6. KAPITEL

DAS SECHSTE GEBOT: DU SOLLST NICHT EHEBRECHEN.

Joe Smith war ein Gauner. Keiner von den ganz großen Ganoven, nur so ein kleiner Gauner. Seit er zehn Jahre alt war, hatte er es schon mit der Mafia zu tun. Als Jugendlicher besorgte er Botengänge, als er älter. wurde, bekam er dann allmählich Größeres zu tun. Er wurde Eintreiber, also einer von denen, die den Leuten, die nicht rechtzeitig ihre Schulden zurückzahlten, auch schon mal die Hand brachen und dergleichen...Joe gefiel seine Tätigkeit. Er war gern Mitglied der Mafia.

Als er siebzehn war, hatte er seine Freundin geschwängert und war gezwungen worden, sie zu heiraten. Aber Tatsache war, daß er sie nicht besonders mochte. Sie war nicht sehr hübsch, und sie war streitsüchtig und kommandierte dauernd herum, aber Joe hatte sie halt nun mal auf dem Hals. Obwohl Joe ein Gangster war, war er dabei doch ziemlich fromm. Niemals hätte er auch nur im Traum daran gedacht, Ehebruch zu begehen und mit der Frau eines anderen Mannes zu schlafen.

Der Capo - der Mafia-Chef - war ein gewisser Fred „Eispickel" Bulgatti. „Eispickel" hieß man ihn, weil er seine Opfer tötete, indem er ihnen einen Eispickel zwischen die Ohren hackte. Das ging lautlos und war schmerzhaft. Er war ein Schrank von Mann, über einszweiundachtzig groß, ein Kerl wie ein Gorilla. Man erzählte sich, er sei imstande, einen Mann mit den bloßen Händen auseinanderzureißen. Er war der Schrecken aller. Fred Bulgatti hatte seinerseits eine Ehefrau und drei Kinder, außerdem eine Geliebte, eine gewisse Angela. Diese Angela war aber keineswegs ein Engel. Doch schön war sie. Sie hatte eine sinnliche, sexy Figur und ein Gesicht wie ein Filmstar. Fred konnte den jungen Joe Smith gut leiden. Er sagte zu ihm: „Joe, eines Tages mache ich einen gemachten Mann aus dir." Ein gemachter Mann war jemand, der schon mal jemanden totgemacht hatte. War man erst einmal „gemacht", dann gehörte man auf ewig zur Mafia.

Joes größter Ehrgeiz war es denn auch, so ein gemachter Mann zu werden. Alle seine besten Freunde waren gemachte Männer, und die meisten hatten sogar schon mehrere Morde begangen. Joe wollte unbedingt in ihren Kreis aufgenommen werden. Seine Chance kam eines Tages im Sommer, als Fred ihn zu sich in das italienische Restaurant kommen ließ, wo er immer aß.

„Joe", sagte er, „hier ist deine große Chance. Wie würde es dir gefallen, ein gemachter Mann zu werden?" Joe war ganz begeistert. „Ich bin bereit", sagte er. „Gut. Irgend so ein ganz Kluger hat meine Angela angerufen und sie um ein Date gebeten. Dem Kerl schneidest du die Finger ab, mit denen er ihre Nummer gewählt hat. Und dann seine Ohren, mit denen er hörte, wie sie Nein sagte. Und dann schießt du ihm in den Mund, mit dem er das Date verlangt hat. Schaffst du das?"

„Klar, Chef", sagte Joe und war sehr stolz über den ehrenvollen Auftrag.

Fred gab Joe ein Schießeisen und ein Messer. „Da. Und zum Beweis bringst du mir seine Finger und auch die Ohren von dem Kerl. Niemand - niemand - macht sich ungestraft an meine Angela heran."

Timothy Brown - oder, wie er später dann immer nur genannt wurde, der arme Timothy Brown - war Versicherungsvertreter. Er war es, der Angela angerufen hatte, um einen Termin mit ihr wegen einer Versicherung zu vereinbaren. Angela, die nicht gerade die Intelligenteste von der Welt war, hatte das total mißverstanden und gedacht, er wolle ein Date mit ihr ausmachen, ein Rendezvous. Und das hatte sie Fred erzählt. Deswegen hatte Fred nach Joe geschickt. Timothy Brown war in seiner Wohnung, als es an der Tür klopfte. Er machte auf. Draußen stand Joe Smith und fragte: „Mr. Brown?"

„Ja? Was kann ich für Sie tun?"

„Umgekehrt. Ich komme, um Ihnen etwas anzutun. Haben Sie gestern mit einer jungen Dame namens Angela telefoniert?" „Ja, richtig. Wir haben einen Termin ausgemacht. Kommt sie?"

„Sie hat mich statt dessen geschickt", sagte Joe.

Wir wollen uns die Einzelheiten dessen, was dann geschah, ersparen, weil sonst selbst aus diesen Seiten hier das Blut heraustriefen würde. Kurzum, zwei Stunden später lieferte Joe bei Fred die Finger und Ohren des armen Timothy Brown ab.

Fred saß noch immer beim Essen, als Joe ihm diese Trophäen anbrachte.

Fred besah sie sich genau und sagte: „Ordentliche Arbeit, Junge. Hast du gut gemacht. Hast du ihn auch in den Mund geschossen?" „Ja, Chef."

„Gut. Dann bist du jetzt ein gemachter Mann. Von jetzt an bist du einer von uns."

Es war Joes glücklichster Tag in seinem ganzen bisherigen Leben.

Fortan war Joe also einer von den Jungs. Er gehörte zur Mafia und war bei Überfällen auf Banken und Tankstellen dabei und beim Verwalten von Spielhallen und Prostituiertenringen, mit einem Wort, er führte ein prächtiges Leben. Leute umbringen, das machte er nur, wenn es unbedingt notwendig war. Aber es machte ihm auch nichts aus. Aus irgendeinem Grund, den er selbst nicht erklären konnte, war aber das einzige Gebot, das er niemals übertrat, das sechste: Du sollst nicht ehe- brechen.

Die anderen Gangster rund um ihm taten es dauernd, aber Joe rühmte sich der Tatsache, noch niemals mit der Frau eines anderen Mannes geschlafen zu haben. Er prahlte sogar richtig damit, beging aber eben damit einen schweren Fehler. Eines Tages nämlich kam Angela herein und hörte, wie Joe gerade sagte: „Solange ich verheiratet bin, werde ich niemals mit einer anderen Frau .schlafen. Der Herr sagt >Du sollst nicht ehebrechen<. Ich finde, jeder, der das tut, sollte direkt in die Hölle kommen."

Angela hörte sich das mit großem Interesse an, weil sie davon überzeugt war, daß es nicht einen einzigen Mann auf der ganzen Welt gab, der sich weigern würde, mit ihr zu schlafen. Tatsächlich war Angela auch so schön, daß sie damit sogar vermutlich recht hatte.

„Ich wette", sagte sie zu Joe, „wenn die richtige Frau käme, würdest du schon mit ihr schlafen." Joe war, schockiert. „Niemals!"

Mehr brauchte Angela nicht zu hören. Die Sache weckte ihren gesamten Ehrgeiz. Kein Mann kann mir widerstehen, dachte sie, der da schon gar nicht.

Und sie beschloß, zu beweisen, daß sie recht hatte. Eines Tages sagte sie zu Fred: „Schatz, ich glaube, es verfolgt mich einer. Ich fühle mich nicht sicher."

„Wer?" bellte Fred sofort los. „Den reiße ich in Stücke!" „Ich bin mir nicht sicher", sagte Angela. „Ich habe einfach nur dieses Gefühl, daß da einer hinter mir her ist. Ich würde mich sehr viel besser fühlen, wenn du stets an meiner Seite bleiben würdest."

„Du weißt genau", sagte Fred, „daß das nicht geht. Ich muß mich schließlich um meine Geschäfte kümmern."

Angela tat eine Weile nachdenklich. „Nun ja, aber vielleicht könntest du einen deiner Jungs zu meinem Schutz abstellen?

Das würde mich schon sehr beruhigen."

„Klar", sagte Fred, „das geht. Welchen möchtest du denn haben?"

Sie tat wieder so, als denke sie lange nach. „Ach, ist ganz egal. Joe Smith würde es schon tun."

„In Ordnung. Joe ist ein guter Mann. Ich sage ihm, daß er ein Auge auf dich haben soll."

„Danke dir, Liebling. Vielleicht ja nur für eine oder zwei Wochen. Dann hat es der, der da um mich herumspioniert, sicher schon aufgegeben."

Am nächsten Morgen ließ Fred sich Joe kommen. „Angela hat da ein kleines Problem", sagte er. „Sie glaubt, es ist einer hinter ihr her. Du wirst auf sie aufpassen und sie beschützen." „Klar, Fred", sagte Joe. „Wird gemacht." „Ich danke dir. Wenn du herauskriegst, was das für ein Kerl ist, dann schnappst du ihn dir und zersäbelst ihn Zentimeter um Zentimeter. Ich will seine Arme, seine Beine und seinen Kopf haben. Ist das klar?"

„Völlig klar, Boß. Wird mir ein Vergnügen sein." „Niemand", brüllte Fred, „absolut niemand rührt mir meine Angela an!"

Joe begab sich am selben Nachmittag zu Angela. Sie war in der schönen Wohnung, die ihr Fred eingerichtet hatte, und sie hatte nichts an außer einem hauchdünnen und praktisch durchsichtigen Neglige. Joe konnte gar nicht glauben, wie schön sie war.

„Komm herein, mein Süßer", sagte Angela. „Wie ich höre, bist du jetzt mein Leibwächter."

„Ja," sagte Joe. „Haben Sie irgendeine Ahnung, wer das ist, der hinter Ihnen her ist?"

„Nein. Aber jetzt, wo du da bist, habe ich keine Angst mehr." Sie kam etwas näher. „Wie wäre es mit einem kleinen Drink?" Er schluckte schwer. Er konnte ihr Parfüm riechen, das ihm schier den Kopf vernebelte. „O nein, danke", sagte er. „Wie man mir sagte, gehen Sie heute nachmittag einkaufen." „Ja", sagte Angela.

Joe konnte die Augen nicht mehr von Angelas Figur wenden. „Sie... sollten sich dann jetzt besser anziehen." Sie strich ihm mit der Hand über den Arm. „Wenn du das unbedingt willst", schmelzte sie.

Joe dachte daran, was Fred zu ihm gesagt hatte: Du schnappst ihn dir und zersäbelst ihn Zentimeter um Zentimeter. „Wir gehen lieber.".

„Na gut. Es dauert nur ein paar Minuten."

Joe sah ihr nach, wie sie in ihr Schlafzimmer verschwand.

Nach einer Weile hörte er sie rufen: „Kannst du mal kommen, bitte?"

Joe eilte in das Schlafzimmer. Dort stand Angela, erst halb angezogen. „Mein Reißverschluß klemmt", sagte sie. „Kannst du mir mal helfen?"

Er kam zu ihr. Ihr Rücken war völlig nackt. Und es war der aufregendste Rücken, den er je gesehen hatte. Er war stark in Versuchung, ihn zu küssen, doch er riß sich zusammen, weil er sich gerade noch rechtzeitig sagte, daß er keinen Wert darauf legte, von Fred seine eigenen Lippen abgeschnitten zu bekommen. Er machte den Reißverschluß zu. „Danke", sagte Angela.

Angela begann an ihrem Plan mit Joe zu arbeiten. Und wenn Angela einmal an einem Mann zu arbeiten begann, gab es in dieser Hinsicht keine Bessere als sie. Zuerst kamen diese versteckten Hinweise darauf, wie einsam sie doch sei. Dann redete sie davon, wie gemein Fred Bulgatti zu ihr war und wie gut Joe aussah.

Sie forderte Joe auf, sie in ihrer Wohnung abzuholen, ließ dann die Tür unverschlossen, und wenn er hereinkam, rief sie ihm zu, daß sie im Schlafzimmer sei, und dort fand er sie splitternackt vor. Er rannte sofort hastig ins Wohnzimmer zurück. Die ganze Situation war viel zu verführerisch. Und viel zu gefährlich.

Joe hatte zwei Probleme damit. Erstens hatte er Angst, daß Gott ihn auf der Stelle tot umfallen ließe, wenn er das sechste Gebot übertrat. Und zweitens wußte er positiv und absolut, daß Fred ihn zu Hackfleisch verarbeitete, wenn er Angela auch nur anfaßte.

Andererseits wandte Angela wirklich alle Tricks an, um Joe zu sich ins Bett zu kriegen.

Die Frage war also: wer würde gewinnen?

Die Antwort war natürlich furchtbar einfach: Angela selbstverständlich.

Fred „Eispickel" Bulgatti saß beim Essen mit Angela. Er fragte: „Na, kommst du gut aus mit Joe?" „Ja, ja", machte Angela achselzuckend, „er ist ganz in Ordnung. Sehr helle ist er nicht, und besonders gut sieht er auch nicht aus."

„Soll ich dir vielleicht einen anderen als Leibwächter schicken?" fragte Fred.

."Nein, nein", sagte Angela, „das ist nun auch nicht notwendig. Joe macht seine Sache ja ganz gut."

„Denkst du immer noch, es ist einer hinter dir her?" „Da bin ich ganz sicher. Wir haben zwar noch keinen gesehen, aber ich spüre es einfach genau. Jedenfalls fühle ich mich mit Joe sehr viel sicherer."

„Gut", sagte Fred. „Dann lasse ich ihn dir noch drei Tage, und dann wechseln wir ihn gegen einen anderen aus. Ich brauche Joe sowieso für eine Sache in Chicago." Drei Tage, dachte Angela. Da muß ich mich jetzt aber beeilen.

Am nächsten Morgen rief Angela bei Joe zu Hause an. Joes Frau war am Telefon.

„Ist Joe da?"

„Wer spricht denn da?"

„Hier ist Angela."

„Oh, Sie sind das. Sie hatten meinen Mann ja in letzter Zeit viel um sich."

Joes Frau machte sich aber nicht wirklich etwas daraus. Sie fand Joe schon seit geraumer Zeit langweilig und hätte alles mögliche getan, nur um ihn loszuwerden. „Augenblick", sagte sie. „Ich hole ihn." Joe kam ans Telefon. „Ja?"

Angela sprach mit schwacher Stimme: „Joe, mir geht es nicht gut. Könntest du gleich mal kommen? Ich glaube, ich brauche einen Doktor."

„Ja, sicher. Soll ich gleich mal einen Arzt rufen?" „Nein, nein, komm nur erst mal her."

„In Ordnung", sagte Joe. „Ich bin gleich da." Er legte auf und sagte zu seiner Frau: „Sie hört sich ja wirklich schlimm an."

Fünf Minuten später war er auf dem Weg zu Angela. Als er dort ankam, war die Tür wie üblich offen. Er dachte, daß es doch eigentlich recht seltsam sei, wenn jemand, der Angst vor Verfolgung hatte, die ganze Zeit die Tür nicht absperrte. Er hörte Angelas Stimme aus dem Schlafzimmer. „Ich bin hier, Joe."

Er ging hinein. Angela lag im Bett.

„Komm her zu mir", sagte sie mit schwacher Stimme.

Joe war beunruhigt. Sie klang wirklich besorgniserregend.

„Mir ist so heiß", sagte Angela. „Fühl mal meine Stirn."

Er kam an ihre Bettseite und legte seine Hand auf ihre Stirn.

Sie fühlte sich tatsächlich heiß an.

„Sie haben Fieber, glaube ich", sagte Joe.

„Ich habe Angst", flüsterte Angela. „Ich mag nicht allein sein, wenn ich krank bin. Fred läßt mich dauernd allein. Er macht sich nicht wirklich etwas aus mir:"

„Das dürfen Sie nicht sagen", widersprach Joe. „Das tut er sehr wohl." Er hätte ihr erzählen können, wie sehr Fred sich etwas aus ihr machte, indem er Sorge trug, daß jeder, der überhaupt nur an Angela dachte, so peinvoll wie nur möglich umgebracht wurde.

Angela nahm Joes Hand und zog ihn zu sich auf das Bett nieder. „Du bist nicht wie Fred", flüsterte sie ihm zu. „Du bist gefühlvoll und wunderbar und siehst gut aus." Und sie führte seine Hand an ihre Brust. Er versuchte, sie wegzuziehen.

„Was ist, magst du mich nicht?" fragte Angela. „Weißt du denn nicht, daß ich ganz schrecklich verliebt in dich bin?" „Angela", sagte Joe ganz nervös, „Sie können doch nicht in mich verliebt sein, Sie gehören Fred."

„Ich gehöre gar keinem", sagte Angela. „Dir möchte ich gehören."

„Aber das ist unmöglich! Fred brächte uns beide um, würden wir etwas miteinander anfangen. Das weiß ich ganz genau. Er zerstückelt gern Leute in kleine Scheiben." Er versuchte, sich aufzurichten. „Ich muß weg hier." Aber sie hielt ihn zurück. „Du willst wirklich gehen?" Sie zog ihre Bettdecke weg, und da lag sie ohne etwas an. Absolut nichts hatte sie an.

Joe betrachtete sie und alles begann sich um ihn zu drehen. Sie streichelte ihn jetzt sogar noch und zog ihn immer näher.

„Mein Liebling. Ich bin verrückt nach dir. Nimm mich!" Na ja, und bedauerlicherweise war Joe nun auch nicht aus Holz. Sein Widerstand war total gebrochen. Er riß sich in Windeseile die Kleider vom Leib.

Zum Teufel damit, dachte er, Fred erfährt es ja nicht.. Und was das Übertreten des sechsten Gebots angeht, so wird Gott ja wohl mit anderen Sündern genug zu tun haben, daß er nicht ständig nur auf mich aufpaßt.

In fünf Sekunden war er bei Angela im Bett, und sie schlang die Arme um ihn. Und er dachte: Das ist das Tollste jetzt, was ich jemals erlebt habe.

Aber in diesem Moment donnerte die Stimme von Fred „Eispickel" Bulgatti hinter ihnen: „Aha! Also habe ich euch erwischt!"

Joe fuhr hoch, und da stand Fred neben dem Bett und sah zornig auf ihn herab.

Man sagt, daß, wenn jemand ertrinkt, sein ganzes Leben noch einmal blitzschnell an ihm vorüberzieht. Joe war nicht am Ertrinken, aber trotzdem begann sein ganzes Leben noch einmal blitzschnell an ihm vorüberzuziehen. Und er fragte sich, was ihm Fred wohl als erstes abschneiden würde. Er war sich allerdings auch ziemlich sicher, was es wäre. Fred stand da und war puterrot im Gesicht vor Wut. „Zieht euch an", schrie er, „alle beide."

Angela hatte Todesangst. Sie wußte gut genug, wozu Fred fähig war. Aber ihr Entsetzen war nichts verglichen mit dem, was Joe empfand. Er war kaum imstande, aus dem Bett zu taumeln und sich anzuziehen.

Fred behielt sie beide unentwegt im Auge. „Mein Mädchen und mein bester Freund!" sagte er.

Joe beschloß bei sich, daß er, wenn er schon sterben mußte, dann genausogut wie ein Mann sterben konnte... „Gib Angela keine Schuld", sagte er, „es war allein meine Schuld. Ich habe sie gezwungen.. ."

„Halt den Mund!" fuhr ihn Fred an. „Du redest nur, wenn du gefragt wirst."

Und er wandte sich an Angela. „Du kleine Schlampe, du! Nach allem, was ich für dich getan habe!"

Als sie beide angezogen waren, sagte Fred drohend: „Mein Wagen steht draußen. Wir machen eine Fahrt."

Joe war durchaus klar, daß dies das Ende bedeutete. Gott tötete ihn nun tatsächlich dafür, daß er das sechste Gebot gebrochen hatte. Nichts konnte ihn jetzt mehr retten.

Angela sagte: „Fred, Liebling, es ist doch alles anders, als es aussieht. Wir wollten doch nur..."

„Ich habe gesehen, was ihr getan habt", sagte Fred.

, „Aber -"

„Und du hältst jetzt ebenfalls den Mund. Los jetzt." Er ging hinaus zu seinem .Wagen, einer langen, schwarzen Limousine. Am Steuer saß einer von seinen Mafialeuten. Fred schob Joe und Angela hinein auf den Rücksitz. „Los", sagte er zum Fahrer.

Joe zitterte vor Angst. Es war ihm klar daß dies seine letzten Augenblicke auf Erden waren und daß er in kleine Stücke zerhackt und den Fischen zum Fraß vorgeworfen würde. Aber er brachte doch noch einige Worte heraus. „Wohin bringst du mich?"

„Du sollst das Maul halten, habe ich gesagt", fuhr ihn Fred an. Der Rest der Fahrt verlief in Schweigen. Joe schien, als, führen sie stundenlang, und er war sehr überrascht, als er merkte, daß sie in Las Vegas ankamen. Was denn, sollte er in Las Vegas umgebracht werden?

Der Wagen hielt vor einer der Hochzeitskapellen. Joe wurde immer verwirrter.

„Aussteigen!" kommandierte Fred.

Angela und Joe stiegen aus. „So", sagte Fred, „jetzt will ich euch die Situation erklären."

Er blickte Joe in die Augen. „Ich sollte dich eigentlich umbringen", sagte er. „Du warst mein Freund und ich habe dir vertraut. Aber weil ich ein weichherziger Mensch bin, lasse ich dich leben."

Joe traute seinen Ohren nicht.

Nun wandte Fred sich an Angela. „Auch dir", sprach er, „habe ich vertraut, aber du warst mir untreu. Doch auch dir vergebe ich. Weißt du aber auch, warum? Weil ich tief im Herzen überzeugt bin, daß ihr alle beide nicht anders konntet. Ihr habt euch verliebt und konntet dem, was geschah, einfach nicht widerstehen."

Auch Angela starrte Fred nun völlig ungläubig an. „Weil ich also, wie gesagt, so ein weiches Herz habe, schenke ich euch beiden das Leben."

Er wandte sich wieder an Joe. „Ihr beide werdet jetzt heiraten." „Aber ich kann Angela nicht heiraten", sagte Joe. „Ich habe doch schon eine Frau."

„Darüber mach dir mal keine Sorgen" informierte ihn Fred. „Die ist gerade jetzt eben bei Gericht und läßt sich von dir scheiden."

Joe war derart in Panik, daß er sich nicht einmal fragte, wie denn das zuging, daß alles so rasch arrangiert war, und wieso seine Frau eine Scheidung bekommen konnte, während er gleichzeitig bereits Angela heiratete.

Er hätte das alles sehr viel besser verstanden, wenn er von dem Gespräch gewußt hätte, das am Tag zuvor stattgefunden hatte. An diesem Tag zuvor sprach Fred in seinem Büro mit einem seiner sogenannten Leutnants.

„Ich muß dieses Weib, die Angela, loswerden", hatte Fred gesagt. „Die treibt mich zum Wahnsinn. Ständig verlangt sie mehr und mehr. Jetzt hat sie schon allen Schmuck und alle Pelze der Welt und immer noch kriegt sie den Hals nicht voll."

„Ja, aber wie soll man sie loswerden, ohne ihre Gefühle zu verletzen"

Doch Fred wußte die Antwort darauf schon. „Dazu benutze ich Joe", sagte er. „Ich ahne nämlich, daß Angela versucht, ihn zu sich ins Bett zu kriegen." „Denkst du denn, er tut es?"

„Spinnst du oder was? Selbstverständlich tut er es. Den Mann, den Angela nicht herumkriegen würde, gibt es nicht. Ich habe ein Auge auf ihre Wohnung, und sobald es passiert, überrasche ich sie beide. Dann zwinge ich ihn, sie zu heiraten und veranlasse seine Frau, sich von ihm scheiden zu lassen, und alles ist in bester Butter. Außerdem habe ich eine neue Freundin, eine tolle Schönheit."

So kam es, daß Joe Smith sich mit der schönen Angela verheiratet und von seiner Frau, die er haßte, geschieden fand. Und das alles, wenn man es sich überlegt, dachte Joe, weil ich das sechste Gebot übertrat: Du sollst nicht ehebrechen.

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