13. Der Eremit von Kelly's Königreich

»Danke«, sagte ich dafür, daß er mir das Leben gerettet und das seine dabei riskiert hatte. Wäre er ausgeglitten und in das rasende Wasser gestürzt, hätten wir beide nicht überlebt. Ich konnte im Moment nichts anderes sagen als »danke«.

»Klar«, meinte mein Retter ganz selbstverständlich und musterte mich, während ich wieder zu Atem zu kommen versuchte. Er war ein großer, breiter, kohlschwarzer Neger mit freundlichen Augen, der den Kopf schüttelte, als er die Stricke an mir bemerkte. »Hm. Vielleicht bist du gar nicht zum Vergnügen geschwommen«, sagte er und grub aus seiner Hosentasche ein Messer aus.

Als das Blut wieder in meine Finger und Füße schoß, war dies ein scheußlicher, fast unerträglicher Schmerz, aber ich hätte nie gedacht, daß ich einen Schmerz so willkommen heißen könnte! Nun allmählich wagte ich an mein Glück zu glauben: ich lebte ja!

»Danke«, sagte ich noch einmal. »Du hast mir das Leben gerettet. Ich hoffe, ich kann dir das einmal vergelten.«

Er lachte leise. »Ich hoffe, das kannst du nie, mein Freund. Diese Art Vergeltung hätt' ich nicht gern. Komm, laß dir helfen.« Ich stützte mich auf ihn und hinkte ein paar Schritte dorthin, wo das Troyon-Licht lag. Es war eine kleine Röhre, und sie flackerte ziemlich schwach, als sei der Gasvorrat nahezu erschöpft. Ich sah mich um.

In der Rampe sah ich eine Nische, kaum kopfhoch und breit genug für einen Mann, um sich hineinzulegen. Ein paar abgenutzte Decken sah ich, etliche Bretter, die offensichtlich als Bett dienten, ein paar Packkisten. »Willkommen bei mir zu Hause«, sagte der Mann. »Ich heiße Gideon Park. Keine sehr elegante Wohnung, was? Aber du bist ein gerne gesehener Gast.«

»Mr. Park«, sagte ich allen Ernstes, »ich habe noch nie einen Platz gesehen, der mir besser gefallen hätte.«

Er lachte breit. »Kann ich mir denken. Aber wenn's dir nichts ausmacht, dann sag' Gideon zu mir. Den Namen bin ich besser gewöhnt. Deshalb hab ich ihn mir ja auch zugelegt. Getauft haben mich meine Leute Walter, aber wir waren elf, und da sind ihnen ordentliche Namen allmählich ausgegangen. Und wenn du's nicht vorziehst, die ganze Sache zu vergessen, dann könntest du die Neugier eines alten Mannes befriedigen. Wer hat dich denn so verschnürt?«

Ich schüttelte den Kopf. »Ich wollte, das wüßte ich, Mr. . . . Gideon, meinte ich. Einer namens Kelly, und ein anderer, der Jack hieß; mehr weiß ich nicht. Sie nahmen mir alles aus den Taschen, und ich denke, daß sie auch nicht mehr von mir wollten. Warum sie aber ausgerechnet mich herausgesucht haben, werde ich wohl nie erfahren.«

Gideon runzelte die Brauen. »Gibt eine Menge Kellys hier herum. Aber der eine ist wohl ein großer, magerer Kerl mit einem scheußlichen Naturell, was?«

»Ja, genau. Kennst du den etwa?«

Gideon nickte. »Tut mir leid, daß ich das sagen muß. Ist aber eine lange Geschichte. Du kannst von Glück reden, daß du noch am Leben bist.«

Das verdaute ich recht nachdenklich. Meine Finger und Zehen fühlten sich allmählich an, als könnte ich sie doch tatsächlich eines Tages wieder benutzen. Ich versuchte aufzustehen, doch meine Knie waren wie Griesbrei; allmählich gelang es mir aber. Ich spannte meine Muskeln und übte sie. Das tat zwar erst ziemlich weh, aber gebrochen schien nichts zu sein.

Natürlich war ich tropfnaß. Gideon und ich wurden uns darüber gleichzeitig klar. Er sagte: »Zieh mal das Zeug aus, Freund, dann mach ich ein kleines Feuer. Weil du schon nicht ertrunken bist, können wir auch dafür sorgen, daß du keine Lungenentzündung kriegst.« Er zerbrach ein paar dünne Bretter über den Knien, baute sie über einer altmodischen Zeitung auf und zündete das alles an. Es rauchte in der feuchten Luft, aber bald trieb das Feuer die Nässe aus dem Brennmaterial, und die Flammen züngelten hoch. Gideon hängte meine nassen Sachen nahe ans Feuer, und ich rückte auch näher, um die Wärme zu genießen. Er begann mit einigem Zeug zu klappern. »Wenn ich schon ein Feuer mach', könnten wir auch eine Tasse Tee trinken. Tut uns beiden gut.« Er stellte Wasser zum Kochen auf und hockte sich auf die Fersen. Er lachte, weil er wohl die Neugier in meinen Augen gelesen hatte.

»Du wunderst dich wohl, in welche Geschichte du da 'reingekommen bist?« fragte er. »Meine Siedlerstelle sieht wohl ein bißchen merkwürdig aus, was?«

»Zugegeben, ich bin ein bißchen neugierig.«

Gideon nickte. »Man lebt. Da kommt allerlei Zeug geschwommen. Thetis ist ziemlich tief unten, weißt du. Der Druck ist schrecklich. Sogar durch die Felsen sickert das Wasser. Deshalb muß immer gepumpt werden. Und weil sie das Wasser sowieso 'rauspumpen, werfen sie in die Kanäle auch gleich alles, was sie nicht mehr brauchen. Das meiste ist wertloses Zeug. Andere Dinge sind Kuriositäten — so wie du.« Er grinste breit. »Aber ab und zu kommt was vorbei, das ich verkaufen kann. Das fisch' ich 'raus und leg's zur Seite, und wenn ich genug hab', mach' ich die Reise in die Wohnebenen und verhökere das Zeug. Meistens krieg' ich genug, daß ich mir was zu Essen kaufen kann, Tee und andere Sachen .. . Und dann komm' ich wieder heim in Kelly's Königreich.«

»Wieso Kelly's Königreich?« wollte ich wissen. »Hat das mit dem Kelly zu tun, von dem wir vorher geredet haben?«

Gideon zuckte die Schultern. »Die untersten Ebenen haben sie schon vor dreißig Jahren so geheißen. Der Kelly, den du kennst, war damals vielleicht noch gar nicht geboren. Ich meine, er hat sich eher nach dem Platz genannt, nicht umgekehrt. Aber Namen, mein Freund, sind Angelegenheiten der Leute. Ich hab' mir meinen auch selbst ausgesucht. Und du hast auch einen Namen. Aber weil du ihn noch nicht gesagt hast, wird kein Gentleman dich in die Verlegenheit bringen, dich . . .«

»Oh, entschuldige, Gideon«, unterbrach ich ihn. »Ich heiße James Eden.«

Jetzt verschwand das Lächeln aus seinem Gesicht. »Was?« fragte er.

Ich blinzelte. »James Eden«, wiederholte ich. »Ich bin Stewart Edens Neffe. Vielleicht hast du von ihm gehört.« Er stand auf, schaute auf mich herab, und sein Gesicht war eine Maske. »James Eden«, sagte er, und dann kam lange nichts mehr.

Schließlich griff sein langer Arm zu mir herab, er packte meine Hand und zog mich auf die Füße. Ich erwartete schon einen Kampf, denn seine Miene konnte ich nicht deuten.

Aber sein Händedruck war warm und fest. »Jim, neun Jahre lang hab' ich für Stewart gearbeitet. Und lebte er noch, würd' ich jetzt noch für ihn arbeiten, wenn er mich haben wollte. Dein Onkel Stewart hat mir zweimal das Leben gerettet, und so, denke ich, sind wir für das zweite Mal quitt. Ich schulde dir nur noch eines. . .«

Das waren die ersten freundlichen Worte, die ich gehört hatte, seit ich Bob Eskow in New York verließ. Wie lange war das schon her! Die Akademie hatte mich hinausgeworfen, und mein Onkel Stewart war tot, und das ganze Tiefsee-Leben ... Ich war glücklich.

Das Wasser kochte, und Gideon brühte Tee auf. Während wir vorsichtig an der heißen Flüssigkeit nippten, erzählte er mir, was er über meinen Onkel wußte. Gideon selbst war ein Grundgeher gewesen, einer jener tollkühnen Männer, die in Tiefsee-Ausrüstung unter ungeheurem Druck durch den Bodenschlamm wateten. Er hatte für Onkel Stewart in den Mountains of Darkness geschürft, Testlöcher für Öl gebohrt, Seite an Seite mit ihm nach Perlmuscheln und den kostbarsten aller Perlen in den Kadang-Betten gesucht. Als Onkel Stewart seine anderen Holdings veräußerte, um sich auf Marine Mines Ltd. zu konzentrieren, hatte Gideon keinen anderen Job annehmen wollen. Er war hinabgegangen in Kelly's Königreich, um Schätze aus den Kanälen zu bergen und zurückzukehren, sobald Onkel Stewart ihn brauchte.

Aber Gideon wußte wenig von Marine Mines; ich fragte natürlich, aber er konnte mir nichts sagen.

Seit Onkel Stewarts Tod hatte Gideon versucht, Pläne zu machen, aber gelungen war ihm das nicht. Jeder Plan ging davon aus, daß er für meinen Onkel arbeiten wollte. Ich bot ihm sofort einen Job an mit Pflichten, die ich selbst noch nicht umreißen konnte, und einen Lohn, wie er ihn für angemessen hielt, solange mein Geld reichte.

»Du redest genauso wie dein Onkel«, brummte er. »Ich hab' ihm angeboten, daß ich keinen Lohn will, aber das wollte er nicht. Du sorgst dafür, daß wir beide zu essen haben und nicht wegen Herumtreibens mit dem Gesetz in Konflikt kommen, und mehr will ich nicht, bis wir alles schön in die Reihe gekriegt haben.«

Ich war erschöpft und konnte nicht mehr länger wach bleiben. Gideon legte einige Decken auf die Bretterplattform, und ich schlief sofort ein.

Als wir aufwachten, machte Gideon wieder Tee und brachte etwas zu essen. Meine Kleider waren nun trocken, nur sahen sie nicht sehr schön aus. Kelly und seine Komplizen hatten meine Taschen durchwühlt, aber das Geld hinter meiner Gürtelschließe nicht gefunden. Gideon und ich gingen also einkaufen.

Als wir für die Reise gekleidet waren, wurde es Abend. Die Troyon-Lichter machen keinen Unterschied zwischen Tag und Nacht, aber wir waren müde, und da jeder Mensch Schlaf braucht, hielten sich die Tiefsee-Städte an den Zeitrhythmus der Welt oben. Ich rief Faulkners Büro an in der Hoffnung, ihn vielleicht zufällig zu erwischen, bekam aber keine Antwort. Gideon und ich verbrachten daher den Abend damit, die Sehenswürdigkeiten von Thetis zu besuchen. Das war ein sehr vergnügliches, entspannendes Erlebnis. Ich war wieder mit der Welt ausgesöhnt, als wir schließlich in einem sauberen, bescheidenen und gemütlichen Gasthaus zu Bett gehen konnten, einem Haus, das er mir empfohlen hatte.

Es war das letzte Mal für einige Zeit, da ich mit der Welt in Frieden lebte ...

Am nächsten Morgen ging ich direkt zu Faulkners Büro. Wieder nahm ich erst den Lift, dann stieg ich die lange, dunkle Treppe hinauf und betrat den niedrigen Raum.

Diesmal war der häßliche Kerl hinter dem Tisch wach; er las ein Nachrichtenblatt, seine Füße lagen wieder auf dem Tisch.

Als er mich sah, wurden seine Augen immer größer und ungläubiger, und schließlich fiel ihm die Kinnlade herab. Endlich erholte er sich von seiner Verblüffung. »Sie«, brummte er, aber seiner Miene nach zu urteilen hatte er einen Geist gesehen.

»Ja, ich«, sagte ich. »Ist Mr. Faulkner jetzt da?«

Sein Neandertalgehirn suchte offensichtlich nach einer Entscheidung. »Ich schau mal nach«, sagte er schließlich unsicher.

Erstaunlich geschickt stemmte er seinen schweren Körper in die Höhe, rollte seine Massen durch den Raum und verschwand durch die Tür, auf der Faulkners Name stand. Ich wartete lange; endlich kam er heraus und schnarrte: »Sie können 'rein.«

Der Raum, den ich jetzt betrat, war etwas größer als der des Neandertalers, aber ebenso dunkel und niedrig. An den Wänden standen zahllose Bücher in Regalen, viele alte Bände mit zerschlissenem Ledereinband. Die Luft roch nach Staub, Moder und trockener Verwesung.

Faulkner saß unter einer trüben Troyon-Leuchte und sah mir kalt entgegen. Er war mittelgroß, mitteldünn, mittelblaß und verrunzelt, mittelalt und recht nichtssagend. Sein schwarzer Anzug war für einen erfolgreichen Anwalt recht abgetragen und nicht besonders sauber. Seine Augen hinter den dicken Brillengläsern waren hart.

»Mr. Faulkner?« fragte ich.

Er saß da, als habe er einen Stock verschluckt. »Ja, der bin ich«, antwortete er barsch. »Und Sie behaupten James Eden zu sein.«

Ich musterte ihn neugierig. »Der bin ich wirklich«, korrigierte ich ihn. »Sie haben mir ein paar Radiogramme wegen des Besitzes meines Onkels geschickt, Mr. Faulkner. Ich teilte Ihnen mit, ich würde selbst kommen, um mein Erbe anzutreten. Bekamen Sie meine Mitteilung?«

»Hm«, brummte er. »Warum haben Sie die Verabredung gestern nicht eingehalten?«

»Weil ich zusammengeschlagen und ausgeplündert wurde, Mr. Faulkner«, erwiderte ich gereizt. »Es tut mir leid, wenn Ihnen das ungelegen kam.«

»Hm«, brummte er wieder. Sein Gesicht drückte gar nichts aus. »Und was wollen Sie?«

»Nun, ich schrieb Ihnen doch, daß ich den Besitz meines Onkels zu übernehmen gedenke.«

»Nein, wirklich«, erwiderte er mißmutig. »Und wer war denn Ihr Onkel?«

Ich konnte nicht glauben, daß ich recht gehört hatte. »Mein Onkel Stewart Eden«, antwortete ich einigermaßen verwirrt. »Sie kannten ihn doch, Mr. Faulkner!«

»Ich kannte ihn. Aber Stewart Eden ist tot, junger Mann. Und außerdem möchte ich gerne einen Ausweis von Ihnen sehen.«

»Ich sagte Ihnen doch, Mr. Faulkner, daß ich ausgeraubt wurde!« fuhr ich auf. »Alle meine Papiere sind weg.«

»Hm«, machte er skeptisch.

»Was wirklich passierte«, erklärte ich nachdrücklich. »Ich...«

»Reicht schon, junger Mann«, unterbrach er mich scharf. »Hat keinen Sinn, darauf herumzureiten. Als Anwalt möchte ich Sie mit dem Gesetz bekanntmachen. Es ist ein schweres Verbrechen, sich als Erbe eines Besitzes auszugeben, um materiellen Gewinn zu erzielen. Mein Rat an Sie lautet also: Geben Sie's auf.«

»Was?« fragte ich verblüfft.

»Ich glaube, Sie haben mich recht gut verstanden. Sie sind nicht James Eden. Ich weiß nicht, wer Sie sind, aber das ist sicher, daß Sie nicht Eden sind.«

»Hören Sie, Mr. Faulkner!« rief ich. »Sie irren. Ich bin James Eden.« Er schrie: »Und ich sage, Sie sind's nicht! Hier, in diesem Büro, habe ich James Eden kennengelernt. Sie sehen ihm auch nicht ähnlicher als mir.«

»Was?« fragte ich ungläubig.

»Hochstapler!« schrie er. »Hinaus aus meinem Büro! Sofort! Und Sie können mir auf Knien danken, daß ich Sie nicht der Polizei übergebe!«

»Das ist lächerlich, Mr. Faulkner«, schrie ich nun auch. »Natürlich bin ich James Eden. Ich kann es beweisen.«

»Dann tun Sie's doch!« brüllte er.

Ich zögerte. »Nun, das wird etwas dauern. Ich muß meine Papiere in den Staaten neu anfordern.« »Lügner!« tobte er. »Ich habe hier in meinem Schreibtisch das Ausweisbuch des richtigen James Eden mit seinem Bild, den Fingerabdrücken und allem, was sonst noch dazugehört.«

»Sie .. . Was?« keuchte ich.

Er riß eine Schublade auf. »Da, schauen Sie selbst!« Er warf mir ein vertrautes rotes Büchlein entgegen, ich hob es auf...

Vertraut? Seit vielen Jahren hatte ich es mit mir herumgetragen. Es war nicht ein Duplikat meines Buches, es war das echte, bis zum letzten Eselsohr, Tintenklecks und verwischtem Eintrag.

Aber das Bild war nicht das meine. Der Mann war ein Fremder. Seine Beschreibung war nicht die meine.

Faulkner entriß mir das Buch. »Bishop!« brüllte er, und der Neandertaler rollte herein und musterte mich schmatzend. Zu mir sagte er scharf: »Hinaus!«

Was hätte ich sonst tun sollen?

Gideon hatte vielleicht die richtige Erklärung. »Dein Freund, Mister Faulkner, hat es vielleicht veranlaßt, daß man dich zusammenschlug und ausgeplündert hat«, meinte er. »Jim, er will dich so dringend aus dem Weg haben, daß er nicht mal vor einem Mord zurückschreckt.«

»Aber mein Ausweisbuch, Gideon!«

Er schüttelte den Kopf. »Jim«, erklärte er mir geduldig, »in Thetis gibt es genug Leute, die jedes Dokument der ganzen Welt fälschen können. Für einen, der sich in dem Geschäft auskennt, ist das nicht schwierig. Die Frage ist nicht ,wie', sondern ,warum'. Ich will nicht zu Schlüssen springen, aber einer erscheint mir sicher: Marine Mines Limited scheint viel wertvoller zu sein, als man dich glauben lassen wollte.«

Verstört schüttelte ich den Kopf. »Das kann doch nicht sein. Das ganze Gebiet liegt unterhalb der Tiefengrenze, und selbst wenn Onkel Stewart dort etwas gefunden haben sollte, dann gibt es noch immer keine Möglichkeit, es abzubauen.«

Gideon zuckte die Schultern. »Hast du eine bessere Idee?«

Die hatte ich natürlich nicht. Wortlos saßen wir eine Weile da. Dann sagte ich: »Nun, was soll ich tun? Zurückgehen und wieder aus Faulkners Büro hinausgeworfen werden?«

Gideon schüttelte den Kopf, und in seinen Augen blitzte ein Funken auf. »Nein, diesmal nicht, Jim. Erst siehst du zu, daß du hier in Thetis beim Konsul ein Duplikat deiner Papiere bekommst. Dann gehen wir zusammen zu Faulkner, du und ich. Und dann möchte ich sehen, wer da hinausgeworfen wird.«

Ich tat das, was Gideon mir geraten hatte.

Das Büro des Einwanderungsinspektors war auf Ebene Einundzwanzig, also dort, wo alle Regierungsgebäude lagen.

Ich erklärte meinen Fall einem Assistenten am Paßschalter. Er nickte unverbindlich, entschuldigte sich, kam zurück und brachte mich zum Büro des Inspektors.

Er war ein dicklicher, kahlköpfiger etwas barscher kleiner Mann namens Chapman. Er schüttelte mir kräftig die Hand und hörte sich meine Geschichte an; ein paarmal nickte er verständnisvoll.

»Sowas kommt vor«, sagte er. »Schade, aber so ist es. Aber wir können Ihnen helfen, junger Mann.« Er drückte auf einen Klingelknopf, und seine Sekretärin wies mir den Weg zum Laboratorium.

Ich wurde ausgezogen, gemessen, gewogen; die Fingerabdrücke wurden mir abgenommen, meine Retina abgelichtet, mit natürlichem, fluoreszierendem und Röntgenlicht wurde ich fotografiert, ich wurde durch eine Mühle an Fragen und Fangfragen gedreht, meine Zähne wurden gezählt und aufgenommen, die Poren meiner Fußsohlen zählte man und hielt sie graphisch fest, und das alles dauerte weit über eine Stunde.

Als alles zu Ende war, führte mich ein Labormann zurück zum Inspektor.

Inspektor Chapman reichte mir einen Paß, auf dem in großen roten Buchstaben stand: VORLÄUFIGER PASS. »Den tragen Sie in den nächsten zwei Wochen immer bei sich. Bis dahin haben wir Bescheid aus den Vereinigten Staaten. Wenn Ihre Statistik mit den Informationen übereinstimmt, die unser Labor von Ihnen hat, stellen wir Ihnen einen neuen Dauerpaß aus. Dieser hier wird Ihnen nicht viel nützen. Sie können sich damit praktisch nur in Thetis bewegen. Ohne Dauerpaß können Sie hier nicht abreisen.«

»Und Sie werden die Nachricht in diesen zwei Wochen haben?« fragte ich. »Vielen herzlichen Dank, Sir.«

Er begleitete mich zur Tür. »Oh, nichts zu danken. Es gehört zu meinen Pflichten, Leuten auszuhelfen, die ein wichtiges Dokument verlieren.« Er musterte mich. »Natürlich immer vorausgesetzt, daß das beanspruchte Dokument tatsächlich den betreffenden Leuten gehört.«

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