Daenerys

Daenerys Targaryen ehelichte Khal Drogo in Angst und barbarischem Prunk auf einem Feld jenseits der Mauern von Pentos, da die Dothraki glaubten, daß alle wichtigen Dinge im Leben eines Mannes unter freiem Himmel stattfinden müßten.

Drogo hatte sein khalasar gerufen, damit es ihm zur Seite stünde, und sie waren gekommen, vierzigtausend dothrakische Krieger und unzählige Frauen, Kinder und Sklaven. Draußen vor den Stadtmauern lagerten sie mit ihren riesigen Horden, errichteten Paläste aus geflochtenem Gras, aßen alles, was in Sichtweite kam, und verängstigten die braven Leute von Pentos mit jedem Tag mehr.

«Die anderen Magister haben die Stärke der Stadtwache verdoppelt«, erklärte Illyrio ihnen eines Abends bei Tellern voller Honigenten mit Orangen in der Villa, die einst Drogos gewesen war. Der khal hatte sich seinem khalasar angeschlossen, da er sein Anwesen bis zur Hochzeit Daenerys und ihrem Bruder überließ.»Am besten sorgen wir dafür, daß Prinzessin Daenerys bald heiratet, bevor sie die Hälfte allen Reichtums von Pentos unter Soldrittern und Meuchelmördern verteilen«, scherzte Ser Jorah Mormont. Der Verbannte hatte ihrem Bruder sein Schwert an jenem Abend angeboten, an dem Dany an Khal Drogo verkauft worden war. Viserys hatte das Angebot dankend angenommen. Seither war Mormont nicht von ihrer Seite gewichen.

Magister Illyrio lachte leise durch seinen gespaltenen Bart, doch Viserys lächelte nur.»Er kann sie schon morgen haben, wenn er will«, sagte ihr Bruder. Er sah zu Dany hinüber, und sie senkte ihren Blick.»Vorausgesetzt, er zahlt den Preis.«

Illyrio wedelte mit träger Hand durch die Luft, und Ringe glitzerten an seinen fetten Fingern.»Ich habe es Euch gesagt:

Es ist alles vereinbart. Vertraut mir. Der khal hat Euch eine Krone versprochen, und die sollt Ihr auch bekommen.«

«Ja, nur wann?«

«Wenn es dem khal beliebt«, sagte Illyrio.»Erst wird er das Mädchen bekommen, und wenn sie verheiratet sind, muß er seine feierliche Prozession durch die Steppe machen und sie den aosh khaleen in Vaes Dothrak vorstellen. Danach vielleicht. Falls die Omen einen Krieg gutheißen.«

Viserys kochte vor Ungeduld.»Ich pisse auf die Omen der Dothraki. Der Usurpator sitzt auf dem Thron meines Vaters. Wie lange muß ich warten?«

Illyrio zuckte mit den massigen Schultern.»Ihr habt die meiste Zeit Eures Lebens gewartet, großer König. Was sind da ein paar weitere Monate, ein paar Jahre?«

Ser Jorah, der gen Osten bis nach Vaes Dothrak gereist war, nickte zustimmend.»Ich rate Euch, Geduld zu zeigen, Majestät. Die Dothraki stehen zu ihrem Wort, nur tun sie es in ihrer eigenen Geschwindigkeit. Ein Untertan darf einen Gefallen vom khal erbitten, sich jedoch niemals erdreisten, ihn dafür zu schelten.«

Viserys wurde zornig.»Hütet Eure Zunge, Mormont, sonst lasse ich sie herausschneiden. Ich bin kein Untertan, ich bin der rechtmäßige Lord der Sieben Königslande. Der Drache bettelt nicht.«

Respektvoll senkte Ser Jorah seinen Blick. Illyrio lächelte geheimnisvoll und riß der Ente einen Flügel aus. Honig und Öl liefen über seine Finger und tropften in seinen Bart, als er am zarten Fleisch nagte. Es gibt keine Drachen mehr, dachte Dany, während sie ihren Bruder anstarrte, doch wagte sie nicht, es laut zu sagen.

Dennoch träumte sie in dieser Nacht von einem solchen. Viserys schlug sie, tat ihr weh. Sie war nackt, unbeholfen in ihrer Angst. Sie floh vor ihm, doch ihr Leib wirkte dick und linkisch. Wieder schlug er sie. Sie stolperte und fiel.»Du hast den Drachen geweckt«, schrie er, als er nach ihr trat.»Du hast den Drachen geweckt, du hast den Drachen geweckt. «Ihre Schenkel glänzten vom Blut. Sie schloß die Augen und wimmerte. Wie zur Antwort hörte sie ein grauenvolles Reißen und das Knistern eines großen Feuers. Als sie wieder hinsah, war Viserys fort, Rauchsäulen stiegen überall auf, und mittendrin stand der Drache. Langsam wandte er den Kopf. Als seine geschmolzenen Augen sie fanden, erwachte sie, bebend und von feinem Schweiß überzogen. Nie zuvor hatte sie sich so gefürchtet…

…bis zu dem Tag, an dem schließlich ihre Hochzeit stattfand. Die Zeremonie begann im Morgengrauen und dauerte bis in die Abenddämmerung, ein endloser Tag des Trinkens und Feierns und Kämpfens. Eine mächtige, irdene Rampe war inmitten der Graspaläste errichtet worden, und auf dieser saß Dany neben Khal Drogo über dem brodelnden Meer der Dothraki. Weder hatte sie je zuvor so viele Menschen an einem Ort gesehen, noch welche, die ihr so fremd und furchterregend vorgekommen waren. Die Reiterlords mochten prunkvolle Stoffe und schwere Duftwasser anlegen, wenn sie die Freien Städte besuchten, doch draußen unter freiem Himmel wahrten sie die alten Traditionen. Männer und Frauen gleichermaßen trugen bemalte Lederwesten auf nackter Brust und Hosen aus Pferdehaar, die von Gürteln mit bronzenen Medaillons gehalten wurden, und die Krieger ölten ihre langen Zöpfe mit Fett ein. Sie schlangen mit Honig und Paprika geröstetes Pferdefleisch in sich hinein, tranken bis zum Vollrausch gegorene Stutenmilch und Illyrios feine Weine, und spuckten einander Scherze übers Feuer zu, mit Stimmen, die für Danys Ohren barsch und fremdartig klangen.

Viserys saß gleich unter ihr, prächtig anzusehen in seinem neuen, schwarzen Wollrock mit einem roten Drachen auf der Brust. Illyrio und Ser Jorah saßen an seiner Seite. Es war ein

Platz von hohen Ehren, gleich unterhalb der Blutreiter des khal, doch Dany sah den Zorn in den veilchenblauen Augen ihres Bruders. Es gefiel ihm nicht, unter ihr zu sitzen, und er schäumte, wenn die Diener jedes Gericht erst dem khal und seiner Braut anboten und ihn von den Portionen bedienten, die sie abgelehnt hatten.

Es blieb ihm nichts weiter, als seinen Groll zu pflegen, und so pflegte er seinen Groll, und seine Laune wurde stündlich und mit jeder Beleidigung seiner Person düsterer.

Noch niemals hatte sich Dany so allein gefühlt wie inmitten dieser unübersehbaren Horde. Ihr Bruder hatte ihr gesagt, sie solle lächeln, und daher lächelte sie, bis ihr Gesicht schmerzte und ihr die Tränen ungebeten in die Augen traten. Sie gab ihr Bestes, um sie zu verbergen, da sie wußte, wie böse Viserys wäre, wenn er sie weinen sähe, und sie hatte schreckliche Angst davor, wie Khal Drogo darauf reagieren mochte. Man brachte ihr Speisen, dampfende Braten, dicke, schwarze Würste und dothrakische Blutpasteten, später Früchte und Eintopf von süßem Gras und köstliches Gebäck aus den Küchen von Pentos, doch winkte sie bei allem ab. Ihr Magen war in Aufruhr, und sie wußte, daß sie nichts von alledem würde bei sich behalten können.

Niemand war da, mit dem sie reden konnte. Khal Drogo rief Befehle und Scherze zu seinen Blutreitern hinab und lachte über ihre Antworten, doch warf er Dany neben sich kaum einen Blick zu. Sie sprachen nicht dieselbe Sprache. Dothraki war ihr unverständlich, und der khal kannte nur wenige Worte des verfälschten Valyrisch der Freien Städte und rein gar nichts von der Gemeinen Zunge der Sieben Königslande. Gern hätte sie an dem Gespräch ihres Bruders mit Illyrio teilgehabt, doch waren sie zu weit unter ihr, als daß sie diese hätte hören können.

So saß sie in ihrem seidenen Hochzeitskleid, nippte an einem Becher Honigwein, fürchtete sich zu essen und sprach im stillen mit sich selbst. Ich bin Daenerys Stormborn, Prinzessin von Dragonstone, vom Blut und Samen Aegons des Eroberers.

Die Sonne hatte erst ein Viertel ihres Weges zum Zenit hinter sich gebracht, als sie den ersten Mann sterben sah. Trommeln schlugen, während einige der Frauen für den khal tanzten. Ausdruckslos sah Drogo zu, doch seine Blicke folgten ihren Bewegungen, und von Zeit zu Zeit warf er eine bronzene Münze hinunter, um welche die Frauen dann rangen.

Auch die Krieger sahen zu. Einer von ihnen trat schließlich in den Kreis, packte eine Tänzerin beim Arm, stieß sie zu Boden und bestieg sie gleich dort, wie ein Hengst eine Stute besteigt. Illyrio hatte ihr gesagt, daß so etwas geschehen mochte.»Die Dothraki paaren sich wie die Tiere in ihren Herden. Es gibt kein Alleinsein in einem khalasar, und sie verstehen Sünde und Scham nicht wie wir.«

Dany wandte sich von dieser Paarung erschrocken ab, als ihr bewußt wurde, was dort geschah, doch ein zweiter Krieger trat vor, und ein dritter, und bald gab es keine Möglichkeit mehr, sich abzuwenden. Dann packten zwei Männer dieselbe Frau. Sie hörte einen Schrei, sah einen Stoß, und innerhalb eines Augenblicks waren die arakhs gezückt, lange, rasiermesserscharfe Klingen, halb Schwert, halb Sense. Ein Todestanz begann, als die Krieger einander umkreisten und zuschlugen, einander ansprangen, die Klingen über den Köpfen wirbeln ließen, bei jedem Hieb Beleidigungen brüllten. Niemand trat vor, um einzugreifen.

Es endete so schnell, wie es begonnen hatte. Die arakhs zuckten schneller, als Dany sehen konnte, ein Mann ließ einen Schritt aus, der andere schwang seine Klinge in flachem Bogen. Stahl schnitt knapp über der Hüfte des Dothraki in sein Fleisch und riß ihn vom Rückgrat bis zum Nabel auf, verteilte sein Gedärm im Staub. Noch während der Verlierer starb, packte sich der Sieger die nächststehende Frau — nicht einmal diejenige, um die sie gestritten hatten — und nahm sie auf der

Stelle. Sklaven trugen die Leiche fort, und der Tanz begann von neuem.

Auch davor hatte Magister Illyrio Dany gewarnt.»Eine dothrakische Hochzeit ohne mindestens drei Tote ist keine richtige Hochzeit«, hatte er gesagt. Ihre Hochzeit schien auf besondere Weise gesegnet zu sein. Bevor der Tag ein Ende nahm, war ein ganzes Dutzend Männer gestorben.

Während die Stunden verrannen, wuchs die Angst in Dany, bis sie nur noch darum rang, nicht aufzuschreien. Sie fürchtete sich vor den Dothraki, deren Sitten ihr fremd und grausam erschienen, als wären sie wilde Tiere in Menschenhaut und eigentlich gar keine Menschen. Sie fürchtete sich vor ihrem Bruder, vor dem, was er ihr antun mochte, wenn sie ihn enttäuschte. Vor allem jedoch fürchtete sie sich davor, was des Nachts unterm Sternenzelt geschehen mochte, wenn ihr Bruder sie dem ungeschlachten Riesen auslieferte, der mit einem Gesicht, das so unbewegt und grausam wie eine Bronzemaske war, trinkend neben ihr saß.

Ich bin das Blut des Drachen, sagte sie sich immer wieder.

Als die Sonne tief am Himmel stand, klatschte Khal Drogo in die Hände, und die Trommeln und Schreie und die ganze Feier erstarben mit einem Mal. Drogo stand auf und zog Dany neben sich auf die Beine. Es wurde Zeit für ihre Brautgeschenke.

Und nach den Geschenken, das wußte sie, nachdem die Sonne untergegangen war, würde es Zeit für den ersten Ritt und die Vollstreckung der Ehe. Dany versuchte, den Gedanken zu verdrängen, doch wollte es ihr nicht gelingen. Sie verschränkte die Arme vor der Brust, damit sie nicht zitterte.

Ihr Bruder Viserys beschenkte sie mit drei Mägden. Dany wußte, daß sie ihn nichts gekostet hatten. Zweifellos hatte Illyrio die Mädchen gestellt. Irri und Jhiqui waren kupferhäutige Dothraki mit schwarzem Haar und mandelförmigen Augen, Doreah ein blondes, blauäugiges lysenisches Mädchen.»Diese sind keine gewöhnlichen Dienerinnen, liebe Schwester«, erklärte ihr Bruder, als eine nach der anderen vorgeführt wurde.»Illyrio und ich haben sie persönlich für dich ausgewählt. Irri wird dich das Reiten lehren, Jhiqui die Sprache der Dothraki, und Doreah wird dich in der weiblichen Kunst der Liebe unterweisen. «Er lächelte schmal.»Sie ist sehr gut, das können Illyrio und ich beide bestätigen.«

Ser Jorah Mormont bat für seine Gabe um Verzeihung.»Es ist nur eine Kleinigkeit, meine Prinzessin, doch alles, was ein armer Verbannter sich leisten kann«, sagte er, als er einen kleinen Stapel alter Bücher vor sie legte. Es waren Historien und Lieder aus den Sieben Königslanden, wie sie sah, verfaßt in der Gemeinen Zunge. Sie dankte ihm von ganzem Herzen.

Magister Illyrio murmelte einen Befehl, und vier stämmige Sklaven eilten vor, trugen zwischen sich eine große, bronzebeschlagene Zederntruhe. Als sie diese öffnete, fand sie Stapel vom feinsten Samt und Damast, den es in den Freien Städten gab… und darauf ruhten — auf weichem Tuch aneinandergeschmiegt — drei übergroße Eier. Dany hielt den Atem an. Nie zuvor hatte sie etwas Schöneres gesehen. Jedes war anders als die anderen, mit Mustern in derart dunklen Farben, daß sie anfangs glaubte, sie seien mit Juwelen besetzt, und so groß, daß sie beide Hände brauchte, um eines davon festzuhalten. Vorsichtig hob sie es an, erwartete, daß es aus feinem Porzellan oder zartem Email wäre, sogar aus geblasenem Glas, doch war es viel schwerer als das, als wäre es ganz aus Stein. Die Oberfläche der Schale war von winzigen Schuppen überzogen, und als sie das Ei zwischen ihren Fingern drehte, schimmerten die Schuppen im Licht der untergehenden Sonne wie poliertes Metall. Ein Ei war von dunklem Grün mit geschliffenen Bronzeflecken, die kamen und gingen, je nachdem wie Dany es hielt. Ein anderes war von heller

Cremefarbe, mit Gold durchzogen. Das letzte war schwarz, so schwarz wie ein mitternächtlicher See, dennoch schienen rote Wellen und Wirbel darauf zu leben.»Was ist das?«fragte sie mit leiser Stimme voll Verwunderung.

«Dracheneier aus den Schattenländern jenseits von Asshai«, sagte Magister Illyrio.»Die Ewigkeiten haben sie in Stein verwandelt, doch dennoch leuchtet ihre Schönheit hell.«

«Ich werde sie stets in Ehren halten. «Dany hatte Geschichten von solchen Eiern gehört, doch hatte sie nie eines gesehen und auch nicht damit gerechnet, je eines zu Gesicht zu bekommen. Es war ein wahrlich prachtvolles Geschenk, obwohl sie wußte, daß Illyrio es sich leisten konnte, verschwenderisch zu sein. Er hatte für seine Mitwirkung daran, sie an Khal Drogo zu verkaufen, ein Vermögen an Pferden und Sklaven kassiert.

Die Blutreiter des khal boten ihr die drei traditionellen Waffen an, und es waren prächtige Waffen. Haggo überreichte ihr eine große Lederpeitsche mit Silbergriff, Cohollo ein herrliches arakh, in Gold ziseliert, und Qotho einen doppelt gebogenen Drachenknochen, der größer als sie selbst war. Magister Illyrio und Ser Jorah hatten sie die traditionelle Ablehnung dieser Gaben gelehrt.»Dieses ist eine Gabe, die eines großen Kriegers würdig ist, o Blut von meinem Blut, und ich bin nicht mehr als eine Frau. Laßt meinen Herrn und Gatten diese an meiner Stelle tragen. «Und so bekam auch Khal Drogo seine» Brautgeschenke«.

Zahlreich waren die Gaben, die andere Dothraki ihr brachten: Pantoffeln und Juwelen und Silberringe für ihr Haar, Gürtel mit Medaillons, bemalte Westen und weiche Felle, Rohseide und Krüge mit Duftwasser, Nadeln und Federn und winzige Fläschchen aus rotem Glas, und einen Umhang aus dem Fell von tausend Mäusen.»Ein nobles Geschenk, Khaleesi«, sagte Magister Illyrio von letzterem, nachdem er ihr erklärt hatte, was es war.»Großes Glück. «Die Gaben stapelten sich zu großen Haufen um sie, mehr Geschenke, als sie sich hatte vorstellen können, mehr Gaben, als sie wollen oder brauchen konnte.

Und als letzter holte Khal Drogo sein Brautgeschenk für sie hervor. Erwartungsvolle Stille breitete sich von der Mitte des Lagers aus, als er von ihrer Seite wich, und diese Stille wuchs, bis sie das ganze khalasar umfaßte. Als er zurückkam, teilte sich die dichte Menge der Dothrakis vor ihm, und er führte ein Pferd zu ihr.

Es war ein junges Stutenfohlen, feurig und wunderschön. Dany verstand gerade genug von Pferden, um es von einem gewöhnlichen Tier zu unterscheiden. Es hatte etwas an sich, das einem den Atem raubte. Es war grau wie das winterliche Meer, mit einer Mähne wie Silberrauch.

Zögernd streckte sie eine Hand aus und streichelte den Hals des Pferdes, fuhr mit den Fingern durch das silbrige Haar seiner Mähne. Khal Drogo sagte etwas auf Dothrakisch, und Magister Illyrio übersetzte.»Silber für das Silber Eures Haars, sagte der khal.«

«Sie ist wundervoll«, murmelte Dany.

«Sie ist der Stolz des khalasar«, sagte Illyrio.»Die Sitte verlangt, daß die khaleesi ein Pferd reiten muß, das ihrer Stellung an der Seite des khal entspricht.«

Drogo trat vor und legte seine Hände um ihre Hüften. Er hob sie so leicht an, als wäre sie ein Kind, und setzte sie auf den dünnen, dothrakischen Sattel, der um so vieles kleiner war als alle, die sie gewohnt war. Unsicher saß Dany einen Moment lang da. Von diesem Teil hatte ihr niemand erzählt.»Was soll ich tun?«fragte sie Illyrio.

Es war Ser Jorah Mormont, der antwortete.»Nehmt die Zügel und reitet. Es muß nicht weit sein.«

Unsicher sammelte Dany die Zügel ein und schob ihre Füße in die kurzen Steigbügel. Sie war nur eine mäßige Reiterin. Sie war weit öfter mit Schiff und Wagen und Palankin gereist als auf einem Pferderücken. Sie betete, daß sie nicht herunterfallen und sich der Lächerlichkeit preisgeben möge, und ließ das Fohlen die denkbar leichteste und ängstlichste Berührung mit den Knien spüren.

Und zum ersten Mal seit Stunden vergaß sie, sich zu fürchten. Oder vielleicht auch zum ersten Mal überhaupt.

Das silbergraue Fohlen bewegte sich mit weichem und seidigem Gang, und die Menge teilte sich vor ihr, alle Augen ganz auf sie gerichtet. Dany merkte, daß sie schneller ritt, als es ihre Absicht gewesen war, dennoch war es eher aufregend als furchteinflößend. Das Pferd fiel in einen Trab, und sie lächelte. Dothraki drängten sich zur Seite, um ihr Platz zu machen. Der leiseste Druck mit den Beinen, die leichteste Bewegung an den Zügeln, und das Fohlen reagierte. Sie ließ es galoppieren, und nun johlten und lachten die Dothraki und feuerten sie an, wenn sie vor ihr aus dem Weg sprangen. Als sie wendete, um zurückzureiten, sah sie vor sich eine Feuerstelle direkt auf ihrem Weg. Die Menschen drängten sich zu beiden Seiten, und es war kein Platz zum Stehenbleiben. Da wurde Daenerys von einem Wagemut erfüllt, den sie nie gekannt hatte, und sie zeigte dem Fohlen, was sie wollte.

Das silberne Pferd übersprang die Flammen, als hätte es Flügel.

Als sie vor Magister Illyrio zum Stehen kam, sagte sie:»Sagt Khal Drogo, daß er mir den Wind geschenkt hat. «Der fette Pentosi strich über seinen gelben Bart, als er die Worte ins Dothrakische übersetzte, und Dany sah ihren neuen Gatten zum ersten Mal lächeln.

In diesem Augenblick verging der letzte Sonnenstrahl hinter den hohen Mauern von Pentos. Dany hatte jegliches Gefühl für die Zeit verloren. Khal Drogo befahl seinen Blutreitern, sein Pferd zu bringen, einen schlanken, roten Hengst. Während der khal das Pferd sattelte, trat Viserys nah an seine Schwester heran, grub seine Finger in ihr Bein und zischte ihr zu:»Bereite ihm Freude, Schwesterchen, oder ich schwöre dir, du wirst erleben, daß der Drache erwacht, wie er noch nie erwacht ist.«

Da kehrte die Angst zu ihr zurück, bei den Worten ihres Bruders. Wieder fühlte sie sich wie ein Kind, erst dreizehn und ganz allein, nicht bereit für das, was ihr geschehen würde.

Gemeinsam ritten sie davon, als die Sterne herauskamen, ließen das khalasar und die Graspaläste hinter sich. Khal Drogo sagte kein Wort zu ihr, doch trieb er seinen Hengst im schnellen Trab durch die herabsinkende Dämmerung. Die winzigen Silberglöckchen in seinem langen Zopf läuteten leise.»Ich bin das Blut des Drachen«, flüsterte sie laut, da sie ihm folgte, und versuchte, sich Mut zu machen.»Ich bin das Blut des Drachen. Ich bin das Blut des Drachen. «Der Drache fürchtete sich niemals.

Später konnte sie nicht mehr sagen, wie weit oder wie lange sie geritten waren, doch herrschte Dunkelheit, als sie auf einer Wiese neben einem kleinen Bach Halt machten. Drogo schwang sich von seinem Pferd und hob sie von ihrem. In seinen Händen fühlte sie sich zerbrechlich wie Glas, ihre Glieder waren wie Wasser. Hilflos und zitternd stand sie in ihrer Hochzeitsseide da, während er die Pferde sicherte, und als er sich zu ihr umdrehte, fing sie an zu weinen.

Khal Drogo starrte auf ihre Tränen, seine Miene seltsam ausdruckslos.»Nein«, sagte er. Er hob die Hand und wischte die Tränen grob mit schwieligem Daumen fort.

«Ihr sprecht die Gemeine Zunge«, fragte Dany verwundert.»Nein«, sagte er noch einmal.

Vielleicht kannte er nur das eine Wort, so dachte sie, doch war es ein Wort mehr, als sie erwartet hatte, und in gewisser Weise fühlte sie sich dadurch besser. Drogo berührte sanft ihr Haar, ließ die silberblonden Strähnen durch seine Finger gleiten und murmelte leise etwas auf Dothrakisch. Dany verstand die Worte nicht, doch lag Wärme in ihrem Klang, eine Zärtlichkeit, die sie von diesem Mann niemals erwartet hätte.

Er legte ihr einen Finger unters Kinn und hob ihren Kopf, damit sie ihm in die Augen sah. Drogo ragte über ihr auf, wie er über jedermann aufragte. Indem er ihr leicht unter die Arme griff, nahm er sie hoch und setzte sie auf einen runden Stein am Bach. Dann setzte er sich ihr gegenüber auf den Boden, die Beine unter sich gekreuzt, und endlich waren ihre Gesichter auf gleicher Höhe.»Nein«, sagte er.

«Ist es das einzige Wort, das Ihr kennt?«fragte sie ihn. Drogo antwortete nicht. Sein langer, schwerer Zopf kringelte sich neben ihm im Schmutz. Er zog ihn über seine rechte Schulter und begann, die Glöckchen aus seinem Haar zu nehmen, eines nach dem anderen. Einen Augenblick später beugte sich Dany vor, um zu helfen. Als sie damit fertig waren, machte Drogo eine Geste. Sie verstand. Langsam, vorsichtig, begann sie, den Zopf zu lösen.

Es dauerte seine Zeit. Währenddessen saß er schweigend da, betrachtete sie. Als sie fertig war, schüttelte er den Kopf, und sein Haar breitete sich wie ein Strom der Finsternis auf seinem Rücken aus, ölig und schimmernd. Nie zuvor hatte sie so langes Haar gesehen, so schwarz, so voll.

Dann war er an der Reihe, Er begann, sie zu entkleiden.

Seine Hände waren geschickt und seltsam zärtlich. Er entfernte ihre Seide Schicht für Schicht, während Dany ungerührt dasaß, schweigend, und ihm in die Augen sah. Als er ihre kleinen Brüste enthüllte, wußte sie sich nicht zu helfen. Sie wandte sich ab und bedeckte sie mit den Händen.»Nein«, sagte Drogo. Er nahm ihre Hände von den Brüsten, sanft, wenn auch bestimmt, dann hob er wieder ihr Gesicht, damit sie ihn ansah.»Nein«, wiederholte er.

«Nein«, gab sie wie ein Echo zurück.

Dann stand er auf und zog sie an sich, um die letzte Seide zu entfernen. Die Nacht war kühl auf ihrer nackten Haut. Sie zitterte und bekam auf Armen und Beinen eine Gänsehaut. Sie fürchtete, was nun kommen würde, doch eine Weile geschah nichts. Khal Drogo saß im Schneidersitz nur da, sah sie an, trank ihren Leib mit seinen Augen.

Nach einer Weile begann er, sie zu berühren. Anfangs leicht, dann fester. Sie konnte die wilde Kraft in seinen Händen fühlen, doch tat er ihr nie weh. Er hielt ihre Hand in seiner und strich über ihre Finger, einen nach dem anderen. Er fuhr mit einer Hand sanft an ihrem Bein hinab. Er streichelte ihr Gesicht, zeichnete den Schwung ihrer Ohren nach, strich mit einem Finger sanft um ihren Mund. Er schob beide Hände in ihr Haar und kämmte es mit seinen Fingern. Er drehte sie herum, massierte ihre Schultern, rieb mit einem Knöchel an ihrem Rückgrat hinab.

Es schien, als wären Stunden vergangen, als seine Hände zu ihren Brüsten kamen. Er streichelte die weiche Haut darunter, bis sie prickelte. Er umkreiste ihre Brustwarzen mit seinen Daumen, nahm sie zwischen Daumen und Zeigefinger und begann, daran zu ziehen, anfangs ganz leicht, dann beharrlicher, bis ihre Brustwarzen hart wurden und zu schmerzen begannen.

Dann hielt er inne und zog sie auf seinen Schoß. Dany war schamesrot und außer Atem, das Herz flatterte ihr in der Brust. Er nahm ihr Gesicht in seine riesenhaften Hände und sah ihr in die Augen.»Nein?«sagte er, und sie wußte, daß es eine Frage war.

Sie nahm seine Hand und führte sie dorthin, wo sie zwischen ihren Schenkeln feucht war.»Ja«, flüsterte sie, als sie seinen Finger in sich schob.

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