsaustausches.«

»Das ergibt keinen Sinn«, sagte der Inspektor.

»Vieles von dem, was Menschen tun, ergibt keinen Sinn«, antwortete Stone. »Vielleicht ist das der Grund, aus dem Moron das Universum erobert hat und nicht wir.«

»Diese Erklärung klingt logisch«, sagte der Inspektor. Stone wollte etwas darauf erwidern, aber diesmal war es die Ameise, die ihn mit einer ungeduldigen Geste einer ihrer vier Hände unterbrach. »Ihre Anwesenheit wird auf der Kommandoebene benötigt, Governor Stone.«

»Warum?« fragte Stone.

Er bekam keine Antwort. Mit einem Ruck drehte sich der Inspektor wieder herum und trat in den Aufzug zurück, der mit offenstehenden Türen auf ihn gewartet hatte, und Stone beeilte sich, ihm zu folgen. Er wiederholte seine Fragen nicht. Von all den Heerscharen sechsgliedriger Insektenkrieger, die ihm zur Verfügung standen, waren die Inspektoren die einzigen, die seinem Befehl nicht gehorchten. So faßte er sich in Geduld, bis der Aufzug sein Ziel erreicht hatte und die Türen wieder aufglitten.

Helles Sonnenlicht erfüllte den Korridor und ließ Stone blinzeln, denn seine Augen hatten sich an das trübe Halbdunkel im Kellergeschoß des Hochhauses gewöhnt, in dem die Zelle des Zwerges untergebracht war. In den letzten Tagen hatte er viel Zeit dort verbracht, und er gestand sich ein, daß er seine Pflichten als Governor und Stadthalter der Moroni vielleicht etwas zu sehr vernachlässigt hatte, um sich noch im Ernst einreden zu können, es fiele nicht auf.

Dann begriff er den Fehler in diesen Gedanken - die Moroni waren kein Volk, dem etwas auffiel. Vielleicht war der Vergleich mit einer Maschine, den er selbst in Gedanken gezogen hatte, gar nicht so falsch. All diese zahllosen einzelnen Wesen erschienen ihm manchmal wie Teile eines viel größeren, komplexeren Etwas, winzige Rädchen, von denen jedes einzelne nicht einmal genau wußte, was es tat, und deren Zusammenspiel doch einen Sinn ergab. Wenn er eines gelernt hatte in den Jahren, in denen er für sie und mit ihnen gearbeitet hatte, dann das, daß diese Geschöpfe weder das Wort Mißtrauen noch Verdacht kannten. Wenn sie zu dem Schluß kamen, daß er sie hintergangen hatte oder auch nicht mehr zuverlässig zu gebrauchen war, würden sie ihn eliminieren, und solange sie das nicht taten, war er sicher. So einfach war das.

Er folgte dem Inspektor zu einem riesigen Raum am Ende des Ganges. Vor einem halben Jahrhundert hatten sich in den zahllosen Stockwerken dieses Hochhauses Hunderte von Büros und Geschäftsräumen befunden, und auf den ersten Blick schien es fast, als hätte sich daran nicht einmal viel geändert: In dem ehemaligen Großraumbüro, das sich über die halbe Etage des Wolkenkratzers erstreckte, standen auch jetzt noch zahlreiche niedrige Tische, die mit flackernden Computermonitoren und elektronischen Geräten, mit Papieren und den endlosen Papierschlangen von Computerausdrucken, mit Telefonen und überquellenden Aktenkörben übersät waren. In der Luft hing noch immer die gleiche, nervöse Geschäftigkeit, wie sie auch damals geherrscht haben mochte - und trotzdem fehlte etwas.

Menschliche Stimmen.

Der Geruch nach Kaffee und Parfüm und Deo-Sprays, Lachen und Streiten, Leben.

Erneut und heftiger als je zuvor hatte Stone das Gefühl, ins Innere eines gigantischen Computers geraten zu sein. An den Monitoren der Computer saßen vierarmige Moroni, die mit raschen, präzisen Bewegungen ihre Arbeit ausführten und sich nur sehr selten und mit knappen Pfiffen und Klicklauten unterhielten. Alles funktionierte reibungslos und schnell, als wären auch sie nur Maschinen, die gar nicht in der Lage waren, irgend etwas anderes zu tun als das, wofür man sie geschaffen hatte.

Der Inspektor deutete auf einem Tisch, der sich vor einem der deckenhohen Fenster aus Panzerglas erhob, und Stone registrierte mit einem vagen Gefühl von Unbehagen, daß hinter dem unvermeidlichen Computerpult auf diesen Tisch nicht nur eine normale Arbeiterin saß, sondern sich auch die beiden weißen Gestalten zweier weiterer Inspektoren erhoben. Hinter seiner Stirn begann eine lautlose Alarmsirene zu schrillen. Irgend etwas war passiert, während er unten gewesen war und mit Gurk geredet hatte.

»Was ist passiert?« fragte er, als sie die beiden anderen Inspektoren erreicht hatten.

Eines der Wesen wandte den dreieckigen Schädel und starrte ihn aus seinen unheimlichen Kristallaugen an, während sich das andere weiter auf den Computermonitor konzentrierte, auf dem unverständliche Zahlen und Symbolreihen in der fremdartigen Schrift der Moroni vorüberflimmerten; so schnell, daß die einzelnen Buchstaben ineinanderzufließen schienen. Trotzdem schien der Inspektor keine Mühe zu haben, dem Text zu folgen.

»Jemand hat versucht, den Sperrgürtel zu durchdringen«, sagte der andere Inspektor. »Eine unserer Robot-Patrouillen stieß vor zwei Stunden auf zwei Humanoide.«

Er machte eine Handbewegung, und die flimmernden Zahlenreihen auf dem Bildschirm machten einer grobkörnigen, stark gerasterten Schwarzweißaufnahme des schneebedeckten Landes zwanzig Meilen südlich von New York Platz. Es handelte sich um eine Infrarotaufnahme, wie Stone an den falschen Farben und verschwommenen Umrissen erkannte. Trotzdem waren die beiden menschlichen Gestalten, die sich hakenschlagend und groteske Sprünge vollführend vor den Laserschüssen der Wachroboter in Sicherheit brachten, deutlich zu identifizieren.

»Was ist daran besonderes?« fragte er. »Irgendwelche Dummköpfe versuchen ständig, in den Sperrbezirk vorzudringen.«

»Das ist richtig«, antwortete der Inspektor. »Trotzdem ist diese Situation außergewöhnlich.«

»Wieso?«

»Kurze Zeit später orteten die Meßgeräte eines in der Nähe befindlichen Läufers eine große Metallmasse«, antwortete der Inspektor. »Wie es seiner Aufgabe entspricht, änderte er den Kurs, um sie zu bergen. Sehen sie selbst.«

Das Bild wechselte und war jetzt von deutlich besserer Qualität. Und als Stone sah, was der Läufer entdeckt hatte, da mußte er diesmal seine ganze Selbstbeherrschung aufbieten, um nicht erschrocken zusammenzufahren.

In einem gewaltigen Krater aus geschmolzenem und zu Eis wiedererstarrtem Schnee erhob sich der buckelige Kopf eines riesenhaften Flugzeuges. Die Umgebung bot keinerlei Vergleichsmöglichkeiten, so daß es Stone schwerfiel, seine Größe zu schätzen, aber es mußte gewaltig sein.

»Ein ... Wrack?« fragte er zweifelnd.

»Keineswegs«, antwortete der Inspektor.

Das Flugzeug wuchs langsam auf dem Bildschirm heran. Das Bild schwankte im Takt der Schritte, die die riesige Maschine gemacht hatte, und ein- oder zweimal geriet das Flugzeug ganz aus dem Aufnahmebereich der Kamera.

Dann begann die Maschine plötzlich zu erzittern, und Stone sah, wie sich die vier riesigen Düsentriebwerke in den Tragflächen drehten, bis sie genau abwärts gerichtet waren, so daß die Maschine senkrecht abheben konnte. Ein helles, orangefarbenes Glühen brach plötzlich aus den Düsen.

Stone beobachtete mit angehaltenem Atem, wie der riesige Flugzeugleib zu zittern begann und sich dann langsam, fast widerwillig vom Boden hob, ein kurzes Stück weit durchsackte, abzustürzen drohte und sich dann abermals und schneller zu heben begann. Der Schnee unter seinem Rumpf schmolz und wurde zu brodelndem Dampf, der die Maschine erneut für Sekunden dem Blick der Kamera entzog. Für Augenblicke war sie nur noch als verschwommener Schatten inmitten einer kochenden, grauen Dampf- und Qualmwolke zu erkennen, dann sackte sie mit einem plötzlichen Ruck durch, stürzte aus zehn oder fünfzehn Metern Höhe zu Boden und zerbrach. Eine grelle Explosion zerriß ihre linke Tragfläche, und auch aus dem Heck schlugen Flammen.

Der Bildschirm wurde dunkel und zeigte nach einem Augenblick wieder die verwirrenden Buchstaben und Zahlen, und plötzlich fühlte sich Stone voller Unbehagen von allen drei Inspektoren angestarrt.

»Ich sehe nicht ein, was daran so aufregend sein soll«, sagte jer. »Es ist abgestürzt.«

»Das ist richtig«, sagte der Inspektor. »Unglücklicherweise erreichten uns diese Aufnahmen zu spät, so daß wir die Besatzung des Läufers nicht mehr informieren konnten. Das Wrack wurde zerlegt und verarbeitet.«

»Gab es Überlebende?« fragte Stone. Seine Stimme zitterte, und er hoffte inständig, das es den Inspektoren nicht auffiel.

»Nein«, antwortete die weiße Riesenameise. »Wir haben eine Suchmannschaft losgeschickt, aber niemanden gefunden.«

»Trotzdem ist die Situation besorgniserregend«, sagte einer der beiden anderen Inspektoren.

Das war sie in der Tat. Für Daniel Stone war sie sogar noch sehr viel besorgniserregender, als die Ameise ahnen mochte, denn er hatte eine sehr bestimmte Vorstellung, wer in dieser Maschine gesessen hatte.

So beherrscht, wie er konnte, sagte er: »Es tut mir leid - aber das verstehe ich nicht.«

»Sie kennen diese Konstruktionen nicht?« Stone war sicher, daß der Inspektor die Augenbrauen hochgezogen hätte, hätte er so etwas wie Augenbrauen gehabt.

»Natürlich kenne ich sie«, antwortete er hastig. »Es war eine Superguppy II. Das größte Transportflugzeug, das je gebaut wurde. Irgendwelche Rebellen müssen es in einem vergessenen Winkel gefunden und flottgemacht haben.«

Er spürte selbst, wie dünn diese Erklärung klang, aber es war die beste, die ihm in der Eile einfiel.

»Das ist unwahrscheinlich«, antwortete der Inspektor. »Der Randbereich der Sperrzone wird regelmäßig kontrolliert. Wir wissen definitiv, daß dieses Flugzeug vor zwei Tagen noch nicht da war. Es muß sich der Zone genähert haben, ohne von unseren Radar- und Überwachungsgeräten erfaßt zu werden.«

»Und wir wissen nicht, woher es kam«, fügte ein anderer Inspektor hinzu. Stone sah ihn überrascht an. »Die Nummernkennung auf den Tragflächen beweist eindeutig, daß es aus jener vor drei Monaten entdeckten Basis in der Nähe des entarteten Nestes stammt.«

»Ich fürchte, ich versteh' noch immer nicht«, sagte Stone unsicher.

»Die Hinweise auf einen bevorstehenden Sprung verdichten sich, Governor Stone«, antwortete die Ameise. »Die Anwesenheit dieses Flugzeuges könnte ein Indiz auf einen bevorstehenden Angriff sein.«

»Aber das ist doch ... Unsinn«, murmelte Stone verstört. »Sie sind viel zu wenige. Ich meine ... selbst wenn sie ein paar Flugzeuge und ein paar alte Waffen ausgegraben haben...«

»Es gibt noch mehr Indizien, Governor Stone«, unterbrach ihn der Inspektor, »die aber im Moment keine Rolle spielen. Wir haben die Situation analysiert und sind zu dem Schluß gekommen, daß Gefahr besteht.«

Stone starrte den Inspektor an. Er hätte plötzlich seine rechte Hand dafür gegeben, einen Blick hinter die kalte, weiße Stirn aus Horn tun zu können. »Und ... was bedeutet das?« fragte er.

»Sämtliche Krieger und Militärbasen wurden in Alarmbereitschaft versetzt«, antwortete der Inspektor. »Ihre Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, daß auch die menschlichen Hilfstruppen bereitstehen. Falls der Sprung zu früh stattfindet, müssen wir in der Lage sein, die Evakuierungsmaßnahmen ordnungsgemäß und reibungslos durchzuführen.«

Stone starrte ihn aus aufgerissenen Augen an, und diesmal gelang es ihm nicht mehr, das Entsetzen von seinem Gesicht zu verbannen. Vielleicht bemerkte es der Inspektor sogar, aber wenn, dann würde er kaum begreifen, worüber Daniel Stone bis ins Mark erschrak.

Es war nicht der Gedanke, daß auf diesem Planeten vielleicht bald ein Krieg ausbrechen würde, gegen den die beiden Weltkriege wie ein harmloses Sandkastenspiel wirken mußten. Es war nicht der Gedanke, daß er nun vielleicht das einzige kennenlernen würde, vor dem selbst die Moroni Angst hatten. All dies hatte er seit drei Monaten gewußt, und er hatte gewisse Vorkehrungen für den Tag getroffen, an dem es passieren würde, wenn es geschah.

Aber es konnte sein, dachte er, daß ihm diese Vorkehrungen nicht mehr viel nutzten.

Nein - Stones Entsetzen galt nicht dem Sprung und dem, was ihm folgen mochte. Er dachte an eine Speicherbank in dem gewaltigen Rechenzentrum, das die drei unteren Etagen dieses Gebäudes einnahm. An einen ganz bestimmten Teil dieser Datenbank, in der elektronisch chiffriert und erbarmungslos genau bis auf die letzte Zehntelsekunde seine Persönlichkeit, jeder einzelne Gedanke, den er jemals gedacht, sein ganzes Leben gespeichert war. Er dachte an den einzigen Beweis, den es für seinen Verrat gab, und den Plan, den er gefaßt hatte, um diesen Beweis aus der Welt zu schaffen. Und er dachte daran, daß in dieser Stadt nun so etwas wie das Moroni-Äquivalent eines Ausnahmezustandes herrschte.

Und das bedeutete nichts anderes, als daß der Schlüssel, den er Captain Laird und ihren Freunden zugespielt hatte, nicht mehr paßte.

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