3. Karlsson spielt Zelt


Für Lillebror kamen ein paar schwierige Minuten. Mama war es nicht recht, daß man ihre Fleischklöße als Schmuck verwandte, und sie glaubte unter allen Umständen, daß es Lillebror war, der den Turm so hübsch verziert hatte. „Karlsson vom Dach ..." begann Lillebror, aber da sagte Papa streng:

„Jetzt ist aber Schluß mit den Karlsson-Phantasien, Lillebror!« Birger und Betty lachten nur

„So ein Karlsson", sagte Birger, „ob er es gerade mal nötig hatte, rauszugehen, als wir ihn begrüßen wollten?" Lillebror aß traurig den Kloß auf und packte seine Bausteine zusammen. Es hatte keinen Sinn, jetzt noch mehr von Karlsson zu reden.

Aber es war leer ohne ihn, furchtbar leer.

„Jetzt trinken wir Kaffee und kümmern uns nicht mehr um Karlsson", sagte Papa und strich Lillebror tröstend über die Wange.

Sie tranken den Kaffee immer im Wohnzimmer vor dem brennenden Kamin. Das taten sie heute abend auch, obwohl draußen warmer, heller Frühling war und die Linden auf der Straße schon kleine grüne Blättchen bekommen hatten. Lillebror machte sich nichts aus Kaffee, aber er fand es schön, mit Mama und Papa und Birger und Betty vor dem offenen Feuer zu sitzen.

„Mach einen Augenblick die Augen zu, Mama", sagte Lillebror, nachdem Mama das Kaffeetablett auf den kleinen

Tisch neben dem offenen Kamin gestellt hatte.

„Weshalb soll ich die Augen zumachen?"

„Ja, du hast doch gesagt, du möchtest nicht sehen, daß ich Zucker esse, und ich wollte mir gerade ein Stückchen

nehmen", sagte Lillebror.

Er brauchte etwas als Trost, das fühlte er deutlich. Warum war Karlsson nicht mehr da? Das konnte man wirklich nicht machen — verschwinden und nur einen kleinen Fleischkloß hinterlassen.

Lillebror saß auf seinem Lieblingsplatz auf dem Kaminsockel, so dicht neben dem Feuer, wie er nur konnte. Diese Kaffeestunde nach dem Essen war fast das Gemütlichste vom ganzen Tag. Man konnte mit Papa und Mama reden, und sie hörten zu, was man sagte. Dazu hatten sie sonst nicht immer Zeit. Es machte auch Spaß, Birger und Betty zuzuhören, wenn sie sich gegenseitig neckten und wenn sie von der „Penne" redeten. Die „Penne" war ohne Zweifel eine ganz andere und feinere Art von Schule als die Kleinkinderschule, in die Lillebror ging. Lillebror hätte gern auch von seiner „Penne" erzählt, aber außer Mama und Papa interessierte sich niemand dafür, was sich dort zutrug. Birger und Betty lachten nur darüber, und Lillebror hütete sich wohlweislich, etwas zu sagen, worüber Birger und Betty sich lustig machen konnten. Es hatte übrigens gar keinen Zweck, daß sie versuchten, ihn zu ärgern, — er war ein Meister darin, wiederzuärgern. Das mußte man können, wenn man einen Bruder hatte wie Birger und eine Schwester wie Betty.

„Na, Lillebror, konntest du heute deine Aufgaben?" erkundigte sich Mama.

Aus dieser Art von Unterhaltung machte Lillebror sich nichts. Da aber Mama eben nichts von dem Stück Zucker gesagt hatte, so mußte er es sich wohl gefallen lassen, daß sie so fragte.

„Ja klar, natürlich konnte ich die Aufgaben", sagte er mürrisch.

Er dachte die ganze Zeit an Karlsson. Wie konnte irgendein Mensch verlangen, daß er sich an die Aufgaben erinnern sollte, solange er nicht wußte, wo Karlsson vorhin geblieben war!

„Was hattet ihr zu heute auf?" fragte Papa. Lillebror wurde ärgerlich. Wollten sie die ganze Zeit so weitermachen? Deshalb saß man doch wohl nicht vor dem Feuer und hatte es gemütlich — damit die Leute von Schulaufgaben redeten.

„Wir hatten das Alphabet auf", sagte Lillebror schnell. „Das ganze lange Alphabet, und ich kann es — zuerst kommt A, und hinterher kommen all die anderen Buchstaben!" Er nahm sich noch ein Stück Zucker und dachte wieder an Karlsson. Die mochten um ihn herum reden und brummen, soviel sie wollten, Lillebror dachte an Karlsson und hätte gern gewußt, ob er ihn wohl wiedersehen würde. Betty weckte ihn aus seinen Träumen.

„Lillebror, hörst du nicht? Möchtest du dir fünfundzwanzig Öre[1] verdienen?"

Allmählich begriff Lillebror, was sie eigentlich sagte. Er hatte nichts dagegen, fünfundzwanzig Öre zu verdienen, aber es kam natürlich darauf an, was Betty von ihm verlangte. „Fünfundzwanzig Öre, das ist zu wenig", sagte er fest. „Wo heutzutage alles so teuer ist. Wieviel, denkst du denn, kostet zum Beispiel ein Fünfziger-Eis?"

„Ja, was soll ich da schätzen?" sagte Betty und machte ein pfiffiges Gesicht. „Etwa fünfzig Öre?"

„Ja, siehst du, das stimmt genau", sagte Lillebror. „Und da wirst du einsehen, daß fünfundzwanzig Öre zu wenig sind." „Du weißt ja noch gar nicht, worum es sich handelt", sagte Betty. „Es ist nichts, was du tun sollst — sondern etwas, was du gerade nicht tun sollst." „Was soll ich denn nicht tun?"

„Du sollst dich heute abend nicht hier im Wohnzimmer zeigen."

„Peter kommt, mußt du wissen", sagte Birger. „Bettys neuer Freund!"

Lillebror nickte. Aha, so hatten sie sich das also gedacht. Mama und Papa wollten ins Kino gehen und Birger zu einem Fußballwettkampf, und Betty wollte mit Peter allein im Wohnzimmer sitzen, und Lillebror sollte in sein Zimmer verwiesen werden — gegen eine lumpige Entschädigung von fünfundzwanzig Öre. Nette Familie, die man hatte.

„Was hat er für Ohren?" fragte Lillebror. „Stehen die ebenso weit ab wie bei deinem früheren Freund?" So mußte man es machen, wenn man Betty ärgern wollte. „Da kannst du's mal hören, Mama", sagte sie. „Verstehst du jetzt, weshalb ich Lillebror aus dem Wege haben will? Er vertreibt jeden einzigen, der zu mir ins Haus kommt." „Oh, das tut er doch gar nicht", sagte Mama begütigend. Sie mochte es nicht, wenn ihre Kinder sich zankten. „Doch tut er das", versicherte Betty. „Hat er nicht etwa Jens vertrieben? Vor den hat er sich eine ganze Weile hingestellt und ihn angestarrt, und dann hat er gesagt: ,Solche Ohren kann Betty nicht leiden.' Das müßt ihr doch einsehen, daß Jens nachher nicht mehr herkommen mochte." „Ruhig, nur ruhig", sagte Lillebror in genau dem gleichen Tonfall wie Karlsson. „Ruhig, nur ruhig! Ich werde in meinem Zimmer bleiben, und ich mach's umsonst. Ich laß mir nichts bezahlen dafür, daß die Leute mich nicht sehen wollen." „Prächtig", sagte Betty. „Deine Hand darauf! Deine Hand darauf, daß du dich den ganzen Abend nicht zeigst." „Hier meine Hand", sagte Lillebror. „Ich bin nicht so wild auf alle deine Peters, das denk man bloß nicht. Ich würde eher fünfundzwanzig Öre dazubezahlen, damit ich sie nicht zu sehen brauche!"

Ein Weilchen später saß Lillebror ganz richtig drinnen in seinem Zimmer — völlig gratis. Mama und Papa waren ins Kino gegangen, Birger war verschwunden, und aus der Wohnstube konnte Lillebror, wenn er seine Tür aufmachte, ein leises Gemurmel hören. Das war Betty, die dort drinnen mit ihrem Peter murmelte. Lillebror machte die Tür ein paarmal auf und versuchte zu verstehen, was sie sagten, aber das ging nicht. Da stellte er sich denn ans Fenster und schaute in die Dämmerung hinaus. Er guckte auf die Straße, um nachzusehen, ob Krister oder Gunilla draußen war. Aber er sah nur ein paar große Jungen, die sich balgten. Es war ganz interessant, er hatte Unterhaltung, solange die Balgerei dauerte, aber leider hörten die Jungen ziemlich bald auf, sich zu hauen, und hinterher war alles wieder genauso langweilig. Da vernahm er ein himmlisches Geräusch. Er hörte das Brummen eines Motors, und allsogleich kam Karlsson zum Fenster hereingesegelt.

„Heißa hopsa, Lillebror", sagte er unbefangen.

„Heißa hopsa, Karlsson", sagte Lillebror. „Wo warst du denn hin?"

„Wieso? Was meinst du?" fragte Karlsson.

„Ja, du warst doch verschwunden", sagte Lillebror. „Als du Mama und Papa guten Tag sagen solltest. Warum bist du ausgerückt?"

Karlsson stemmte die Hände in die Seiten und sah richtig ärgerlich aus.

„Nein, hat man nun so was schon gehört", sagte er. „Darf man sich denn nicht mal um sein Haus kümmern? Ein Hausbesitzer muß doch nach seinem Hause sehen — was wären das sonst für Zustände? Kann ich was dafür, daß deine Mama und dein Papa mir ihre Aufwartung machen wollen, ausgerechnet wenn ich weg bin und mich um mein Haus kümmern muß?

Er sah sich im Zimmer um.

„ A propos Haus", sagte er, „wo ist mein Turm? Wer hat meinen feinen Turm kaputtgemacht, und wo ist mein Fleischkloß?"

Lillebror fing an zu stottern.

„Ich dachte, du kämst nicht mehr zurück", sagte er ängstlich.

„Nein, so ist es natürlich", sagte Karlsson. „Der beste Baumeister der Welt baut einen Turm, und was geschieht?

Macht einer einen kleinen Zaun drum herum und paßt auf, daß der Turm für immer stehen bleibt? Nein, denkt nicht dran!

Niederreißen und ihn kaputtmachen, das tun sie, und anderer Leute Fleischklöße aufessen!"

Karlsson setzte sich auf eine Fußbank und grollte.

„Ach, das stört doch keinen großen Geist", sagte Lillebror und holte mit dem Arm aus genau wie Karlsson. „Daraus braucht man sich doch nichts zu machen."

„Das meinst du", sagte Karlsson entrüstet. „Es ist ein Leichtes, alles niederzureißen, und hinterher sagt man bloß, es störe keinen großen Geist, und damit ist der Fall erledigt. Wo ich doch den Turm mit diesen armen kleinen Händen hier gebaut habe!"

Er hielt Lillebror seine kurzen dicken Hände unter die Nase. Dann setzte er sich wieder auf den Schemel und grollte noch mehr.

„Ich mach' nicht mit", sagte er. „Ich mach' nicht mit, wenn es so gehandhabt wird."

Lillebror war völlig verzweifelt. Er stand da und wußte nicht, was er tun sollte. Es war lange Zeit ganz still. Endlich sagte Karlsson:

„Wenn ich irgendwas geschenkt kriegte, vielleicht würde ich dann wieder vergnügt werden. Es ist nicht sicher, aber vielleicht würde ich vergnügt werden, wenn ich irgendwas geschenkt kriegte."

Lillebror rannte zum Tisch und begann eifrig, in der Tischschublade zu kramen, denn hier hatte er eine ganze Menge prächtiger Dinge aufbewahrt. Hier lagen seine Briefmarken und seine Marmeln und seine Buntstifte. Und hier lag auch eine kleine Taschenlampe, die ihm sehr lieb war. „Möchtest du vielleicht die hier haben?" fragte er und hielt die Taschenlampe hoch, damit Karlsson sie sehen konnte. Karlsson griff blitzschnell zu.

„Grad so was muß es sein, wenn ich wieder vergnügt werden soll", sagte er. „Sie ist nicht so fein wie mein Turm; aber wenn ich sie kriege, dann werd' ich versuchen, ob ich nicht wenigstens ein bißchen vergnügt werden kann."

„Du kriegst sie", sagte Lillebror.

„Sie geht hoffentlich anzuknipsen", sagte Karlsson mißtrauisch und drückte auf den Knopf. O ja, die Taschenlampe strahlte auf, und Karlssons Augen begannen ebenfalls zu strahlen.

„Denk mal, wenn ich im Herbst abends oben auf dem Dach herumgehe, und es ist so dunkel, dann kann ich damit leuchten und in mein kleines Haus zurückfinden und verlaufe mich nicht zwischen all den Schornsteinen", sagte er und streichelte die Taschenlampe.

Lillebror war sehr befriedigt, als er Karlsson so reden hörte. Er wünschte nur, er könnte Karlsson einmal auf einen seiner Dachausflüge begleiten und ihn im Dunkeln mit der Taschenlampe leuchten sehen.

„Heißa hopsa, Lillebror, jetzt bin ich wieder vergnügt", sagte Karlsson. „Hol deine Mama und deinen Papa her, dann können sie mir guten Tag sagen." „Sie sind im Kino", sagte Lillebror.

„Im Kino? Wenn sie mich kennenlernen können?" sagte Karlsson erstaunt.

„Ja, nur Betty ist zu Hause — und dann ihr neuer Freund. Sie sitzen im Wohnzimmer, und ich darf nicht rein.

„Was höre ich da?" schrie Karlsson. „Darfst du nicht hingehen, wohin du willst? Ich denke nicht daran, uns das auch nur eine Minute gefallen zu lassen. Komm nur mit.." „Ja, aber ich habe es versprochen", sagte Lillebror. „Und ich verspreche dir, wenn irgendwas ungerecht ist, wips, stößt Karlsson darauf nieder wie ein Habicht", sagte Karlsson.

Er kam heran und klopfte Lillebror auf die Schulter. „Was hast du eigentlich genau versprochen?" „Ich habe versprochen, mich den ganzen Abend nicht im Wohnzimmer zu zeigen." „Nun, dann sollst du dich auch nicht zeigen", sagte Karlsson. „Aber sicher möchtest du doch Bettys neuen Freund gerne sehen?"

„Ja siehst du, das möchte ich eigentlich", sagte Lillebror lebhaft. „Sie hatte vorher einen, dem standen die Ohren so unmäßig weit vom Kopf ab. Ich möchte gern sehen, was für Ohren dieser neue hat."

„Ja, das möchte ich wahrhaftig auch", sagte Karlsson. „Wart ein bißchen, dann denk' ich mir irgendwas aus. Der beste Ausdenker der Welt — das ist Karlsson vom Dach." Er sah sich im Zimmer um.

„Das hätten wir", sagte er und nickte. „Eine Decke — genau das brauchen wir. Ich wußte doch, daß ich mir irgendwas ausdenken würde."

„Was hast du dir denn ausgedacht?" fragte Lillebror. „Du hast versprochen, dich den ganzen Abend nicht im Wohnzimmer zu zeigen — war es nicht so? Wenn du aber unter einer Decke bist, dann zeigst du dich nicht." „Nein — aber ..." begann Lillebror. „Wenn du unter einer Decke bist, dann zeigst du dich nicht, kein ,nein aber'", sagte Karlsson fest. „Und wenn ich unter einer Decke bin, dann zeige ich mich auch nicht, und das ist schlimm für Betty. Wenn sie so dumm ist, kriegt sie mich nicht zu sehen, die arme, arme kleine Betty." Er zerrte die Decke von Lillebrors Bett herunter und warf sie sich über den Kopf.

„Komm herein, komm herein", rief er. „Komm in mein Zelt!" Lillebror kroch unter die Decke, und Karlsson stand drinnen und kicherte vergnügt.

„Betty hat doch nichts davon gesagt, daß sie kein Zelt im Wohnzimmer sehen will? Jeder Mensch freut sich doch, wenn er ein Zelt zu sehen bekommt. Besonders ein Zelt, in dem Licht ist", sagte Karlsson und knipste die Taschenlampe an. Lillebror war sich nicht sicher, daß Betty sich über das Zelt so freuen würde, aber er selber fand es spannend und geheimnisvoll, mit Karlsson unter der Decke zu stecken und mit der Taschenlampe zu leuchten. Lillebror fand, sie könnten ebensogut bleiben, wo sie waren, und Zelt spielen und auf Betty pfeifen. Aber davon wollte Karlsson nichts wissen. „Ich dulde keine Ungerechtigkeit", sagte er. „Ich muß ins Wohnzimmer rein, koste es, was es wolle." Und nun begann das Zelt zu wandern. Lillebror brauchte nur mitzugehen. Eine kurze dicke Hand stak heraus und packte den Türgriff und machte die Tür sehr leise und vorsichtig auf. Das Zelt kam in die Diele hinaus, die lediglich durch einen dicken Vorhang vom Wohnzimmer abgetrennt war. „Ruhig, nur ruhig", flüsterte Karlsson.

Und völlig geräuschlos wanderte das Zelt durch die Diele und machte hinter dem Vorhang halt. Das Gemurmel war jetzt etwas deutlicher zu vernehmen, aber noch immer nicht so deutlich, daß man irgendwelche Worte unterscheiden konnte. Die Lampe im Wohnzimmer war ausgedreht, Betty und ihr Peter begnügten sich offenbar mit dem schwachen Zwielicht von draußen.

„Das ist gut", flüsterte Karlsson, „dann ist meine Taschenlampe um so besser zu sehen."

Gerade eben hatte er die Taschenlampe vorsorglich ausgeknipst.

„Wir müssen als eine freudige und liebe Überraschung kommen", flüsterte Karlsson und schmunzelte unter der Decke.

Langsam, langsam wanderte das Zelt durch den Vorhang. Betty und Peter saßen auf dem kleinen Sofa ganz drüben an der gegenüberliegenden Wand. Langsam, langsam steuerte das Zelt darauf zu.

„Ich hab' dich gern, Betty", hörte Lillebror eine raue Knabenstimme sagen — wie war er bloß albern, dieser Peter! „Wirklich?" sagte Betty, und dann wurde es wieder still. Als eine dunkle Masse bewegte sich das Zelt durch den Raum, langsam und unaufhaltsam steuerte es auf das Sofa zu, näher und näher kam es. Jetzt waren nur noch wenige Schritte übrig; aber die beiden, die dort saßen, hörten weder noch sahen sie etwas.

„Magst du mich, Betty?" fragte Bettys Peter sehr schüchtern.

Er bekam keine Antwort mehr. Denn in diesem Augenblick durchschnitt der Strahl einer Taschenlampe die grauen

Schatten im Zimmer und fiel ihm voll ins Gesicht. Peter fuhr hoch, Betty schrie auf, und ein Kichern und Getrampel von Füßen war zu vernehmen, die hastig auf die Halle zu rannten.

Man kann nichts sehen, wenn man gerade von einer Taschenlampe geblendet worden ist. Aber hören kann man.

Und Betty und ihr Peter hörten das Gelächter, ein wildes, entzücktes Gelächter, das jenseits des Vorhangs sprudelte.

„Das ist mein abscheulicher kleiner Bruder", sagte Betty.

„Aber der kriegt jetzt was ..."

Lillebror kicherte und kicherte immerzu.

„Klar mag sie dich", schrie er. „Warum sollte sie dich nicht mögen? Betty mag alle Jungens, daß du's weißt!"

Dann war nur noch ein Poltern zu hören und noch ein bißchen Gekicher.

„Ruhig, nur ruhig", flüsterte Karlsson, als das Zelt bei ihrer wilden Flucht zur Tür abrutschte.

Lillebror war so ruhig, wie er konnte, obwohl das Lachen noch immer in ihm sprudelte und obwohl Karlsson über ihn gepurzelt war und er nicht mehr wußte, welche Beine seine eigenen und welche Karlssons waren, und obwohl er begriff, daß Betty sie jeden Augenblick eingeholt haben konnte. Sie rafften sich auf, so schnell es nur ging, und stürzten aufgeregt auf Lillebrors Zimmer zu, denn Betty war dicht hinter ihnen.

„Ruhig, nur ruhig", flüsterte Karlsson, und seine kurzen dicken Beine gingen unter der Decke wie Trommelstöcke. „Der beste Schnelläufer der Welt, das ist Karlsson vom Dach!" flüsterte er, aber er schien ziemlich außer Atem zu sein. Lillebror rannte auch ganz schön. Und es war eilig! In der allerletzten Sekunde retteten sie sich durch die Tür in Lille-brors Zimmer hinein. Karlsson drehte ganz schnell den Schlüssel um und stand da und kicherte leise und befriedigt, als Betty an die Tür klopfte.

„Warte du nur, Lillebror, bis ich dich zu fassen kriege!" schrie sie wütend.

„Aber ich hab' mich nicht gezeigt!" schrie Lillebror zurück. Und dann wurde hinter der Tür von neuem gekichert. Es waren zwei, die kicherten — das hätte Betty wohl hören können, wenn sie nicht so wütend gewesen wäre.

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