12. In Thetis Dome

Endlich dockten wir in Thetis an.

Die Isle of Spain tropfte förmlich aus der Dunkelheit in eine leuchtende, sehr flache Ebene aus blauem Schlamm. Wir ankerten auf der üblichen metallenen Plattform.

Westlich von uns lag Thetis. Die schimmernde Kuppel wölbte sich hoch in das dunkle Wasser. Östlich und nördlich lagen zerklüftete schwarze Hügel, im Süden eine Tiefe, und an ihrem Rand war ein phosphoreszierendes Tal mit seltsamen fließenden Dingern, die wie Ranken und dicken, großen Gebilden, die wie Bäume aussahen. Sie sahen wie Ranken und Bäume aus, doch ich sollte bald herausfinden, daß sie's nicht waren. Hier in dieser Tiefe gab es keine Vegetation, und die entzückenden Blüten und seilartigen Lianen waren Tiere, keine Pflanzen.

Ich ging von Bord, holte mein Gepäck ab und begab mich sofort zu Faulkners Büro.

W-17, S-469, Ebene 9 — die Adresse kannte ich auswendig. Sie hatte auf dem langen blauen Umschlag gestanden, in dem der Scheck meines Onkels angekommen war.

Vom Lift stieg ich direkt in einen großen Warteraum unter den Docks, der aus dem lebenden Felsen unter dem Meeresboden gehauen war. Er war hell mit dem kalten, violetten Troyon-Licht erleuchtet, vollgepackt mit den von Bord gegangenen Passagieren, mit Zollbeamten und vielen anderen Leuten. Mir erschien es fast unbegreiflich, daß sich vier Meilen hoch die See über uns auftürmte.

Ich fand eine Rollbahn, die in die richtige Richtung führte, und damit wurde ich sehr schnell durch einen langen Tunnel getragen. Ich fand dann die Liftreihe, die ich gesucht hatte, und bald war ich auf Ebene 9. Als ich den Lift verließ, trat ich in eine breite Straße hinaus.

Auch hier war es strahlend hell vom violetten Troyon-Licht, und viele Menschen waren unterwegs. Das war nun mein erster Blick auf eine Stadt von Marinia, und wenn ich offen bin: sehr begeistert war ich nicht. Die Leute schienen sehr grob und waren nachlässig gekleidet. Ich sah zahlreiche scharlachrot ge-kleidete Seepolizisten, die sich rasch und zielbewußt durch die Menge bewegten. Die Gebäude, die sich zu einer Höhe von einigen Dutzend Fuß erhoben, um die nächste Ebene zu stützen, waren schäbiger, als ich mir vorgestellt hatte.

Natürlich war es nicht die Schuld Marinias selbst, und ich war mir auch klar darüber, daß dies nicht typisch sein konnte, um so mehr als ich dann die breiten, schönen. Wohnebenen zu sehen bekam, die Viertel mit den riesigen, eleganten Verwaltungsgebäuden. Ebene 9 war so etwas wie ein Niemandsland zwischen Fabrik-und Lieferviertel weiter unten und den Verwaltungsund Wohnebenen darüber.

Und Faulkners Büro lag in einer besonders unschönen Nachbarschaft.

Es war in einem Gebäude mit einer langen nach oben führenden Treppenflucht. Am Kopf dieser Treppe kam ich in einen dunklen, niederen Raum, der nach Staub und abgestandener Luft roch. Unter der einzigen Troyon-Röhre standen zwei schmutzige Stühle und ein uralter, zerschundener Tisch. Das war alles.

In einem Stuhl hinter dem Tisch lehnte ein riesiger Mann. Die Füße hatte er auf den Tisch gelegt, und die knochigen Hände waren hinter seinem struppigen Kopf verschränkt. Der Mund war offen und zeigte gelbe Zähne. Das dunkle Gesicht wies viele Narben und Falten auf. Er schnarchte laut.

Ich hüstelte. »Guten Tag«, sagte ich.

Der Mann ließ die Füße auf den Boden fallen und blinzelte mich an. »Eh?« fragte er, dann klärten sich seine Augen.

»Was wollen Sie?« fragte er verdrossen.

»Ich möchte zu Mr. Wallace Faulkner«, erklärte ich ihm.

Der große Mann schüttelte den Kopf. »Nicht da.«

»Wann wird er erwartet?«

»Weiß nicht. Kommt heute nicht mehr.«

»Es ist aber sehr wichtig, daß ich ihn sehe. Wo kann ich ihn jetzt finden?«

»Kommen Sie morgen wieder«, knurrte der Mann. »Wer sind Sie?«

»James Eden«, antwortete ich.

Ich dachte, die Augen des großen Mannes seien erstaunt größer geworden, doch er sagte nur: »Ich bestell's ihm.«

Das gefiel mir alles nicht — der Schmutz, das elende Büro, mein Eindruck von Faulkner, gewonnen aus seinen Briefen und Radiogrammen. »Sir«, versuchte ich es noch einmal, »ich muß Mr. Faulkner ganz dringend sprechen. Gibt es denn gar keine Möglichkeit, ihn heute irgendwo zu erreichen?«

»Ich hab's Ihnen doch schon gesagt, es geht nicht«, knurrte der andere. »Kommen Sie morgen. Gleich in der Frühe. Verstanden?«

Also konnte ich nur gehen, und um dies zu unterstreichen, schwang er wieder seine Füße auf den Tisch, lehnte sich zurück und machte sich daran, den unterbrochenen Schlaf fortzusetzen.

Ich verließ das Büro und ging die Treppe hinab. Auf halber Höhe blieb ich stehen, denn ich glaubte meinen Namen gehört zu haben.

Einen Augenblick blieb ich stehen und lauschte, aber ich wurde nicht gerufen, sondern ich gewann den Eindruck, daß der Große sehr nachdrücklich meinen Namen einem anderen gegenüber erwähnte.

Also kehrte ich wieder um. An der Tür hörte ich dann: » . . . Eden. Bis morgen früh dann.« Der Telefonhörer wurde auf die Gabel geknallt. Ich wartete, hörte aber nichts mehr, bis der Mann wieder zu schnarchen anfing. Jetzt schlief er, aber er hatte meinetwegen jemanden angerufen. Und das gefiel mir alles absolut gar nicht...

Wenn ich Faulkner erst am nächsten Morgen sehen konnte, hatte ich fast einen ganzen Tag Zeit, die ich verbringen konnte, wie ich wollte. Ich konnte mich in Thetis umschauen und alle Wunder der Hauptstadt von Marinia kennenlernen.

Allmählich wich die Bedrückung von mir. Einen Polizisten bat ich, mir ein Hotel zu empfehlen. Er zählte einige auf und beschrieb mir, wie ich hinkommen könnte und wo es ein Telefon gab, um mich anzumelden.

Das Telefon war in einer Kneipe. Die Gäste schienen die gleichen groben Leute zu sein, die sich in den Straßen drängten, aber ich brauchte nicht mit ihnen zu trinken. Ich fand die Telefonkabine und rief das erste Hotel an, das der Polizist mir genannt hatte.

Der Mann vom Empfang war höflich und kurz. Sie hatten ein Zimmer frei, das sie für mich reservieren wollten. In einer Stunde sollte ich da sein, sobald ich mein Gepäck abgeholt hatte.

Als ich zur Tür ging, drehte sich ein großer, magerer Mann an der Bar so schnell um und trat vor mich, daß ich nicht rasch genug reagieren konnte; ich streifte ihn etwas, und er verschüttete ein paar Tropfen von seinem Drink.

,,He, aufpassen, Mac!« knurrte er mich an.

»Entschuldigen Sie«, bat ich und wartete, bis er zur Seite trat, doch das tat er nicht. Er stellte seinen Drink ab und rückte noch näher an mich heran.

»He, du meinst wohl, der Platz gehört dir?« herrschte er mich an. »Bloß 'reinkommen zum Stänkern, was?«

Er schien einen Streit direkt zu suchen. Ich fürchte mich davor nicht, aber eine Kneipenschlägerei war nicht gerade das, womit ich meinen ersten Tag in Thetis verbringen wollte. »Entschuldigen Sie«, sagte ich. »Es war nicht meine Absicht, Sie anzurempeln. Wollen Sie mich jetzt vorbei lassen?«

Das schien er als persönliche Beleidigung zu empfinden. »Dich vorbei lassen? Ihr Landratten glaubt wohl, ihr könnt auf uns 'rumtrampeln wie ihr wollt, was? Aber da habt ihr euch getäuscht.« Er stand jetzt so nah vor mir, daß er mich berührte.

Na, gut. Es sah nach Rauferei aus. Ich trat also einen Schritt zurück, um mir Raum zu verschaffen.

,,He, Kelly, was ist da los?« hörte ich einen rumpelnden Baß fragen. »Will dir dieser kleine Junge ans Leben?«

Das war der Seepolizist, den ich um Auskunft gebeten hatte. Groß und breit stand er unter der Tür. Sein Ton klang humorvoll, aber so schaute er nicht drein. Der Magere faßte es auch nicht so auf. Schnell schätzte er die Lage ab. ,,Ah, ihr Cops geht mir auf die Nerven«, sagte er. »Warum kümmert ihr euch nicht um eure eigenen Sachen?«

Die Augen des Polizisten funkelten gefährlich. »Na, schön, mein Sohn«, sagte er. »Wenn du hier 'raus willst, dann komm mit mir.«

Ich ging an Kelly vorbei, ohne ihn anzuschauen. Der Polizist schloß hinter uns die Tür.

»Hab' mir gedacht, daß du hier Ärger kriegst. Kaum hatte ich dich zum Telefon geschickt, da dachte ich mir, Shaughnessy, sagte ich zu mir, der Junge paßt nicht in die Kneipe. Also hab' ich nachgeschaut, was los ist.«

»Vielen Dank«, sagte ich. »Allerdings glaube ich, es hätte keine großen Schwierigkeiten gegeben.«

Für mein Gepäck brauchte ich nur ein paar Minuten, und damit beladen studierte ich die Straßen- und Ebenenbezeichnungen, um den besten Weg zu meinem Hotel zu finden.

Ich hätte wohl besser jemanden gefragt, aber ich mag nicht gern, wenn ich mich selbst als unwissend hinstellen muß.

Endlich kam ich zu dem Entschluß, ich würde wohl am besten durch eine schmale Verbindungspassage gehen zu einer anderen Bank von Expreßlifts, und von dort aus konnte ich ohne Aufenthalt zum Stockwerk 18 gebracht werden, wo das Hotel lag.

Ich machte mich auf den Weg und stöhnte ein wenig unter der Last meines Gepäcks. Ich mußte zwischen Lagerhäusern durchgehen. Hier waren nur wenige Mensehen zu sehen; ich nehme an, es ist so wie auf der Erdoberfläche, daß die geschäftige Zeit bei Lagerhäusern die frühen Morgenstunden sind. Natürlich spielte vier Meilen unter der Wasseroberfläche der Tag keine besondere Rolle; er war genauso künstlich beleuchtet wie die Nacht. Mir schien nur, die Troyonlampen flackerten ein wenig heftiger als vorher und waren etwas schwächer. Die Fronten der Lagerhäuser warfen verzerrte Schatten. Einige schienen sogar lauernden Menschengestalten zu ähneln.

Und die gab es auch.

Ich fand es zu meinem Leidwesen heraus; an einer Kreuzung stellte ich meine Koffer ab, denn ich wußte nicht recht, welche Richtung ich nun einschlagen sollte. Ich hörte Schritte hinter mir, die plötzlich schneller wurden, als gehe einer zum Angriff über. Mehr aus Neugier denn aus Angst drehte ich mich um.

Zu spät. Etwas Hartes schlug an meine Schläfe — und das war für einige Zeit alles.

Als ich aufwachte, lag ich auf dem kalten, glatten Metallboden eines völlig dunklen Raumes. Meine Fußknöchel waren zusammengebunden, um die Taille hatte ich eine Schnur, und meine Handgelenke waren damit an meinen Körper gebunden. Die Knoten waren so scharf angezogen, daß mein Blut nicht mehr richtig zirkulieren konnte und meine Hände und Füße völlig taub waren.

Ich sah nichts und hörte nichts. Es roch nach Keller, abgestanden und muffig. Wo in Thetis konnte ein solcher Raum sein?

Da ich es nicht ahnte, gab ich meine Vermutungen auf. So kühl und leidenschaftslos wie nur möglich versuchte ich meine Lage abzuschätzen. Panische Angst, hatte man uns beigebracht, sei der allerschlimmste Feind, und überläßt man sich ihr, kann sich eine böse Lage nur verschlimmern.

Und im Sonnenschein der Karibik hatte alles so harmlos geklungen!

Genau hatten sie uns allerdings nie gesagt, was man tun sollte, wenn man von unbekannten Personen gefesselt und in einem unbekannten Raum festgehalten wurde. Mir erschien alles im Moment lächerlich. Ich hatte doch keinem Menschen etwas getan. Warum war ich also angegriffen worden?

Die wichtigste Frage war im Augenblick jedoch nicht das Warum, sondern das Wie: wie ich aus dieser Lage wieder herauskommen konnte. Ich schien da wenig tun zu können. Wer mich gefesselt hatte, der hatte vorher von einem Meister in dieser Kunst Unterricht erhalten.

Einen Arm konnte ich eine Kleinigkeit bewegen. Und fände ich etwas, um die Schnüre daran zu wetzen, so wäre es denkbar, daß ich sie ausfransen konnte. Es war natürlich, gefesselt wie ich war, gar nicht so einfach, in dieser Finsternis etwas zu finden, doch ich machte den Versuch.

Es war umsonst. Der Boden war eben und nackt. Und die Knoten konnte ich nicht erreichen.

Vielleicht überließ ich mich in diesem Moment ein wenig der Verzweiflung, ich weiß es nicht, aber ich warf mich heftig herum — und spürte, daß die Schnur um meine Taille ein wenig nachgab.

Nun war meine rechte Hand ein wenig hinter mir, die linke vor mir. Wieder zerrte ich an der Schnur, wieder gab sie eine Spur nach.

Vermutlich brauchte ich dazu mindestens eine halbe Stunde, aber schließlich hatte ich die linke Hand an meiner Gürtelschließe. Und den Seegeistern sei Dank, ich trug meinen Akademiegürtel mit den scharfen Ankern an der Schnalle.

Es war die beste Hoffnung, die ich hatte, und nun sägte ich die Schnüre an den scharfen Ankern praktisch durch. Ich dachte schon, mir würden die Arme abbrechen, aber nun hatte ich doch wieder Hoffnung, mich nach einiger Zeit befreien zu können.

Doch genau da lief meine Zeit ab. Hinter mir hörte ich ein leises Klicken, ein schwaches Licht drang in den Raum. Ich sah nur das, was direkt vor meinen Augen war — glatte Metallwände, an denen ein dünner Film Feuchtigkeit hing, nichts sonst. Aber jemand hatte hinter mir eine Tür geöffnet.

Ich blieb bewegungslos liegen. Leise Schritte. Pause. Dann zogen sich die Schritte wieder zurück. Die Tür klickte. Dann Finsternis. Jemand war also gekommen, hatte nach mir geschaut und war wieder gegangen. Was dies zu bedeuten hatte, wußte ich nicht, aber vielleicht hatte man nachgesehen, ob ich schon bei Bewußtsein war. Hoffentlich hatte ich denjenigen getäuscht.

Ich rieb erneut, aber nur ganz kurze Zeit, denn die Tür ging wieder auf, doch die Schritte waren diesmal nicht leise.

Hinter mir waren etliche Männer, und sie sprachen miteinander, ohne die Stimmen zu verstellen.

»Klar, er ist wach«, sagte einer der Männer. »Jack, gib ihm einen Tritt, dann siehst du's schon.«

Das tat Jack, und er trat mich an das rechte Schulterblatt. Zum Glück wurde mir kein Knochen gebrochen, aber mir hatte es auch so gereicht, denn ich flog ein ganzes Stück weit und kam auf die andere Seite zu liegen, so daß ich die Männer anschaute.

Der Mann, der mich getreten hatte, war ein breiter Kerl mit einem Gesicht wie eine Kröte. Ich hatte ihn vorher noch nie gesehen. Auch den zweiten nicht, doch den dritten kannte ich. Es war Kelly, der in der Kneipe der neunten Ebene mit mir hatte raufen wollen.

»Was soll das alles?« fragte ich angestrengt durch einen Nebel des Schmerzes. »Was ...«

»Maul halten«, fauchte Kelly mich an. »Jack, wenn er seine Klappe wieder aufmacht, trittst du ihm die Zähne ein. Komm, hilf mir.«

Kelly trat zurück und schaute ausdruckslos drein, als Jack und der andere Mann mich aufhoben und aus dem Raum hinaustrugen, einen schwach erhellten Korridor entlang.

»Kelly, das gefällt mir gar nicht«, sagte der Mann zu meinen Füßen. »Angenommen, die Seecops kommen vorbei?«

»Angenommen, der Mond fällt auf uns?« höhnte Kelly. »Du wirst nicht fürs Denken bezahlt. Jack hat sich nach den Cops umgesehen. Er sagt, auf der ganzen Ebene war nicht ein einziger Patrouillenjeep zu sehen.«

»Richtig«, gab Jack zu. Dieser Jack machte nicht viel Worte. Ich tat den Mund auf, um etwas zu sagen, aber das plötzlich in seinen Augen aufflammende Interesse gab mir zu denken. Sie schleppten mich noch ein Stück weiter, dann ließen sie mich fallen.

»Okay«, knurrte Kelly. »Haut ab. Ich brauch' euch nicht mehr.«

Die beiden verschwanden eiligst. Kelly kam näher und bückte sich neben mir, fummelte auch auf dem Boden herum, und ich hörte etwas laut klirren, konnte aber nichts sehen.

»Na, gute Reise«, sagte er grinsend. Kalte, feuchte Luft schlug mir entgegen. Kelly hob den Fuß, um nach mir zu stoßen, und da wurde mir klar, was er getan hatte. Er hatte eine Falltür geöffnet, und unter ihr lagen die Abwässertunnel von Thetis!

Als sein Fuß herabkam, warf ich mich in meiner Verzweiflung herum, und die Schnur, die um mein linkes Handgelenk gelegen hatte, riß. Es war aber zu spät. Sein Fuß traf mich schmerzhaft in die Seite und warf mich über den Metallrand. Ich fing mich zwar, doch eine taube Hand reichte nicht zum Festhalten.

Ich stürzte in das eisige, schnellfließende Wasser. Einen Augenblick lähmte mich die Kälte, und ich sank tief hinab. Doch dann arbeitete ich mich wieder in die Höhe. Irgendwie kam ich an die Oberfläche, schwamm, hustete und keuchte und bekam kalte, feuchte Luft in meine Lungen, als ich mit einiger Geschwindigkeit von der Flut mitgerissen wurde.

Fast hätte ich nun aufgegeben, aber etwas in mir ließ das nicht zu. Jedenfalls strampelte und schwamm ich, so gut ich konnte, denn ich wollte wenigstens solange am Leben bleiben, bis ich zu den Ventilatorpumpen kam.

Dort würde mein Leben sowieso zu Ende sein, denn dem Druck dieser mächtigen Pumpen konnte ich doch nicht widerstehen.

Trotzdem kämpfte ich weiter.

Da sah ich ein Licht. Es war sehr schwach, sehr weit entfernt, und ich sah es durch den Salzwasserschleier. Ich blinzelte, schaute wieder — es kam näher. Es war ein schwaches Flakkern auf einer Rampe neben dem Abwässerstrom.

Es war ein tragbares Troyon-Licht, daneben ein Mann, der ins Wasser schaute.

Ich versuchte zu rufen, doch ich brachte nur ein Gurgeln heraus. Vielleicht hatte er mich gehört. Vielleicht war es auch nur Zufall, daß er in die Richtung schaute, in der ich kämpfte. Aber ich hörte seinen Schrei, und ich fand sogar den Atem, ihm eine gehustete Antwort zu geben.

Er handelte blitzschnell. Kaum hatte er mich gesehen, da wurde ich schon an die Rampe getrieben, auf der er stand. Einen Moment später wäre ich nicht mehr zu retten gewesen. Aber als ich an ihm vorbeischwamm, griff er mit einer langen Stange nach mir.

Etwas Scharfes hakte sich in meine Schulter. Die Haut riß auf, und der Bootshaken glitt über meinen Rücken und den Oberarm. Meine Jacke riß auf, noch ein Stück — und hielt.

Er half mir auf die Rampe hinauf und stellte mich auf die Beine. Keuchend lehnte ich an der Wand. Er grinste mich an.

»Mensch«, sagte er, »du hast dich wohl sehr nach einem kalten Bad gesehnt. ..«

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