Mit hochgereckten Armen war ich an den Deckenring gefesselt. Mein Körper zuckte unter dem zweiten Schlag der Schlangenpeitsche. Anwesend waren zwei Wächter, von denen einer die Peitsche führte, und Lady Florence.
Blut strömte mir über den Rücken.
»Halt!« sagte Lady Florence und trat dicht neben mich. »Begreifst du, warum du ausgepeitscht wirst, Jason?« fragte sie.
»Ich habe den Unwillen meiner Herrin erregt«, sagte ich.
»Lange habe ich nachgedacht über die Ereignisse von gestern abend«, fuhr sie fort. »Ich konnte nicht gut schlafen.«
»Das tut mir leid, Herrin.«
»Genau besehen mißfällt es mir nicht unbedingt, daß du mich in die Arme genommen hast.« Ihre Stimme klang leise. Die anderen, die ein Stück entfernt standen, konnten nichts hören.
»Ich hatte den Eindruck, meine Herrin hätte mir befohlen, sie zu umarmen«, sagte ich. »Anscheinend war das ein Irrtum.«
»Es geht darum, wie du mich in die Arme nahmst. Immerhin bin ich eine Lady. Dein Griff war viel zu fest.«
»Du wolltest einem Mann vorschreiben, wie er dich nimmt?«
»Mich nimmt?« fragte sie zornig. »Ich bin eine freie Frau!«
»Ja, Herrin.«
»Und doch waren mir deine Hände nicht völlig unangenehm«, fuhr sie fort.
»Meine Herrin sollte Sklavin sein«, sagte ich.
»Peitscht ihn!« rief sie aufgebracht und trat zurück. Dreimal traf die Schlange meinen Rücken.
Ich stand noch immer auf eigenen Beinen und war bemüht, den Halt nicht zu verlieren. Ich konnte kaum noch etwas sehen. »Er ist kräftig, Lady Florence«, sagte der Mann mit der Peitsche, ein untersetzter, muskulöser Mann namens Kenneth, ein freier Mann, der Erste Stallwart der Lady. Ich stand noch auf eigenen Beinen. Im Haus des Andronicus hatte ich einmal fünf Hiebe der Schlange empfangen; nach dem zweiten Streich hatte ich bereits hilflos weinend in den Fesseln gehangen.
»Meinst du immer noch, deine Herrin sollte Sklavin sein?« fragte sie.
»Ja, Herrin«, sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen.
»Warum?«
»Weil du aufregend und wunderschön bist.«
»Schmeichelei!« rief sie lachend.
Ich sagte nichts.
»Aber ich bin aufregend und schön – als freie Frau.«
»Das stimmt schon, Herrin«, gab ich zurück. »Aber die Anziehung und Schönheit einer freien Frau ist nichts im Vergleich zu der einer Sklavin.«
»Scheusal!« rief sie lachend. Aber sie begriff wohl, daß ich recht hatte.
»Soll er noch weitere Peitschenhiebe empfangen, Herrin?« fragte Kenneth.
»Nein, Herrin!« sagte ich.
»Bitte mich wegen deiner Aufdringlichkeit um Verzeihung.«
»Ich bitte um Vergebung«, sagte ich.
»Gut denn«, sagte sie. »Ich verzeihe dir.« Dann wandte sie sich an Kenneth. »Noch fünf Hiebe.«
Ich sah sie an.
»Ich habe dir verziehen, Jason«, sagte sie. »Aber du verstehst sicher, daß du dennoch bestraft werden mußt.«
»Ja, Herrin.«
Wieder tat die Peitsche fünfmal ihr Werk.
»Er steht noch immer«, sagte der Mann im Hintergrund. Meine Fesseln wurden durchgeschnitten, und ich hockte unter dem Ring. Ich brach nicht zusammen. Mir war übel. Ich sah das Blut unter mir. Ich spürte mein Blut und meinen Schweiß.
»Du bist stark, Jason«, sagte meine Herrin leise. »Sehr stark. Das gefällt mir. Du gefällst mir«, fügte sie leise hinzu. Es machte Frauen nichts aus, so mit ihren Seidensklaven zu sprechen, die für sie nur eine Art Haustier waren. »Bringt ihn ins Gehege zurück!« befahl sie laut. »Er soll dann später zu essen bekommen. Morgen wird er Besorgungen für mich machen. Und morgen abend schickst du ihn in meine Gemächer.«
»Jawohl, Lady Florence«, antwortete Kenneth.
Mit wehender Robe verließ Lady Florence den Raum.
»Hast du jemals gekämpft?« fragte Kenneth und hob mich mit Hilfe des anderen vom Boden hoch.
»Nein«, erwiderte ich. »Nein.«