Aus Sicht der Kulturkontaktspezialisten handelte es sich bei Goglesk um einen Grenzfall. Der eingehende Kontakt mit einer in technologischer Hinsicht derart rückständigen Zivilisation war gefährlich, weil man sich, wenn die Monitorkorpsschiffe wie aus heiterem Himmel auf die Planetenoberfläche fielen, nie sicher sein konnte, ob man den Einheimischen, wie in diesem Fall den Gogleskanern, eine erstrebenswerte Zukunft bieten oder einen vernichtenden Minderwertigkeitskomplex bereiten könnte. Doch die Einheimischen waren trotz ihrer Rückständigkeit in den Naturwissenschaften und der verheerenden Rassenpsychose, die sie am Fortschritt hinderte, zumindest als Individuen psychologisch gefestigt, und der Planet hatte viele tausend Jahre lang keinen Krieg mehr erlebt.
Für das Korps wäre es bei der Entdeckung des Planeten der einfachste Weg gewesen, sich zurückzuziehen, die gogleskanische Kultur so weitermachen zu lassen, wie sie es seit Beginn ihrer Geschichte getan hatte, und ihre Probleme als unlösbar abzuschreiben. Doch statt dessen hatten sich die Spezialisten vom Kultukontakt zu einem ihrer seltenen Kompromisse durchgerungen.
Kurz nach der Entdeckung errichteten sie einen kleinen Stützpunkt, auf dem sie eine Handvoll Beobachter sowie deren Versorgungsmaterial und Ausrüstung unterbrachten, zu der auch ein Flugzeug und zwei Universalbodenfahrzeuge gehörten. Der Zweck des Stützpunkts bestand darin, zu beobachten und Daten zu sammeln, nicht mehr und nicht weniger. Doch mit der Zeit entwickelten Wainright und sein Team für die leidgeprüften Einheimischen eine immer stärker werdende Zuneigung und wollten entgegen ihren Anweisungen mehr für die Gogleskaner tun.
Beim Erzielen genauer Übersetzungen mit der relativ einfachen Ausrüstung hatten sich allerdings Schwierigkeiten ergeben — die gogleskanischen Sprachlaute wurden durch geringfügige Veränderungen der durch vier verschiedene Atemöffnungen ausgestoßenen Luft erzeugt, und es waren gleich mehrere, potentiell gefährliche Mißverständnisse aufgetreten. Deshalb hatte man sich dazu entschlossen, die gesammelten Sprachdaten zur Überprüfung und Aufbereitung an den riesigen Übersetzungscomputer im Orbit Hospital zu schicken. Um die Anweisungen nicht offen zu mißachten, legten die Spezialisten dem Sprachmaterial eine kurze Stellungnahme zur Lage auf Goglesk bei, und an die Abteilung für ET-Psychologie des Krankenhauses richteten sie zudem die Bitte, sie über sämtliche ähnlichen Lebensformen oder — umstände zu informieren, auf die man im Orbit Hospital vielleicht früher schon einmal gestoßen war.
„Doch anstatt uns Auskünfte zu erteilen“, fuhr der Lieutenant fort, während er das Bodenfahrzeug über einen umgestürzten Baum steigen ließ, der den Pfad versperrte, dem sie gerade durch den Wald folgten, „hat man uns Chefarzt Conway geschickt, der.“
„Nur zur Beobachtung hier ist“, unterbrach ihn Conway, „und um sich auszuruhen.“
Wainright lachte. „In den vergangenen vier Tagen haben Sie sich nicht viel ausgeruht.“
„Das liegt einfach daran, daß ich zu sehr mit dem Beobachten beschäftigt gewesen war“, entgegnete Conway trocken. „Aber ich wünschte, Khone wäre noch einmal zurückgekommen, damit ich mich mit ihr eingehender hätte unterhalten können. Meinen Sie, ich sollte sie mal besuchen?“
„Unter diesen Umständen könnte das die richtige Verhaltensweise sein“, stimmte Wainright ihm zu. „Die Gogleskaner haben einige merkwürdige Regeln und betrachten schon aufgrund ihres ausgeprägten Individualismus zwei aufeinanderfolgende und unangekündigte Besuche vielleicht als ungerechtfertigte Aufdringlichkeit. Aber wenn der erste Besuch einer Person willkommen ist, wird von einem womöglich sogar erwartet, daß man einen Gegenbesuch abstattet. Übrigens kommen wir gleich in das Wohngebiet.“
Nach und nach waren die kleinen Bäume und Büsche vom Waldboden verschwunden, der nun zwischen den gewaltigen Stämmen, die als Pfeiler für die gogleskanischen Wohnhäuser dienten, nur noch von einem dünnen Teppich grasähnlicher Vegetation bewachsen war. Für Conway sahen die Häuser wie Blockhütten aus grauer Vorzeit aus — nur daß sie keine Dächer hatten, weil die überhängenden Äste den notwendigen Witterungsschutz boten —, und aus der großen Vielfalt des Baustils und der handwerklichen Verarbeitung ging deutlich hervor, daß sie eher von ihren Bewohnern selbst als von auf Häuserbau spezialisierten gesellschaftlichen Gruppen errichtet worden waren.
Wenn sich der Fortschritt einer Spezies auf die Zusammenarbeit zwischen Gruppen und Stämmen gründete, war leicht zu verstehen, warum auf Goglesk so wenig Fortschritt stattgefunden hatte. Aber weshalb, fragte sich Conway zum hundertstenmal seit seiner Ankunft, weigerten sich die Gogleskaner zusammenzuarbeiten, wo sie doch offensichtlich so intelligent, freundlich und friedfertig waren?
„Und obendrein richtige Pechvögel“, fügte der Lieutenant hinzu, womit er Conway bewußt machte, daß er eben laut gedacht hatte. „Das hier sieht genau wie der richtige Ort aus, um Fragen zu stellen.“
„Richtig“, pfichtete Conway ihm bei, dann öffnete er das Cockpit. Sie befanden sich gerade auf gleicher Höhe mit drei Gogleskanern, die sich — mit sehr großen Abständen — um eins der Zugtiere mit den spindeldürren Beinen und den merkwürdigen Apparat geschart hatten, vor den es gespannt war. „Danke fürs Mitnehmen, Lieutenant. Ich werde einen Rundgang machen und, falls es mir gelingen sollte, mich nicht nur mit Khone, sondern auch noch mit ein paar anderen Gogleskanern unterhalten. Danach komme ich zu Fuß zum Stützpunkt zurück. Sollte ich mich verlaufen, lasse ich Sie holen.“
Wainright schüttelte den Kopf, unterbrach die Energiezufuhr des Fahrzeugs und ließ es zu Boden sinken. „Sie sind hier nicht in Ihrem Hospital, wo man entweder Arzt oder Patient ist“, sagte er. „Hier lautet die Regel, daß wir uns in Paaren zu bewegen haben. Sofern Sie den Gogleskanern oder mir nicht zu nahe kommen, besteht keine Gefahr, Anstoß zu erregen. Nach Ihnen, Doktor.“
Im gogleskanischen Höflichkeitsabstand vom Lieutenant gefolgt, stieg Conway aus dem Fahrzeug, ging auf die drei Einheimischen zu und blieb mehrere Schritte vor dem nächsten Gogleskaner stehen. Ohne jemanden direkt anzusehen, sagte er: „Ist es möglich, eine Wegbeschreibung zum Wohnort des Wesens Khone zu erhalten?“
Einer der Gogleskaner deutete mit zweien seiner langen Stacheln in die entsprechende Richtung. „Wenn das Fahrzeug in dieser Richtung weiterfährt, kommt man auf eine Lichtung“, erläuterte er in den seufzenden Lauten seiner Sprache. „Dort erhält man vielleicht genauere Auskünfte.“
„Vielen Dank“, entgegnete Conway und ging zum Bodenfahrzeug zurück.
Die Lichtung stellte sich als ein breites, von Gras und Felsen bedecktes Halbrund am Ufer eines riesigen Sees heraus, bei dem es sich, nach den kurzen Wellen und dem Fehlen von Sand zu urteilen, um einen Binnensee handeln mußte. Dort liefen mehrere Landestege bis ins tiefe Wasser hinein, und die meisten der dort vertäuten Schiffe hatten sowohl dünne Schornsteine als auch Segel. Dicht am Rand des Hafenbeckens standen hohe, drei- oder viergeschossige Häuser aus Holz und Stein. Um alle vier Außenwände liefen nach oben führende Rampen, so daß die Gebäude aus bestimmten Blickwinkeln schmalen Pyramiden ähnelten, ein Effekt, der noch durch die hohen, kegelförmigen Dächer verstärkt wurde.
Wäre nicht der alles durchdringende Lärm und Qualm gewesen, hätte man einen Gesamteindruck von einem malerischen Ort mit mittelalterlichem Charme gehabt.
„Das ist die Fabrikations- und Lebensmittelverarbeitungszentrale der Stadt“, erklärte der Lieutenant. „Die habe ich schon mehrere Male vom Flugzeug aus gesehen. Demnächst müßte Ihnen auch der Fischgeruch entgegenschlagen.“
„Schon passiert“, entgegnete Conway. Wenn das hier als Industriegebiet galt, dann entsprach die Ärztin Khone wahrscheinlich einer Art Werksärztin, und er freute sich schon darauf, sich wieder mit ihr zu unterhalten und ihr vielleicht bei der Arbeit zusehen zu können.
Man wies ihnen den Weg an einem großen Gebäude vorbei, dessen Mauerwerk und Holzgebälk rauchgeschwärzt waren und immer noch nach einem kürzlichen Brand rochen. Schließlich gelangten sie in die Nähe des Seeufers, wo ein großes Schiff an der Vertäuung gesunken war. Gegenüber von dem Wrack befand sich ein niedriges, nur teilweise überdachtes Bauwerk, unter dem ein Fluß entlanglief. Von ihrer erhöhten Position im Bodenfahrzeug aus konnten sie direkt in ein Labyrinth aus Fluren und kleinen Räumen sehen, aus denen vermutlich ein Krankenhaus und Khones angrenzende Wohnung bestanden.
Gerade wurde irgend etwas an den Atemöffnungen eines gogleskanischen Patienten gemacht — wie Conway erkennen konnte, handelte es sich dabei um eine nichtoperative Untersuchung, die mit langen hölzernen Sonden und Dehnsonden vorgenommen wurde, gefolgt von der oralen Verabreichung eines Medikaments, wofür ebenfalls ein langstieliges Instrument eingesetzt wurde. Bei diesem Vorgang befanden sich Patient und Ärztin in zwei kleinen, voneinander abgeteilten Räumen. Erst mehrere Minuten später kam Khone nach draußen und bemerkte die beiden Terrestrier.
„Es besteht Interesse an dem Spezialgebiet des Heilens auf Goglesk“, sagte Conway, als sie alle drei an den Eckpunkten eines unsichtbaren gleichseitigen Dreiecks mit einer Kantenlänge von mehr als drei Metern vor dem Gebäude standen. „Man könnte Vergleiche der unterschiedlichen Kenntnisse und Behandlungen, der Krankheiten, Verletzungen und nichtkörperlichen Störungen anstellen und insbesondere die Operationsund anatomischen Untersuchungsmethoden erörtern.“
„Auf Goglesk gibt es keine operativen Heilbehandlungen“, antwortete Khone, wobei sich ihre Aufmerksamkeit auf den freien Raum zwischen Wainright und Conway richtete. „Anatomische Untersuchungen sind nur an von Stacheln und Restgiften befreiten Leichnamen möglich. Außer zur Fortpflanzung oder Betreuung von Kindern ist persönlicher Körperkontakt sowohl für den Arzt als auch für den Patienten äußerst gefährlich. Ein gewisser Mindestabstand ist für die Durchführung der ärztlichen Aufgaben unerläßlich.“
„Aber wieso?“, fragte Conway und näherte sich dabei unwillkürlich der Ärztin. Dann sah er, daß sich Khones Fell in heftiger Bewegung befand und die über den ganzen Körper verteilten Stacheln zitterten. Etwas unbeholfen wandte er sich dem Lieutenant zu und sprach ausdrücklich nur ihn an.
„In meinem Besitz befindet sich ein Instrument, das es einem geübten Arzt ermöglicht, die Lage und Funktion innerer Organe zu betrachten sowie die Lage der Knochen und den Verlauf der Hauptblutgefäße zu erfassen“, erklärte er und holte aus einer großen Hängetasche einen Scanner hervor.
Langsam zog er ihn mit der rechten Hand am linken Arm entlang und führte ihn dann zum Kopf, zur Brust und zum Bauch, wobei er im unpersönlichen Tonfall einer Vortragsstimme die Funktion der auf dem Scannerdisplay sichtbaren Organe, des Knochenbaus und der damit verbunden Muskulatur beschrieb. Anschließend zog er den Teleskopgriff des Scanners ganz heraus und brachte ihn näher an Khone heran.
„All diese Informationen liefert schon allein dieses Gerät, ohne daß man dabei den Körper des Patienten berühren muß, falls das von entscheidender Bedeutung ist“, fügte er hinzu.
Während der Vorführung des Scanners war Khone ein wenig nähergekommen und hatte den Körper gedreht, damit sie mit dem Auge hinter der Korrekturlinse das Display genauer betrachten konnte, das Conway so angewinkelt hielt, daß die Gogleskanerin nun in der Lage war, ihre eigene innere Körperstruktur zu sehen, er selbst jedoch nicht. Allerdings hatte er den Scanner auf Aufnahme geschaltet, um das Material später studieren zu können.
Ihm fiel auf, wie die Stacheln der Ärztin zuckten und wie sich das lange, vielfarbige Haar mehrmals pro Minute starr aufstellte und sich wieder flach anlegte. Einige Strähnen lagen im rechten Winkel zu anderen und riefen so ein buntkariertes Muster hervor. Zwar drang aus den Atemöffnungen ein ängstlich anmutendes Zischen, aber Khone vergrößerte den Abstand zum Scanner nicht und wurde allmählich ruhiger.
„Das reicht“, sagte sie, wobei sie Conway überraschenderweise mit ihrem grotesk bebrillten Auge direkt anblickte. Eine lange Stille trat ein, in der sich die Gogleskanerin, wie deutlich zu sehen war, zu einem Entschluß durchrang.
„Auf diesem Planeten ist die Heilkunst einzigartig, und wahrscheinlich gilt das auch für andere Orte“, setzte sie schließlich zu einer Erklärung an. „Bei der Behandlung eines Patienten untersucht der Arzt möglicherweise heikle Bereiche und Geistesverfassungen und stochert in peinlichem oder sogar schmachvollem, doch stets persönlichem Material herum. Dieses normalerweise verbotene und gefährliche Verhalten ist erlaubt, weil der Arzt über keine der gewonnenen Erkenntnisse sprechen darf, es sei denn gegenüber einem anderen Arzt, der im Interesse des Patienten zu Rate gezogen wird.“
Hippokrates hätte es nicht besser sagen können, dachte Conway.
„Vielleicht ist es möglich, derartige Fragen mit einem außerplanetarischen Arzt zu erörtern“, fuhr Khone fort. „Dabei muß aber klar sein, daß diese Dinge nur für die Ohren eines anderen Arztes bestimmt sind.“
„Als medizinischer Laie weiß ich, wann ich unerwünscht bin“, warf der Lieutenant lächelnd ein. „Ich warte im Fahrzeug.“
Conway beugte das linke Knie, damit sich seine Augen auf gleicher Höhe mit denen der Gogleskanerin befanden. Wenn sie sich als gleichberechtigte Kollegen unterhalten wollten, könnte es eine erhebliche Hilfe sein, wenn — er nicht weit über Khone aufragte, deren Haare und Stacheln erneut heftig zitterten. Inzwischen waren sie weniger als zwei Meter voneinander entfernt, und Conway entschloß sich, die Initiative zu ergreifen.
Er mußte darauf achten, Khone nicht mit unnötigen Darstellungen einer medizinischen Superwissenschaft einzuschüchtern. Deshalb begann er damit, in ganz einfachen Worten die Arbeit des Orbit Hospitals zu beschreiben, wobei er jedoch immer wieder die Vielfalt der behandelten Spezies hervorhob und das für die Durchführung der Behandlungen erforderliche hohe Maß an fachlicher Zusammenarbeit unterstrich. Von dort aus tastete er sich langsam zum Thema Zusammenarbeit im allgemeinen und ihrer Bedeutung in außermedizinischen Bereichen vor.
„Verschiedene Beobachtungen lassen, darauf schließen, daß der hiesige Fortschritt aus Gründen gehemmt worden ist, die bezüglich der hohen Intelligenz der einzelnen Gogleskaner einem Außenstehenden völlig unklar sind“, fuhr Conway fort. „Könnte dazu vielleicht eine Erklärung gegeben werden?“
„Fortschritt ist unmöglich, weil keine Zusammenarbeit möglich ist“, antwortete Khone und wurde auf einmal weniger unpersönlich. „Conway, wir kämpfen unaufhörlich gegen uns selbst und gegen die Verhaltensmuster, die uns durch unsere Überlebensinstinkte aufgezwungen werden. Diese müssen sich nach meinem Dafürhalten zu einer Zeit entwickelt haben, als wir noch nichtintelligente Meeresbewohner waren und sämtlichen Meeresraubtieren auf unserem Planeten als Beute dienten. Um diese Instinkte wirksam zu bekämpfen, ist für unser Denken und Handeln ein hohes Maß an Selbstdisziplin erforderlich, wenn wir unser derzeitiges, äußerst bescheidenes, ja sogar rückständiges kulturelles Niveau nicht ganz einbüßen wollen.“
„Falls die genaue Art des Problems im einzelnen erklärt werden könnte“, begann Conway und verfiel dann ebenfalls in eine persönlichere Ausdrucksweise, „würde ich Ihnen gerne helfen, Khone. Möglicherweise könnte ein ganz fremder Arzt mit einem völlig neuen, vielleicht sogar außerplanetarischen Blickwinkel einen Lösungsvorschlag machen, auf den die Betroffenen sonst nicht gekommen wären und.“ Da weiter landeinwärts ein unregelmäßiges, eindringliches Trommeln begonnen hatte, brach er mitten im Satz ab.
Khone entfernte sich wieder ein Stück von ihm und sagte mit lauter Stimmer: „Entschuldigung wegen des plötzlichen Aufbruchs. Es gibt dringende medizinische Arbeit.“
Wainright lehnte sich aus dem Bodenfahrzeug heraus. „Falls es Khone eilig haben sollte.“, begann er, berichtigte sich aber sogleich: „Falls ein schnelles Transportmittel erforderlich ist, steht es zur Verfügung.“
Der Heckladeraum stand bereits offen, und die Laderampen wurden ausgefahren.
Nach einer der haarsträubendsten Fahrten, die Conway je erlebt hatte — die Gogleskanerin hatte wahrscheinlich wegen ihrer von Natur aus langsamen Fortbewegungsart immer erst dann die Anweisung gegeben, um eine Ecke zu biegen, wenn sie sich schon längst auf der betreffenden Kreuzung befunden hatten —, trafen sie nach etwa zehn Minuten am Unfallort ein. Nachdem Wainright das Fahrzeug neben einem von Khone bezeichneten dreigeschossigen Gebäude, das teilweise zerstört war, aufgesetzt hatte, fragte sich Conway jedenfalls, ob er zum erstenmal im Erwachsenenalter tatsächlich an Reisekrankheit leiden sollte.
Doch als er die Unfallopfer über die geborstenen oder nach und nach einstürzenden Außenrampen nach unten humpeln und taumeln sah und miterleben mußte, wie sich andere durch den großen Eingang im Erdgeschoß, der zum Teil durch herabgestürzte Trümmer versperrt war, ins Freie kämpften, waren alle persönlichen Überlegungen wie weggeblasen. Die vielfarbige Körperbehaarung der Fliehenden war von einer Schicht aus Staub und Holzsplittern bedeckt, und auf einigen wenigen Körpern sah man das feuchte Rot frischer Wunden schimmern. Als Conway aus dem Fahrzeug sprang, stellte er jedoch zu seiner großen Erleichterung fest, daß sich sämtliche Betroffenen noch fortbewegen konnten und sich alle ohne Ausnahme so schnell wie möglich von dem zerstörten Gebäude entfernten, um sich in den großen und überraschend weit entfernten Kreis der Schaulustigen einzureihen.
Plötzlich erblickte Conway eine gogleskanische Gestalt, die unter den Trümmern vor dem Eingang hervorragte, und er vernahm die unübersetzbaren Laute, die von ihr herüberdrangen.
„Warum stehen die alle nur herum?“ rief er Khone mit einer ausladenden Armbewegung in Richtung der Zuschauer zu. „Warum hilft ihm denn niemand?“
„Wenn ein Gogleskaner Schmerzen hat, darf sich nur ein Arzt in seine unmittelbare Nähe begeben“, klärte Khone ihn auf, während sie aus einem um die Mitte ihres Leibs geschnallten Beutel einige dünne Holzstäbe zog und diese zusammenzustecken begann. „Oder jemand, der genügend psychische Selbstbeherrschung besitzt, um sich nicht von diesen Schmerzen beeinflussen zu lassen“, fügte sie hinzu.
Als Khone auf den Verletzten zuging, folgte Conway ihr. „Vielleicht könnte ja ein Lebewesen von einer ganz anderen Spezies das erforderliche Maß an sachlicher Unvoreingenommenheit aufbringen, die bei solch einem Fall angezeigt ist“, schlug er vor.
„Nein“, widersprach ihm Khone in bestimmtem Ton. „Eine Körperberührung oder auch nur eine unmittelbare Annäherung an den Verletzten müssen unbedingt vermieden werden.“
Mittlerweile hatte die Gogleskanerin die Stäbe zu einer Zange mit langen Griffen zusammengesetzt, auf die sie während der Untersuchung des Verunglückten noch eine Reihe von Sonden, Spateln und Linsen steckte. Später tauschte sie diese gegen feine Pinsel und Tupfer aus, die offenbar mit einem Antiseptikum zur Säuberung der Wunden vollgesogen waren. Danach vernähte Khone die größeren Schnittwunden mit einem raffinierten Instrument, das am Ende der Zange befestigt war. Doch konzentrierte sich die Behandlung ausschließlich auf äußere Verletzungen und verlief äußerst langwierig.
Conway zog rasch den Teleskopgriff des Scanners auf die Länge von Khones Zange aus, hockte sich auf alle viere und schob das Gerät der Ärztin zu.
„Dieses Gerät wird anzeigen, ob der Verwundete auch innere Verletzungen hat“, sagte er.
Ein Dankeschön erhielt er zwar nicht — wahrscheinlich war Khone zu beschäftigt, um höflich zu sein —, aber die Gogleskanerin legte sogleich die Zange beiseite und benutzte Conways Scanner. Zunächst bewegten sich ihre Greiforgane noch unbeholfen, doch schon sehr bald hatten sie sich auf die für terrestrische Finger ausgelegten Griffe eingestellt, so daß die gogleskanische Ärztin Abtasttiefe und Vergrößerung allmählich in beinahe fachmännischer Manier veränderte.
„In dem Teil des Körpers, der sich unter den Trümmern befindet, ist eine leichte Blutung aufgetreten“, berichtete die Gogleskanerin kurze Zeit später. „Aber es ist zu beobachten, daß dem Verletzten die größte Gefahr von der Unterbrechung der Blutzufuhr zum Schädelbereich droht, die durch den Druck eines Holzbalkens verursacht wird, der quer über der Hauptkopfschlagader liegt und diese zusammenquetscht. Dieser Druck hat außerdem zur Bewußtlosigkeit geführt, die die in letzter Zeit fehlenden Laute und Körperbewegungen erklärt, wie man wohl ebenfalls bemerkt haben wird.“
„Welche Rettungsmaßnahmen sind demnach angesagt?“ wollte Conway wissen.
„In der vorhandenen Zeit ist keine Rettung möglich“, antwortete Khone. „In welche Einheiten der außerplanetarische Arzt die Zeit einteilt, ist zwar nicht bekannt, doch der Verletzte wird in etwa einem Fünfzigstel der Zeitspanne zwischen der gogleskanischen Morgen- und Abenddämmerung sterben. Auf jeden Fall muß man den Versuch unternehmen.“
Conway blickte zu Wainright hinüber, der ihm leise „Etwa fünfzehn Minuten“ zurief.
„…den Balken mit einem Keil zu fixieren“, fuhr die Gogleskanerin fort, „und den Schutt unter dem Verletzten zu entfernen, damit er in eine tiefere Lage kommt, in der er nicht mehr dem Druck des Balkens ausgesetzt ist. Außerdem besteht die Gefahr eines weiteren Hauseinsturzes, deshalb werden alle Anwesenden außer dem Verletzten und seiner Ärztin im Interesse der eigenen Sicherheit gebeten, sich zu entfernen.“
Khone gab Conway den Scanner mit dem langen Griff voran zurück, und als er ihn entgegennahm, machte sie sich daran, Schaufeln zum Graben an der Zange zu befestigen.
Conway hatte das alptraumhafte Gefühl, vor einem simplen Problem zu stehen, zu dessen Lösung eigentlich nur ein Mindestmaß an Handarbeit erforderlich war, und beide Hände hinter dem Rücken zusammengebunden zu haben. Es war ihm unmöglich, unbeteiligt herumzustehen und einem Verletzten beim Sterben zuzusehen, wo ihm so viele Rettungsmöglichkeiten offenstanden. Und doch hatte man ihm ausdrücklich verboten, sich dem Unfallopfer zu nähern, obwohl die Gogleskanerin wußte, daß er lediglich helfen wollte. Auf den ersten Blick war das natürlich ein dummes Verhalten seitens der Ärztin, aber in der Kultur dieser Spezies mußte es irgendeine Erklärung für diese offensichtliche Dummheit geben.
Hilflos blickte er Wainright und dessen äußerst muskulösen Körper an, durch den der Overall des Lieutenant zu eng wirkte, und versuchte es erneut.
„Wenn ein Verletzter bewußtlos ist“, sagte er verzweifelt, „sollte er sich durch die unmittelbare Nähe oder die Berührung anderer Wesen nicht unmittelbar gestört fühlen. Den Außerplanetariern wäre es vielleicht möglich, den Balken so weit hochzuheben, daß man den Verletzten darunter hervorziehen könnte.“
„Es sind viele Zuschauer da“, gab Khone zu bedenken, und ihre Unschlüssigkeit offenbarte sich durch die Art, in der sie die Zange hob und wieder senkte. Dann steckte sie neue Spitzen auf die Zange, holte von irgendwo eine Rolle mit einem dünnen Seil hervor und machte sich daran, es mit der Zange um die Füße des Verletzten zu wickeln. „Also gut“, willigte sie schließlich ein. „Aber es ist gefährlich. Und die Außerplanetarier dürfen sich weder in unmittelbarer Nähe des Verletzten und seiner Ärztin aufhalten, noch sich von anderen dabei beobachten lassen — dabei spielt es keine Rolle, wie gut ihre Absichten sind.“
Conway erkundigte sich nicht, wie nah diese unmittelbare Nähe war, als er sich vor dem Lieutenant auf den breiten, niedrigen Eingang zubewegte. Als sie ihn erreicht hatten, stemmten sich beide von unten mit der Schulter gegen den Balken, der die eine Seite des Eingangs trug. Zweifellos war die gegenseitige körperliche Nähe von Conway und Wainright für die Zuschauer anstößig, aber der Eingang lag im Schatten, und möglicherweise wurden sie von den schaulustigen Gogleskanern zumindest nicht allzu deutlich erkannt. Im Moment war Conway sowieso viel zu beschäftigt, um sich um die Gedanken der Umstehenden zu kümmern.
Als die beiden das eine Ende des Balkens um zehn, fünfzehn und schließlich fast zwanzig Zentimeter nach oben drückten, regneten Staub und feiner Schutt auf sie herab. Doch am anderen Ende, wo das Opfer eingeklemmt war, hob sich der Balken kaum um fünf Zentimeter. Khone hatte das Seil mit der Zange erfolgreich um die Beine des Verunglückten gewickelt und sich das andere Ende mehrmals um den eigenen Körper geschlungen. Sie nahm das durchhängende Seil auf, drückte die Beine durch und legte sich wie der hinterste Mann einer Mannschaft beim Tauziehen dagegen, jedoch vergebens. Die gogleskanischen FOKTs hatten einen zu leichten Körperbau und waren für das Aufbringen der erforderlichen Zugkraft physiologisch ungeeignet.
„Könnten Sie den Balken einen Moment lang alleine hochhalten, Doktor?“ fragte Wainright. Conways Einverständnis vorausgesetzt, bückte er sich plötzlich und verschwand weiter hinten im Eingang. „Ich sehe etwas, das uns helfen könnte.“
Conway kam es sehr viel länger als einen Moment vor, während der Lieutenant in dem Schutt im Eingang wühlte, denn der Balken grub sich immer tiefer in seine Schulter. In seinen bis zum äußersten angespannten Rücken- und Beinmuskeln brannte ein nicht enden wollender Krampf Er blinzelte sich den Schweiß aus den Augen und sah, daß Khone mittlerweile anders an das Problem heranging: Statt unentwegt zu ziehen, hatte sie sich dem Verletzten wieder so weit wie zulässig genähert und watschelte jetzt so schnell, wie sie konnte, wieder von ihm weg, bis das Seil straff gespannt war, um den Gogleskaner durch den Ruck freizubekommen.
Zwar bewegte sich der Verletzte bei jedem Ruck ein bißchen, doch einige der vernähten Wunden hatten sich dadurch wieder geöffnet und bluteten nun ungehemmt.
Der Balken drückt mir sämtliche Rückenwirbel zu einer starren Knochensäule zusammen, die jetzt jede Sekunde brechen kann, dachte Conway verärgert.
„Beeilen Sie sich, verdammt noch mal!“ fluchte er laut.
„Ich beeile mich ja“, protestierte Khone, die dabei völlig vergaß, unpersönlich zu bleiben, obwohl sie gar nicht gemeint war.
„Ich komme!“ rief der Lieutenant.
Wainright kam mit einem kurzen, dicken Holzklotz an, den er schnell zwischen Balken und Boden keilte. Jetzt, wo seine malträtierten Schultern und der Rücken entlastet waren, fiel Conway erleichtert auf die Knie. Doch war dieser Zustand nur von kurzer Dauer, denn der Lieutenant hatte die Idee, den Balken ein paar Sekunden lang unter Aufbietung aller Kräfte noch höher zu heben, ihn dann mit der Holzstütze daran zu hindern, wieder abzusacken, und den Vorgang zu wiederholen, bis der Verletzte herausgezogen werden konnte.
Das war ein glänzender Einfall, aber der stoßweise herabrieselnde Schutt und Staub prasselte immer dichter und schneller herunter. Der Verletzte war schon beinahe befreit, als plötzlich ein dumpfes Poltern und das Krachen splitternden Holzes aus dem Inneren des Gebäudes drang.
„Verschwinden Sie!“ schrie Khone, nachdem sie sich auf einen letzten, verzweifelten Ruck mit dem Seil vorbereitet hatte. Doch als sie am Ende ihres watschelnden Anlaufs angelangt war, rutschte die Schlinge über die Füße des Verletzten und löste sich. Khone stolperte und rollte schließlich, verheddert im eigenen Rettungsseil, davon.
Später sollte Conway noch eine lange und qualvolle Zeit mit der Frage verbringen, ob er in diesem Moment richtig oder falsch gehandelt hatte, aber es war einfach keine Zeit gewesen, abzuwägen und das Sozialverhalten von Extraterrestriern mit dem von Terrestriern zu vergleichen — er hatte sich zu diesem Verhalten gezwungen gesehen, weil er nichts anderes hätte tun können. Kurz: Er hielt in seiner taumelnden Flucht aus dem einstürzenden Eingang inne, drehte sich instinktiv um und ergriff den bewußtlosen FOKT an den Füßen.
Durch sein höheres Gewicht und seine größere Stärke bekam er den FOKT leicht frei und schleifte ihn, zusammengekauert und in der Hocke rückwärts gehend, aus der Gefahrenzone des einstürzenden Gebäudes heraus. Als sich der Staub allmählich legte, zog er ihn vorsichtig auf ein weiches Stück Rasen. Fast sämtliche von Khones Nähten waren wieder aufgeplatzt, und außerdem hatte der Verletzte eine Reihe neuer Wunden davongetragen, die allesamt bluteten.
Plötzlich öffnete der FOKT die Augen, versteifte sich und stieß dann ein lautes, anhaltendes Zischen aus, dessen Tonhöhe schwankte, so daß es sich zeitweise fast wie ein Pfeifen anhörte.
„Keine Angst!“ schrie Khone eindringlich. „Es besteht keine Gefahr! Das ist ein Arzt, ein Freund.“
Doch das ungleichmäßige Zischen und Pfeifen wurde immer lauter, und Conway bemerkte, daß die Zuschauer, deren Kreis nicht mehr weit entfernt von ihm war, eingestimmt hatten; und zwar so laut, daß er sich kaum selbst denken hören konnte. Khone torkelte um den Verletzten herum, wobei sie sich ihm gelegentlich bis auf wenige Zentimeter näherte und sich dann wieder entfernte, als führte sie einen komplizierten rituellen Tanz auf.
„Das stimmt“, bestätigte Conway in beruhigendem Ton. „Ich bin kein Feind. Ich habe Sie aus den Trümmern gezogen.“
„Sie dummer, dummer Arzt!“ schimpfte Khone, wobei sie sowohl wütend als auch persönlich klang. „Sie ignoranter Außerplanetarier! Verschwinden Sie.!“
Was dann passierte, gehörte zu den seltsamsten Dingen, die Conway jemals mit eigenen Augen gesehen hatte — und im Orbit Hospital hatte er schon viel gesehen. Der verletzte FOKT rollte herum und sprang mit einem Satz auf die Beine, wobei er unaufhörlich den auf- und absteigenden Pfeifton ausstieß. Khone hatte begonnen, die gleichen Geräusche von sich zu geben, und die langen, steifen Haare standen bei beiden Wesen kerzengerade vom Körper ab, wodurch sich der Effekt eines buntkarierten Musters, den die in rechten Winkeln zueinander liegenden verschiedenfarbigen Haare hervorgerufen hatten, nicht mehr einstellte. Auf einmal berührten sich Khone und der Verletzte und waren augenblicklich miteinander verschmolzen oder, genauer gesagt, an der Berührungsstelle fest zusammengeflochten.
Die steifen Haare an den Seiten ihrer Körper hatten sich wie Kette und Schuß eines in alten Zeiten auf der Erde gewebten Teppichs ineinander geschoben und gegenseitig durchdrungen, und es war klar, daß sie durch keinen äußeren Einfluß voneinander zu trennen waren, ohne die Haare beider FOKTs und wahrscheinlich auch die darunter liegende Haut zu entfernen.
„Lassen Sie uns von hier verschwinden, Doktor“, empfahl Wainright, der oben auf dem Bodenfahrzeug stand und auf die von allen Seiten heranrückenden Gogleskaner deutete.
Conway zögerte, während er einen dritten FOKT beobachtete, der sich auf dieselbe unglaubliche Weise mit Khone und dem Verletzten zusammenschloß. Die langen Stacheln, deren Funktion er nicht gekannt hatte, standen jedem Gogleskaner steif vom Kopf ab, und aus ihren Spitzen tröpfelte ein leuchtend gelbes Sekret. Als er auf das Fahrzeug kletterte, zerriß ihm einer der Stacheln den Overall, drang aber nicht in den Stoff darunter oder in die Haut ein.
Während der Lieutenant mit dem Fahrzeug auf höheres Gelände fuhr, um einen besseren Überblick über die Vorgänge zu haben, gab Conway die Reste des gelben Sekrets, die rund um den Riß am Anzug hafteten, in seinen Analysator ein. Durch die Ergebnisse konnte er berechnen, daß der direkt in die Blutbahn eines Menschen gebrachte Inhalt eines Stachels zu sofortiger Lähmung und der von dreien oder mehr zum Tode führen würde.
Die Gogleskaner schlossen sich zu einem Gruppenwesen zusammen, das mit jeder Minute größer wurde. Aus nahegelegenen Gebäuden, vertäuten Schiffen und sogar aus den umliegenden Gehölzen eilten einzelne Gogleskaner herbei, um sich dem riesigen, beweglichen, stechenden Teppich anzuschließen, der um große Bauwerke herumkroch und über kleine hinüber, als ob er nicht wüßte oder sich nicht darum kümmerte, was er tat. Hinter sich ließ er eine Spur aus zerstörten Maschinen, Fahrzeugen, toten Tieren und sogar einem versenkten Schiff zurück. Das Schiff war festgemacht gewesen, und als der Rand des Gruppenwesens aufs Deck gestolpert war, hatte es sich mit einem Ruck auf die Seite gelegt und war mit den Masten und den Aufbauten gegen den Pier geschlagen.
Doch wie Conway sah, fühlten sich die ins Wasser gefallenen Gogleskaner offenbar keineswegs gestört und wurden durch die Fortbewegung der auf festem Boden befindlichen Teile des Gruppenwesens innerhalb weniger Minuten wieder herausgezogen.
„Blind sind die jedenfalls nicht“, stellte Conway fest, dem die massive Zerstörungswut des Gruppenwesens Angst einjagte. Er stand auf seinem Schalensitz, um einen besseren Überblick zu bekommen, und fuhr fort: „Um den Rand herum verfügen sie über genügend unverdeckte Augen, um zu sehen, wohin sie gehen, aber sie scheinen große Schwierigkeiten zu haben, sich für eine Richtung zu entscheiden. Du meine Güte! Die stampfen die Siedlung tatsächlich in Grund und Boden. Könnten Sie das Flugzeug starten und mir von den Vorgängen eine detaillierte Luftaufnahme machen lassen?“
„Kein Problem, Doktor“, antwortete der Lieutenant. Er sprach kurz in den Kommunikator und fuhr dann fort: „Es kommt zwar nicht direkt auf uns zu, aber es versucht immerhin, sich uns zu nähern. Wir sollten lieber den Standort wechseln.“
„Nein, warten Sie“, bat Conway, hielt sich am Rand des geöffneten Cockpits fest und lehnte sich hinaus, um besser den Rand des Gruppenwesens betrachten zu können, das sich jetzt stolpernd bis auf sechs Meter Entfernung genähert hatte. Dutzende von Augen schleuderten ihm eiskalte Blicke entgegen, und die langen Stacheln mit den gelben Spitzen riefen den Eindruck eines spärlich mit Heu bewachsenen Stoppelfelds hervor. „Die sind uns alle feindlich gesinnt, obwohl Khone selbst freundlich war. Aber warum?“
Conways Stimme wurde beinahe von dem brausenden Zischen des Gruppenwesens übertönt, einem Geräusch, das die Translatoren nicht als Sprachlaut erfaßten. Doch irgendwo in dem unverständlichen Brei erhob sich eine flüsternde Stimme der Intelligenz, die sich Bahn zu brechen versuchte, die Stimme der gogleskanischen Ärztin.
„Verschwinden Sie!“ ermahnte sie die beiden Terrestrier. „Verschwinden Sie!“
Conway ließ sich schnell in den Sitz fallen, damit Wainright das Cockpit schließen konnte, und dann fuhren sie davon.
Verärgert grummelte der Lieutenant: „Alles können Sie sich hier nicht erlauben!“