Auf die Idee zu dieser Geschichte hat mich ein Doppelmord gebracht, der Anfang der Neunzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts meine Aufmerksamkeit erregte. Der Fall war damals in aller Munde, und obwohl der Angeklagte vom Gericht freigesprochen wurde, dachte ich viel über die Möglichkeit nach, dass er doch der Täter war, und überlegte mir, wie es zu der Tat gekommen sein könnte, wenn tatsächlich er sie begangen hatte. Ich kam zu folgendem Schluss:
Es gab bei diesem Verbrechen zwei Todesopfer - einen jungen Mann und eine nur wenig ältere Frau -, aber ich war überzeugt, dass die Frau - die Ehefrau des Täters - das Ziel des Anschlags gewesen war.
Der Ehemann war ein zwanghafter Mensch, der von seiner Frau getrennt lebte. Sein Leben war beherrscht von Gedanken an sie, insbesondere daran, wie sie ihn verlassen und damit gedemütigt hatte. Er war eine Lokalgröße. Sie war in seinen Augen ein Nichts. Trotzdem hatte sie es gewagt, ihm den Laufpass zu geben, und - das machte die Sache noch schlimmer - tat nicht einmal mehr so, als hielte sie eine Aussöhnung für möglich. Anfänglich hatte sie erklärt, sie wolle eine Weile Abstand, weil ihre Beziehung so explosiv sei. Damit war er einverstanden gewesen. Aber jetzt sprach sie von Scheidung, und er kam sich vor wie ein Idiot. Nicht nur, dass er wahrscheinlich seine Kinder verlieren würde - sie hatten zwei, einen Jungen und ein Mädchen -, sondern die Scheidung würde ihn auch eine Stange Geld kosten, und seine Frau verdiente nicht einen Penny von dem, was er besaß.
Solche Gedanken quälten ihn immer häufiger, bis ihm schließlich jede Stunde des Tages zur Tortur wurde. Nur wenn er schlief, war er frei von den Gedanken an seine Frau und ihre Pläne, ihm seine Kinder und sein Geld zu nehmen, um sich dann mit irgendeinem jungen Hengst zusammenzutun - und das alles aufseine Kosten. Aber selbst bei Nacht träumte der Mann von seiner treulosen Frau. Und die ständigen Gedanken bei Tag und die Träume bei Nacht peinigten ihn so mörderisch, dass er meinte, er würde umkommen, wenn er nicht irgendetwas gegen sie unternähme.
Er war überzeugt, er könnte sich diese Frau nur aus dem Kopf schlagen, indem er sie tötete. Verdient hatte sie sowieso nichts Besseres. Er hatte jahrelang beobachtet, wie sie die Männer anmachte. Wahrscheinlich hatte sie ihn bereits ein Dutzend Mal betrogen. Sie war eine lausige Ehefrau und eine lausige Mutter, und wenn er sie tötete, würde er damit nicht nur sich selbst, sondern auch seinen Kindern einen Gefallen tun.
Er begann also zu planen.
Er und seine Frau lebten zwar getrennt, aber sie wohnten nicht weit voneinander entfernt. Wenn er das Timing des Mordes auf die Sekunde genau plante, konnte er innerhalb von ungefähr fünfzehn Minuten alles erledigen - zu ihr hinüberlaufen, sie umlegen und wieder zurücklaufen in sein Haus. Vielleicht würde er es sogar in weniger Zeit schaffen. Aber ihm war klar, dass die Polizei über jede Sekunde der geschätzten Mordzeit von ihm Rechenschaft verlangen würde. Er beschloss daher, für sein Vorhaben einen Abend zu wählen, an dem er in einen anderen Teil des Landes fliegen musste. Und um es zeitlich noch knapper erscheinen zu lassen, wollte er einen Limousinendienst beauftragen, ihn abzuholen und zum Flughafen zu fahren. Wer, zum Teufel, sagte er sich, würde auf den Gedanken kommen, dass ein Killer knapp eine halbe Stunde vor Abholung durch einen Limousinendienst noch schnell seine Frau umlegen würde?
Schwierig war die Wahl der Waffe. Eine Schusswaffe konnte er aus offenkundigen Gründen nicht verwenden: In dieser dicht besiedelten Wohngegend würde der Lärm eines einzigen Schusses genügen, um die ganze Nachbarschaft auf die Straße zu treiben. Im Inneren des Hauses konnte er sie auch nicht erschießen, weil um diese Zeit die Kinder oben in ihren Betten liegen würden. Er konnte nicht riskieren, dass sie aufwachten und, wenn sie herunterkamen, ihren Vater mit rauchendem Colt vor der Leiche ihrer Mutter stehen sahen. Eine Möglichkeit war natürlich eine Drahtschlinge um den Hals, aber da würde es ihr unter Umständen gelingen, sich seiner zu erwehren. Das kam also auch nicht in Frage. Er brauchte etwas, das schnell war wie eine Pistole und geräuschlos wie eine Würgeschlinge - ein Messer schien ihm die einzige Lösung zu sein.
Am fraglichen Abend kleidete er sich ganz in Schwarz.
Um der Polizei keine Spuren zu hinterlassen, zog er Handschuhe an und setzte eine Wollmütze auf. Er war ein massiger Mann - groß, wuchtig, muskulös und kräftig -, und sie war klein und zierlich. Wenn alles nach Plan verlief, würde er in weniger als einer Minute mit ihr fertig und sie endlich für immer los sein.
Er ging zu ihrem Haus, das von der Straße ein Stück zurückgesetzt hinter einer Mauer stand. Er klopfte an die Haustür. Sie hatte einen Hund, aber der Hund kannte ihn, dürfte also keine Schwierigkeiten machen.
Überraschenderweise öffnete sie ihm auf sein Klopfen sofort die Tür, anstatt wie sonst erst zu fragen, wer da sei. Aber das war nicht von Bedeutung. Er bat sie, einen Moment vor die Tür zu kommen, damit sie miteinander sprechen könnten, ohne die Kinder zu wecken.
Ich muss in einer Stunde weg, sagte er. Ich wollte vorher mit dir reden. Es geht um ...
Ja, worum ging es? Um seinen Entschluss, sich einer Scheidung nicht länger zu widersetzen? Um die Vermögensregelung, die sie wünschte? Um eines oder beide ihrer gemeinsamen Kinder?
Egal. Was er als Vorwand benutzte, wirkte. Sie kam vor die Tür, und er schlug so blitzschnell zu, dass sie gar nicht wusste, wie ihr geschah. Er riss sie herum, stieß ihr das Messer in den Hals und durchschnitt ihr die Kehle mit einer Kraft, die seiner rasenden Wut auf sie entsprang - weil sie ihm einfach nicht aus dem Kopf ging; weil sie ihm seine Kinder wegnehmen wollte; weil sie ihm alles nehmen wollte, was er hatte.
In Sekundenschnelle war es vorbei. Er ließ ihren blutigen Leichnam zu Boden sinken und wandte sich zum Gehen - als sich die Gartenpforte öffnete und der junge Mann eintrat.
Er wollte nur eine harmlose kleine Besorgung erledigen: eine vergessene Sonnenbrille zurückbringen. Er war auf dem Heimweg von der Arbeit und natürlich überhaupt nicht auf das vorbereitet, was ihn erwartete - der Anblick eines Mannes mit einem blutigen Messer in der Hand und einer Frauenleiche zu seinen Füßen.
Als Erstes schnappte der junge Mann erschrocken nach Luft. Dann sagte er: »Was zum -«, aber weiter kam er nicht. Der Mörder stürzte sich mit seinem Messer auf ihn und begann, wild auf ihn einzustechen.
Es ging alles völlig geräuschlos. Es war nicht wie in einem Hollywood-Film, wo Männer, von Toneffekten und Musik begleitet, um ihr Leben kämpfen. Das hier war echt. Und bei einem echten Kampf herrscht nur Schweigen, höchstens von Stöhnen unterbrochen, das aber von der Straße her nicht zu hören ist.
Im Kampf verlor der Mörder die Wollmütze, die er auf dem Kopf trug, und er verlor einen seiner beiden Handschuhe. Er war blutbespritzt und schnitt sich mit dem Messer selbst in die Hand. Aber er siegte. Der junge Mann starb.
Nun aber hatte der Mörder ein Problem. Bei dem Kampf war kostbare Zeit verloren gegangen. Er konnte es sich nicht leisten, nach der Mütze und dem Handschuh zu suchen, die er verloren hatte. Er musste schleunigst nach Hause, seine Kleider in die Waschmaschine werfen und duschen, um beim Eintreffen der Limousine bereit zu sein.
In der Eile verlor er auch noch den zweiten Handschuh.
Das Messer bereitete ihm keine Schwierigkeiten. Er steckte es einfach in die Golftasche, die er auf die Reise mitnehmen wollte. Die Tasche würde am Flughafen vielleicht zusammen mit dem anderen Gepäck durchleuchtet werden, aber unter den Golfschlägern würde man das Messer wahrscheinlich gar nicht bemerken; und selbst wenn - es war kein Sprengkörper und würde daher nicht weiter beachtet werden.
Es war ein Kinderspiel, nach der Ankunft am Zielort das Messer verschwinden zu lassen. Er zog seinen Jogginganzug an und lief los, um eine morgendliche Runde zu drehen. Das Messer nahm er mit und warf es irgendwo unterwegs weg.
In wenigen Stunden schon würde man ihn vom Tod seiner Frau unterrichten. Aber er hatte ein Alibi, und selbst wenn dieses nicht standhalten sollte, hatte er Geld genug, um sich die Anwälte zu kaufen, die ihn aus dem Schlamassel, in das der Junge mit der Sonnenbrille ihn hineingeritten hatte, wieder heraushauen würden.
Die Beschäftigung mit diesem Verbrechen und der möglichen Schuld des Ehemanns regte mich zu der folgenden Kurzgeschichte an. Darin wird einem Ehemann der Verdacht, dass seine Frau ihn betrügt, allmählich zur fixen Idee - mit unerwarteten Folgen.