14. KAPITEL Im Norden des Limpopo

3 volle Tage verstrichen mit Suche und Sondierungen, ehe sich eine Furt im Bett des Limpopo fand. Es war noch immer zweifelhaft, ob man eine solche entdeckt habe, als einige Macalacca-Kaffern, die am Ufer des Flusses umherschweiften, sich erboten, die Expedition zu führen.

Diese Kaffern sind arme Teufel, welche die herrschende Rasse der Betschuanas als Sklaven betrachtet, sie ohne jede

Entschädigung zur härtesten Arbeit zwingt, fast unmenschlich behandelt, und denen jene noch obendrein bei Todesstrafe verbieten, jemals Fleisch zu essen. Die unglücklichen Macalaccas dürfen zwar alles Wild, das sie antreffen, nach Belieben erlegen, aber nur unter der Bedingung, daß sie es ihren Herrn und Meistern abliefern. Diese aber ließen jenen nur die Eingeweide liegen, etwa so wie die europäischen Jäger gegenüber ihren Hunden verfahren.

Ein Macalacca besitzt keinerlei Eigentum, nicht einmal eine Hütte oder eine Kürbisflasche. Er geht so gut wie ganz nackt umher, ist ganz mager, fleischlos und trägt als Gürtel nur einige Büffeldärme, die man aus der Ferne leicht für Blutwürste ansehen könnte, die in Wirklichkeit aber nichts sind als sehr urwüchsige Schläuche, in denen sich sein Wasservorrat befindet.

Bardiks vortreffliche Anlagen zum Handel zeigten sich hier sehr schnell in der Art und Weise, wie er aus diesen Unglücklichen das Geständnis herauszupressen verstand, daß sie trotz ihres Elends einige Straußfedern besaßen, die in einem benachbarten Dickicht sorgfältig versteckt waren. Er schlug ihnen sofort vor, diese zu kaufen, und kam mit ihnen überein, sich noch am selben Abend zu treffen.

»Du hast demnach Geld, um sie dafür zu entschädigen?« fragte Cyprien erstaunt.

Bardik lachte laut auf und zeigte ihm eine Hand voll kupferner Knöpfe, die er im Laufe von 1 oder 2 Monaten gesammelt hatte und die er in einem Leinwandbeutel bei sich trug.

»Das ist aber keine gültige Münze«, erklärte ihm Cy-prien, »und ich kann nicht dulden, daß du die armen Leute mit ein paar Dutzend alten Knöpfen bezahlst!«

Es war jedoch unmöglich, Bardik verständlich zu machen, warum sein Vorhaben nicht ganz ehrenhaft wäre.

»Wenn die Macalaccas meine Knöpfe im Austausch gegen ihre Federn annehmen, wer könnte da etwas dagegen einzuwenden haben?« antwortete er. »Sie wissen doch recht gut, daß jenen die Federn nichts als das Einsammeln gekostet haben. Ja, sie haben nicht einmal das Recht, welche zu besitzen, und dürfen sie auch nur ganz unter der Hand sehen lassen. Ein Knopf dagegen ist ein nützliches Ding, nützlicher als eine Straußfeder. Warum sollte es also verboten sein, 1 oder 2 Dutzend solcher im Austausch gegen ebenso viele Straußfedern anzubieten?«

Diese Beweisführung war zwar eigentümlich, aber doch nicht durchschlagend, der junge Kaffer übersah eben, daß die Macalaccas seine Knöpfe nicht entgegennahmen, um davon den gewöhnlichen Gebrauch zu machen, da sie ja sowieso keine Kleidungsstücke trugen, sondern weil sie diesen runden Metallstückchen, die gemünztem Geld ähnlich sahen, einen gewissen Wert beilegten. Es blieb also im Grunde immer ein reiner Betrug.

Cyprien mußte freilich erkennen, daß der Unterschied zu fein war, um von dem Verstand eines Halbwilden, der beim Handeln stets ein sehr weites Gewissen hat, begriffen zu werden, und er ließ seinen Diener also tun, was dieser wollte.

Am Abend bei Fackelschein wurde die Handelsoperation Bardiks vollends abgeschlossen. Die Macalaccas hatten offenbar eine geheime Furcht, von ihrem Abkäufer übervorteilt zu werden, denn sie begnügten sich nicht mit dem von den Weißen angezündeten Feuer, sondern brachten Körbe mit Mais zur Stelle, die sie, nachdem sie in die Erde versenkt waren, in Brand setzten.

Die Eingeborenen holten darauf die Straußfedern hervor und gingen dann, Bardiks Knöpfe einer genauen Prüfung zu unterziehen.

Da kam es unter ihnen zu einem von lebhaften Bewegungen und lautem Geschrei begleiteten Streit über die Natur und den Wert der runden Metallscheibchen.

Niemand verstand ein Wort von dem, was sie in ihrer sehr unartikulierten Sprache sagten, dagegen konnte man aus den erhitzten Gesichtern, den sprechenden Grimassen und dem auflodernden Zorn sehen, daß die Angelegenheit für sie von sehr großer Bedeutung sein mußte.

Plötzlich wurde diese stürmische Verhandlung durch eine unerwartete Erscheinung unterbrochen.

Ein hochgewachsener Neger mit komischer Würde, bekleidet mit einem alten Mantel aus rotem Baumwollstoff, die Stirn verziert mit dem eigentümlichen Diadem aus Schafdärmen, das die Kaffernkrieger gewöhnlich tragen -trat aus dem Dickicht, vor dem diese Verhandlung stattfand. Dann fiel er mit kräftigen Stockschlägen über die auf frischer Tat ertappten Macalaccas her, die er bei einer verbotenen Operation ertappt hatte.

»Lopepe! ... Lopepe!« riefen die unglücklichen Wilden, die sich wie eine Bande Ratten nach allen Richtungen zerstreuten.

Ein Kreis von Kriegern aber, die plötzlich aus allen benachbarten Büschen auftauchten, zog sich um sie zusammen und vertrat ihnen den Weg.

Lopepe ließ sich sofort die Knöpfe geben, betrachtete sie aufmerksam beim Schein des brennenden Maises und steckte sie mit sichtbarer Befriedigung in seine Ledertasche.

Dann ging er auf Bardik zu, dem er die schon übergebe-nen Straußfedern aus der Hand nahm, und ließ diese ebenso verschwinden, wie er es mit den Knöpfen gemacht hatte.

Die Weißen waren bisher passive Zuschauer dieses Auftritts gewesen und wußten auch nicht, ob es ratsam war, sich dabei einzumischen, als Lopepe diese Schwierigkeit beseitigte, indem er auf sie zukam. In befehlendem Ton richtete er dann an diese eine lange Ansprache, die natürlich keiner von ihnen verstand.

Nur James Hilton, der einige Worte der Betchuana-Spra-che kannte, gelang es, wenigstens den allgemeinen Sinn dieser Ansprache zu fassen, den er seinen Begleitern verdolmetschte. In der Hauptsache lief das darauf hinaus, daß der Häuptling sich bitter beklagte, daß man Bardik gestattet habe, mit den Macalaccas einen Handel anzufangen, da diese ja nichts Eigenes besitzen dürften.

Zum Schluß erklärte er die weggenommene Ware als

Konterbande und fragte den Weißen, was sie von ihrer Seite zu sagen hätten.

Unter diesen herrschte hierüber eine ziemlich geteilte Ansicht. Annibal Pantalacci wollte sofort nachgegeben wissen, um mit dem Betchuana-Häuptling nicht in Mißhelligkeiten zu geraten. James Hilton und Cyprien fürchteten, so sehr sie die Rechtmäßigkeit des Verfahrens dieses Wilden anerkannten, doch durch zu große Nachgiebigkeit nur die Unverschämtheit Lopepes zu steigern, und vielleicht, wenn er seine Forderungen zu hoch schraubte, einen Streit unvermeidlich zu machen.

Nach kurzer Beratung wurde dann beschlossen, daß der Betchuana-Häuptling die Knöpfe behalten, die Federn aber wieder herausgeben sollte.

Das gab ihm James Hilton halb durch Gesten, halb mit Hilfe einiger kafferischer Worte zu verstehen.

Lopepe nahm zuerst eine diplomatische Miene an und schien zu zögern. Die Mündungen der europäischen Gewehre, die er im Halbdunkel schimmern sah, brachten ihn aber doch bald auf andere Gedanken, und er lieferte die Federn aus.

Von nun an zeigte sich der wirklich intelligente Häuptling weit zugänglicher. Er bot den drei Weißen ebenso wie Bardik und Li eine Prise aus jener großen Dose an und setzte sich an der Lagerstelle nieder. Ein Glas Branntwein, das ihm der Neapolitaner reichte, brachte ihn vollends in gute Laune, und als er sich dann nach anderthalbstündigem Verweilen, das unter ziemlich vollkommenem Stillschwei-gen verlaufen war, erhob, lud er die Karawane für den folgenden Tag zu einem Besuch in seinem Kraal ein.

Man sagte ihm das zu, und nach Wechslung eines Händedrucks zog Lopepe sich majestätisch zurück.

Bald nach seinem Aufbruch hatten sich alle niedergelegt, mit Ausnahme Cypriens, der, nachdem er sich in seine Decke gehüllt, träumerisch die Sterne betrachtete.

Es war eine mondlose Nacht, in der die Sterne desto glänzender blinkten. Das Feuer erlosch allmählich, ohne daß der junge Ingenieur darauf achtete.

Er gedachte der Seinigen, die in diesem Augenblick gewiß nicht ahnten, welch seltsames Abenteuer ihn hier in die Wüste Südafrikas verschlagen hatte, an die reizende Alice, die vielleicht auch nach den Sternen aufschaute, und an alle, die seinem Herzen teuer waren. Als er sich so in süße Träume versenkte, denen die Totenstille der Ebene noch einen poetischeren Hauch verlieh, fing er an halb einzuschlummern. Da vernahm er plötzlich auffallende Tritte und bemerkte, daß die für die Nacht leicht eingehegten Zugtiere unruhig wurden und aufsprangen.

Cyprien glaubte dann im Schatten eine niedrigere, gedrungenere Gestalt als die der Büffel zu erkennen, die ohne Zweifel die Veranlassung zu dieser Erregung war. Ohne lange zu überlegen, was das sein könnte, ergriff Cyprien eine Peitsche, die ihm zur Hand lag, und ging unerschrocken auf das Lager der Tiere zu.

Er hatte sich nicht getäuscht. Fast inmitten der Büffel be-fand sich hier ein Tier, das den Schlaf der ersteren gestört hatte.

Selbst nur halb munter und ohne groß nachzudenken, um was es sich handeln könne, versetzte er dem Eindringling aufs Geratewohl einen Hieb über die Schnauze.

Auf diesen Angriff antwortete sofort ein furchtbares Brüllen!

Es war ein Löwe, den der junge Ingenieur eben wie ein einfaches Kaninchen behandelt hatte.

Kaum gewann er aber Zeit, die Hand an einen der Revolver zu legen, die er stets im Gürtel trug, und rasch zur Seite zu springen, als das Tier, das zuerst auf ihn zugestürzt war, ohne ihn zu erreichen, von neuem auf seinen ausgestreckten Arm losgesprungen kam.

Cyprien fühlte, wie die scharfen Krallen ihm ins Fleisch eindrangen, und rollte mit dem furchtbaren Raubtier in den Staub. Plötzlich krachte ein Schuß; der Körper des Löwen wand sich in schmerzlichen Zuckungen, streckte sich dann aus und lag bewegungslos neben ihm.

Mit der noch freigebliebenen Hand hatte Cyprien, ohne seine Kaltblütigkeit zu verlieren, dem Raubtier seinen Revolver ins Ohr abgefeuert, und eine Sprengkugel hatte diesem den Kopf zerschmettert.

Inzwischen kamen die durch das Gebrüll und den Schuß wachgewordenen Schläfer nach dem Kampfplatz. Man befreite Cyprien von dem noch zum Teil über ihm liegenden gewaltigen Tier und untersuchte seine Wunden, die sich zum Glück nicht als ernsthaft erwiesen. Li verband sie ihm mit in Branntwein getauchter Leinwand, im Wagen wurde ihm der bequemste Platz eingeräumt und bald darauf schliefen alle wieder, während Bardik Wache hielt, wozu er sich bis zum anbrechenden Morgen erboten hatte.

Kaum graute der Tag, als die Stimme James Hiltons, der seine Gefährten zu Hilfe rief, diesen wieder einen neuen Unfall verkündete. James Hilton hatte ganz angekleidet im Vorderteil des Wagens gelegen, und stieß jetzt seine Worte im Ton des größten Entsetzens hervor, ohne jedoch eine eigene Bewegung zu wagen.

»Um mein rechtes Knie hat sich eine Schlange gewickelt, unter der Hose!« sagte er. »Sprecht nicht zu laut oder ich bin verloren. Seht aber zu, was etwa zu tun ist!«

Seine Augen hatten sich vor Schreck übernatürlich geweitet, und das Gesicht war totenbleich. In der Gegend seines rechten Knies bemerkte man wirklich unter der blauen Leinwand der Kleidung die Anwesenheit eines fremden Körpers - einer Art um das Bein geschlungenen Kabels. Die Lage war offenbar ernsthaft. Wie James Hilton sagte, konnte die Schlange ihn bei der ersten Bewegung, die er machte, beißen.

Inmitten dieser Angst und allgemeinen Unentschlossenheit übernahm es aber Bardik, der Sache ein Ende zu machen. Nachdem er den Hirschfänger seines Herrn ergriffen hatte, näherte er sich James Hilton mit kaum bemerkbarer Bewegung, dann brachte er die Augen etwa auf das gleiche Niveau mit der Schlange und schien einige Sekunden die

Lage des Reptils genau zu studieren. Ohne Zweifel suchte er zu erkennen, wo sich der Kopf des Tieres befinden möge.

Plötzlich erhob er sich mit rascher Bewegung, schlug mit kräftigem Arm zu, und der blanke Stahl traf mit kurzem Schlag das Knie James Hiltons.

»Sie können die Schlange abschütteln. Sie ist tot!« sagte Bardik, der lächelnd alle Zähne zeigte.

James Hilton gehorchte maschinenmäßig und schüttelte das Bein . . . das Reptil fiel zu seinen Füßen nieder.

Es war eine schwarze Viper von kaum einem halben Zoll Durchmesser, aber eine, deren geringster Biß den Tod hätte zur Folge haben müssen. Der junge Kaffer hatte sie mit wunderbarer Geschicklichkeit geköpft. Die Hose James Hiltons zeigte einen Schnitt von kaum 6 Zentimeter Länge und seine Oberhaut war nicht einmal geritzt.

Auffallenderweise - und Cyprien empörte das ordentlich - schien es James Hilton gar nicht in den Sinn zu kommen, seinem Retter zu danken. Jetzt, wo er der Gefahr entronnen war, hielt er diese Intervention für völlig selbstverständlich. Ihm konnte der Gedanke gar nicht kommen, die schwarze Hand eines Kaffern zu ergreifen und diesem ein »Ich danke!« zu sagen.

»Ihr Hirschfänger hat wirklich eine gute Schneide!« bemerkte er einfach, während Bardik diesen wieder in die Scheide steckte, ohne dem, was er getan hatte, selbst eine besondere Bedeutung zuzumessen.

Das Frühstück hatte bald die Eindrücke dieser verhängnisvollen Nacht verwischt. Es bestand heute nur aus einem einzigen, in Butter gebratenen Straußenei, das jedoch vollkommen ausreichte, den Hunger der fünf Genossen zu stillen.

Cyprien bekam ein leichtes Fieber und hatte auch unter seinen Wunden ein wenig zu leiden. Dennoch bestand er darauf, Annibal Pantalacci und James Hilton nach dem Kraal Lopepes zu begleiten. Das Lager wurde also der Obhut Bardiks und Lis anvertraut, die es unternommen hatten, dem Löwen das Fell abzuziehen. Dieser war übrigens ein ungeheures Exemplar jener Art, die man als Löwen mit Hundeschnauze bezeichnet. Die drei Reiter begaben sich also allein auf den Weg.

Der Betchuana erwartete sie, umgeben von seinen Kriegern, am Eingang seines Kraals. Hinter diesen hatten sich in zweiter Reihe die Frauen und Kinder neugierig angesammelt, um die Fremden zu betrachten. Einige dieser schwarzen Hausfrauen trugen jedoch eine merkwürdige Gleichgültigkeit zur Schau. Vor ihren halbkugelförmigen Hütten kauernd, fuhren sie ungestört in ihrer Arbeit fort. Zwei oder drei von ihnen spannen Fäden aus langen Grasfedern, die sie dann zu einem Strick zusammendrehten.

Der allgemeine Eindruck des Ganzen war ein sehr erbärmlicher, obwohl die Hütten ziemlich gut gebaut schienen. Diejenige Lopepes, die größer als die anderen und im Inneren mit Strohmatten ausgeschlagen war, erhob sich ziemlich in der Mitte des Kraals. Da hinein führte der Häuptling seine Gäste, wies ihnen drei Schemel an und setzte sich selbst vor sie hin, während seine Leibgarde sich im Halbkreis hinter ihm aufstellte.

Zunächst begann nun der Austausch der gewöhnlichen Redensarten. Die Gebräuche dabei beschränkten sich hier jedoch darauf, eine Tasse eines gegorenen Getränks zu genießen, das der Gastgeber übrigens selbst erzeugt hatte; um den Beweis zu geben, daß sich hinter dieser Sitte nicht etwa ein heimlicher Anschlag verberge, setzte jener stets zuerst die dünnen Lippen an die Tasse und reichte sie dann erst den Fremdlingen. Nach einer so höflichen Einladung nicht zu trinken, wäre als tödliche Beleidigung betrachtet worden. Die drei Weißen verzehrten also dieses Kaffernbier, wobei es ohne einiges Gesichterschneiden seitens Annibal Pan-talaccis nicht abging, der seine Meinung dahin abgab, daß ihm ein Glas Lacrymae Christi weitaus lieber sein würde als dieses verteufelt fade Gebräu der Betchuanas.

Darauf kamen die Geschäfte an die Reihe. Lopepe hätte gern eine Flinte eingehandelt; dieser Wunsch konnte ihm leider nicht erfüllt werden, obgleich er dafür ein ziemlich gutes Pferd und 150 Pfund Elfenbein anbot. Die Kolonialgesetze sind in diesem Punkt besonders streng und verbieten den Europäern jede Überlassung von Feuerwaffen an die Kaffern der Grenzgebiete, wenn dazu nicht die spezielle Erlaubnis des Gouverneurs eingeholt war. Zum Ausgleich hatten die drei Gäste Lopepes diesem ein Flanellhemd, eine Stahlkette und eine Flasche Rum mitgebracht, für den Wilden ein sehr bedeutendes Geschenk, worüber er seiner Freude lauten Ausdruck gab.

Der Betchuana-Häuptling erwies sich denn auch gern erbötig, alle von ihm verlangten Aufklärungen zu geben, wobei James Hilton als Dolmetscher diente.

Zunächst erfuhr man, daß ein Reisender, dessen Personalbeschreibung vollständig auf Matakit paßte, vor 5 Tagen durch den Kraal gekommen war. Das war die erste Nachricht, die die Expedition seit 2 Wochen über den Flüchtling erhalten hatte und die sie natürlich dankbar entgegennahm. Der junge Kaffer mochte jedenfalls mehrere Tage mit der Suche nach einer Furt durch den Limpopo verloren haben und begab sich jetzt gewiß nach den Berggegenden im Norden. Ehe daran zu denken war, diese zu erreichen, mußten gewiß 7 bis 8 Tage vergehen.

Lopepe rühmte sich übrigens, ein Freund des Beherrschers jenes Landes zu sein, nach welchem Cyprien und seine Gefährten eben aufbrechen wollten. Wer wäre hier von den eingeborenen Fürsten auch nicht gern der angesehene Freund und getreue Verbündete des großen Tonaia gewesen, jenes unüberwindlichen Eroberers des Kaffern-lands?

Auf die Frage, ob Tonaia die Weißen wohl freundschaftlich aufnehmen werde, versicherte Lopepe, daß sie sich darauf verlassen könnten, da er ebenso gut wie die anderen Häuptlinge der Gegend wisse, daß diese Beleidigungen nicht ungeahndet ließen.

Wozu sollte er also den Weißen feindlich entgegentreten, da diese durch ihre sich selbst ladenden Gewehre stets im Vorteil seien; deshalb empfehle es sich, mit ihnen friedlich zu verkehren, sie freundlich aufzunehmen und verläßlich mit ihnen zu verhandeln.

Das waren etwa die Auskünfte, die Lopepe erteilte. Nur eine davon hatte eigentlich größere Bedeutung: die, daß Matakit wohl einige Tage eingebüßt hatte, bevor er den Strom überschreiten konnte, und daß man sich auf seiner richtigen Spur befand.

Bei ihrer Rückkehr nach dem Lagerplatz fanden Cy-prien, Annibal Pantalacci und James Hilton Bardik und Li in großer Aufregung.

Sie waren ihrer Erzählung nach von einem großen Trupp von Kaffernkriegern heimgesucht worden, die Lopepes Stamm nicht angehörten; diese hätten sie erst völlig umzingelt und dann ein förmliches Verhör mit ihnen angestellt, dahin zielend, was sie überhaupt hier im Land wollten, ob sie nicht allein die Betchuana ausforschen und sich unterrichten wollten, wie zahlreich und wie stark bewaffnet diese seien. Fremdlinge, hatten jene erklärt, täten sehr unrecht, sich auf ein solches Unternehmen einzulassen; der große König Tonaia habe zwar nichts zu gebieten, so lange sie seine Gebiete noch nicht betreten hätten, aber er könne die Sache wohl mit anderen Augen ansehen, wenn sie dort einzudringen versuchten.

Das war etwa der Inhalt ihrer Äußerungen. Der Chinese schien darüber nicht mehr erregt, als sie es verdienten. Der sonst so ruhige und gegenüber jeder Gefahr so mutige Bardik aber zeigte sich so übertrieben erschrocken, daß Cyprien es sich nicht zu erklären vermochte.

»Sehr schlimme Krieger«, sagte er, die großen Augen hin und her rollend, »Krieger, welche die Weißen hassen und sie >Cuic machen lassen< werden!«

Dieses Ausdrucks bedienen sich alle halbzivilisierten Kaffern, wenn sie einen gewaltsamen Tod bezeichnen wollen.

Was war nun zu tun? Sollte man diesem Zwischenfall Bedeutung beimessen? Nein, gewiß nicht. Die Krieger, obgleich an die 30 Mann, die nach Bardiks und des Chinesen Bericht diese wehrlos überraschten, hatten ihnen doch nichts zuleide getan, und nicht einmal den Versuch gemacht zu stehlen. Ihre Drohungen liefen wohl nur auf Aufschneidereien hinaus, welche die Wilden den Fremden gegenüber überhaupt sehr lieben; jedenfalls genügte ein höfliches Auftreten gegen den Häuptling Tonaia und eine offenherzige Erklärung über den Zweck der Ankunft der drei Weißen, um jeden Verdacht bei jenem zu ersticken und sich sein Wohlwollen zu sichern.

Man beschloß also mit allgemeiner Zustimmung aufzubrechen.

Die Hoffnung, Matakit bald einzuholen und ihm den gestohlenen Diamanten wieder abzunehmen, ließ vorläufig jede Vorsicht vergessen.

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